Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 R 1573/07 KO-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Vergütung des Antragstellers für das Gutachten vom 30.10.2006 wird auf 1.309,23 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
In dem Berufungsverfahren L 10 RA 1844/04 ging es um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Im Mai 2006 wurde der Antragsteller zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und um die Erstattung eines Gutachtens auf Grund ambulanter Untersuchung des Klägers gebeten. Die hierbei zu berücksichtigenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hatten zu diesem Zeitpunkt einen Umfang von 630 Blatt. Unter dem Datum des 30.10.2006 wurde das 13-seitige lungenfachärztliche Gutachten vorgelegt (davon 1 Seite Deckblatt und Einleitung, 2,5 Seiten Aktenlage, 1 Seite Anamnese, 4 Seiten Befunde und 4,5 Seiten Beantwortung der Beweisfragen), welches rund 25.000 Zeichen enthält. Der Antragsteller verlangte mit seiner Rechnung eine Vergütung in Höhe von 2027,23 EUR. Hierbei hat er 16 Stunden Arbeitszeit nach einem Stundensatz von 85 EUR (4 Stunden Aktenstudium, 5 Stunden Untersuchung mit Diktat, 2,5 Stunden Diktat der Anamnese und der Befunde, 2,5 Stunden Beurteilung und Beantwortung des Beweisfragen und Diktat sowie 2 Stunden Korrektur), besondere Verrichtungen (Laboruntersuchungen sowie Lungenfunktionsprüfungen) in Höhe von 630,48 EUR und Schreibgebühren von 36,75 EUR zugrunde gelegt. Die besonderen Verrichtungen hat der Antragsteller nach GOÄ (einfacher Satz) abgerechnet. Die Kostenbeamtin hat lediglich 11,5 Stunden Arbeitszeit (aufgerundet) nach einem Stundensatz von 60 EUR anerkannt und hierzu auf die Rechtsprechung des Kostensenats beim Landessozialgericht verwiesen. Bei den besonderen Verrichtungen Flussvolumen nach GOÄ-Nr. 605a, Ganzkörperplethysmographische Untersuchung nach GOÄ-Nr. 610, CO-Diffusionskapazität nach GOÄ-Nr. 615, Residualvolumenbestimmung nach GOÄ-Nr. 607, Gasanalyse nach GOÄ-Nr. 617, Provokationstest nach GOÄ-Nr. 395, Gasanalyse nach GOÄ-Nr. 617 und Ruhespirometrie nach GOÄ-Nr. 605 hat die Kostenbeamtin, anders als bei den anderen besonderen Verrichtungen wie EKG und den Laborbefundungen, eine Kürzung des geltend gemachten einfachen GOÄ-Satzes um die Hälfte vorgenommen. Zur Begründung für die Kürzungen bei den besonderen Verrichtungen hat sie angeführt, dass bei den gekürzten Verrichtungen nur der Sachkostenanteil und nicht der Arztanteil vergütungsfähig sei, weil die ärztliche Tätigkeit bereits nach Stunden vergütet werde und insofern eine Doppelvergütung auszuschließen sei. Schließlich hat die Kostenbeamtin die Schreibgebühren auf 18,75 EUR gekürzt, da das Gutachten nur im Original (ohne Kopien) vorgelegt worden sei. Die Entschädigung hat die Kostenbeamtin aus diesen Gründen auf 1254,51 EUR herabgesetzt. In dem Antrag auf richterliche Festsetzung hat sich der Antragsteller gegen die von der Kostenbeamtin vorgenommenen Kürzungen gewandt. Er ist der Auffassung, dass die angesetzte Vergütung dem Aufwand für die Begutachtung nicht gerecht werde. Es habe sich um ein äußerst schwieriges Gutachten mit zahlreichen Vorgutachten gehandelt. Der 1,0-fache GOÄ-Satz als niedrigste Vergütungsstufe decke bereits nicht die Kosten und sei seit Jahren nicht angehoben worden. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.
II.
Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) Anwendung, weil der Gutachtensauftrag nach dem 30.6.2004 an den Antragsteller erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG). Vorliegend entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG der Senat, da der Einzelrichter ihm die Sache zur Entscheidung übertragen hat.
I. Zur anzuwendenden Honorargruppe
Medizinische Sachverständige erhalten nach § 9 Abs. 1 für jede Stunde ein Honorar in Höhe von 50, 60 oder 85 EUR, je nachdem, welcher Honorargruppe (M 1 bis M 3) das von ihnen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 JVEG zuzuordnen ist.
In Anlage 1 des JVEG werden die medizinischen Gutachten ihrem Schwierigkeitsgrad entsprechend in die bereits genannten drei Honorargruppen M 1, M 2 und M 3 eingeteilt, wobei sich der Gesetzgeber an den verschiedenen Gegenständen medizinischer Gutachten und ihrem Umfang orientiert hat und die Vergütung damit aufwandsbezogen gestaltet haben will (BTDrs. 15/1971 Seite 186). Im Einzelnen lautet die Regelung (soweit der Bereich der Sozialgerichtsbarkeit betroffen sein könnte):
Gegenstand medizinischer und psychologischer Gutachten Honorar M1 Einfache gutachtliche Beurteilungen, insbesondere
• zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung 50 EUR M2 Beschreibende (Ist-Zustands-) Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten
• in Verfahren nach dem SGB IX, • zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität, • zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z.B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen), 60 EUR M3 Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten
• zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen, • in Verfahren nach dem OEG, • in Verfahren nach dem HHG, • zur Geschäfts-, Testier oder Prozessfähigkeit, • zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten, • zu rechtsmedizinischen, toxikologischen und spurenkundlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer abschließenden Todesursachenklärung, ärztlichen Behandlungsfehlern oder einer Beurteilung der Schuldfähigkeit. 85 EUR
In seinem Beschluss vom 22.9.2004, L 12 RJ 3686/04 KO-A hat der Senat ausgeführt, dass aus Gründen der Praktikabilität und angesichts unvollständiger gesetzlicher Regelung die bisherige Kostenrechtsprechung auf das neue Recht ergänzend und konkretisierend zu übertragen ist.
Es gilt daher:
Einfachere gutachtliche Beurteilungen mit einer Vergütung nach Honorargruppe M 1 (50 EUR) sind medizinische Gutachten, bei denen die Diagnose zu beurteilender Gesundheitsstörungen verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind, insbesondere wenn die Beurteilung durch antizipierte Sachverständigengutachten (Anhaltspunkte) oder einschlägige Tabellenwerke erleichtert wird. Hierunter fallen etwa • augen- und ohrenfachärztliche Gutachten zur Frage des Ausmaßes einer Seh- oder Hörminderung sowie • Gutachten unabhängig vom Sachgebiet (also auch die unten genannten "Zustandsgutachten") ohne schwierige Diagnostik, wenn die Beurteilung - z.B. bei einer Monoverletzung - im Wesentlichen auf Zustand oder Funktion eines Organs (Organpaares) bzw. Körperteiles gerichtet ist und keine komplizierten Überlegungen anzustellen sind.
