Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 3739/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 6122/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welcher Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) die beim Kläger als Berufskrankheit festgestellte Lärmschwerhörigkeit zu bemessen ist und ob dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der 1949 geborene Kläger war nach Ende seiner am 01.04.1962 aufgenommenen Lehre bei verschiedenen Arbeitgebern als Elektriker beschäftigt. Zuletzt war er ab 11.12.1972 bis 31.12.2003 als Betriebselektriker bei der Firma L. F. Deutschland (LFD) tätig. Danach war der Kläger arbeitslos.
Am 22.11.2002 ging bei der Beklagten die ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit der Gemeinschaftspraxis Dr. B. und Kollegen ein, die der Kläger wegen zunehmender Schwerhörigkeit und Tinnitus aufgesucht hatte. Beigefügt war das am 19.08.2002 erstellte Audiogramm, auf das die mitgeteilte Diagnose einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit Tinnitus auris beidseits mit Verdacht auf Lärmschwerhörigkeit beidseits gestützt war.
Die Beklagte übersandte dem Kläger ihren Fragebogen, in dem er unter dem 12.02.2003 u. a. angab, als Betriebselektriker sei man bei allen Arbeitgebern in mehr oder weniger lärmbelasteten Räumen und Hallen eingesetzt worden, wie hoch der Lärmpegel gewesen sei, daran könne er sich nicht erinnern. Auf Anfrage teilte die Werksärztin der Firma LFD mit, eine Lärmexposition des Klägers sei nicht bekannt (Schreiben vom 05.03.2003). Beigefügt waren die Karteikarten zu den betriebsärztlichen Untersuchungen von 1992 bis 2003 mit Audiogrammen. Im Vordruck für Arbeitgeber gab die Firma LFD an, der Kläger sei von 1972 bis heute als Schichtelektriker eingesetzt gewesen, was mit einem Beurteilungspegel von 75 bis 78 dB(A) verbunden gewesen sei (Angaben vom 19.03.2003). Der Messtechnische Dienst der Beklagten ermittelte bei einem Betriebsbesuch am 12.05.2003 unter Beteiligung des Klägers, dass der Kläger von 1972 bis 1984 einem Beurteilungspegel von 85 dB(A), von 1984 bis 1992 von 84 dB(A), von 1992 bis 1995 von 83 dB(A) und von 1995 bis auf weiteres von 80 dB(A) ausgesetzt gewesen sei. Nach eigenen Angaben des Klägers habe er sich etwa zu 75 Prozent der Arbeitszeit in entsprechenden Abteilungen des Betriebes, wo er dem Lärm der Produktions- und Verpackungsanlagen ausgesetzt gewesen sei, ansonsten in der eigenen Elektrowerkstatt aufgehalten. Auf Grund der Messungen des Betriebes in den Jahren 1974 und 1987 sowie eigener Messungen seien die maßgeblichen Beurteilungspegel ermittelt worden. Seitens des Betriebes seien die Tätigkeiten des Klägers bei Installationsarbeiten oder zur Beseitigung von Störungen in der Produktion mit weniger als 75 Prozent der Arbeitszeit angenommen worden, weshalb die Ermittlungen nur die Genauigkeitsklasse 2 nach der Din-Norm erfüllten (Stellungnahme von Dipl. Ing. H., Messtechnischer Dienst, vom 11.06.2003).
Dr. Z. führte in seinem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 05.08.2003 aus, die vom Messtechnischen Dienst ermittelten Beurteilungspegel erreichten lediglich die Genauigkeitsklasse II der Din 45645 - 2, weshalb dem Wert bis zu drei dB zugeschlagen werden könnten. Danach sei der Kläger von 1972 bis 1995 potenziell gehörschädigendem Lärm von mindestens 85 dB ausgesetzt gewesen. Die Hörschwelle zeige eine Konfiguration wie sie für eine Lärmschwerhörigkeit typisch sei, bei leichter, tolerabler Asymmetrie. Es liege eine im wesentlichen lärmbedingte Schwerhörigkeit vor. Der Hörverlust aus dem Tonaudiogramm beidseits betrage 15 Prozent, der Hörverlust aus dem Sprachaudiogramm ungewichtet 10 und nach Gewichtung 20 Prozent beidseits. Die hieraus folgende MdE liege unter 10 v.H., auch unter Berücksichtigung des Tinnitus. Ein Ohrgeräusch sei nach eigenem Bekunden des Klägers gut tolerabel, tatsächlich habe die Anamnese keinen Hinweis für eine Schlaf- oder Konzentrationsstörung ergeben.
Mit Bescheid vom 19.08.2003 stellte die Beklagte eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 (Lärmschwerhörigkeit) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und als Folge eine beginnende Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräusch fest. Die Gewährung einer Rente lehnte sie ab, da die Berufskrankheit keine rentenberechtigende MdE zur Folge habe.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2003 zurückgewiesen wurde.
Der Kläger hat am 22.12.2003 vor dem Sozialgericht Mannheim Klage erhoben mit der Begründung, Dr. Z. habe Hörkurven aus den letzten Jahren nicht berücksichtigt.
Das Sozialgericht hat HNO-Arzt Dr. N. (Aussage vom 02.04.2004), Praxisnachfolger von Dr. B., als sachverständigen Zeugen schriftlich gehört.
In dem von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 18.02.2005 hat Dr. Z. die berufsbedingte MdE unter integrativer Berücksichtigung des beidseitigen Tinnitus insgesamt auf 15 v.H. eingeschätzt. Eine berufliche Lärmexposition oberhalb von 85 dB(A), bei der nach dem Risikomaß von v. Lüpke eine entschädigungspflichtige Lärmschwerhörigkeit nicht völlig auszuschließen bis möglich sei, betreffe ausdrücklich nur den Hochtonbereich. Bereits in den ersten tonaudiometrischen Dokumentationen sei aber immer eine Hörminderung im Tief- und Mitteltonbereich unterschiedlicher Ausprägung zu erkennen, was keinesfalls typisch für eine lärminduzierte Innenohrschädigung sei. Eine Abgrenzung der degenerativen von einer berufsbedingten Hörstörung sei schwierig. Nach einer gängigen gutachterlichen Praxis könne der Grenzwert für den Hörverlust bei 1 kHz beidseits mit 20 dB definiert werden und unter Anwendung der Röser-Methode ergebe sich dann ein prozentualer Hörverlust von lediglich 20 Prozent rechts sowie 30 Prozent links. Hieraus folge eine MdE von 10 v.H. Erkenne man die nach Angaben des Klägers geltend gemachte Tinnitus-Verstärkung mit Durchschlafstörungen und vegetativen Begleiterscheinung in vollem Umfang an, könne integrativ eine MdE von 15 v.H. anerkannt werden.
Im von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 21.12.2005 hat Dr. P. auf Grund der von ihm durchgeführten Hörprüfungen nach dem Sprachaudiogramm einen Hörverlust von 50 Prozent rechts und 60 Prozent links ermittelt, was zu einer MdE von 30 v.H. führe. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.01.2006 hat Dr. P. erläutert, dass die auch von ihm als nicht lärmbedingt beurteilte Tieftonschwerhörigkeit nicht in seine MdE-Schätzung eingegangen sei. Der nicht vollständig kompensierte Tinnitus bedinge als solcher eine MdE von 5 v.H., gehe jedoch in die Gesamt-MdE von 30 v.H. ein.
Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Z. vom 02.03.2006 vorgelegt. Darin hat Dr. Z. der Bewertung von Dr. P. widersprochen. Unter Berücksichtigung eines Genauigkeitszuschlags von drei dB zu dem gemessenen Beurteilungspegel von 80 dB(A), dem der Kläger ab 1995 ausgesetzt gewesen sei, sei der Kläger ab 1995 bei einem Beurteilungspegel von 83 dB nicht mehr potenziell gehörschädigend tätig gewesen. Die vorliegenden Tonaudiogramme vom Juni 1983, von 1997 und 2002 zeigten eine auffällige Verschlechterung des Hörverlusts links gegenüber rechts. Diese Progredienz werde auch von weiteren Messungen in den Jahren 2004 und 2005 bestätigt, wobei auch Dr. Z. auf eine Diskrepanz zwischen Tonaudiogramm und Sprachaudiogramm bei seinen Messungen hinweise. Auch Dr. P., der mit seinen objektiven Messverfahren nur die Genauigkeit des Tonaudiogramms und nicht des Sprachaudiogramms verifizieren könne, habe eine Diskrepanz zwischen Tonaudiogramm mit Hörverlust von 35 Prozent beidseits und Sprachaudiogramm mit Hörverlust von 50 Prozent rechts und 60 Prozent links festgestellt. Die Tonaudiogramme bis zur eigenen Untersuchung im August 2003 ergäben identische Werte mit Hörverlusten von beidseits 15 Prozent. Die danach einsetzende Verschlechterung sei nicht auf die Lärmexposition zurückzuführen, denn eine lärmbedingte Hörverminderung schreite nach Aufgabe der Lärmarbeit nicht weiter fort. Für eine lärmunabhängige Progredienz der Innenohrschwerhörigkeit spreche, dass nicht erwartungsgemäß die Messwerte des Tonaudiogramms schlechter als die des Sprachaudiogramms seien, denn beim Kläger verhalte es sich signifikant umgekehrt. Nach Dr. P. habe keine Aggravation bestanden, daher sei der signifikante Unterschied zwischen Ton- und Sprachaudiogramm auf eine zentrale Komponente zurückzuführen, was mit einer Lärmschwerhörigkeit nicht zu vereinbaren sei. Außerdem liege eine Asymmetrie des Schwerhörigkeitsgrades links gegenüber rechts vor, was ebenfalls lärmuntypisch sei. Der Kläger habe bei der Untersuchung im August 2003 auf Frage nach seinen Beschwerden primär nur über seine Hörverminderung gesprochen und auf Nachfrage Schlaf- und Konzentrationsstörungen verneint. Erst auf direkte Frage nach einem Ohrgeräusch habe der Kläger von seinem seit sieben bis acht Jahren bestehenden Tinnitus in Form eines Pfeiftones berichtet, was ihn im täglichen Leben nicht wesentlich belaste. Eine etwaige Verschlechterung des Ohrgeräuschs ohne Lärmeinwirkung könne bei der berufsbedingten MdE nicht berücksichtigt werden.
Dr. P. hat sich in seiner hierzu angeforderten ergänzenden Äußerung vom 23.05.2006 der Auffassung von Dr. Z. weitgehend angeschlossen. Seine Einschätzung der MdE von 30 v.H. beruhe auf den eigenen Messungen, eine rückwirkende Objektivierung von Hörstörungen im Jahre 1997 sei ihm nicht möglich. Unter Auswertung der mitarbeitsabhängigen Tests im Audiogramm vom 13.01.1997 ergebe sich eine Hörminderung von 21 Prozent rechts und 26 Prozent links, was eine MdE von 15 v.H. begründe. Ein Tinnitus ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen werden nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit mit einer MdE von 0 bis 10 v.H. bewertet. Hieraus sei zusammenfassend die lärmschadensbedingte MdE auf 20 v.H. ab Ende der Lärmexposition einzuschätzen.
Mit Urteil vom 27.10.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ausgehend von den Werten von Dr. P., dass beim Kläger 1997 eine lärmbedingte Hörminderung von 21 Prozent rechts und 26 Prozent links bestanden habe, sei nach der Tabelle "Feldmann 1995" von einer knapp geringgradigen Schwerhörigkeit rechts und einer geringgradigen Schwerhörigkeit links auszugehen, die nach dieser Tabelle mit einer MdE um 15 v.H. bewertet werde. Eine Erhöhung wegen des Tinnitus komme nicht in Betracht. In den betriebsärztlichen Hörprüfungen seien Tinnitus-Beschwerden nicht erwähnt. Dr. Z. habe bei seiner Begutachtung keine spezifisch tinnitusbedingten Beschwerden erhoben. Seine Ausführungen seien insbesondere auch deshalb überzeugend, weil sich seine Untersuchungsmethoden mit den Empfehlungen der unfallmedizinischen Fachliteratur zur Erhebung der Vorgeschichte bei Ohrgeräuschen decke.
Gegen das dem Kläger am 13.11.2006 zugestellte Urteil hat er am 08.12.2006 Berufung eingelegt und sich zur Begründung auf die Auffassung von Dr. P. gestützt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.10.2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2003 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, es sei unstreitig, dass die 2002 eingetretene Verschlechterung im Hörvermögen des Klägers nicht Folge der beruflichen Lärmeinwirkung sei. Die Einschätzung der MdE müsse daher auf das Ausmaß vor Eintritt der Verschlechterung gestützt werden. Diese ergebe auch unter Berücksichtigung des Tinnitus keine rentenberechtigende MdE von 20 v.H.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat von Dr. F. das Gutachten vom 16.11.2007 eingeholt. Danach seien die von ihm erhobenen Ergebnisse des Sprachaudiogramms (Hörverlust von 50 Prozent rechts und 60 Prozent links) und des Tonaudiogramms (Hörverlust von 40 Prozent rechts und 55 Prozent links) weitgehend mit den Untersuchungsergebnissen von Dr. P. deckungsgleich, eine wesentliche Verschlechterung des Hörvermögens habe nicht stattgefunden. Nach der Tabelle ergebe sich eine MdE von 30 v.H. Folge man den Ermittlungen der Beklagten, sei eine beruflich bedingte Hörstörung klar abzulehnen, da die Schwerhörigkeit erst wesentlich nach 1995 aktenkundig geworden sei. Wie aus anderen Gutachten bekannt, stimmten die Messungen jedoch oft nicht. Glaube man dem Kläger, sei die jetzige Schwerhörigkeit als lärmbedingte einzuschätzen. Sie sei wesentlich lärmbedingt, endogene Komponenten könnten aber auch eine Rolle spielen. Anzuerkennen sei jedenfalls eine prozentuale Hörminderung von rechts 21 und links 26 Prozent, was einer MdE von 15 v.H. entspreche. Hinzu komme der Zuschlag von fünf v.H. für den Tinnitus, weshalb von einer MdE von 20 v.H. ab November 2002 auszugehen sei.
Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Z. vom 07.01.2008 vorgelegt. Er führt aus, die frühesten Tonaudiogramme seien von unterschiedlicher Messqualität. Eine genauer eingezeichnete werksärztliche Hörmessung vom Juni 1993 zeige eine lärmtypische hochtonbetonte Schwerhörigkeit, aber auch lärmuntypische schlechte Werte im Tieftonbereich gegenüber dem Mitteltonbereich. Da eine Lärmschwerhörigkeit stets vom Hochton über den Mittelton selten in den Tieftonbereich fortschreite, könnten schlechte Werte im Tieftonbereich gegenüber dem Mitteltonbereich per se nicht lärmbedingt sein. Das Tonaudiogramm von Dr. F. vom November 2007 bestätige darüber hinaus die in den Folgejahren ab 2002 einsetzende Progredienz mit auffälliger asymmetrischer Verschlechterung. Eine signifikante Asymmetrie werde nicht durch chronischen Lärm hervorgerufen, es sei denn, es sei eine einseitig einwirkende Schallquelle vorhanden gewesen, was für die Tätigkeit des Klägers nicht erfasst sei. Bei der betriebsärztlichen Untersuchung sollte und werde auch in aller Regel nach einem Ohrgeräusch gefragt. Ein solches sei in der Anamnese der betriebsärztlichen Untersuchungen von Dr. W. nicht erwähnt worden. Angegebene Schlafstörungen seien auf die Schichtarbeit, nicht auf einen Tinnitus zurückgeführt worden. 1992 habe der Kläger bei der werksärztlichen Untersuchung Schwindelanfälle und Ohrensausen ausdrücklich verneint. Eine Verschlechterung eines Ohrgeräuschs sei nach Aktenlage erst ab 2003 dokumentiert. Das Gutachten von Dr. F. ergebe keine neuen Gesichtspunkte. Die von ihm angenommene Fehlerhaftigkeit der Messungen und einer gehörschädigenden Lärmexposition nach 1995 sei spekulativ.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV.
Gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherte sind unter anderem Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung an einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 enthalten.
Eine Leistungspflicht wegen einer Berufskrankheit besteht nur dann, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität) und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist (haftungsausfüllende Kausalität). Die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen, die Schädigung und die Krankheit gehören, müssen erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287; 58, 80, 83). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Nach diesen Grundsätzen ist die haftungsbegründende Kausalität für die als Berufskrankheit anerkannte Lärmschwerhörigkeit des Klägers nur bis zum Jahr 1995 nachgewiesen, denn gesundheitsschädigende Einwirkungen am Arbeitsplatz des Klägers sind für den Zeitraum danach nicht mit der erforderlichen, an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit belegt.
Der Messtechnische Dienst der Beklagten hat für seine Berechnung des Beurteilungspegels die vom Betrieb selbst vorgenommenen Messungen und eigene Messungen zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers, mit welchem Anteil an seiner Gesamtarbeitszeit er in den Produktionshallen des Betriebes unter dem Lärm der P. einen Beurteilungspegels von 80 dB(A) ab 1995. Dr. Z. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass auf der Grundlage der angegebenen Genauigkeitsklasse II zu Gunsten des Klägers noch ein Zuschlag von 3 dB(A) erfolgen kann. Weder aus dem Vorbringen des Klägers noch sonst ist für den Senat ersichtlich gewesen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Lärmexposition mit einem noch höheren Beurteilungspegel auszugehen ist. Ein Beurteilungspegel von 83 dB(A) ist aber nicht gehörschädigend.
Das Sozialgericht (unter Verweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 417 f) hat im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt, dass der Beurteilungspegel von unter 85 dB(A) keine ausreichende Lärmexposition darstellt. Nach den bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen kann eine Lärmschwerhörigkeit nur durch eine langjährige Tätigkeit an einem lärmexponierten Arbeitsplatz entstehen, wobei erst ein Dauerlärm oberhalb von 90 dB(A) während des überwiegenden Teils der Arbeitszeit sich im Regelfall gehörschädigend auswirken kann. Bei darunter liegenden Beurteilungspegeln im Bereich zwischen 85 und 90 dB(A) kommt eine Lärmschädigung nur bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Gehörsensibilität in Betracht, wohingegen bei einer durchweg unter 85 dB(A) gelegenen Lärmexposition eine Lärmschwerhörigkeit auszuschließen ist (siehe auch LSG Niedersachsen, Urteil vom 31. März 1998 - L 3 U 267/95 -, veröffentlicht in juris). Diese arbeitsmedizinischen Erfahrungssätze bedürfen keiner Korrektur, weil in der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom 06.03.2007 (BGBl I S. 261) in Umsetzung einer EG Richtlinie "Lärm" (2003/10/EG) vom 15. Februar 2003 um fünf dB herabgesetzte Auslösewerte für Präventionsmaßnahmen festgesetzt worden sind. Das vom Institut für Arbeitsschutz, Sankt Augustin, herausgegebene Lärmschutzarbeitsblatt vom Oktober 2007 enthält neben den messtechnischen Bestimmungen hierzu auch keine vom Königsteiner Merkblatt abweichenden Regelungen. Die Festsetzung des unteren Auslösewerts auf einen Tages-Lärmexpositionspegel von 80 dB(A) betrifft nur den Bereich der Prävention und gibt keinen geänderten Erfahrungssatz zur Entstehung von lärmbedingter Hörbeeinträchtigung wieder. Diese rechtliche Bewertung hat Dr. Z. in seiner Stellungnahme vom 24.01.2008 aus medizinischer Sicht bestätigt.
Entgegen der Auffassung von Dr. F. ist der sich progredient entwickelnde Status der Schwerhörigkeit des Klägers zu einem Zeitpunkt nach 1995 der streitigen Bewertung der berufsbedingten MdE daher nicht zugrunde zulegen, denn die sich gutachterlich äußernden Ärzte haben übereinstimmend ausgeführt, dass sich eine Lärmschwerhörigkeit nach Ende der Lärmexposition nicht verschlechtert. Vielmehr hat Dr. Z. für den Senat überzeugend dargelegt, dass bereits in den noch zum Zeitpunkt der Lärmexposition gefertigten Tonaudiogrammen, insbesondere im werksärztlichen Tonaudiogramm von 1992, neben einer lärmtypischen Schwerhörigkeit auch eine nicht auf Lärm zurückzuführende Schwerhörigkeitskomponente zu erkennen ist. Bereits in frühen Tonaudiogrammen findet sich neben einer - lärmbedingten - Hochtonschwerhörigkeit eine - lärmuntypische - Tieftonschwerhörigkeit, die nicht über eine Mitteltonschwerhörigkeit vermittelt worden sein kann, da die Tieftonschwerhörigkeit stärker ausgeprägt war. Dies spricht für eine bereits zum damaligen Zeitpunkt vorhandene degenerative, lärmunabhängige Schwerhörigkeitskomponente, die sich auch im weiteren progredient entwickelt hat. Dies kommt in der sich später auch abzeichnenden signifikant asymmetrischen Schwerhörigkeit zum Ausdruck, wie Dr. Z. überzeugend dargelegt hat.
Stellt man somit auf die zeitnah zum Ende der Lärmexposition gemessenen Hörverluste von 1997 ab, die sich aus dem Tonaudiogramm von Dr. M. vom 13.01.1997 ergeben, sind nach Dr. Z. in seiner Stellungnahme vom 02.03.2006 ein Hörverlust von 10 Prozent rechts und 10 Prozent links (nach der Tabelle von Röser 1980) und nach Dr. P. ein Hörverlust von 21 Prozent rechts und 26 Prozent links (nach der Tabelle von Röser von 1973) nachgewiesen. In Übereinstimmung mit Dr. P. hat auch Dr. F. eine solche prozentuale Hörminderung für 1997 angenommen. Damit ergibt sich für eine beidseitige Lärmschwerhörigkeit eine nicht rentenberechtigende MdE um 10 v.H. bzw. 15 v.H. nach der Tabelle von Feldmann (vgl. Schönberger und andere, a. a. O., S. 437). Insoweit ist die von Dr. Z. und von Dr. P. vorgenommene MdE-Einschätzung auch nachvollziehbar.
