Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 1576/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 4258/07 PKH-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 25. Juli 2007 aufgehoben. Der Klägerin wird für das Klageverfahren S 3 AS 1576/07 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin St., P. ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin hat Erfolg.
Die Beschwerde, der das Sozialgericht Mannheim (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz(SGG)), ist statthaft (§ 172 SGG), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig. Sie ist auch begründet. Die Klägerin hat für das Verfahren S 3 AS 1576/07 Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin St ...
PKH erhält gem. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO), wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).
Entgegen der Ansicht des SG hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gegenstand des Klageverfahrens ist der mit Anfechtungsklage angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 22.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.03.2007, mit dem die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) teilweise in Höhe des Mehrbedarfs für Alleinerziehung für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.03.2006 aufgehoben wurde. Dabei wird das SG zu prüfen haben, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der für die Aufhebung der Leistungsbewilligung maßgeblichen Rechtsgrundlage (§ 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i. V. m. § 40 Abs.1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch SGB III) und für die Erstattungsforderung (§ 50 SGB X) gegeben sind. Die Rücknahme der Bewilligungen nach § 45 SGB X setzt die (anfängliche) Rechtswidrigkeit der Bewilligungen voraus. Daneben sind die besonderen Voraussetzungen für die Rücknahme der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X zu überprüfen. Eine Rechtswidrigkeit der Bewilligung ergibt sich dann, wenn die Klägerin in dem genannten Zeitraum nicht alleinerziehend gewesen ist, sondern - wie die Beklagte vermutet - der von der Klägerin getrennt lebende Vater des Kindes, Thomas F., die Erziehung des gemeinsamen Kindes mit übernommen hat. Die Mehrbedarfsregelung für alleinerziehende Personen in § 21 Abs. 3 SGB II führt die entsprechende Regelung der Sozialhilfe in § 23 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) fort. Nach dem Willen des (SGB II-) Gesetzgebers sollte dementsprechend an diese Vorschriften des BSHG angeknüpft werden (vgl. Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.09.2007 - L 7 AS 41/07 m.w. N.- veröffentlicht in Juris, Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen v. 27.07.2007 - L 13 AS 50/07 m. w. N. veröffentlicht in Juris). In Fortsetzung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (a. a. O.) ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob ein Dritter an der Erziehung des Kindes wesentlich mitwirkt, d. h. es ist hier zu prüfen, ob der Vater des Kindes über das Umgangsrecht hinaus Erziehungsaufgaben wahrnimmt und somit die Klägerin diesbezüglich entlastet. Das SG wird hierzu die Klägerin befragen und den Vater des Kindes als Zeugen zu vernehmen haben, zumal die Klägerin bestreitet, dass der Zeuge über das Umgangsrecht hinaus Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Der Zeuge seinerseits hat anlässlich des Hausbesuchs gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten Laurent Lohse am 05.05.2006 lediglich angegeben, das Abendessen und Frühstück mit dem Sohn und der Klägerin einzunehmen; weil er aber viel unterwegs sei, esse er meistens außerhalb. Weitere Angaben zu Erziehungsleistungen sind nicht aktenkundig. Somit besteht ein weiterer Aufklärungsbedarf zu dem Umfang der jeweiligen Erziehungsleistungen. Das SG wird - sofern die Rechtswidrigkeit der Bewilligung in dem streitigen Zeitraum nach den durchzuführenden Ermittlungen festgestellt werden kann - weiter zu ermitteln haben, ob die Klägerin - wie von der Beklagten behauptet - zumindest grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit der Bewilligung verkannt hatte (§ 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X). Insgesamt kann somit auf Grund des aufgezeigten Ermittlungsbedarfs das Vorliegen einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage nicht verneint werden.
Entsprechend ihren wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen, die der Senat anhand der von ihr vorgelegten aktuellen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 08.02.2008 überprüft hat, ist die Klägerin nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung - auch nur in Raten - aufzubringen.
Im Ergebnis ist daher der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Klägerin Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren ohne Ratenzahlungsverpflichtung zu gewähren.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin hat Erfolg.
