Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 3075/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AS 4919/07 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 14. September 2007 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind im Antrags- und Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin macht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Regelleistung) geltend.
Die 1969 geborene ledige Antragstellerin bezog vom Antragsgegner bis August 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) einschließlich Kosten der Unterkunft (Bescheide vom 10.02.2006 und 13.10.2006). Nach einer stationären Behandlung vom 20.08. bis 14.09.2006 wegen einer Lebertransplantation und einer stationären Anschlussheilbehandlung vom 18.09.2006 bis 12.10.2006 zog sie zu ihren Eltern. Der Antragsgegner bewilligte ihr daraufhin Alg II für die Zeit von September 2006 bis Februar 2007 ohne Kosten der Unterkunft (Bescheid vom 13.10.2006). Auf Anfrage des Antragsgegners teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.10.2006 mit, sie wohne unentgeltlich bei ihren Eltern und Verpflegung erhalte sie teilweise ohne Bezahlung. Ansonsten erhalte sie keine weiteren Leistungen.
Ab Dezember 2006 stellte der Antragsgegner wegen zu erwartenden Unterstützungsleistungen seitens der Eltern der Antragstellerin die Zahlung von Alg II ein. Nach Anhörung der Antragstellerin zur Aufhebung der Bewilligung der Leistungen für die Monate August bis November 2006 und entsprechender Erstattung der erbrachten Leistungen beantragte die Antragstellerin am 06.02.2007 die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz (S 3 AS 488/07 ER). Mit Beschluss vom 07.03.2007 ordnete das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den mittlerweile ergangenen Bescheid des Antragsgegners vom 13.02.2007 an, soweit dieser die Monate Oktober und November 2006 und die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 (insoweit nur teilweise in Höhe von 208,27 EUR monatlich) betraf. Ferner verpflichtete das SG den Antragsgegner, der Antragstellerin vorbehaltlich einer Änderung der Einkommenssituation ihres Vaters und vorbehaltlich einer Änderung ihrer persönlichen Lebenssituation ab März 2007 Alg II in Höhe von 208,27 EUR monatlich bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, längstens bis einschließlich Juni 2007, zu gewähren. Im Übrigen lehnte es den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Zur Begründung der Regelungsanordnung führte das SG aus, nach summarischer Prüfung stehe der Antragstellerin ab März 2007 auch unter Berücksichtigung einer Unterstützungsleistung durch ihren Vater, dessen einzusetzendes Einkommen der Antragsgegner mit 1083,67 EUR monatlich zutreffend ermittelt habe, Alg II in Höhe von 208,27 EUR monatlich zu. Damit sei gleichzeitig sichergestellt, dass die Antragstellerin krankenversichert sei. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles (aus gesundheitlichen Gründen in fortgeschrittenem Alter notwendiger Umzug zu den Eltern, Eltern erreichten demnächst das Rentenalter) könne vom 1945 geborenen Vater der Antragstellerin eine Unterstützung seiner Tochter in Höhe von lediglich 20 % des einzusetzenden Einkommens, nämlich 216,73 EUR, erwartet werden. Das SG bejahte auch eine Eilbedürftigkeit, da die Frage des Krankenversicherungsschutzes der Antragstellerin schnell habe geklärt werden müssen, weil die Antragstellerin auf erheblich medizinische Leistungen angewiesen sei. Dieser Beschluss wurde rechtskräftig.
Der Antragsgegner setzte diesen Beschluss zunächst mit den Bescheiden vom 12.03.2007 (für die Zeit von Oktober 2006 bis Februar 2007) und 14.03.2007 (für die Zeit von März bis Juni 2007) um, änderte aber die Höhe der mit diesen Bescheiden bewilligten Leistungen mehrmals ab, weil die Antragstellerin vom 17.04.2007 bis 26.06.2007 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teilnahm. Zuletzt wurden Leistungen für Mai und Juni 2007 in Höhe von monatlich 87,53 EUR bewilligt (Bescheid vom 02.05.2007).
