L 10 U 1065/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 1060/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 1065/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23.01.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Rotatorenmanschettenruptur der linken Schulter Folge eines geltend gemachten Arbeitsunfalls ist.

Der am 1950 geborene Kläger war von 1979 bis Januar 2005 bei der Firma C. S. GmbH zunächst als Betriebsmaurer, später als Staplerfahrer und zuletzt als Montageschlosser tätig. Am 26.01.2004 ging bei der Beklagten eine Unfallmeldung des behandelnden Allgemeinarztes Dr. Z. über ein Impingementsyndrom und eine Rotatorenmanschettenruptur links ein. Die Gesundheitsstörungen führte Dr. Z. auf ein Ereignis während der Tätigkeit der Klägers bei der Fa. C. S. GmbH am 02.07.2003 zurück (plötzliches Reißen im linken Arm beim Leeren eines Schrottcontainers und starker Belastung auf das linke Schultergelenk). Eine erste Vorstellung der Klägers bei Dr. Z. erfolgte am 21.07.2003. Die Beklagte teilte daraufhin Dr. Z. mit, dass ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe.

Im Juni 2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Leistungen für die Zeit ab Unfalltag. Die Firma C. S. GmbH teilte mit, dass keine Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Schädigung während der Arbeitszeit im Unternehmen vorliegen würden. Nach Beiziehung eines Vorerkrankungsregisters von der AOK S. und des OP-Berichts vom 06.10.2003 (Supraspinatussehnenruptur linke Schulter, ausgeprägtes knöchernes Impingement, AC-Gelenksarthrose, Bursitis subacromialis links) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.10.2004 die Gewährung von Leistungen ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, mit dem der Kläger geltend machte, er habe sich die Schädigung am linken Arm zugezogen, als er eine Lore unter Zuhilfenahme beider Hände angehoben und gekippt habe, wies die Beklage nach Beiziehung des histologischen Befundes (Supraspinatus, Sehnenanteil mit aufgefaserten Fasern (bei Ruptur), fokale Gefäßeinsprossung [Z.n. Trauma?], kein Hinweis für Malignität) und des MRT-Befundes vom 11.08.2003 (Einengung des subacromialen Raumes mit Einriss der Supraspinatussehne und geringer begleitender Bursitis im Sinne eines Impingement Grad 3, AC-Arthrose) mit Widerspruchsbescheid vom 13.04.2005 zurück. Der festgestellte Schaden sei nicht rechtlich wesentlich auf das angeschuldigte Ereignis zurückzuführen.

Dagegen hat der Kläger am 02.05.2005 zum Sozialgericht Konstanz Klage erhoben. Das Sozialgericht hat ein Gutachten auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG von Prof. Dr. M., Chefarzt des Krankenhauses St. E , R. und ein Gutachten von Amts wegen von Dr. H., S. eingeholt. Ergänzend hat das Sozialgericht ein in einem ebenfalls anhängigen Verfahren gegen die Beklagte (Aktenzeichen S 2 U 2147/06) wegen einer Schädigung der rechten Schulter erstattetes Gutachten von Dr. Kn. vom 12.12.2006 beigezogen (Impingementsyndrom der rechten Schulter bei aktivierter AC-Gelenksarthrose und Omarthrose rechts sowie operativ refixierte ehemalige Ruptur der Supraspinatussehne rechts; unfallbedingte Verursachung der Schädigung nicht wahrscheinlich).

