Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AS 2003/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 5240/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. September 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der am 1978 geborene Kläger ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann und war bis 30. September 2003 versicherungspflichtig beschäftigt. Von Oktober 2003 bis Ende September 2005 absolvierte er eine Fachschulausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt. Am 27. Oktober 2005 meldete sich der Kläger arbeitsuchend und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit lehnte den Antrag ab, das deswegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) geführte Verfahren (5 20 AL 1055/06) blieb ohne Erfolg. Vom 1. Juni 2006 bis zur Aufnahme eines Studiums an der Hochschule Medien im Oktober 2006 war der Kläger bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt.
Aufgrund eines entsprechenden Hinweises bei der Arbeitslosmeldung beantragte der Kläger am 27. Oktober 2005 zugleich die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im März 2007 gab er an, über Sparbücher mit einem Gesamtguthaben in Höhe von 9.589,27 EUR (Stand 31. Dezember 2005 bzw. Januar 2006) und sonstige Wertpapiere mit einem Wert von 2.120,45 EUR (Stand 31. Dezember 2005), ferner über ein Girokonto zu verfügen; die entsprechenden Sparbücher und Kontoauszüge legte er vor. Zugleich gab er Verbindlichkeiten in Höhe von 10.102,44 EUR (Stand 16. Oktober 2005) an, welche aus einem Darlehen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) herrühren. Auch hierzu legte der Kläger Belege vor. Mit Bescheid vom 15. März 2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Kläger angesichts seines Vermögens von 11.884,62 EUR (einschließlich Girokonto)‚ welches den Grundfreibetrag von 6.150 EUR übersteige, nicht hilfebedürftig sei. Der Widerspruch des Klägers, mit welchem er die Berücksichtigung seiner Schulden begehrte, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2007).
Hiergegen richtet sich die am 13. März 2007 zum SG erhobene Klage. Zur Begründung macht der Kläger geltend, dass er wirtschaftlich betrachtet über ein Reinvermögen in Höhe von lediglich 1.782,18 EUR verfüge, welches unterhalb des Freibetrags liege. Darüber hinaus bedeute die Verwertung der Sparguthaben für ihn eine besondere Härte, da er sich um äußerste Sparsamkeit bemüht habe, um seinen Rückzahlungsverpflichtungen nachkommen und seine Schulden mindern zu können.
Mit Gerichtsbescheid vom 21. September 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger mangels Hilfebedürftigkeit keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustünden. Anhaltspunkte, dass die Verwertung des Vermögens offensichtlich unwirtschaftlich sei oder für den Kläger eine besondere Härte bedeute, seien nicht ersichtlich. Die vorhandenen Schulden könnten nicht vom zu berücksichtigenden Vermögen abgezogen werden. Das SGB II sehe eine Saldierung des vorhandenen und verwertbaren Vermögens mit bestehenden Verbindlichkeiten nicht vor, eine Berücksichtigung von Schul- den scheide mangels gesetzlicher Grundlage aus.
Gegen das ihm am 4. Oktober 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. November 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers. Er ist weiter der Auffassung, das seine Schulden bei der Feststellung seines Vermögens zu berücksichtigen seien. Er könne nicht einsehen, dass kleine Sparer für ihre Sparsamkeit bestraft und schlechter gestellt würden als Personen, die ihr Geld verprasst hätten.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. September 2007 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2007 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 27. Oktober 2005 bis 31. Mai 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Leistungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Streitgegenstand ist im Hinblick auf die Erklärung des Klägers im Erörterungstermin vor der zuständigen Berichterstatterin am 18. November 2007 nur noch die Gewährung von Leistungen für den Zeitraum vom 27. Oktober 2005 (Antragstellung) bis 31. Mai 2006.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft ( 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat in der streit- befangenen Zeit keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfä- hige Hilfebedürftige).
