L 7 AS 6042/07 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 5277/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 6042/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Karlsruhe vom 19. November 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die unter Beachtung der Vorschrift des § 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragsteller, der das Sozialgericht Karlsruhe (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist zulässig. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit welcher die Antragsteller die Gewährung höherer Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 2007 begehren, zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 a.a.O. vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a.a.O.). Der Antrag nach § 86b Abs. 2 SGG ist schon vor Klageerhebung zulässig (Abs. 3 a.a.O.).

Vorliegend kommt, wie das SG zutreffend erkannt hat, nur eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164 (beide auch in juris; jeweils m.w.N.)). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO)); dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. schon Beschluss vom 15. Juni 2005 - L 7 SO 1594/05 ER-B - (juris) unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG) NVwZ 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927 = Breithaupt 2005, 803). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragsteller vorzunehmen (vgl. schon Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - (juris) unter Hinweis auf BVerfG NVwZ 1997, 479; NVwZ 2005, 927; ferner Puttler in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), 2. Auflage, § 123 Rdnrn. 79, 96, 100; Funke-Kaiser in Bader u.a., VwGO, 3. Auflage, Rdnrn. 15, 25). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 1. August 2005 L 7 AS 2875/05 ER-B - a.a.O. und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - a.a.O.; Puttler in Sodan/Ziekow, a.a.O., Rdnr. 78; Funke-Kaiser in Bader u.a., a.a.O., Rdnr. 62 (alle m.w.N.)). Die Eilbedürftigkeit der erstrebten Regelung ist im Übrigen regelmäßig zu verneinen, soweit Ansprüche für bereits vor Stellung des einstweiligen Rechtsschutzantrags abgelaufene Zeiträume erhoben werden (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. und 17. August 2005 a.a.O.; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Auflage, Rdnr. 259 (alle m.w.N.)).

Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes keine höheren Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember 2007 beanspruchen können. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet, die Richtigkeit der Entscheidung des SG in Zweifel zu ziehen. Auch im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats sind weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Materiell-rechtliche Grundlage für den von den Antragstellern erhobenen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ist die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Hiernach erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Vorliegend besteht lediglich Streit über das Ausmaß der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II), während die übrigen Anspruchsvoraussetzungen dieser Norm, was auch die Antragsgegner nicht in Zweifel ziehen, gegeben sind. Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1 a.a.O.), oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr. 2 a.a.O.) sichern kann oder die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Die Berücksichtigung von Einkommen ist in § 11 SGB II, diejenige von Vermögen in § 12 SGB II - beide jeweils i.V.m. § 13 SGB II sowie der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) in der hier maßgebenden Fassung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3385) - geregelt. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände als Vermögen zu berücksichtigen.

Die Antragsgegner haben hier zutreffend neben der nicht umstrittenen Anrechnung des von der Antragstellerin Ziff. 2 bis November 2007 bezogenen Arbeitslosengelds die dem Antragsteller Ziff. 1 am 13. September 2007 zugeflossene Erstattung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung in Höhe von 2.150,46 EUR als Einkommen berücksichtigt. Diese Beitragserstattung ist als Einkommen anzusehen, nicht als Vermögen. Die Begriffe von Einkommen und Vermögen bedürfen, da im Gesetz nicht eindeutig unterschieden, der Auslegung. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Einkommen – in Abgrenzung zum Vermögen – alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die, wenn ggf. auch nur für den nachfolgenden Verbrauch, den Vermögensstand dessen vermehren, der solche Einnahmen hat, Vermögen demgegenüber ein Bestand von Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert (vgl. zum Recht der Arbeitslosenhilfe schon Bundessozialgericht (BSG) in BSGE 46, 271, 272 f. = SozR 4100 § 138 Nr. 7; BSG SozR 4100 § 138 Nr. 25; ähnlich zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in BVerwGE 108, 296,299 = Buchholz 436.0 § 76 BSHG Nr. 28; BVerwG Buchholz 436.0 § 76 BSHG Nrn. 29, 30 und 32; ferner Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 11 Rdnr. 30 ff.; Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 11 Rdnr. 6). Da auch Einnahmen grundsätzlich aus bereits bestehenden Rechtspositionen erzielt werden, bedarf es zur Unterscheidung zwischen Einkommen und Vermögen einer wertenden Betrachtung. Sie hängt nach der vom BVerwG zum BSHG entwickelten Rechtsprechung, der der Senat auch für den Bereich des SGB II folgt (vgl. Senatsurteil vom 9. August 2007 – L 7 AS 5695/06 - (juris)) davon ab, ob die Forderung aus bewusst angesparten vormaligen Einnahmen stammt – dann ist der Geldzufluss als Vermögen zu behandeln – oder ob der Grund der Forderung zunächst nicht realisierte Einnahmen waren; dann stellt die Erfüllung der Forderung Einkommen dar (vgl. BVerwGE 108, 296, 300 f.; BVerwG Buchholz 436.0 § 76 Nrn. 29 und 30). Einkommen sind daher beispielsweise Arbeitsentgelt (vgl. § 2 Alg II-V; ferner Senatsurteil vom 14. Dezember 2006 – L 7 AS 4269/05 - (juris), BSGE 53, 115, 116 = SozR 4100 § 138 Nr. 7; BSG, Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 17/06 R - (juris); BVerwG Buchholz 436.0 § 76 Nr. 32), auch Lohnnachzahlungen (vgl. Senatsurteil vom 9. August 2007, a.a.O), Mieten (BSGE 45, 60, 61 = SozR 4100 § 138 Nr. 2), Entgeltersatzleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch ( BVerwGE 120, 339 ff.; Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. Mai 2007 – L 12 AS 52/06 - (juris)) sowie Steuererstattungen (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2007 – L 7 SO 73/06 -). Zum Vermögen gehören hingegen solche Zahlungen, die im Zusammenhang mit einer Vermögensumschichtung, d.h. aus der Verwertung des Vermögens zum Verkehrswert erfolgen, weil diese den Vermögensbestand nicht verändern (z.B. der Erlös beim Verkauf von Grundvermögen; vgl. BSGE 46, 271 ff.; BSG SozR 4100 § 138 Nr. 25; BSG SozR 4-4300 § 193 Nr. 4 Rdnrn. 15, 18; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Aufl., § 12 Rdnr. 19; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, a.a.O., K § 12 Rdnrn. 60 ff., 75; Brühl in LPK-SGB II, a.a.O., Rdnr. 6). Unter Berücksichtigung dieser Abgrenzung ist die dem Antragsteller Ziff. 1 im September 2007 zugeflossene Beitragserstattung in Höhe von 2.150,46 EUR Einkommen und nicht Vermögen, denn sie hat, da nicht freiwillig "angespart", zum Zeitpunkt ihres Zuflusses zu einer Mittelvermehrung und nicht zu einer bloßen Umschichtung vorhandener Mittel geführt. Sie ist daher nicht zum Vermögen der Antragsteller zu rechnen, welches - wegen des höheren Grundfreibetrags nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II - alsdann geschont wäre.

