Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2221/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5784/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 30. November 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zur Gewichtsreduktion streitig.
Der 1966 geborene, bei der Beklagten als Rentner (pflicht-) krankenversicherte Kläger leidet an paranoider Schizophrenie und neigt zu Alkoholmissbrauch. Seit April 2003 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen einer seelischen Krankheit, einer Alkoholkrankheit und einem Anfallsleiden festgestellt.
Sein im Mai 2005 gestellter erster Antrag auf die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zur Gewichtsreduktion blieb erfolglos. Die gegen die ablehnenden Bescheide erhobene Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) wurde mit Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2005 abgewiesen (S 4 KR 1666/05). Die Berufung wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 24. November 2006 (L 4 KR 4586/05) mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger sei auf die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme fixiert und ihm fehle die Motivation zu der eigentlich erforderlichen ambulanten Gewichtsreduktion. Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde an das Bundessozialgericht wurde mit Beschluss vom 5. Februar 2007 (B 1 KR 147/06 B) als unzulässig verworfen.
Am 6. März 2007 beantragte er erneut die Gewährung einer Kur zur Behandlung seines krankhaften Übergewichts und der Herzkrankheit. Er leide an extremer Kurzatmigkeit sowie psychischen Problemen mit seinem Übergewicht und wolle 40 kg Gewicht verlieren. Gegenwärtig wiege er bei einer Größe von 166 cm 129 kg. Er habe bereits eine Ernährungsberatung in Anspruch genommen und betreibe Sport (Ergometer). Auf Aufforderung seitens der Beklagten befürwortete der behandelnde Internist B. den Rehabilitationsantrag, da die zunehmende Adipositas zu einer deutlichen Einschränkung der cardio-pulmonalen Belastbarkeit und schweren Gelenkschmerzen führe. Eine Massage- und Bewegungstherapie sei in den letzten Monaten nicht erfolgt, sei aber aussichtsreich, dies gelte auch für eine Wärme-Kälte-Therapie bzw. standardisierte Heilmittelkombinationen. Der Kläger habe auch keine Ernährungsberatung in Anspruch genommen oder Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufgenommen, auch solche Maßnahmen seien erfolgversprechend.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes holte die Beklagten ein Gutachten bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. W. führte aus, dass bei nicht ausreichender Compliance für Therapiemaßnahmen und nicht ausreichender Reha-Fähigkeit die Durchführung der Maßnahme aus medizinischen Gründen nicht zu befürworten sei. Alternativ empfohlen werde die Durchführung einer Ernährungsberatung, gegebenenfalls auch lungenfachärztliche Mitbehandlung, ferner weitere Durchführung von Soziotherapie.
Am 22. Juni 2007 erhob der Kläger beim SG Untätigkeitsklage (S 8 KR 2221/07).
Mit Bescheid vom 18. Juli 2007 lehnte die Beklagte den Antrag in Auswertung der Ausführung des MDK ab. Der Kläger erklärte hierauf das Klageverfahren nicht für erledigt, da ihm die Widerspruchsmöglichkeit eröffnet worden sei.
Mit seinem gesondert gegen den Bescheid eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er könne und wolle ja nicht zurück ins Arbeitsleben, sondern nur eine bessere körperliche Gesundheit erreichen. Dies werde ihm nur über eine stationäre Kur gelingen. Nicht ausreichende Compliance habe er im Hinblick auf seelische Anforderungen. Körperlich könne und wolle er vollständig gesunden, welches nur stationär möglich sei. Bei einem BMI von über 40 werde grundsätzlich eine Magenverkleinerung empfohlen, ob er dies wirklich beantragen solle? Daraufhin schaltete die Beklagte erneut den MDK ein. Dr. L. führte aus, unter Berücksichtigung aller aktuell vorliegenden medizinischen Unterlagen sei die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitation nicht hinreichend plausibel nachvollziehbar. Bei dem Kläger sei die Reha-Fähigkeit deutlich eingeschränkt, das Reha-Potential nicht erkennbar und die Reha-Prognose negativ. Als zielführende Behandlung werde eine fachübergreifende Weiterbehandlung unter Einbeziehung einer Ernährungsberatung empfohlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 04. September 2007 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger leide zwar unstreitig an behandlungsbedürftigen Erkrankungen, die aber ambulant behandelt werden könnten. Der behandelnde Hausarzt B. habe bereits im Leistungsantrag verschiedene Therapien als aussichtsreich erachtet. Derartige Behandlungen kämen bislang vor Ort nicht zum Einsatz. Gleiches gelte für eine gezielte Ernährungsberatung. Unabhängig davon setze die Rehabilitationsfähigkeit eines Patienten voraus, dass er ausreichend belastbar, motivierbar und aufgrund seiner geistigen Aufnahmefähigkeit und psychischen Verfassung in der Lage sei, aktiv bei der Rehabilitation mitzuarbeiten. Dies sei bei dem Kläger nach der gutachterlichen Stellungnahme des MDK nicht der Fall. Unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes müsse daher insgesamt davon ausgegangen werden, dass die ambulant sich bietenden Behandlungsmöglichkeiten ausreichten und es einer weitergehenden stationären Maßnahme nicht bedürfe.