Entgegen der Angaben von Dr. P. und Dr. F. ist eine Erhöhung der MdE durch das vom Kläger geltend gemachte Ohrgeräusch für den hier maßgeblichen Zeitpunkt 1995 nicht gerechtfertigt. Der Senat hat Bedenken, ob eine solche Gesundheitsstörung für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum bis 1995 überhaupt nachgewiesen ist. Dr. Z. hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei den betriebsärztlichen Untersuchungen durch die Werksärztin Dr. W. kein Ohrgeräusch beim Kläger diagnostiziert worden ist. In der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme von Dr. W. vom 05.03.2003 ist daher auch kein Tinnitus erwähnt. Im Untersuchungsbogen Lärm I zur arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung im Dezember 1992 sind vielmehr Schwindelanfälle und Ohrensausen ausdrücklich verneint worden. Auch bei der Untersuchung in der Praxis Dr. M. am 13.01.1997 ist kein Tinnitus diagnostiziert worden, wie der Praxisnachfolger Dr. W. auf Anfrage der Beklagten unter dem 15.04.2003 mitteilte. Der sachverständige Zeuge Dr. N. hat in seiner schriftlichen Aussage vom 02.04.2004 vor dem Sozialgericht angegeben, dass der Kläger am 19.03.2002 über einen beidseitigen hochfrequenten pfeifenden Tinnitus geklagt hatte, der seit zwei Jahren mit einer beidseitigen Schwerhörigkeit bestehe. Dies korreliert mit den Angaben in der ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit dieser Praxis vom 14.11.2002, in der eine seit zwei Jahren bestehende zunehmende Schwerhörigkeit mit Tinnitus angeführt wurde. Demnach ist ein Tinnitus erst um das Jahr 2000 aufgetreten, als der Kläger bereits fünf Jahre keinem gehörschädigendem Lärm mehr ausgesetzt war. Die späteren Angaben des Klägers bei den Untersuchungen durch Dr. Z. im August 2003 und im Jahr 2005 bei Dr. Z. und Dr. P., wonach der Tinnitus zusammen mit der bemerkbaren Hörminderung bereits seit sieben bis acht bzw. acht bis neun Jahren, also seit 1996/97, bestehe, ist daher wenig glaubhaft. Der Senat ist aber gehindert, den Tinnitus als Folge der anerkannten Berufskrankheit zu verneinen, da die Beklagte im angefochtenen Bescheid einen Tinnitus als Folge der anerkannten Berufskrankheit bestandskräftig festgestellt hat.
Doch selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass der im Hochtonfrequenzbereich verdeckbare Tinnitus mit der Lärmschwerhörigkeit vergesellschaftet war, was die begutachtenden Ärzte Dr. Z., Dr. P. und Dr. F. angenommen haben und Dr. Z. jedenfalls nicht ausgeschlossen hat, führt dies nicht zu einer höheren MdE. Der Tinnitus wird nach den arbeitsmedizinischen Erfahrungswerten mit einer MdE bis zu 10 v.H. integrierend berücksichtigt, psychische Begleiterscheinung sind gegebenenfalls durch eine nervenärztliche gutachtliche Äußerung gesondert zu bewerten und in eine Gesamt-MdE einzubeziehen (vgl. Schönberger u. a., a. a. O. S. 442).
Eine durch den Tinnitus verursachte zusätzliche Beeinträchtigung über die Hörminderung hinaus hat der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. Z. im August 2003 nicht angegeben. Zu diesem Zeitpunkt jedenfalls war die Ausprägung des Tinnitus, selbst wenn er bereits ab 1996 oder 1997 bestanden haben sollte, nicht so störend, dass der Kläger bei der Frage des Gutachters nach seinen Ohrbeschwerden den Tinnitus spontan genannt hatte, sondern diesen erst auf Nachfrage erwähnte. Typische Tinnitus-Beschwerden wie Schlaf- oder Konzentrationsstörungen wurden verneint. Der Kläger hatte hierzu passend auch angegeben, dass er den Pfeifton gut ignorieren kann und im täglichen Leben nicht wesentlich damit belastet sei. Dies deckt sich auch mit den oben angeführten Umständen, dass ein Tinnitus bei den werksärztlichen Untersuchungen und bei der Vorstellung in der Praxis von Dr. M. 1997 nicht beklagt wurde. Ein in seinem Ausmaß gegenüber einem Arzt klagbarer oder ärztlich behandlungsbedürftiger Tinnitus bestand nicht. Die Ausführungen von Dr. Z. zur integrativen Berücksichtigung des Tinnitus, dessen funktionelle Beeinträchtigung in der Hörstörung aufgeht, sind für den Senat auf dieser Grundlage nachvollziehbar und stehen im Einklang mit der arbeitsmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger u. a., a. a. O.), weshalb eine Erhöhung der für die reine Hörminderung angesetzten MdE in diesem Fall nicht geboten ist.
Der von Dr. P. und Dr. F. angenommene Zuschlag um 5 v.H. für den Tinnitus, weshalb beide Ärzte zu einer Gesamt-MdE von 20 v.H. kommen, ist nicht näher begründet. Dr. P. weist - in Abweichung zu seiner früheren, nicht erhöhend berücksichtigten MdE-Einschätzung vom 23.01.2006 - in seiner letzten Stellungnahme vom 23.05.2006 nur daraufhin, dass aus der Darstellung von Dr. Z. zu einer fehlenden spontanen Tinnitusangabe des Klägers nicht auf eine Abwesenheit des Ohrgeräuschs geschlossen werden könne, sondern eher fehlende Aggravation oder Verdeutlichungstendenzen zeige. Es finden sich bei beiden Ärzten aber keine Ausführungen zu dem von Dr. Z. ermittelten Fehlen tinnitustypischer Beschwerden, die der Kläger auf direktes Nachfrage ausdrücklich verneint hatte. Auch der von Dr. Z. bejahte Zuschlag von 5 v.H. für den Tinnitus, freilich bei seinem Ausgangspunkte einer allein durch die Hörminderung bedingten Teil-MdE von 10 v.H., beruht auf der von ihm angenommenen Tinnitus-Verstärkung mit Durchschlafstörungen und vegetativen Begleiterscheinungen, die der Kläger ihm gegenüber bei der Untersuchung im August 2004 in Abweichung zur Untersuchung bei Dr. Z. 2003 als tinnitusbedingte Beschwerden vorgetragen hat. Eine nach August 2003 eingetretene Verschlechterung des Tinnitus, somit nach Ende der Lärmexposition 1995, ist jedoch nicht mehr lärmbedingt. Dr. Z. hat unter Hinweis auf diese arbeitsmedizinischen Erkenntnisse überzeugend ausgeführt, dass eine Progredienz des Tinnitus nach Ende der Lärmexposition nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als im wesentlichen lärmbedingt beurteilt werden kann (Stellungnahme von Dr. Z. vom 07.01.2008), was mit dem von allen Ärzten akzeptierten arbeitsmedizinischen Erfahrungssatz in Einklang steht, dass eine Lärmschwerhörigkeit nach Ende der Lärmexposition nicht fortschreitet.
Bei dieser Ausgangslage hat der Senat für weitere medizinische Ermittlungen keinen Anlass gesehen. Insbesondere hat Dr. F. in seinem Gutachten zu den seiner Auffassung widersprechenden Ausführungen von Dr. Z., die dieser in seiner Äußerung vom 07.01.2008 lediglich vertieft hat, umfassend Stellung genommen. Im übrigen hat Dr. F. im Ergebnis den Ausgangspunkt einer gehörschädigenden Exposition ab 85 dB(A) ebenso wie Dr. Z. bejaht, weshalb auch insoweit keine aufklärungsbedürftige Divergenz vorliegt. Auch auf Nachfrage des Senats sind sonstige aufklärungsbedürftige Beweisfragen in der mündlichen Verhandlung nicht genannt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welcher Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) die beim Kläger als Berufskrankheit festgestellte Lärmschwerhörigkeit zu bemessen ist und ob dem Kläger eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der 1949 geborene Kläger war nach Ende seiner am 01.04.1962 aufgenommenen Lehre bei verschiedenen Arbeitgebern als Elektriker beschäftigt. Zuletzt war er ab 11.12.1972 bis 31.12.2003 als Betriebselektriker bei der Firma L. F. Deutschland (LFD) tätig. Danach war der Kläger arbeitslos.
