Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 2135/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 3700/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 5. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen Minderungen der Regelleistung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) wegen Meldeversäumnissen.
Der 1948 geborene, alleinstehende Antragsteller bezog im Anschluss an die Gewährung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz ab 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 03.01.2007 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01.02.2007 bis 31.07.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 707,19 EUR.
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 08.03.2007 wurde der Antragsteller erstmals gemäß § 59 SGB II i. V. m. § 309 Drittes Buchsozialgesetzbuch (SGB III) mit Rechtsfolgenbelehrung (Bl. 197 der Verwaltungsakte) zur Vorsprache beim Antragsgegner am 05.04.2007, 08.00 Uhr, eingeladen. Dieser Einladung kam der Antragsteller nicht nach. Daraufhin senkte der Antragsgegner mit Bescheid vom 20.04.2007 den dem Antragsteller zustehenden Anteil des Arbeitslosengeldes II (Alg II) unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.05.2007 bis 31.07.2007 um monatlich 10% der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtbetrages, maximal 35,00 EUR monatlich, ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit ab dem 01.05.2007 gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf.
Gegen den Bescheid vom 20.04.2007 erhob der Antragsteller am 03.05.2007 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage (S 11 AS 1565/07), über die noch nicht entschieden wurde. Außerdem stellte der Antragsteller am 03.05.2007 beim SG einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (S 11 AS 1564/07 ER), der vom SG durch rechtskräftigen Beschluss vom 15.05.2007 abgelehnt wurde.
Mit der Folgeeinladung vom 18.04.2007 gemäß § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III und Rechtsfolgenbelehrung wurde der Antragstellung zur Vorsprache beim Antragsgegner am 02.05.2007, 08.00 Uhr, eingeladen. Der Antragsteller kam auch dieser Einladung nicht nach. Daraufhin senkte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16.05.2007 wegen wiederholten Nichtnachkommens der Meldepflicht innerhalb von 12 Monaten seit dem Bescheid vom 20.04.2007 den dem Antragsteller zustehenden Anteil des Alg II unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.08.2007 um monatlich 20% der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtbetrages, maximal 69,00 EUR monatlich, ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit ab dem 01.06.2007 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X auf.
Inzwischen hatte der Antragsgegner den Antragsteller mit der weiteren Folgeeinladung vom 11.05.2007 gemäß § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III und Rechtsfolgenbelehrung zur Vorsprache beim Antragsgegner am 18.05.2007, 09.00 Uhr, eingeladen. Der Antragsteller kam auch dieser Einladung nicht nach. Daraufhin senkte der Antragsgegner mit Bescheid vom 01.06.2007 wegen wiederholten Nichtnachkommens der Meldepflicht innerhalb von 12 Monaten seit dem Bescheid vom 16.05.2007 den dem Antragsteller zustehenden Anteil des Alg II unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.09.2007 um monatlich 30% der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtbetrages, maximal 104,00 EUR monatlich, ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit ab dem 01.07.2007 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X auf.
Mit Änderungsbescheid vom 02.06.2007 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01.07.2007 bis 31.07.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 501,19 EUR (angepasste Regelleistung 347,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung 362,19 EUR abzüglich Minderungsbetrag 208,00 EUR).
Mit Schreiben vom 01.06.2007, beim Antragsgegner eingegangenen am 06.06.2007, wandte sich der Antragsteller unter Bezugnahme auf das "Schreiben vom 16.05.2007" dagegen, seiner Meldepflicht nicht nachgekommen zu sein. Das Rücksendungsformular habe er ausgefüllt zurückgeschickt. Der Antragsteller legte hierzu Kopien sowie eine Kopie einer Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2007 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 16.05.2007 als unbegründet zurück.
Am 26.06.2007 beantragte der Antragsteller die Fortzahlung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 26.06.2007 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.08 2007 in Höhe von 536,19 EUR (Regelleistung 347,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung 362,19 EUR abzüglich Minderungsbetrag 173,00 EUR), vom 01.09.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von 605,19 EUR (Minderungsbetrag 104,00 EUR) und vom 01.10.2007 bis 31.01.2008 (ungeminderter) in Höhe von 709,19 EUR.
Gegen die Bescheide vom 01.06.2007 und 02.06.2007 legte der Antragsteller am 29.06.2007 (per E-Mail) Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 10.07.2007 gegen den Bescheid vom 01.06.2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Zum Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.06.2007 führte der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid aus, ein Bescheid vom 02.06.2007 liege nicht vor, weshalb im Rahmen des Widerspruchsverfahrens in der Sache keine Entscheidung getroffen werden könne.
