Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3135/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2378/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. März 2007 wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der am 1962 geborene Kläger erstrebt die Zahlung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Weiterzahlung über den 31. Dezember 2004 hinaus).
Aufgrund eines im beim Sozialgericht Stuttgart (SG) anhängig gewesenen Rechtsstreits (S 5 RJ 2684/00 abgegebenen (angenommenen) Anerkenntnisses vom 17. Juli 2001 hatte die frühere Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01. November 1999 bis 31. Oktober 2002 bewilligt. Die Zeitrente wurde dann aufgrund eines am 10. November 2003 im Verfahren S 5 RJ 1848/03 geschlossenen Vergleichs bis zum 31. Dezember 2004 verlängert. Den am 23. August 2004 gestellten Antrag des Klägers auf erneute Weiterzahlung dieser Rente lehnte die Beklagte nach Erhebung eines nervenärztlichen Gutachtens mit Bescheid vom 08. Februar 2005 ab. Der dagegen vom Kläger eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2005).
Dagegen erhob der Kläger am 25. Mai 2005 zur Niederschrift der Geschäftsstelle des SG Klage. Er gab dabei seine Anschrift mit H.-weg , S., an. Nach Erhebung eines nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Amts wegen bei Dr. H. vom 16. September 2005 meldeten sich im Klageverfahren am 15. November 2005 mittels Vollmachtsvorlage seine Prozessbevollmächtigten, die am 24. April 2006 mitteilten, die neue Anschrift des Klägers sei J.-straße, S ... Nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erhob das SG dann noch das am 08. August 2006 erstattete nervenärztliche Sachverständigengutachten des Prof. Dr. T ... Nach der Aufforderung an die Klägervertreter um Überprüfung der Erfolgsaussichten der Klage (Verfügung vom 05. September 2006) ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 14. September 2006 erklären, dass er nicht bereit sei, seine Klage zurückzunehmen; er bat um eine Entscheidung. Nach einer weiteren Gerichtsverfügung vom 17. November 2006 und dem Hinweis auf eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG (Verfügung vom 31. Januar 2007) ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 01. Februar 2007 erklären, er sei mit einer Entscheidung nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Danach wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. März 2007 ab. Der Kläger sei ab 01. Januar 2005 weder erwerbs- oder berufsunfähig noch erwerbsgemindert. Der Gerichtsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 27. März 2007 zugestellt.
Am 10. Mai 2007 hat der Kläger, der seine Anschrift nun mit G.-straße , S., angegeben hat, gegen den Gerichtsbescheid zur Niederschrift des Urkundsbeamten Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er macht geltend, der Gerichtsbescheid sei ihm heute (10. Mai 2007) bei der Vorsprache bei seinen Prozessbevollmächtigten ausgehändigt worden. An seinem Briefkasten werde häufig das Namensschild abgerissen. Er nehme an, dass dadurch die Übermittlung des Gerichtsbescheids über die Post gescheitert sei. Er begehrt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Einlegung der Berufung. Dazu lässt er weiter vortragen, zum Zeitpunkt seines Rechtsschutzantrags für das Klageverfahren habe er in der H.-straße gewohnt. Am 06. März 2006 sei er dann in die J.