Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 5367/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3306/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Anrechnung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Regelaltersrente streitig.
Die 1941 geborene Klägerin erhält aufgrund eines am 10. Dezember 1976 erlittenen Wegeunfalls von der G.- und L.-B. seit dem 1. Dezember 1993 Verletztenteilrente nach einer MdE von 40 v.H. (bestandskräftiger Bescheid vom 5. Juni 1997, Bl. 121 S 3 U 3094/05). Der Rentenberechnung liegt ein Jahresarbeitsverdienst von 27.651,57 EUR zugrunde (vgl. auch Bl. 34 LSG-Akte). Der Zahlbetrag der Unfallrente betrug zum 1. November 2006 614,48 EUR monatlich.
Aufgrund ihres streitgegenständlichen Antrags vom 17. Mai 2000 erhielt die bis 30. September 1997 als Vertriebsassistentin und seitdem im Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung stehende Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 13. Oktober 2000), beginnend ab 1. Juni 2000. Dabei wurde eine Minderung der Rente um Leistungen aus der Unfallversicherung in Höhe von 511,25 DM vorgenommen (Anl. 7 des Rentenbescheids, Bl. 161 f. der Leistungsakte).
Auf den weiteren Antrag der Klägerin vom 9. August 2006 gewährte ihr die Beklagte Regelaltersrente in Höhe von 1.159,53 EUR brutto (Zahlbetrag 1.052,27 EUR ab dem 1. November 2006, Bescheid vom 29. August 2006). Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass sich aus den Entgeltpunkten der Klägerin ohne Berücksichtigung der Unfallrente eine monatliche Bruttorente in Höhe von 1.438,55 EUR ergebe. Von der Unfallrente in Höhe von 614,48 EUR sei die monatliche Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Höhe von 161,00 EUR in Abzug zu bringen, so dass sich in Addition des verbleibenden Betrages von 453,48 EUR (Unfallrente abzüglich BVG-Anteil) eine Summe der Rentenbeträge von 1.892,03 EUR ergebe. Der Grenzbetrag, der sich aus dem Jahresarbeitsverdienst, der der Berechnung der Leistung aus der Unfallversicherung zugrunde liege, und dem Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkt ergebe, betrage 27.651,57 EUR. 70% von einem Zwölftel dieses Betrages ergäben den Grenzbetrag von 1.613,01 EUR. Die Summe der Rentenbeträge von 1.892,03 EUR übersteige somit den Grenzbetrag um 279,02 EUR, so dass die Rente aus der Rentenversicherung um diesen Betrag zu mindern wäre und die Bruttorente 1.159,53 EUR betrage (Anl. 7).
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe mit 19 Jahren angefangen zu arbeiten, mit 21 Jahren geheiratet und mit 24 Jahren eine Tochter geboren, deswegen zwei Jahre lang pausiert und dann acht Jahre Teilzeit gearbeitet. Bei dem am 10.12.1976 erlittenen Autounfall sei sie ein Jahr lang arbeitsunfähig gewesen. Sie sei von ihrem ersten Mann 1982 geschieden worden und nunmehr in Gütertrennung verheiratet, so dass sie ihre Rente, die sie komplett erarbeitet habe, benötige. Sie betrachte den Abzug wegen Zusammentreffens mehrerer Ansprüche als Enteignung, denn nicht nur sie habe eingezahlt, sondern auch ihr Arbeitgeber. Die Anrechnung sei völlig unangemessen und ungerecht, denn Parlamentarier oder Abgeordnete könnten zahlreiche Rentenansprüche nebeneinander erwerben. Hinzu komme, dass der Grenzwertfaktor, nach dem der Betrag errechnet worden sei, von dem Jahresgehalt (Teilzeit) in dem Jahr des Autounfalls (1976) genommen worden wäre. Hätte sie damals in Vollzeit gearbeitet, wäre der Faktor wesentlich höher gewesen und sie würde wohl ihre volle Rente bekommen. Sie betrachte daher den Abzug als Strafe dafür, dass sie ein Kind bekommen habe und daher jahrelang Teilzeit hätte arbeiten müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, der Rentenversicherungsträger sei nach § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gesetzlich dazu verpflichtet, den Monatsbetrag aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu kürzen, sofern eine Rente aus eigener Versicherung und eine Verletztenrente zusammenträfen und diese Beträge den maßgeblichen Grenzbetrag überstiegen. Dabei sei vom Gesetzgeber eine Rücksichtnahme auf persönliche Lebensumstände nicht vorgesehen. Dies treffe auch für den zugrunde gelegten Jahresarbeitsverdienst zu, für dessen Berechnung im Übrigen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig sei.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, aufgrund des geringen Jahresarbeitsverdienstes infolge der Teilzeitarbeit wegen Kindererziehung komme es zu einem geringeren Grenzbetrag und einer höheren Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Frau dürfe nicht benachteiligt werden, wenn sie wegen Kindererziehung ihre Arbeitszeit reduziert habe. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) und Art. 6 GG dar.