Inzwischen hatte der Antragsteller am 18.06.2007 beim SG seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (S 11 AS 1564/07 ER) wiederholt. Er führte - unter Vorlage des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2007 - zur Begründung aus, es stehe fest, dass er sowohl auf die sogenannten Einladungen reagiert und die beigefügten Antwortformulare ausgefüllt zurückgesandt habe, was von der Antragsgegnerin bestritten werde. Bei einer persönlichen Vorsprache seien Kopien der Antwortformulare sowie eine Bescheinigung des behandelnden Arztes über seine chronischen Beschwerden vorgelegt worden. Mit Bescheiden vom 20.04.2007, 16.05.2007 und 01.06.2007 seien die Regelleistungen immer mit dem gleichen "verlogenen" Satz gekürzt worden, er habe sich in den letzten 12 Monaten nicht gemeldet, bzw. sei seiner Meldepflicht nicht nachgekommen. Die von ihm beantragte Akteneinsicht sei bislang verweigert worden. Es handele sich um Rechtsverletzungen der übelsten Art. Nach Abzug der Energiekostenvorauszahlungen verblieben ihm 187 EUR für den Monat.
Der Antragsgegner trat dem Antrag entgegen. Es sei darauf zu schließen, dass der Versand der Rückantworten durch den Antragsteller unterblieben sei. Ein aussagekräftiges ärztliches Gutachten oder eine Stellungnahme über den gesundheitlichen Zustand bzw. Erkrankungen des Antragstellers seien nicht vorgelegt worden. Die Voraussetzungen der Sanktionierung seien erfüllt und daher durchzuführen.
Mit Beschluss vom 05.07.2007 lehnte das SG den Antrag des Antragstellers ab. Es führte zur Begründung aus, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2007 und des Bescheides vom 01.06.2007. Nach Auffassung des Gerichtes bestehe kein Anordnungsanspruch. Der Antragsteller sei zu keinem der Meldetermine trotz Belehrung über die Rechtsfolgen erschienen. Er habe auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten glaubhaft machen können. Aus diesen Gründen müsse der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen werden.
Gegen den dem Antragsteller am 13.07.2007 zugestellten Beschluss hat er am 02.08.2007 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Er hat zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, der Beschluss des SG entbehre jeder Rechtsgrundlage. Vom Regelsatz seien ohne entsprechenden Bescheid 60% in Abzug gebracht worden. Die Antragsgegnerin habe ihm diesen Abzug nicht erklären wollen. Es frage sich auch, weshalb für August 2007 50% (173 EUR) und für September 2007 30% (104 EUR) gekürzt worden sei. Die angeblich nicht vorhandenen Antwortschreiben seien behördenüblich. Er versichere an Eides statt, dass er die Formulare ausgefüllt und persönlich in den Briefkasten eingeworfen habe. Das die Krankenkasse betreffende Formular sei nur auf Wunsch des Antragsgegners vorgelegt worden. Er habe sich auf körperliche Beschwerden berufen, was von einem Mitarbeiter des Antragsgegners, der seine eigenen Rechte habe, als belanglos erklärt worden sei. Die Vorgehensweise der Mitarbeiter der Antragsgegnerin zeige deren Inkompetenz. Der Antragsteller hat Belege vorgelegt.
Der Antragsgegner hat sich zur Sache nicht weiter geäußert.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf drei Band Akten des SG, die zweitinstanzlichen Akten sowie ein Band Verwaltungsakten des Antragsgegners verwiesen.
II.
Die gemäß den §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.
Statthaftes Rechtsschutzbegehren des Antragsstellers im vorliegenden Verfahren ist nach der Rechtsprechung des Senats, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage hinsichtlich der Bescheide über die Minderung der Regelleistung und, soweit die Absenkungsentscheidungen vollzogen wurden, die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Nach der Rechtsprechung des Senats haben Widerspruch und Klage gegen einen Bescheid über die Absenkung der Regelleistung nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Zwar haben nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Da Widerspruch und Klage nur aufschiebende Wirkung besitzen können, wenn Entscheidungen der Leistungsträger mit einem bloßen Anfechtungsbegehren angegangen werden, kommen lediglich Aufhebungsentscheidungen nach den §§ 45ff SGB X i.V.m. § 40 SGB II und Entscheidungen über die Absenkung und den Wegfall von bereits bewilligtem Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld gemäß den §§ 31, 32 SGB II in Betracht (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 39 RdNr. 12). Eine solche Fallgestaltung liegt im Falle des Antragstellers vor. Damit scheidet gemäß § 86b Absatz 2 SGG der Erlass einer einstweiligen Anordnung aus.
Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid des Antragsgegners vom 20.04.2007. Hinsichtlich dieses Bescheides hat das SG bereits durch rechtskräftigen Beschluss vom 15.05.2007 - S 11 AS 1564/07 ER - einen Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Zwar hat der Antragsteller im vorliegenden Verfahren auf Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes seinen ersten Antrag (S 11 AS 1564/07 ER) "wiederholt". Neue Umstände hat der Antragsteller hinsichtlich des Bescheides vom 20.04.2007 aber nicht vorgetragen, die eine vom Beschluss des SG vom 15.05.2007 in der Sache abweichende Entscheidung rechtfertigen, weshalb zu einer Abänderung dieses Beschlusses durch das SG kein Anlass besteht. Eine abschließende Entscheidung hinsichtlich des Bescheides vom 20.04.2007 ist damit der beim SG anhängigen Klage des Klägers S 11 AS 1565/07 vorbehalten.
Offen bleiben kann im vorliegenden Verfahren, ob die Bescheide des Antragsgegners vom 16.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2007, vom 01.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2007, vom 02.06.2007 und 26.06.2007 gemäß § 96 Absatz 1 SGG (analog) Gegenstand des beim SG anhängigen Klageverfahrens S 11 AS 1565/07 sind, sowie, ob der Antragsteller gegen die genannten Bescheide Widerspruch bzw. Klage erhoben hat. Die Klärung dieser Fragen kann dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Denn die Beschwerde des Antragstellers ist unabhängig davon nicht begründet.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage - wie vorliegend - keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs aufgrund von § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen (Krodel, Der sozialgerichtliche Rechtsschutz in Anfechtungssachen, NZS 2001, 449, 453). Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (kritisch hierzu Eicher aaO § 39 RdNr. 3). Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung (Eicher aaO RdNr. 2) kann aber im Einzelfall auch zu Gunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Aufl. 2005, RdNr. 195).
Im vorliegenden Fall ergibt die vorzunehmende Abwägung, dass das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage das öffentliche Interesse an einem Vollzug der genannten Bescheide nicht überwiegt, denn diese Bescheide des Antragsgegners sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Dabei dürften die genannten Bescheide über die Absenkung der Regelleistung und die ergangenen Bewilligungsbescheide, mit denen dem Antragsteller Leistungen zeitlich korrespondierend nur abgesenkt bewilligt wurden, eine rechtliche Einheit darstellen (vgl. hierzu die Rspr. des BSG z.B. Urteil vom 18.08.2005 - B 7a AL 4/05 R -, veröffentlicht in juris, zur vergleichbaren Problematik bei der Minderung des Arbeitslosengeldes).
Rechtsgrundlage der Absenkungsbescheide ist § 31 SGB II in der vom 01.01.2007 bis zum 30.09.2007 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 28 des Gesetztes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706). Nach § 31 Absatz 2 SGB II wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommt und er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. Nach Absatz 3 Satz 3 dieser Vorschrift wird bei einer wiederholten Pflichtverletzung nach Absatz 2 das Arbeitslosengeld II um den Vomhundertsatz gemindert, der sich aus der Summe des in Absatz 2 genannten Vomhundertsatzes und dem der jeweils vorangegangenen Absenkung nach Absatz 2 zugrunde liegenden Vomhundertsatz ergibt. Absenkung und Wegfall treten mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung feststellt, folgt (Absatz 6 Satz 1). Absenkung und Wegfall dauern drei Monate (Absatz 6 Satz 2).
Diese Voraussetzung dürften beim Antragsteller hinsichtlich der Versäumung des 2. Meldetermins zum 02.05.2007 und des 3. Meldetermins zum 18.05.2007, zu denen er vom Antragsteller mit Schreiben vom 18.04.2007 und 11.05.2007 eingeladen worden ist, erfüllt sein. In diesen Einladungsschreiben ist der Antragsteller schriftlich über die Rechtsfolgen belehrt sowie über den Meldezweck in Kenntnis gesetzt worden. Diese Einladungsschreiben sind dem Antragsteller auch zugegangen, wie sich aus seinem Vorbringen schließen lässt; jedenfalls hat der Antragsteller den Zugang dieser Schreiben nicht in Abrede gestellt. Damit sind die "formalen" Anforderungen des § 31 Absatz 2 SGB II mit großer Wahrscheinlichkeit erfüllt.
