Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 3350/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 396/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. November 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht der Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1954 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war zuletzt als Reinigungskraft und Bandarbeiterin tätig.
Ihr erster Rentenantrag vom 5. April 2001 wurde von der Beklagten durch Bescheid vom 18. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2001 abgelehnt. Auf die dagegen erhobene Klage verurteilte das Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen mit Urteil vom 26. Februar 2003, der Klägerin zeitlich befristet vom 1. Mai 2001 bis 30. April 2004 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten schlossen die Beteiligten vor dem Landessozialgericht (LSG) am 28. November 2003 ( L 13 RJ 1214/03) einen Vergleich dahingehend, dass die Klägerin ihren Rentenanspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung derzeit nicht weiterverfolgt und die Beklagte ihr Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bewilligt.
Daraufhin führte die Klägerin vom 9. März bis 6. April 2004 eine von der Beklagten gewährte medizinische Rehabilitation in der Rehaklinik Gl. in Glottertal durch wegen dort diagnostizierter schwerer depressiver Episode mit psychotischen Zügen, schwerer somatoformer Schmerzstörung und Adipositas. Gemäß dem Entlassbericht vom 22. April 2004 war die Klägerin zur Zeit der Aufnahme wie zur Zeit der Entlassung arbeitsfähig für die bisherige Tätigkeit als Hilfskraft in Reinigung und Küche im Umfang von maximal vier Stunden täglich, und für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen im Umfang von drei bis sechs Stunden täglich.
Auf den erneuten Rentenantrag der Klägerin vom 11. November 2004 ließ die Beklagte die Klägerin nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen in ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle in Freudenstadt am 22. Februar 2005 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Go. untersuchen. Dieser stellte eine somatoforme Schmerzstörung unter Ausschluss einer gravierenden depressiven Erkrankung, Schmerzmittelabusus, Verdacht auf analgetikainduzierte Körperschmerzen und einen retropatellaren Knorpelschaden im Bereich beider Knien ohne Funktionseinschränkung sowie Übergewicht fest. Er kam unter dem 31. März 2005 zu der Einschätzung, die Klägerin könne die zuletzt ausgeübte vierstündige Tätigkeit als Putzfrau und Küchenhilfe in einem Altersheim weiterhin durchführen. Für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie bei Beachtung qualitativer Einschränkungen im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig, sofern es sich um leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten handele.
Der Rentenantrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 7. April 2005 abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2005 zurückgewiesen.
Am 24. August 2005 hat die Klägerin Klage zum SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, im Rahmen der Rehabilitation sei bei ihr wegen einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Zügen eine vollschichtige Leistungsfähigkeit ausgeschlossen worden. Ihr Hausarzt Dr. Het. habe gegenüber dem Integrationsamt im Rahmen einer beabsichtigten Kündigung des Arbeitgebers angegeben, sie sei nur noch zu leichten Tätigkeiten im Umfang von drei bis sechs Stunden täglich in der Lage. Daraufhin sei das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 beendet worden. In der Zeit vom 13. bis 19. September 2005 sei sie wegen Schlunddyskinesie und Depression medikamentös behandelt worden.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Het. gab in einer Stellungnahme vom 24. November 2005 an, die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 12. Dezember 2005 führte er aus, ihm sei in der ersten Stellungnahme ein Fehler unterlaufen; die Klägerin sei nur noch für leichte Tätigkeiten im Umfang von vier bis sechs Stunden auf dem Arbeitsmarkt geeignet. Der Arzt für Neurologie Dr. Di. gab in der Stellungnahme vom 27. April 2005 an, es bestehe seit Jahren im rechten Arm eine chronische Schmerzerkrankung. Für die Leistungsfähigkeit sei zwischen diesem Schulterarmschmerz und der depressiven Antriebsstörung nicht zu trennen. Leichte Arbeiten in geringem Umfang seien möglich. Der Orthopäde Dr. Sp. hat unter dem 20. Dezember 2005 mitgeteilt, bei der Klägerin sei ein retropatellarer Knorpelschaden beider Kniegelenke, ein Supraspinatussehnensyndrom beidseits und Fibromyalgie festgestellt worden. Mit den Erkrankungen müsste die Klägerin noch in der Lage sein, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Der Facharzt für Urologie Dr. Co. teilte unter dem 29. Dezember 2005 mit, wegen einer kombinierten Belastungs- und Dranginkontinenz benutze die Klägerin Vorlagen. Das Heben und Tragen schwerer Lasten sei zu vermeiden. Mit der Erkrankung könne die Klägerin auch ohne wesentliche Einschränkung leichte Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt verrichten. Daneben sei ihm eine endogene Depression der Klägerin bekannt.
Das SG hat außerdem bei dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. Fri. ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Im Gutachten vom 22. Juni 2006 stellte der Sachverständige bei der Klägerin eine anhaltende ängstliche Depression in Form einer Dysthymie fest. Im Sinne eines neurotischen Ausbaus seien die Beschwerden von der Klägerin überformt, sie seien jedoch nicht im Sinne einer somatoformen Störung zu verstehen. Der von der Klägerin geklagte Kopfschmerz könne als Ausdruck eines cervikocephalen Syndroms von dem bekannten Cervikalsyndrom abgeleitet werden. Eine urologische Störung sei offenbar operativ weitgehend behoben worden. Die psychiatrische Diagnose rechtfertige eine Reihe von Einschränkungen wie den Ausschluss einer nervlichen Belastung oder Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen mit häufigem Treppensteigen und unter Zeitdruck. Nach dem von der Klägerin beschriebenen Tagesablauf erledige sie manchmal kleine Einkäufe, stets in Begleitung. Sie koche täglich, wobei sie zumeist von einer ihrer im Haus lebenden Töchter unterstützt werde. Die Reinigung der Wohnung habe ihre Tochter übernommen. Eigentliche Konzentrationsstörungen oder anamnestische Störungen ließen sich nicht objektivieren. Im Rahmen der eineinhalbstündigen Untersuchung sei keine Erschöpfungssystematik festzustellen gewesen. Kontaktfähigkeit und Situationserleben seien nicht durchweg von der Erkrankung bestimmt oder gar eingeengt. Hiervon ausgehend kommt der Sachverständige zu der Einschätzung, bei der Klägerin bestehe eine Leistungsfähigkeit für einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von acht Stunden mit qualitativen Einschränkungen.