Mit Urteil vom 14. Juni 2007, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 26. Juni 2007, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Beklagte habe bei der Berechnung der Regelaltersrente der Klägerin die gezahlte Unfallrente zutreffend mit einem Betrag von 279,02 EUR berücksichtigt. Angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts der Anrechnungsregelung verbiete sich auch eine "verfassungsmäßige Auslegung", etwa mit dem Ziel eines Absehens von der Anwendung dieser Regelung oder Ansetzens eines höheren Jahresarbeitsverdienstes, von vornherein. Die Kammer sei auch davon überzeugt, dass die einschlägige Regelung des § 93 SGB VI verfassungsgemäß sei. Dies habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Vorgängerregelung des § 93 SGB VI, nämlich dem § 1278 Reichsversicherungsordnung (RVO), entschieden. Insbesondere liege weder ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot vor noch führe die Anwendung der Regelung typischerweise zu einer unangemessenen Benachteiligung von Frauen und/oder Familien. Gesetzgeberisches Ziel sei die Vermeidung von Doppelleistungen, denn sowohl der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung als auch der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung komme Einkommensersatzfunktion zu. Die Begrenzung beider Renten auf 70 v.H. des der Verletztenrente zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes solle sicherstellen, dass ein Ersatz von Entgelt durch Versicherungsleistungen auf das aus aktiver Beschäftigung erzielte Nettoeinkommen beschränkt werde. Es handle sich hierbei um ein legitimes gesetzgeberisches Ziel, zu dessen Erreichung die Anknüpfung an den Jahresarbeitsverdienst, der der Verletztenteilrente zugrunde liege, geeignet sei. Die Regelung knüpfe dabei weder an das Geschlecht an noch benachteilige sie typischerweise Frauen oder Familien, denn Arbeitsunfälle könnten sich während des gesamten Versicherungslebens ereignen, sodass es eher vom Zufall abhänge, wenn sich ein Unfall während einer Phase des Arbeitslebens ereigne, in der die betroffene Person, wie im vorliegenden Fall die Klägerin, aus Gründen der Kindererziehung lediglich eine Teilzeittätigkeit ausübe. Zudem sei es letztlich eine Frage des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung, wie der Unfallversicherungsträger den Jahresarbeitsverdienst bemesse. An die Feststellungen des Unfallversicherungsträgers zum Jahresarbeitsverdienst als Bemessungsgrundlage der Verletztenrente sei der Rentenversicherungsträger gebunden.
Mit ihrer dagegen am 4. Juli 2007 eingelegten Berufung macht die Klägerin weiter geltend, sie werde durch die Regelung unangemessen benachteiligt, welches mit Art. 3 und Art. 6 GG nicht vereinbar sei. So habe das BVerfG beispielsweise am 28.03.2006 (1 BvL 10/01) entschieden, dass es mit Art. 6 GG unvereinbar sei, wenn Zeiten, in denen Frauen während der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote ihre versicherungspflichtige Versicherung unterbrächen, dies bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt werde. Eine solche Fallgestaltung liege auch bei ihr vor, denn sie habe ihren Unfall erlitten, als sie kindbedingt nur Teilzeit gearbeitet habe. In vielen anderen Regelungsbereichen würden deswegen Zeiten der Kindererziehung ebenfalls berücksichtigt, um Nachteile durch die Kindererziehung zu vermeiden. Die Regelung knüpfe auch typischerweise an Frauen und Familien an, da in der Regel die Frau oder zumindest ein Elternteil seine Arbeitszeit zur Kindererziehung reduziere und in dieser Zeit ein geringeres Arbeitsentgelt und somit einen geringeren Jahresarbeitsverdienst erziele.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juni 2007 sowie den Bescheid vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Regelaltersrente ohne Anrechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 93 SGB VI einzuholen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass sie die Angaben der G.- und L.-B. M. der Renten-Neuberechnung vom 29.08.2006 zugrunde gelegt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. SGG), ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf ungekürzte Leistung der Altersrente wegen der von ihr bezogenen Unfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Zutreffend haben die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden und das SG im Urteil die Voraussetzungen für die vorgenommene Kürzung der Altersrente durch die Beklagte dargelegt und ausgeführt, weswegen in Anwendung der Vorschrift des § 93 Abs. 1 SGB VI die Kürzung der Rente in dem von der Beklagten vorgenommenen Umfang zu erfolgen hat. Die konkrete Anwendung dieser Bestimmungen, nämlich die Berechnung der Kürzung, wird von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt. Der Senat verweist deshalb insoweit zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Urteils, denen er sich nach eigener Prüfung und in vollem Umfang anschließt.