Am 30.05.2007 stellte die Antragstellerin dann Antrag auf Fortzahlung der Leistungen. Daraufhin bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 12.06.2007 der Antragstellerin Alg II für Juli 2007 in Höhe von 81,52 EUR und für die Zeit vom 01.08. bis 07.08.2007 in Höhe von 2,22 EUR. Mit Schreiben vom 22.06.2007 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin ein Antragsformular und wies gleichzeitig darauf hin, dass für die weitere Bewilligung von Leistungen die Anspruchsvoraussetzungen erneut geprüft werden müssten. Am 13.07.2007 legte die Antragstellerin gegen den Bescheid vom 12.06.2007 Widerspruch ein. Später legte sie noch auf Veranlassung des Antragsgegners einen Einkommensnachweis ihres Vaters vor. Dieser hatte mittlerweile einen neuen, unbefristeten Arbeitsvertrag seines nunmehrigen Arbeitgebers - dieser hatte das Unternehmen, bei dem der Vater der Antragstellerin beschäftigt war, übernommen - erhalten. Sein monatliches Gehalt erhöhte sich durch die anteilige monatliche Auszahlung des Weihnachtsgeldes.
Am 02.08.2007 beantragte die Antragstellerin beim SG erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung und machte geltend, sie erhalte nur noch bis 07.08.2007 Leistungen, sei aber insbesondere wegen des Krankenversicherungsschutzes auch für die Zeit danach hierauf angewiesen.
Anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Antragstellerin beim Antragsgegner am 09.08.2007 teilte die Antragstellerin mit, sie wolle einen Fortzahlungsantrag stellen und auch eine eigene Wohnung suchen. Mit Bescheid vom 29.08.2007 lehnte der Antragsgegner einen Anspruch auf Alg II ab. Die Antragsstellerin sei bei Berücksichtigung des Einkommens ihres Vaters nicht hilfebedürftig. Dessen einzusetzendes Einkommen in Höhe von 2870,52 EUR monatlich stünden die Freibeträge für ihren Vater (2 x 345 EUR) und ihre Mutter (311 EUR) und die Kosten der Unterkunft in Höhe von 471,62 EUR gegenüber, so dass ein Betrag in Höhe von 1397,90 EUR verbleibe, von dem die Hälfte (698,95 EUR) als Unterstützungsleistung ihres Vaters für die Antragstellerin anzurechnen sei. Damit sei der Bedarf der Antragstellerin gedeckt.
Mit Beschluss vom 14.09.2007 verpflichtete das SG den Antragsgegner, der Antragstellerin vorbehaltlich einer Änderung der Einkommenssituation ihrer Eltern und vorbehaltlich einer Änderung ihrer persönlichen Lebenssituation ab dem 09.08.2007 vorläufig Alg II in Höhe von 89 EUR monatlich bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum 31.01.2008 zu gewähren. Dabei ging es - wie der Antragsgegner - von einem einzusetzenden Einkommen des Vaters der Antragstellerin in Höhe von 2870,52 EUR monatlich aus und brachte hiervon Freibeträge in Höhe von 1248 EUR für die Eltern der Antragstellerin (4 x 312 EUR) und die Kosten der Unterkunft (471,62 EUR) in Abzug. Es verblieben 1150,90 EUR. Es könne erwartet werden, dass der Vater der Antragstellerin hiervon 25 %, also 287,73 EUR, als Unterstützung für die Antragstellerin einsetze. Von § 1 Abs. 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-VO), wonach im Regelfall davon auszugehen sei, dass 50 % des einzusetzenden Einkommens an den hilfebedürftigen Familienangehörigen weitergegeben werden, könne im Einzelfall abgewichen werden. Da sich die Verhältnisse gegenüber den im Beschluss vom 07.03.2007 genannten Gründen für die vorgenommene Abweichung vom Regelfall nur insoweit geändert habe, als die Arbeitsplatzsituation des Vaters durch die Firmenübernahme und den Abschluss eines neuen unbefristeten Arbeitsvertrages stabilisiert habe, sei eine entsprechende Abweichung vom Regelfall weiterhin gerechtfertigt.