Prof. Dr. M., der von einem Unfallereignis in Form eines aktiven und koordinierten Anhebens eines schweren Containers ausgegangen ist, hat in seinem Gutachten mit ergänzender Stellungnahme ausgeführt, der Schadenseintritt (Riss der Supraspinatussehne) entfiele, wenn der Unfall hinweggedacht würde. Gleichwohl werde nicht verkannt, dass auch noch degenerative Veränderungen im Sinne einer Schadensanlage vorgelegen hätten; diese seien aber bis zum besagten Ereignis nicht klinisch manifest geworden. Da die Operation erst ein Vierteljahr nach dem Ereignis durchgeführt worden sei, sei es schwierig, Verletzungsfolgen von vorbestehenden Veränderungen zu trennen. Sowohl das Unfallereignis als auch die degenerativen Veränderungen müssten bei der Bewertung der individuellen Situation als wesentlich für den Eintritt des Schadens an der Rotatorenmannschette angesehen werden. Der Unfallhergang sei auch keine beliebig austauschbare Belastung, wie sie auch im privaten Leben hätte vorkommen können. Das Ereignis vom 02.07.2003 müsse als zumindest wesentliche Teilursache für den eingetretenen Schaden angesehen werden. Dagegen spreche nicht, dass der Kläger erst einige Zeit nach dem Ereignis stärkere Schmerzen verspürt habe. Eine partielle Rissbildung wie im vorliegenden Fall könne durchaus erst verspätet zu Schmerzen führen. Als Folgen des Unfalls stellte Prof. Dr. M. eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenks und eine Defektbildung in der Supraspinatussehne links mit einer unfallbedingten MdE um 20 v.H. seit 02.07.2003 fest.

Der Sachverständige Dr. H. hat den Kläger nochmals zu dem konkreten Geschehensablauf befragt. Nach den Angaben des Klägers gegenüber Dr. H. verspürte der Kläger am 02.07.2003 ein plötzliches Reißen im linken Schultergelenk, als er versuchte, einen an einer Drehachse zurück schwingenden Container mit Metallmüll (Gewicht ca. 600 bis 1000 kg) manuell abzubremsen. Dabei habe er plötzlich einen ziehenden Schmerz im linken Oberarm vorn verspürt, danach jedoch zunächst keine gravierenden Schmerzen gehabt und weiter gearbeitet. Ebenso habe der Kläger in den darauffolgenden zwei Tagen wenig Beschwerden gehabt. Erst zwei bis drei Tage später habe er eine langsam zunehmende Schmerzsymtomatik in der linken Schulter bemerkt und schließlich am 21.07.2003 seinen behandelnden Allgemeinarzt, Dr. Z., aufgesucht. Ausgehend von dieser Schilderung hat der Sachverständige Dr. H. ausgeführt, das Ereignis vom 02.07.2003 habe zu keiner relevanten Schulterverletzung (weder Rotatorenmanschettenruptur noch Prellung, Zerrung oder Ähnliches) geführt. Der beschriebene Unfallmechanismus erscheine eher nicht geeignet, eine unfallbedingte Rotatorenmanschettenteilruptur im Bereich der Supraspinatussehne zu verursachen. Der Umstand, dass der Kläger erst drei Wochen nach dem Unfallereignis einen Arzt aufgesucht habe, spreche gegen eine unfallbedingte Rissbildung der Rotatorenmanschette. Ein aussagekräftiger ärztlicher Erstbefund sei nicht gegeben, der radiologische Erstbefund sei sowohl mit einer traumatischen Ruptur wie auch mit einer degenerativen Ruptur vereinbar. Die Kernspintomographie deute tendenziell eher auf einen verschleißbedingten Sehnenschaden hin. Der operative Befund weise auf eine ältere Rissbildung hin, die sowohl vereinbar mit einer Schädigung der Rotatorenmanschette im Rahmen des Ereignisses vom Juli 2003 wie auch einer früheren Schädigung sei. Die isolierte Rissbildung auf der Sehne der Supraspinatusmuskulatur sei allerdings eher ein Kriterium für eine unfallunabhängige degenerative Rissbildung. Der histologische Befund lasse keine gutachterliche Aussage zu, außerdem habe der Kläger Anfang 2005 fast die selben Beschwerden im rechten Schultergelenk wie zuvor im linken Schultergelenk entwickelt.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es lasse sich nicht mit erforderlicher Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die Beschwerden an der linken Schulter durch das Ereignis vom 02.07.2003 verursacht worden seien. Dies werde durch das Gutachten von Dr. H. schlüssig dargelegt. Die Annahme einer degenerativen Veränderung werde ferner dadurch gestützt, dass nach dem Gutachten von Dr. Kn. auch an der rechten Schulter degenerative Veränderungen vorliegen würden.