Mit seiner dagegen beim SG erhobenen Klage (S 8 KR 3103/07), verbunden mit Beschluss vom 8. Oktober 2007 zum Klageverfahren S 8 KR 2221/07, machte der Kläger geltend, er werde mit Medikamenten eingestellt und habe schon seit 4 bis 5 Jahren keine wahnhaften Gedanken mehr. Auch an seinen Klage sei nichts Wahnhaftes, es sei nur eine angenehme Beschäftigung für ihn, selbst zu klagen und dies keinem Anwalt zu überlassen. Wenn er die Klagen einem Anwalt überlasse, habe er selbst überhaupt nichts mehr zu tun. Er wiege gegenwärtig 130 kg und sei 166 cm groß, im Laufe des letzten Jahres habe sich zusätzlich ein Diabetes entwickelt. Es habe 10 Jahre gedauert, um seelisch gesund zu werden und seinen jetzigen Zustand herzustellen. Er werde daher keinesfalls etwas tun, was seine seelische Gesundheit zu gefährden drohe. Deswegen werde er niemals eine Reha-Maßnahme machen, die zum Ziel habe ihn in einen Arbeitsprozess zu integrieren, niemals werde er eine arbeitsähnliche Maßnahme beanspruchen, was überhaupt das Schlimmste für ihn sei. Wenn er an einer Kurmaßnahme teilnehme, könne er auch nicht versprechen, dass er diese nicht nach kurzer Zeit abbreche, es komme auf die Umstände an. Mit Sicherheit wisse er nur, dass eine Kur zur Gewichtsreduktion ohne größeren Druck und in einer entsprechenden Umgebung erfolgreich sein werde. 1996 habe er an einem umfangreichen Programm zur Ernährungsberatung teilgenommen, somit sei er voll über Kalorienverbrauch und gute oder schlechte Lebensmittel informiert, er könne selbst Ernährungsberater sein. Er esse schon keine Süßigkeiten und keine tierischen Fette mehr und trinke ausschließlich kalorienarme Getränke.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnde Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt.
Die Psychiaterin und Psychotherapeutin M.-W. führte aus, es falle dem Kläger schwer, sich in eine Gemeinschaft zu integrieren. Er habe wenig soziale Kontakte und nehme deswegen auch kaum an Angeboten des sozialpsychiatrischen Dienstes teil. Im Rahmen der Sprechstunde bemühe er sich, die Ärztin von der Notwendigkeit der von ihm geforderten sozialen Leistungen zu überzeugen, fühle sich um seine Ansprüche betrogen und sei entschlossen, diese durchzusetzen. Maßnahmen der Rehabilitation seien aus ihrer Sicht erst dann indiziert, wenn sozialpsychiatrische Maßnahmen am Wohnort ausreichend in Anspruch genommen würden. Augenblicklich sei dies nicht der Fall.
Der Internist B. gab an, er habe wegen der paranoiden Schizophrenie eine psychotherapeutische Behandlung bei der Ärztin M.-W. veranlasst, bezüglich des Verdachts auf ein Schlaf-Apnoe-Syndrom sei eine Vorstellung bei der Pneumologin W.-D. erfolgt. Die arterielle Hypertonie behandle er mit regelmäßigen Blutdruckmessungen mit abwartenedem Verhalten, die Gonarthrose mit antiphlogistischer Medikation mit gutem Erfolg. Hinsichtlich der ausgeprägten Adipositas per magna mit einer Herzinsuffizienz, einer arteriellen Hypertonie und dem Schlaf-Apnoe-Syndrom halte er eine Rehabilitation für dringend erforderlich. Als therapeutische Maßnahmen käme eine Gewichtsreduktion durch Ernährungsumstellung und ärztlich überwachtes Bewegungstraining sowie eine psychosomatische Betreuung und Krankengymnastik in Betracht. Auf Grund der nicht vorhandenen dafür geeigneter Einrichtungen seien Rehabilitationsmaßnahmen ambulant am Wohnort nicht möglich. Eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme könne am Kurort durchgeführt werden, wenn dies in adäquater Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sei. Aufgrund der Notwendigkeit einer psychosomatischen bzw. psychiatrischen Mitbehandlung halte er insgesamt eine ambulante Rehabilitation für nicht durchführbar. Die erforderliche Compliance sei gegeben, es bestehe Erfolgsaussicht und der Kläger sei auch rehabilitationsfähig. Auf Nachfrage führte er ergänzend aus, konkrete Maßnahmen zur Gewichtsreduktion im Sinne einer Bewegungstherapie oder Ernährungsberatung seien dem Kläger bislang nicht verordnet worden. Aufgrund des cardiovaskulären Risikoprofils könne eine Bewegungstherapie nur unter ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden.