Die Beschwerde, der das Sozialgericht Mannheim (SG) nicht abgeholfen hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz(SGG)), ist statthaft (§ 172 SGG), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig. Sie ist auch begründet. Die Klägerin hat für das Verfahren S 3 AS 1576/07 Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von Rechtsanwältin St ...
PKH erhält gem. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO), wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).
Entgegen der Ansicht des SG hat die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gegenstand des Klageverfahrens ist der mit Anfechtungsklage angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 22.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.03.2007, mit dem die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) teilweise in Höhe des Mehrbedarfs für Alleinerziehung für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.03.2006 aufgehoben wurde. Dabei wird das SG zu prüfen haben, ob die Tatbestandsvoraussetzungen der für die Aufhebung der Leistungsbewilligung maßgeblichen Rechtsgrundlage (§ 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i. V. m. § 40 Abs.1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch SGB III) und für die Erstattungsforderung (§ 50 SGB X) gegeben sind. Die Rücknahme der Bewilligungen nach § 45 SGB X setzt die (anfängliche) Rechtswidrigkeit der Bewilligungen voraus. Daneben sind die besonderen Voraussetzungen für die Rücknahme der Absätze 2 bis 4 des § 45 SGB X zu überprüfen. Eine Rechtswidrigkeit der Bewilligung ergibt sich dann, wenn die Klägerin in dem genannten Zeitraum nicht alleinerziehend gewesen ist, sondern - wie die Beklagte vermutet - der von der Klägerin getrennt lebende Vater des Kindes, Thomas F., die Erziehung des gemeinsamen Kindes mit übernommen hat. Die Mehrbedarfsregelung für alleinerziehende Personen in § 21 Abs. 3 SGB II führt die entsprechende Regelung der Sozialhilfe in § 23 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) fort. Nach dem Willen des (SGB II-) Gesetzgebers sollte dementsprechend an diese Vorschriften des BSHG angeknüpft werden (vgl. Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.09.2007 - L 7 AS 41/07 m.w. N.- veröffentlicht in Juris, Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen v. 27.07.2007 - L 13 AS 50/07 m. w. N. veröffentlicht in Juris). In Fortsetzung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (a. a. O.) ist anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob ein Dritter an der Erziehung des Kindes wesentlich mitwirkt, d. h. es ist hier zu prüfen, ob der Vater des Kindes über das Umgangsrecht hinaus Erziehungsaufgaben wahrnimmt und somit die Klägerin diesbezüglich entlastet. Das SG wird hierzu die Klägerin befragen und den Vater des Kindes als Zeugen zu vernehmen haben, zumal die Klägerin bestreitet, dass der Zeuge über das Umgangsrecht hinaus Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Der Zeuge seinerseits hat anlässlich des Hausbesuchs gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten Laurent Lohse am 05.05.2006 lediglich angegeben, das Abendessen und Frühstück mit dem Sohn und der Klägerin einzunehmen; weil er aber viel unterwegs sei, esse er meistens außerhalb. Weitere Angaben zu Erziehungsleistungen sind nicht aktenkundig. Somit besteht ein weiterer Aufklärungsbedarf zu dem Umfang der jeweiligen Erziehungsleistungen. Das SG wird - sofern die Rechtswidrigkeit der Bewilligung in dem streitigen Zeitraum nach den durchzuführenden Ermittlungen festgestellt werden kann - weiter zu ermitteln haben, ob die Klägerin - wie von der Beklagten behauptet - zumindest grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit der Bewilligung verkannt hatte (§ 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X). Insgesamt kann somit auf Grund des aufgezeigten Ermittlungsbedarfs das Vorliegen einer hinreichenden Erfolgsaussicht der Klage nicht verneint werden.
Entsprechend ihren wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen, die der Senat anhand der von ihr vorgelegten aktuellen Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 08.02.2008 überprüft hat, ist die Klägerin nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung - auch nur in Raten - aufzubringen.
Im Ergebnis ist daher der angefochtene Beschluss aufzuheben und der Klägerin Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren ohne Ratenzahlungsverpflichtung zu gewähren.
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