Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 5633/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 3643/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.06.2007 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung und die Erstattung von Arbeitslosenhilfe im Streit.
Der 1961 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger und verheiratet. Er bezog Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung seines Anspruchs am 20.04.2003. Zuvor hatte er am 18.03.2003 die Gewährung von Anschluss-Arbeitslosenhilfe beantragt und angegeben, über keinerlei Vermögen zu verfügen. Er legte lediglich einen Girokontoauszug der S.-Bank Baden-Württemberg mit einem Saldo zum 18.03.2003 in Höhe von 54,81 EUR im Soll vor.
Der Kläger sicherte in seinem Antrag zu, dass seine Angaben zuträfen und dass er Änderungen unverzüglich anzeigen werde. Das Merkblatt 1 für Arbeitslose der Beklagten habe er erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen.
Die Beklagte bewilligte daraufhin antragsgemäß mit Bescheid vom 02.05.2003 Arbeitslosenhilfe ab dem 21.04.2003.
Im Jahr 2004 wurde der Beklagten durch das Bundesamt für Finanzen mitgeteilt, dass der Kläger und seine Frau einen Freistellungsauftrag erteilt hatten.
Mit Schreiben vom 25.02.2004 wurde der Kläger hierzu angehört und zur Vorlage von Nachweisen über seine Vermögensverhältnisse aufgefordert. Der Kläger wurde auf seine Mitwirkungspflichten hingewiesen, und es wurde ihm zum vollständigen Nachweis einer Übersicht über seine Finanzen eine Frist nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I bis zum 05.03.2004 gesetzt. Für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist stellte die Beklagte mit Hinweis auf § 66 SGB I den Leistungsentzug in Aussicht.
Der Kläger gab an, lediglich über ein Guthaben von 62,16 EUR auf dem bereits angegebenen Girokonto bei der S.-Bank Baden-Württemberg zu verfügen. Die S.-Bank Baden-Württemberg teilte hingegen am 22.03.2004 mit, dass der Kläger über ein Geldguthaben in Höhe von 16.092,02 EUR sowie ein Depotguthaben in Höhe von 5.112,92 EUR verfüge.
Mit Bescheid vom 15.04.2004 hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 01.04.2004 auf. Nach Abzug der Freibeträge für den Kläger und seine Ehefrau in Höhe von maximal 13.000,00 EUR liege ein anrechenbares Vermögen in Höhe von 6.004,94 EUR vor.
Mit Schreiben vom 15.04.2004 wurde der Kläger zusätzlich dazu angehört, dass er vom 21.04.2003 bis zum 31.03.2004 wegen der nicht mitgeteilten Vermögensposten Arbeitslosenhilfe zu Unrecht bezogen und zur Erstattung verpflichtet werden könne.
Der Kläger erklärte daraufhin bei einer persönlichen Vorsprache der Beklagten am 16.04.2004, das zusätzlich festgestellte Vermögen gehöre seinem Bruder. Dieser habe es ihm gegeben, weil er zurück in den Iran gegangen sei. Der Kläger wurde zur Vorlage von Nachweisen aufgefordert, dass das Geld seinem Bruder gehört habe bzw. eine frühere Geldanlage des Bruders sei. Eine schriftliche Bestätigung des Bruders selbst sei hierfür nicht ausreichend. Der Kläger erklärte er wolle sein Geld sofort seinem Bruder zurückgeben. Der Kläger legte ein Schreiben der Universität S. an seinen Bruder, Herrn Davoud Z., vom 28.05.2000 vor, wonach dieser zum Aufnahmetest für das Studienkolleg K. im Fach Technische Biologie (Diplom) zugelassen worden sei.
Mit seinem Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 15.04.2004 trug der Kläger vor, dass ihm das Geld von seinen Eltern aus dem Iran geschickt worden sei, um seinem Bruder das Studium zu finanzieren. Sein Bruder sei im Jahr 2000 in die BRD eingereist, um hier zu studieren. Er habe jedoch die Aufnahmeprüfung nicht geschafft. Das Geld sei von seinem Bruder in bar mitgebracht worden. Das Geld habe auf seinem Konto bleiben müssen, da sein Bruder sonst keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hätte. Eine Rückführung des Geldes an die Eltern würde zu Verlusten führen.
Am 29.04.2004 beantragte der Kläger erneut die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Er gab an, dass er zu seinen Vermögensverhältnissen keine Nachweise vorlegen wolle, da er hiezu in seinem Widerspruch bereits alle Angaben gemacht habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2004 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Nachweis erbracht, dass das zusätzlich festgestellte Geld nicht ihm gehöre.
Der Kläger hat deswegen am 16.08.2004 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) zu dem Aktenzeichen S 4 AL 5502/04 Klage erhoben (hierzu ist das parallele Berufungsverfahren des Klägers mit dem Aktenzeichen L 12 AL 3747/07 anhängig).
Mit Bescheid vom 11.08.2004 wurde dem Kläger die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach § 66 SGB I ab dem 29.04.2004 versagt, da dieser seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei.
Mit einem weiteren Bescheid vom 11.08.2004 wurde die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 21.04.2003 bis zum 31.03.2004 zurückgenommen und festgestellt, dass der Kläger zur Erstattung zu Unrecht gezahlter Leistungen in Höhe von 15.171,27 EUR verpflichtet sei, da er falsche Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht habe, welche erst zu der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe geführt hätten.