Die Pneumologin und Allergologin W.-D. führte aus, sie habe eine antiobstruktive Therapie mit Medikamenten eingeleitet sowie den Kläger ins Schlaflabor eingewiesen. Bezüglich der obstruktiven Atembeschwerden erachte sie eine Reha-Maßnahme zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht für erforderlich. Es müsse erst die Schlafapnoe stationär abgeklärt werden. Gegen ihren Rat betreibe der Kläger weiterhin Nikotinabusus.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2007, dem Kläger zugestellt am 6. Dezember 2007, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Beklagte habe nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, wenn sie bei dem Kläger ihre Leistungspflicht auf die Gewährung ambulanter Maßnahmen begrenzt habe. Die Beweisaufnahme habe nicht den Nachweis der Notwendigkeit für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme erbracht. Dies ergebe sich insbesondere in Auswertung der ärztlichen Auskünfte von M.-W., B. und W.-D ... Dass gewichtsreduzierende Maßnahmen aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Klägers ambulant kaum erfolgreich umsetzbar erschienen, begründe nicht zwingend die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Denn dies setze den Nachweis voraus, dass alle ambulant möglichen Therapien zur Gewichtsabnahme und zur Behandlung der sonstigen Erkrankungen versucht worden wären und gescheitert seien und der Kläger wegen seines Gesundheitszustands auf den schützenden Rahmen einer stationären Maßnahme angewiesen wäre. Die Nervenärztin M.-W. habe mitgeteilt, dass der Kläger die möglichen sozialpsychiatrischen Hilfe noch nicht umfassend in Anspruch genommen habe und daher eine stationäre Rehabilitation aus ihrer Sicht vorliegend noch nicht indiziert sei. Auch fehle es an der erforderlichen positiven Rehabilitationsprognose bei geringer sozialer Kompetenz und problematischer Integrationsfähigkeit. Bezüglich der arteriellen Hypertonie habe der Internist B. ausgeführt, dass eine Langzeitblutdruckmessung und dann gegebenenfalls die Gabe eines hypertensiven Medikaments geplant wäre, in Bezug auf den Verdacht einer Schlafapnoe die Vorstellungen einer Klinik und dann gegebenenfalls Anpassung an eine CPAP-Therapie. Soweit er die Erfordernisse einer stationären Rehabilitation darauf stütze, dass der Kläger an massivem Übergewicht mit der Notwendigkeit einer psychiatrischen Mitbehandlung leide, sei dies nicht überzeugend. Der Kläger werde psychiatrisch durch die Nervenärztin M.-W. behandelt, die eine stationäre Rehabilitation gerade nicht für erforderlich erachte. Der Internist B. halte selbst noch verschiedene ambulante Maßnahmen für erfolgversprechend, die derzeit noch nicht durchgeführt würden. Er habe in diesem Zusammenhang eine Massage- sowie Bewegungstherapie und auch standardisierte Heilmittelkombinationen aufgezeigt, im übrigen Ernährungsberatung und die Kontaktaufnahme zu Selbsthilfegruppen. Alle diese Möglichkeiten hätte der Kläger noch nicht versucht. Der Kläger ginge auch selbst nicht davon aus, dass eine Kur positiv enden werde. Er habe ausgeführt, dass er nicht versprechen könne, diese nicht nach kurzer Zeit abzubrechen, es komme auf die Umstände an, nur eine Kur ohne größeren Druck werde wohl erfolgreich sein. Daraus ergebe sich, dass er selbst gravierende Vorbehalte und Einschränkungen mache, die die erforderliche Erfolgsprognose nicht gegeben erscheinen ließen. Soweit er mitgeteilt habe, er habe selbst eine Ernährungsberatung durchgeführt und sei insofern Spezialist, ernähre sich derzeit ohne Süßigkeiten und nehme keine tierischen Fette zu sich, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Dies habe bereits das LSG in seinem Urteil vom 24. November 2006 ausgeführt, wonach er selbst nicht gewillt gewesen wäre, die Soziotherapiestunden aufzusuchen, um ihm Bewegung zu verschaffen. Denn er wünsche Hausbesuche. Selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreiche, müsse zunächst eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme geprüft werden. Dass der Kläger hierbei ständiger ärztlicher Aufsicht bedürfe, ergebe sich aus den Aussagen der ihn behandelnden Ärzte gerade nicht. Ausreichend sei bei seinem Krankheitsbild vielmehr eine regelmäßige medizinische Kontrolle, die aber im Rahmen einer ambulanten Maßnahme durchaus gewährleistet sei.
Hiergegen richtet sich die am 7. Dezember 2007 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er ergänzend vorträgt, dass er aufgrund seiner psychischen Erkrankung niemals irgendwas ambulantes gegen sein Übergewicht tun könne. Er müsse absolut zurückgezogen leben ohne irgendwelche Außenkontakte, die ihn sofort psychisch destabilisieren würden. Das folge auch aus den drohenden etwaigen Kreislaufzusammenbrüchen und Krampfanfällen, zu denen es aufgrund der Gabe hoher Dosen Psychopharmaka kommen könne. Er habe mehrere erfolgreiche Therapiemaßnahmen bezüglich Alkohol hinter sich und noch nie eine Maßnahme abgebrochen. Deswegen sei es völlig aus der Luft gegriffen, dass er über keine ausreichende Compliance für eine Therapie verfüge.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 30. November 2007 sowie den Bescheid vom 18. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zur Gewichtsreduktion zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass bei dem Kläger die möglichen Behandlungsmaßnahmen am Wohnort nicht erschöpft wären. Deswegen hab das SG zutreffend in seiner Entscheidung auf die sich vor Ort bietenden Therapien verwiesen. Bei dem Kläger könne auch nicht von einer positiven Rehabilitationsprognose ausgehen, nachdem bereits der MDK auf die nicht ausreichende Compliance hingewiesen habe. Der Kläger habe selbst die Möglichkeit des Abbruchs der Rehabilitationsmaßnahme erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie die beigezogene Akte S 4 KR 1666/05 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Kosten der vom Kläger begehrten stationären Rehabilitationsmaßnahme die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschreiten.
Die danach insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Ergänzend stellt der Senat fest, dass sich die Untätigkeitsklage durch Erlass des Bescheides vom 18. Juli 2007 erledigt hat, sie daher als unzulässig abzuweisen war. Für eine Klageänderung besteht kein Bedürfnis, der Kläger hat bereits eine weitere Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben, die ihrerseits zulässig, aber unbegründet ist.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 40 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sind im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG zutreffend dargestellt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG ausführlich dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen, insbesondere weil die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten bei dem Kläger nicht ausgeschöpft sind und bei dem Kläger auch keine positive Rehabilitationsprognose gestellt werden kann. Insoweit nimmt der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auch auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des SG, denen er sich voll inhaltlich anschließt, Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung.