Gutachten mit einer Vergütung nach der Honorargruppe M 2 (60 EUR) sind die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gutachten, die durchschnittliche Anforderungen stellen. In diese Gruppe fällt daher der Großteil der von den Sozialgerichten eingeholten Gutachten. Gutachten mit durchschnittlicher Schwierigkeit sind solche, bei denen die diagnostischen oder die ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere Überlegungen erfordern. Hierbei handelt es sich • vor allem um sog. "Zustandsgutachten", in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung oder im Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX und • die Leidensbesserungen oder -verschlimmerungen bei Neufeststellungen in der gesetzlichen Unfallversicherung oder im sozialen Entschädigungsrecht unter Berücksichtigung von Vorgutachten und Vorbefunden zu erörtern sind sowie • Gutachten aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung oder des sozialen Entschädigungsrechts, wenn die zu klärenden Kausalfragen keine besonders schwierigen Überlegungen erfordern, insbesondere wenn sich die Beantwortung der Kausalfragen ohne kritische Auseinandersetzung allein an den Standardwerken der unfallmedizinischen Literatur (z.B. Schöneberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit; Izbicki/Neumann/Spohr, Unfallbegutachtung) orientiert. Hierzu gehören dann auch die in der Anlage 1 des JVEG aufgeführten, im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit zwar denkbaren, aber kaum anzutreffenden Gutachten zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z.B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen)
Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad nach der Honorargruppe M 3 (85 EUR) liegen vor, wenn der Sachverständige umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen anstellen muss. Die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, z.B. durch eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben bedingt sein. In erster Linie sind hier • Zusammenhangsgutachten in der gesetzlichen Unfallversicherung und im sozialen Entschädigungsrecht einzuordnen, die sich im notwendigen Umfang mit den im Schrifttum vertretenen wissenschaftlichen Meinungen im Gutachten auseinandersetzen sowie • Zustandsgutachten bei sehr komplizierten, widersprüchlichen Befunden und entsprechenden Schwierigkeiten bei deren diagnostischer Einordnung. In diese Honorargruppe gehören auch die in der Anlage 1 des JVEG beispielhaft aufgeführten Gutachten in Verfahren nach dem HHG, zur Geschäfts- oder Prozessfähigkeit und Gutachten zu rechtsmedizinischen, toxikologischen und spurenkundlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer abschließenden Todesursachenklärung, ärztlichen Behandlungsfehlern oder einer Beurteilung der Schuldfähigkeit, sofern der eingangs dargestellte hohe Schwierigkeitsgrad vorliegt.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer nach dem Schwierigkeitsgrad völlig gleichmäßigen Abstufung die betragsmäßig ungleichmäßige, aber vom Gesetz verbindlich vorgegebene unterschiedliche Vergütung der Honorargruppen von 50 EUR über 60 EUR bis zu 85 EUR nicht nachvollziehbar erscheinen würde. Soweit in der Begründung zum Gesetzentwurf (BTDrs. aaO) in diesem Zusammenhang auf den Umfang der Gutachten verwiesen und eine aufwandsbezogene Ausgestaltung der Vergütung behauptet wird, wird nach Auffassung des Senats vernachlässigt, dass sich der Umfang der Inanspruchnahme des Sachverständigen und damit sein Aufwand in erster Linie an der typischerweise ebenfalls vom Schwierigkeitsgrad des Gutachtens abhängigen Anzahl erforderlicher und zu vergütender Stunden zeigt. Vor diesem Hintergrund erfordert eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 einen gegenüber Gutachten, die nach Honorargruppe M 2 vergütet werden, deutlich höheren Schwierigkeitsgrad, wobei sich dieser Schwierigkeitsgrad gerade aus den Darlegungen im Gutachten entnehmen lassen muss. Es genügt daher für eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 nicht, dass ein schwieriges Gutachten in Auftrag gegeben wurde. Aus dem Gutachten selbst muss sich vielmehr ergeben, dass der Sachverständige die geforderten vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen auch anstellte und wodurch diese veranlasst wurden.
Im vorliegenden Fall hatte der Antragsteller in erster Linie die auf seinem Fachgebiet beim Kläger vorhandenen Funktionsstörungen und deren Ausmaß festzustellen und zu bewerten. Besondere Probleme sind dabei nicht aufgetreten. Aus dem Gutachten ist nicht erkennbar, dass die Beurteilung des Gesundheitszustandes des Klägers besondere Schwierigkeiten aufgeworfen hat. Sofern der Antragsteller auf den besonderen Umfang der Akten und die große Zahl an Vorgutachten verweist, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorgutachten sich zu einem großen Teil nicht auf das Fachgebiet des Antragstellers beziehen. Eine besonders komplizierte Beurteilung, die sich deutlich von einem durchschnittlich schwierigen Gutachten abhebt, kann daher nicht angenommen werden. Im Ergebnis handelt es sich bei dem vorliegenden Gutachten um ein typisches Zustandsgutachten auf dem Gebiet des Rentenrechts. Ein höherer Stundensatz als 60 EUR kommt daher nicht in Betracht.
II. Zum entschädigungsfähigen Zeitaufwand
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Dementsprechend wird es gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages. Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es - wie im bisherigen Recht, vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) - nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an. Dabei hängt die Zeit, die erforderlich ist, nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl., § 8 Rdnr. 8.48).
Aus § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG ergibt sich, dass sich die Anzahl der zu vergütenden Stunden nicht daran orientiert, wie viele Stunden der Sachverständige zur Erstattung des Gutachtens aufgewandte, sondern daran, wie viele Stunden für die Erstattung des Gutachtens erforderlich, also notwendig waren. Insoweit ist keine Änderung der Rechtslage gegenüber dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) eingetreten. Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es - wie im bisherigen Recht, vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG - nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an. Auch hängt die Zeit, die erforderlich ist, nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 22. Aufl., § 3 Rdnr. 21).
Wie bisher schon kann auch unter der Geltung des JVEG allerdings davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich aufgewandte Zeit richtig sind und dass die vom Sachverständigen zur Vergütung verlangten Stunden für die Erstellung des Gutachtens auch notwendig waren. Dementsprechend findet regelmäßig nur eine Plausibilitätsprüfung der Kostenrechnung anhand allgemeiner Erfahrungswerte statt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige die Kostenrechnung entsprechend der Vorgaben verfasst, wie sie ihm im Merkblatt, das er zusammen mit dem Gutachtensauftrag erhält, mitgeteilt werden. Sofern der Sachverständige innerhalb des durch die Plausibilitätsprüfung gezogenen Rahmens bleibt oder diesen Rahmen nur geringfügig überschreitet, wird er antragsgemäß entschädigt. Verlangt er erheblich mehr als die sich nach der Plausibilitätsprüfung ergebenden Stunden vergütet, muss diese Überschreitung nachvollziehbar sein, entweder aufgrund ohne weiteres erkennbarer oder auf Grund vom Sachverständigen vorgetragener besonderer, eine Abweichung von den allgemeinen Erfahrungswerten rechtfertigender Umstände. Lässt sich die (erhebliche) Überschreitung nicht nachvollziehen, können nur die auf Grund der Plausibilitätsprüfung ermittelten Stunden vergütet werden.