Mit Urteil vom 7. November 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Die Klägerin sei aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeiten als Reinigungskraft bzw. Bandarbeiterin als ungelernte Arbeiterin einzustufen und könne damit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Solche Tätigkeiten könne sie noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehe ein Beschwerdebild, das vom gerichtlichen Gutachter Dr. Fri. als anhaltende ängstliche Depression in Form einer Dysthymie bezeichnet werde; eine somatoforme Störung habe dieser nicht angenommen, sondern ausgeführt, die Klägerin überforme ihre Beschwerden im Sinne eines neurotischen Ausbaus. Hierin sei keine erhebliche Abweichung zu der Angabe des behandelnden Arztes für Neurologie Dr. Di. zu sehen, wonach für die Leistungsfähigkeit der Klägerin zwischen einem Schulter-Arm-Schmerz und einer depressiven Antriebsstörung nicht zu trennen sei; das Beschwerdebild werde daher von Dr. Di. als chronische Schmerzerkrankung bezeichnet. Auch die Angaben des Orthopäden Dr. Sp., bei der Klägerin bestehe eine Fibromyalgie und des Urologen Dr. Co.s, wonach ihm eine endogene Depression der Klägerin bekannt sei, stellten nach Auffassung des Gerichts keine für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin maßgebend abweichende Beschreibung des Beschwerdebildes dar. Denn keiner der genannten Ärzte beschreibe über das von Dr. Fri. dargestellte Beschwerdebild hinausgehende Befunde. Auf orthopädischem Fachgebiet bestünden bei der Klägerin neben retropatellaren Knorpelschäden beider Kniegelenke ein Supraspinatussehnensyndrom beidseits, auf urologischem Fachgebiet eine kombinierte Belastungs- und Dranginkontinenz, deretwegen die Klägerin Vorlagen trage.
Wegen dieser gesundheitlichen Störungen seien nach übereinstimmender Auffassung der behandelnden Ärzte und des vom Gericht bestellten Gutachters nur qualitative Leistungseinschränkungen zu beachten. So seien wegen der Schmerzerkrankung und der orthopädischen Beschwerden nur noch leichte Arbeiten ohne Belastung der Kniegelenke und der Schultern möglich. Sie schlössen aber - ebenso wie die Inkontinenz - das Heben und Tragen schwerer Lasten aus. Im Übrigen sei mit dem Tragen von Vorlagen der Inkontinenz ausreichend Rechnung getragen. Die Erkrankungen der Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet rechtfertigten darüber hinaus keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit, wie bereits im Entlassbericht der Rehaklinik Gl. im April 2004 festgestellt worden sei. Denn dort sei die Klägerin zum Zeitpunkt der Aufnahme wie zur Zeit der Entlassung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von drei bis sechs Stunden täglich arbeitsfähig eingestuft worden. Eine weitere Verschlechterung der Leistungsfähigkeit seither auf weniger als sechs Stunden täglich sei nicht erwiesen. Hiergegen spreche die im Sachverständigengutachten dargestellte Tagesstrukturierung der Klägerin bzw. ihr Freizeit- und Sozialverhalten. Denn nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima"), beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit sei von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen. Eine Einschränkung ergebe sich zwar bei Zugrundelegung der Angabe der Klägerin, wonach sie ihre Wohnung nicht mehr selbst sauber mache. Sie koche aber nach ihren Angaben täglich selbst und erledige auch kleine Einkäufe selbst. Einer "vita minima" entspreche dies nicht. Darüber hinaus habe der Sachverständige weder Konzentrationsstörungen noch anamnestische Störungen objektivieren können noch im Rahmen der eineinhalbstündigen Untersuchung eine Erschöpfungssymptomatik oder eine Einengung der Kontaktfähigkeit oder des Situationserlebens festgestellt.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 8. Januar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Januar 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin, mit welcher diese ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und dazu ausgeführt hat, der Klägerin stehe eine Erwerbsminderungsrente zu. Bereits im Entlassungsbericht der Reha-Klinik Gl. in Glottertal werde ausgeführt, dass sie ihre bisherige Tätigkeit als Hilfskraft in Reinigung und Küche nur noch maximal vier Stunden am Tag ausüben könne; leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr nur noch drei bis sechs Stunden zumutbar gewesen. Seitdem habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert; sie sei von ihrem Arbeitgeber wegen häufiger Krankheiten entlassen worden. Das Gutachten von Dr. Fri. sei unzutreffend. Dieser habe zu Unrecht keine schwere depressive Episode, sondern lediglich eine Verstimmung (Dysthymia) angenommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. November 2006 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2005 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. November 2004 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Der Senat hat Beweis erhoben zunächst durch Einholung einer sachverständigen Zeugenaussage der Frau Dr. K. (Ärztin für Neurologie und Psychiatrie), die in ihrer Äußerung vom 18. Juni 2007 bei der Klägerin rezidivierende depressive Störungen mit wiederholt auftretenden mittelgradigen bis schwergradigen depressiven Episoden mit psychotischen Zügen diagnostiziert hat. Bei medikamentöser Behandlung sei eine leichte Besserung der Stimmungslage feststellbar gewesen.
