L 8 AL 3491/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AL 3428/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3491/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 7. Juni 2006 sowie der Bescheid des Beklagten vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. September 2005 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 1. März 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers beider Instanzen zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) streitig.

Der 1960 geborene Kläger war vom 15.11.1984 bis 31.07.1992 als Büromaschinenmechanikermeister bei der Firma "k. Bürotechnik" und daran anschließend ab 01.08.1992 der Firma "S. Büro Organisation" als kaufmännischer Angestellter tätig. Das letzte Arbeitsverhältnis wurde nach den Angaben in der Arbeitsbescheinigung der Firma "S. Büro Organisation" vom Arbeitgeber am 29.06.1994 zum 29.06.1994 wegen vertragswidrigen Verhaltens des Klägers (Betrug) gekündigt.

Am 30.06.1994 meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt S. H., jetzt Agentur für Arbeit (AA), mit Wirkung zum 01.07.1994 arbeitslos und beantragte Alg. Mit zwei Schreiben vom 06.10.1994 informierte das AA die Firma "S. Büro Organisation" und den Kläger über einen möglichen Anspruchsübergang nach § 117 Abs. 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit § 115 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Mit Bescheid vom 13.10.1994 bewilligte das AA dem Kläger - wegen eines noch nicht abgeschlossenen arbeitsgerichtlichen Verfahrens vorläufig - Alg ab 22.09.1994 in Höhe von wöchentlich 602,40 DM (Bemessungsentgelt 1400 DM, Leistungstabelle 1994, Leistungsgruppe C/1).

Am 02.04.1996 legte der Kläger dem AA eine Kopie der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Landesarbeitsgerichtes Baden-Württemberg vom 01.03.1996 vor, wonach der Kläger und sein letzter Arbeitgeber folgenden gerichtlichen Vergleich geschlossen haben: "1. Die Parteien stellen außer Streit, dass ihr Arbeitsverhältnis einvernehmlich mit Ablauf des 30.06.1995 beendet worden ist. 2. Die Beklagte bezahlt dem Kläger für den Verlust dessen Arbeitsplatzes eine Abfindung im Sinne der §§ 9, 10 KSchG, 3 Ziff. 9 EStG in Höhe von DM 14.400. Der Betrag ist zahlbar in 6 Teilbeträgen a` DM 2.400,-, beginnend ab 01.04.1996, danach zahlbar jeweils zum nächsten Monatsersten. Gerät die Beklagte mit einer Rate länger als 10 Tage in Rückstand, ist der gesamte verbliebene Restbetrag zur Zahlung fällig und ab diesem Zeitpunkt mit 10% verzinslich. 3 ... 4 ... 5 ..."

Mit Bescheid vom 15.05.1996 stellte das AA daraufhin wegen der Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß § 117 Abs. 2 und 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) das Ruhen des Leistungsanspruches für die Zeit bis 31.07.1994 fest und bewilligte dem Kläger mit Bewilligungs-Änderungs-Bescheid vom 15.05.1996 für die Zeit vom 01.08.1994 bis 21.09.1994 Alg in Höhe von wöchentlich 602,40 DM nach (Nachzahlungsbetrag 4.518,00 DM). Der Eintritt einer Sperrzeit wurde nicht festgestellt. Gegen diese Bescheide erhob der Kläger keinen Widerspruch.

In der Folgezeit stand der Kläger - mit Unterbrechungen - im Leistungsbezug bei der Beklagten.

Der Kläger wandte sich - erstmals - am 13.01.2005 telefonisch und mit Schreiben vom 24.02.2005, eingegangen am 01.03.2005, wegen des Ruhensbescheides vom 15.05.1996 an die AA und machte geltend, von der im Ruhensbescheid angerechneten Abfindung habe er von der Firma S. bis zum heutigen Tag keinen einzigen Euro erhalten. Alle Vollstreckungsmaßnahmen seien erfolglos gewesen. Herr S. habe in der Folge die eidesstattliche Versicherung abgegeben. Da von Herrn S. keine Zahlung mehr zu erwarten sei, bitte er höflichst die einbehaltenen Leistungen zu überweisen. Der Kläger legte ein Schreiben des Gerichtsvollziehers Q. in der Vollstreckungssache des Klägers gegen die Firma "S. Büro Organisation" vom 10.03.2004 vor, wonach der Schuldner am 27.02.2004 die eidesstattliche Versicherung abgegeben, nachgebessert oder wiederholt habe.