Gegen den am 05.02.2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.02.2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, die Beweiswürdigung und rechtliche Bewertung durch das Sozialgericht sei nicht nachvollziehbar. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Äußerungen des nach § 109 SGG angehörten Sachverständigen Prof. Dr. M. Das Gutachten von Dr. H. könne keinesfalls als Entscheidungsgrundlage akzeptiert werden.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte Tietze, Dr. Z., Dr. He, Dr. Sch./Dr. Z. - Kliniken Landkreis S., Dr. Sp., Dr. Schu. und Prof. Dr. Ke./Privatdozent Dr. B. - Klinikum der Universität M., schriftlich als sachverständige Zeugen gehört sowie ein ergänzendes Gutachten von Dr. H. eingeholt. Die Befragung der behandelnden Ärzte hat ergeben, dass der Kläger vor dem 02.07.2003 wegen Beschwerden des linken Schultergelenkes nicht in Behandlung war, hingegen in den Jahren 1998 und 2001 bereits Behandlungen wegen Beschwerden der rechten Schulter (Tendopathie rechte Schulter, Supraspinatussyndrom, leichte Bursitis, akutes Rotatorenmanschettensyndrom) erforderlich waren (Zeugenaussage von Dr. He vom 28.05.2007). Dr. H. hat zusammenfassend ausgeführt, die Ruptur der Supraspinatussehne könne nicht mit Wahrscheinlichkeit durch das Ereignis vom 02.07.2003 verursacht oder maßgeblich verschlimmert worden sein. Dagegen spreche das Vorliegen von unfallunabhängigen Schadensanlagen am linken Schultergelenk (Schultergelenkseckarthrose und hakenförmig konfiguriertes Akromion). Des weiteren sei der Unfallmechanismus - soweit dieser sich rekonstruieren lasse - eher nicht geeignet, eine unfallbedingte Rotatorenmanschettenruptur auszulösen. Auch die Ausdehnung des festgestellten Risses spreche tendenziell eher für einen rein degenerativen Sehnenschaden. Darüber hinaus lasse der letztlich ungünstige postoperative Verlauf eher auf eine diffuse Degeneration des Sehnengewebes schließen. Erwähnenswert sei außerdem, dass bei dem Kläger an der rechten Schulter Beschwerden wegen degenerativer Veränderungen bereits 1998 aufgetreten seien, was die Wahrscheinlichkeit einer unfallunabhängigen vergleichbaren Erkrankung links deutlich erhöhe.

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23.01.2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.04.2005 aufzuheben und den Zustand nach Ruptur der Supraspinatussehne links als Unfallfolge festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet.

Da die Beklagte jedwede Entschädigung ablehnt, weil der vorliegende Gesundheitsschaden nicht auf das vom Kläger behauptete Ereignis während der versicherten Tätigkeit zurückzuführen sei, kann der Kläger eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG erheben. Dies hat der Kläger bei sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens (vgl. zu der gleichgelagerten Fallkonstellation der Verneinung eines Arbeitsunfalles wegen fehlenden Versicherungsschutzes BSG, Urteil vom 07.09. 2004, B 2 U 45/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 2) auch getan. Dem auf Entschädigung gerichteten Teil des gestellten Antrages kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, a.a.O.).

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt) ist danach in der Regel erforder¬lich (BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R in SozR 4-2700 § 8 Nr.14), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzu¬rechnen ist (innerer bzw. sach¬licher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zum Unfallereignis geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten ver¬ursacht (haftungsbegründende Kausalität) hat.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbe-gründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11).