Der Senat hat außerdem ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Prof. Dr. B. eingeholt. In dem Gutachten vom 21. August 2007 führt dieser aus, auf neurologischem Gebiet bestehe bei der Klägerin ein leicht ausgeprägtes Wirbelsäulensyndrom, es fänden sich aber keine sensiblen oder motorischen neurologischen Defizite und auch keine Nervenwurzelreizsymptome. Hieraus resultierten lediglich qualitative Leistungseinschränkungen dahingehend, dass nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar seien; Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) seien nicht zumutbar, da unter den genannten Bedingungen mit einer Exacerbation radikulärer Schmerzsensationen seitens der Wirbelsäule gerechnet werden müsste. Bei der Klägerin liege psychiatrisch lediglich eine Dysthymie vor; eine psychiatrische Krankheit klinisch-relevanten Ausmaßes (sowohl ein depressives Syndrom jedweder Genese (mit Ausnahme der Dysthymie) als auch ein chronisches Schmerz-Syndrom als auch ein psychosomatisches Syndrom anderer Prägung als auch ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom (synonym neurasthenisches Syndrom) als auch ein organisches Psychosyndrom (synonym Demenz-Syndrom) als auch ein anderer Prägnanztyp einer psychiatrischen Krankheit) sei nicht festzustellen. Eine psychiatrische Krankheit klinisch-relevanten Ausmaßes könne auch zu früheren Zeitpunkten nicht über längere Zeiträume hinweg bestanden haben. Die angegebenen Einschränkungen im Sinne einer Dysthymie bestünden allein im subjektiven Bereich, führten jedoch zu keinen objektivierbaren Leistungseinbußen. Unter rein neurologischem und psychiatrischem Blickwinkel seien der Klägerin leichte und vorübergehend auch mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar, sofern letztere nur als Ausnahmefall hin und wieder während einer Arbeitsschicht vorkämen, aber nicht zum allgemeinen Arbeitsablauf gehörten. Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen seien ihr auch entsprechende Tätigkeiten im Rahmen eines vollen Arbeitstages zumutbar. Die freie Wegstrecke der Klägerin sei unter rein nervenärztlichen Gesichtspunkten nicht eingeschränkt.
Der sozialmedizinische Dienst der Beklagten (MUDr. Hoffmann, Ärztin für Psychiatrie) hat zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter dem 20. September 2007 ausgeführt, die Diagnosen von Frau Dr. K., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, stünden im Widerspruch zu den nervenärztlichen Gutachten von Dr. Fri. und Prof. Dr. B ... Letzterer habe diametrale Widersprüche zwischen Befund und Diagnose festgestellt und Simulationstendenzen als Ausdruck einer bewusstseinsnahen Zweckreaktion beschrieben. Die von ihm gestellte Diagnose einer Dysthymie sei nachvollziehbar und lasse sich mit den umfangreichen aktenkundigen Vorbefunden vereinbaren. Es sei ein weitgehend unauffälliger psychopathologischer Befund sowie ein ausreichend breit strukturierter Tagesablauf beschrieben worden. Die Leistungsbeurteilung durch Prof. Dr. B. sei daher nachvollziehbar. Eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit quantitativer Art lasse sich auf dem neurologischen und psychiatrischen Fachgebiet nicht feststellen. Diese stimme im Wesentlichen mit den früheren Leistungsbeurteilungen überein.
Der Senat hat am 8. November 2007 durch den Berichterstatter einen Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes mit den Beteiligten durchgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 155 Abs. 3 und 4, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Streitgegenstand ist vorliegend allein die geltend gemachte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, nicht dagegen ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit. Denn einen entsprechenden Antrag hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - im Hinblick auf die ausgeübten ungelernten Tätigkeiten zu Recht - vor dem Senat nicht gestellt.
Maßgeblich für die beanspruchten Renten ist vorliegend das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)), denn im Streit steht ein Anspruch der Klägerin erst ab 1. November 2004 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)). Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (1.) voll erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2 a.a.O.). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht (BSG) - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) hat die Klägerin erfüllt. Ferner wären die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGBVI) gegeben, wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit jedenfalls mit der Rentenantragstellung oder früher eingetreten wäre. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat die Klägerin indes keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, weil sie in der streitbefangenen Zeit ab November 2004 nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI gewesen ist.
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin liegen vorwiegend auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet, daneben auf orthopädischem und internistischem Gebiet. Auf neurologisch-psychiatrischem Bereich besteht nach den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. Fri. und Prof. Dr. B. lediglich eine Dysthymie; Anhaltspunkte für die von Frau Dr. K. diagnostizierte rezidivierenden depressiven Störungen mit wiederholt auftretenden mittelgradigen bis schwergradigen depressiven Episoden mit psychotischen Zügen konnten von den beiden genannten Sachverständigen hingegen übereinstimmend nicht verifiziert werden. Insbesondere konnten diese keine sensiblen oder motorischen neurologischen Defizite feststellen und schlossen auch das Bestehen eines chronischen Schmerzsyndroms, einer Fibromyalgie und einer Somatisierungsstörung aus, von welcher etwa der Rentengutachter Dipl.-Med. Go. (Neurologe, Psychiater und Sozialmediziner) ausgegangen ist. Auch konnten keine neurologischen Pathologika im Hinblick auf das festgestellte Wirbelsäulensyndrom festgestellt werden. Dafür berichtet Prof. Dr. B. von partiellen Simulationstendenzen als Ausdruck einer bewusstseinsnahen Zweckreaktion bzw. Tendenzreaktion. Auf orthopädischem Gebiet bestehen nach den medizinischen Feststellungen ein Wirbelsäulensyndrom, ein retropatellarer Knorpelschaden beider Kniegelenke und ein Supraspinatussehnensyndrom beidseits. Im urologischen Bereichen liegt nach den Feststellungen von Dr. Co. eine kombinierte Belastungs- und Dranginkontinenz vor.