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Das auf Sparbüchern, dem Girokonto und in Wertpapieren angelegte Vermögen des Klägers ist verwertbar und ferner nicht als geschütztes Vermögen nach § 12 Abs. 3 SGB II von der Berücksichtigung ausgenommen. Insbesondere ist die Verwertung dieses Vermögens nicht offensichtlich unwirtschaftlich oder würde für den Kläger eine besondere Härte bedeuten (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II). Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit nur dann vor, wenn der zu erwartende Nettoerlös erheblich unter dem tatsächlichen Wert liegt, somit die zur Erlangung des Vermögens aufgewendeten Beträge deutlich unterschritten werden (vgl. Brühl in LPK - SGB II, 2. Auflage, § 12 Rdnr. 51). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Die in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II geregelte, die Verwertung ausschließende "besondere Härte" stellt auf atypische, ungewöhnliche Fälle ab, wobei maßgebend nur außergewöhnliche Umstände sein können, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 12 Rdnr. 87). Dabei ist der Maßstab im Bereich des SGB II strenger als im Bereich der Sozialhilfe, in dem die Leistungsbewilligung nicht vom Einsatz und der Verwertung des Vermögens abhängig gemacht werden darf, wenn dies für den Anspruchsteller oder seine Angehörigen "eine Härte bedeuten würde" (vgl. § 90 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch; ebenso § 88 Abs. 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung; hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), BVerwGE 47, 103, 110). Erforderlich ist daher das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. Mai 2007 - B 1lb AS 37/06 R - (zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen)). Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, a.a.O.). Eine derartige besondere Situation liegt nicht darin, dass der Kläger sein Vermögen aufgrund besonderer Sparsamkeit erworben hat.
Das vorhandene Vermögen übersteigt auch den Freibetrag. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der hier maßgebenden, bis 31. Juli 2006 geltenden Fassung ist vom Vermögen ein Grundfreibetrag in Höhe von 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber jeweils 4.100 EUR abzusetzen. Darüber hinaus ist ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II). Für die Zeit bis 17. November 2005 ergibt sich somit ein Freibetrag in Höhe von 5.950 EUR (26 x 200 EUR + 750 EUR)‚ ab dem 18. November 2005 beträgt der Freibetrag 6.150 EUR (27 x 200 EUR plus 750 EUR). Das Vermögen des Klägers auf den Sparbüchern belief sich Anfang 2006 auf 9.589,27 EUR (Sparkassenbuch Nr. 3000207051 zum 3. Januar 2006: 5.151,03 EUR; Nr. 73955560 zum 3. Januar 2006: 2.599,54 EUR; Nr. 5482056 zum 27. Januar 2006: 535,91 EUR; Nr. 2480019004 zum 31. Dezember 2005: 1.302,79 EUR) zuzüglich 2.120,45 EUR (Wertpapiere, Gegenwert zum 31. Dezember 2005), insgesamt somit 11.709,72 EUR; auch zuvor in der Zeit ab 27. Oktober 2005 waren die vorgenannten Freibeträge durchweg weit überschritten. Dabei ist das Girokonto mit wechselnden Guthaben noch nicht einmal berücksichtigt. Dafür, dass der Betrag von 11.709,72 EUR bereits vor Ende des streitbefangenen Zeitraums verbraucht und zu einem späteren Zeitpunkt bis 31. Mai 2006 Bedürftigkeit wieder eingetreten war, gibt es keine Anhaltspunkte; im Erörterungstermin am 18. November 2007 hat der Kläger ausdrücklich bestätigt, dass er dieses Vermögen im streitbefangenen Zeitraum nicht verbraucht hat. Das vorhandene Vermögen übersteigt somit den maßgeblichen Freibetrag während des gesamten streitigen Zeitraums deutlich.