Seinen Widerspruch gegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe und seine Verpflichtung zur Erstattung der Leistung begründete der Kläger mit einem Verweis auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 15.04.2004.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2004 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11.08.2004 wegen der Rücknahme der Bewilligung und der Verpflichtung zur Erstattung von Arbeitslosenhilfe als unbegründet zurückgewiesen, da die angefochtene Entscheidung den gesetzlichen Bestimmungen entspreche.
Hiergegen hat der Kläger am 23.08.2004 Klage zum SG unter dem Aktenzeichen S 4 AL 5633/04 erhoben.
Mit weiterem Bescheid vom 13.10.2004 versagte die Beklagte ab 29.04.2004 erneut die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe wegen fehlender Mitwirkung des Klägers.
Der Kläger legte dem SG eine Erklärung seines Bruders Davoud vor, wonach der Kläger ihn in Deutschland finanziell unterstützt habe. Er habe für seinen Lebensunterhalt und sein Studium in Deutschland eine Finanzierungsgarantie benötigt, die ihm sein Bruder gegeben habe, woraufhin er ihm den Studienaufenthalt gezahlt und ihn finanziell unterstützt habe. Diesen Geldbetrag habe er zuvor über einen seiner Freunde seinem Bruder nach Deutschland geschickt. Sein Bruder habe dann bei der S.-Bank in S. ein Konto für sich selbst eingerichtet und das Geld hierauf überwiesen. Den Betrag habe er inzwischen von seinem Bruder zurückerhalten. Ein Datum trägt die Erklärung nicht. Der Kläger gab vor dem SG weiter an, dass sein Bruder sich insgesamt nur drei Monate in Deutschland aufgehalten habe und sich derzeit wieder im Iran befinde.
Mit Urteil vom 15.06.2007 hat das SG die Klage zu dem Aktenzeichen S 4 AL 5633/04 als unbegründet abgewiesen. Rechtsgrundlage der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom 21.04.2003 bis zum 31.03.2004 sei § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X i. V. m.§ 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Rechtsgrundlage der daran anknüpfenden Rückforderung der überzahlten Arbeitslosenhilfe sei § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X und die erbrachten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III. Die ursprüngliche Bewilligung von Arbeitslosenhilfe sei rechtswidrig gewesen, da der Kläger nach den Vorschriften der § 190 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 193 Abs. 2 SGB SGB III i. d. F. des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.03.1997 nicht bedürftig gewesen sei. Die Berücksichtigung von Vermögen beurteile sich für den Aufhebungszeitraum nach der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) i. d. F. des Art. 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I 4607). Danach ist Vermögen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert dieses Vermögens den Freibetrag von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners, höchstens 13.000,00 EUR, übersteigt, § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 AlhiV. Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum über ein Vermögen in Höhe von 21.204,94 EUR verfügt, was sich aus der Mitteilung der S.-Bank Baden-Württemberg vom 22.03.2004 ergebe. Trotz des Vortrags des Klägers, es habe sich um Geld seines Bruders gehandelt, handele es sich indes um Vermögen des Klägers selbst. Zwar würde es sich bei der Richtigkeit der klägerischen Angaben um einen Treuhandvertrag zwischen dem Kläger als Treuhänder und dessen Bruder als Treugeber handeln, was grundsätzlich möglich sei (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 13.09.2006 – B 11a AL 13/06 R). Die von dem Kläger behauptete Treuhandvereinbarung mit seinem Bruder sei jedoch nicht nachgewiesen. Vielmehr gehe die Kammer davon aus, dass es sich um eine Schutzbehauptung des Klägers handele. Der Kläger habe durch seine zunächst unterbliebenen Angaben im Zusammenhang mit den Antragstellungen vom 29.09.2003 und 29.04.2004 eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts unmöglich gemacht. Er habe sogar unvollständige oder gar falsche Angaben gemacht, indem er in seinem Antrag vom September 2003 einen Kontoauszug über ein Soll von 54,81 EUR und auf Anfrage der Beklagten im März 2004 einen Kontoauszug über ein Haben von 62,16 EUR vorgelegt habe, obwohl sein Bruder in seinem im Klageverfahren vorgelegten Schreiben behauptet habe, das Konto sei vom 28.06.2000 bis zum 28.06.2004 eingerichtet gewesen. Diesen Widerspruch habe der Kläger nicht aufzulösen vermocht. Eine weitere Ungereimtheit des klägerischen Vorbringens liege darin, dass der Kläger bei Einlegung seines Widerspruchs im April 2004 ausgeführt habe, sein Bruder habe die Prüfung für die Aufnahme des Studiums nicht bestanden, während sein Bruder in seinem im Klageverfahren vorgelegten Schreiben angegeben habe, während seines Studiums vom Kläger unterstützt worden zu sein. Für den Fall, dass ein Studium nicht zustande gekommen sein sollte – wovon in Ermangelung anderer Nachweise ausgegangen werde – habe der Kläger nicht plausibel begründen können, warum eine Rückzahlung erst im Juni 2004 erfolgt sein solle, obwohl der Aufnahmetest bereits im Jahre 2000 geplant gewesen sei. Da sich in Bezug auf die vorgetragene Treuhandvereinbarung nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen ließen, komme es auf die objektive Beweislast an. Vorliegend sei eine Umkehr der der Beklagten obliegenden Beweislast gerechtfertigt, da in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien (unter Berufung auf BSG, Urteil vom 13.09.2006 – B 11a AL 13/06 R) und er trotz Aufforderung nähere Unterlagen (u. a. Kontoauszüge, Nachweise über Kontobewegungen und Herkunft der Geldbeträge) nicht vorgelegt habe. Mithin treffe vorliegend die Nichterweislichkeit, dass es sich nicht um Vermögen des Klägers handele, den Kläger. Die Beklagte habe danach den Bewilligungsbescheid aufheben können, da er auf unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers i. S. d. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X beruht habe und dieser keinen Vertrauensschutz genieße. Da auch die Fristen des § 45 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten seien, sei der angefochtene Bescheid über die Erstattung von Leistungen vom 11.08.2004 rechtmäßig. Auch der Versagungsbescheid vom 11.08.2004 über die Bewilligung zukünftiger Leistungen sei rechtsmäßig, da die Beklagte sich insoweit zu Recht auf die §§ 60 bis 62 und 65 SGB I gestützt habe. Es sei bereits dargelegt worden, dass der Kläger die erforderlichen Nachweise für das Vorliegen eines Treuhandkontos nicht erbracht habe. Zwar erfülle der Bescheid vom 11.08.2004 insoweit nicht die Erfordernisse des § 66 Abs. 1 und 3 SGB I, und es fehle an einer Ermessensentscheidung. Da jedoch in diesem Schreiben ein solcher Hinweis zu sehen sei, sei der gem. § 96 SGG zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordene Versagungsbescheid vom 13.10.2004, in welchem die Beklagte ausreichende Ermessenserwägungen getätigt habe, rechtmäßig. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehe danach nicht. Das Urteil des SG wurde dem Kläger am 25.06.2007 zugestellt.
