L 4 KR 1136/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 4188/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 1136/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Dezember 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2005 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vom 26. November 2004 bis 09. Januar 2005 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 16,22 EUR zu gewähren.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger vom 26. November 2004 bis 09. Januar 2005 Krankengeld (Krg) zusteht.

Der am 1971 geborene Kläger betreibt seit 01. Juni 2001 in G. einen Döner-Imbiss. Er beschäftigt dort einen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter. Er ist seit dem 01. Juni 2001 freiwillig bei der Beklagten krankenversichert. Seine Versicherung umfasst einen Anspruch auf Krg ab dem 15. Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit (AU). § 7 Abs. 1 der Satzung der Beklagten (Satzung) schließt für freiwillige Mitglieder einen Anspruch auf Krg aus, soweit die Satzung keine Ausnahmen zulässt. Nach § 7 Abs. 4 der Satzung können freiwillige Mitglieder, die selbstständig tätig sind, mit Anspruch auf Krg ab dem 15. Tag der AU an versichert werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller glaubhaft macht, dass sich bei AU sein Einkommen um mehr als die Hälfte mindern würde.

Beitragsmäßig war der Kläger gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) nach der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage eingestuft, die ab 01. Januar 2004 bei EUR 1.811,25 lag. Insoweit hatte das Finanzamt G. der Beklagten auf Anfrage mit Schreiben vom 03. November 2004 mitgeteilt, der Kläger habe im Jahr 2002 Einkünfte in Höhe von EUR 21.693,00 gehabt, also monatlich EUR 1.807,75 verdient. Mit Schreiben vom 10. Februar 2005 (richtig 2004) hatte die Beklagte den Kläger davon unterrichtet, dass im Hinblick auf die Beitragsbemessungsgrundlage von EUR 1.811,25 und den IKK-Beitragssatz von 16,2 vom Hundert (v.H.) ab 01. Januar 2004 der monatliche Beitrag zur Krankenversicherung EUR 293,42 betrage.

Am 12. November 2004 erkrankte der Kläger an einer depressiven Episode. Er stellte daraufhin seine Mitarbeit in dem Imbiss ein. Facharzt für Innere Medizin B. stellte AU am 16. November 2004 fest. Sie wurde der Beklagten mittels einer AU-Bescheinigung gemeldet. In der Folge stellte der Arzt B. durch zwei weitere AU-Bescheinigungen vom 13. und 27. Dezember 2004 AU bis einschließlich 09. Januar 2005 fest. Privatdozent Dr. O., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg in Gö. (MDK), hielt in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 04. Januar 2005 die Erwerbsfähigkeit des Klägers wegen der depressiven Episode und weiterer Erkrankungen (Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, Nikotin- und Alkoholmissbrauch) für erheblich gefährdet und regte medizinische Leistungen zur Rehabilitation an.

Anlässlich eines Telefongesprächs wegen des Antrags auf Krg (Schreiben der Beklagten vom 21. Dezember 2004 zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Beklagten am 23. Dezember 2004 notierte dieser nach einem Aktenvermerk, der Kläger habe geäußert, eigentlich keinen Verlust während der AU zu haben. Dem Kläger wurde daraufhin telefonisch die Auskunft erteilt, die Beklagte zahle deshalb kein Krg. In dem dem Kläger übersandten Fragebogen (Antrag auf Krg) teilte der Kläger unter dem 20. Dezember 2004 (Eingang bei der Beklagten am 28. Dezember 2004) mit, er habe aus seiner selbstständigen Tätigkeit monatlich ca. EUR 1.200,00 verdient. Während der AU sei ihm der Verdienst unbekannt. Er beschäftige einen Mitarbeiter. Im weiteren von ihm am 16. März 2005 ausgefüllten Fragebogen gab er die Öffnungszeiten seines Imbiss an und führte ergänzend aus, der von ihm beschäftigte Mitarbeiter führe die Tätigkeit vor und während seiner AU in gleichem Umfang aus. Auf die Frage, ob er während der AU einen Einkommensausfall von mehr oder weniger als 50 v.H. habe, teilte er mit, sein Einkommensausfall liege bei weniger als 50 v.H.

