L 6 U 1980/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 2611/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1980/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. April 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu tragen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob eine vom Kläger erlittene Außenknöchelfraktur rechts Folge eines Arbeitsunfalls ist.

Der 1965 geborene Kläger wurde am 1. Februar 2004 früh morgens Opfer eines gemeinschaftlichen tätlichen Angriffs des S. F. (nachfolgend S. F.), des H. S., des J. G. (nachfolgend J. G.), des A. F. (nachfolgend A. F.; Bruder des S. F.) und des D. W. (nachfolgend D. W.). Der Angriff geschah im Eingangsbereich der vom Kläger in P.-U. betriebenen Schankwirtschaft "L. B.". Der Kläger zog sich dabei eine Außenknöchelfraktur rechts Typ Weber C mit Syndesmosenbeteiligung zu. Der Bruch wurde im Rahmen eines stationären Aufenthalts vom 4. bis 11. Februar 2004 reponiert und verplattet. Im Juli 2004 beklagte der Kläger anhaltende Schmerzen im Bereich des Innenknöchels; auf den letzten Zwischenbericht vom 22. Juli 2004 wird Bezug genommen.

Der als selbstständiger Gastwirt bei der Beklagten versicherte Kläger erstattete am 4. Februar 2004 eine Unfallanzeige. Dabei gab er u.a. an, zwei jugendliche Russen seien gegen 02:00 Uhr früh in die Kneipe gekommen und hätten Streit gesucht. Dies sei verhindert worden. An der Türe habe er andere Russen verwiesen, die auch in die Kneipe gewollt hätten. Dabei habe er einen Schlag ins Gesicht bekommen. Die anderen hätten sich dann auf ihn gestürzt.

Die Beklagte zog die Akten der Staatsanwaltschaft Heilbronn im Ermittlungsverfahren gegen S. F. bei. Aus den darin enthaltenen polizeilichen Vernehmungsprotokollen ergibt sich in groben Zügen folgender Geschehensablauf: Am Abend des 31. Januar 2004 fand im "L. B." eine Faschingsveranstaltung statt (der Kläger war als Mönch kostümiert). Zwei der Gäste, N. Schu. (nachfolgend Schu.) und P. M. (nachfolgend M.) hielten sich vorübergehend vor der Gaststätte auf. Dort trafen sie S. F. und dessen Freundin N. C. (nachfolgend N. C.), die zu Fuß auf dem Nachhauseweg von einer privaten Geburtstagsfeier waren. Zwischen Schu. und M. einerseits und N. C. und S. F. andererseits kam es zu einem Streit, wobei die beiden Letzteren behaupteten, N. C. sei von einem der beiden anderen Männern "am Hintern angefasst" worden. Zunächst trennten sich die Wege der am Streit beteiligten Personen. S. F. wollte die Sache jedoch nicht auf sich beruhen lassen. Er verständigte seinen Bruder A. F. Dieser fuhr mit den weiteren, später verurteilten Freunden zum "L. B.". S. F. und N. C. waren zwischenzeitlich zwei Mal im "L. B." gewesen, um die Person zu suchen, die angeblich N. C. belästigt habe. Beim 2. Besuch hob S. F. in der unzutreffenden Annahme, es handle sich um den Gesuchten, den Kopf eines schlafend am Tresen sitzenden unbeteiligten Gastes an und ließ ihn wieder auf die Theke fallen. Daraufhin wurden S. F. und N. C. vom Kläger und dessen Stiefsohn M. H. (nachfolgend H.) des Lokals verwiesen. Die beiden versammelten sich mit dem zwischenzeitlich herbeigerufenen Bruder und den weiteren Personen in Sichtweite der Gaststätte. Die Gruppe ging anschließend wiederum zur Gaststätte und begehrte dort Einlass. Der Kläger, der das Ganze schon von weitem beobachtet hatte, stand am Eingang und verwehrte den Eintritt. Daraufhin gab D. W. dem Kläger eine Ohrfeige, die von diesem umgehend erwidert wurde. Anschließend kam es zu der Schlägerei, bei der der Kläger sich die Außenknöchelfraktur zuzog. An dieser Schlägerei war auch H. beteiligte. Die Ehefrau des Klägers hatte in Erwartung einer derartigen Entwicklung schon vor Beginn der Schlägerei die Polizei informiert.