Mit Bescheid vom 14.03.2005 lehnte die AA den Antrag des Klägers auf Zahlung von Alg für die Zeit vom 30.06.1994 bis 31.07.1994 ab. Sie führte zur Begründung aus, der beim Landesarbeitsgericht geschlossene Vergleich sei unabhängig von der tatsächlichen Zahlung für die Beurteilung des Anspruches bindend. Des weiteren verjährten Ansprüche auf Sozialleistungen gemäß § 45 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem sie entstanden seien. Damit sei bereits Verjährung eingetreten und eine Zahlungen alleine deshalb nicht möglich.

Hiergegen erhob der Kläger am 12.04.2005 Widerspruch. Er machte geltend, die Einrede der Verjährung sei keine Einwendung, die von Amts wegen berücksichtigt werden müsse. Im Rahmen des eingeräumten Ermessens müssten die besonderen Umstände seines konkreten Falles berücksichtigt werden. Es werde gebeten, in die Ermessensausübung sämtliche Umstände einzustellen und auf die Erhebung der Einrede der Verjährung zu verzichten.

Mit Widerspruchsbescheid der Widerspruchsstelle der AA vom 21.09.2005 wurde der Widerspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen. Ein Ruhen des Leistungsanspruches nach der damals gültigen Vorschrift des § 117 Abs. 2, 3 AFG sei wegen der im Vergleich vereinbarten Abfindung eingetreten. Wenn die Abfindung bislang noch nicht realisiert worden sei, ändere sich dadurch nichts an der bindend gewordenen Ruhensentscheidung. Eine Änderung dieser Entscheidung nach § 44 SGB X sei nicht möglich.

Hiergegen erhob der Kläger am 19.10.2005 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG). Er führte zur Begründung aus, seine Vollstreckungsversuche aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich seien bis zum heutigen Tage erfolglos gewesen. Ihm sei vom AA seinerzeit mitgeteilt worden, wenn die Abfindung uneinbringlich wäre, erhalte er nachträglich das Alg für die Zeit vom 30.06.1994 bis 31.07.1994. Die nun erhobene Einrede der Verjährung sei unbillig. Im Rahmen des eingeräumten Ermessens müssten die besonderen Umstände des konkreten Falles und die Tatsache, dass er unverschuldet die Ansprüche nicht innerhalb der gesetzten Frist geltend gemacht habe, berücksichtigt werden. Die Beklagte habe ausdrücklich mitgeteilt, dass sie vor Erhebung der Einrede der Verjährung keine besondere Abwägung der Umstände des Einzelfalles vorgenommen habe. Die Entscheidung sei deshalb ermessensfehlerhaft und zu korrigieren.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte zur Begründung aus, es könne dahinstehen, ob das Überprüfungsbegehren des Klägers überhaupt sachlich hätte überprüft werden müssen. § 44 Abs. 4 SGB X beschränke nämlich die Leistungsgewährung selbst dann auf maximal vier Jahre vor der beantragten Rücknahme, wenn der zu überprüfende Bescheid zweifelsfrei als rechtswidrig anzusehen sei.

Mit Gerichtsbescheid vom 07.06.2006 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, der Kläger habe gegen die Beklagte gemäß § 44 SGB X keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 15.05.1996. Die Beklagte habe bei Erlass des Bescheides vom 15.05.1996 weder das Recht unrichtig angewandt noch sei sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Allenfalls in Betracht gekommen wäre, wenn der Kläger rechtzeitig nachgewiesen hätte, dass er die Abfindung tatsächlich nicht erhalten habe, eine Gleichwohlgewährung nach § 117 Abs. 4 AFG. Diese berühre jedoch das Ruhen des Anspruches nicht, sondern führe lediglich zu einem Zahlungsanspruch. Einen solchen habe der Kläger mit seinem am 01.03.2005 beim Beklagten eingegangenen Schreiben jedoch nicht mehr erfolgreich geltend machen können, da nach § 44 Abs. 4 SGB X Geldleistungen längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor der Rücknahme bzw. dem Antrag auf Rücknahme der Entscheidung erbracht würden. Ein Ermessen habe die Beklagte bei ihrer Entscheidung nicht auszuüben, da die Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X keine Einrede darstelle, sondern als Vorschrift zwingenden Rechts von der Beklagten zu beachten sei.