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 93 SGB VI einzuholen. Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist ein Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Das vorliegende Gericht muss die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit haben, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit genügen nicht (BVerfGE 78, 104, 117; 80, 54, 59; 86, 52, 57).
Diese erforderliche Überzeugung der Verfassungswidrigkeit der hier einschlägigen Bestimmung des § 93 SGB VI hat der Senat nicht. Wie das BVerfG bereits am 19. Juli 1984 mit Beschluss 1 BvR 1614/83 zur Vorgängervorschrift des § 93 SGB VI, dem § 1278 RVO, entschieden hat, verstößt die Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gegen höherrangiges Recht (SozR 2200 § 1278 Nr. 11). Hieran hat das BSG in seiner Entscheidung vom 20.10.2005 (SozR - 2600 § 93 Nr. 1) ausdrücklich festgehalten.
Eine gegenteilige Überzeugung lässt sich auch nicht aus den Ausführungen der Klägerin begründen. Insbesondere führt die Anwendung der Regelung nicht typischerweise zu einer unangemessenen Benachteiligung von Frauen und/oder Familien. Es geht mit der Regelung allein um die Vermeidung eines Doppelbezugs von Leistungen mit gleicher Zweckbestimmung. Insoweit ist die Konstellation auch nicht mit der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BVerfG vom 28.03.2006 (1 BvL 10/01) vergleichbar, wo es um eine Nichtberücksichtigung von Zeiten des Mutterschutzes bei der Berechnung der Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld geht. In dem dort entschiedenen Falle ging es um den sozialversicherungsrechtlichen Ausgleich für Zeiten, in denen aufgrund der Schwangerschaft und dem angestrebten Schutz von Mutter und Kind ein Beschäftigungsverbot besteht und deswegen die sich aus diesem Verbot unmittelbar ergebenden Nachteile soweit wie möglich auszugleichen sind. Die Regelung des § 93 SGB VI knüpft aber nicht an das Geschlecht an oder trifft typischerweise Frauen oder Familien, denn Arbeitsunfälle können sich während des gesamten Versicherungslebens ereignen, so dass es, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, vom Zufall abhängt, ob die von dem Unfall betroffene Person eine Vollzeit- oder Teilzeittätigkeit ausübt.
Weiter ist die Anknüpfung an den der Verletztenrente zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienst auch deswegen sachgerecht, weil es um die Beschränkung des Ersatzes von Entgelt durch Versicherungsleistungen auf das aus aktiver Beschäftigung erzielte Nettoeinkommen geht und für dieses gesetzgeberische Ziel deswegen geeignet ist.
Das SG hat deswegen die Klage zu Recht abgewiesen, sodass die Berufung zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, nachdem bereits die genannten Entscheidungen des BVerfG sowie des BSG vom 31. März 1998 und 28. Januar 1999 (SozR 3-2600 § 93 Nr. 7 und Nr. 9) vorliegen und auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren nichts enthält, was nach Auffassung des Senats noch nicht entschiedene und zu klärende grundsätzliche Rechtsfragen aufwirft.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Anrechnung einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Regelaltersrente streitig.