Bei der Geschädigtenvernehmung hatte der Kläger folgende Angaben gemacht: " ... Ich stellte mich den Jugendlichen unter der Türe in den Weg und fragte sie, was sie wollen. Einer, der etwas älteren und größeren, der eine dunklere Jacke getragen hat, meinte, sie wollen ein Bier trinken. Dies habe ich verneint, weil mir die Vorgeschichte schon sehr komisch vorkam und mir die Leute zu jung waren. Vom Akzent her waren die Jugendlichen eindeutig Russlanddeutsche. Daraufhin bekam ich von dem eine Ohrfeige an linkes Ohr. Dies erwiderte ich mit derselben. Daraufhin war die Sache für mich zunächst erledigt, bis auf etwas Durcheinander bei den anderen waren auch diese ruhig. Der M. (Anmerkung: H.) sagte daraufhin zu dem, der vorher in der Wirtschaft geschnüffelt hatte, er möchte bitte mit reinkommen, da wir gerne wüssten was los sei. Dies verweigerte der Jugendliche. Daraufhin mischte ich mich ein, schnappte ihn am Pullover und forderte ihn auf, mit rein zu gehen. Ich bin der Meinung, als ich ihn angefasst hatte, kamen einige auf mich zugerannt und schmissen mich um. Als ich am Boden lag, wurde ich von den Jugendlichen, es waren mehrere, zwei auf jeden Fall, mit den Fäusten geschlagen und Füßen getreten ..."

Mit Bescheid vom 21. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Juli 2004 lehnte die Beklagte eine Entschädigung für das Ereignis vom 1. Februar 2004 mit der Begründung ab, es habe sich bei dem schädigenden Ereignis nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Zum Zeitpunkt der Schädigung sei kein innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit mehr gegeben gewesen. Nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Polizei sei die Sache hinsichtlich der Verweigerung des Zutritts zur Gaststätte mit der Erwiderung der Ohrfeige für den Kläger erledigt gewesen. Soweit sich der Kläger danach noch eingemischt und einen Jugendlichen am Pullover in die Gaststätte habe ziehen wollen, sei dies lediglich auf private Gründe - die Beklagte gab später als Motiv Neugierde an - zurückzuführen.

Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner am 25. August 2004 erhobenen Klage. Er machte unter nochmaliger Schilderung des Hergangs geltend, sich die Verletzung zugezogen zu haben, als er die Jugendlichen habe hindern wollen, erneut die Gaststätte zu betreten. Auf seine Aussage bei der Polizei komme es nicht so an, zumal er den genauen Sachverhalt weniger exakt mitbekommen habe, wie die anderen Zeugen. Zudem sah sich der Kläger durch den Inhalt des zeitlich am 29. September 2004 ergangenen Strafurteils des Amtsgerichts Heilbronn bestätigt. Die Beklagte hielt dem entgegen, dem Strafurteil könne nicht gefolgt werden. Zu der Eskalation sei es erst gekommen, als der Kläger einen Jugendlichen gewaltsam festhalten wollte. Dies ergebe sich aus den zeitnahen Angaben des Klägers, denen der größte Beweiswert zuzumessen sei. Diese Angaben seien auch vom Zeugen H. bestätigt worden.