-straße umgezogen, wovon seine Prozessbevollmächtigten am 21. April 2006 Kenntnis erlangt hätten, weshalb diese Anschriftenänderung auch seinerzeit dem SG mit Schreiben vom 24. April 2006 bekannt gegeben worden sei. An diese Adresse hätten seine Prozessbevollmächtigten auch Schreiben vom 08. September 2006, auf das er mit Schreiben vom 14. September 2006 reagiert habe, sowie ein Schreiben des Gerichts vom 17. November 2006 gerichtet. Im September 2006 sei er dann in die G.-straße umgezogen, ohne einen Nachsendeantrag gestellt zu haben. Er meine sich daran zu erinnern, dass er diese neue Adresse seinen Prozessbevollmächtigten bekanntgegeben habe. Seine Prozessbevollmächtigten hätten den Gerichtsbescheid des SG mit dem vorgelegten Anschreiben vom 28. März 2007, das u.a. den Hinweis auf den Ablauf der Frist für die Berufungseinlegung am 27. April 2007 mit der Maßgabe enthalten, die Absicht zur eventuellen Durchführung der Berufung bis zum 05. April 2007 bekanntzugeben, an ihn am 28. März 2007 mit Einwurf-Einschreiben an die Adresse J.-straße zur Post gegeben. Diese Postsendung sei am 12. April 2007 mit dem Hinweis zurückgegeben worden, dass er zwar am 29. März 2007 benachrichtigt worden sei, das Schreiben jedoch nicht abgeholt habe. Daraufhin hätten seine Prozessbevollmächtigten das genannte Schreiben vom 28. März 2007 mit dem Gerichtsbescheid an ihn nochmals mit der Adresse J.-straße am 12. April 2007 mit Normalpost abgesendet. Auch dieses Schreiben sei jedoch am 26. April 2007 mit der Bemerkung zurückgesandt worden, dass er unbekannt verzogen gewesen sei. Er habe den Gerichtsbescheid am 10. Mai 2007 persönlich bei seinen Prozessbevollmächtigten bei einer Vorsprache abgeholt. Am 12. April 2007 habe er Anzeige beim Polizeirevier Glemsgaustraße 27 erstattet, weil Briefe aus seinem Briefkasten in der G.-straße verschwunden gewesen seien. Nachdem im Übrigen auch Schreiben an die Adresse G.-straße von der Post mit der Bemerkung, dass er unter der angegebenen Anschrift nicht ermittelbar sei, zurückgesandt worden seien, habe er ein Postfach eingerichtet. Der Kläger hat verschiedene Unterlagen eingereicht, darunter auch neuere Befundberichte.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Bewilligung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2005 zu verurteilen, ihm ab 01. Januar 2005 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit und weiter hilfsweise wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 20. Dezember 2007 auf die Möglichkeit einer Verwerfung der Berufung durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG hingewiesen. Dazu haben die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 02. und 23. Januar 2008 erklärt, sie seien mit einer Entscheidung des Senats durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung nach § 158 Satz 2 SGG einverstanden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist verfristet, d.h. nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 151 SGG eingelegt worden. Da dem Kläger auch keine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung nach § 67 SGG zu gewähren war, war die Berufung als unzulässig zu verwerfen, ohne dass eine Sachprüfung der angegriffenen Entscheidung auch im Hinblick auf die vom Kläger nun eingereichten neueren Befundunterlagen erfolgen konnte. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens hat der Senat nach Anhörung der Beteiligten nach § 158 Satz 2 SGG, wonach bei Verfristung die Verwerfungsentscheidung durch Beschluss ergehen kann, durch Beschluss entschieden. Bei der Ermessensentscheidung hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Beteiligten übereinstimmend einer solchen Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben.