Die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen bewirken keine Einschränkung ihres Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Dies gilt zum Einen für den neurologisch-psychiatrischen Bereich; der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden, zeitliche Leistungseinschränkungen verneinenden Beurteilungen des Rentengutachters Dipl.-Med. Go., dessen Gutachten im Wege des Urkundsbeweises zu verwerten ist, der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Fri. und Prof. Dr. B. und der Beratungsärztin Dr. H. (Ärztin für Psychiatrie), deren Stellungnahme als qualifiziertes Parteivorbringen zu verwerten ist, an. Lediglich der behandelnde Neurologe Dr. Di. und der Allgemeinmediziner Dr. Het. gingen insoweit von zeitlichen Leistungseinschränkungen aus, denen allerdings schon deshalb nicht gefolgt werden kann, weil die von ihm angenommene gravierende Diagnose einer chronischen Schmerzerkrankung bzw. einer Depression, Fibromyalgie und somatoformen Schmerzstörung nicht in Einklang zu bringen ist mit den detaillierten Anamneseerhebungen und Diagnosestellungen insbesondere der gerichtlich bestellten Sachverständigen.
Mit dem bestehenden Krankheitsbild sind zwar durchaus auch Beeinträchtigungen verbunden, diese bedingen jedoch keine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Dies stellen Dipl.-Med. Go., Dr. Fri. und Prof. Dr. B. in Bezug auf das neurologisch-psychiatrische Beschwerdebild einer Dysthymie ausführlich und schlüssig dar. Diese Beurteilung lässt sich auch mit den eigenen Angaben der Klägerin etwa zum Tagesablauf und dem Freizeit- und Reiseverhalten in Übereinstimmung bringen. Gleiches gilt für die orthopädischen und internistischen Befunde, die schon nach der schlüssigen Einschätzung der behandelnden Ärzte Dr. Sp. und Dr. Co. vollschichtigen leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegenstehen.
Hinsichtlich des zu beachtenden positiven und negativen Leistungsbildes würdigt der Senat die schlüssigen ärztlichen Äußerungen insgesamt dahingehend, dass die Klägerin jedenfalls leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann; Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) sollten aber mit Blick auf das bestehende Wirbelsäulensyndrom vermieden werden.
Die Notwendigkeit zu Arbeitsunterbrechungen in einem das betriebsübliche Maß übersteigenden Rahmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 - (juris)) besteht unter Würdigung der ärztlichen Ausführungen ebenso wenig wie eine rentenrechtlich relevante Einschränkungen der Gehfähigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10).
Vorliegend besteht auch keine Pflicht, ausnahmsweise eine Verweisungstätigkeit für die Klägerin zu benennen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139). Derartige letztgenannten beiden Gründe für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegen nach dem Beweisergebnis - wie oben ausgeführt - nicht vor. Ebenso wenig stellt das bei der Klägerin zu beachtende positive und negative Leistungsbild eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 35/97 R - (juris)). Eine Vielzahl der bei der Klägerin zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist bereits vom Begriff der "körperlich leichten Arbeiten" erfasst, z.B. Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG, Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 91/96 - und vom 24. März 1998 - 4 RA 44/96 - (beide juris)); regelmäßig stellen derartige Arbeitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Nicht gedeckt sind die verbleibenden Einschränkungen; sie führen jedoch zu keiner wesentlichen zusätzlichen Einschränkung des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsfeldes (vgl. hierzu BSGE 80, 24, 32). Körperlich leichte Arbeiten werden nicht typischerweise unter diesen Bedingungen ausgeübt. Etwaige häufigere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bewirken für sich allein im Übrigen noch keine verminderte Erwerbsfähigkeit (vgl. BSGE 9, 192, 194; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12 S. 23).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht der Anspruch der Klägerin auf eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1954 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war zuletzt als Reinigungskraft und Bandarbeiterin tätig.
Ihr erster Rentenantrag vom 5. April 2001 wurde von der Beklagten durch Bescheid vom 18. Juni 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2001 abgelehnt. Auf die dagegen erhobene Klage verurteilte das Sozialgericht Karlsruhe (SG) die Beklagte unter Klageabweisung im Übrigen mit Urteil vom 26. Februar 2003, der Klägerin zeitlich befristet vom 1. Mai 2001 bis 30. April 2004 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten schlossen die Beteiligten vor dem Landessozialgericht (LSG) am 28. November 2003 ( L 13 RJ 1214/03) einen Vergleich dahingehend, dass die Klägerin ihren Rentenanspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung derzeit nicht weiterverfolgt und die Beklagte ihr Leistungen zur medizinischen Rehabilitation bewilligt.
Daraufhin führte die Klägerin vom 9. März bis 6. April 2004 eine von der Beklagten gewährte medizinische Rehabilitation in der Rehaklinik Gl. in Glottertal durch wegen dort diagnostizierter schwerer depressiver Episode mit psychotischen Zügen, schwerer somatoformer Schmerzstörung und Adipositas. Gemäß dem Entlassbericht vom 22. April 2004 war die Klägerin zur Zeit der Aufnahme wie zur Zeit der Entlassung arbeitsfähig für die bisherige Tätigkeit als Hilfskraft in Reinigung und Küche im Umfang von maximal vier Stunden täglich, und für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen Einschränkungen im Umfang von drei bis sechs Stunden täglich.