Das SG zog die Strafakten bei. Insbesondere auf den Inhalt des darin enthaltenen Urteils des Amtsgerichts Heilbronn vom 29. September 2004 wird Bezug genommen. Die zu Beginn genannten Angreifer, die allesamt zuvor schon strafrechtlich in Erscheinung getreten waren, wurden zu Jugendstrafen von 10 bis 15 Monaten auf Bewährung verurteilt. Mit Urteil vom 14. April 2005 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide zur Anerkennung des Ereignisses vom 1. Februar 2004 als Arbeitsunfall sowie "zur Gewährung gesetzlicher Entschädigungsleistungen." Es habe keine überwiegend eigenwirtschaftliche Tätigkeit des Klägers vorgelegen. Nachdem die beiden Jugendlichen nach ihrem zweiten Besuch einen an der Theke schlafenden Gast körperlich misshandelt hätten, entspreche es dem allgemein von einem Gastwirt zu erwartenden Verhalten, die Personalien festzustellen. Es sei unerheblich, ob der Kläger einen der Jugendlichen gewaltsam in die Gaststätte habe ziehen wollen oder ob er den betreffenden Jugendlichen geschnappt und ihn aufgefordert habe mitzukommen. Entscheidend sei, dass angesichts des massiven Auftretens der Jugendlichen und der vorangegangenen Vorfälle eine Gegenwehr des Klägers angemessen gewesen sei. Seine Absicht, die Personalien des Jugendlichen, der den Kopf des schlafenden Gastes gegen die Theke geschlagen habe, festzustellen, sei nicht zu beanstanden. Es sei nachvollziehbar, dass der Kläger im Zuge der Auseinandersetzungen mit den Jugendlichen zum einen weiteren Schaden von der Gaststätte habe fernhalten und zum anderen eine mögliche Strafverfolgung der Jugendlichen habe ermöglichen wollen. Die Einzelheiten der Auseinandersetzung könnten nicht abschließend beurteilt werden. Es sei daher aus dem gesamten Geschehensablauf, wie er sich aus den Feststellungen des Amtsgerichts Heilbronn und der Polizeidirektion K. ergebe, die überwiegende Handlungstendenz des Klägers zu ermitteln. Diese sei dem Tätigkeitsbereich des Klägers als Gastwirt zuzuordnen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt des der Beklagten am 2. Mai 2005 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Urteils verwiesen.

Dagegen hat die Beklagte am 17. Mai 2005 beim Landessozialgericht (LSG) mit dem Begehren, das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen, Berufung eingelegt. Die Motivation des Klägers bleibe im Urteil des SG offen. Es werde allein auf das massive Auftreten der Jugendlichen abgestellt. Dabei sei es nicht um die Feststellung der Personalien desjenigen, der den Kopf eines Gastes hochgehoben und fallen gelassen habe (S. F.), sondern eines anderen (D. W.) gegangen. Nach dem erfolgreichen Verhindern des Betretens der Gaststätte sei zeitlich eine Zäsur und ein Motivationswechsel eingetreten. Das handfeste Zupacken danach sei nicht mehr in den Schutzbereich der Unfallversicherung gefallen. Der Kläger hätte sich auf mündliche Ermahnungen und eine Verständigung der Polizei, was durch seine Ehefrau schon geschehen sei, beschränken müssen. Das spätere Packen des D. W. sei ausschließlich dem privaten Bereich zuzuordnen. Als Gastwirt habe der Kläger nicht schlichtweg uneingeschränkt für das Wohl und Wehe seiner Gäste einzustehen. Repressive Aufgaben würden ihm nur in Ausnahmefällen obliegen. Das Einmischen in Form des Zupackens lasse dem Wortsinn nach keine auf Ausspruch eines Hausverbots gerichtete Handlungstendenz erkennen. Eine Gefährdung der Gäste sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. April 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält das angegriffene Urteil für richtig. Die Beklagte versuche, einen einheitlichen Sachverhalt auseinander zu reißen. Mit seinem Verhalten am 1. Februar 2004 habe er weiteren Schaden verhindern und die Strafverfolgung sichern wollen. Er habe sich die Verletzungen bei der Verweigerung des Betretens der Gaststätte zugezogen. Hinsichtlich seiner Gäste treffe ihn eine Garantenpflicht. Private Interessen seien nicht im Spiel gewesen. Auch ein Zupacken könne im Zusammenhang mit einem Hausverbot stehen. Seine einzige Handlungstendenz sei gewesen, Gefahren von den Gästen abzuhalten.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Akten beider Rechtszüge sowie der Strafakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG (SozR 4-2700 § 2 Nr. 3; SozR 4-2700 § 8 Nr. 12) geht der Senat davon aus, dass das SG kein Leistungsurteil, auch nicht als Grundurteil nach § 130 SGG erlassen hat. Denn der Kläger hat keine konkreten Entschädigungsleistungen geltend gemacht. Es ging ihm ersichtlich nur um die Anerkennung des Arbeitsunfalls als solchen. Auf seine sinngemäß erhobene Anfechtungs- und Feststellungsklage gem. § 54 Abs. 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG hat das SG sinngemäß festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 1. Februar 2004 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist nicht begründet.