Die Berufung ist am 10. Mai 2007 verspätet eingelegt worden. Die Berufung ist nach § 151 Abs. 1 SGG beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder, wie hier geschehen, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Zustellung des Gerichtsbescheids an die Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis nach § 63 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG i.V.m. § 174 der Zivilprozessordnung (ZPO) am 27. März 2007 setzte die Berufungsfrist an diesem Tag nach § 64 Abs. 1 SGG in Lauf; die Frist endete nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG am Dienstag, 27. April 2007. Damit war die Berufungsfrist am 10. Mai 2007 versäumt.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu bewilligen. Diese setzt nach § 67 Abs. 1 SGG voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist als gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. "Ohne Verschulden" setzt voraus, dass Beteiligte diejenige Sorgfalt verwendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsauffassung zuzumuten ist. Die Versäumung der Verfahrensfrist muss auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft und sachgerecht Prozessführenden nicht vermeidbar gewesen sein. Im Hinblick auf die notwendige Glaubhaftmachung der Tatsachen zur Begründung des Antrags nach § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit verlangt, genügt die bloße Möglichkeit einer unverschuldeten Fristversäumnis nicht. Dabei muss sich der Beteiligte Verschulden seines Prozessbevollmächtigten, einschließlich eines so genannten Verbandsvertreters nach § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG als eigenes Verschulden zurechnen lassen (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 1 SGG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
Dass den Kläger das Hinweisschreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28. März bzw. 12. April 2007 mit dem Gerichtsbescheid nicht erreicht hat, liegt ersichtlich daran, dass es an die Anschrift gerichtet war, unter der der Kläger seit September 2006 nicht mehr gewohnt hat, nachdem er im September 2007 seinem Vorbringen zufolge von der J.-straße in die G.-straße umgezogen war. Ein Prozessbeteiligter hat jedoch bei Änderung seines Aufenthaltsorts, insbesondere bei einem Umzug, dafür Sorge zu tragen, dass er für seinen Prozessbevollmächtigten erreichbar bleibt, insbesondere auch dann, wenn mit dem Erlass einer rechtsmittelfähigen Entscheidung zu rechnen ist (Bundesgerichtshof [BGH] NJW 2003, 903). Dass der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten den Umzug vor dem 28. März 2007 bzw. vor dem 12. oder 26. April 2007 oder vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, aber auch bereits vor dem 10. Mai 2007 mitgeteilt hat, ist aufgrund des Vorbringens, er meine sich zu erinnern, dass er seine neue Adresse in der Verwaltungsstelle der Prozessbevollmächtigten bekanntgegeben habe, nicht glaubhaft gemacht. Mithin hat der Kläger die Sorgfalt eines gewissenhaften Prozessführenden außer Acht gelassen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Kläger nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht in der Lage gewesen war, den Umzug vor dem 10. Mai bzw. 27. April 2007 bekannt zugeben. Selbst dann, wenn eine solche vorherige Bekanntgabe der neuen Anschrift in der G.-straße auf der Geschäftsstelle der Prozessbevollmächtigten vor Ablauf der Rechtsmittelfrist angenommen würde, müsste es dem Kläger als Verschulden der Prozessbevollmächtigten zugerechnet werden, dass dann deren Schreiben vom 28. März bzw. vom 12. April 2007 nicht an die neue Anschrift adressiert gewesen wären. In diesem Fall könnten sich der Kläger bzw. seine Prozessbevollmächtigten auch nicht damit exkulpieren, dass der Kläger geltend macht, an seinem Briefkasten an der (neuen) Wohnung sei häufig das Namensschild abgerissen worden bzw. es seien Briefe aus diesem Briefkasten verschwunden, weswegen er am 12. April 2007 Strafanzeige erstattet und später ein Postfach eingerichtet habe. Denn aufgrund dieses Vorbringens ergäbe sich dann schon nicht konkret, dass ihn auch die nicht an die neue Anschrift gerichteten Schreiben vom 28. März bzw. vom 12. April 2007 dann dort ebenfalls nicht hätten erreichen können. Darauf, ob die Prozessbevollmächtigten des Klägers angesichts des Umstands, dass ihnen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. konkret am 26. April 2007, also vorher, bekannt war, dass dem Kläger die Schreiben vom 28. März und 12. April 2007 tatsächlich nicht zugegangen waren, des Weiteren verpflichtet gewesen sein könnten, hier aufgrund der schriftlichen Prozessvollmacht, die für alle Instanzen galt und auch die Einlegung von Rechtsmitteln umfasste, zur Fristwahrung noch Berufung einzulegen, um sich danach um die Ermittlung der neuen Anschrift und eine tatsächliche Kontaktaufnahme mit dem umgezogenen Kläger zu bemühen, kommt es nicht an.
Danach war die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der am 1962 geborene Kläger erstrebt die Zahlung von Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Weiterzahlung über den 31. Dezember 2004 hinaus).