Auf den erneuten Rentenantrag der Klägerin vom 11. November 2004 ließ die Beklagte die Klägerin nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen in ihrer ärztlichen Untersuchungsstelle in Freudenstadt am 22. Februar 2005 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Go. untersuchen. Dieser stellte eine somatoforme Schmerzstörung unter Ausschluss einer gravierenden depressiven Erkrankung, Schmerzmittelabusus, Verdacht auf analgetikainduzierte Körperschmerzen und einen retropatellaren Knorpelschaden im Bereich beider Knien ohne Funktionseinschränkung sowie Übergewicht fest. Er kam unter dem 31. März 2005 zu der Einschätzung, die Klägerin könne die zuletzt ausgeübte vierstündige Tätigkeit als Putzfrau und Küchenhilfe in einem Altersheim weiterhin durchführen. Für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie bei Beachtung qualitativer Einschränkungen im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähig, sofern es sich um leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten handele.
Der Rentenantrag wurde daraufhin mit Bescheid vom 7. April 2005 abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2005 zurückgewiesen.
Am 24. August 2005 hat die Klägerin Klage zum SG erhoben und zur Begründung ausgeführt, im Rahmen der Rehabilitation sei bei ihr wegen einer schweren depressiven Episode mit psychotischen Zügen eine vollschichtige Leistungsfähigkeit ausgeschlossen worden. Ihr Hausarzt Dr. Het. habe gegenüber dem Integrationsamt im Rahmen einer beabsichtigten Kündigung des Arbeitgebers angegeben, sie sei nur noch zu leichten Tätigkeiten im Umfang von drei bis sechs Stunden täglich in der Lage. Daraufhin sei das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31. Dezember 2005 beendet worden. In der Zeit vom 13. bis 19. September 2005 sei sie wegen Schlunddyskinesie und Depression medikamentös behandelt worden.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Het. gab in einer Stellungnahme vom 24. November 2005 an, die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig verrichten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 12. Dezember 2005 führte er aus, ihm sei in der ersten Stellungnahme ein Fehler unterlaufen; die Klägerin sei nur noch für leichte Tätigkeiten im Umfang von vier bis sechs Stunden auf dem Arbeitsmarkt geeignet. Der Arzt für Neurologie Dr. Di. gab in der Stellungnahme vom 27. April 2005 an, es bestehe seit Jahren im rechten Arm eine chronische Schmerzerkrankung. Für die Leistungsfähigkeit sei zwischen diesem Schulterarmschmerz und der depressiven Antriebsstörung nicht zu trennen. Leichte Arbeiten in geringem Umfang seien möglich. Der Orthopäde Dr. Sp. hat unter dem 20. Dezember 2005 mitgeteilt, bei der Klägerin sei ein retropatellarer Knorpelschaden beider Kniegelenke, ein Supraspinatussehnensyndrom beidseits und Fibromyalgie festgestellt worden. Mit den Erkrankungen müsste die Klägerin noch in der Lage sein, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten. Der Facharzt für Urologie Dr. Co. teilte unter dem 29. Dezember 2005 mit, wegen einer kombinierten Belastungs- und Dranginkontinenz benutze die Klägerin Vorlagen. Das Heben und Tragen schwerer Lasten sei zu vermeiden. Mit der Erkrankung könne die Klägerin auch ohne wesentliche Einschränkung leichte Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt verrichten. Daneben sei ihm eine endogene Depression der Klägerin bekannt.
Das SG hat außerdem bei dem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. Fri. ein nervenärztliches Gutachten eingeholt. Im Gutachten vom 22. Juni 2006 stellte der Sachverständige bei der Klägerin eine anhaltende ängstliche Depression in Form einer Dysthymie fest. Im Sinne eines neurotischen Ausbaus seien die Beschwerden von der Klägerin überformt, sie seien jedoch nicht im Sinne einer somatoformen Störung zu verstehen. Der von der Klägerin geklagte Kopfschmerz könne als Ausdruck eines cervikocephalen Syndroms von dem bekannten Cervikalsyndrom abgeleitet werden. Eine urologische Störung sei offenbar operativ weitgehend behoben worden. Die psychiatrische Diagnose rechtfertige eine Reihe von Einschränkungen wie den Ausschluss einer nervlichen Belastung oder Tätigkeiten überwiegend im Stehen und Gehen mit häufigem Treppensteigen und unter Zeitdruck. Nach dem von der Klägerin beschriebenen Tagesablauf erledige sie manchmal kleine Einkäufe, stets in Begleitung. Sie koche täglich, wobei sie zumeist von einer ihrer im Haus lebenden Töchter unterstützt werde. Die Reinigung der Wohnung habe ihre Tochter übernommen. Eigentliche Konzentrationsstörungen oder anamnestische Störungen ließen sich nicht objektivieren. Im Rahmen der eineinhalbstündigen Untersuchung sei keine Erschöpfungssystematik festzustellen gewesen. Kontaktfähigkeit und Situationserleben seien nicht durchweg von der Erkrankung bestimmt oder gar eingeengt. Hiervon ausgehend kommt der Sachverständige zu der Einschätzung, bei der Klägerin bestehe eine Leistungsfähigkeit für einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von acht Stunden mit qualitativen Einschränkungen.