Beim Zeitaufwand für die Aktendurchsicht einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts ist auch das Ausmaß der gutachtensrelevanten Aktenteile (einschlägige Befundberichte der behandelnden Ärzte, Vorgutachten, Rehabilitationsberichte, Beschwerdeschilderungen beispielsweise in der Widerspruchs-, Klage- und Berufungsbegründung) zu berücksichtigen. Dabei legt der Senat seine eigenen Erfahrungswerte aus dem richterlichen Bereich zu Grunde. Danach ist - bei Gutachten auf Grund ambulanter Untersuchung - für bis zu 200 Aktenseiten mit bis zu 50% gutachtensrelevantem Anteil bei der Plausibilitätsprüfung eine Stunde für Durchsicht und erforderliches Diktat anzusetzen.
Zu differenzieren ist auch im Bereich des zeitlichen Aufwandes für das Diktat der Anamnese und der Befunde gegenüber der Beurteilung. Denn anders als das Diktat von Anamnese und Befunden stellt die Beurteilung und die Beantwortung der Beweisfragen die eigentliche Gedankenarbeit mit der Auswertung der Befunde und deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfragen dar. Dementsprechend ist der zeitliche Aufwand für die Beurteilung und die Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat wesentlich höher anzunehmen, als die Wiedergabe von Anamnese und den erhobenen Befunden. Auch insoweit verfügt der Senat über Erfahrungswerte und hält beim außerhalb der Untersuchung erfolgtem Diktat von Anamnese und Befunden einen zeitlichen Aufwand von einer Stunde für acht Seiten im Falle der Darstellung standardisiert erhobener Anamnese und Befunde (häufig in orthopädischen Gutachten) bzw. einen zeitlichen Aufwand von einer Stunde für sechs Seiten bei ausführlicher und komplizierterer Darstellung (beispielsweise in psychiatrischen Gutachten) für akzeptabel. Für die Beurteilung und die Beantwortung der Beweisfragen (ohne deren Wiedergabe) dagegen ist in erster Linie der Inhalt des Gutachtens, in dem der Grad der Intensität und die Gewissenhaftigkeit der Arbeitsweise des Sachverständigen zum Ausdruck kommt, maßgeblich. Bei durchschnittlich komplizierten Ausführungen ohne Wiederholungen ist - auch dies entspricht Erfahrungswerten aus der (auch kosten-) richterlichen Praxis - ein Zeitaufwand von einer Stunde für zweieinhalb Seiten nicht zu beanstanden. Für die Korrektur einschließlich abschließender Durchsicht sieht der Senat einen Zeitaufwand von einer Stunde für zwölf Seiten als angemessen an.
Zusammengefasst gestaltet sich die kostenrechtliche Prüfung demnach so (Beschluss vom 05.04.2005, L 12 SB 795/05 KO-A), dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung das Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Falle der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Falle eines "Routinegutachtens" zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und ggf. vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige die Kostenrechnung unter Mitteilung seines tatsächlichen Zeitaufwandes entsprechend der Vorgaben verfasst, wie sie ihm im Hinweisblatt mitgeteilt worden sind.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt dazu, dass in einem ersten Rechenschritt die Seiten des Gutachtens in Standardseiten mit 2.700 Zeichen umzurechnen sind.
Hieraus ergibt sich ein Umrechnungsfaktor von x 0,7 je Seite (25.000 Zeichen: 2.700 Anschläge = 9,3 Standardseiten für das vorliegende Gutachten; 9,3 Standardseiten: 13 tatsächlich vorgelegte Seiten = Umrechnungsfaktor 0,7 für die einzelne Seite).
Danach ergibt sich vorliegend im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ein Stundenaufwand von 10,8 Stunden (3,2 Stunden Aktenstudium, 5 Stunden Untersuchung und Anamnese, 0,5 Stunden Diktat von Anamnese und Befunden, 1,3 Stunden Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen, 0,8 Stunden Korrektur), der auf 11 Stunden zu runden ist.
Das Ergebnis der Plausibilitätsprüfung ist jedoch kritisch zu hinterfragen, da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Sachverständige seine aufgewendeten Stunden zutreffend angibt.
Daher ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der Gutachter den durch die Plausibilitätsprüfung gezogenen Rahmen nur geringfügig überschreitet (maximal um 10 %); liegt eine nur geringfügige Überschreitung vor, wird er antragsgemäß entschädigt. Vorliegend macht der Antragsteller allerdings eine um mehr als 10 % von der Plausibilitätsprüfung abweichende Stundenzahl geltend, weswegen aus diesem Gesichtspunkt eine Erhöhung der Stundenzahl nicht erfolgen kann.
Liegen darüber hinaus Anhaltspunkte oder Angaben des Gutachters vor, die einen höheren Stundensatz rechtfertigen, so sind die höheren Stunden zugrunde zu legen (vgl. Beschluss des Senats vom 09.05.2005, L 12 U 1512/05 KO-A). Die unspezifischen Ausführungen des Antragstellers in seinem Kostenantrag lassen es indes vorliegend nicht zu, aus diesem Gesichtspunkt eine weitere Erhöhung anzunehmen.
Demnach sind 11 Stunden nach der Honorargruppe M 2 zu entschädigen (660 EUR).
III. Zu den besonderen Verrichtungen
Nach bisheriger Rechtsprechung des Landessozialgerichts waren bestimmte von Ärzten nach der GOÄ abgerechnete Leistungen, bei denen diese selbst beteiligt waren, nur mit dem halben GOÄ-Satz zu entschädigen (vgl. etwa Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19.12.1983 - L 10 Ko 51/83 B (A)). Dies beruhte unter anderem auf der Erwägung, dass der Arztanteil dieser Leistungen bereits im Rahmen des Zeitaufwandes nach dem ZSEG entschädigt wurde und insofern eine doppelte Vergütung auszuschließen sei.
Der Senat hält an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.
Die oben genannte richterrechtliche Einschränkung hat auch nach dem Inkrafttreten des JVEG im Gesetz keinen Niederschlag gefunden. Das JVEG sieht insofern lediglich eine eigene Gebührenordnung für bestimmte im Gerichtsbereich häufig vorkommende Leistungen (§ 10 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 2 zum JVEG) sowie die direkte Anwendbarkeit der in Abschnitt O der GOÄ aufgeführten Leistungen vor (§ 10 Abs. 2, 1. Halbsatz JVEG). Sofern Leistungen erbracht werden, die weder in der Anlage 2 zum JVEG noch in Abschnitt O der GOÄ aufgeführt werden, erklärt § 10 Abs. 2, 2. Halbsatz JVEG die §§ 7 und 12 JVEG für anwendbar.