Aufgrund eines im beim Sozialgericht Stuttgart (SG) anhängig gewesenen Rechtsstreits (S 5 RJ 2684/00 abgegebenen (angenommenen) Anerkenntnisses vom 17. Juli 2001 hatte die frühere Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (jetzt Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg, im Folgenden einheitlich als Beklagte bezeichnet) dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 01. November 1999 bis 31. Oktober 2002 bewilligt. Die Zeitrente wurde dann aufgrund eines am 10. November 2003 im Verfahren S 5 RJ 1848/03 geschlossenen Vergleichs bis zum 31. Dezember 2004 verlängert. Den am 23. August 2004 gestellten Antrag des Klägers auf erneute Weiterzahlung dieser Rente lehnte die Beklagte nach Erhebung eines nervenärztlichen Gutachtens mit Bescheid vom 08. Februar 2005 ab. Der dagegen vom Kläger eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2005).
Dagegen erhob der Kläger am 25. Mai 2005 zur Niederschrift der Geschäftsstelle des SG Klage. Er gab dabei seine Anschrift mit H.-weg , S., an. Nach Erhebung eines nervenärztlichen Sachverständigengutachtens von Amts wegen bei Dr. H. vom 16. September 2005 meldeten sich im Klageverfahren am 15. November 2005 mittels Vollmachtsvorlage seine Prozessbevollmächtigten, die am 24. April 2006 mitteilten, die neue Anschrift des Klägers sei J.-straße, S ... Nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erhob das SG dann noch das am 08. August 2006 erstattete nervenärztliche Sachverständigengutachten des Prof. Dr. T ... Nach der Aufforderung an die Klägervertreter um Überprüfung der Erfolgsaussichten der Klage (Verfügung vom 05. September 2006) ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 14. September 2006 erklären, dass er nicht bereit sei, seine Klage zurückzunehmen; er bat um eine Entscheidung. Nach einer weiteren Gerichtsverfügung vom 17. November 2006 und dem Hinweis auf eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG (Verfügung vom 31. Januar 2007) ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 01. Februar 2007 erklären, er sei mit einer Entscheidung nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung einverstanden. Danach wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23. März 2007 ab. Der Kläger sei ab 01. Januar 2005 weder erwerbs- oder berufsunfähig noch erwerbsgemindert. Der Gerichtsbescheid wurde den Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis am 27. März 2007 zugestellt.
Am 10. Mai 2007 hat der Kläger, der seine Anschrift nun mit G.-straße , S., angegeben hat, gegen den Gerichtsbescheid zur Niederschrift des Urkundsbeamten Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er macht geltend, der Gerichtsbescheid sei ihm heute (10. Mai 2007) bei der Vorsprache bei seinen Prozessbevollmächtigten ausgehändigt worden. An seinem Briefkasten werde häufig das Namensschild abgerissen. Er nehme an, dass dadurch die Übermittlung des Gerichtsbescheids über die Post gescheitert sei. Er begehrt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Einlegung der Berufung. Dazu lässt er weiter vortragen, zum Zeitpunkt seines Rechtsschutzantrags für das Klageverfahren habe er in der H.-straße gewohnt. Am 06. März 2006 sei er dann in die J.-straße umgezogen, wovon seine Prozessbevollmächtigten am 21. April 2006 Kenntnis erlangt hätten, weshalb diese Anschriftenänderung auch seinerzeit dem SG mit Schreiben vom 24. April 2006 bekannt gegeben worden sei. An diese Adresse hätten seine Prozessbevollmächtigten auch Schreiben vom 08. September 2006, auf das er mit Schreiben vom 14. September 2006 reagiert habe, sowie ein Schreiben des Gerichts vom 17. November 2006 gerichtet. Im September 2006 sei er dann in die G.-straße umgezogen, ohne einen Nachsendeantrag gestellt zu haben. Er meine sich daran zu erinnern, dass er diese neue Adresse seinen Prozessbevollmächtigten bekanntgegeben habe. Seine Prozessbevollmächtigten hätten den Gerichtsbescheid des SG mit dem vorgelegten Anschreiben vom 28. März 2007, das u.a. den Hinweis auf den Ablauf der Frist für die Berufungseinlegung am 27. April 2007 mit der Maßgabe enthalten, die Absicht zur eventuellen Durchführung der Berufung bis zum 05. April 2007 bekanntzugeben, an ihn am 28. März 2007 mit Einwurf-Einschreiben an die Adresse J.