Dagegen hat der Antragsgegner am 15.10.2007 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Er macht geltend, die Antragstellerin sei nicht hilfebedürftig. Das zu berücksichtigende Einkommen des Vaters der Antragstellerin sei höher als bisher angenommen. Entgegen der ursprünglichen Berechnung sei insoweit ein Betrag von 3392,26 (anstatt 2870,52 EUR) monatlich zu berücksichtigen. Auch die Freibeträge der Eltern der Antragstellerin habe das SG fehlerhaft ermittelt. Entgegen dessen Auffassung seien nur Freibeträge in Höhe von 1006 EUR monatlich (2 x 347 EUR + 312 EUR) zu berücksichtigen. Für den kein Einkommen beziehenden Ehegatten (hier die Mutter) errechne sich der Bedarf nach dem einfachen Satz (312 EUR). Es verbleibe ein zu berücksichtigendes Einkommen von 1551,69 EUR, wovon 50 % (775,85 EUR) nach der Regelvermutung des § 1 Abs. 2 Alg II - VO anzurechnen seien. Soweit das SG abweichend davon lediglich 25 % des um die Freibeträge bereinigten anzurechnenden Einkommens angesetzt habe, sei dies rechtsfehlerhaft. Auch hätte das SG hierbei die Überprüfung der Vermögensverhältnisse der Eltern der Antragstellerin nicht gänzlich unbeachtet lassen dürfen. Eine Vermögensauskunft sei von den Eltern der Antragstellerin trotz Fristsetzung und Belehrung über die bestehende bußgeldbewährte Pflicht bislang nicht erteilt worden.
Den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 12.06.2007, der den Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 07.08.2007 betrifft, wies die Widerspruchsstelle des Antragsgegners mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2007 zurück. Rechtsmittel gegen diesen Widerspruchsbescheid wurden nicht eingelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 wies der Antragsgegner auch den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 29.08.2007 Zurück. Die Begründung dieser Entscheidung entspricht im Wesentlichen der Beschwerdebegründung. Auf Nachfrage des Senats hat das SG am 17.01.2008 mitgeteilt, dass kein "AS-Klageverfahren der Antragstellerin anhängig ist."
II.
Die gemäß den §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Für den Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung fehlt es an einem Anordnungsgrund.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
Im vorliegenden Fall ist ein Anordnungsanspruch zu verneinen, weil der von der Antragstellerin am 09.08.2007 gestellte Fortzahlungsantrag mit Bescheid vom 29.08.2007 und Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 bestandskräftig abgelehnt worden ist (vgl. Spellbrink, Einstweiliger Rechtsschutz in Grundsicherungsstreitigkeiten, Sozialrechtaktuell, 2007, 1, 3). Damit ist über den geltend gemachten Anspruch verbindlich entschieden worden. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist dann nicht mehr zulässig (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Aufl. 2005, Rz 14). Dieses Verfahren hat nur eine vorläufige Regelung des im Hauptsacheverfahren streitigen materiellen Rechts zum Streitgegenstand (Krodel aaO Rz 290). Es dient nicht der endgültigen Entscheidung über einen Anspruch. Das Verfahren der Regelungsanordnung ist insofern unabhängig von einem Vorverfahren bzw. dem Verfahren in der Hauptsache (Beschlüsse des Senats vom 05.12.2007 - L 8 AS 4481/07 ER-B - und vom 28.02.2007 - L 8 AS 5698/06 ER-B -; Spellbrink, aaO; HessLSG 24.04.2006 - L 9 AS 39/06 ER).
Der Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 ist nach dem in der Verwaltungsakte angebrachten Vermerk am 22.11.2007 mit einfachem Brief zur Post gegeben worden. Er gilt daher gemäß § 37 Abs. 2 SGB X am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Nach der Auskunft des SG vom 17.01.2008 war bis zu diesem Tag keine Klage der Antragstellerin in Angelegenheiten nach dem SGB II anhängig. Die Klagefrist von einen Monat ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 87 SGG) ist folglich längst abgelaufen und Wiedereinsetzungsgründe sind nicht ersichtlich. Ob die Antragstellerin gewusst hat, dass sie trotz des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Klage gegen den Widerspruchsbescheid erheben muss, kann offen bleiben. Angesichts der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid könnte dies nicht als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind im Antrags- und Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin macht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Regelleistung) geltend.