Sofern gutachtliche Leistungen weder in der Anlage 2 zum JVEG noch in Abschnitt O der GOÄ aufgeführt werden, ist eine Entschädigung nur nach § 9 JVEG im Rahmen des Zeitaufwandes des Sachverständigen möglich (Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl. 2007, Rz. 10.3). Etwas anderes gilt jedoch für Leistungen, die weder in Anlage 2 zum JVEG noch in Abschnitt O aufgeführt sind, und die auch keine gutachtlichen Leistungen sind. Für solche Leistungen bleibt es bei der in § 10 Abs. 2, 2. Halbsatz JVEG für anwendbar erklärten Entschädigung nach den §§ 7 und 12 JVEG.
Da es sich aber nicht um prinzipiell gutachtliche Leistungen handelt, erscheint es nicht gerechtfertigt, insofern eine Halbierung des einfachen GOÄ-Satzes durchzuführen. Unabhängig davon, ob der Gutachter (§ 7 Abs. 1 JVEG) oder ein Gehilfe (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG) diese Verrichtungen vornehmen, liegt eine besondere Leistung des Gutachters vor, für die der Gutachter die Gesamtverantwortung und das Haftungsrisiko trägt, und die angemessen zu vergüten ist.
Insofern erscheint es nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 08.11.2007 - III ZR - 54/07 - nicht mehr angemessen, richterrechtlich eine Halbierung des einfachen GOÄ-Satzes vorzunehmen; vielmehr ist insoweit nunmehr grundsätzlich der einfache GOÄ-Satz zu vergüten. Der BGH hat in dem genannten Urteil entschieden, dass ein Arzt das ihm vom Verordnungsgeber eingeräumte Ermessen nicht verletzt, wenn er nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche ärztliche Leistungen mit dem Höchstsatz der Regelspanne in § 5 GOÄ abrechnet (2,3 bzw. 1,8). Dem Verordnungsgeber sei die Abrechnungspraxis von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen, ärztliche Leistungen weit überwiegend zu den Höchstsätzen der Regelspanne (2,3 bzw. 1,8) abzurechnen, seit vielen Jahren bekannt, und er habe davon abgesehen, den Bereich der Regelspanne für die Abrechnungspraxis deutlicher abzugrenzen und dem Arzt für Liquidationen bis zum Höchstsatz der Regelspanne eine Begründung seiner Einordnung abzuverlangen. Möchte der Arzt demgegenüber für eine Leistung das 2,3fache des Gebührensatzes überschreiten, sei er nach § 12 Abs. 3 GOÄ verpflichtet, dies für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen und auf Verlangen die Begründung näher zu erläutern. Ohne eine nähere Begründungspflicht im Bereich der Regelspanne sei es jedoch nicht praktikabel und vom Verordnungsgeber offenbar nicht gewollt, dass Zahlungspflichtige und Abrechnungsstellen den für eine durchschnittliche Leistung angemessenen Faktor ermitteln oder anderweitig festlegen. Insbesondere habe der Verordnungsgeber einen Mittelwert für durchschnittliche Leistungen innerhalb der Regelspanne, wie ihn Teile der Rechtsprechung und Literatur für richtig halten, nicht vorgesehen. Hiervon bleibe unberührt, dass der Arzt seine Leistungen nicht schematisch mit dem Höchstsatz der Regelspanne berechnen dürfe, sondern sich bei einfachen ärztlichen Verrichtungen im unteren Bereich der Regelspanne bewegen muss.
Sofern keine Anhaltspunkte für eine einfache oder schwierige Verrichtung vorgetragen werden oder sonstwie ersichtlich sind, ist daher insofern von einer durchschnittlichen Schwierigkeit auszugehen, welche die regelmäßige Anwendung der einfachen Gebühr - vergleichbar der Regelung in § 10 Abs. 2, 1. Halbsatz JVEG i.V.m. Abschnitt O der GOÄ - rechtfertigt.
Vorliegend kann der Antragsteller daher für seine besonderen Verrichtungen nach der GOÄ jeweils den einfachen Satz geltend machen, mithin insgesamt 630,48 EUR wie geltend gemacht.
IV. Zu den Schreibauslagen
Die Schreibauslagen hat die Kostenbeamtin nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG zu Recht gekürzt, weil nur das Original des Gutachtens übersandt worden ist. Ausgehend von einem Satz von 0,75 EUR je 1.000 Anschlägen waren bei 25.000 Anschlägen demnach nur 18,75 EUR zu entschädigen.
V. Weitere Rechnungsposten und Gesamtergebnis
Entgegen der Festsetzung durch die Kostenbeamtin können Portokosten vorliegend nicht übernommen werden, da der Antragsteller diese nicht geltend gemacht hat. Als sonstige Aufwendungen können Telefongebühren und Versand- sowie Portokosten grundsätzlich erstattet werden (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl. 2007 § 7 Rn. 7.2). Erforderlich ist insofern mehr als eine pauschale Behauptung, nämlich eine nachvollziehbare Bezifferung. Auf Verlangen müssen bei größeren Beträgen auch Belege vorgelegt werden. Insofern ist der fehlende Antrag des Antragstellers beachtlich; denn weil dieser seine sonstigen Kosten genauestens aufgegliedert hat, kann insofern auch kein - prinzipiell möglicher - konkludenter Antrag gesehen werden.
Insgesamt ergibt sich damit eine Kostenforderung von 1.309,23 EUR.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Gründe:
I.