Am 22.11.2002 ging bei der Beklagten die ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit der Gemeinschaftspraxis Dr. B. und Kollegen ein, die der Kläger wegen zunehmender Schwerhörigkeit und Tinnitus aufgesucht hatte. Beigefügt war das am 19.08.2002 erstellte Audiogramm, auf das die mitgeteilte Diagnose einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit Tinnitus auris beidseits mit Verdacht auf Lärmschwerhörigkeit beidseits gestützt war.
Die Beklagte übersandte dem Kläger ihren Fragebogen, in dem er unter dem 12.02.2003 u. a. angab, als Betriebselektriker sei man bei allen Arbeitgebern in mehr oder weniger lärmbelasteten Räumen und Hallen eingesetzt worden, wie hoch der Lärmpegel gewesen sei, daran könne er sich nicht erinnern. Auf Anfrage teilte die Werksärztin der Firma LFD mit, eine Lärmexposition des Klägers sei nicht bekannt (Schreiben vom 05.03.2003). Beigefügt waren die Karteikarten zu den betriebsärztlichen Untersuchungen von 1992 bis 2003 mit Audiogrammen. Im Vordruck für Arbeitgeber gab die Firma LFD an, der Kläger sei von 1972 bis heute als Schichtelektriker eingesetzt gewesen, was mit einem Beurteilungspegel von 75 bis 78 dB(A) verbunden gewesen sei (Angaben vom 19.03.2003). Der Messtechnische Dienst der Beklagten ermittelte bei einem Betriebsbesuch am 12.05.2003 unter Beteiligung des Klägers, dass der Kläger von 1972 bis 1984 einem Beurteilungspegel von 85 dB(A), von 1984 bis 1992 von 84 dB(A), von 1992 bis 1995 von 83 dB(A) und von 1995 bis auf weiteres von 80 dB(A) ausgesetzt gewesen sei. Nach eigenen Angaben des Klägers habe er sich etwa zu 75 Prozent der Arbeitszeit in entsprechenden Abteilungen des Betriebes, wo er dem Lärm der Produktions- und Verpackungsanlagen ausgesetzt gewesen sei, ansonsten in der eigenen Elektrowerkstatt aufgehalten. Auf Grund der Messungen des Betriebes in den Jahren 1974 und 1987 sowie eigener Messungen seien die maßgeblichen Beurteilungspegel ermittelt worden. Seitens des Betriebes seien die Tätigkeiten des Klägers bei Installationsarbeiten oder zur Beseitigung von Störungen in der Produktion mit weniger als 75 Prozent der Arbeitszeit angenommen worden, weshalb die Ermittlungen nur die Genauigkeitsklasse 2 nach der Din-Norm erfüllten (Stellungnahme von Dipl. Ing. H., Messtechnischer Dienst, vom 11.06.2003).
Dr. Z. führte in seinem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 05.08.2003 aus, die vom Messtechnischen Dienst ermittelten Beurteilungspegel erreichten lediglich die Genauigkeitsklasse II der Din 45645 - 2, weshalb dem Wert bis zu drei dB zugeschlagen werden könnten. Danach sei der Kläger von 1972 bis 1995 potenziell gehörschädigendem Lärm von mindestens 85 dB ausgesetzt gewesen. Die Hörschwelle zeige eine Konfiguration wie sie für eine Lärmschwerhörigkeit typisch sei, bei leichter, tolerabler Asymmetrie. Es liege eine im wesentlichen lärmbedingte Schwerhörigkeit vor. Der Hörverlust aus dem Tonaudiogramm beidseits betrage 15 Prozent, der Hörverlust aus dem Sprachaudiogramm ungewichtet 10 und nach Gewichtung 20 Prozent beidseits. Die hieraus folgende MdE liege unter 10 v.H., auch unter Berücksichtigung des Tinnitus. Ein Ohrgeräusch sei nach eigenem Bekunden des Klägers gut tolerabel, tatsächlich habe die Anamnese keinen Hinweis für eine Schlaf- oder Konzentrationsstörung ergeben.
Mit Bescheid vom 19.08.2003 stellte die Beklagte eine Berufskrankheit nach Nr. 2301 (Lärmschwerhörigkeit) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) und als Folge eine beginnende Hochtoninnenohrschwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräusch fest. Die Gewährung einer Rente lehnte sie ab, da die Berufskrankheit keine rentenberechtigende MdE zur Folge habe.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2003 zurückgewiesen wurde.
Der Kläger hat am 22.12.2003 vor dem Sozialgericht Mannheim Klage erhoben mit der Begründung, Dr. Z. habe Hörkurven aus den letzten Jahren nicht berücksichtigt.
Das Sozialgericht hat HNO-Arzt Dr. N. (Aussage vom 02.04.2004), Praxisnachfolger von Dr. B., als sachverständigen Zeugen schriftlich gehört.
In dem von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 18.02.2005 hat Dr. Z. die berufsbedingte MdE unter integrativer Berücksichtigung des beidseitigen Tinnitus insgesamt auf 15 v.H. eingeschätzt. Eine berufliche Lärmexposition oberhalb von 85 dB(A), bei der nach dem Risikomaß von v. Lüpke eine entschädigungspflichtige Lärmschwerhörigkeit nicht völlig auszuschließen bis möglich sei, betreffe ausdrücklich nur den Hochtonbereich. Bereits in den ersten tonaudiometrischen Dokumentationen sei aber immer eine Hörminderung im Tief- und Mitteltonbereich unterschiedlicher Ausprägung zu erkennen, was keinesfalls typisch für eine lärminduzierte Innenohrschädigung sei. Eine Abgrenzung der degenerativen von einer berufsbedingten Hörstörung sei schwierig. Nach einer gängigen gutachterlichen Praxis könne der Grenzwert für den Hörverlust bei 1 kHz beidseits mit 20 dB definiert werden und unter Anwendung der Röser-Methode ergebe sich dann ein prozentualer Hörverlust von lediglich 20 Prozent rechts sowie 30 Prozent links. Hieraus folge eine MdE von 10 v.H. Erkenne man die nach Angaben des Klägers geltend gemachte Tinnitus-Verstärkung mit Durchschlafstörungen und vegetativen Begleiterscheinung in vollem Umfang an, könne integrativ eine MdE von 15 v.H. anerkannt werden.
Im von Amts wegen eingeholten Gutachten vom 21.12.2005 hat Dr. P. auf Grund der von ihm durchgeführten Hörprüfungen nach dem Sprachaudiogramm einen Hörverlust von 50 Prozent rechts und 60 Prozent links ermittelt, was zu einer MdE von 30 v.H. führe. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23.01.2006 hat Dr. P. erläutert, dass die auch von ihm als nicht lärmbedingt beurteilte Tieftonschwerhörigkeit nicht in seine MdE-Schätzung eingegangen sei. Der nicht vollständig kompensierte Tinnitus bedinge als solcher eine MdE von 5 v.H., gehe jedoch in die Gesamt-MdE von 30 v.H. ein.