Mit Schreiben vom 25. April 2005 wies die Beklagte den Kläger nach erneuter telefonischer Unterrichtung am 21. April 2005 darauf hin, Krg solle Einbußen beim Arbeitseinkommen ausgleichen. Die Höhe des Krg werde ausschließlich aus dem während der AU ausfallenden Arbeitseinkommen errechnet. Da der Kläger während der AU keinen Lohnausfall von mehr als 50 v.H. habe, bestehe kein Anspruch auf Krg. Der Kläger wurde gebeten, sich mit der Beklagten wegen einer Umstellung der freiwilligen Versicherung in Verbindung zu setzen. Der Kläger wandte dagegen ein, es bestehe kein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten. Nachdem diese ihre Rechtsauffassung zur Realisierung eines Anspruchs auf Krg mit Schreiben vom 31. August 2005 nochmals erläutert hatte, lehnte sie den geltend gemachten Anspruch auf Krg mit Bescheid vom 21. September 2005 ab. Die Satzung sehe vor, dass ein Anspruch auf Krg nur bestehe, wenn der Versicherte glaubhaft mache, dass sein Einkommen um mehr als die Hälfte gemindert sei. Der Kläger habe mitgeteilt, sein Einkommen vor der AU habe ca. EUR 1.200,00 betragen. Das Einkommen während der AU sei ihm nicht bekannt. Er selbst gehe davon aus, dass der Einkommensausfall weniger als 50 v.H. des Einkommens betrage. Diese Aussagen seien im Hinblick auf die Angaben zur Weiterführung des Betriebs nachvollziehbar. Es bestehe deshalb kein Anspruch auf Krg für die Zeit der AU vom 12. November bis 24. Dezember 2004.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Sein Einkommensausfall sei durch die Mehrarbeit seines Bruders kompensiert worden. Diese Mehrarbeit könne die Beklagte nicht entlasten. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2005 wies die bei der Beklagten bestehende Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück. Der Kläger sei zwar ab 01. Juni 2001 freiwillig mit einem Anspruch auf Krg ab dem 15. Tag der AU versichert. Im Telefongespräch vom 23. Dezember 2004 und in den nachfolgenden schriftlichen Erklärungen habe er dargelegt, dass er während der AU einen Einkommensausfall von weniger als 50 v.H. seines gesamten Einkommens habe. Die teilweise Kompensation des Ausfalls durch den Bruder hätte sich bereits auf der Ausgabenseite der Gewinnermittlung widerspiegeln müssen. Ein Anspruch auf Krg vom 26. November 2004 bis 09. Januar 2005 bestehe nicht.