Die 1969 geborene ledige Antragstellerin bezog vom Antragsgegner bis August 2006 Arbeitslosengeld II (Alg II) einschließlich Kosten der Unterkunft (Bescheide vom 10.02.2006 und 13.10.2006). Nach einer stationären Behandlung vom 20.08. bis 14.09.2006 wegen einer Lebertransplantation und einer stationären Anschlussheilbehandlung vom 18.09.2006 bis 12.10.2006 zog sie zu ihren Eltern. Der Antragsgegner bewilligte ihr daraufhin Alg II für die Zeit von September 2006 bis Februar 2007 ohne Kosten der Unterkunft (Bescheid vom 13.10.2006). Auf Anfrage des Antragsgegners teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.10.2006 mit, sie wohne unentgeltlich bei ihren Eltern und Verpflegung erhalte sie teilweise ohne Bezahlung. Ansonsten erhalte sie keine weiteren Leistungen.
Ab Dezember 2006 stellte der Antragsgegner wegen zu erwartenden Unterstützungsleistungen seitens der Eltern der Antragstellerin die Zahlung von Alg II ein. Nach Anhörung der Antragstellerin zur Aufhebung der Bewilligung der Leistungen für die Monate August bis November 2006 und entsprechender Erstattung der erbrachten Leistungen beantragte die Antragstellerin am 06.02.2007 die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz (S 3 AS 488/07 ER). Mit Beschluss vom 07.03.2007 ordnete das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den mittlerweile ergangenen Bescheid des Antragsgegners vom 13.02.2007 an, soweit dieser die Monate Oktober und November 2006 und die Monate Dezember 2006 bis Februar 2007 (insoweit nur teilweise in Höhe von 208,27 EUR monatlich) betraf. Ferner verpflichtete das SG den Antragsgegner, der Antragstellerin vorbehaltlich einer Änderung der Einkommenssituation ihres Vaters und vorbehaltlich einer Änderung ihrer persönlichen Lebenssituation ab März 2007 Alg II in Höhe von 208,27 EUR monatlich bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, längstens bis einschließlich Juni 2007, zu gewähren. Im Übrigen lehnte es den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab. Zur Begründung der Regelungsanordnung führte das SG aus, nach summarischer Prüfung stehe der Antragstellerin ab März 2007 auch unter Berücksichtigung einer Unterstützungsleistung durch ihren Vater, dessen einzusetzendes Einkommen der Antragsgegner mit 1083,67 EUR monatlich zutreffend ermittelt habe, Alg II in Höhe von 208,27 EUR monatlich zu. Damit sei gleichzeitig sichergestellt, dass die Antragstellerin krankenversichert sei. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles (aus gesundheitlichen Gründen in fortgeschrittenem Alter notwendiger Umzug zu den Eltern, Eltern erreichten demnächst das Rentenalter) könne vom 1945 geborenen Vater der Antragstellerin eine Unterstützung seiner Tochter in Höhe von lediglich 20 % des einzusetzenden Einkommens, nämlich 216,73 EUR, erwartet werden. Das SG bejahte auch eine Eilbedürftigkeit, da die Frage des Krankenversicherungsschutzes der Antragstellerin schnell habe geklärt werden müssen, weil die Antragstellerin auf erheblich medizinische Leistungen angewiesen sei. Dieser Beschluss wurde rechtskräftig.
Der Antragsgegner setzte diesen Beschluss zunächst mit den Bescheiden vom 12.03.2007 (für die Zeit von Oktober 2006 bis Februar 2007) und 14.03.2007 (für die Zeit von März bis Juni 2007) um, änderte aber die Höhe der mit diesen Bescheiden bewilligten Leistungen mehrmals ab, weil die Antragstellerin vom 17.04.2007 bis 26.06.2007 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teilnahm. Zuletzt wurden Leistungen für Mai und Juni 2007 in Höhe von monatlich 87,53 EUR bewilligt (Bescheid vom 02.05.2007).