Die 1941 geborene Klägerin erhält aufgrund eines am 10. Dezember 1976 erlittenen Wegeunfalls von der G.- und L.-B. seit dem 1. Dezember 1993 Verletztenteilrente nach einer MdE von 40 v.H. (bestandskräftiger Bescheid vom 5. Juni 1997, Bl. 121 S 3 U 3094/05). Der Rentenberechnung liegt ein Jahresarbeitsverdienst von 27.651,57 EUR zugrunde (vgl. auch Bl. 34 LSG-Akte). Der Zahlbetrag der Unfallrente betrug zum 1. November 2006 614,48 EUR monatlich.
Aufgrund ihres streitgegenständlichen Antrags vom 17. Mai 2000 erhielt die bis 30. September 1997 als Vertriebsassistentin und seitdem im Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung stehende Klägerin Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheid vom 13. Oktober 2000), beginnend ab 1. Juni 2000. Dabei wurde eine Minderung der Rente um Leistungen aus der Unfallversicherung in Höhe von 511,25 DM vorgenommen (Anl. 7 des Rentenbescheids, Bl. 161 f. der Leistungsakte).
Auf den weiteren Antrag der Klägerin vom 9. August 2006 gewährte ihr die Beklagte Regelaltersrente in Höhe von 1.159,53 EUR brutto (Zahlbetrag 1.052,27 EUR ab dem 1. November 2006, Bescheid vom 29. August 2006). Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass sich aus den Entgeltpunkten der Klägerin ohne Berücksichtigung der Unfallrente eine monatliche Bruttorente in Höhe von 1.438,55 EUR ergebe. Von der Unfallrente in Höhe von 614,48 EUR sei die monatliche Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) in Höhe von 161,00 EUR in Abzug zu bringen, so dass sich in Addition des verbleibenden Betrages von 453,48 EUR (Unfallrente abzüglich BVG-Anteil) eine Summe der Rentenbeträge von 1.892,03 EUR ergebe. Der Grenzbetrag, der sich aus dem Jahresarbeitsverdienst, der der Berechnung der Leistung aus der Unfallversicherung zugrunde liege, und dem Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkt ergebe, betrage 27.651,57 EUR. 70% von einem Zwölftel dieses Betrages ergäben den Grenzbetrag von 1.613,01 EUR. Die Summe der Rentenbeträge von 1.892,03 EUR übersteige somit den Grenzbetrag um 279,02 EUR, so dass die Rente aus der Rentenversicherung um diesen Betrag zu mindern wäre und die Bruttorente 1.159,53 EUR betrage (Anl. 7).
Mit ihrem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe mit 19 Jahren angefangen zu arbeiten, mit 21 Jahren geheiratet und mit 24 Jahren eine Tochter geboren, deswegen zwei Jahre lang pausiert und dann acht Jahre Teilzeit gearbeitet. Bei dem am 10.12.1976 erlittenen Autounfall sei sie ein Jahr lang arbeitsunfähig gewesen. Sie sei von ihrem ersten Mann 1982 geschieden worden und nunmehr in Gütertrennung verheiratet, so dass sie ihre Rente, die sie komplett erarbeitet habe, benötige. Sie betrachte den Abzug wegen Zusammentreffens mehrerer Ansprüche als Enteignung, denn nicht nur sie habe eingezahlt, sondern auch ihr Arbeitgeber. Die Anrechnung sei völlig unangemessen und ungerecht, denn Parlamentarier oder Abgeordnete könnten zahlreiche Rentenansprüche nebeneinander erwerben. Hinzu komme, dass der Grenzwertfaktor, nach dem der Betrag errechnet worden sei, von dem Jahresgehalt (Teilzeit) in dem Jahr des Autounfalls (1976) genommen worden wäre. Hätte sie damals in Vollzeit gearbeitet, wäre der Faktor wesentlich höher gewesen und sie würde wohl ihre volle Rente bekommen. Sie betrachte daher den Abzug als Strafe dafür, dass sie ein Kind bekommen habe und daher jahrelang Teilzeit hätte arbeiten müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit der Begründung zurück, der Rentenversicherungsträger sei nach § 93 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gesetzlich dazu verpflichtet, den Monatsbetrag aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu kürzen, sofern eine Rente aus eigener Versicherung und eine Verletztenrente zusammenträfen und diese Beträge den maßgeblichen Grenzbetrag überstiegen. Dabei sei vom Gesetzgeber eine Rücksichtnahme auf persönliche Lebensumstände nicht vorgesehen. Dies treffe auch für den zugrunde gelegten Jahresarbeitsverdienst zu, für dessen Berechnung im Übrigen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zuständig sei.