In dem Berufungsverfahren L 10 RA 1844/04 ging es um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Im Mai 2006 wurde der Antragsteller zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und um die Erstattung eines Gutachtens auf Grund ambulanter Untersuchung des Klägers gebeten. Die hierbei zu berücksichtigenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hatten zu diesem Zeitpunkt einen Umfang von 630 Blatt. Unter dem Datum des 30.10.2006 wurde das 13-seitige lungenfachärztliche Gutachten vorgelegt (davon 1 Seite Deckblatt und Einleitung, 2,5 Seiten Aktenlage, 1 Seite Anamnese, 4 Seiten Befunde und 4,5 Seiten Beantwortung der Beweisfragen), welches rund 25.000 Zeichen enthält. Der Antragsteller verlangte mit seiner Rechnung eine Vergütung in Höhe von 2027,23 EUR. Hierbei hat er 16 Stunden Arbeitszeit nach einem Stundensatz von 85 EUR (4 Stunden Aktenstudium, 5 Stunden Untersuchung mit Diktat, 2,5 Stunden Diktat der Anamnese und der Befunde, 2,5 Stunden Beurteilung und Beantwortung des Beweisfragen und Diktat sowie 2 Stunden Korrektur), besondere Verrichtungen (Laboruntersuchungen sowie Lungenfunktionsprüfungen) in Höhe von 630,48 EUR und Schreibgebühren von 36,75 EUR zugrunde gelegt. Die besonderen Verrichtungen hat der Antragsteller nach GOÄ (einfacher Satz) abgerechnet. Die Kostenbeamtin hat lediglich 11,5 Stunden Arbeitszeit (aufgerundet) nach einem Stundensatz von 60 EUR anerkannt und hierzu auf die Rechtsprechung des Kostensenats beim Landessozialgericht verwiesen. Bei den besonderen Verrichtungen Flussvolumen nach GOÄ-Nr. 605a, Ganzkörperplethysmographische Untersuchung nach GOÄ-Nr. 610, CO-Diffusionskapazität nach GOÄ-Nr. 615, Residualvolumenbestimmung nach GOÄ-Nr. 607, Gasanalyse nach GOÄ-Nr. 617, Provokationstest nach GOÄ-Nr. 395, Gasanalyse nach GOÄ-Nr. 617 und Ruhespirometrie nach GOÄ-Nr. 605 hat die Kostenbeamtin, anders als bei den anderen besonderen Verrichtungen wie EKG und den Laborbefundungen, eine Kürzung des geltend gemachten einfachen GOÄ-Satzes um die Hälfte vorgenommen. Zur Begründung für die Kürzungen bei den besonderen Verrichtungen hat sie angeführt, dass bei den gekürzten Verrichtungen nur der Sachkostenanteil und nicht der Arztanteil vergütungsfähig sei, weil die ärztliche Tätigkeit bereits nach Stunden vergütet werde und insofern eine Doppelvergütung auszuschließen sei. Schließlich hat die Kostenbeamtin die Schreibgebühren auf 18,75 EUR gekürzt, da das Gutachten nur im Original (ohne Kopien) vorgelegt worden sei. Die Entschädigung hat die Kostenbeamtin aus diesen Gründen auf 1254,51 EUR herabgesetzt. In dem Antrag auf richterliche Festsetzung hat sich der Antragsteller gegen die von der Kostenbeamtin vorgenommenen Kürzungen gewandt. Er ist der Auffassung, dass die angesetzte Vergütung dem Aufwand für die Begutachtung nicht gerecht werde. Es habe sich um ein äußerst schwieriges Gutachten mit zahlreichen Vorgutachten gehandelt. Der 1,0-fache GOÄ-Satz als niedrigste Vergütungsstufe decke bereits nicht die Kosten und sei seit Jahren nicht angehoben worden. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.
II.
Im vorliegenden Fall finden die Regelungen des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, JVEG) Anwendung, weil der Gutachtensauftrag nach dem 30.6.2004 an den Antragsteller erteilt worden ist (§ 25 Satz 1 JVEG). Vorliegend entscheidet nach § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG der Senat, da der Einzelrichter ihm die Sache zur Entscheidung übertragen hat.
I. Zur anzuwendenden Honorargruppe
Medizinische Sachverständige erhalten nach § 9 Abs. 1 für jede Stunde ein Honorar in Höhe von 50, 60 oder 85 EUR, je nachdem, welcher Honorargruppe (M 1 bis M 3) das von ihnen erstattete Gutachten nach der Anlage 1 JVEG zuzuordnen ist.
In Anlage 1 des JVEG werden die medizinischen Gutachten ihrem Schwierigkeitsgrad entsprechend in die bereits genannten drei Honorargruppen M 1, M 2 und M 3 eingeteilt, wobei sich der Gesetzgeber an den verschiedenen Gegenständen medizinischer Gutachten und ihrem Umfang orientiert hat und die Vergütung damit aufwandsbezogen gestaltet haben will (BTDrs. 15/1971 Seite 186). Im Einzelnen lautet die Regelung (soweit der Bereich der Sozialgerichtsbarkeit betroffen sein könnte):
Gegenstand medizinischer und psychologischer Gutachten Honorar M1 Einfache gutachtliche Beurteilungen, insbesondere
• zur Minderung der Erwerbsfähigkeit nach einer Monoverletzung 50 EUR M2 Beschreibende (Ist-Zustands-) Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, insbesondere Gutachten
• in Verfahren nach dem SGB IX, • zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität, • zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z.B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen), 60 EUR M3 Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad (Begutachtungen spezieller Kausalzusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder Beurteilung der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen), insbesondere Gutachten
• zum Kausalzusammenhang bei problematischen Verletzungsfolgen, • in Verfahren nach dem OEG, • in Verfahren nach dem HHG, • zur Geschäfts-, Testier oder Prozessfähigkeit, • zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten, • zu rechtsmedizinischen, toxikologischen und spurenkundlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer abschließenden Todesursachenklärung, ärztlichen Behandlungsfehlern oder einer Beurteilung der Schuldfähigkeit. 85 EUR
In seinem Beschluss vom 22.9.2004, L 12 RJ 3686/04 KO-A hat der Senat ausgeführt, dass aus Gründen der Praktikabilität und angesichts unvollständiger gesetzlicher Regelung die bisherige Kostenrechtsprechung auf das neue Recht ergänzend und konkretisierend zu übertragen ist.
Es gilt daher:
Einfachere gutachtliche Beurteilungen mit einer Vergütung nach Honorargruppe M 1 (50 EUR) sind medizinische Gutachten, bei denen die Diagnose zu beurteilender Gesundheitsstörungen verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind, insbesondere wenn die Beurteilung durch antizipierte Sachverständigengutachten (Anhaltspunkte) oder einschlägige Tabellenwerke erleichtert wird. Hierunter fallen etwa • augen- und ohrenfachärztliche Gutachten zur Frage des Ausmaßes einer Seh- oder Hörminderung sowie • Gutachten unabhängig vom Sachgebiet (also auch die unten genannten "Zustandsgutachten") ohne schwierige Diagnostik, wenn die Beurteilung - z.B. bei einer Monoverletzung - im Wesentlichen auf Zustand oder Funktion eines Organs (Organpaares) bzw. Körperteiles gerichtet ist und keine komplizierten Überlegungen anzustellen sind.