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Die rechtliche Prüfung des Vorliegens eines Arbeitsunfalls setzt im ersten Prüfungsschritt voraus, dass der Verletzte im Unfallzeitpunkt einer unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehenden Verrichtung nachging. Dieser so genannte innere oder sachliche Zusammenhang ist ausschließlich wertend zu ermitteln. In einem zweiten Prüfungsschritt ist zu untersuchen, ob die - versicherte - Verrichtung den fraglichen Unfall wesentlich (mit)ursächlich herbeigeführt hat, ob der Verletzte den Unfall "infolge" seiner versicherten Tätigkeit erlitten hat (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Schließlich ist im dritten Prüfungsschritt zu untersuchen, ob und welchen Folgen der Unfall wesentlich (mit)ursächlich hervorgerufen hat (BSG, Urteil vom 15. Februar 2005 - B 2 U 1/04 R zitiert nach Juris). Maßgeblich beim ersten Prüfungsschritt ist die Handlungstendenz des Versicherten, wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Für Verrichtungen eines Unternehmers ist entscheidend, ob sich die jeweilige Tätigkeit im Rahmen des Unternehmens hält (BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 37/99 R zitiert nach Juris). Die Handlungstendenz ist insbesondere von Bedeutung, wenn es um die Abgrenzung der versicherten von der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit geht. Ist die Tätigkeit nicht ausschließlich betrieblichen oder privaten Zwecken zuzuordnen und lässt sie sich auch nicht eindeutig in zwei Teile zerlegen, handelt es sich um eine so genannte gemischte Tätigkeit. Versicherungsschutz besteht dann, wenn die gemischte Tätigkeit wesentlich auch der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt war. Nicht erforderlich ist, dass die Verrichtung überwiegend betrieblichen Interessen gedient hat. Verfolgt der Handelnde dagegen keinen Zweck, der dem versicherten Bereich dient, steht dies grundsätzlich der Annahme eines rechtlich wesentlichen Zusammenhangs entgegen. Nur besonders mitwirkende Ursachen aus dem versicherten Risikobereich können dann doch noch einen Versicherungsschutz ergeben (BSG, Urteil vom 27. Januar 1994 - 2 RU 3/93 zitiert nach Juris).