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es mag zwar sein, dass die psychische Grunderkrankung des Klägers die konsequente Inanspruchnahme ambulanter Behandlungsmaßnahmen zur Gewichtsreduktion erschwert, wie dies insbesondere der behandelnde Internist B. beschrieben hat. Dies führt indessen nicht dazu, dass der Kläger bei Nichtausschöpfung der aufgezeigten ambulanten Behandlungsmaßnahmen wie insbesondere Ernährungsberatung, Massage- und Bewegungstherapie und auch Wärme-Kälte-Therapie Anspruch auf stationäre Rehabilitationsmaßnahmen hat. In Auswertung der erstinstanzlich erhobenen Befunde und auch der weiterleitenden, insbesondere von der Pneumologin und Allergologin W.-D. eingeleiteten Diagnostik zur Behandlung der obstruktiven Atemwegsbeschwerden, bedarf es bei dem Kläger auch zur Überzeugung des Senats nicht einer stationären Rehabilitationsmaßnahme im Sinne von § 40 Abs. 2 SGB V. Wie das BSG in seiner dazu jüngst ergangenen Entscheidung (26. Juni 2007, B 1 KR 36/06 R) ausgeführt hat, setzt medizinische Rehabilitation im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, wie sich aus der die §§ 40 ff., 11 Abs. 2 SGB V ergänzenden Legaldefinition der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in § 107 Abs. 2 SGB V ergibt, ihrem Hauptzweck nach eine stationäre Behandlung des Patienten voraus,
- um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder - um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkasse übernommen werden dürften (vgl. § 107 Abs. 2 Nr. 1 SGB V).
Die Maßnahme muss weiter neben dieser Zielsetzung erfordern, dass die Einrichtung in organisatorischer, institutioneller Hinsicht "fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung" steht und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet ist, den Gesundheitszustand des Patienten "nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen" (vgl. § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V; zum Erfordernis primär ärztlicher Aufsicht und Verantwortung vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 184 a Nr. 1). Das bedeutet, dass es bei einer Maßnahme nach § 40 Abs. 2 SGB V um mehr gehen muss als lediglich im Wesentlichen um die Gewährung von Unterkünften in einem nicht gefährdenden Milieu mit Anleitung zur Bewältigung lebenspraktischer und beruflicher Anforderungen, mag sie auch gelegentlich durch verhaltenstherapeutische Leistungen ergänzt werden. Insbesondere muss für die Rehabilitation erforderlich sein, dass sie unter ständiger ärztlicher Verantwortung abläuft.
All diese Voraussetzungen liegen selbst nach den Angaben der den Kläger behandelnden Ärzte bei ihm nicht vor. Der Kläger meint lediglich, dass ihm die Gewichtsreduzierung in stationärer Atmosphäre besser gelingt, hat andererseits aber aufgrund seiner psychischen Erkrankung erhebliche Vorbehalte dagegen, dass eine solche Maßnahme zu restriktiv ablaufen würde.
Gegen die Erforderlichkeit spricht weiter, dass der Kläger, wie dem Senat aus dem vorangegangenen Verfahren L 11 KR 4100/07 bekannt ist, spezielle Leistungen erhält, die ihn gerade dazu befähigen sollen, die erforderlichen ambulanten ärztlichen Leistungen in Anspruch zu nehmen. So wird ihm nach Auslaufen der Soziotherapie eine dieser vergleichbare Leistung gewährt, da er sich im betreuten Wohnen befindet. Wie auch der Kläger eingeräumt hat, wird er weiter intensiv durch seine alte Therapeutin weiter betreut, erhält sogar Hausbesuche (vgl. Urteil vom 4.12.2007). Der Kläger nimmt auch die erforderlichen ärztlichen Behandlungen in Anspruch, wie sich dies aus den erstinstanzlich mitgeteilten Behandlungsdaten ergibt, die insbesondere konstante psychiatrische wie internistische Facharztkontakte dokumentieren. Der Senat konnte sich deswegen nicht davon überzeugen, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gar nicht in der Lage ist, das Übergewicht ambulant zu behandeln, es ist lediglich erschwert.
Nach alledem war die Berufung des Klägers daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass die Untätigkeitsklage bereits unzulässig war, da sie nach § 88 Abs. 1 SGG nicht vor Ablauf von 6 Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes erhoben werden kann, der Kläger daher auch insoweit keinen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten hat.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zur Gewichtsreduktion streitig.
Der 1966 geborene, bei der Beklagten als Rentner (pflicht-) krankenversicherte Kläger leidet an paranoider Schizophrenie und neigt zu Alkoholmissbrauch. Seit April 2003 ist bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 wegen der Funktionsbeeinträchtigungen einer seelischen Krankheit, einer Alkoholkrankheit und einem Anfallsleiden festgestellt.
Sein im Mai 2005 gestellter erster Antrag auf die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zur Gewichtsreduktion blieb erfolglos. Die gegen die ablehnenden Bescheide erhobene Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) wurde mit Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2005 abgewiesen (S 4 KR 1666/05). Die Berufung wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg mit Urteil vom 24. November 2006 (L 4 KR 4586/05) mit der Begründung zurückgewiesen, der Kläger sei auf die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme fixiert und ihm fehle die Motivation zu der eigentlich erforderlichen ambulanten Gewichtsreduktion. Die gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde an das Bundessozialgericht wurde mit Beschluss vom 5. Februar 2007 (B 1 KR 147/06 B) als unzulässig verworfen.