Am 30.05.2007 stellte die Antragstellerin dann Antrag auf Fortzahlung der Leistungen. Daraufhin bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 12.06.2007 der Antragstellerin Alg II für Juli 2007 in Höhe von 81,52 EUR und für die Zeit vom 01.08. bis 07.08.2007 in Höhe von 2,22 EUR. Mit Schreiben vom 22.06.2007 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin ein Antragsformular und wies gleichzeitig darauf hin, dass für die weitere Bewilligung von Leistungen die Anspruchsvoraussetzungen erneut geprüft werden müssten. Am 13.07.2007 legte die Antragstellerin gegen den Bescheid vom 12.06.2007 Widerspruch ein. Später legte sie noch auf Veranlassung des Antragsgegners einen Einkommensnachweis ihres Vaters vor. Dieser hatte mittlerweile einen neuen, unbefristeten Arbeitsvertrag seines nunmehrigen Arbeitgebers - dieser hatte das Unternehmen, bei dem der Vater der Antragstellerin beschäftigt war, übernommen - erhalten. Sein monatliches Gehalt erhöhte sich durch die anteilige monatliche Auszahlung des Weihnachtsgeldes.
Am 02.08.2007 beantragte die Antragstellerin beim SG erneut den Erlass einer einstweiligen Anordnung und machte geltend, sie erhalte nur noch bis 07.08.2007 Leistungen, sei aber insbesondere wegen des Krankenversicherungsschutzes auch für die Zeit danach hierauf angewiesen.
Anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Antragstellerin beim Antragsgegner am 09.08.2007 teilte die Antragstellerin mit, sie wolle einen Fortzahlungsantrag stellen und auch eine eigene Wohnung suchen. Mit Bescheid vom 29.08.2007 lehnte der Antragsgegner einen Anspruch auf Alg II ab. Die Antragsstellerin sei bei Berücksichtigung des Einkommens ihres Vaters nicht hilfebedürftig. Dessen einzusetzendes Einkommen in Höhe von 2870,52 EUR monatlich stünden die Freibeträge für ihren Vater (2 x 345 EUR) und ihre Mutter (311 EUR) und die Kosten der Unterkunft in Höhe von 471,62 EUR gegenüber, so dass ein Betrag in Höhe von 1397,90 EUR verbleibe, von dem die Hälfte (698,95 EUR) als Unterstützungsleistung ihres Vaters für die Antragstellerin anzurechnen sei. Damit sei der Bedarf der Antragstellerin gedeckt.
Mit Beschluss vom 14.09.2007 verpflichtete das SG den Antragsgegner, der Antragstellerin vorbehaltlich einer Änderung der Einkommenssituation ihrer Eltern und vorbehaltlich einer Änderung ihrer persönlichen Lebenssituation ab dem 09.08.2007 vorläufig Alg II in Höhe von 89 EUR monatlich bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, längstens jedoch bis zum 31.01.2008 zu gewähren. Dabei ging es - wie der Antragsgegner - von einem einzusetzenden Einkommen des Vaters der Antragstellerin in Höhe von 2870,52 EUR monatlich aus und brachte hiervon Freibeträge in Höhe von 1248 EUR für die Eltern der Antragstellerin (4 x 312 EUR) und die Kosten der Unterkunft (471,62 EUR) in Abzug. Es verblieben 1150,90 EUR. Es könne erwartet werden, dass der Vater der Antragstellerin hiervon 25 %, also 287,73 EUR, als Unterstützung für die Antragstellerin einsetze. Von § 1 Abs. 2 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-VO), wonach im Regelfall davon auszugehen sei, dass 50 % des einzusetzenden Einkommens an den hilfebedürftigen Familienangehörigen weitergegeben werden, könne im Einzelfall abgewichen werden. Da sich die Verhältnisse gegenüber den im Beschluss vom 07.03.2007 genannten Gründen für die vorgenommene Abweichung vom Regelfall nur insoweit geändert habe, als die Arbeitsplatzsituation des Vaters durch die Firmenübernahme und den Abschluss eines neuen unbefristeten Arbeitsvertrages stabilisiert habe, sei eine entsprechende Abweichung vom Regelfall weiterhin gerechtfertigt.