-straße zur Post gegeben. Diese Postsendung sei am 12. April 2007 mit dem Hinweis zurückgegeben worden, dass er zwar am 29. März 2007 benachrichtigt worden sei, das Schreiben jedoch nicht abgeholt habe. Daraufhin hätten seine Prozessbevollmächtigten das genannte Schreiben vom 28. März 2007 mit dem Gerichtsbescheid an ihn nochmals mit der Adresse J.-straße am 12. April 2007 mit Normalpost abgesendet. Auch dieses Schreiben sei jedoch am 26. April 2007 mit der Bemerkung zurückgesandt worden, dass er unbekannt verzogen gewesen sei. Er habe den Gerichtsbescheid am 10. Mai 2007 persönlich bei seinen Prozessbevollmächtigten bei einer Vorsprache abgeholt. Am 12. April 2007 habe er Anzeige beim Polizeirevier Glemsgaustraße 27 erstattet, weil Briefe aus seinem Briefkasten in der G.-straße verschwunden gewesen seien. Nachdem im Übrigen auch Schreiben an die Adresse G.-straße von der Post mit der Bemerkung, dass er unter der angegebenen Anschrift nicht ermittelbar sei, zurückgesandt worden seien, habe er ein Postfach eingerichtet. Der Kläger hat verschiedene Unterlagen eingereicht, darunter auch neuere Befundberichte.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Bewilligung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Mai 2005 zu verurteilen, ihm ab 01. Januar 2005 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit und weiter hilfsweise wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor.
Der Berichterstatter des Senats hat die Beteiligten mit Schreiben vom 20. Dezember 2007 auf die Möglichkeit einer Verwerfung der Berufung durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG hingewiesen. Dazu haben die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 02. und 23. Januar 2008 erklärt, sie seien mit einer Entscheidung des Senats durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung nach § 158 Satz 2 SGG einverstanden.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Die Berufung des Klägers ist verfristet, d.h. nicht innerhalb der gesetzlichen Frist des § 151 SGG eingelegt worden. Da dem Kläger auch keine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung nach § 67 SGG zu gewähren war, war die Berufung als unzulässig zu verwerfen, ohne dass eine Sachprüfung der angegriffenen Entscheidung auch im Hinblick auf die vom Kläger nun eingereichten neueren Befundunterlagen erfolgen konnte. Im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens hat der Senat nach Anhörung der Beteiligten nach § 158 Satz 2 SGG, wonach bei Verfristung die Verwerfungsentscheidung durch Beschluss ergehen kann, durch Beschluss entschieden. Bei der Ermessensentscheidung hat der Senat auch berücksichtigt, dass die Beteiligten übereinstimmend einer solchen Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben.
Die Berufung ist am 10. Mai 2007 verspätet eingelegt worden. Die Berufung ist nach § 151 Abs. 1 SGG beim Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder, wie hier geschehen, zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Zustellung des Gerichtsbescheids an die Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen Empfangsbekenntnis nach § 63 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGG i.V.m. § 174 der Zivilprozessordnung (ZPO) am 27. März 2007 setzte die Berufungsfrist an diesem Tag nach § 64 Abs. 1 SGG in Lauf; die Frist endete nach § 64 Abs. 2 Satz 1 SGG am Dienstag, 27. April 2007. Damit war die Berufungsfrist am 10. Mai 2007 versäumt.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu bewilligen. Diese setzt nach § 67 Abs. 1 SGG voraus, dass jemand ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist als gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten. "Ohne Verschulden" setzt voraus, dass Beteiligte diejenige Sorgfalt verwendet hat, die einem gewissenhaften Prozessführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsauffassung zuzumuten ist. Die Versäumung der Verfahrensfrist muss auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt durch einen gewissenhaft und sachgerecht Prozessführenden nicht vermeidbar gewesen sein. Im Hinblick auf die notwendige Glaubhaftmachung der Tatsachen zur Begründung des Antrags nach § 67 Abs. 2 Satz 2 SGG, die eine überwiegende Wahrscheinlichkeit verlangt, genügt die bloße Möglichkeit einer unverschuldeten Fristversäumnis nicht. Dabei muss sich der Beteiligte Verschulden seines Prozessbevollmächtigten, einschließlich eines so genannten Verbandsvertreters nach § 73 Abs. 6 Satz 3 SGG als eigenes Verschulden zurechnen lassen (vgl. § 73 Abs. 4 Satz 1 SGG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO).