Mit ihrer dagegen beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, aufgrund des geringen Jahresarbeitsverdienstes infolge der Teilzeitarbeit wegen Kindererziehung komme es zu einem geringeren Grenzbetrag und einer höheren Anrechnung der Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine Frau dürfe nicht benachteiligt werden, wenn sie wegen Kindererziehung ihre Arbeitszeit reduziert habe. Dies stelle einen Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) und Art. 6 GG dar.
Mit Urteil vom 14. Juni 2007, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 26. Juni 2007, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Beklagte habe bei der Berechnung der Regelaltersrente der Klägerin die gezahlte Unfallrente zutreffend mit einem Betrag von 279,02 EUR berücksichtigt. Angesichts des klaren und eindeutigen Wortlauts der Anrechnungsregelung verbiete sich auch eine "verfassungsmäßige Auslegung", etwa mit dem Ziel eines Absehens von der Anwendung dieser Regelung oder Ansetzens eines höheren Jahresarbeitsverdienstes, von vornherein. Die Kammer sei auch davon überzeugt, dass die einschlägige Regelung des § 93 SGB VI verfassungsgemäß sei. Dies habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Vorgängerregelung des § 93 SGB VI, nämlich dem § 1278 Reichsversicherungsordnung (RVO), entschieden. Insbesondere liege weder ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot vor noch führe die Anwendung der Regelung typischerweise zu einer unangemessenen Benachteiligung von Frauen und/oder Familien. Gesetzgeberisches Ziel sei die Vermeidung von Doppelleistungen, denn sowohl der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung als auch der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung komme Einkommensersatzfunktion zu. Die Begrenzung beider Renten auf 70 v.H. des der Verletztenrente zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienstes solle sicherstellen, dass ein Ersatz von Entgelt durch Versicherungsleistungen auf das aus aktiver Beschäftigung erzielte Nettoeinkommen beschränkt werde. Es handle sich hierbei um ein legitimes gesetzgeberisches Ziel, zu dessen Erreichung die Anknüpfung an den Jahresarbeitsverdienst, der der Verletztenteilrente zugrunde liege, geeignet sei. Die Regelung knüpfe dabei weder an das Geschlecht an noch benachteilige sie typischerweise Frauen oder Familien, denn Arbeitsunfälle könnten sich während des gesamten Versicherungslebens ereignen, sodass es eher vom Zufall abhänge, wenn sich ein Unfall während einer Phase des Arbeitslebens ereigne, in der die betroffene Person, wie im vorliegenden Fall die Klägerin, aus Gründen der Kindererziehung lediglich eine Teilzeittätigkeit ausübe. Zudem sei es letztlich eine Frage des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung, wie der Unfallversicherungsträger den Jahresarbeitsverdienst bemesse. An die Feststellungen des Unfallversicherungsträgers zum Jahresarbeitsverdienst als Bemessungsgrundlage der Verletztenrente sei der Rentenversicherungsträger gebunden.
Mit ihrer dagegen am 4. Juli 2007 eingelegten Berufung macht die Klägerin weiter geltend, sie werde durch die Regelung unangemessen benachteiligt, welches mit Art. 3 und Art. 6 GG nicht vereinbar sei. So habe das BVerfG beispielsweise am 28.03.2006 (1 BvL 10/01) entschieden, dass es mit Art. 6 GG unvereinbar sei, wenn Zeiten, in denen Frauen während der mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbote ihre versicherungspflichtige Versicherung unterbrächen, dies bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt werde. Eine solche Fallgestaltung liege auch bei ihr vor, denn sie habe ihren Unfall erlitten, als sie kindbedingt nur Teilzeit gearbeitet habe. In vielen anderen Regelungsbereichen würden deswegen Zeiten der Kindererziehung ebenfalls berücksichtigt, um Nachteile durch die Kindererziehung zu vermeiden. Die Regelung knüpfe auch typischerweise an Frauen und Familien an, da in der Regel die Frau oder zumindest ein Elternteil seine Arbeitszeit zur Kindererziehung reduziere und in dieser Zeit ein geringeres Arbeitsentgelt und somit einen geringeren Jahresarbeitsverdienst erziele.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juni 2007 sowie den Bescheid vom 29. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Regelaltersrente ohne Anrechnung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 93 SGB VI einzuholen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass sie die Angaben der G.- und L.-B. M. der Renten-Neuberechnung vom 29.08.2006 zugrunde gelegt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. SGG), ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf ungekürzte Leistung der Altersrente wegen der von ihr bezogenen Unfallrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Zutreffend haben die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden und das SG im Urteil die Voraussetzungen für die vorgenommene Kürzung der Altersrente durch die Beklagte dargelegt und ausgeführt, weswegen in Anwendung der Vorschrift des § 93 Abs. 1 SGB VI die Kürzung der Rente in dem von der Beklagten vorgenommenen Umfang zu erfolgen hat. Die konkrete Anwendung dieser Bestimmungen, nämlich die Berechnung der Kürzung, wird von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt. Der Senat verweist deshalb insoweit zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Urteils, denen er sich nach eigener Prüfung und in vollem Umfang anschließt.