Am 6. März 2007 beantragte er erneut die Gewährung einer Kur zur Behandlung seines krankhaften Übergewichts und der Herzkrankheit. Er leide an extremer Kurzatmigkeit sowie psychischen Problemen mit seinem Übergewicht und wolle 40 kg Gewicht verlieren. Gegenwärtig wiege er bei einer Größe von 166 cm 129 kg. Er habe bereits eine Ernährungsberatung in Anspruch genommen und betreibe Sport (Ergometer). Auf Aufforderung seitens der Beklagten befürwortete der behandelnde Internist B. den Rehabilitationsantrag, da die zunehmende Adipositas zu einer deutlichen Einschränkung der cardio-pulmonalen Belastbarkeit und schweren Gelenkschmerzen führe. Eine Massage- und Bewegungstherapie sei in den letzten Monaten nicht erfolgt, sei aber aussichtsreich, dies gelte auch für eine Wärme-Kälte-Therapie bzw. standardisierte Heilmittelkombinationen. Der Kläger habe auch keine Ernährungsberatung in Anspruch genommen oder Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufgenommen, auch solche Maßnahmen seien erfolgversprechend.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes holte die Beklagten ein Gutachten bei dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dr. W. führte aus, dass bei nicht ausreichender Compliance für Therapiemaßnahmen und nicht ausreichender Reha-Fähigkeit die Durchführung der Maßnahme aus medizinischen Gründen nicht zu befürworten sei. Alternativ empfohlen werde die Durchführung einer Ernährungsberatung, gegebenenfalls auch lungenfachärztliche Mitbehandlung, ferner weitere Durchführung von Soziotherapie.
Am 22. Juni 2007 erhob der Kläger beim SG Untätigkeitsklage (S 8 KR 2221/07).
Mit Bescheid vom 18. Juli 2007 lehnte die Beklagte den Antrag in Auswertung der Ausführung des MDK ab. Der Kläger erklärte hierauf das Klageverfahren nicht für erledigt, da ihm die Widerspruchsmöglichkeit eröffnet worden sei.
Mit seinem gesondert gegen den Bescheid eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, er könne und wolle ja nicht zurück ins Arbeitsleben, sondern nur eine bessere körperliche Gesundheit erreichen. Dies werde ihm nur über eine stationäre Kur gelingen. Nicht ausreichende Compliance habe er im Hinblick auf seelische Anforderungen. Körperlich könne und wolle er vollständig gesunden, welches nur stationär möglich sei. Bei einem BMI von über 40 werde grundsätzlich eine Magenverkleinerung empfohlen, ob er dies wirklich beantragen solle? Daraufhin schaltete die Beklagte erneut den MDK ein. Dr. L. führte aus, unter Berücksichtigung aller aktuell vorliegenden medizinischen Unterlagen sei die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitation nicht hinreichend plausibel nachvollziehbar. Bei dem Kläger sei die Reha-Fähigkeit deutlich eingeschränkt, das Reha-Potential nicht erkennbar und die Reha-Prognose negativ. Als zielführende Behandlung werde eine fachübergreifende Weiterbehandlung unter Einbeziehung einer Ernährungsberatung empfohlen. Mit Widerspruchsbescheid vom 04. September 2007 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch mit der Begründung zurück, der Kläger leide zwar unstreitig an behandlungsbedürftigen Erkrankungen, die aber ambulant behandelt werden könnten. Der behandelnde Hausarzt B. habe bereits im Leistungsantrag verschiedene Therapien als aussichtsreich erachtet. Derartige Behandlungen kämen bislang vor Ort nicht zum Einsatz. Gleiches gelte für eine gezielte Ernährungsberatung. Unabhängig davon setze die Rehabilitationsfähigkeit eines Patienten voraus, dass er ausreichend belastbar, motivierbar und aufgrund seiner geistigen Aufnahmefähigkeit und psychischen Verfassung in der Lage sei, aktiv bei der Rehabilitation mitzuarbeiten. Dies sei bei dem Kläger nach der gutachterlichen Stellungnahme des MDK nicht der Fall. Unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes müsse daher insgesamt davon ausgegangen werden, dass die ambulant sich bietenden Behandlungsmöglichkeiten ausreichten und es einer weitergehenden stationären Maßnahme nicht bedürfe.
Mit seiner dagegen beim SG erhobenen Klage (S 8 KR 3103/07), verbunden mit Beschluss vom 8. Oktober 2007 zum Klageverfahren S 8 KR 2221/07, machte der Kläger geltend, er werde mit Medikamenten eingestellt und habe schon seit 4 bis 5 Jahren keine wahnhaften Gedanken mehr. Auch an seinen Klage sei nichts Wahnhaftes, es sei nur eine angenehme Beschäftigung für ihn, selbst zu klagen und dies keinem Anwalt zu überlassen. Wenn er die Klagen einem Anwalt überlasse, habe er selbst überhaupt nichts mehr zu tun. Er wiege gegenwärtig 130 kg und sei 166 cm groß, im Laufe des letzten Jahres habe sich zusätzlich ein Diabetes entwickelt. Es habe 10 Jahre gedauert, um seelisch gesund zu werden und seinen jetzigen Zustand herzustellen. Er werde daher keinesfalls etwas tun, was seine seelische Gesundheit zu gefährden drohe. Deswegen werde er niemals eine Reha-Maßnahme machen, die zum Ziel habe ihn in einen Arbeitsprozess zu integrieren, niemals werde er eine arbeitsähnliche Maßnahme beanspruchen, was überhaupt das Schlimmste für ihn sei. Wenn er an einer Kurmaßnahme teilnehme, könne er auch nicht versprechen, dass er diese nicht nach kurzer Zeit abbreche, es komme auf die Umstände an. Mit Sicherheit wisse er nur, dass eine Kur zur Gewichtsreduktion ohne größeren Druck und in einer entsprechenden Umgebung erfolgreich sein werde. 1996 habe er an einem umfangreichen Programm zur Ernährungsberatung teilgenommen, somit sei er voll über Kalorienverbrauch und gute oder schlechte Lebensmittel informiert, er könne selbst Ernährungsberater sein. Er esse schon keine Süßigkeiten und keine tierischen Fette mehr und trinke ausschließlich kalorienarme Getränke.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnde Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt.