Gegen den am 12.06.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.07.2006 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung unter Bezug auf § 44 SGB X ausgeführt, in seinem Fall habe sich der Sachverhalt nachträglich als unrichtig herausgestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe er rechtzeitig und mehrfach mitgeteilt, dass er die Abfindung tatsächlich nicht erhalten habe. Man habe ihm mitgeteilt, erst wenn absolut sicher feststehe, dass die Abfindung uneinbringlich sei, werde er nachträglich Alg bis 31.07.1994 erhalten. Nachdem Anfang 2005 auch der letzte Vollstreckungsversuch fruchtlos verlaufen sei, habe er der Beklagten nochmals geschrieben. Die Beklagte wolle sich nun an ihren mündlichen Mitteilungen nicht mehr festhalten lassen und habe zwischenzeitlich grob treuwidrig die Einrede der Verjährung erhoben. Selbst wenn mit der Ansicht des SG davon ausgegangen werde, dass die Regelung des § 44 Abs. 4 SGB X keine Einrede darstelle, so hätte aufgrund des Verstoßes gegen Treu und Glauben diese Vorschrift unbeachtet bleiben müssen. Es könne nicht sein, dass er von der Geltendmachung eines Anspruches abgehalten werde und die Beklagte sich nun auf die Verjährungsvorschrift berufe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 7. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für die Zeit vom 30. Juni 1994 bis 31. Juli 1994 in Höhe von wöchentlich 308,00 EUR (602,40 DM) zu zahlen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, über seinen Antrag vom 1. März 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und mit dem Hilfsantrag begründet, im Übrigen jedoch unbegründet.

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist die Vorschrift des § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG. Der Kläger macht zur Begründung seines Begehrens geltend, die vom AA für den Ruhenszeitraum vom 30.06.1994 bis 31.07.1994 berücksichtigte Abfindung aus dem beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in der öffentlichen Sitzung am 01.03.1996 geschlossenen Vergleich tatsächlich nicht erhalten zu haben. Damit beruft sich der Kläger auf einen unter der Geltung des AFG entstandenen Anspruch.

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Alg im streitigen Zeitraum gemäß § 44 SGB X scheidet aus, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat (Seite 5 der Entscheidungsgründe). Der Senat ist derselben Überzeugung und verweist zur Begründung seiner eigenen Entscheidung insoweit auf die genannten Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides (§ 153 Abs. 2 SGG).

Nach § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG wird das Arbeitslosengeld auch in der Zeit gewährt, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, soweit der Arbeitslose die nach § 117 Abs. 2 AFG anzurechnende Abfindung tatsächlich nicht erhält. In diesem Falle besteht ein Rechtsanspruch auf Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld trotz Ruhens des Anspruches (vgl. Düe in Niesel, AFG, 2. Aufl., § 117 Rdnr. 58 m.w.N.). Auf einen solchen Rechtsanspruch beruft sich der Kläger.

Einem Anspruch des Klägers gemäß § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG steht die Einrede der Verjährung der Beklagten gegenüber. Nach dem Vorbringen des Klägers wurden vom Schuldner keine Zahlungen der am 01.04.1996 in Raten fälligen Abfindung an ihn erbracht. Damit lagen - nach dem Vorbringen des Klägers - die Voraussetzungen des § 117 Abs. 4 Satz 1 AFG für einen Anspruch auf Gleichwohlgewährung von Alg vor.

