Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 1396/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 1517/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.02.2005 wird zurückgewiesen.
Die Klagen werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt insbesondere die Vormerkung weiterer Pflichtbeitragszeiten auf Grund einer Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost.
Der am 1956 geborene Kläger war während seines Studiums u.a. vom 26.03.1984 bis 15.12.1984 bei der Deutschen Bundespost (Postamt ) als Arbeiter im Paketverteildienst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden und außerdem vom 01.11.1983 bis 31.03.1988 bei der F. S. GmbH im Bodenverkehrdienst beschäftigt (durchschnittliche Wochenarbeitszeit ca. 20 Stunden - bis 31.03.1984 betrug sie acht Stunden, danach 30 Stunden). Im Versicherungskonto des Klägers sind diesbezüglich Pflichtbeitragszeiten vom 01.05.1984 bis 31.12.1984 für die Beschäftigung bei der F. S. GmbH mit einem Bruttoentgelt von 13.795,00 DM und bis 30.04.1984 von ihm entrichtete freiwillige Beiträge gespeichert.
Mit gesondertem Bescheid vom 17.02.2000 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Zeit vom 01.11.1983 bis 30.04.1984 als Beitragszeit ab, weil weder in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge bescheinigt seien noch die Beitragszahlung nach dem Ergebnis der Ermittlungen glaubhaft erscheine und Beiträge auch nicht als gezahlt gelten würden. Die Zeit vom 26.03.1984 bis 15.12.1984 könne ebenfalls nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil nach dem seinerzeit geltenden Recht Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nicht bestanden habe und deshalb Beiträge nicht gezahlt worden seien. Im Verwaltungsverfahren hatte der Kläger selbst vorgetragen, für die Beschäftigung bei der Post seien keine Beiträge abgeführt worden. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.02.2001).
Der Kläger hat am 21.03.2001 vor dem Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, die Beschäftigung bei der F. S. GmbH vom 01.11.1983 bis 31.03.1988 und die parallel dazu ausgeübte Beschäftigung beim Postamt vom 26.03.1984 bis 15.12.1984 seien versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gewesen. Da rückwirkend die Anrechnungszeiten für Hochschulausbildung entfallen seien, sollten nunmehr Beitragszeiten berücksichtigt bzw. eine Nachversicherung durch seine Arbeitgeber auf Veranlassung der Beklagten durchgeführt werden.
Mit Urteil vom 17.02.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zusammenfassend ausgeführt, für die - in der mündlichen Verhandlung so festgelegte - streitgegenständliche Zeit vom 01.11.1983 bis 15.12.1984 sei eine (weitere) Beitragszeit im Sinne des § 55 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) weder nachgewiesen noch gemäß § 203 SGB VI glaubhaft gemacht.
Der Kläger hat am 16.04.2005 gegen das ihm am 18.03.2005 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er zusammenfassend geltend, die Beklagte verweigere weiterhin den Einzug der im Zeitraum vom 01.05.1984 bis 31.12.1984 fälligen und offenbar hinterzogenen Sozialbeiträge für seine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost. Auf Grund des zeitlichen Umfangs seiner beruflichen Tätigkeit sei er auch während des Studiums versicherungspflichtig gewesen. Die entscheidende Frage sei nicht, ob Beiträge abgeführt worden seien, sondern ob Versicherungspflicht bestanden habe und die Beklagte ihre Ansprüche gegen die vorsätzlich hinterziehenden Arbeitgeber innerhalb der Verjährungsfrist von 30 Jahren geltend mache.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.02.2005 aufzuheben sowie den Bescheid vom 17.02.2000 und den Widerspruchsbescheid vom 20.02.2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 01.05.1984 bis 15.12.1984 die Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost als weitere Pflichtbeitragszeit anzuerkennen, bzw. die Beklagte bzw. ihre Einzugsstelle zur Einziehung von Beiträgen von der Deutschen Post AG für diesen Zeitraum zu verurteilen und 1. festzustellen, dass der hilfsweise Antrag auf Einziehung der Beiträge vom Postamt keine Erweiterung des Widerspruchs und der Klage ist, 2. die Sozialversicherungspflicht seiner Tätigkeiten mit zusammen über 35 Stunden/Woche festzustellen und die Verneinung der Sozialversicherungspflicht im Urteil des Sozialgerichts aufzuheben, 3. zu ermitteln, welche Konsequenzen BfA und LVA aus seinen schriftlichen Anzeigen der Doppelbeschäftigung gezogen haben, 4. die damaligen Personalverantwortlichen Herrn R. von der F. S. GmbH und Herrn M. vom Postamt als Zeugen zu der Frage zu laden, welche Konsequenzen aus seiner Anzeige der Doppelbeschäftigung gezogen worden seien, 5. festzustellen, dass er erst bei der erstmaligen Mitteilung des Versicherungsverlaufs davon erfahren habe, dass Beiträge nicht entrichtet wurden, 6. sämtliche Post an seine neue Anschrift zu schicken, 7. die 30jährige Verjährungsfrist zum Beitragseinzug zu hemmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen bzw. Klageanträge, ausgenommen Nr. 6, abzuweisen.