Der Antragsteller kann sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit Erfolg auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Meldeversäumnisse berufen. Dabei ist unerheblich, ob er, wie er eidesstattlich versichert hat, das Antwortformular zu den Einladungsschreiben jeweils an den Antragsgegner ausgefüllt zurückgesandt hat. Denn die vom Antragsteller in diesen Formularen genannten Hinderungsgründe, der Meldeaufforderung nicht nachkommen zu können, weil er vor 3 Uhr morgens nicht ins Bett komme sowie die Notwendigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln wegen starker Schmerzen, sind mit großer Wahrscheinlichkeit nicht als Nachweis eines wichtigen Grundes für die Meldeversäumnisse geeignet. Medizinische Befundunterlagen dazu, dass es dem Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht zuzumuten ist, einen Meldetermin beim Antragsteller (am Vormittag um 08.00 bzw. 09.00 Uhr) wahrzunehmen, hat er - bis heute - nicht vorgelegt und dies drängt sich auch aus den vom Antragsteller geltend gemachten Hinderungsgründen nicht auf. Nach der von ihm außerdem vorgelegten Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V vom 26.04.2007 lässt sich lediglich eine - ärztlich bescheinigte - Dauerbehandlung auf nicht absehbare Dauer mit kontinuierlicher medizinischer Versorgung wegen der Diagnosen "R51" (nach ICD-10: Kopfschmerz, Gesichtsschmerz o.n.A.), "M54" (Rückenschmerzen), "M19" (sonstige Arthrose), F "32" "9" (Depressive Episode, nicht näher bezeichnet bzw. nicht näher bezeichnete organische oder symptomatische psychische Störung) entnehmen. Diese Diagnosen lassen für sich nicht darauf schließen, dass dem Antragsteller die Wahrnehmung der Meldetermine aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar waren, zumal in dieser Bescheinigung eine Pflegebedürftigkeit des Antragstellers der Pflegestufe 2 und 3 wie auch ein Grad der Behinderung oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von jeweils mindestens 60 verneint wurden.
Schließlich hat der Antragsgegner die Absenkungszeiträume und die sich aus den genannten Absenkungsbescheiden ergebende Höhe der Kürzung der Regelleistung im vorliegend streitigen Zeitraum vom 01.06.2007 bis 30.09.2007 mit großer Wahrscheinlichkeit zutreffend festgesetzt. Für den Zeitraum ab 01.06.2007 ergibt sich nach der dargestellten Vorschrift des § 31 SGB II aufgrund des Absenkungsbescheides vom 20.04.2007 in Verbindung mit den Absenkungsbescheiden vom 16.05.2007 und 01.06.2007 und den Bewilligungsbescheiden vom 02.06.2007 und 26.06.2007 eine Kürzung der Regelleistung ihn Höhe von 30 % (10 % 1. Meldeversäumnis + 20 % 2. Meldeversäumnis = 104 EUR), für die Zeit ab 01.07.2007 eine Kürzung in Höhe von 60 %(+ 30% 3. Meldeversäumnis = 208 EUR), für die Zeit ab 01.08.2007 in Höhe von 50 % (20 % + 30 % = 173 EUR) und für den Monat September 2007 in Höhe von 30 % (= 104 EUR). Dass der Antragsgegner die Rundungsvorschrift des § 41 Absatz 2 SGB II nicht beachtet hat, geht nicht zu Lasten des Antragstellers.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen Minderungen der Regelleistung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) wegen Meldeversäumnissen.
Der 1948 geborene, alleinstehende Antragsteller bezog im Anschluss an die Gewährung von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz ab 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 03.01.2007 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01.02.2007 bis 31.07.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 707,19 EUR.