Ansprüche auf Sozialleistungen verjähren nach § 45 Abs. 1 SGB I in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Danach trat hinsichtlich des vom Kläger geltend gemachten Anspruches mit Ablauf des 31.12.2000 Verjährung des Anspruches auf Gleichwohlgewährung ein. Zur Zeit des Antrages des Klägers auf Leistungen von Alg für die Zeit vom 30.06.1994 bis 31.07.1994 am 01.03.2005 war damit ein Anspruch des Klägers auf Gleichwohlgewährung von Alg längst verjährt.

Die Beklagte hat im streitgegenständlichen Bescheid vom 14.03.2005, mit dem der Antrag des Klägers auf Gleichwohlgewährung von Alg abgelehnt worden ist, die Einrede der Verjährung erhoben. Der Antrag des Klägers wurde mit diesen Bescheid - u. a. - deswegen abgelehnt, weil "die Verjährung eingetreten und eine Zahlung allein deshalb nicht möglich" sei. Damit hat die Beklagte die Zahlung von Alg im Rahmen der Gleichwohlgewährung wegen des Verjährungseintrittes verweigert und somit die Verjährungseinrede erhoben.

Die Einrede der Verjährung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten. Eine fehlerhafte Ermessensentscheidung verletzt den Berechtigten in seinem Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung. Dabei steht dem Gericht eine - beschränkte - Kontrolle dahin zu, ob das Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt worden, die Grenzen des Ermessens eingehalten worden unter der Kläger in seinem Recht verletzt worden ist.

Die Beklagte hat bei der Ermessensausübung die Gründe für die Verjährungseinrede gegen die Gründe für die unverminderte Erfüllung des Anspruches abzuwägen und die der Ermessensentscheidung zu Grunde liegenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe sowie sonstige Gründe, von denen bei der Ermessensentscheidung ausgegangen wird, mitzuteilen. Dass die Beklagte von dem ihr eröffneten Ermessen Gebrauch gemacht hat, ist jedoch nicht der Fall (Ermessensunterschreitung). Weder der Bescheid vom 14.03.2005 noch der hierzu ergangenen Widerspruchsbescheid vom 21.09.2005 lässt erkennen, dass sich die Beklagte darüber bewusst war, dass ihr bei der Einrede der Verjährung ein Ermessensfreiraum eröffnet ist. Dafür, dass die Beklagte von dem ihr eröffneten Ermessen keinen Gebrauch gemacht hat, spricht auch, dass Ausführungen zu den einer Ermessensentscheidung zu Grunde liegenden Gründen sowohl im Ausgangsbescheid wie auch im Widerspruchsbescheid fehlen. Damit erweist sich die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung wegen Nichtausübung des ihr eröffneten Ermessens als fehlerhaft, weshalb die Berufung des Klägers mit dem Hilfsantrag begründet ist.

Der Hauptantrag des Klägers ist jedoch unbegründet. Gesichtspunkte, die es rechtfertigen, eine Reduzierung des Ermessens auf "Null" dahin anzunehmen, dass der Beklagten die Einrede der Verjährung unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens verwehrt wäre, liegen nicht vor. Insbesondere findet sich in den vorgelegten Akten der Beklagten für die Richtigkeit des Vorbringens des Klägers, ihm sei von Mitarbeitern des AA mitgeteilt worden, erst wenn absolut sicher feststehe, dass die Abfindung uneinbringlich sei, werde er nachträglich Alg bis 31.07.1994 erhalten, kein einziger Hinweis.

Bei der von der Beklagten nachzuholenden Ermessensentscheidung kann sie sich nicht allein auf den Zeitablauf berufen, sondern hat eine Abwägung zu treffen. Bei dieser Abwägung können der Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung, das Interesse an einer sparsamen Haushaltsführung, die Höhe des Nachzahlungsbetrages, unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten aufgestellten Grundsätze für das Verwaltungshandeln einerseits und andererseits die Interessen des Berechtigten, seine wirtschaftliche Situation und die wirtschaftliche Bedeutung des Nachzahlungsbetrages sowie sonstige Umstände, die zur Verjährung des Anspruches geführt haben, die vom Beklagten ggf. noch näher zu festzustellen sind, von Bedeutung sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kostenquotelung entspricht dem Verhältnis des Obsiegens bzw. Unterliegens der Beteiligten.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
Saved