Einkommen, das dem Hilfebedürftigen in der Bedarfszeit tatsächlich zufließt, ist grundsätzlich in diesem Zeitraum zu berücksichtigen, wobei insoweit mit Blick auf die in § 41 Abs. 1 SGB II festgelegten monatlichen Zahlungsabschnitte auf den Kalendermonat abzustellen ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 17/06 R – (juris)). Da es sich bei der Beitragserstattung um eine einmalige Einnahme handelt, ist diese gemäß §§ 2b, 2 Abs. 3 Satz 1 Alg II-V von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließt. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn – wie hier – Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind (§§ 2b, 2 Abs. 3 Satz 2 Alg II-V). Nach Satz 3 der Vorschrift sind einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen. Mit diesen letztgenannten Bestimmungen ist im Verordnungswege – abweichend vom tatsächlichen Zufluss – ein anderer Zufluss als rechtlich maßgebend bestimmt worden; dies ist zulässig (vgl. BVerwGE 108, 296 ff.; Buchholz 436.0 § 76 BSHG Nrn. 29, 30 und 36 (zu § 3 Abs. 3 Durchführungsverordnung zu § 76 BSHG); Senatsurteil vom 9. August 2007, a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. November 2006 – L 8 AS 325/06 ER - (juris)). Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Antragsteller ist wegen des in § 2 Abs. 3 Alg II-V geregelten normativen Zuflusses das Einkommen auch nicht nach Ablauf des Zuflussmonats zum Vermögen geworden (anders noch zum Recht der Arbeitslosenhilfe BSGE 41, 187, 189 = SozR 4100 § 138 Nr. 1). Die Bagatellgrenze des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V ist überschritten, so dass vorliegend eine Einkommensanrechnung vorzunehmen war.

Die von den Antragsgegnern vorgenommene Aufteilung der Beitragserstattung auf drei Monate (Oktober bis Dezember 2007) ist, wie bereits das SG zutreffend erkannt hat, nicht zu beanstanden. Insbesondere steht ihr nicht entgegen, dass im Oktober 2007 ein neuer Bewilligungsabschnitt begonnen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Februar 2007 – L 7 SO 690/07 ER-B - FEVS 58, 507). Ob eine gleichmäßige Aufteilung der erhaltenen Beitragserstattung auf alle drei Monate nicht angezeigt wäre, kann im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes offen bleiben (vgl. zur Berücksichtigung des Einzelfalls Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. März 2004 – 12 S 1615/03 – FEVS 56/90), denn auch in diesem Fall könnten die Antragsteller in der Summe keine höheren Ansprüche für die streitige Zeit geltend machen. Der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz bleibt auch bei der durch die Antragsgegner vorgenommenen Aufteilung aufrecht erhalten (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 21. Februar 2007, a.a.O.). Darüber hinaus haben die Antragsgegner zutreffend als Freibetrag die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR monatlich gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SBG II i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V für alle drei Monate berücksichtigt.