Die Psychiaterin und Psychotherapeutin M.-W. führte aus, es falle dem Kläger schwer, sich in eine Gemeinschaft zu integrieren. Er habe wenig soziale Kontakte und nehme deswegen auch kaum an Angeboten des sozialpsychiatrischen Dienstes teil. Im Rahmen der Sprechstunde bemühe er sich, die Ärztin von der Notwendigkeit der von ihm geforderten sozialen Leistungen zu überzeugen, fühle sich um seine Ansprüche betrogen und sei entschlossen, diese durchzusetzen. Maßnahmen der Rehabilitation seien aus ihrer Sicht erst dann indiziert, wenn sozialpsychiatrische Maßnahmen am Wohnort ausreichend in Anspruch genommen würden. Augenblicklich sei dies nicht der Fall.
Der Internist B. gab an, er habe wegen der paranoiden Schizophrenie eine psychotherapeutische Behandlung bei der Ärztin M.-W. veranlasst, bezüglich des Verdachts auf ein Schlaf-Apnoe-Syndrom sei eine Vorstellung bei der Pneumologin W.-D. erfolgt. Die arterielle Hypertonie behandle er mit regelmäßigen Blutdruckmessungen mit abwartenedem Verhalten, die Gonarthrose mit antiphlogistischer Medikation mit gutem Erfolg. Hinsichtlich der ausgeprägten Adipositas per magna mit einer Herzinsuffizienz, einer arteriellen Hypertonie und dem Schlaf-Apnoe-Syndrom halte er eine Rehabilitation für dringend erforderlich. Als therapeutische Maßnahmen käme eine Gewichtsreduktion durch Ernährungsumstellung und ärztlich überwachtes Bewegungstraining sowie eine psychosomatische Betreuung und Krankengymnastik in Betracht. Auf Grund der nicht vorhandenen dafür geeigneter Einrichtungen seien Rehabilitationsmaßnahmen ambulant am Wohnort nicht möglich. Eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme könne am Kurort durchgeführt werden, wenn dies in adäquater Zeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sei. Aufgrund der Notwendigkeit einer psychosomatischen bzw. psychiatrischen Mitbehandlung halte er insgesamt eine ambulante Rehabilitation für nicht durchführbar. Die erforderliche Compliance sei gegeben, es bestehe Erfolgsaussicht und der Kläger sei auch rehabilitationsfähig. Auf Nachfrage führte er ergänzend aus, konkrete Maßnahmen zur Gewichtsreduktion im Sinne einer Bewegungstherapie oder Ernährungsberatung seien dem Kläger bislang nicht verordnet worden. Aufgrund des cardiovaskulären Risikoprofils könne eine Bewegungstherapie nur unter ärztlicher Kontrolle durchgeführt werden.
Die Pneumologin und Allergologin W.-D. führte aus, sie habe eine antiobstruktive Therapie mit Medikamenten eingeleitet sowie den Kläger ins Schlaflabor eingewiesen. Bezüglich der obstruktiven Atembeschwerden erachte sie eine Reha-Maßnahme zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht für erforderlich. Es müsse erst die Schlafapnoe stationär abgeklärt werden. Gegen ihren Rat betreibe der Kläger weiterhin Nikotinabusus.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. November 2007, dem Kläger zugestellt am 6. Dezember 2007, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die Beklagte habe nicht ermessensfehlerhaft gehandelt, wenn sie bei dem Kläger ihre Leistungspflicht auf die Gewährung ambulanter Maßnahmen begrenzt habe. Die Beweisaufnahme habe nicht den Nachweis der Notwendigkeit für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme erbracht. Dies ergebe sich insbesondere in Auswertung der ärztlichen Auskünfte von M.-W., B. und W.-D ... Dass gewichtsreduzierende Maßnahmen aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Klägers ambulant kaum erfolgreich umsetzbar erschienen, begründe nicht zwingend die Notwendigkeit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Denn dies setze den Nachweis voraus, dass alle ambulant möglichen Therapien zur Gewichtsabnahme und zur Behandlung der sonstigen Erkrankungen versucht worden wären und gescheitert seien und der Kläger wegen seines Gesundheitszustands auf den schützenden Rahmen einer stationären Maßnahme angewiesen wäre. Die Nervenärztin M.-W. habe mitgeteilt, dass der Kläger die möglichen sozialpsychiatrischen Hilfe noch nicht umfassend in Anspruch genommen habe und daher eine stationäre Rehabilitation aus ihrer Sicht vorliegend noch nicht indiziert sei. Auch fehle es an der erforderlichen positiven Rehabilitationsprognose bei geringer sozialer Kompetenz und problematischer Integrationsfähigkeit. Bezüglich der arteriellen Hypertonie habe der Internist B. ausgeführt, dass eine Langzeitblutdruckmessung und dann gegebenenfalls die Gabe eines hypertensiven Medikaments geplant wäre, in Bezug auf den Verdacht einer Schlafapnoe die Vorstellungen einer Klinik und dann gegebenenfalls Anpassung an eine CPAP-Therapie. Soweit er die Erfordernisse einer stationären Rehabilitation darauf stütze, dass der Kläger an massivem Übergewicht mit der Notwendigkeit einer psychiatrischen Mitbehandlung leide, sei dies nicht überzeugend. Der Kläger werde psychiatrisch durch die Nervenärztin M.