Der Kläger hat am 23.07.2007 beim SG Berufung eingelegt. Das SG habe ihm nicht geglaubt, dass das Vermögen nicht ihm gehört habe, sondern für das Studium seines Bruders vorgesehen gewesen sei. Die Geldanlage sei für die Zeit vom "28.04.2000 bis 2004" festgelegt worden, und in dieser Zeit seien Kontobewegungen nicht erfolgt. Das Geld sei nach Ablauf der Geldanlage im Jahr 2004 zurückbezahlt worden. Der Kläger legte nunmehr ein Schreiben der S.-Bank vor, wonach eine Laufzeit vom 28.04.2000 bis zum 28.06.2004 vorgelegen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.06.2007 sowie die Bescheide vom 11.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2004 aufzuheben und den Bescheid vom 13.10.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz zulässige Berufung ist nicht begründet.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 11.08.2004 über die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 21.04.2003 bis zum 31.03.2004 sowie über die Versagung von Arbeitslosenhilfe ab dem 29.04.2004, wobei der Folgebescheid vom 13.10.2004 hierzu nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Nach § 190 Abs. 1 SGB III in der vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, 3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, 4. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, und 5. bedürftig sind.
Vorliegend ist insoweit allein fraglich, ob der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt bedürftig im Sinne von § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III war.
Nach § 193 Abs. 1 SGB III in der vom 01.08.2001 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht.
Nach Abs. 2 der Vorschrift ist ein Arbeitsloser hingegen nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist.
Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen dies im Einzelnen der Fall ist, konkretisieren die aufgrund der Ermächtigung in § 206 Nr. 1 SGB III erlassenen Vorschriften der Arbeitslosenhilfeverordnung 2002 (AlhiVO 2002) vom 13.12.2001 (BGBl. I S. 3734), die hier in der am 01.01.2003 in Kraft getretenen Fassung anzuwenden ist, die sie durch Art. 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) erhalten hat. Gemäß § 1 Abs. 1 AlhiVO 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Partner), zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift ist Freibetrag ein Betrag von 200,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners. Dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 Euro nicht übersteigen. Der in Absatz 1 ermittelte Betrag mindert sich zu Beginn eines neuen Bewilligungsabschnitts in Höhe 1. des durch die Bescheinigung des Vorjahres nach § 92 Nr. 5 des Einkommenssteuergesetzes nachgewiesenen Altersvorsorgevermögens, 2. der nach Abs. 3 Nr. 4 für die Alterssicherung bestimmten Sachen und Rechte, höchstens jedoch in der Höhe, dass ein Betrag von jeweils 4.100,00 Euro nicht unterschritten wird.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist als Vermögen im Sinne der Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe der gesamte Bestand an Sachen oder Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten anzusehen (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 3; SozR 3 4220 § 6 Nr. 8 und 9).
Das SG hat in überzeugender Weise dargelegt, dass der Kläger auf das bei der S.-Bank angelegte Guthaben zurückgreifen konnte, und dass überzeugende Anhaltspunkte für ein Treuhandverhältnis zugunsten seines Bruders Davoud nicht vorliegen.
Zusätzlich zu den Ausführungen des SG, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt, ist darauf hinzuweisen, dass auch der weitere Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren keine abweichende Beurteilung tragen kann.
Sofern der Kläger vorträgt, das Vermögen bei der S.-Bank sei fest angelegt gewesen, weswegen eine frühere Verwertung nur unter Verlusten möglich gewesen sei, hat er seinem bisherigen unschlüssigen Vortrag einen neuen inneren Widerspruch zugefügt. Denn wenn das Geld im Jahr 2000 tatsächlich von einem Dritten an den Kläger überwiesen wurde, um das Studium des Bruders zu finanzieren, hätte eine feste Anlage des Geldes für vier Jahre nicht nahe gelegen, weil das Geld zum laufenden Unterhalt des Bruders benötigt wurde.