Gutachten mit einer Vergütung nach der Honorargruppe M 2 (60 EUR) sind die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gutachten, die durchschnittliche Anforderungen stellen. In diese Gruppe fällt daher der Großteil der von den Sozialgerichten eingeholten Gutachten. Gutachten mit durchschnittlicher Schwierigkeit sind solche, bei denen die diagnostischen oder die ätiologischen Fragen oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere Überlegungen erfordern. Hierbei handelt es sich • vor allem um sog. "Zustandsgutachten", in denen das Leistungsvermögen des Untersuchten im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung oder im Bereich des Schwerbehindertenrechts/SGB IX und • die Leidensbesserungen oder -verschlimmerungen bei Neufeststellungen in der gesetzlichen Unfallversicherung oder im sozialen Entschädigungsrecht unter Berücksichtigung von Vorgutachten und Vorbefunden zu erörtern sind sowie • Gutachten aus dem Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung oder des sozialen Entschädigungsrechts, wenn die zu klärenden Kausalfragen keine besonders schwierigen Überlegungen erfordern, insbesondere wenn sich die Beantwortung der Kausalfragen ohne kritische Auseinandersetzung allein an den Standardwerken der unfallmedizinischen Literatur (z.B. Schöneberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit; Izbicki/Neumann/Spohr, Unfallbegutachtung) orientiert. Hierzu gehören dann auch die in der Anlage 1 des JVEG aufgeführten, im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit zwar denkbaren, aber kaum anzutreffenden Gutachten zu spurenkundlichen oder rechtsmedizinischen Fragestellungen mit Befunderhebungen (z.B. bei Verletzungen und anderen Unfallfolgen)
Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad nach der Honorargruppe M 3 (85 EUR) liegen vor, wenn der Sachverständige umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen anstellen muss. Die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen, aber auch andere Gründe haben, z.B. durch eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben bedingt sein. In erster Linie sind hier • Zusammenhangsgutachten in der gesetzlichen Unfallversicherung und im sozialen Entschädigungsrecht einzuordnen, die sich im notwendigen Umfang mit den im Schrifttum vertretenen wissenschaftlichen Meinungen im Gutachten auseinandersetzen sowie • Zustandsgutachten bei sehr komplizierten, widersprüchlichen Befunden und entsprechenden Schwierigkeiten bei deren diagnostischer Einordnung. In diese Honorargruppe gehören auch die in der Anlage 1 des JVEG beispielhaft aufgeführten Gutachten in Verfahren nach dem HHG, zur Geschäfts- oder Prozessfähigkeit und Gutachten zu rechtsmedizinischen, toxikologischen und spurenkundlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit einer abschließenden Todesursachenklärung, ärztlichen Behandlungsfehlern oder einer Beurteilung der Schuldfähigkeit, sofern der eingangs dargestellte hohe Schwierigkeitsgrad vorliegt.
Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer nach dem Schwierigkeitsgrad völlig gleichmäßigen Abstufung die betragsmäßig ungleichmäßige, aber vom Gesetz verbindlich vorgegebene unterschiedliche Vergütung der Honorargruppen von 50 EUR über 60 EUR bis zu 85 EUR nicht nachvollziehbar erscheinen würde. Soweit in der Begründung zum Gesetzentwurf (BTDrs. aaO) in diesem Zusammenhang auf den Umfang der Gutachten verwiesen und eine aufwandsbezogene Ausgestaltung der Vergütung behauptet wird, wird nach Auffassung des Senats vernachlässigt, dass sich der Umfang der Inanspruchnahme des Sachverständigen und damit sein Aufwand in erster Linie an der typischerweise ebenfalls vom Schwierigkeitsgrad des Gutachtens abhängigen Anzahl erforderlicher und zu vergütender Stunden zeigt. Vor diesem Hintergrund erfordert eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 einen gegenüber Gutachten, die nach Honorargruppe M 2 vergütet werden, deutlich höheren Schwierigkeitsgrad, wobei sich dieser Schwierigkeitsgrad gerade aus den Darlegungen im Gutachten entnehmen lassen muss. Es genügt daher für eine Vergütung nach Honorargruppe M 3 nicht, dass ein schwieriges Gutachten in Auftrag gegeben wurde. Aus dem Gutachten selbst muss sich vielmehr ergeben, dass der Sachverständige die geforderten vielseitigen bzw. vielschichtigen Überlegungen auch anstellte und wodurch diese veranlasst wurden.
Im vorliegenden Fall hatte der Antragsteller in erster Linie die auf seinem Fachgebiet beim Kläger vorhandenen Funktionsstörungen und deren Ausmaß festzustellen und zu bewerten. Besondere Probleme sind dabei nicht aufgetreten. Aus dem Gutachten ist nicht erkennbar, dass die Beurteilung des Gesundheitszustandes des Klägers besondere Schwierigkeiten aufgeworfen hat. Sofern der Antragsteller auf den besonderen Umfang der Akten und die große Zahl an Vorgutachten verweist, ist darauf hinzuweisen, dass die Vorgutachten sich zu einem großen Teil nicht auf das Fachgebiet des Antragstellers beziehen. Eine besonders komplizierte Beurteilung, die sich deutlich von einem durchschnittlich schwierigen Gutachten abhebt, kann daher nicht angenommen werden. Im Ergebnis handelt es sich bei dem vorliegenden Gutachten um ein typisches Zustandsgutachten auf dem Gebiet des Rentenrechts. Ein höherer Stundensatz als 60 EUR kommt daher nicht in Betracht.
II. Zum entschädigungsfähigen Zeitaufwand
Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 JVEG erhält der Sachverständige als Vergütung ein Honorar für seine Leistungen, das nach Stundensätzen bemessen ist. Dementsprechend wird es gem. § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit gewährt, wobei die letzte bereits begonnene Stunde voll gerechnet wird, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrages. Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es - wie im bisherigen Recht, vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) - nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an. Dabei hängt die Zeit, die erforderlich ist, nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl., § 8 Rdnr. 8.48).
Aus § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG ergibt sich, dass sich die Anzahl der zu vergütenden Stunden nicht daran orientiert, wie viele Stunden der Sachverständige zur Erstattung des Gutachtens aufgewandte, sondern daran, wie viele Stunden für die Erstattung des Gutachtens erforderlich, also notwendig waren. Insoweit ist keine Änderung der Rechtslage gegenüber dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) eingetreten. Für die Ermittlung der Anzahl der zu vergütenden Stunden kommt es - wie im bisherigen Recht, vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG - nicht auf die vom Sachverständigen tatsächlich aufgewandten Stunden an. Auch hängt die Zeit, die erforderlich ist, nicht von der individuellen Arbeitsweise des jeweiligen Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen (Meyer/Höver/Bach, ZSEG, 22. Aufl., § 3 Rdnr. 21).
Wie bisher schon kann auch unter der Geltung des JVEG allerdings davon ausgegangen werden, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich aufgewandte Zeit richtig sind und dass die vom Sachverständigen zur Vergütung verlangten Stunden für die Erstellung des Gutachtens auch notwendig waren. Dementsprechend findet regelmäßig nur eine Plausibilitätsprüfung der Kostenrechnung anhand allgemeiner Erfahrungswerte statt. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine Plausibilitätsprüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige die Kostenrechnung entsprechend der Vorgaben verfasst, wie sie ihm im Merkblatt, das er zusammen mit dem Gutachtensauftrag erhält, mitgeteilt werden. Sofern der Sachverständige innerhalb des durch die Plausibilitätsprüfung gezogenen Rahmens bleibt oder diesen Rahmen nur geringfügig überschreitet, wird er antragsgemäß entschädigt. Verlangt er erheblich mehr als die sich nach der Plausibilitätsprüfung ergebenden Stunden vergütet, muss diese Überschreitung nachvollziehbar sein, entweder aufgrund ohne weiteres erkennbarer oder auf Grund vom Sachverständigen vorgetragener besonderer, eine Abweichung von den allgemeinen Erfahrungswerten rechtfertigender Umstände. Lässt sich die (erhebliche) Überschreitung nicht nachvollziehen, können nur die auf Grund der Plausibilitätsprüfung ermittelten Stunden vergütet werden.