Mit Schreiben des Antragsgegners vom 08.03.2007 wurde der Antragsteller erstmals gemäß § 59 SGB II i. V. m. § 309 Drittes Buchsozialgesetzbuch (SGB III) mit Rechtsfolgenbelehrung (Bl. 197 der Verwaltungsakte) zur Vorsprache beim Antragsgegner am 05.04.2007, 08.00 Uhr, eingeladen. Dieser Einladung kam der Antragsteller nicht nach. Daraufhin senkte der Antragsgegner mit Bescheid vom 20.04.2007 den dem Antragsteller zustehenden Anteil des Arbeitslosengeldes II (Alg II) unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.05.2007 bis 31.07.2007 um monatlich 10% der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtbetrages, maximal 35,00 EUR monatlich, ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit ab dem 01.05.2007 gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) auf.
Gegen den Bescheid vom 20.04.2007 erhob der Antragsteller am 03.05.2007 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage (S 11 AS 1565/07), über die noch nicht entschieden wurde. Außerdem stellte der Antragsteller am 03.05.2007 beim SG einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (S 11 AS 1564/07 ER), der vom SG durch rechtskräftigen Beschluss vom 15.05.2007 abgelehnt wurde.
Mit der Folgeeinladung vom 18.04.2007 gemäß § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III und Rechtsfolgenbelehrung wurde der Antragstellung zur Vorsprache beim Antragsgegner am 02.05.2007, 08.00 Uhr, eingeladen. Der Antragsteller kam auch dieser Einladung nicht nach. Daraufhin senkte der Antragsgegner mit Bescheid vom 16.05.2007 wegen wiederholten Nichtnachkommens der Meldepflicht innerhalb von 12 Monaten seit dem Bescheid vom 20.04.2007 den dem Antragsteller zustehenden Anteil des Alg II unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.08.2007 um monatlich 20% der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtbetrages, maximal 69,00 EUR monatlich, ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit ab dem 01.06.2007 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X auf.
Inzwischen hatte der Antragsgegner den Antragsteller mit der weiteren Folgeeinladung vom 11.05.2007 gemäß § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III und Rechtsfolgenbelehrung zur Vorsprache beim Antragsgegner am 18.05.2007, 09.00 Uhr, eingeladen. Der Antragsteller kam auch dieser Einladung nicht nach. Daraufhin senkte der Antragsgegner mit Bescheid vom 01.06.2007 wegen wiederholten Nichtnachkommens der Meldepflicht innerhalb von 12 Monaten seit dem Bescheid vom 16.05.2007 den dem Antragsteller zustehenden Anteil des Alg II unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlages nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.09.2007 um monatlich 30% der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtbetrages, maximal 104,00 EUR monatlich, ab und hob die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit ab dem 01.07.2007 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X auf.
Mit Änderungsbescheid vom 02.06.2007 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 01.07.2007 bis 31.07.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 501,19 EUR (angepasste Regelleistung 347,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung 362,19 EUR abzüglich Minderungsbetrag 208,00 EUR).
Mit Schreiben vom 01.06.2007, beim Antragsgegner eingegangenen am 06.06.2007, wandte sich der Antragsteller unter Bezugnahme auf das "Schreiben vom 16.05.2007" dagegen, seiner Meldepflicht nicht nachgekommen zu sein. Das Rücksendungsformular habe er ausgefüllt zurückgeschickt. Der Antragsteller legte hierzu Kopien sowie eine Kopie einer Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.06.2007 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 16.05.2007 als unbegründet zurück.
Am 26.06.2007 beantragte der Antragsteller die Fortzahlung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 26.06.2007 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.08 2007 in Höhe von 536,19 EUR (Regelleistung 347,00 EUR + Kosten für Unterkunft und Heizung 362,19 EUR abzüglich Minderungsbetrag 173,00 EUR), vom 01.09.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von 605,19 EUR (Minderungsbetrag 104,00 EUR) und vom 01.10.2007 bis 31.01.2008 (ungeminderter) in Höhe von 709,19 EUR.
Gegen die Bescheide vom 01.06.2007 und 02.06.2007 legte der Antragsteller am 29.06.2007 (per E-Mail) Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 10.07.2007 gegen den Bescheid vom 01.06.2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Zum Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.06.2007 führte der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid aus, ein Bescheid vom 02.06.2007 liege nicht vor, weshalb im Rahmen des Widerspruchsverfahrens in der Sache keine Entscheidung getroffen werden könne.