Weitere Absetzungen vom Vermögen kommen nicht in Betracht, insbesondere keine Berücksichtigung der Schulden des Klägers. Zum einen war die Darlehensrückzahlung erst ab 1. Oktober 2007 vorgesehen, wobei § 19 AFBG bei fehlender Leistungsfähigkeit die Stundung und ggf. den Erlass der Rückzahlungsraten erlaubt. Schon die fehlende Fälligkeit zur Tilgung steht einer Berücksichtigung der Verbindlichkeiten entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 25. März 1999 - B 7 AL 28/98 R - BSGE 84, 48 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSG, Urteil vom 2. November 2000 - B 11 AL 35/00 R - BSGE 87, 143 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8). Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt auch eine Saldierung der Schulden von den aktiven Vermögenswerten mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht. Das Gesetz sieht in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II vor, dass nur bestimmte Gegenstände von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen sind. Eine saldierende Betrachtungsweise, die Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva, ist damit gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Bilanzierung mit Schulden auf der Stufe des zu ermittelnden Vermögens scheidet daher aus (vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 10. August 2006 - L 7 AS 50/06 ER - (juris); vgl. zur Arbeitslosenhilfe BSG, Urteile vom 2. November 2000, a.a.O.; vom 21. November 2002 - B 11 AL 10/02 R - SozR 3-4220 § 6 Nr. 9 und vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 36/05 R - (juris); zur Sozialhilfe: BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 1977 - 5 C 35.77 - BVerwGE 55, 148 und vom 3. Dezember 1991 - 5 B 61.90 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr. 22). Auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Arbeitslosengelds II, den Lebensunterhalt des Hilfebedürftigen zu sichern und der Tatsache, dass es sich um eine steuerfinanzierte Leistung handelt (§ 46 SGB II), ist eine - durch die Bewilligung von Arbeitslosengeld II bewirkte - Tilgung anderweitig begründeter Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht vertretbar (vgl. zum ganzen Brühl in LPK - SGB II, a.a.O § 12 Rdnr. 67; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12 Rdnr. 32; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 Rdnr. 14; Radüge in juris-PK SGB II, 2. Aufl. 2007, § 12 Rdnr. 34). Es gilt auch hier der Grundsatz, dass Leistungen nach dem SGB II nicht der Vermögensbildung dienen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision ( 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der am 1978 geborene Kläger ist gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann und war bis 30. September 2003 versicherungspflichtig beschäftigt. Von Oktober 2003 bis Ende September 2005 absolvierte er eine Fachschulausbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt. Am 27. Oktober 2005 meldete sich der Kläger arbeitsuchend und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit lehnte den Antrag ab, das deswegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) geführte Verfahren (5 20 AL 1055/06) blieb ohne Erfolg. Vom 1. Juni 2006 bis zur Aufnahme eines Studiums an der Hochschule Medien im Oktober 2006 war der Kläger bei einer Zeitarbeitsfirma beschäftigt.
Aufgrund eines entsprechenden Hinweises bei der Arbeitslosmeldung beantragte der Kläger am 27. Oktober 2005 zugleich die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im März 2007 gab er an, über Sparbücher mit einem Gesamtguthaben in Höhe von 9.589,27 EUR (Stand 31. Dezember 2005 bzw. Januar 2006) und sonstige Wertpapiere mit einem Wert von 2.120,45 EUR (Stand 31. Dezember 2005), ferner über ein Girokonto zu verfügen; die entsprechenden Sparbücher und Kontoauszüge legte er vor. Zugleich gab er Verbindlichkeiten in Höhe von 10.102,44 EUR (Stand 16. Oktober 2005) an, welche aus einem Darlehen nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) herrühren. Auch hierzu legte der Kläger Belege vor. Mit Bescheid vom 15. März 2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Kläger angesichts seines Vermögens von 11.884,62 EUR (einschließlich Girokonto)‚ welches den Grundfreibetrag von 6.150 EUR übersteige, nicht hilfebedürftig sei. Der Widerspruch des Klägers, mit welchem er die Berücksichtigung seiner Schulden begehrte, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2007).
Hiergegen richtet sich die am 13. März 2007 zum SG erhobene Klage. Zur Begründung macht der Kläger geltend, dass er wirtschaftlich betrachtet über ein Reinvermögen in Höhe von lediglich 1.782,18 EUR verfüge, welches unterhalb des Freibetrags liege. Darüber hinaus bedeute die Verwertung der Sparguthaben für ihn eine besondere Härte, da er sich um äußerste Sparsamkeit bemüht habe, um seinen Rückzahlungsverpflichtungen nachkommen und seine Schulden mindern zu können.