Sie macht geltend, der Kläger habe im Kontenklärungsverfahren selbst angegeben, dass keine Beiträge abgeführt worden seien. Nur bei einer erfolgten Beitragszahlung an die Einzugsstelle sei die Anerkennung einer Beitragszeit möglich. Auf die erstmals im Berufungsverfahren gestellten Anträge hat sie sich nicht eingelassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den § 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der von ihm erhobene Vormerkungsanspruch nicht zu.
Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 17.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001. Damit hat die Beklagte die Vormerkung der Zeit vom 01.11.1983 bis 30.04.1984 und 25.03.1984 bis 15.12.1984 als (weitere) Pflichtbeitragszeit abgelehnt. Allein hierüber hat das Sozialgericht ausgehend von dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag entschieden.
Nach seinem im Berufungsverfahren gestellten Antrag begehrt der Kläger - bezogen auf den oben dargelegten Streitgegenstand - allein noch die Verpflichtung der Beklagten zur Berücksichtigung einer Pflichtbeitragszeit für seine Tätigkeit bei der Deutschen Bundespost (Postamt ) vom 01.05.1984 bis 15.12.1984. Dies ist konsequent, liegen für die Zeit bis 30.04.1984 doch freiwillige Beiträge vor.
Die Voraussetzungen des § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI als hierfür maßgebliche Anspruchsgrundlage sind nicht erfüllt. Danach hat der Versicherungsträger einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten zu erlassen, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.11.1992, 4 RA 15/91 in SozR 3-2600 § 56 Nr. 4). Der Versicherte kann nur die Feststellung von "Daten" und nur von solchen beanspruchen, die der Versicherungsträger nach Maßgabe der Vorschriften des SGB VI in einem Versicherungskonto zu speichern hat (§ 149 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VI). "Daten" sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer natürlichen Person (§ 67 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Zweck dieses Verfahrens und insbesondere des Vormerkungsbescheids nach § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist eine Beweissicherung hinsichtlich derjenigen Tatsachen, die in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich bedeutsam werden können und Grundlage für eine Rentenauskunft sind. Die rentenrechtliche Bedeutsamkeit beurteilt sich deshalb ausgehend von der derzeitigen Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 25.07.2001, B 5 RJ 6/00 R in SGb 2001, 619 m.w.N), also nach dem SGB VI.
Die Beklagte hat es Recht abgelehnt, für die streitige Zeit der Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost eine weitere Pflichtbeitragszeit vorzumerken.
Pflichtbeitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Tatsächlich sind aber Pflichtbeiträge von der Deutschen Bundespost nicht gezahlt worden. Dies steht auf Grund der eigenen Angaben des Klägers fest. Der Kläger hat bereits im Antragsformular auf Kontenklärung angegeben, dass keine Beiträge abgeführt worden sind. Dies hat er durch seinen Vortrag im Berufungsverfahren (Blatt 20, 21 und 29, 30 der Gerichtsakte), mit dem er der Deutschen Post die (bewusste) Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen vorwirft, nochmals bestätigt. Auch aus der von dem Kläger vorgelegten Bezügemitteilung der Deutschen Bundespost für September 1984 ergibt sich, dass Beiträge zur Rentenversicherung nicht entrichtet worden sind, sondern lediglich die Lohnsteuer abgezogen wurde. Dementsprechend hat der Kläger für den Zeitraum bis 30.04.1984 auch freiwillige Beiträge entrichtet. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung nun behauptet, er wisse eigentlich nicht, ob Beiträge abgeführt worden seien, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar.
Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Entscheidend für den geltend gemachten Anspruch ist somit entgegen der Auffassung des Klägers nicht, ob die Tätigkeit bei der Deutschen Bundespost dem Grunde nach sozialversicherungspflichtig war, sondern allein, ob tatsächlich Pflichtbeiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. Insoweit kommt im vorliegenden Fall allenfalls die Vorschrift des § 203 SGB VI in Betracht, wonach eine Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen ist, wenn Versicherte glaubhaft machen, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind.
Gerade dies ist hier nicht der Fall. Für die Tätigkeit bei der Post können Pflichtbeiträge nicht als gezahlt gelten, weil das Gegenteil feststeht.
Soweit der Kläger geltend macht, die Zeit der Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost sei nachzuversichern (Blatt 17/18 der Sozialgerichtsakte), ist hierüber im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit durch die Beklagte, nicht hingegen die Nachversicherung durch den ehemaligen Arbeitgeber. Denn selbst wenn die Behauptung des Klägers zuträfe, würde durch eine "Nachversicherung" der Beitrag erst geleistet, also die Pflichtbeitragszeit begründet. Der Senat hat aber ausschließlich darüber zu entscheiden, ob aktuell die zur Vormerkung begehrte Pflichtbeitragszeit vorliegt. Dies ist - wie dargelegt - nicht der Fall.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zur Einziehung von Beiträgen von der Deutschen Bundespost begehrt, handelt es sich - ebenso wie bei den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen Nr. 2 (Feststellung der Sozialversicherungspflicht), Nr. 5 (Feststellung, dass er erst bei erstmaliger Mitteilung des Versicherungsverlaufs von der fehlenden Beitragsentrichtung erfahren hat) und Nr. 7 (Hemmung der Verjährungsfrist) um eine Klageerweiterung und damit eine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG. Eine solche Klageänderung ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Beides ist nicht der Fall. Die Beklagte hat in die Klageänderung nicht eingewilligt; vielmehr hat sie dem hilfsweise gestellten Antrag ausdrücklich widersprochen und sich zu den Anträgen Nr. 1 bis 5 und 7 nicht eingelassen. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Denn die geänderte Klage wäre unzulässig. Das LSG ist gemäß § 29 SGG nur zuständig für Entscheidungen im Berufungsverfahren und damit nicht für erstinstanzliche Entscheidungen. Die einzige Ausnahme hierzu enthält § 96 i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG (BSG, Urteil vom 31.07.2002, B 4 RA 20/01 R in SozR 3-1500 § 29 Nr. 1), der voraussetzt, dass ein während des Rechtsstreits ergehender Bescheid den streitbefangenen Bescheid abändert oder ersetzt. Diese Ausnahme liegt hier jedoch nicht vor, weil ein weiterer Bescheid nicht ergangen ist. Damit sind die Klagen unzulässig und aus diesem Grund abzuweisen (so auch die Entscheidung des BSG, a.a.O.; Urteil des Senats vom 28.09.2006, a. a. O.).
Bei dem von dem Kläger gestellten Antrag Nr. 1. handelt es sich nicht um einen Klageantrag im Sinne einer Prozesshandlung, sondern um eine Gegenargumentation zu dem zuvor durch den Senatsvorsitzenden erteilten Hinweis auf den Streitgegenstand, über den zulässigerweise entscheiden werden kann. Mit seiner im dem "Antrag" Nr. 1 dargelegten Argumentation vermag der Kläger allerdings aus den oben genannten Gründen nicht durchzudringen.
Bei den weiter von dem Kläger formulierten Anträgen Nr. 3. und 4 handelt es sich ebenfalls nicht um Klageanträge, sondern um Beweisanträge. Diese lehnt der Senat ab, da es für die hier streitgegenständliche Frage, ob Pflichtbeitragszeiten vorzumerken sind, allein darauf ankommt, ob Pflichtbeiträge tatsächlich entrichtet worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Welche "Konsequenzen" "BfA" und "LVA" bzw. die damaligen Personalverantwortlichen bei der F. S. GmbH und dem Postamt aus etwaigen "Anzeigen" des Klägers über eine Doppelbeschäftigung gezogen haben, ist dafür nicht erheblich.
Schließlich handelt es sich auch bei dem von dem Kläger formulierten Antrag Nr. 6 nicht um einen Klageantrag im prozessualen Sinn, sondern um die Mitteilung seiner neuen Wohnanschrift.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Die Klagen werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt insbesondere die Vormerkung weiterer Pflichtbeitragszeiten auf Grund einer Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost.