Die Beklagte hat die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Z. vom 02.03.2006 vorgelegt. Darin hat Dr. Z. der Bewertung von Dr. P. widersprochen. Unter Berücksichtigung eines Genauigkeitszuschlags von drei dB zu dem gemessenen Beurteilungspegel von 80 dB(A), dem der Kläger ab 1995 ausgesetzt gewesen sei, sei der Kläger ab 1995 bei einem Beurteilungspegel von 83 dB nicht mehr potenziell gehörschädigend tätig gewesen. Die vorliegenden Tonaudiogramme vom Juni 1983, von 1997 und 2002 zeigten eine auffällige Verschlechterung des Hörverlusts links gegenüber rechts. Diese Progredienz werde auch von weiteren Messungen in den Jahren 2004 und 2005 bestätigt, wobei auch Dr. Z. auf eine Diskrepanz zwischen Tonaudiogramm und Sprachaudiogramm bei seinen Messungen hinweise. Auch Dr. P., der mit seinen objektiven Messverfahren nur die Genauigkeit des Tonaudiogramms und nicht des Sprachaudiogramms verifizieren könne, habe eine Diskrepanz zwischen Tonaudiogramm mit Hörverlust von 35 Prozent beidseits und Sprachaudiogramm mit Hörverlust von 50 Prozent rechts und 60 Prozent links festgestellt. Die Tonaudiogramme bis zur eigenen Untersuchung im August 2003 ergäben identische Werte mit Hörverlusten von beidseits 15 Prozent. Die danach einsetzende Verschlechterung sei nicht auf die Lärmexposition zurückzuführen, denn eine lärmbedingte Hörverminderung schreite nach Aufgabe der Lärmarbeit nicht weiter fort. Für eine lärmunabhängige Progredienz der Innenohrschwerhörigkeit spreche, dass nicht erwartungsgemäß die Messwerte des Tonaudiogramms schlechter als die des Sprachaudiogramms seien, denn beim Kläger verhalte es sich signifikant umgekehrt. Nach Dr. P. habe keine Aggravation bestanden, daher sei der signifikante Unterschied zwischen Ton- und Sprachaudiogramm auf eine zentrale Komponente zurückzuführen, was mit einer Lärmschwerhörigkeit nicht zu vereinbaren sei. Außerdem liege eine Asymmetrie des Schwerhörigkeitsgrades links gegenüber rechts vor, was ebenfalls lärmuntypisch sei. Der Kläger habe bei der Untersuchung im August 2003 auf Frage nach seinen Beschwerden primär nur über seine Hörverminderung gesprochen und auf Nachfrage Schlaf- und Konzentrationsstörungen verneint. Erst auf direkte Frage nach einem Ohrgeräusch habe der Kläger von seinem seit sieben bis acht Jahren bestehenden Tinnitus in Form eines Pfeiftones berichtet, was ihn im täglichen Leben nicht wesentlich belaste. Eine etwaige Verschlechterung des Ohrgeräuschs ohne Lärmeinwirkung könne bei der berufsbedingten MdE nicht berücksichtigt werden.
Dr. P. hat sich in seiner hierzu angeforderten ergänzenden Äußerung vom 23.05.2006 der Auffassung von Dr. Z. weitgehend angeschlossen. Seine Einschätzung der MdE von 30 v.H. beruhe auf den eigenen Messungen, eine rückwirkende Objektivierung von Hörstörungen im Jahre 1997 sei ihm nicht möglich. Unter Auswertung der mitarbeitsabhängigen Tests im Audiogramm vom 13.01.1997 ergebe sich eine Hörminderung von 21 Prozent rechts und 26 Prozent links, was eine MdE von 15 v.H. begründe. Ein Tinnitus ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen werden nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit mit einer MdE von 0 bis 10 v.H. bewertet. Hieraus sei zusammenfassend die lärmschadensbedingte MdE auf 20 v.H. ab Ende der Lärmexposition einzuschätzen.
Mit Urteil vom 27.10.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ausgehend von den Werten von Dr. P., dass beim Kläger 1997 eine lärmbedingte Hörminderung von 21 Prozent rechts und 26 Prozent links bestanden habe, sei nach der Tabelle "Feldmann 1995" von einer knapp geringgradigen Schwerhörigkeit rechts und einer geringgradigen Schwerhörigkeit links auszugehen, die nach dieser Tabelle mit einer MdE um 15 v.H. bewertet werde. Eine Erhöhung wegen des Tinnitus komme nicht in Betracht. In den betriebsärztlichen Hörprüfungen seien Tinnitus-Beschwerden nicht erwähnt. Dr. Z. habe bei seiner Begutachtung keine spezifisch tinnitusbedingten Beschwerden erhoben. Seine Ausführungen seien insbesondere auch deshalb überzeugend, weil sich seine Untersuchungsmethoden mit den Empfehlungen der unfallmedizinischen Fachliteratur zur Erhebung der Vorgeschichte bei Ohrgeräuschen decke.
Gegen das dem Kläger am 13.11.2006 zugestellte Urteil hat er am 08.12.2006 Berufung eingelegt und sich zur Begründung auf die Auffassung von Dr. P. gestützt.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.10.2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2003 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, es sei unstreitig, dass die 2002 eingetretene Verschlechterung im Hörvermögen des Klägers nicht Folge der beruflichen Lärmeinwirkung sei. Die Einschätzung der MdE müsse daher auf das Ausmaß vor Eintritt der Verschlechterung gestützt werden. Diese ergebe auch unter Berücksichtigung des Tinnitus keine rentenberechtigende MdE von 20 v.H.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat von Dr. F. das Gutachten vom 16.11.2007 eingeholt. Danach seien die von ihm erhobenen Ergebnisse des Sprachaudiogramms (Hörverlust von 50 Prozent rechts und 60 Prozent links) und des Tonaudiogramms (Hörverlust von 40 Prozent rechts und 55 Prozent links) weitgehend mit den Untersuchungsergebnissen von Dr. P. deckungsgleich, eine wesentliche Verschlechterung des Hörvermögens habe nicht stattgefunden. Nach der Tabelle ergebe sich eine MdE von 30 v.H. Folge man den Ermittlungen der Beklagten, sei eine beruflich bedingte Hörstörung klar abzulehnen, da die Schwerhörigkeit erst wesentlich nach 1995 aktenkundig geworden sei. Wie aus anderen Gutachten bekannt, stimmten die Messungen jedoch oft nicht. Glaube man dem Kläger, sei die jetzige Schwerhörigkeit als lärmbedingte einzuschätzen. Sie sei wesentlich lärmbedingt, endogene Komponenten könnten aber auch eine Rolle spielen. Anzuerkennen sei jedenfalls eine prozentuale Hörminderung von rechts 21 und links 26 Prozent, was einer MdE von 15 v.H. entspreche. Hinzu komme der Zuschlag von fünf v.H. für den Tinnitus, weshalb von einer MdE von 20 v.H. ab November 2002 auszugehen sei.
Die Beklagte hat hierzu die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Z. vom 07.01.2008 vorgelegt. Er führt aus, die frühesten Tonaudiogramme seien von unterschiedlicher Messqualität. Eine genauer eingezeichnete werksärztliche Hörmessung vom Juni 1993 zeige eine lärmtypische hochtonbetonte Schwerhörigkeit, aber auch lärmuntypische schlechte Werte im Tieftonbereich gegenüber dem Mitteltonbereich. Da eine Lärmschwerhörigkeit stets vom Hochton über den Mittelton selten in den Tieftonbereich fortschreite, könnten schlechte Werte im Tieftonbereich gegenüber dem Mitteltonbereich per se nicht lärmbedingt sein. Das Tonaudiogramm von Dr. F. vom November 2007 bestätige darüber hinaus die in den Folgejahren ab 2002 einsetzende Progredienz mit auffälliger asymmetrischer Verschlechterung. Eine signifikante Asymmetrie werde nicht durch chronischen Lärm hervorgerufen, es sei denn, es sei eine einseitig einwirkende Schallquelle vorhanden gewesen, was für die Tätigkeit des Klägers nicht erfasst sei. Bei der betriebsärztlichen Untersuchung sollte und werde auch in aller Regel nach einem Ohrgeräusch gefragt. Ein solches sei in der Anamnese der betriebsärztlichen Untersuchungen von Dr. W. nicht erwähnt worden. Angegebene Schlafstörungen seien auf die Schichtarbeit, nicht auf einen Tinnitus zurückgeführt worden. 1992 habe der Kläger bei der werksärztlichen Untersuchung Schwindelanfälle und Ohrensausen ausdrücklich verneint. Eine Verschlechterung eines Ohrgeräuschs sei nach Aktenlage erst ab 2003 dokumentiert. Das Gutachten von Dr. F. ergebe keine neuen Gesichtspunkte. Die von ihm angenommene Fehlerhaftigkeit der Messungen und einer gehörschädigenden Lärmexposition nach 1995 sei spekulativ.