-W. behandelt, die eine stationäre Rehabilitation gerade nicht für erforderlich erachte. Der Internist B. halte selbst noch verschiedene ambulante Maßnahmen für erfolgversprechend, die derzeit noch nicht durchgeführt würden. Er habe in diesem Zusammenhang eine Massage- sowie Bewegungstherapie und auch standardisierte Heilmittelkombinationen aufgezeigt, im übrigen Ernährungsberatung und die Kontaktaufnahme zu Selbsthilfegruppen. Alle diese Möglichkeiten hätte der Kläger noch nicht versucht. Der Kläger ginge auch selbst nicht davon aus, dass eine Kur positiv enden werde. Er habe ausgeführt, dass er nicht versprechen könne, diese nicht nach kurzer Zeit abzubrechen, es komme auf die Umstände an, nur eine Kur ohne größeren Druck werde wohl erfolgreich sein. Daraus ergebe sich, dass er selbst gravierende Vorbehalte und Einschränkungen mache, die die erforderliche Erfolgsprognose nicht gegeben erscheinen ließen. Soweit er mitgeteilt habe, er habe selbst eine Ernährungsberatung durchgeführt und sei insofern Spezialist, ernähre sich derzeit ohne Süßigkeiten und nehme keine tierischen Fette zu sich, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Dies habe bereits das LSG in seinem Urteil vom 24. November 2006 ausgeführt, wonach er selbst nicht gewillt gewesen wäre, die Soziotherapiestunden aufzusuchen, um ihm Bewegung zu verschaffen. Denn er wünsche Hausbesuche. Selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreiche, müsse zunächst eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme geprüft werden. Dass der Kläger hierbei ständiger ärztlicher Aufsicht bedürfe, ergebe sich aus den Aussagen der ihn behandelnden Ärzte gerade nicht. Ausreichend sei bei seinem Krankheitsbild vielmehr eine regelmäßige medizinische Kontrolle, die aber im Rahmen einer ambulanten Maßnahme durchaus gewährleistet sei.
Hiergegen richtet sich die am 7. Dezember 2007 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er ergänzend vorträgt, dass er aufgrund seiner psychischen Erkrankung niemals irgendwas ambulantes gegen sein Übergewicht tun könne. Er müsse absolut zurückgezogen leben ohne irgendwelche Außenkontakte, die ihn sofort psychisch destabilisieren würden. Das folge auch aus den drohenden etwaigen Kreislaufzusammenbrüchen und Krampfanfällen, zu denen es aufgrund der Gabe hoher Dosen Psychopharmaka kommen könne. Er habe mehrere erfolgreiche Therapiemaßnahmen bezüglich Alkohol hinter sich und noch nie eine Maßnahme abgebrochen. Deswegen sei es völlig aus der Luft gegriffen, dass er über keine ausreichende Compliance für eine Therapie verfüge.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 30. November 2007 sowie den Bescheid vom 18. Juli 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zur Gewichtsreduktion zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass bei dem Kläger die möglichen Behandlungsmaßnahmen am Wohnort nicht erschöpft wären. Deswegen hab das SG zutreffend in seiner Entscheidung auf die sich vor Ort bietenden Therapien verwiesen. Bei dem Kläger könne auch nicht von einer positiven Rehabilitationsprognose ausgehen, nachdem bereits der MDK auf die nicht ausreichende Compliance hingewiesen habe. Der Kläger habe selbst die Möglichkeit des Abbruchs der Rehabilitationsmaßnahme erörtert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie die beigezogene Akte S 4 KR 1666/05 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, da die Kosten der vom Kläger begehrten stationären Rehabilitationsmaßnahme die erforderliche Berufungssumme von 500,- EUR überschreiten.
Die danach insgesamt zulässige Berufung ist indessen unbegründet. Das SG hat die Klagen zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme. Ergänzend stellt der Senat fest, dass sich die Untätigkeitsklage durch Erlass des Bescheides vom 18. Juli 2007 erledigt hat, sie daher als unzulässig abzuweisen war. Für eine Klageänderung besteht kein Bedürfnis, der Kläger hat bereits eine weitere Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erhoben, die ihrerseits zulässig, aber unbegründet ist.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, 40 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sind im angefochtenen Gerichtsbescheid des SG zutreffend dargestellt. Hierauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Nach Auffassung des Senats ist die Berufung bereits aus den vom SG ausführlich dargestellten Gründen als unbegründet zurückzuweisen, insbesondere weil die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten bei dem Kläger nicht ausgeschöpft sind und bei dem Kläger auch keine positive Rehabilitationsprognose gestellt werden kann. Insoweit nimmt der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auch auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des SG, denen er sich voll inhaltlich anschließt, Bezug und verzichtet auf deren erneute Darstellung.