Der Kläger muss sich daher an dem von ihm durch die Errichtung des Guthabenkontos erzeugten Rechtsschein festhalten lassen, dass er der Inhaber des Guthabens bei der S.-Bank ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 10/06 R - = SGb 2007, 610; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Dezember 2004 - L 5 AL 834/04 -; LSG für das Saarland, Urteil vom 4. November 2003 - L 6 AL 13/01 -; LSG für das Land Brandenburg, Urteil vom 27. Juni 2003 - L 10 AL 4/02 -; Hessisches LSG, Urteil vom 9. Mai 2001 - L 6 AL 432/00 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. März 1999 - L 3 AL 2374/96 -; alle veröffentlicht in juris). Dem Kläger wurde ausreichende Gelegenheit gegeben, die Herkunft des Geldes in geeigneter Form zu belegen, etwa durch einen Überweisungsträger als Beleg für die Herkunft des Geldes von einem Dritten, oder andere geeignete Nachweise.
Der Kläger hat insoweit aber einzig und alleine die Erklärung seines Bruders Davoud vorgelegt, welche nicht geeignet ist, Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des SG zu begründen. Denn in der Erklärung des Bruders ist mehrfach davon die Rede, dass der Kläger den Bruder während seines kurzen Aufenthalts in Deutschland finanziell unterstützt hat, was aber gerade nicht erforderlich gewesen wäre, wenn es sich bei dem streitigen Vermögen um Geld des Bruders gehandelt hätte.
Schließlich hat der Kläger auch im Berufungsverfahren keine Klarheit hinsichtlich seiner früheren widersprüchlichen Angaben geschaffen. Insoweit wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23.08.2007 verwiesen, in welchem diese Widersprüche deutlich herausgestellt werden. Nach den verschiedenen Versionen des Klägers ist das Vermögen einmal das Geld seines Bruders, dann wieder Geld beider Eltern. An anderer Stelle (Bl. 102 der Verwaltungsakte) wiederum wird der Eindruck erweckt, der Bruder habe dem Kläger das Geld überlassen, weil es für den Bruder nach der Rückkehr in den Iran nicht mehr in Deutschland benötigt wurde. Andererseits trägt der Kläger auch vor, dass das Geld inzwischen dem Bruder zurückgegeben worden sei.
Abgesehen davon, dass der Kläger auch die Rückgabe des Geldes an den Bruder nicht belegt hat, kommt es hierauf für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht an, denn die angegriffene Entscheidung betrifft die Rücknahme der Bewilligung lediglich bis März 2004, wohingegen der Kläger eingeräumt hat, dass Geld im April 2004 noch besessen zu haben (vgl. Bl. 102 der Verwaltungsakte).
Das somit dem Kläger zuzurechnende Guthaben bei der S.-Bank in Höhe von 21.204,94 EUR schloss die Bedürftigkeit des Klägers im Sinne der obengenannten Vorschriften über die Gewährung von Arbeitslosenhilfe aus. Dem Kläger steht nach § 1 Abs. 2 AlhiVO 2002 in der in den Jahren 2002 bis 2004 geltenden Fassung für jedes Lebensjahr ein Freibetrag von 200 Euro zu, mithin ein Betrag von 8.200 Euro (Jahr 2002) bis 8.600 Euro (Jahr 2004); seiner 1969 geborenen Ehefrau standen entsprechende Freibeträge von 6.600 (Jahr 2002) bis 7.000 Euro (Jahr 2004) zu. Die Summe der beiden Freibeträge wird immer noch von dem bei der S.-Bank angelegten Vermögen von 16.092,02 Euro (Geldguthaben) und 5.112,92 Euro (Depotguthaben) übertroffen, weswegen der übersteigende Geldbetrag die Bedürftigkeit des Klägers ausschloss. Für den Leistungsbezug in den Jahren 2000 und 2001 gilt nach der AlhiVO 1974 (in der Fassung des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000, BGBl I S. 1983) das Gleiche, weil hier noch der wesentlich niedrigere Freibetrag von 8.000 DM je Ehepartner galt.
Da der Kläger das Vermögen verschwiegen hat, welches zum Ausschluss von der Leistungsgewährung geführt hätte, war die Beklagte entsprechend den Ausführungen des SG nach § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X i. V. m.§ 330 Abs. 2 SGB III in Verbindung mit § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X und § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 zur Rücknahme der Bewilligung und Feststellung der Erstattungspflicht des Klägers verpflichtet.
Da der Kläger somit auch noch nach dem 31.03.2004 Vermögen über dem ihm und seiner Ehefrau zustehenden Freibetrag hatte, war entsprechend den Ausführungen des SG, denen der Senat sich auch insoweit anschließt, auch die Leistungsversagung mittels der Bescheide vom 11.08.2004 und vom 13.10.2004 ab dem 29.04.2004 rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung und die Erstattung von Arbeitslosenhilfe im Streit.
Der 1961 geborene Kläger ist iranischer Staatsangehöriger und verheiratet. Er bezog Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung seines Anspruchs am 20.04.2003. Zuvor hatte er am 18.03.2003 die Gewährung von Anschluss-Arbeitslosenhilfe beantragt und angegeben, über keinerlei Vermögen zu verfügen. Er legte lediglich einen Girokontoauszug der S.-Bank Baden-Württemberg mit einem Saldo zum 18.03.2003 in Höhe von 54,81 EUR im Soll vor.
Der Kläger sicherte in seinem Antrag zu, dass seine Angaben zuträfen und dass er Änderungen unverzüglich anzeigen werde. Das Merkblatt 1 für Arbeitslose der Beklagten habe er erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen.