Mit Urteil vom 7. November 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert und auch nicht berufsunfähig. Die Klägerin sei aufgrund der zuletzt ausgeübten Tätigkeiten als Reinigungskraft bzw. Bandarbeiterin als ungelernte Arbeiterin einzustufen und könne damit auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Solche Tätigkeiten könne sie noch in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehe ein Beschwerdebild, das vom gerichtlichen Gutachter Dr. Fri. als anhaltende ängstliche Depression in Form einer Dysthymie bezeichnet werde; eine somatoforme Störung habe dieser nicht angenommen, sondern ausgeführt, die Klägerin überforme ihre Beschwerden im Sinne eines neurotischen Ausbaus. Hierin sei keine erhebliche Abweichung zu der Angabe des behandelnden Arztes für Neurologie Dr. Di. zu sehen, wonach für die Leistungsfähigkeit der Klägerin zwischen einem Schulter-Arm-Schmerz und einer depressiven Antriebsstörung nicht zu trennen sei; das Beschwerdebild werde daher von Dr. Di. als chronische Schmerzerkrankung bezeichnet. Auch die Angaben des Orthopäden Dr. Sp., bei der Klägerin bestehe eine Fibromyalgie und des Urologen Dr. Co.s, wonach ihm eine endogene Depression der Klägerin bekannt sei, stellten nach Auffassung des Gerichts keine für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin maßgebend abweichende Beschreibung des Beschwerdebildes dar. Denn keiner der genannten Ärzte beschreibe über das von Dr. Fri. dargestellte Beschwerdebild hinausgehende Befunde. Auf orthopädischem Fachgebiet bestünden bei der Klägerin neben retropatellaren Knorpelschäden beider Kniegelenke ein Supraspinatussehnensyndrom beidseits, auf urologischem Fachgebiet eine kombinierte Belastungs- und Dranginkontinenz, deretwegen die Klägerin Vorlagen trage.
Wegen dieser gesundheitlichen Störungen seien nach übereinstimmender Auffassung der behandelnden Ärzte und des vom Gericht bestellten Gutachters nur qualitative Leistungseinschränkungen zu beachten. So seien wegen der Schmerzerkrankung und der orthopädischen Beschwerden nur noch leichte Arbeiten ohne Belastung der Kniegelenke und der Schultern möglich. Sie schlössen aber - ebenso wie die Inkontinenz - das Heben und Tragen schwerer Lasten aus. Im Übrigen sei mit dem Tragen von Vorlagen der Inkontinenz ausreichend Rechnung getragen. Die Erkrankungen der Klägerin auf nervenärztlichem Fachgebiet rechtfertigten darüber hinaus keine quantitative Einschränkung der Leistungsfähigkeit, wie bereits im Entlassbericht der Rehaklinik Gl. im April 2004 festgestellt worden sei. Denn dort sei die Klägerin zum Zeitpunkt der Aufnahme wie zur Zeit der Entlassung für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von drei bis sechs Stunden täglich arbeitsfähig eingestuft worden. Eine weitere Verschlechterung der Leistungsfähigkeit seither auf weniger als sechs Stunden täglich sei nicht erwiesen. Hiergegen spreche die im Sachverständigengutachten dargestellte Tagesstrukturierung der Klägerin bzw. ihr Freizeit- und Sozialverhalten. Denn nur bei einer weitgehenden Einschränkung der Fähigkeit zur Teilnahme an den Aktivitäten des täglichen Lebens (im Sinne einer "vita minima"), beispielsweise in den Bereichen Mobilität, Selbstversorgung, Kommunikation, Antrieb, Konzentrationsfähigkeit, Interesse und Aufmerksamkeit sei von einer Minderung des qualitativen und quantitativen Leistungsvermögens auszugehen. Eine Einschränkung ergebe sich zwar bei Zugrundelegung der Angabe der Klägerin, wonach sie ihre Wohnung nicht mehr selbst sauber mache. Sie koche aber nach ihren Angaben täglich selbst und erledige auch kleine Einkäufe selbst. Einer "vita minima" entspreche dies nicht. Darüber hinaus habe der Sachverständige weder Konzentrationsstörungen noch anamnestische Störungen objektivieren können noch im Rahmen der eineinhalbstündigen Untersuchung eine Erschöpfungssymptomatik oder eine Einengung der Kontaktfähigkeit oder des Situationserlebens festgestellt.
Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 8. Januar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. Januar 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Klägerin, mit welcher diese ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und dazu ausgeführt hat, der Klägerin stehe eine Erwerbsminderungsrente zu. Bereits im Entlassungsbericht der Reha-Klinik Gl. in Glottertal werde ausgeführt, dass sie ihre bisherige Tätigkeit als Hilfskraft in Reinigung und Küche nur noch maximal vier Stunden am Tag ausüben könne; leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien ihr nur noch drei bis sechs Stunden zumutbar gewesen. Seitdem habe sich der Gesundheitszustand der Klägerin verschlechtert; sie sei von ihrem Arbeitgeber wegen häufiger Krankheiten entlassen worden. Das Gutachten von Dr. Fri. sei unzutreffend. Dieser habe zu Unrecht keine schwere depressive Episode, sondern lediglich eine Verstimmung (Dysthymia) angenommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. November 2006 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 7. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. August 2005 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. November 2004 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie die Ausführungen im angefochtenen Urteil.
Der Senat hat Beweis erhoben zunächst durch Einholung einer sachverständigen Zeugenaussage der Frau Dr. K. (Ärztin für Neurologie und Psychiatrie), die in ihrer Äußerung vom 18. Juni 2007 bei der Klägerin rezidivierende depressive Störungen mit wiederholt auftretenden mittelgradigen bis schwergradigen depressiven Episoden mit psychotischen Zügen diagnostiziert hat. Bei medikamentöser Behandlung sei eine leichte Besserung der Stimmungslage feststellbar gewesen.