Beim Zeitaufwand für die Aktendurchsicht einschließlich Diktat des für das Gutachten erforderlichen Akteninhalts ist auch das Ausmaß der gutachtensrelevanten Aktenteile (einschlägige Befundberichte der behandelnden Ärzte, Vorgutachten, Rehabilitationsberichte, Beschwerdeschilderungen beispielsweise in der Widerspruchs-, Klage- und Berufungsbegründung) zu berücksichtigen. Dabei legt der Senat seine eigenen Erfahrungswerte aus dem richterlichen Bereich zu Grunde. Danach ist - bei Gutachten auf Grund ambulanter Untersuchung - für bis zu 200 Aktenseiten mit bis zu 50% gutachtensrelevantem Anteil bei der Plausibilitätsprüfung eine Stunde für Durchsicht und erforderliches Diktat anzusetzen.
Zu differenzieren ist auch im Bereich des zeitlichen Aufwandes für das Diktat der Anamnese und der Befunde gegenüber der Beurteilung. Denn anders als das Diktat von Anamnese und Befunden stellt die Beurteilung und die Beantwortung der Beweisfragen die eigentliche Gedankenarbeit mit der Auswertung der Befunde und deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfragen dar. Dementsprechend ist der zeitliche Aufwand für die Beurteilung und die Beantwortung der Beweisfragen einschließlich Diktat wesentlich höher anzunehmen, als die Wiedergabe von Anamnese und den erhobenen Befunden. Auch insoweit verfügt der Senat über Erfahrungswerte und hält beim außerhalb der Untersuchung erfolgtem Diktat von Anamnese und Befunden einen zeitlichen Aufwand von einer Stunde für acht Seiten im Falle der Darstellung standardisiert erhobener Anamnese und Befunde (häufig in orthopädischen Gutachten) bzw. einen zeitlichen Aufwand von einer Stunde für sechs Seiten bei ausführlicher und komplizierterer Darstellung (beispielsweise in psychiatrischen Gutachten) für akzeptabel. Für die Beurteilung und die Beantwortung der Beweisfragen (ohne deren Wiedergabe) dagegen ist in erster Linie der Inhalt des Gutachtens, in dem der Grad der Intensität und die Gewissenhaftigkeit der Arbeitsweise des Sachverständigen zum Ausdruck kommt, maßgeblich. Bei durchschnittlich komplizierten Ausführungen ohne Wiederholungen ist - auch dies entspricht Erfahrungswerten aus der (auch kosten-) richterlichen Praxis - ein Zeitaufwand von einer Stunde für zweieinhalb Seiten nicht zu beanstanden. Für die Korrektur einschließlich abschließender Durchsicht sieht der Senat einen Zeitaufwand von einer Stunde für zwölf Seiten als angemessen an.
Zusammengefasst gestaltet sich die kostenrechtliche Prüfung demnach so (Beschluss vom 05.04.2005, L 12 SB 795/05 KO-A), dass in einem ersten Schritt im Rahmen der Plausibilitätsprüfung das Gutachten und seine einzelnen Teile auf sogenannte Standardseiten mit 2700 Anschlägen je Seite umgerechnet wird und anhand von Erfahrungswerten (Blätter je Stunde im Falle der Aktendurchsicht bzw. Seiten je Stunde) für die jeweilige Tätigkeit (Aktendurchsicht, Diktat von Anamnese und Befunden, Beurteilung einschließlich Beantwortung der Beweisfragen, Korrektur) ein Zeitaufwand ermittelt wird, der im Falle eines "Routinegutachtens" zu erwarten ist. Überschreitet der Sachverständige mit seinem geltend gemachten Zeitaufwand das Ergebnis dieser Plausibilitätsprüfung, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich - insbesondere aus dem Gutachten selbst unter Berücksichtigung des tatsächlichen Zeitaufwandes und ggf. vom Sachverständigen dargelegter Umstände - Hinweise ergeben, die eine Abweichung vom Ergebnis der Plausibilitätsprüfung rechtfertigen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Sachverständige eine Kostenrechnung vorlegt, anhand derer eine solche Prüfung vorgenommen werden kann. Dies ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn der Sachverständige die Kostenrechnung unter Mitteilung seines tatsächlichen Zeitaufwandes entsprechend der Vorgaben verfasst, wie sie ihm im Hinweisblatt mitgeteilt worden sind.
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt dazu, dass in einem ersten Rechenschritt die Seiten des Gutachtens in Standardseiten mit 2.700 Zeichen umzurechnen sind.
Hieraus ergibt sich ein Umrechnungsfaktor von x 0,7 je Seite (25.000 Zeichen: 2.700 Anschläge = 9,3 Standardseiten für das vorliegende Gutachten; 9,3 Standardseiten: 13 tatsächlich vorgelegte Seiten = Umrechnungsfaktor 0,7 für die einzelne Seite).
Danach ergibt sich vorliegend im Rahmen der Plausibilitätsprüfung ein Stundenaufwand von 10,8 Stunden (3,2 Stunden Aktenstudium, 5 Stunden Untersuchung und Anamnese, 0,5 Stunden Diktat von Anamnese und Befunden, 1,3 Stunden Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen, 0,8 Stunden Korrektur), der auf 11 Stunden zu runden ist.
Das Ergebnis der Plausibilitätsprüfung ist jedoch kritisch zu hinterfragen, da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Sachverständige seine aufgewendeten Stunden zutreffend angibt.
Daher ist in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der Gutachter den durch die Plausibilitätsprüfung gezogenen Rahmen nur geringfügig überschreitet (maximal um 10 %); liegt eine nur geringfügige Überschreitung vor, wird er antragsgemäß entschädigt. Vorliegend macht der Antragsteller allerdings eine um mehr als 10 % von der Plausibilitätsprüfung abweichende Stundenzahl geltend, weswegen aus diesem Gesichtspunkt eine Erhöhung der Stundenzahl nicht erfolgen kann.
Liegen darüber hinaus Anhaltspunkte oder Angaben des Gutachters vor, die einen höheren Stundensatz rechtfertigen, so sind die höheren Stunden zugrunde zu legen (vgl. Beschluss des Senats vom 09.05.2005, L 12 U 1512/05 KO-A). Die unspezifischen Ausführungen des Antragstellers in seinem Kostenantrag lassen es indes vorliegend nicht zu, aus diesem Gesichtspunkt eine weitere Erhöhung anzunehmen.
Demnach sind 11 Stunden nach der Honorargruppe M 2 zu entschädigen (660 EUR).