Inzwischen hatte der Antragsteller am 18.06.2007 beim SG seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz (S 11 AS 1564/07 ER) wiederholt. Er führte - unter Vorlage des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2007 - zur Begründung aus, es stehe fest, dass er sowohl auf die sogenannten Einladungen reagiert und die beigefügten Antwortformulare ausgefüllt zurückgesandt habe, was von der Antragsgegnerin bestritten werde. Bei einer persönlichen Vorsprache seien Kopien der Antwortformulare sowie eine Bescheinigung des behandelnden Arztes über seine chronischen Beschwerden vorgelegt worden. Mit Bescheiden vom 20.04.2007, 16.05.2007 und 01.06.2007 seien die Regelleistungen immer mit dem gleichen "verlogenen" Satz gekürzt worden, er habe sich in den letzten 12 Monaten nicht gemeldet, bzw. sei seiner Meldepflicht nicht nachgekommen. Die von ihm beantragte Akteneinsicht sei bislang verweigert worden. Es handele sich um Rechtsverletzungen der übelsten Art. Nach Abzug der Energiekostenvorauszahlungen verblieben ihm 187 EUR für den Monat.
Der Antragsgegner trat dem Antrag entgegen. Es sei darauf zu schließen, dass der Versand der Rückantworten durch den Antragsteller unterblieben sei. Ein aussagekräftiges ärztliches Gutachten oder eine Stellungnahme über den gesundheitlichen Zustand bzw. Erkrankungen des Antragstellers seien nicht vorgelegt worden. Die Voraussetzungen der Sanktionierung seien erfüllt und daher durchzuführen.
Mit Beschluss vom 05.07.2007 lehnte das SG den Antrag des Antragstellers ab. Es führte zur Begründung aus, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Aufhebung des Bescheides vom 16.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2007 und des Bescheides vom 01.06.2007. Nach Auffassung des Gerichtes bestehe kein Anordnungsanspruch. Der Antragsteller sei zu keinem der Meldetermine trotz Belehrung über die Rechtsfolgen erschienen. Er habe auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten glaubhaft machen können. Aus diesen Gründen müsse der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen werden.
Gegen den dem Antragsteller am 13.07.2007 zugestellten Beschluss hat er am 02.08.2007 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Er hat zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, der Beschluss des SG entbehre jeder Rechtsgrundlage. Vom Regelsatz seien ohne entsprechenden Bescheid 60% in Abzug gebracht worden. Die Antragsgegnerin habe ihm diesen Abzug nicht erklären wollen. Es frage sich auch, weshalb für August 2007 50% (173 EUR) und für September 2007 30% (104 EUR) gekürzt worden sei. Die angeblich nicht vorhandenen Antwortschreiben seien behördenüblich. Er versichere an Eides statt, dass er die Formulare ausgefüllt und persönlich in den Briefkasten eingeworfen habe. Das die Krankenkasse betreffende Formular sei nur auf Wunsch des Antragsgegners vorgelegt worden. Er habe sich auf körperliche Beschwerden berufen, was von einem Mitarbeiter des Antragsgegners, der seine eigenen Rechte habe, als belanglos erklärt worden sei. Die Vorgehensweise der Mitarbeiter der Antragsgegnerin zeige deren Inkompetenz. Der Antragsteller hat Belege vorgelegt.
Der Antragsgegner hat sich zur Sache nicht weiter geäußert.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf drei Band Akten des SG, die zweitinstanzlichen Akten sowie ein Band Verwaltungsakten des Antragsgegners verwiesen.
II.
Die gemäß den §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.
Statthaftes Rechtsschutzbegehren des Antragsstellers im vorliegenden Verfahren ist nach der Rechtsprechung des Senats, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage hinsichtlich der Bescheide über die Minderung der Regelleistung und, soweit die Absenkungsentscheidungen vollzogen wurden, die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Nach der Rechtsprechung des Senats haben Widerspruch und Klage gegen einen Bescheid über die Absenkung der Regelleistung nicht bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Zwar haben nach § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch in den durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen (§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Ein solcher Fall ist hier gegeben. Nach § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und Klage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Da Widerspruch und Klage nur aufschiebende Wirkung besitzen können, wenn Entscheidungen der Leistungsträger mit einem bloßen Anfechtungsbegehren angegangen werden, kommen lediglich Aufhebungsentscheidungen nach den §§ 45ff SGB X i.V.m. § 40 SGB II und Entscheidungen über die Absenkung und den Wegfall von bereits bewilligtem Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld gemäß den §§ 31, 32 SGB II in Betracht (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 39 RdNr. 12). Eine solche Fallgestaltung liegt im Falle des Antragstellers vor. Damit scheidet gemäß § 86b Absatz 2 SGG der Erlass einer einstweiligen Anordnung aus.
Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid des Antragsgegners vom 20.04.2007. Hinsichtlich dieses Bescheides hat das SG bereits durch rechtskräftigen Beschluss vom 15.05.2007 - S 11 AS 1564/07 ER - einen Antrag des Antragstellers auf vorläufigen Rechtsschutz abgelehnt. Zwar hat der Antragsteller im vorliegenden Verfahren auf Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes seinen ersten Antrag (S 11 AS 1564/07 ER) "wiederholt". Neue Umstände hat der Antragsteller hinsichtlich des Bescheides vom 20.04.2007 aber nicht vorgetragen, die eine vom Beschluss des SG vom 15.05.2007 in der Sache abweichende Entscheidung rechtfertigen, weshalb zu einer Abänderung dieses Beschlusses durch das SG kein Anlass besteht. Eine abschließende Entscheidung hinsichtlich des Bescheides vom 20.04.2007 ist damit der beim SG anhängigen Klage des Klägers S 11 AS 1565/07 vorbehalten.
Offen bleiben kann im vorliegenden Verfahren, ob die Bescheide des Antragsgegners vom 16.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.06.2007, vom 01.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2007, vom 02.06.2007 und 26.06.2007 gemäß § 96 Absatz 1 SGG (analog) Gegenstand des beim SG anhängigen Klageverfahrens S 11 AS 1565/07 sind, sowie, ob der Antragsteller gegen die genannten Bescheide Widerspruch bzw. Klage erhoben hat. Die Klärung dieser Fragen kann dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Denn die Beschwerde des Antragstellers ist unabhängig davon nicht begründet.
Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage - wie vorliegend - keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs aufgrund von § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG ist anhand einer Interessenabwägung zu beurteilen. Die öffentlichen Interessen am sofortigen Vollzug des Verwaltungsakts und die privaten Interessen an der Aussetzung der Vollziehung sind gegeneinander abzuwägen (Krodel, Der sozialgerichtliche Rechtsschutz in Anfechtungssachen, NZS 2001, 449, 453). Dabei ist zu beachten, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (kritisch hierzu Eicher aaO § 39 RdNr. 3). Diese typisierend zu Lasten des Einzelnen ausgestaltete Interessenabwägung (Eicher aaO RdNr. 2) kann aber im Einzelfall auch zu Gunsten des Betroffenen ausfallen. Die konkreten gegeneinander abzuwägenden Interessen ergeben sich in der Regel aus den konkreten Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens, dem konkreten Vollziehungsinteresse und der für die Dauer einer möglichen aufschiebenden Wirkung drohenden Rechtsbeeinträchtigung (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Aufl. 2005, RdNr. 195).
Im vorliegenden Fall ergibt die vorzunehmende Abwägung, dass das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bzw. seiner Klage das öffentliche Interesse an einem Vollzug der genannten Bescheide nicht überwiegt, denn diese Bescheide des Antragsgegners sind mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Dabei dürften die genannten Bescheide über die Absenkung der Regelleistung und die ergangenen Bewilligungsbescheide, mit denen dem Antragsteller Leistungen zeitlich korrespondierend nur abgesenkt bewilligt wurden, eine rechtliche Einheit darstellen (vgl. hierzu die Rspr. des BSG z.B. Urteil vom 18.08.2005 - B 7a AL 4/05 R -, veröffentlicht in juris, zur vergleichbaren Problematik bei der Minderung des Arbeitslosengeldes).
Rechtsgrundlage der Absenkungsbescheide ist § 31 SGB II in der vom 01.01.2007 bis zum 30.09.2007 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 28 des Gesetztes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706). Nach § 31 Absatz 2 SGB II wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlags nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um 10 vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommt und er keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist. Nach Absatz 3 Satz 3 dieser Vorschrift wird bei einer wiederholten Pflichtverletzung nach Absatz 2 das Arbeitslosengeld II um den Vomhundertsatz gemindert, der sich aus der Summe des in Absatz 2 genannten Vomhundertsatzes und dem der jeweils vorangegangenen Absenkung nach Absatz 2 zugrunde liegenden Vomhundertsatz ergibt. Absenkung und Wegfall treten mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistung feststellt, folgt (Absatz 6 Satz 1). Absenkung und Wegfall dauern drei Monate (Absatz 6 Satz 2).