Der am 1956 geborene Kläger war während seines Studiums u.a. vom 26.03.1984 bis 15.12.1984 bei der Deutschen Bundespost (Postamt ) als Arbeiter im Paketverteildienst mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden und außerdem vom 01.11.1983 bis 31.03.1988 bei der F. S. GmbH im Bodenverkehrdienst beschäftigt (durchschnittliche Wochenarbeitszeit ca. 20 Stunden - bis 31.03.1984 betrug sie acht Stunden, danach 30 Stunden). Im Versicherungskonto des Klägers sind diesbezüglich Pflichtbeitragszeiten vom 01.05.1984 bis 31.12.1984 für die Beschäftigung bei der F. S. GmbH mit einem Bruttoentgelt von 13.795,00 DM und bis 30.04.1984 von ihm entrichtete freiwillige Beiträge gespeichert.
Mit gesondertem Bescheid vom 17.02.2000 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Zeit vom 01.11.1983 bis 30.04.1984 als Beitragszeit ab, weil weder in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge bescheinigt seien noch die Beitragszahlung nach dem Ergebnis der Ermittlungen glaubhaft erscheine und Beiträge auch nicht als gezahlt gelten würden. Die Zeit vom 26.03.1984 bis 15.12.1984 könne ebenfalls nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil nach dem seinerzeit geltenden Recht Versicherungspflicht in der Rentenversicherung nicht bestanden habe und deshalb Beiträge nicht gezahlt worden seien. Im Verwaltungsverfahren hatte der Kläger selbst vorgetragen, für die Beschäftigung bei der Post seien keine Beiträge abgeführt worden. Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.02.2001).
Der Kläger hat am 21.03.2001 vor dem Sozialgericht Stuttgart Klage erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, die Beschäftigung bei der F. S. GmbH vom 01.11.1983 bis 31.03.1988 und die parallel dazu ausgeübte Beschäftigung beim Postamt vom 26.03.1984 bis 15.12.1984 seien versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gewesen. Da rückwirkend die Anrechnungszeiten für Hochschulausbildung entfallen seien, sollten nunmehr Beitragszeiten berücksichtigt bzw. eine Nachversicherung durch seine Arbeitgeber auf Veranlassung der Beklagten durchgeführt werden.
Mit Urteil vom 17.02.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zusammenfassend ausgeführt, für die - in der mündlichen Verhandlung so festgelegte - streitgegenständliche Zeit vom 01.11.1983 bis 15.12.1984 sei eine (weitere) Beitragszeit im Sinne des § 55 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) weder nachgewiesen noch gemäß § 203 SGB VI glaubhaft gemacht.
Der Kläger hat am 16.04.2005 gegen das ihm am 18.03.2005 zugestellte Urteil Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er zusammenfassend geltend, die Beklagte verweigere weiterhin den Einzug der im Zeitraum vom 01.05.1984 bis 31.12.1984 fälligen und offenbar hinterzogenen Sozialbeiträge für seine versicherungspflichtige Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost. Auf Grund des zeitlichen Umfangs seiner beruflichen Tätigkeit sei er auch während des Studiums versicherungspflichtig gewesen. Die entscheidende Frage sei nicht, ob Beiträge abgeführt worden seien, sondern ob Versicherungspflicht bestanden habe und die Beklagte ihre Ansprüche gegen die vorsätzlich hinterziehenden Arbeitgeber innerhalb der Verjährungsfrist von 30 Jahren geltend mache.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 17.02.2005 aufzuheben sowie den Bescheid vom 17.02.2000 und den Widerspruchsbescheid vom 20.02.2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für die Zeit vom 01.05.1984 bis 15.12.1984 die Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost als weitere Pflichtbeitragszeit anzuerkennen, bzw. die Beklagte bzw. ihre Einzugsstelle zur Einziehung von Beiträgen von der Deutschen Post AG für diesen Zeitraum zu verurteilen und 1. festzustellen, dass der hilfsweise Antrag auf Einziehung der Beiträge vom Postamt keine Erweiterung des Widerspruchs und der Klage ist, 2. die Sozialversicherungspflicht seiner Tätigkeiten mit zusammen über 35 Stunden/Woche festzustellen und die Verneinung der Sozialversicherungspflicht im Urteil des Sozialgerichts aufzuheben, 3. zu ermitteln, welche Konsequenzen BfA und LVA aus seinen schriftlichen Anzeigen der Doppelbeschäftigung gezogen haben, 4. die damaligen Personalverantwortlichen Herrn R. von der F. S. GmbH und Herrn M. vom Postamt als Zeugen zu der Frage zu laden, welche Konsequenzen aus seiner Anzeige der Doppelbeschäftigung gezogen worden seien, 5. festzustellen, dass er erst bei der erstmaligen Mitteilung des Versicherungsverlaufs davon erfahren habe, dass Beiträge nicht entrichtet wurden, 6. sämtliche Post an seine neue Anschrift zu schicken, 7. die 30jährige Verjährungsfrist zum Beitragseinzug zu hemmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klagen bzw. Klageanträge, ausgenommen Nr. 6, abzuweisen.