Die Beklagte bewilligte daraufhin antragsgemäß mit Bescheid vom 02.05.2003 Arbeitslosenhilfe ab dem 21.04.2003.
Im Jahr 2004 wurde der Beklagten durch das Bundesamt für Finanzen mitgeteilt, dass der Kläger und seine Frau einen Freistellungsauftrag erteilt hatten.
Mit Schreiben vom 25.02.2004 wurde der Kläger hierzu angehört und zur Vorlage von Nachweisen über seine Vermögensverhältnisse aufgefordert. Der Kläger wurde auf seine Mitwirkungspflichten hingewiesen, und es wurde ihm zum vollständigen Nachweis einer Übersicht über seine Finanzen eine Frist nach § 60 Abs. 1 Nr. 3 SGB I bis zum 05.03.2004 gesetzt. Für den Fall des fruchtlosen Ablaufs der Frist stellte die Beklagte mit Hinweis auf § 66 SGB I den Leistungsentzug in Aussicht.
Der Kläger gab an, lediglich über ein Guthaben von 62,16 EUR auf dem bereits angegebenen Girokonto bei der S.-Bank Baden-Württemberg zu verfügen. Die S.-Bank Baden-Württemberg teilte hingegen am 22.03.2004 mit, dass der Kläger über ein Geldguthaben in Höhe von 16.092,02 EUR sowie ein Depotguthaben in Höhe von 5.112,92 EUR verfüge.
Mit Bescheid vom 15.04.2004 hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab dem 01.04.2004 auf. Nach Abzug der Freibeträge für den Kläger und seine Ehefrau in Höhe von maximal 13.000,00 EUR liege ein anrechenbares Vermögen in Höhe von 6.004,94 EUR vor.
Mit Schreiben vom 15.04.2004 wurde der Kläger zusätzlich dazu angehört, dass er vom 21.04.2003 bis zum 31.03.2004 wegen der nicht mitgeteilten Vermögensposten Arbeitslosenhilfe zu Unrecht bezogen und zur Erstattung verpflichtet werden könne.
Der Kläger erklärte daraufhin bei einer persönlichen Vorsprache der Beklagten am 16.04.2004, das zusätzlich festgestellte Vermögen gehöre seinem Bruder. Dieser habe es ihm gegeben, weil er zurück in den Iran gegangen sei. Der Kläger wurde zur Vorlage von Nachweisen aufgefordert, dass das Geld seinem Bruder gehört habe bzw. eine frühere Geldanlage des Bruders sei. Eine schriftliche Bestätigung des Bruders selbst sei hierfür nicht ausreichend. Der Kläger erklärte er wolle sein Geld sofort seinem Bruder zurückgeben. Der Kläger legte ein Schreiben der Universität S. an seinen Bruder, Herrn Davoud Z., vom 28.05.2000 vor, wonach dieser zum Aufnahmetest für das Studienkolleg K. im Fach Technische Biologie (Diplom) zugelassen worden sei.
Mit seinem Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 15.04.2004 trug der Kläger vor, dass ihm das Geld von seinen Eltern aus dem Iran geschickt worden sei, um seinem Bruder das Studium zu finanzieren. Sein Bruder sei im Jahr 2000 in die BRD eingereist, um hier zu studieren. Er habe jedoch die Aufnahmeprüfung nicht geschafft. Das Geld sei von seinem Bruder in bar mitgebracht worden. Das Geld habe auf seinem Konto bleiben müssen, da sein Bruder sonst keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten hätte. Eine Rückführung des Geldes an die Eltern würde zu Verlusten führen.
Am 29.04.2004 beantragte der Kläger erneut die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe. Er gab an, dass er zu seinen Vermögensverhältnissen keine Nachweise vorlegen wolle, da er hiezu in seinem Widerspruch bereits alle Angaben gemacht habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2004 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Nachweis erbracht, dass das zusätzlich festgestellte Geld nicht ihm gehöre.
Der Kläger hat deswegen am 16.08.2004 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) zu dem Aktenzeichen S 4 AL 5502/04 Klage erhoben (hierzu ist das parallele Berufungsverfahren des Klägers mit dem Aktenzeichen L 12 AL 3747/07 anhängig).
Mit Bescheid vom 11.08.2004 wurde dem Kläger die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nach § 66 SGB I ab dem 29.04.2004 versagt, da dieser seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei.
Mit einem weiteren Bescheid vom 11.08.2004 wurde die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 21.04.2003 bis zum 31.03.2004 zurückgenommen und festgestellt, dass der Kläger zur Erstattung zu Unrecht gezahlter Leistungen in Höhe von 15.171,27 EUR verpflichtet sei, da er falsche Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen gemacht habe, welche erst zu der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe geführt hätten.
Seinen Widerspruch gegen die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe und seine Verpflichtung zur Erstattung der Leistung begründete der Kläger mit einem Verweis auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 15.04.2004.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2004 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 11.08.2004 wegen der Rücknahme der Bewilligung und der Verpflichtung zur Erstattung von Arbeitslosenhilfe als unbegründet zurückgewiesen, da die angefochtene Entscheidung den gesetzlichen Bestimmungen entspreche.
Hiergegen hat der Kläger am 23.08.2004 Klage zum SG unter dem Aktenzeichen S 4 AL 5633/04 erhoben.
Mit weiterem Bescheid vom 13.10.2004 versagte die Beklagte ab 29.04.2004 erneut die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe wegen fehlender Mitwirkung des Klägers.