Mit Gerichtsbescheid vom 21. September 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass dem Kläger mangels Hilfebedürftigkeit keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustünden. Anhaltspunkte, dass die Verwertung des Vermögens offensichtlich unwirtschaftlich sei oder für den Kläger eine besondere Härte bedeute, seien nicht ersichtlich. Die vorhandenen Schulden könnten nicht vom zu berücksichtigenden Vermögen abgezogen werden. Das SGB II sehe eine Saldierung des vorhandenen und verwertbaren Vermögens mit bestehenden Verbindlichkeiten nicht vor, eine Berücksichtigung von Schul- den scheide mangels gesetzlicher Grundlage aus.
Gegen das ihm am 4. Oktober 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 5. November 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers. Er ist weiter der Auffassung, das seine Schulden bei der Feststellung seines Vermögens zu berücksichtigen seien. Er könne nicht einsehen, dass kleine Sparer für ihre Sparsamkeit bestraft und schlechter gestellt würden als Personen, die ihr Geld verprasst hätten.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. September 2007 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 15. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2007 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 27. Oktober 2005 bis 31. Mai 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Leistungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Streitgegenstand ist im Hinblick auf die Erklärung des Klägers im Erörterungstermin vor der zuständigen Berichterstatterin am 18. November 2007 nur noch die Gewährung von Leistungen für den Zeitraum vom 27. Oktober 2005 (Antragstellung) bis 31. Mai 2006.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft ( 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat in der streit- befangenen Zeit keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfä- hige Hilfebedürftige).
Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch die Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Das auf Sparbüchern, dem Girokonto und in Wertpapieren angelegte Vermögen des Klägers ist verwertbar und ferner nicht als geschütztes Vermögen nach § 12 Abs. 3 SGB II von der Berücksichtigung ausgenommen. Insbesondere ist die Verwertung dieses Vermögens nicht offensichtlich unwirtschaftlich oder würde für den Kläger eine besondere Härte bedeuten (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II). Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit nur dann vor, wenn der zu erwartende Nettoerlös erheblich unter dem tatsächlichen Wert liegt, somit die zur Erlangung des Vermögens aufgewendeten Beträge deutlich unterschritten werden (vgl. Brühl in LPK - SGB II, 2. Auflage, § 12 Rdnr. 51). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor. Die in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II geregelte, die Verwertung ausschließende "besondere Härte" stellt auf atypische, ungewöhnliche Fälle ab, wobei maßgebend nur außergewöhnliche Umstände sein können, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs. 3 Satz 1 SGB II, § 4 Abs. 1 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 12 Rdnr. 87). Dabei ist der Maßstab im Bereich des SGB II strenger als im Bereich der Sozialhilfe, in dem die Leistungsbewilligung nicht vom Einsatz und der Verwertung des Vermögens abhängig gemacht werden darf, wenn dies für den Anspruchsteller oder seine Angehörigen "eine Härte bedeuten würde" (vgl. § 90 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch; ebenso § 88 Abs. 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung; hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), BVerwGE 47, 103, 110). Erforderlich ist daher das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 16. Mai 2007 - B 1lb AS 37/06 R - (zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen)). Es sind also nur besondere, bei anderen Hilfebedürftigen regelmäßig nicht anzutreffende Umstände beachtlich und in ihrem Zusammenwirken zu prüfen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007, a.a.O.). Eine derartige besondere Situation liegt nicht darin, dass der Kläger sein Vermögen aufgrund besonderer Sparsamkeit erworben hat.