Weitere Freibeträge sind nicht ersichtlich, insbesondere können die geltend gemachten Schulden nicht vom Vermögen abgesetzt werden. Das Gesetz sieht in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II vor, dass nur bestimmte Gegenstände von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen sind. Eine saldierende Betrachtungsweise, die Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva, ist damit gesetzlich nicht vorgesehen. Eine Bilanzierung mit Schulden auf der Stufe des zu ermittelnden Vermögens scheidet daher aus (vgl. Senatsurteil vom 17. Januar 2008 - L 7 AS 5240/07 -; LSG Hessen, Beschluss vom 10. August 2006 - L 7 AS 50/06 ER - (juris); vgl. zur Arbeitslosenhilfe BSG, Urteile vom 2. November 2000, a.a.O.; vom 21. November 2002 - B 11 AL 10/02 R - SozR 3-4220 § 6 Nr. 9 und vom 9. Februar 2006 - B 7a AL 36/05 R - (juris); zur Sozialhilfe: BVerwG, Urteile vom 15. Dezember 1977 - 5 C 35.77 - BVerwGE 55, 148 und vom 3. Dezember 1991 - 5 B 61.90 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr. 22). Auch unter Berücksichtigung des Zwecks des Arbeitslosengelds II, den Lebensunterhalt des Hilfebedürftigen zu sichern und der Tatsache, dass es sich um eine steuerfinanzierte Leistung handelt (§ 46 SGB II), ist eine - durch die Bewilligung von Arbeitslosengeld II bewirkte - Tilgung anderweitig begründeter Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht vertretbar (vgl. zum ganzen Brühl in LPK - SGB II, a.a.O § 12 Rdnr. 67; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12 Rdnr. 32; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 12 Rdnr. 14; Radüge in juris-PK SGB II, 2. Aufl. 2007, § 12 Rdnr. 34). Es gilt auch hier der Grundsatz, dass Leistungen nach dem SGB II nicht der Vermögensbildung dienen (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).

Die Antragsteller müssen das ihnen zur Verfügung stehende Einkommen auch dann zur Bestreitung ihres Unterhaltsbedarfs verwenden, wenn sie sich dadurch außerstande setzen, anderweitig bestehende Verbindlichkeiten zu erfüllen (vgl. Brühl in LPK-SGB II, a.a.O., § 11 Rdnr. 12 m.w.N.). Die von den Antragstellern eidesstattlich versicherte Tilgung von Mietrückständen, Rückständen von Energiekosten sowie von sonstigen privaten Schulden führt zu keiner anderen Beurteilung. Den Antragstellern war aufgrund des Anschreibens zur Beitragserstattung bekannt, dass sich diese auf den Leistungsbezug auswirkt. Es handelt sich bei der Tilgung von Schulden um freiwillige Vermögensdispositionen, die bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nicht zu berücksichtigen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1983 – 5 C 114.81NJW 1983, 2276 f.; Sächsisches LSG, Beschluss vom 14. April 2005 – L 3 B 30/05 AS ER – NZS 2006, 107 f.; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. August 2007 – L 13 AS 46/07 ER -). Eine andere Betrachtung würde letztlich dazu führen, dass über die Hilfe zum Lebensunterhalt Schulden übernommen werden. Eine Übernahme von Schulden kommt jedoch nur in den in § 22 Abs. 5 SGB II genannten Ausnahmefällen in Betracht. Ob nachträglich entsprechend dieser Vorschrift überhaupt Leistungen erbracht werden können, wenn zu Lasten des allgemeinen Lebensunterhalts gleichsam im Wege der "Selbsthilfe" schon die Schulden getilgt wurden, kann hier dahin stehen, denn jedenfalls liegen die Voraussetzungen für eine Übernahme von Schulden nicht vor. Bezüglich der von den Antragstellern mit 1.726,19 EUR bezifferten Mietrückstände ergibt sich dies schon daraus, dass die Antragsteller die unangemessen teure Wohnung, aus deren Miete die Rückstände herrühren, inzwischen aufgegeben haben, so dass schon aus diesem Grund eine Sicherung der Unterkunft als Voraussetzung für eine Übernahme der Schulden nicht erreicht werden kann. Auch bezüglich der geltend gemachten Energiekostenrückstände, welche grundsätzlich zu einer "vergleichbaren Notlage" i.S.d. § 22 Abs. 5 Satz 1 SGB II führen können (vgl. Berlit in LPK-SGB II, a.a.O., § 22 Rdnr. 116 m.w.N.), kommt eine Schuldenübernahme nicht in Betracht. Die Antragsteller hatten insoweit mit dem Energieversorger bereits am 10. April 2007 eine Ratenzahlungsvereinbarung getroffen, so dass die Sperrung der Energiezufuhr aktuell nicht zu besorgen war. Die nicht näher benannten "Schulden bei Bekannten" gehören schon dem Grunde nach nicht zu den nach § 22 Abs. 5 SGB II zu übernehmenden Schulden.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) war abzulehnen. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO erhält PKH, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen besteht vorliegend keine hinreichende Erfolgsaussicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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