III. Zu den besonderen Verrichtungen
Nach bisheriger Rechtsprechung des Landessozialgerichts waren bestimmte von Ärzten nach der GOÄ abgerechnete Leistungen, bei denen diese selbst beteiligt waren, nur mit dem halben GOÄ-Satz zu entschädigen (vgl. etwa Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19.12.1983 - L 10 Ko 51/83 B (A)). Dies beruhte unter anderem auf der Erwägung, dass der Arztanteil dieser Leistungen bereits im Rahmen des Zeitaufwandes nach dem ZSEG entschädigt wurde und insofern eine doppelte Vergütung auszuschließen sei.
Der Senat hält an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest.
Die oben genannte richterrechtliche Einschränkung hat auch nach dem Inkrafttreten des JVEG im Gesetz keinen Niederschlag gefunden. Das JVEG sieht insofern lediglich eine eigene Gebührenordnung für bestimmte im Gerichtsbereich häufig vorkommende Leistungen (§ 10 Abs. 1 JVEG i.V.m. Anlage 2 zum JVEG) sowie die direkte Anwendbarkeit der in Abschnitt O der GOÄ aufgeführten Leistungen vor (§ 10 Abs. 2, 1. Halbsatz JVEG). Sofern Leistungen erbracht werden, die weder in der Anlage 2 zum JVEG noch in Abschnitt O der GOÄ aufgeführt werden, erklärt § 10 Abs. 2, 2. Halbsatz JVEG die §§ 7 und 12 JVEG für anwendbar.
Sofern gutachtliche Leistungen weder in der Anlage 2 zum JVEG noch in Abschnitt O der GOÄ aufgeführt werden, ist eine Entschädigung nur nach § 9 JVEG im Rahmen des Zeitaufwandes des Sachverständigen möglich (Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl. 2007, Rz. 10.3). Etwas anderes gilt jedoch für Leistungen, die weder in Anlage 2 zum JVEG noch in Abschnitt O aufgeführt sind, und die auch keine gutachtlichen Leistungen sind. Für solche Leistungen bleibt es bei der in § 10 Abs. 2, 2. Halbsatz JVEG für anwendbar erklärten Entschädigung nach den §§ 7 und 12 JVEG.
Da es sich aber nicht um prinzipiell gutachtliche Leistungen handelt, erscheint es nicht gerechtfertigt, insofern eine Halbierung des einfachen GOÄ-Satzes durchzuführen. Unabhängig davon, ob der Gutachter (§ 7 Abs. 1 JVEG) oder ein Gehilfe (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG) diese Verrichtungen vornehmen, liegt eine besondere Leistung des Gutachters vor, für die der Gutachter die Gesamtverantwortung und das Haftungsrisiko trägt, und die angemessen zu vergüten ist.
Insofern erscheint es nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 08.11.2007 - III ZR - 54/07 - nicht mehr angemessen, richterrechtlich eine Halbierung des einfachen GOÄ-Satzes vorzunehmen; vielmehr ist insoweit nunmehr grundsätzlich der einfache GOÄ-Satz zu vergüten. Der BGH hat in dem genannten Urteil entschieden, dass ein Arzt das ihm vom Verordnungsgeber eingeräumte Ermessen nicht verletzt, wenn er nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche ärztliche Leistungen mit dem Höchstsatz der Regelspanne in § 5 GOÄ abrechnet (2,3 bzw. 1,8). Dem Verordnungsgeber sei die Abrechnungspraxis von privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen, ärztliche Leistungen weit überwiegend zu den Höchstsätzen der Regelspanne (2,3 bzw. 1,8) abzurechnen, seit vielen Jahren bekannt, und er habe davon abgesehen, den Bereich der Regelspanne für die Abrechnungspraxis deutlicher abzugrenzen und dem Arzt für Liquidationen bis zum Höchstsatz der Regelspanne eine Begründung seiner Einordnung abzuverlangen. Möchte der Arzt demgegenüber für eine Leistung das 2,3fache des Gebührensatzes überschreiten, sei er nach § 12 Abs. 3 GOÄ verpflichtet, dies für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen und auf Verlangen die Begründung näher zu erläutern. Ohne eine nähere Begründungspflicht im Bereich der Regelspanne sei es jedoch nicht praktikabel und vom Verordnungsgeber offenbar nicht gewollt, dass Zahlungspflichtige und Abrechnungsstellen den für eine durchschnittliche Leistung angemessenen Faktor ermitteln oder anderweitig festlegen. Insbesondere habe der Verordnungsgeber einen Mittelwert für durchschnittliche Leistungen innerhalb der Regelspanne, wie ihn Teile der Rechtsprechung und Literatur für richtig halten, nicht vorgesehen. Hiervon bleibe unberührt, dass der Arzt seine Leistungen nicht schematisch mit dem Höchstsatz der Regelspanne berechnen dürfe, sondern sich bei einfachen ärztlichen Verrichtungen im unteren Bereich der Regelspanne bewegen muss.
Sofern keine Anhaltspunkte für eine einfache oder schwierige Verrichtung vorgetragen werden oder sonstwie ersichtlich sind, ist daher insofern von einer durchschnittlichen Schwierigkeit auszugehen, welche die regelmäßige Anwendung der einfachen Gebühr - vergleichbar der Regelung in § 10 Abs. 2, 1. Halbsatz JVEG i.V.m. Abschnitt O der GOÄ - rechtfertigt.
Vorliegend kann der Antragsteller daher für seine besonderen Verrichtungen nach der GOÄ jeweils den einfachen Satz geltend machen, mithin insgesamt 630,48 EUR wie geltend gemacht.
IV. Zu den Schreibauslagen
Die Schreibauslagen hat die Kostenbeamtin nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 JVEG zu Recht gekürzt, weil nur das Original des Gutachtens übersandt worden ist. Ausgehend von einem Satz von 0,75 EUR je 1.000 Anschlägen waren bei 25.000 Anschlägen demnach nur 18,75 EUR zu entschädigen.
V. Weitere Rechnungsposten und Gesamtergebnis
Entgegen der Festsetzung durch die Kostenbeamtin können Portokosten vorliegend nicht übernommen werden, da der Antragsteller diese nicht geltend gemacht hat. Als sonstige Aufwendungen können Telefongebühren und Versand- sowie Portokosten grundsätzlich erstattet werden (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 24. Aufl. 2007 § 7 Rn. 7.2). Erforderlich ist insofern mehr als eine pauschale Behauptung, nämlich eine nachvollziehbare Bezifferung. Auf Verlangen müssen bei größeren Beträgen auch Belege vorgelegt werden. Insofern ist der fehlende Antrag des Antragstellers beachtlich; denn weil dieser seine sonstigen Kosten genauestens aufgegliedert hat, kann insofern auch kein - prinzipiell möglicher - konkludenter Antrag gesehen werden.
Insgesamt ergibt sich damit eine Kostenforderung von 1.309,23 EUR.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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