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Entscheidung. Es mag zwar sein, dass die psychische Grunderkrankung des Klägers die konsequente Inanspruchnahme ambulanter Behandlungsmaßnahmen zur Gewichtsreduktion erschwert, wie dies insbesondere der behandelnde Internist B. beschrieben hat. Dies führt indessen nicht dazu, dass der Kläger bei Nichtausschöpfung der aufgezeigten ambulanten Behandlungsmaßnahmen wie insbesondere Ernährungsberatung, Massage- und Bewegungstherapie und auch Wärme-Kälte-Therapie Anspruch auf stationäre Rehabilitationsmaßnahmen hat. In Auswertung der erstinstanzlich erhobenen Befunde und auch der weiterleitenden, insbesondere von der Pneumologin und Allergologin W.-D. eingeleiteten Diagnostik zur Behandlung der obstruktiven Atemwegsbeschwerden, bedarf es bei dem Kläger auch zur Überzeugung des Senats nicht einer stationären Rehabilitationsmaßnahme im Sinne von § 40 Abs. 2 SGB V. Wie das BSG in seiner dazu jüngst ergangenen Entscheidung (26. Juni 2007, B 1 KR 36/06 R) ausgeführt hat, setzt medizinische Rehabilitation im Sinne des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung, wie sich aus der die §§ 40 ff., 11 Abs. 2 SGB V ergänzenden Legaldefinition der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen in § 107 Abs. 2 SGB V ergibt, ihrem Hauptzweck nach eine stationäre Behandlung des Patienten voraus,
- um eine Schwächung der Gesundheit, die in absehbarer Zeit voraussichtlich zu einer Krankheit führen würde, zu beseitigen oder einer Gefährdung der gesundheitlichen Entwicklung eines Kindes entgegenzuwirken (Vorsorge) oder - um eine Krankheit zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern oder im Anschluss an Krankenhausbehandlung den dabei erzielten Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen, auch mit dem Ziel, eine drohende Behinderung oder Pflegedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern (Rehabilitation), wobei Leistungen der aktivierenden Pflege nicht von den Krankenkasse übernommen werden dürften (vgl. § 107 Abs. 2 Nr. 1 SGB V).
Die Maßnahme muss weiter neben dieser Zielsetzung erfordern, dass die Einrichtung in organisatorischer, institutioneller Hinsicht "fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Verantwortung" steht und unter Mitwirkung von besonders geschultem Personal darauf eingerichtet ist, den Gesundheitszustand des Patienten "nach einem ärztlichen Behandlungsplan vorwiegend durch Anwendung von Heilmitteln einschließlich Krankengymnastik, Bewegungstherapie, Sprachtherapie oder Arbeits- und Beschäftigungstherapie, ferner durch andere geeignete Hilfen, auch durch geistige und seelische Einwirkungen, zu verbessern und den Patienten bei der Entwicklung eigener Abwehr- und Heilungskräfte zu helfen" (vgl. § 107 Abs. 2 Nr. 2 SGB V; zum Erfordernis primär ärztlicher Aufsicht und Verantwortung vgl. BSG SozR 3 - 2200 § 184 a Nr. 1). Das bedeutet, dass es bei einer Maßnahme nach § 40 Abs. 2 SGB V um mehr gehen muss als lediglich im Wesentlichen um die Gewährung von Unterkünften in einem nicht gefährdenden Milieu mit Anleitung zur Bewältigung lebenspraktischer und beruflicher Anforderungen, mag sie auch gelegentlich durch verhaltenstherapeutische Leistungen ergänzt werden. Insbesondere muss für die Rehabilitation erforderlich sein, dass sie unter ständiger ärztlicher Verantwortung abläuft.
All diese Voraussetzungen liegen selbst nach den Angaben der den Kläger behandelnden Ärzte bei ihm nicht vor. Der Kläger meint lediglich, dass ihm die Gewichtsreduzierung in stationärer Atmosphäre besser gelingt, hat andererseits aber aufgrund seiner psychischen Erkrankung erhebliche Vorbehalte dagegen, dass eine solche Maßnahme zu restriktiv ablaufen würde.
Gegen die Erforderlichkeit spricht weiter, dass der Kläger, wie dem Senat aus dem vorangegangenen Verfahren L 11 KR 4100/07 bekannt ist, spezielle Leistungen erhält, die ihn gerade dazu befähigen sollen, die erforderlichen ambulanten ärztlichen Leistungen in Anspruch zu nehmen. So wird ihm nach Auslaufen der Soziotherapie eine dieser vergleichbare Leistung gewährt, da er sich im betreuten Wohnen befindet. Wie auch der Kläger eingeräumt hat, wird er weiter intensiv durch seine alte Therapeutin weiter betreut, erhält sogar Hausbesuche (vgl. Urteil vom 4.12.2007). Der Kläger nimmt auch die erforderlichen ärztlichen Behandlungen in Anspruch, wie sich dies aus den erstinstanzlich mitgeteilten Behandlungsdaten ergibt, die insbesondere konstante psychiatrische wie internistische Facharztkontakte dokumentieren. Der Senat konnte sich deswegen nicht davon überzeugen, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gar nicht in der Lage ist, das Übergewicht ambulant zu behandeln, es ist lediglich erschwert.
Nach alledem war die Berufung des Klägers daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass die Untätigkeitsklage bereits unzulässig war, da sie nach § 88 Abs. 1 SGG nicht vor Ablauf von 6 Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes erhoben werden kann, der Kläger daher auch insoweit keinen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten hat.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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