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und die angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen der anerkannten Berufskrankheit nach Nr. 2301 der Anlage zur BKV.
Gemäß § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherte sind unter anderem Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind. Im Anhang zur BKV ist die Erkrankung an einer Lärmschwerhörigkeit als Berufskrankheit nach Nr. 2301 enthalten.
Eine Leistungspflicht wegen einer Berufskrankheit besteht nur dann, wenn die Gefährdung durch schädigende Einwirkungen ursächlich auf die versicherte Tätigkeit zurückzuführen ist (haftungsbegründende Kausalität) und durch die schädigende Einwirkung die Krankheit verursacht oder wesentlich verschlimmert worden ist (haftungsausfüllende Kausalität). Die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen u.a. neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen, die Schädigung und die Krankheit gehören, müssen erwiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287; 58, 80, 83). Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9/A 26). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist.
Nach diesen Grundsätzen ist die haftungsbegründende Kausalität für die als Berufskrankheit anerkannte Lärmschwerhörigkeit des Klägers nur bis zum Jahr 1995 nachgewiesen, denn gesundheitsschädigende Einwirkungen am Arbeitsplatz des Klägers sind für den Zeitraum danach nicht mit der erforderlichen, an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit belegt.
Der Messtechnische Dienst der Beklagten hat für seine Berechnung des Beurteilungspegels die vom Betrieb selbst vorgenommenen Messungen und eigene Messungen zugrunde gelegt. Unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers, mit welchem Anteil an seiner Gesamtarbeitszeit er in den Produktionshallen des Betriebes unter dem Lärm der P. einen Beurteilungspegels von 80 dB(A) ab 1995. Dr. Z. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass auf der Grundlage der angegebenen Genauigkeitsklasse II zu Gunsten des Klägers noch ein Zuschlag von 3 dB(A) erfolgen kann. Weder aus dem Vorbringen des Klägers noch sonst ist für den Senat ersichtlich gewesen, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Lärmexposition mit einem noch höheren Beurteilungspegel auszugehen ist. Ein Beurteilungspegel von 83 dB(A) ist aber nicht gehörschädigend.
Das Sozialgericht (unter Verweis auf Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 417 f) hat im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt, dass der Beurteilungspegel von unter 85 dB(A) keine ausreichende Lärmexposition darstellt. Nach den bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen kann eine Lärmschwerhörigkeit nur durch eine langjährige Tätigkeit an einem lärmexponierten Arbeitsplatz entstehen, wobei erst ein Dauerlärm oberhalb von 90 dB(A) während des überwiegenden Teils der Arbeitszeit sich im Regelfall gehörschädigend auswirken kann. Bei darunter liegenden Beurteilungspegeln im Bereich zwischen 85 und 90 dB(A) kommt eine Lärmschädigung nur bei langjähriger Exposition oder außergewöhnlich großer individueller Gehörsensibilität in Betracht, wohingegen bei einer durchweg unter 85 dB(A) gelegenen Lärmexposition eine Lärmschwerhörigkeit auszuschließen ist (siehe auch LSG Niedersachsen, Urteil vom 31. März 1998 - L 3 U 267/95 -, veröffentlicht in juris). Diese arbeitsmedizinischen Erfahrungssätze bedürfen keiner Korrektur, weil in der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom 06.03.2007 (BGBl I S. 261) in Umsetzung einer EG Richtlinie "Lärm" (2003/10/EG) vom 15. Februar 2003 um fünf dB herabgesetzte Auslösewerte für Präventionsmaßnahmen festgesetzt worden sind. Das vom Institut für Arbeitsschutz, Sankt Augustin, herausgegebene Lärmschutzarbeitsblatt vom Oktober 2007 enthält neben den messtechnischen Bestimmungen hierzu auch keine vom Königsteiner Merkblatt abweichenden Regelungen. Die Festsetzung des unteren Auslösewerts auf einen Tages-Lärmexpositionspegel von 80 dB(A) betrifft nur den Bereich der Prävention und gibt keinen geänderten Erfahrungssatz zur Entstehung von lärmbedingter Hörbeeinträchtigung wieder. Diese rechtliche Bewertung hat Dr. Z. in seiner Stellungnahme vom 24.01.2008 aus medizinischer Sicht bestätigt.
Entgegen der Auffassung von Dr. F. ist der sich progredient entwickelnde Status der Schwerhörigkeit des Klägers zu einem Zeitpunkt nach 1995 der streitigen Bewertung der berufsbedingten MdE daher nicht zugrunde zulegen, denn die sich gutachterlich äußernden Ärzte haben übereinstimmend ausgeführt, dass sich eine Lärmschwerhörigkeit nach Ende der Lärmexposition nicht verschlechtert. Vielmehr hat Dr. Z. für den Senat überzeugend dargelegt, dass bereits in den noch zum Zeitpunkt der Lärmexposition gefertigten Tonaudiogrammen, insbesondere im werksärztlichen Tonaudiogramm von 1992, neben einer lärmtypischen Schwerhörigkeit auch eine nicht auf Lärm zurückzuführende Schwerhörigkeitskomponente zu erkennen ist. Bereits in frühen Tonaudiogrammen findet sich neben einer - lärmbedingten - Hochtonschwerhörigkeit eine - lärmuntypische - Tieftonschwerhörigkeit, die nicht über eine Mitteltonschwerhörigkeit vermittelt worden sein kann, da die Tieftonschwerhörigkeit stärker ausgeprägt war. Dies spricht für eine bereits zum damaligen Zeitpunkt vorhandene degenerative, lärmunabhängige Schwerhörigkeitskomponente, die sich auch im weiteren progredient entwickelt hat. Dies kommt in der sich später auch abzeichnenden signifikant asymmetrischen Schwerhörigkeit zum Ausdruck, wie Dr. Z. überzeugend dargelegt hat.
Stellt man somit auf die zeitnah zum Ende der Lärmexposition gemessenen Hörverluste von 1997 ab, die sich aus dem Tonaudiogramm von Dr. M. vom 13.01.1997 ergeben, sind nach Dr. Z. in seiner Stellungnahme vom 02.03.2006 ein Hörverlust von 10 Prozent rechts und 10 Prozent links (nach der Tabelle von Röser 1980) und nach Dr. P. ein Hörverlust von 21 Prozent rechts und 26 Prozent links (nach der Tabelle von Röser von 1973) nachgewiesen. In Übereinstimmung mit Dr. P. hat auch Dr. F. eine solche prozentuale Hörminderung für 1997 angenommen. Damit ergibt sich für eine beidseitige Lärmschwerhörigkeit eine nicht rentenberechtigende MdE um 10 v.H. bzw. 15 v.H. nach der Tabelle von Feldmann (vgl. Schönberger und andere, a. a. O., S. 437). Insoweit ist die von Dr. Z. und von Dr. P. vorgenommene MdE-Einschätzung auch nachvollziehbar.