Der Kläger legte dem SG eine Erklärung seines Bruders Davoud vor, wonach der Kläger ihn in Deutschland finanziell unterstützt habe. Er habe für seinen Lebensunterhalt und sein Studium in Deutschland eine Finanzierungsgarantie benötigt, die ihm sein Bruder gegeben habe, woraufhin er ihm den Studienaufenthalt gezahlt und ihn finanziell unterstützt habe. Diesen Geldbetrag habe er zuvor über einen seiner Freunde seinem Bruder nach Deutschland geschickt. Sein Bruder habe dann bei der S.-Bank in S. ein Konto für sich selbst eingerichtet und das Geld hierauf überwiesen. Den Betrag habe er inzwischen von seinem Bruder zurückerhalten. Ein Datum trägt die Erklärung nicht. Der Kläger gab vor dem SG weiter an, dass sein Bruder sich insgesamt nur drei Monate in Deutschland aufgehalten habe und sich derzeit wieder im Iran befinde.
Mit Urteil vom 15.06.2007 hat das SG die Klage zu dem Aktenzeichen S 4 AL 5633/04 als unbegründet abgewiesen. Rechtsgrundlage der rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe vom 21.04.2003 bis zum 31.03.2004 sei § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X i. V. m.§ 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Rechtsgrundlage der daran anknüpfenden Rückforderung der überzahlten Arbeitslosenhilfe sei § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X und die erbrachten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III. Die ursprüngliche Bewilligung von Arbeitslosenhilfe sei rechtswidrig gewesen, da der Kläger nach den Vorschriften der § 190 Abs. 1 Nr. 5 i. V. m. § 193 Abs. 2 SGB SGB III i. d. F. des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.03.1997 nicht bedürftig gewesen sei. Die Berücksichtigung von Vermögen beurteile sich für den Aufhebungszeitraum nach der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) i. d. F. des Art. 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I 4607). Danach ist Vermögen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert dieses Vermögens den Freibetrag von 200,00 EUR je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners, höchstens 13.000,00 EUR, übersteigt, § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 AlhiV. Der Kläger habe im streitgegenständlichen Zeitraum über ein Vermögen in Höhe von 21.204,94 EUR verfügt, was sich aus der Mitteilung der S.-Bank Baden-Württemberg vom 22.03.2004 ergebe. Trotz des Vortrags des Klägers, es habe sich um Geld seines Bruders gehandelt, handele es sich indes um Vermögen des Klägers selbst. Zwar würde es sich bei der Richtigkeit der klägerischen Angaben um einen Treuhandvertrag zwischen dem Kläger als Treuhänder und dessen Bruder als Treugeber handeln, was grundsätzlich möglich sei (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 13.09.2006 – B 11a AL 13/06 R). Die von dem Kläger behauptete Treuhandvereinbarung mit seinem Bruder sei jedoch nicht nachgewiesen. Vielmehr gehe die Kammer davon aus, dass es sich um eine Schutzbehauptung des Klägers handele. Der Kläger habe durch seine zunächst unterbliebenen Angaben im Zusammenhang mit den Antragstellungen vom 29.09.2003 und 29.04.2004 eine zeitnahe Aufklärung des Sachverhalts unmöglich gemacht. Er habe sogar unvollständige oder gar falsche Angaben gemacht, indem er in seinem Antrag vom September 2003 einen Kontoauszug über ein Soll von 54,81 EUR und auf Anfrage der Beklagten im März 2004 einen Kontoauszug über ein Haben von 62,16 EUR vorgelegt habe, obwohl sein Bruder in seinem im Klageverfahren vorgelegten Schreiben behauptet habe, das Konto sei vom 28.06.2000 bis zum 28.06.2004 eingerichtet gewesen. Diesen Widerspruch habe der Kläger nicht aufzulösen vermocht. Eine weitere Ungereimtheit des klägerischen Vorbringens liege darin, dass der Kläger bei Einlegung seines Widerspruchs im April 2004 ausgeführt habe, sein Bruder habe die Prüfung für die Aufnahme des Studiums nicht bestanden, während sein Bruder in seinem im Klageverfahren vorgelegten Schreiben angegeben habe, während seines Studiums vom Kläger unterstützt worden zu sein. Für den Fall, dass ein Studium nicht zustande gekommen sein sollte – wovon in Ermangelung anderer Nachweise ausgegangen werde – habe der Kläger nicht plausibel begründen können, warum eine Rückzahlung erst im Juni 2004 erfolgt sein solle, obwohl der Aufnahmetest bereits im Jahre 2000 geplant gewesen sei. Da sich in Bezug auf die vorgetragene Treuhandvereinbarung nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu gewinnenden Überzeugung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) entscheidungserhebliche Tatsachen nicht feststellen ließen, komme es auf die objektive Beweislast an. Vorliegend sei eine Umkehr der der Beklagten obliegenden Beweislast gerechtfertigt, da in der Sphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien (unter Berufung auf BSG, Urteil vom 13.09.2006 – B 11a AL 13/06 R) und er trotz Aufforderung nähere Unterlagen (u. a. Kontoauszüge, Nachweise über Kontobewegungen und Herkunft der Geldbeträge) nicht vorgelegt habe. Mithin treffe vorliegend die Nichterweislichkeit, dass es sich nicht um Vermögen des Klägers handele, den Kläger. Die Beklagte habe danach den Bewilligungsbescheid aufheben können, da er auf unrichtigen bzw. unvollständigen Angaben des Klägers i. S. d. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X beruht habe und dieser keinen Vertrauensschutz genieße. Da auch die Fristen des § 45 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 2 SGB X eingehalten seien, sei der angefochtene Bescheid über die Erstattung von Leistungen vom 11.08.2004 rechtmäßig. Auch der Versagungsbescheid vom 11.08.2004 über die Bewilligung zukünftiger Leistungen sei rechtsmäßig, da die Beklagte sich insoweit zu Recht auf die §§ 60 bis 62 und 65 SGB I gestützt habe. Es sei bereits dargelegt worden, dass der Kläger die erforderlichen Nachweise für das Vorliegen eines Treuhandkontos nicht erbracht habe. Zwar erfülle der Bescheid vom 11.08.2004 insoweit nicht die Erfordernisse des § 66 Abs. 1 und 3 SGB I, und es fehle an einer Ermessensentscheidung. Da jedoch in diesem Schreiben ein solcher Hinweis zu sehen sei, sei der gem. § 96 SGG zum Gegenstand des Klageverfahrens gewordene Versagungsbescheid vom 13.10.2004, in welchem die Beklagte ausreichende Ermessenserwägungen getätigt habe, rechtmäßig. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehe danach nicht. Das Urteil des SG wurde dem Kläger am 25.06.2007 zugestellt.