Sie macht geltend, der Kläger habe im Kontenklärungsverfahren selbst angegeben, dass keine Beiträge abgeführt worden seien. Nur bei einer erfolgten Beitragszahlung an die Einzugsstelle sei die Anerkennung einer Beitragszeit möglich. Auf die erstmals im Berufungsverfahren gestellten Anträge hat sie sich nicht eingelassen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den § 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der von ihm erhobene Vormerkungsanspruch nicht zu.
Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 17.02.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.02.2001. Damit hat die Beklagte die Vormerkung der Zeit vom 01.11.1983 bis 30.04.1984 und 25.03.1984 bis 15.12.1984 als (weitere) Pflichtbeitragszeit abgelehnt. Allein hierüber hat das Sozialgericht ausgehend von dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag entschieden.
Nach seinem im Berufungsverfahren gestellten Antrag begehrt der Kläger - bezogen auf den oben dargelegten Streitgegenstand - allein noch die Verpflichtung der Beklagten zur Berücksichtigung einer Pflichtbeitragszeit für seine Tätigkeit bei der Deutschen Bundespost (Postamt ) vom 01.05.1984 bis 15.12.1984. Dies ist konsequent, liegen für die Zeit bis 30.04.1984 doch freiwillige Beiträge vor.
Die Voraussetzungen des § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI als hierfür maßgebliche Anspruchsgrundlage sind nicht erfüllt. Danach hat der Versicherungsträger einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten zu erlassen, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.11.1992, 4 RA 15/91 in SozR 3-2600 § 56 Nr. 4). Der Versicherte kann nur die Feststellung von "Daten" und nur von solchen beanspruchen, die der Versicherungsträger nach Maßgabe der Vorschriften des SGB VI in einem Versicherungskonto zu speichern hat (§ 149 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SGB VI). "Daten" sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer natürlichen Person (§ 67 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)). Zweck dieses Verfahrens und insbesondere des Vormerkungsbescheids nach § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist eine Beweissicherung hinsichtlich derjenigen Tatsachen, die in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich bedeutsam werden können und Grundlage für eine Rentenauskunft sind. Die rentenrechtliche Bedeutsamkeit beurteilt sich deshalb ausgehend von der derzeitigen Rechtslage (vgl. BSG, Urteil vom 25.07.2001, B 5 RJ 6/00 R in SGb 2001, 619 m.w.N), also nach dem SGB VI.
Die Beklagte hat es Recht abgelehnt, für die streitige Zeit der Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost eine weitere Pflichtbeitragszeit vorzumerken.
Pflichtbeitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge gezahlt worden sind (§ 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).
Tatsächlich sind aber Pflichtbeiträge von der Deutschen Bundespost nicht gezahlt worden. Dies steht auf Grund der eigenen Angaben des Klägers fest. Der Kläger hat bereits im Antragsformular auf Kontenklärung angegeben, dass keine Beiträge abgeführt worden sind. Dies hat er durch seinen Vortrag im Berufungsverfahren (Blatt 20, 21 und 29, 30 der Gerichtsakte), mit dem er der Deutschen Post die (bewusste) Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen vorwirft, nochmals bestätigt. Auch aus der von dem Kläger vorgelegten Bezügemitteilung der Deutschen Bundespost für September 1984 ergibt sich, dass Beiträge zur Rentenversicherung nicht entrichtet worden sind, sondern lediglich die Lohnsteuer abgezogen wurde. Dementsprechend hat der Kläger für den Zeitraum bis 30.04.1984 auch freiwillige Beiträge entrichtet. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung nun behauptet, er wisse eigentlich nicht, ob Beiträge abgeführt worden seien, ist dies für den Senat nicht nachvollziehbar.
Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Entscheidend für den geltend gemachten Anspruch ist somit entgegen der Auffassung des Klägers nicht, ob die Tätigkeit bei der Deutschen Bundespost dem Grunde nach sozialversicherungspflichtig war, sondern allein, ob tatsächlich Pflichtbeiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten. Insoweit kommt im vorliegenden Fall allenfalls die Vorschrift des § 203 SGB VI in Betracht, wonach eine Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen ist, wenn Versicherte glaubhaft machen, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind.
Gerade dies ist hier nicht der Fall. Für die Tätigkeit bei der Post können Pflichtbeiträge nicht als gezahlt gelten, weil das Gegenteil feststeht.
Soweit der Kläger geltend macht, die Zeit der Beschäftigung bei der Deutschen Bundespost sei nachzuversichern (Blatt 17/18 der Sozialgerichtsakte), ist hierüber im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit durch die Beklagte, nicht hingegen die Nachversicherung durch den ehemaligen Arbeitgeber. Denn selbst wenn die Behauptung des Klägers zuträfe, würde durch eine "Nachversicherung" der Beitrag erst geleistet, also die Pflichtbeitragszeit begründet. Der Senat hat aber ausschließlich darüber zu entscheiden, ob aktuell die zur Vormerkung begehrte Pflichtbeitragszeit vorliegt. Dies ist - wie dargelegt - nicht der Fall.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren erstmals hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zur Einziehung von Beiträgen von der Deutschen Bundespost begehrt, handelt es sich - ebenso wie bei den in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen Nr. 2 (Feststellung der Sozialversicherungspflicht), Nr. 5 (Feststellung, dass er erst bei erstmaliger Mitteilung des Versicherungsverlaufs von der fehlenden Beitragsentrichtung erfahren hat) und Nr. 7 (Hemmung der Verjährungsfrist) um eine Klageerweiterung und damit eine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG. Eine solche Klageänderung ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Beides ist nicht der Fall. Die Beklagte hat in die Klageänderung nicht eingewilligt; vielmehr hat sie dem hilfsweise gestellten Antrag ausdrücklich widersprochen und sich zu den Anträgen Nr. 1 bis 5 und 7 nicht eingelassen. Die Klageänderung ist auch nicht sachdienlich. Denn die geänderte Klage wäre unzulässig. Das LSG ist gemäß § 29 SGG nur zuständig für Entscheidungen im Berufungsverfahren und damit nicht für erstinstanzliche Entscheidungen. Die einzige Ausnahme hierzu enthält § 96 i. V. m. § 153 Abs. 1 SGG (BSG, Urteil vom 31.07.2002, B 4 RA 20/01 R in SozR 3-1500 § 29 Nr. 1), der voraussetzt, dass ein während des Rechtsstreits ergehender Bescheid den streitbefangenen Bescheid abändert oder ersetzt. Diese Ausnahme liegt hier jedoch nicht vor, weil ein weiterer Bescheid nicht ergangen ist. Damit sind die Klagen unzulässig und aus diesem Grund abzuweisen (so auch die Entscheidung des BSG, a.a.O.; Urteil des Senats vom 28.09.2006, a. a. O.).
Bei dem von dem Kläger gestellten Antrag Nr. 1. handelt es sich nicht um einen Klageantrag im Sinne einer Prozesshandlung, sondern um eine Gegenargumentation zu dem zuvor durch den Senatsvorsitzenden erteilten Hinweis auf den Streitgegenstand, über den zulässigerweise entscheiden werden kann. Mit seiner im dem "Antrag" Nr. 1 dargelegten Argumentation vermag der Kläger allerdings aus den oben genannten Gründen nicht durchzudringen.
Bei den weiter von dem Kläger formulierten Anträgen Nr. 3. und 4 handelt es sich ebenfalls nicht um Klageanträge, sondern um Beweisanträge. Diese lehnt der Senat ab, da es für die hier streitgegenständliche Frage, ob Pflichtbeitragszeiten vorzumerken sind, allein darauf ankommt, ob Pflichtbeiträge tatsächlich entrichtet worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Welche "Konsequenzen" "BfA" und "LVA" bzw. die damaligen Personalverantwortlichen bei der F. S. GmbH und dem Postamt aus etwaigen "Anzeigen" des Klägers über eine Doppelbeschäftigung gezogen haben, ist dafür nicht erheblich.
Schließlich handelt es sich auch bei dem von dem Kläger formulierten Antrag Nr. 6 nicht um einen Klageantrag im prozessualen Sinn, sondern um die Mitteilung seiner neuen Wohnanschrift.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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