Der Senat hat außerdem ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Prof. Dr. B. eingeholt. In dem Gutachten vom 21. August 2007 führt dieser aus, auf neurologischem Gebiet bestehe bei der Klägerin ein leicht ausgeprägtes Wirbelsäulensyndrom, es fänden sich aber keine sensiblen oder motorischen neurologischen Defizite und auch keine Nervenwurzelreizsymptome. Hieraus resultierten lediglich qualitative Leistungseinschränkungen dahingehend, dass nur leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar seien; Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) seien nicht zumutbar, da unter den genannten Bedingungen mit einer Exacerbation radikulärer Schmerzsensationen seitens der Wirbelsäule gerechnet werden müsste. Bei der Klägerin liege psychiatrisch lediglich eine Dysthymie vor; eine psychiatrische Krankheit klinisch-relevanten Ausmaßes (sowohl ein depressives Syndrom jedweder Genese (mit Ausnahme der Dysthymie) als auch ein chronisches Schmerz-Syndrom als auch ein psychosomatisches Syndrom anderer Prägung als auch ein psychovegetatives Erschöpfungssyndrom (synonym neurasthenisches Syndrom) als auch ein organisches Psychosyndrom (synonym Demenz-Syndrom) als auch ein anderer Prägnanztyp einer psychiatrischen Krankheit) sei nicht festzustellen. Eine psychiatrische Krankheit klinisch-relevanten Ausmaßes könne auch zu früheren Zeitpunkten nicht über längere Zeiträume hinweg bestanden haben. Die angegebenen Einschränkungen im Sinne einer Dysthymie bestünden allein im subjektiven Bereich, führten jedoch zu keinen objektivierbaren Leistungseinbußen. Unter rein neurologischem und psychiatrischem Blickwinkel seien der Klägerin leichte und vorübergehend auch mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar, sofern letztere nur als Ausnahmefall hin und wieder während einer Arbeitsschicht vorkämen, aber nicht zum allgemeinen Arbeitsablauf gehörten. Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen seien ihr auch entsprechende Tätigkeiten im Rahmen eines vollen Arbeitstages zumutbar. Die freie Wegstrecke der Klägerin sei unter rein nervenärztlichen Gesichtspunkten nicht eingeschränkt.
Der sozialmedizinische Dienst der Beklagten (MUDr. Hoffmann, Ärztin für Psychiatrie) hat zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme unter dem 20. September 2007 ausgeführt, die Diagnosen von Frau Dr. K., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, stünden im Widerspruch zu den nervenärztlichen Gutachten von Dr. Fri. und Prof. Dr. B ... Letzterer habe diametrale Widersprüche zwischen Befund und Diagnose festgestellt und Simulationstendenzen als Ausdruck einer bewusstseinsnahen Zweckreaktion beschrieben. Die von ihm gestellte Diagnose einer Dysthymie sei nachvollziehbar und lasse sich mit den umfangreichen aktenkundigen Vorbefunden vereinbaren. Es sei ein weitgehend unauffälliger psychopathologischer Befund sowie ein ausreichend breit strukturierter Tagesablauf beschrieben worden. Die Leistungsbeurteilung durch Prof. Dr. B. sei daher nachvollziehbar. Eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit quantitativer Art lasse sich auf dem neurologischen und psychiatrischen Fachgebiet nicht feststellen. Diese stimme im Wesentlichen mit den früheren Leistungsbeurteilungen überein.
Der Senat hat am 8. November 2007 durch den Berichterstatter einen Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes mit den Beteiligten durchgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 155 Abs. 3 und 4, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrten Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Streitgegenstand ist vorliegend allein die geltend gemachte Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, nicht dagegen ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Vorliegen von Berufsunfähigkeit. Denn einen entsprechenden Antrag hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin - im Hinblick auf die ausgeübten ungelernten Tätigkeiten zu Recht - vor dem Senat nicht gestellt.
Maßgeblich für die beanspruchten Renten ist vorliegend das ab 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)), denn im Streit steht ein Anspruch der Klägerin erst ab 1. November 2004 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI)). Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie (1.) voll erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2 a.a.O.). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht (BSG) - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff. = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8).
Die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Nr. 2, § 51 Abs. 1 SGB VI) hat die Klägerin erfüllt. Ferner wären die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Renten wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Abs. 4 SGBVI) gegeben, wenn die verminderte Erwerbsfähigkeit jedenfalls mit der Rentenantragstellung oder früher eingetreten wäre. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens hat die Klägerin indes keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, weil sie in der streitbefangenen Zeit ab November 2004 nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI gewesen ist.
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin liegen vorwiegend auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet, daneben auf orthopädischem und internistischem Gebiet. Auf neurologisch-psychiatrischem Bereich besteht nach den übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen Dr. Fri. und Prof. Dr. B. lediglich eine Dysthymie; Anhaltspunkte für die von Frau Dr. K. diagnostizierte rezidivierenden depressiven Störungen mit wiederholt auftretenden mittelgradigen bis schwergradigen depressiven Episoden mit psychotischen Zügen konnten von den beiden genannten Sachverständigen hingegen übereinstimmend nicht verifiziert werden. Insbesondere konnten diese keine sensiblen oder motorischen neurologischen Defizite feststellen und schlossen auch das Bestehen eines chronischen Schmerzsyndroms, einer Fibromyalgie und einer Somatisierungsstörung aus, von welcher etwa der Rentengutachter Dipl.-Med. Go. (Neurologe, Psychiater und Sozialmediziner) ausgegangen ist. Auch konnten keine neurologischen Pathologika im Hinblick auf das festgestellte Wirbelsäulensyndrom festgestellt werden. Dafür berichtet Prof. Dr. B. von partiellen Simulationstendenzen als Ausdruck einer bewusstseinsnahen Zweckreaktion bzw. Tendenzreaktion. Auf orthopädischem Gebiet bestehen nach den medizinischen Feststellungen ein Wirbelsäulensyndrom, ein retropatellarer Knorpelschaden beider Kniegelenke und ein Supraspinatussehnensyndrom beidseits. Im urologischen Bereichen liegt nach den Feststellungen von Dr. Co. eine kombinierte Belastungs- und Dranginkontinenz vor.