Dagegen hat der Antragsgegner am 15.10.2007 Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Er macht geltend, die Antragstellerin sei nicht hilfebedürftig. Das zu berücksichtigende Einkommen des Vaters der Antragstellerin sei höher als bisher angenommen. Entgegen der ursprünglichen Berechnung sei insoweit ein Betrag von 3392,26 (anstatt 2870,52 EUR) monatlich zu berücksichtigen. Auch die Freibeträge der Eltern der Antragstellerin habe das SG fehlerhaft ermittelt. Entgegen dessen Auffassung seien nur Freibeträge in Höhe von 1006 EUR monatlich (2 x 347 EUR + 312 EUR) zu berücksichtigen. Für den kein Einkommen beziehenden Ehegatten (hier die Mutter) errechne sich der Bedarf nach dem einfachen Satz (312 EUR). Es verbleibe ein zu berücksichtigendes Einkommen von 1551,69 EUR, wovon 50 % (775,85 EUR) nach der Regelvermutung des § 1 Abs. 2 Alg II - VO anzurechnen seien. Soweit das SG abweichend davon lediglich 25 % des um die Freibeträge bereinigten anzurechnenden Einkommens angesetzt habe, sei dies rechtsfehlerhaft. Auch hätte das SG hierbei die Überprüfung der Vermögensverhältnisse der Eltern der Antragstellerin nicht gänzlich unbeachtet lassen dürfen. Eine Vermögensauskunft sei von den Eltern der Antragstellerin trotz Fristsetzung und Belehrung über die bestehende bußgeldbewährte Pflicht bislang nicht erteilt worden.
Den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 12.06.2007, der den Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 07.08.2007 betrifft, wies die Widerspruchsstelle des Antragsgegners mit Widerspruchsbescheid vom 11.10.2007 zurück. Rechtsmittel gegen diesen Widerspruchsbescheid wurden nicht eingelegt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 wies der Antragsgegner auch den Widerspruch der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 29.08.2007 Zurück. Die Begründung dieser Entscheidung entspricht im Wesentlichen der Beschwerdebegründung. Auf Nachfrage des Senats hat das SG am 17.01.2008 mitgeteilt, dass kein "AS-Klageverfahren der Antragstellerin anhängig ist."
II.
Die gemäß den §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Für den Erlass einer einstweiligen Regelungsanordnung fehlt es an einem Anordnungsgrund.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung).
Im vorliegenden Fall ist ein Anordnungsanspruch zu verneinen, weil der von der Antragstellerin am 09.08.2007 gestellte Fortzahlungsantrag mit Bescheid vom 29.08.2007 und Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 bestandskräftig abgelehnt worden ist (vgl. Spellbrink, Einstweiliger Rechtsschutz in Grundsicherungsstreitigkeiten, Sozialrechtaktuell, 2007, 1, 3). Damit ist über den geltend gemachten Anspruch verbindlich entschieden worden. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist dann nicht mehr zulässig (Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 1. Aufl. 2005, Rz 14). Dieses Verfahren hat nur eine vorläufige Regelung des im Hauptsacheverfahren streitigen materiellen Rechts zum Streitgegenstand (Krodel aaO Rz 290). Es dient nicht der endgültigen Entscheidung über einen Anspruch. Das Verfahren der Regelungsanordnung ist insofern unabhängig von einem Vorverfahren bzw. dem Verfahren in der Hauptsache (Beschlüsse des Senats vom 05.12.2007 - L 8 AS 4481/07 ER-B - und vom 28.02.2007 - L 8 AS 5698/06 ER-B -; Spellbrink, aaO; HessLSG 24.04.2006 - L 9 AS 39/06 ER).
Der Widerspruchsbescheid vom 21.11.2007 ist nach dem in der Verwaltungsakte angebrachten Vermerk am 22.11.2007 mit einfachem Brief zur Post gegeben worden. Er gilt daher gemäß § 37 Abs. 2 SGB X am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben. Nach der Auskunft des SG vom 17.01.2008 war bis zu diesem Tag keine Klage der Antragstellerin in Angelegenheiten nach dem SGB II anhängig. Die Klagefrist von einen Monat ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides (§ 87 SGG) ist folglich längst abgelaufen und Wiedereinsetzungsgründe sind nicht ersichtlich. Ob die Antragstellerin gewusst hat, dass sie trotz des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens Klage gegen den Widerspruchsbescheid erheben muss, kann offen bleiben. Angesichts der ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid könnte dies nicht als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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