Der Kläger hat am 23.07.2007 beim SG Berufung eingelegt. Das SG habe ihm nicht geglaubt, dass das Vermögen nicht ihm gehört habe, sondern für das Studium seines Bruders vorgesehen gewesen sei. Die Geldanlage sei für die Zeit vom "28.04.2000 bis 2004" festgelegt worden, und in dieser Zeit seien Kontobewegungen nicht erfolgt. Das Geld sei nach Ablauf der Geldanlage im Jahr 2004 zurückbezahlt worden. Der Kläger legte nunmehr ein Schreiben der S.-Bank vor, wonach eine Laufzeit vom 28.04.2000 bis zum 28.06.2004 vorgelegen habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 15.06.2007 sowie die Bescheide vom 11.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2004 aufzuheben und den Bescheid vom 13.10.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosenhilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz zulässige Berufung ist nicht begründet.
Streitgegenstand sind die Bescheide vom 11.08.2004 über die Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 21.04.2003 bis zum 31.03.2004 sowie über die Versagung von Arbeitslosenhilfe ab dem 29.04.2004, wobei der Folgebescheid vom 13.10.2004 hierzu nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist.
Nach § 190 Abs. 1 SGB III in der vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, die 1. arbeitslos sind, 2. sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet haben, 3. einen Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht haben, weil sie die Anwartschaftszeit nicht erfüllt haben, 4. in der Vorfrist Arbeitslosengeld bezogen haben, ohne dass der Anspruch wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 24 Wochen erloschen ist, und 5. bedürftig sind.
Vorliegend ist insoweit allein fraglich, ob der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt bedürftig im Sinne von § 190 Abs. 1 Nr. 5 SGB III war.
Nach § 193 Abs. 1 SGB III in der vom 01.08.2001 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung ist ein Arbeitsloser bedürftig, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Arbeitslosenhilfe bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Arbeitslosenhilfe nicht erreicht.
Nach Abs. 2 der Vorschrift ist ein Arbeitsloser hingegen nicht bedürftig, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen, das Vermögen seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners oder das Vermögen einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt, die Erbringung von Arbeitslosenhilfe nicht gerechtfertigt ist.
Unter welchen gesetzlichen Voraussetzungen dies im Einzelnen der Fall ist, konkretisieren die aufgrund der Ermächtigung in § 206 Nr. 1 SGB III erlassenen Vorschriften der Arbeitslosenhilfeverordnung 2002 (AlhiVO 2002) vom 13.12.2001 (BGBl. I S. 3734), die hier in der am 01.01.2003 in Kraft getretenen Fassung anzuwenden ist, die sie durch Art. 11 des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4607) erhalten hat. Gemäß § 1 Abs. 1 AlhiVO 2002 ist das gesamte verwertbare Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten, seines Lebenspartners oder einer Person, die mit dem Arbeitslosen in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (Partner), zu berücksichtigen, soweit der Wert des Vermögens den Freibetrag übersteigt. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift ist Freibetrag ein Betrag von 200,00 Euro je vollendetem Lebensjahr des Arbeitslosen und seines Partners. Dieser darf für den Arbeitslosen und seinen Partner jeweils 13.000,00 Euro nicht übersteigen. Der in Absatz 1 ermittelte Betrag mindert sich zu Beginn eines neuen Bewilligungsabschnitts in Höhe 1. des durch die Bescheinigung des Vorjahres nach § 92 Nr. 5 des Einkommenssteuergesetzes nachgewiesenen Altersvorsorgevermögens, 2. der nach Abs. 3 Nr. 4 für die Alterssicherung bestimmten Sachen und Rechte, höchstens jedoch in der Höhe, dass ein Betrag von jeweils 4.100,00 Euro nicht unterschritten wird.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist als Vermögen im Sinne der Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe der gesamte Bestand an Sachen oder Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten anzusehen (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 3; SozR 3 4220 § 6 Nr. 8 und 9).
Das SG hat in überzeugender Weise dargelegt, dass der Kläger auf das bei der S.-Bank angelegte Guthaben zurückgreifen konnte, und dass überzeugende Anhaltspunkte für ein Treuhandverhältnis zugunsten seines Bruders Davoud nicht vorliegen.
Zusätzlich zu den Ausführungen des SG, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt, ist darauf hinzuweisen, dass auch der weitere Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren keine abweichende Beurteilung tragen kann.