Diese Voraussetzung dürften beim Antragsteller hinsichtlich der Versäumung des 2. Meldetermins zum 02.05.2007 und des 3. Meldetermins zum 18.05.2007, zu denen er vom Antragsteller mit Schreiben vom 18.04.2007 und 11.05.2007 eingeladen worden ist, erfüllt sein. In diesen Einladungsschreiben ist der Antragsteller schriftlich über die Rechtsfolgen belehrt sowie über den Meldezweck in Kenntnis gesetzt worden. Diese Einladungsschreiben sind dem Antragsteller auch zugegangen, wie sich aus seinem Vorbringen schließen lässt; jedenfalls hat der Antragsteller den Zugang dieser Schreiben nicht in Abrede gestellt. Damit sind die "formalen" Anforderungen des § 31 Absatz 2 SGB II mit großer Wahrscheinlichkeit erfüllt.
Der Antragsteller kann sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit Erfolg auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Meldeversäumnisse berufen. Dabei ist unerheblich, ob er, wie er eidesstattlich versichert hat, das Antwortformular zu den Einladungsschreiben jeweils an den Antragsgegner ausgefüllt zurückgesandt hat. Denn die vom Antragsteller in diesen Formularen genannten Hinderungsgründe, der Meldeaufforderung nicht nachkommen zu können, weil er vor 3 Uhr morgens nicht ins Bett komme sowie die Notwendigkeit der Einnahme von Schmerzmitteln wegen starker Schmerzen, sind mit großer Wahrscheinlichkeit nicht als Nachweis eines wichtigen Grundes für die Meldeversäumnisse geeignet. Medizinische Befundunterlagen dazu, dass es dem Antragsteller aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht zuzumuten ist, einen Meldetermin beim Antragsteller (am Vormittag um 08.00 bzw. 09.00 Uhr) wahrzunehmen, hat er - bis heute - nicht vorgelegt und dies drängt sich auch aus den vom Antragsteller geltend gemachten Hinderungsgründen nicht auf. Nach der von ihm außerdem vorgelegten Bescheinigung zum Erreichen der Belastungsgrenze zur Feststellung einer schweren chronischen Krankheit im Sinne des § 62 SGB V vom 26.04.2007 lässt sich lediglich eine - ärztlich bescheinigte - Dauerbehandlung auf nicht absehbare Dauer mit kontinuierlicher medizinischer Versorgung wegen der Diagnosen "R51" (nach ICD-10: Kopfschmerz, Gesichtsschmerz o.n.A.), "M54" (Rückenschmerzen), "M19" (sonstige Arthrose), F "32" "9" (Depressive Episode, nicht näher bezeichnet bzw. nicht näher bezeichnete organische oder symptomatische psychische Störung) entnehmen. Diese Diagnosen lassen für sich nicht darauf schließen, dass dem Antragsteller die Wahrnehmung der Meldetermine aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar waren, zumal in dieser Bescheinigung eine Pflegebedürftigkeit des Antragstellers der Pflegestufe 2 und 3 wie auch ein Grad der Behinderung oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von jeweils mindestens 60 verneint wurden.
Schließlich hat der Antragsgegner die Absenkungszeiträume und die sich aus den genannten Absenkungsbescheiden ergebende Höhe der Kürzung der Regelleistung im vorliegend streitigen Zeitraum vom 01.06.2007 bis 30.09.2007 mit großer Wahrscheinlichkeit zutreffend festgesetzt. Für den Zeitraum ab 01.06.2007 ergibt sich nach der dargestellten Vorschrift des § 31 SGB II aufgrund des Absenkungsbescheides vom 20.04.2007 in Verbindung mit den Absenkungsbescheiden vom 16.05.2007 und 01.06.2007 und den Bewilligungsbescheiden vom 02.06.2007 und 26.06.2007 eine Kürzung der Regelleistung ihn Höhe von 30 % (10 % 1. Meldeversäumnis + 20 % 2. Meldeversäumnis = 104 EUR), für die Zeit ab 01.07.2007 eine Kürzung in Höhe von 60 %(+ 30% 3. Meldeversäumnis = 208 EUR), für die Zeit ab 01.08.2007 in Höhe von 50 % (20 % + 30 % = 173 EUR) und für den Monat September 2007 in Höhe von 30 % (= 104 EUR). Dass der Antragsgegner die Rundungsvorschrift des § 41 Absatz 2 SGB II nicht beachtet hat, geht nicht zu Lasten des Antragstellers.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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