Entgegen der Angaben von Dr. P. und Dr. F. ist eine Erhöhung der MdE durch das vom Kläger geltend gemachte Ohrgeräusch für den hier maßgeblichen Zeitpunkt 1995 nicht gerechtfertigt. Der Senat hat Bedenken, ob eine solche Gesundheitsstörung für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum bis 1995 überhaupt nachgewiesen ist. Dr. Z. hat nachvollziehbar dargelegt, dass bei den betriebsärztlichen Untersuchungen durch die Werksärztin Dr. W. kein Ohrgeräusch beim Kläger diagnostiziert worden ist. In der von der Beklagten eingeholten Stellungnahme von Dr. W. vom 05.03.2003 ist daher auch kein Tinnitus erwähnt. Im Untersuchungsbogen Lärm I zur arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung im Dezember 1992 sind vielmehr Schwindelanfälle und Ohrensausen ausdrücklich verneint worden. Auch bei der Untersuchung in der Praxis Dr. M. am 13.01.1997 ist kein Tinnitus diagnostiziert worden, wie der Praxisnachfolger Dr. W. auf Anfrage der Beklagten unter dem 15.04.2003 mitteilte. Der sachverständige Zeuge Dr. N. hat in seiner schriftlichen Aussage vom 02.04.2004 vor dem Sozialgericht angegeben, dass der Kläger am 19.03.2002 über einen beidseitigen hochfrequenten pfeifenden Tinnitus geklagt hatte, der seit zwei Jahren mit einer beidseitigen Schwerhörigkeit bestehe. Dies korreliert mit den Angaben in der ärztlichen Anzeige über eine Berufskrankheit dieser Praxis vom 14.11.2002, in der eine seit zwei Jahren bestehende zunehmende Schwerhörigkeit mit Tinnitus angeführt wurde. Demnach ist ein Tinnitus erst um das Jahr 2000 aufgetreten, als der Kläger bereits fünf Jahre keinem gehörschädigendem Lärm mehr ausgesetzt war. Die späteren Angaben des Klägers bei den Untersuchungen durch Dr. Z. im August 2003 und im Jahr 2005 bei Dr. Z. und Dr. P., wonach der Tinnitus zusammen mit der bemerkbaren Hörminderung bereits seit sieben bis acht bzw. acht bis neun Jahren, also seit 1996/97, bestehe, ist daher wenig glaubhaft. Der Senat ist aber gehindert, den Tinnitus als Folge der anerkannten Berufskrankheit zu verneinen, da die Beklagte im angefochtenen Bescheid einen Tinnitus als Folge der anerkannten Berufskrankheit bestandskräftig festgestellt hat.
Doch selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass der im Hochtonfrequenzbereich verdeckbare Tinnitus mit der Lärmschwerhörigkeit vergesellschaftet war, was die begutachtenden Ärzte Dr. Z., Dr. P. und Dr. F. angenommen haben und Dr. Z. jedenfalls nicht ausgeschlossen hat, führt dies nicht zu einer höheren MdE. Der Tinnitus wird nach den arbeitsmedizinischen Erfahrungswerten mit einer MdE bis zu 10 v.H. integrierend berücksichtigt, psychische Begleiterscheinung sind gegebenenfalls durch eine nervenärztliche gutachtliche Äußerung gesondert zu bewerten und in eine Gesamt-MdE einzubeziehen (vgl. Schönberger u. a., a. a. O. S. 442).
Eine durch den Tinnitus verursachte zusätzliche Beeinträchtigung über die Hörminderung hinaus hat der Kläger bei der Untersuchung durch Dr. Z. im August 2003 nicht angegeben. Zu diesem Zeitpunkt jedenfalls war die Ausprägung des Tinnitus, selbst wenn er bereits ab 1996 oder 1997 bestanden haben sollte, nicht so störend, dass der Kläger bei der Frage des Gutachters nach seinen Ohrbeschwerden den Tinnitus spontan genannt hatte, sondern diesen erst auf Nachfrage erwähnte. Typische Tinnitus-Beschwerden wie Schlaf- oder Konzentrationsstörungen wurden verneint. Der Kläger hatte hierzu passend auch angegeben, dass er den Pfeifton gut ignorieren kann und im täglichen Leben nicht wesentlich damit belastet sei. Dies deckt sich auch mit den oben angeführten Umständen, dass ein Tinnitus bei den werksärztlichen Untersuchungen und bei der Vorstellung in der Praxis von Dr. M. 1997 nicht beklagt wurde. Ein in seinem Ausmaß gegenüber einem Arzt klagbarer oder ärztlich behandlungsbedürftiger Tinnitus bestand nicht. Die Ausführungen von Dr. Z. zur integrativen Berücksichtigung des Tinnitus, dessen funktionelle Beeinträchtigung in der Hörstörung aufgeht, sind für den Senat auf dieser Grundlage nachvollziehbar und stehen im Einklang mit der arbeitsmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger u. a., a. a. O.), weshalb eine Erhöhung der für die reine Hörminderung angesetzten MdE in diesem Fall nicht geboten ist.
Der von Dr. P. und Dr. F. angenommene Zuschlag um 5 v.H. für den Tinnitus, weshalb beide Ärzte zu einer Gesamt-MdE von 20 v.H. kommen, ist nicht näher begründet. Dr. P. weist - in Abweichung zu seiner früheren, nicht erhöhend berücksichtigten MdE-Einschätzung vom 23.01.2006 - in seiner letzten Stellungnahme vom 23.05.2006 nur daraufhin, dass aus der Darstellung von Dr. Z. zu einer fehlenden spontanen Tinnitusangabe des Klägers nicht auf eine Abwesenheit des Ohrgeräuschs geschlossen werden könne, sondern eher fehlende Aggravation oder Verdeutlichungstendenzen zeige. Es finden sich bei beiden Ärzten aber keine Ausführungen zu dem von Dr. Z. ermittelten Fehlen tinnitustypischer Beschwerden, die der Kläger auf direktes Nachfrage ausdrücklich verneint hatte. Auch der von Dr. Z. bejahte Zuschlag von 5 v.H. für den Tinnitus, freilich bei seinem Ausgangspunkte einer allein durch die Hörminderung bedingten Teil-MdE von 10 v.H., beruht auf der von ihm angenommenen Tinnitus-Verstärkung mit Durchschlafstörungen und vegetativen Begleiterscheinungen, die der Kläger ihm gegenüber bei der Untersuchung im August 2004 in Abweichung zur Untersuchung bei Dr. Z. 2003 als tinnitusbedingte Beschwerden vorgetragen hat. Eine nach August 2003 eingetretene Verschlechterung des Tinnitus, somit nach Ende der Lärmexposition 1995, ist jedoch nicht mehr lärmbedingt. Dr. Z. hat unter Hinweis auf diese arbeitsmedizinischen Erkenntnisse überzeugend ausgeführt, dass eine Progredienz des Tinnitus nach Ende der Lärmexposition nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als im wesentlichen lärmbedingt beurteilt werden kann (Stellungnahme von Dr. Z. vom 07.01.2008), was mit dem von allen Ärzten akzeptierten arbeitsmedizinischen Erfahrungssatz in Einklang steht, dass eine Lärmschwerhörigkeit nach Ende der Lärmexposition nicht fortschreitet.
Bei dieser Ausgangslage hat der Senat für weitere medizinische Ermittlungen keinen Anlass gesehen. Insbesondere hat Dr. F. in seinem Gutachten zu den seiner Auffassung widersprechenden Ausführungen von Dr. Z., die dieser in seiner Äußerung vom 07.01.2008 lediglich vertieft hat, umfassend Stellung genommen. Im übrigen hat Dr. F. im Ergebnis den Ausgangspunkt einer gehörschädigenden Exposition ab 85 dB(A) ebenso wie Dr. Z. bejaht, weshalb auch insoweit keine aufklärungsbedürftige Divergenz vorliegt. Auch auf Nachfrage des Senats sind sonstige aufklärungsbedürftige Beweisfragen in der mündlichen Verhandlung nicht genannt worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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