Die bei der Klägerin vorhandenen Gesundheitsstörungen bewirken keine Einschränkung ihres Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Dies gilt zum Einen für den neurologisch-psychiatrischen Bereich; der Senat schließt sich insoweit den überzeugenden, zeitliche Leistungseinschränkungen verneinenden Beurteilungen des Rentengutachters Dipl.-Med. Go., dessen Gutachten im Wege des Urkundsbeweises zu verwerten ist, der gerichtlichen Sachverständigen Dr. Fri. und Prof. Dr. B. und der Beratungsärztin Dr. H. (Ärztin für Psychiatrie), deren Stellungnahme als qualifiziertes Parteivorbringen zu verwerten ist, an. Lediglich der behandelnde Neurologe Dr. Di. und der Allgemeinmediziner Dr. Het. gingen insoweit von zeitlichen Leistungseinschränkungen aus, denen allerdings schon deshalb nicht gefolgt werden kann, weil die von ihm angenommene gravierende Diagnose einer chronischen Schmerzerkrankung bzw. einer Depression, Fibromyalgie und somatoformen Schmerzstörung nicht in Einklang zu bringen ist mit den detaillierten Anamneseerhebungen und Diagnosestellungen insbesondere der gerichtlich bestellten Sachverständigen.
Mit dem bestehenden Krankheitsbild sind zwar durchaus auch Beeinträchtigungen verbunden, diese bedingen jedoch keine Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht. Dies stellen Dipl.-Med. Go., Dr. Fri. und Prof. Dr. B. in Bezug auf das neurologisch-psychiatrische Beschwerdebild einer Dysthymie ausführlich und schlüssig dar. Diese Beurteilung lässt sich auch mit den eigenen Angaben der Klägerin etwa zum Tagesablauf und dem Freizeit- und Reiseverhalten in Übereinstimmung bringen. Gleiches gilt für die orthopädischen und internistischen Befunde, die schon nach der schlüssigen Einschätzung der behandelnden Ärzte Dr. Sp. und Dr. Co. vollschichtigen leichten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht entgegenstehen.
Hinsichtlich des zu beachtenden positiven und negativen Leistungsbildes würdigt der Senat die schlüssigen ärztlichen Äußerungen insgesamt dahingehend, dass die Klägerin jedenfalls leichte und vorübergehend mittelschwere körperliche Arbeiten noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten kann; Arbeiten mit häufigem Sich-Bücken, Sich-Drehen und Sich-Wenden, Arbeiten in häufiger Zwangshaltung, Arbeiten mit Über-Kopf-Haltung und Arbeiten in Kälte und Nässe (ohne entsprechende Schutzkleidung) sollten aber mit Blick auf das bestehende Wirbelsäulensyndrom vermieden werden.
Die Notwendigkeit zu Arbeitsunterbrechungen in einem das betriebsübliche Maß übersteigenden Rahmen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 1997 - 13 RJ 11/96 - (juris)) besteht unter Würdigung der ärztlichen Ausführungen ebenso wenig wie eine rentenrechtlich relevante Einschränkungen der Gehfähigkeit (vgl. hierzu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10).
Vorliegend besteht auch keine Pflicht, ausnahmsweise eine Verweisungstätigkeit für die Klägerin zu benennen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139). Derartige letztgenannten beiden Gründe für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegen nach dem Beweisergebnis - wie oben ausgeführt - nicht vor. Ebenso wenig stellt das bei der Klägerin zu beachtende positive und negative Leistungsbild eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Hinsichtlich der vorhandenen qualitativen Beschränkungen hängt das Bestehen einer Benennungspflicht im Übrigen entscheidend von deren Anzahl, Art und Umfang ab, wobei zweckmäßigerweise in zwei Schritten - einerseits unter Beachtung der beim Restleistungsvermögen noch vorhandenen Tätigkeitsfelder, andererseits unter Prüfung der "Qualität" der Einschränkungen (Anzahl, Art und Umfang) - zu klären ist, ob hieraus eine deutliche Verengung des Arbeitsmarktes resultiert (vgl. BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12; BSG, Urteil vom 9. September 1998 - B 13 RJ 35/97 R - (juris)). Eine Vielzahl der bei der Klägerin zu beachtenden qualitativen Einschränkungen ist bereits vom Begriff der "körperlich leichten Arbeiten" erfasst, z.B. Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10; BSG, Urteile vom 19. August 1997 - 13 RJ 91/96 - und vom 24. März 1998 - 4 RA 44/96 - (beide juris)); regelmäßig stellen derartige Arbeitsplätze auch keine besonderen Anforderungen an die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10). Nicht gedeckt sind die verbleibenden Einschränkungen; sie führen jedoch zu keiner wesentlichen zusätzlichen Einschränkung des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsfeldes (vgl. hierzu BSGE 80, 24, 32). Körperlich leichte Arbeiten werden nicht typischerweise unter diesen Bedingungen ausgeübt. Etwaige häufigere Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bewirken für sich allein im Übrigen noch keine verminderte Erwerbsfähigkeit (vgl. BSGE 9, 192, 194; BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 12 S. 23).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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