Der Senat hat bereits Zweifel, ob es am 02.07.2003 tatsächlich zu dem vom Kläger behaupteten Vorfall im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit kam. Die Arbeitgeberin des Klägers, die Firma C. S. GmbH, erstattete keine Unfallanzeige. Sie hat vielmehr auf ausdrückliche Anfrage der Beklagten angegeben, dass ihr keine Anhaltspunkte für eine gesundheitliche Schädigung während der Arbeitszeit im Unternehmen vorliegen. Die Angaben des Klägers zum Hergang sind teilweise widersprüchlich. So hat der Kläger gegenüber der Beklagten angegeben, ein Reißen in der Schulter verspürt zu haben, als er den Container unter Zuhilfenahme beider Hände angehoben und gekippt habe. Bei den Sachverständigen Prof. Dr. M. und Dr. H. hat er dagegen angegeben, er habe zwar versucht, den Container zum Ausleeren anzuheben, habe dies aber nicht geschafft. Ein Reißen im linken Oberarm habe er verspürt, als er versucht habe, den zurück schwingenden Container abzubremsen.

Selbst wenn zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass er beim Anheben oder beim Versuch, den zurück schwingenden Container aufzuhalten, ein Reißen im linken Oberarm verspürte, kommt der Senat unter Berücksichtigung der o.a. Grundsätze zu dem Ergebnis, dass dieses Reißen nicht mit Wahrscheinlichkeit Ausdruck der später festgestellten Ruptur der Supraspinatussehne war. Der Senat folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. in seinem Gutachten vom 30.07.2007 und dem für das Sozialgericht Konstanz erstatteten Gutachten vom 14.10.2006. Danach ist es mindestens ebenso gut möglich, dass der Defekt am 02.07.2003 bereits vorbestand.

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass bei dem Kläger degenerative Schädigungen der linken Schulter mit Sicherheit bereits zum Zeitpunkt des Ereignisses am 02.07.2007 vorgelegen haben die geeignet waren, eine Rissbildung der Rotatorenmanschette herbeizuführen. Dr. H. hat schlüssig dargelegt, dass der kernspintomographische Befund vom 11.08.2003 eine Arthrose im Schultergelenk (degenerative Auftreibung des AC-Gelenkes) zeigt, die zu einer Einengung des Verkehrsraums der Rotatorenmanschette und einem ständigen Reiben und Scheuern der Rotatorenmanschette führt, mit dem Ergebnis, dass sie eine Rotatorenmanschettenruptur begünstigt. Dr. H. hat insoweit auch überzeugend dargelegt, dass ein Zusammenhang der Schultergelenksarthrose mit dem Ereignis vom 02.07.2003 ausgeschlossen ist, da der Zeitraum zwischen dem Ereignis und dem radiologischen Nachweis der Arthrose nicht ausreichend ist, diesen Zustand herbeizuführen. Des Weiteren hat Dr. H. dargelegt, dass die kernspintomographische Untersuchung außerdem ein angedeutetes etwa hakenförmig konfiguriertes Akromion ergeben hat, welches zu einer Einengung des Verkehrsraums der Rotatorenmanschette führt und damit ebenfalls eine Schadensanlage in Bezug auf eine Rotatorenmanschettenruptur darstellt. Die Hakenform des knöchernen Schulterdachs stellt - so der gerichtliche Sachverständige Dr. H. - eine natürliche Varianz und somit eine anlagebedingte Ursache für eine Rotatorenmanschettenruptur dar. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass der Kläger, wie sich aus der sachverständigen Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. He ergibt, bereits im Dezember 1998 und Oktober 2001 wegen Beschwerden der rechten Schulter (akutes Rotatorenmanschettensyndrom, Tendopathie der rechten Schulter, Supraspinatussyndrom, leichte Bursitis) behandelt wurde, was - so überzeugend der gerichtliche Sachverständige Dr. H. - die Wahrscheinlichkeit einer unfallunabhängigen vergleichbaren Erkrankung links deutlich erhöht.

Die Tatsache, dass der Kläger vor dem Ereignis am 02.07.2003 keine Beschwerden in der linken Schulter hatte, beweist nicht die Intaktheit der Rotatorenmanschette vor diesem Ereignis. Dr. H. hat insoweit überzeugend dargelegt, dass sich eine (nicht traumatische) Rotatorenmanschettenruptur schleichend über Monate und Jahre entwickelt. Das Fehlen subjektiver Beschwerden vor dem Ereignis spricht - so Dr. H. - nicht gegen eine vorbestehende Rissbildung, da langsam entstehende degenerative Risse kleineren Ausmaßes nicht immer zu einer subjektiven Beschwerdesymptomatik führen. Aus dem Fehlen von Beschwerden vor dem 02.07.2003 kann somit nicht geschlossen werden kann, dass eine Schädigung der Rotatorenmanschette vorher nicht bestand.