Unter Beachtung dieser Grundsätze übte der Kläger zu dem Zeitpunkt, als er zu Boden gerissen und nachfolgend derart traktiert wurde, dass sein rechter Außenknöchel brach, eine versicherte Tätigkeit aus. Der Kläger war zu diesem Zeitpunkt als Gastwirt tätig. Der Umstand, dass er sich entsprechend der an diesem Abend stattfindenden Veranstaltung kostümiert hatte, spricht nicht gegen die Ausübung dieser Tätigkeit. Dies wurde von der Beklagten auch nicht behauptet. Der Kläger hat in seiner Funktion als Gastwirt einer Gruppe Heranwachsender, die die Absicht hatten, seine Gastwirtschaft zu betreten, den Zutritt verwehrt, da ihm insbesondere einer der Mitglieder der Gruppe kurz zuvor in der Gastwirtschaft negativ aufgefallen war. Dieser hatte den Kopf eines am Tresen schlafenden Gastes angehoben und auf den Tresen fallen lassen. Die nun in die Gastwirtschaft strebende Gruppe stellte eine erheblich Drohkulisse dar. Dafür spricht, dass die Ehefrau des Klägers bereits vor dem Beginn der Schlägerei die Polizei telefonisch herbei gerufen hatte. Auch die von der Polizei vernommene Zeugin K. S. gab an, für sie sei bereits zum Zeitpunkt, als die Gruppe noch ca. 50 m von der Gaststätte entfernt war, eine bevorstehende Schlägerei absehbar gewesen. Soweit der Kläger in diese Schlägerei hineingezogen wurde, weil er der Gruppe den Zutritt zu seiner Gastwirtschaft verbot, steht seine Handlungstendenz im Einklang mit der versicherten Tätigkeit als Gastwirt. Ihm oblag die Abwägung, welchen Personen er den Zutritt zu der Gaststätte erlaubte. Es mag sein, dass der Kläger darüber hinaus in die Schlägerei weiter mit hineingezogen wurde, weil er auf Veranlassung seines Stiefsohnes, der zu diesem Zeitpunkt Polizeianwärter war, versuchte, die Personalien eines Beteiligten festzustellen. Damit ist jedoch nicht der innere Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit entfallen. Dagegen spricht bereits, dass sich der ganze Geschehensablauf nicht, wie von der Beklagten vorgenommen, in zwei Teile im Sinne eines ersten Teiles "Verweigerung des Zutritts" und eines zweiten Teiles "Feststellung von Personalien" gliedern lässt. Zwar könnte aus den zeitnah vom Kläger bei der Geschädigtenvernehmung am 3. Februar 2004 gemachten Angaben auf eine solche Zäsur geschlossen werden. Diese Auslegung ist jedoch nach Überzeugung des Senats zu weitgehend und steht auch nicht mit den übrigen hier vorliegenden Aussagen in Übereinstimmung. Danach steht fest, dass ein einheitlicher Vorgang vorlag. Zwar hat der Kläger tatsächlich angegeben, die Sache sei nach der Ohrfeige für ihn zunächst erledigt gewesen, die anderen seien ruhig gewesen und er habe sich erst wieder eingemischt, nachdem sein Stiefsohn einen der Jugendlichen hereingebeten habe. Diese Äußerung hat der Kläger aber in der mündlichen Verhandlung für den Senat einleuchtend damit erklärt, dass er dadurch eine Schlägerei vermeiden wollte. Außerdem gab der Kläger am 3. Februar 2004 auch an, es habe noch "etwas Durcheinander" geherrscht. Anknüpfend daran ergibt sich aus den anderen Aussagen, dass eine Handlung in die nächste überging. Der Senat stützt sich dabei auf die gegenüber der Polizei gemachten Aussagen des Herrn E. W., des H., des J. G., D. W., S. F. und A. F. Diesen Zeugenaussagen kann keine Zäsur im eben beschriebenen Sinne entnommen werden. Der Zeuge H. hat vielmehr geschildert, andere Gäste hätten dem Kläger in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ohrfeige versucht zu helfen und bereits zu diesem Zeitpunkt hätten die anderen Jugendlichen wild eingeschlagen. Er selbst - H. - habe den eigentlichen Unruhestifter herausziehen und die Situation in den Griff bekommen wollen. Allerdings sei er dazu nicht in der Lage gewesen. Der Kläger habe ihm helfen wollen, was dazu geführt habe, dass die anderen gemeinsam gegen ihn vorgegangen seien und ihn zu Boden geprügelt hätten. J. G. schilderte in seiner Zeugenvernehmung, der Kläger habe D. W. gepackt, um ihn daran zu hindern, dem S. F., der sich in einer Auseinandersetzung mit H. befunden habe, zu helfen. Welche dieser Darstellungen nun im Detail die zutreffende ist, kann der Senat dahin gestellt lassen. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich die Überzeugung von einer relevanten Zäsur nicht aus den Aussagen herleiten lässt. Der Kläger war nicht nur - wie oben ausgeführt - zu Beginn der Schlägerei als Gastwirt tätig, er war dies bis zum Schluss. Soweit er auch beabsichtigte, Personalien eines Beteiligten festzustellen und dem H. Hilfe zu gewähren, sieht der Senat einen ausreichenden Zusammenhang dieser Handlungstendenzen mit der versicherten Tätigkeit. Selbst wenn, wie von der Beklagten vorgetragen, der Kläger zu einer Feststellung von Personalien nicht verpflichtet gewesen sein sollte, ist es verständlich, dass er als Gastwirt dies angesichts der Vorgeschichte mit dem schlafenden Gast und nicht zuletzt dem Umstand, dass der Betroffene Teil einer Gruppe war, die offensichtlich eine tätliche Auseinandersetzung suchte, versuchte. Unerheblich ist dabei auch eine mögliche Verwechslung des S.F. und des D.W. Die Auffassung der Beklagten, der Kläger habe ab einem gewissen Zeitpunkt im Ergebnis nur noch als "Privatmann" aus Neugier gehandelt, geht vor diesem Hintergrund fehl.