Dass den Kläger das Hinweisschreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 28. März bzw. 12. April 2007 mit dem Gerichtsbescheid nicht erreicht hat, liegt ersichtlich daran, dass es an die Anschrift gerichtet war, unter der der Kläger seit September 2006 nicht mehr gewohnt hat, nachdem er im September 2007 seinem Vorbringen zufolge von der J.-straße in die G.-straße umgezogen war. Ein Prozessbeteiligter hat jedoch bei Änderung seines Aufenthaltsorts, insbesondere bei einem Umzug, dafür Sorge zu tragen, dass er für seinen Prozessbevollmächtigten erreichbar bleibt, insbesondere auch dann, wenn mit dem Erlass einer rechtsmittelfähigen Entscheidung zu rechnen ist (Bundesgerichtshof [BGH] NJW 2003, 903). Dass der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten den Umzug vor dem 28. März 2007 bzw. vor dem 12. oder 26. April 2007 oder vor Ablauf der Rechtsmittelfrist, aber auch bereits vor dem 10. Mai 2007 mitgeteilt hat, ist aufgrund des Vorbringens, er meine sich zu erinnern, dass er seine neue Adresse in der Verwaltungsstelle der Prozessbevollmächtigten bekanntgegeben habe, nicht glaubhaft gemacht. Mithin hat der Kläger die Sorgfalt eines gewissenhaften Prozessführenden außer Acht gelassen. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass der Kläger nach seinen persönlichen Verhältnissen nicht in der Lage gewesen war, den Umzug vor dem 10. Mai bzw. 27. April 2007 bekannt zugeben. Selbst dann, wenn eine solche vorherige Bekanntgabe der neuen Anschrift in der G.-straße auf der Geschäftsstelle der Prozessbevollmächtigten vor Ablauf der Rechtsmittelfrist angenommen würde, müsste es dem Kläger als Verschulden der Prozessbevollmächtigten zugerechnet werden, dass dann deren Schreiben vom 28. März bzw. vom 12. April 2007 nicht an die neue Anschrift adressiert gewesen wären. In diesem Fall könnten sich der Kläger bzw. seine Prozessbevollmächtigten auch nicht damit exkulpieren, dass der Kläger geltend macht, an seinem Briefkasten an der (neuen) Wohnung sei häufig das Namensschild abgerissen worden bzw. es seien Briefe aus diesem Briefkasten verschwunden, weswegen er am 12. April 2007 Strafanzeige erstattet und später ein Postfach eingerichtet habe. Denn aufgrund dieses Vorbringens ergäbe sich dann schon nicht konkret, dass ihn auch die nicht an die neue Anschrift gerichteten Schreiben vom 28. März bzw. vom 12. April 2007 dann dort ebenfalls nicht hätten erreichen können. Darauf, ob die Prozessbevollmächtigten des Klägers angesichts des Umstands, dass ihnen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. konkret am 26. April 2007, also vorher, bekannt war, dass dem Kläger die Schreiben vom 28. März und 12. April 2007 tatsächlich nicht zugegangen waren, des Weiteren verpflichtet gewesen sein könnten, hier aufgrund der schriftlichen Prozessvollmacht, die für alle Instanzen galt und auch die Einlegung von Rechtsmitteln umfasste, zur Fristwahrung noch Berufung einzulegen, um sich danach um die Ermittlung der neuen Anschrift und eine tatsächliche Kontaktaufnahme mit dem umgezogenen Kläger zu bemühen, kommt es nicht an.
Danach war die Berufung als unzulässig zu verwerfen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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