Auch ist das vom Kläger geschilderte Unfallereignis kein klassischer Mechanismus einer Rotatorenmanschettenruptur. Der gerichtliche Sachverständige Dr. H. hat insoweit unter Hinweis auf das einschlägige Standardwerk (Schönberger/Mertens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage. S. 507 f.) dargelegt, dass unter "ungeeigneten" Belastungen willkürliche, aktive und planmäßige Bewegungen üblichen Ausmaßes (Hochstemmen von Lasten oder Anheben - außer bei einer Bizeppssehne und Subscapularis), das Auffangen von Gegenständen und das Wegstoßen oder Abstützen mit dem Arm angeführt werden, während als "geeignete" Mechanismen beispielhaft eine heftige passive Bewegung des Armes nach hinten und innen oder des muskulär fixierten Armes bei gleichzeitig bestehender Luxationstendenz der Schulter, ein abruptes Hängen des ganzen Körpers am Arm, ein vehementes und kraftvolles Abspreizen oder Vorwärtsheben des Armes gegen Widerstand als ungeplante Abwehr- oder Reflexbewegung charakterisiert werden. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist sowohl der von dem Kläger ursprünglich geschilderte Mechanismus (Anheben des Containers mit beiden Händen) wie der gegenüber den Sachverständigen Prof. Dr. M. und Dr. H. geschilderte Vorgang (Versuch, den Container aufzufangen mit passiver Streckbewegung des linken Schultergelenkes bei angelegtem Oberarm - Bilddokumentation in der Anlage zum Gutachten von Dr. H., Bl. 78 der SG-Akte) ein "eher ungeeigneter" Unfallmechanismus.

Weiter fehlt es an einem adäquaten Schadensbild. Der gerichtliche Sachverständige Dr. H. hat insoweit überzeugend dargelegt, dass ein adäquater ärztlicher Untersuchungsbefund (z.B. "Drop-Arm-Phänomen") fehlt und die Kernspintomographie tendenziell eher auf einen verschleißbedingten Sehnenschaden hindeutet. Gegen eine unfallbedingte Rotatorenmanschettenruptur spricht auch, dass der Defekt an einer Stelle auftrat, an der typischerweise degenerativ bedingte Schäden auftreten und die Rissbildung auf die Sehne der Supraspinatusmuskulatur beschränkt ist. Dies gilt - so der Sachverständige Dr. H. - als Kriterium für eine unfallunabhängige degenerative Rissbildung, wohingegen unfallbedingte Rissbildungen tendenziell über diesen Bereich hinausgehen und typischerweise auch andere Sehnenteile, z.B. die Sehne des Muskulus subscapularis umfassen. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht im vorliegenden Fall auch, dass der Kläger nach dem Unfall zunächst annähernd drei Wochen weiter arbeitete und sich erst dann in ärztliche Behandlung begab. Nach herrschender Meinung in der unfallrechtlichen Literatur (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 509) ist bei einer Verletzung der Rotatorenmanschette normalerweise ein starker initialer abklingender Schmerz zu erwarten, der eine sofortige Arbeitsniederlegung erforderlich macht und zu einem baldigen Arztbesuch führt. Solche Umstände lagen nicht vor. Der Kläger verspürte vielmehr nach eigenen Angaben lediglich ein Reißen im linken Oberarm, unmittelbar anschließend jedoch keine Schmerzen.

Auch der Verlauf nach operativer Behandlung des Sehnenrißes spricht vorliegend gegen ein unfallbedingtes Ereignis, insbesondere - so der Sachverständige Dr. H. - dass der operative Verschluss des Sehnenrißes zu keiner anhaltenden deutlichen Beschwerdelinderung und keiner spürbaren Funktionsverbesserung führte und kurze Zeit nach der Operation eine Reruptur auftrat, was tendenziell eher auf eine unfallunabhängige ausgeprägte Degeneration des Sehnenapparates hinweist.