Der Senat hat auch keine Veranlassung gesehen, das Verfahren nach Art. 100 GG auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 93 SGB VI einzuholen. Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist ein Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Das vorliegende Gericht muss die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit haben, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit genügen nicht (BVerfGE 78, 104, 117; 80, 54, 59; 86, 52, 57).
Diese erforderliche Überzeugung der Verfassungswidrigkeit der hier einschlägigen Bestimmung des § 93 SGB VI hat der Senat nicht. Wie das BVerfG bereits am 19. Juli 1984 mit Beschluss 1 BvR 1614/83 zur Vorgängervorschrift des § 93 SGB VI, dem § 1278 RVO, entschieden hat, verstößt die Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gegen höherrangiges Recht (SozR 2200 § 1278 Nr. 11). Hieran hat das BSG in seiner Entscheidung vom 20.10.2005 (SozR - 2600 § 93 Nr. 1) ausdrücklich festgehalten.
Eine gegenteilige Überzeugung lässt sich auch nicht aus den Ausführungen der Klägerin begründen. Insbesondere führt die Anwendung der Regelung nicht typischerweise zu einer unangemessenen Benachteiligung von Frauen und/oder Familien. Es geht mit der Regelung allein um die Vermeidung eines Doppelbezugs von Leistungen mit gleicher Zweckbestimmung. Insoweit ist die Konstellation auch nicht mit der von der Klägerin zitierten Entscheidung des BVerfG vom 28.03.2006 (1 BvL 10/01) vergleichbar, wo es um eine Nichtberücksichtigung von Zeiten des Mutterschutzes bei der Berechnung der Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld geht. In dem dort entschiedenen Falle ging es um den sozialversicherungsrechtlichen Ausgleich für Zeiten, in denen aufgrund der Schwangerschaft und dem angestrebten Schutz von Mutter und Kind ein Beschäftigungsverbot besteht und deswegen die sich aus diesem Verbot unmittelbar ergebenden Nachteile soweit wie möglich auszugleichen sind. Die Regelung des § 93 SGB VI knüpft aber nicht an das Geschlecht an oder trifft typischerweise Frauen oder Familien, denn Arbeitsunfälle können sich während des gesamten Versicherungslebens ereignen, so dass es, wie das SG zu Recht ausgeführt hat, vom Zufall abhängt, ob die von dem Unfall betroffene Person eine Vollzeit- oder Teilzeittätigkeit ausübt.
Weiter ist die Anknüpfung an den der Verletztenrente zugrunde liegenden Jahresarbeitsverdienst auch deswegen sachgerecht, weil es um die Beschränkung des Ersatzes von Entgelt durch Versicherungsleistungen auf das aus aktiver Beschäftigung erzielte Nettoeinkommen geht und für dieses gesetzgeberische Ziel deswegen geeignet ist.
Das SG hat deswegen die Klage zu Recht abgewiesen, sodass die Berufung zurückzuweisen war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, nachdem bereits die genannten Entscheidungen des BVerfG sowie des BSG vom 31. März 1998 und 28. Januar 1999 (SozR 3-2600 § 93 Nr. 7 und Nr. 9) vorliegen und auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren nichts enthält, was nach Auffassung des Senats noch nicht entschiedene und zu klärende grundsätzliche Rechtsfragen aufwirft.
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