Sofern der Kläger vorträgt, das Vermögen bei der S.-Bank sei fest angelegt gewesen, weswegen eine frühere Verwertung nur unter Verlusten möglich gewesen sei, hat er seinem bisherigen unschlüssigen Vortrag einen neuen inneren Widerspruch zugefügt. Denn wenn das Geld im Jahr 2000 tatsächlich von einem Dritten an den Kläger überwiesen wurde, um das Studium des Bruders zu finanzieren, hätte eine feste Anlage des Geldes für vier Jahre nicht nahe gelegen, weil das Geld zum laufenden Unterhalt des Bruders benötigt wurde.
Der Kläger muss sich daher an dem von ihm durch die Errichtung des Guthabenkontos erzeugten Rechtsschein festhalten lassen, dass er der Inhaber des Guthabens bei der S.-Bank ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 10/06 R - = SGb 2007, 610; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Dezember 2004 - L 5 AL 834/04 -; LSG für das Saarland, Urteil vom 4. November 2003 - L 6 AL 13/01 -; LSG für das Land Brandenburg, Urteil vom 27. Juni 2003 - L 10 AL 4/02 -; Hessisches LSG, Urteil vom 9. Mai 2001 - L 6 AL 432/00 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. März 1999 - L 3 AL 2374/96 -; alle veröffentlicht in juris). Dem Kläger wurde ausreichende Gelegenheit gegeben, die Herkunft des Geldes in geeigneter Form zu belegen, etwa durch einen Überweisungsträger als Beleg für die Herkunft des Geldes von einem Dritten, oder andere geeignete Nachweise.
Der Kläger hat insoweit aber einzig und alleine die Erklärung seines Bruders Davoud vorgelegt, welche nicht geeignet ist, Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des SG zu begründen. Denn in der Erklärung des Bruders ist mehrfach davon die Rede, dass der Kläger den Bruder während seines kurzen Aufenthalts in Deutschland finanziell unterstützt hat, was aber gerade nicht erforderlich gewesen wäre, wenn es sich bei dem streitigen Vermögen um Geld des Bruders gehandelt hätte.
Schließlich hat der Kläger auch im Berufungsverfahren keine Klarheit hinsichtlich seiner früheren widersprüchlichen Angaben geschaffen. Insoweit wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23.08.2007 verwiesen, in welchem diese Widersprüche deutlich herausgestellt werden. Nach den verschiedenen Versionen des Klägers ist das Vermögen einmal das Geld seines Bruders, dann wieder Geld beider Eltern. An anderer Stelle (Bl. 102 der Verwaltungsakte) wiederum wird der Eindruck erweckt, der Bruder habe dem Kläger das Geld überlassen, weil es für den Bruder nach der Rückkehr in den Iran nicht mehr in Deutschland benötigt wurde. Andererseits trägt der Kläger auch vor, dass das Geld inzwischen dem Bruder zurückgegeben worden sei.
Abgesehen davon, dass der Kläger auch die Rückgabe des Geldes an den Bruder nicht belegt hat, kommt es hierauf für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht an, denn die angegriffene Entscheidung betrifft die Rücknahme der Bewilligung lediglich bis März 2004, wohingegen der Kläger eingeräumt hat, dass Geld im April 2004 noch besessen zu haben (vgl. Bl. 102 der Verwaltungsakte).
Das somit dem Kläger zuzurechnende Guthaben bei der S.-Bank in Höhe von 21.204,94 EUR schloss die Bedürftigkeit des Klägers im Sinne der obengenannten Vorschriften über die Gewährung von Arbeitslosenhilfe aus. Dem Kläger steht nach § 1 Abs. 2 AlhiVO 2002 in der in den Jahren 2002 bis 2004 geltenden Fassung für jedes Lebensjahr ein Freibetrag von 200 Euro zu, mithin ein Betrag von 8.200 Euro (Jahr 2002) bis 8.600 Euro (Jahr 2004); seiner 1969 geborenen Ehefrau standen entsprechende Freibeträge von 6.600 (Jahr 2002) bis 7.000 Euro (Jahr 2004) zu. Die Summe der beiden Freibeträge wird immer noch von dem bei der S.-Bank angelegten Vermögen von 16.092,02 Euro (Geldguthaben) und 5.112,92 Euro (Depotguthaben) übertroffen, weswegen der übersteigende Geldbetrag die Bedürftigkeit des Klägers ausschloss. Für den Leistungsbezug in den Jahren 2000 und 2001 gilt nach der AlhiVO 1974 (in der Fassung des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000, BGBl I S. 1983) das Gleiche, weil hier noch der wesentlich niedrigere Freibetrag von 8.000 DM je Ehepartner galt.
Da der Kläger das Vermögen verschwiegen hat, welches zum Ausschluss von der Leistungsgewährung geführt hätte, war die Beklagte entsprechend den Ausführungen des SG nach § 45 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X i. V. m.§ 330 Abs. 2 SGB III in Verbindung mit § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X und § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 zur Rücknahme der Bewilligung und Feststellung der Erstattungspflicht des Klägers verpflichtet.
Da der Kläger somit auch noch nach dem 31.03.2004 Vermögen über dem ihm und seiner Ehefrau zustehenden Freibetrag hatte, war entsprechend den Ausführungen des SG, denen der Senat sich auch insoweit anschließt, auch die Leistungsversagung mittels der Bescheide vom 11.08.2004 und vom 13.10.2004 ab dem 29.04.2004 rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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