Insgesamt spricht damit mehr dagegen als dafür, dass die Rotatorenmanschettenruptur in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem von dem Kläger geschilderten Ereignis eingetreten ist, weshalb eine Verursachung durch das von dem Kläger angeschuldigte Ereignis nicht hinreichend wahrscheinlich ist.

Nicht zu folgen vermag der Senat der Beurteilung des nach § 109 SGG gehörten Sachverständigen Prof. Dr. M ... Dieser folgt weder bezüglich des Unfallmechanismus noch bezüglich der Latenzzeit zwischen dem von dem Kläger für die Schädigung angeschuldigten Ereignis und der Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe der herrschenden unfallmedizinischen Literatur, wie sie vom Sachverständigen Dr. H. zutreffend dargelegt worden ist. Des Weiteren hat Prof. Dr. M. nicht berücksichtigt, dass - wie der Sachverständige Dr. H. überzeugend dargelegt hat - sowohl der operative Befund wie auch der Kernspintomographiebefund (auf die Sehne der Supraspinatusmuskulatur beschränkte Rissbildung) für eine unfallunabhängige degenerative Rissbildung sprechen. Auch das von Prof. Dr. M. als wesentlich angesehene Argument für den Unfallzusammenhang, dass die Schulter vor dem Unfall beschwerdefrei war, überzeugt den Senat nicht. Auch Prof. Dr. M. hat festgestellt, dass degenerative Veränderungen (Hakenförmig konfiguriertes Akromion und Auftreibung des AC-Gelenkes mit Einengung des subakromialen Raums) vorgelegen haben, die geeignet sind, zu einer Rissbildung der Rotatorenmanschette zu führen. Der Sachverständige Dr. H. hat insoweit schlüssig dargelegt, dass eine "leere Anamnese" (keine subjektiven Beschwerden vor dem Ereignis) nicht gegen eine vorbestehende Rissbildung spricht. Die Objektivierung einer Rotatorenmanschettenveränderung nach dem Ereignis vom 02.07.2003 ist damit kein ausreichendes Indiz für die Entstehung in zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfall. Auch das von Prof. Dr. M. als Argument herangezogene Ergebnis der feingeweblichen Untersuchung (Bl. 35 der Verwaltungsakte) ist - wie Dr. H. in seinem Gutachten dargelegt hat - nicht geeignet, zu begründen, dass das Ereignis vom 02.07.2003 wesentlich zu der Rotatorenmanschettenruptur beigetragen hat. Dr. H. hat insoweit darauf hingewiesen, dass der histologische Befund so sparsam formuliert ist, dass er keine gutachterlichen Aussagen zulässt. Darüber hinaus wurde das histologische Präparat erst Monate nach dem Unfallereignis gewonnen, so dass dessen Aussagekraft ohnehin gering ist. Dem gegenüber hat Prof. Dr. M. bei seiner gutachterlichen Würdigung nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Operationsbefund eher für eine degenerative Rissbildung spricht; außer acht gelassen hat Prof. Dr. M. auch den gegen eine unfallbedingte Rotatorenmanschettenruptur sprechenden weiteren Verlauf nach dem operativen Verschluss des Sehnenrisses.

Der Senat vermag auch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu erkennen, dass das behauptete Ereignis eine möglicherweise vorbestehende Ruptur vergrößert oder im Sinne der Entstehung von Beschwerden (Schmerzen, Funktionseinschränkungen) aktiviert hätte. Für eine solche Annahme fehlen jegliche medizinischen Befunde und die dargestellten, gegen eine traumatische Entstehung der Ruptur sprechenden Erwägungen - insbesondere das Fehlen eines adäquaten Schadensbildes - sprechen auch gegen die Annahme der Vergrößerung oder Aktivierung einer vorbestehenden Ruptur.

Im Ergebnis lassen sich somit Unfallfolgen mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht nachweisen. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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