Selbst wenn man entsprechend der Argumentation der Beklagten davon ausgehen wollte, dass das "Festhalten" oder "Zupacken" zum Zwecke der Personalienfeststellung nicht mehr von den Pflichten eines Gastwirts umfasst war und es besser gewesen wäre, wenn der Kläger diese repressiven Aufgaben der bereits benachrichtigten Polizei überlassen hätte, führt dies zu keiner anderen Beurteilung und schließt den sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit zum Zeitpunkt der Körperverletzung nicht aus. Wie bereits ausgeführt, hält der Senat die Argumentation, der Kläger habe sich nur aus privater Neugier entschlossen, Personalien festzustellen, für nicht nachvollziehbar. Soweit er in Verkennung seiner Pflichten als Gastwirt dies versuchte und dadurch die Gefahr, sich durch eine Gegenwehr Verletzungen zuzuziehen, erhöhte, ist dies unbeachtlich, denn nach § 7 Abs. 2 SGB VII schließt selbst verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht aus.

Ebenfalls unerheblich ist, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Schlägerei, wie sich aus dem Durchgangsarztbericht vom 1. Februar 2004 ergibt, alkoholisiert war. Solange ein bei der Arbeit unter Alkoholeinfluss stehender Versicherter mit der zum Unfall führenden Verrichtung ausschließlich betriebliche Zwecke verfolgt, kann der sachliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit nur verneint werden, wenn der Betreffende so alkoholisiert ist, dass er nicht mehr zu einer dem Unternehmen dienenden Zweck gerichteten Ausübung seiner Tätigkeit in der Lage ist (BSG, Urteil vom 5. September 2006 - B 2 U 24/05 R zitiert nach Juris). Anhaltspunkte für eine erhebliche Alkoholisierung liegen nicht vor. Nach seinen eigenen Angaben hatte der Kläger ca. fünf Bier getrunken. Aus den Zeugenaussagen ergeben sich keine Hinweise, dass dadurch ein alkoholtypisches Fehlverhalten bedingt war.

Mithin übte der Kläger während des gesamten Zeitraums der Schlägerei eine versicherte Tätigkeit aus.

Ein Unfall liegt offensichtlich vor: durch die Tritte und Schläge, die auf den Körper, insbesondere auf den rechten Knöchel trafen, zog sich der Kläger eine Außenknöchelfraktur zu.

Die Berufung der Beklagten war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
Saved