Das vorhandene Vermögen übersteigt auch den Freibetrag. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II in der hier maßgebenden, bis 31. Juli 2006 geltenden Fassung ist vom Vermögen ein Grundfreibetrag in Höhe von 200 EUR je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, mindestens aber jeweils 4.100 EUR abzusetzen. Darüber hinaus ist ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen in Höhe von 750 EUR für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II). Für die Zeit bis 17. November 2005 ergibt sich somit ein Freibetrag in Höhe von 5.950 EUR (26 x 200 EUR + 750 EUR)‚ ab dem 18. November 2005 beträgt der Freibetrag 6.150 EUR (27 x 200 EUR plus 750 EUR). Das Vermögen des Klägers auf den Sparbüchern belief sich Anfang 2006 auf 9.589,27 EUR (Sparkassenbuch Nr. 3000207051 zum 3. Januar 2006: 5.151,03 EUR; Nr. 73955560 zum 3. Januar 2006: 2.599,54 EUR; Nr. 5482056 zum 27. Januar 2006: 535,91 EUR; Nr. 2480019004 zum 31. Dezember 2005: 1.302,79 EUR) zuzüglich 2.120,45 EUR (Wertpapiere, Gegenwert zum 31. Dezember 2005), insgesamt somit 11.709,72 EUR; auch zuvor in der Zeit ab 27. Oktober 2005 waren die vorgenannten Freibeträge durchweg weit überschritten. Dabei ist das Girokonto mit wechselnden Guthaben noch nicht einmal berücksichtigt. Dafür, dass der Betrag von 11.709,72 EUR bereits vor Ende des streitbefangenen Zeitraums verbraucht und zu einem späteren Zeitpunkt bis 31. Mai 2006 Bedürftigkeit wieder eingetreten war, gibt es keine Anhaltspunkte; im Erörterungstermin am 18. November 2007 hat der Kläger ausdrücklich bestätigt, dass er dieses Vermögen im streitbefangenen Zeitraum nicht verbraucht hat. Das vorhandene Vermögen übersteigt somit den maßgeblichen Freibetrag während des gesamten streitigen Zeitraums deutlich.
Weitere Absetzungen vom Vermögen kommen nicht in Betracht, insbesondere keine Berücksichtigung der Schulden des Klägers. Zum einen war die Darlehensrückzahlung erst ab 1. Oktober 2007 vorgesehen, wobei § 19 AFBG bei fehlender Leistungsfähigkeit die Stundung und ggf. den Erlass der Rückzahlungsraten erlaubt. Schon die fehlende Fälligkeit zur Tilgung steht einer Berücksichtigung der Verbindlichkeiten entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 25. März 1999 - B 7 AL 28/98 R - BSGE 84, 48 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 7; BSG, Urteil vom 2. November 2000 - B 11 AL 35/00 R - BSGE 87, 143 = SozR 3-4220 § 6 Nr. 8). Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt auch eine Saldierung der Schulden von den aktiven Vermögenswerten mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht. Das Gesetz sieht in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II vor, dass nur bestimmte Gegenstände von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen sind. Eine saldierende Betrachtungsweise, die Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva, ist damit gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Bilanzierung mit Schulden auf der Stufe des zu ermittelnden Vermögens scheidet daher aus (vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 10. August 2006 - L 7 AS 50/06 ER - (juris); vgl. zur Arbeitslosenhilfe BSG, Urteile vom 2. November 2000, a.a.O.; vom 21. November 2002 - B 11 AL 10/02 R - SozR 3-4220 § 6 Nr. 9 und vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 36/05 R - (juris); zur Sozialhilfe: BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 1977 - 5 C 35.77 - BVerwGE 55, 148 und vom 3. Dezember 1991 - 5 B 61.90 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr. 22). Auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Arbeitslosengelds II, den Lebensunterhalt des Hilfebedürftigen zu sichern und der Tatsache, dass es sich um eine steuerfinanzierte Leistung handelt (§ 46 SGB II), ist eine - durch die Bewilligung von Arbeitslosengeld II bewirkte - Tilgung anderweitig begründeter Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht vertretbar (vgl. zum ganzen Brühl in LPK - SGB II, a.a.O § 12 Rdnr. 67; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12 Rdnr. 32; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 Rdnr. 14; Radüge in juris-PK SGB II, 2. Aufl. 2007, § 12 Rdnr. 34). Es gilt auch hier der Grundsatz, dass Leistungen nach dem SGB II nicht der Vermögensbildung dienen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision ( 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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