Der Kläger hat deswegen am 23. Dezember 2005 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben mit dem Begehren, Krg in gesetzlicher Höhe vom 26. November 2004 bis 09. Januar 2005 zu gewähren. Zur Begründung führte er aus, sein Einkommen sei im fraglichen Zeitraum tatsächlich um mehr als 50 v.H. gesunken. Dies hätten die vorgelegten Berechnungen des Steuerberaterbüros M. und E. (Steuerberaterbüro) vom 18. Januar und 27. März 2006 ergeben. Diese belegten, dass er 2004 im II. Quartal ein Ergebnis von EUR 795,96, im III. Quartal ein solches von EUR 3.249,22 und im IV. Quartal einen Verlust von EUR 573,39 erzielt habe. Dem stehe 2005 ein Ergebnis von EUR 2.298,40 im I. Quartal und von EUR 2.071,29 im II. Quartal gegenüber. Hieraus zeige sich, dass der Ausfall seiner Arbeitskraft während der AU zu einem Rückgang seines Einkommens um mehr als die Hälfte geführt habe. Er selbst lasse die Buchhaltung und sämtliche betriebswirtschaftlichen Dinge durch das Steuerberaterbüro ausführen und habe keinen genauen Überblick über seine betriebswirtschaftliche Situation. Wegen der Einzelheiten wird auf die Übersichten des Steuerberaterbüros vom 18. Januar und 27. März 2006 (Bl. 13 bis 23 und 28 bis 33 der SG-Akte) verwiesen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, aus den vorgelegten Unterlagen des Steuerberaterbüros ergebe sich, dass ein relevanter Einkommensausfall nicht eingetreten sei. Unter Berücksichtigung der Betriebseinnahmen und -ausgaben (Material/Wareneinkauf, Personalkosten, Raumkosten und Restkosten) ergebe sich kein Rückgang der Betriebseinnahmen. Im II. Quartal 2004 habe der Kläger EUR 26.129,96, im III. Quartal 2004 EUR 21.308,26, im I. Quartal 2005 EUR 20.979,96 und im II. Quartal 2005 EUR 21.240,96 erzielt. Wegen der näheren Aufstellung und Berechnung der Beklagten wird auf deren Schriftsätze vom 10. März und 22. Mai 2006 (Bl. 24/25 und 35 der SG-Akte) verwiesen. Das SG hat die Klage durch Urteil vom 19. Dezember 2006 abgewiesen. Das Krg berechne sich nicht nach dem der Beitragsbemessung zugrunde gelegten fiktiven Mindesteinkommen. Es bestimme sich auch bei Selbstständigen nach dem vor Eintritt der AU erzielten Arbeitseinkommen. Habe der Versicherte im maßgeblichen Zeitraum kein positives Arbeitseinkommen erzielt, sei ein Anspruch auf Krg von vornherein ausgeschlossen. Hieran knüpfe die Satzungsregelung der Beklagten gemäß § 7 Abs. 4 der Satzung an, wonach ein Anspruch auf Krg nur dann bestehe, wenn mindestens 50 v.H. der Einkünfte während der AU entfielen. Eine solche Einkommenseinbuße sei vor dem Hintergrund der Bescheinigungen des Steuerberaterbüros nicht nachgewiesen. Zwar sei das betriebswirtschaftliche Ergebnis für das IV. Quartal 2004 um mehr als die Hälfte niedriger als das des III. Quartals 2004. Jedoch weise das von der AU nicht betroffene II. Quartal 2004 ein noch niedrigeres betriebswirtschaftliches Ergebnis aus. Insoweit sei nicht nachgewiesen, dass der Rückgang des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses auf die AU des Klägers zurückzuführen sei.

Der Kläger hat am 02. März 2007 gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 02. Februar 2007 zugestellte Urteil Berufung eingelegt und macht ergänzend geltend, das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er keine Einkommenseinbuße von mehr als 50 v.H. während der Zeit der AU erlitten habe. Soweit das SG auf das II. Quartal 2004 verweise, lasse es unberücksichtigt, dass das betriebswirtschaftliche Ergebnis im I. und II. Quartal 2005 wieder angestiegen sei. Es zeige sich deshalb vor allem ein deutlicher Rückgang im IV. Quartal 2004. Er hat noch das vom Steuerberaterbüro für das I. Quartal 2004 ermittelte Ergebnis mitgeteilt, das bei EUR 2.211,05 gelegen habe. Die Steuerbescheide für 2003 und 2004 lägen weder ihm noch dem Steuerberaterbüro vor.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 19. Dezember 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 26. November 2004 bis 09. Januar 2005 Krankengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf ihre Ausführungen im Vorverfahren. Ergänzend macht sie geltend, soweit das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 14. Dezember 2006 (B 1 KR 11/06 R = SozR 4-2500 § 47 Nr. 7) davon ausgegangen sei, dass der Berechnung des Krg bei freiwillig versicherten Selbstständigen im Regelfall der Betrag zugrunde zu legen sei, der bei der Beitragsbemessung zuvor maßgebend gewesen sei, würde dies dazu führen, dass eine Zahlung von Krg den Kläger noch begünstigen würde, weil er selbst geschätzt habe, dass er ein tatsächliches Einkommen von monatlich EUR 1.200,00 zuvor erzielt habe. Ein signifikanter Einkommensausfall infolge der AU könne nicht nachgewiesen werden.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten im nicht öffentlichen Termin vom 27. April 2007 erörtert.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, aber auch begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 21. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat Anspruch auf Zahlung von Krg vom 26. November 2004 bis 09. Januar 2005 in Höhe von kalendertäglich EUR 16,22.

1. Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorg- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Kläger war ab 12. November 2004 wegen einer Depression erkrankt. Diese Erkrankung führte zur AU des Klägers. Zweifel an der Erkrankung und an der darauf beruhenden Unfähigkeit, seine selbstständige Tätigkeit als Betreiber eines Döner-Imbiss auszuüben, bestehen seitens des Senats angesichts der AU-Bescheinigungen des Arztes B. und der Stellungnahme des Privatdozenten Dr. O. vom MDK in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 04. Januar 2005, der sogar eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers annahm und AU bestätigte, nicht. Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger krankheitsbedingt seine Mitarbeit im Imbiss vom 12. November 2004 bis 09. Januar 2005 vollständig eingestellt hatte.

Die freiwillige Versicherung des Klägers als hauptberuflich Selbstständigen umfasst einen Anspruch auf Krg ab dem 15. Kalendertag der AU. Hieraus ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Krg ab 26. November 2005. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, ein solcher Anspruch bestehe nicht, weil er während seiner AU nicht mindestens einen Ausfall von Arbeitseinkommen um mehr als die Hälfte seines regelmäßigen Arbeitseinkommens habe. Die Beklagte bezieht sich insoweit auf § 7 Abs. 4 ihrer Satzung. Diese Vorschrift betrifft nach ihrem Wortlaut jedoch nicht den einzelnen Anspruch auf Krg im Falle einer eingetretenen AU, sondern bezieht sich lediglich auf die Frage, ob Mitglieder eine freiwillige Versicherung, die einen Anspruch auf Krg grundsätzlich umfasst, abschließen können oder nicht. Nach § 7 Abs. 1 der Satzung umfasst die freiwillige Versicherung von Mitgliedern einen Anspruch auf Krg nämlich grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme sieht u.a. Abs. 4 der genannten Vorschrift für Mitglieder vor, die selbstständig tätig sind, wenn die Antragsteller glaubhaft machen, dass das Einkommen im Falle der AU um mehr als die Hälfte verringert werde (Satz 2). Der Kläger hat diese Voraussetzungen ersichtlich vor Beginn der Versicherung glaubhaft gemacht, zumal auch im Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2005 ausdrücklich festgestellt worden ist, dass der Kläger seit 01. Juni 2001 freiwillig mit einem Anspruch auf Krg ab dem 15. Tag der AU versichert sei. Aus diesem Grund besteht bei der Beklagten eine Versicherung des Klägers, die einen Anspruch auf Krg ab dem 15. Kalendertag der AU umfasst. Eine darüber hinausgehende Regelung, dass ein Anspruch auf Krg unabhängig von der Versicherung immer dann ausscheidet, wenn der Versicherte nicht jeweils glaubhaft machen kann, dass sich sein Einkommen um mehre als die Hälfte verringert hat, lässt sich der Satzungsvorschrift nicht entnehmen.

2. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V beträgt das Krg 70 v.H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Einkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Nach § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der bis zum 29. April 2005 geltenden Fassung galt als Regelentgelt für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der AU für die Beitragsbemessung maßgebend war. Das Krg bemisst sich insoweit im Regelfall nach dem für die Beitragsbemessung maßgeblichen Arbeitseinkommen. Dies hat der Gesetzgeber durch die Änderung des § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V ab 30. April 2005 durch das Gesetz zur Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens im Sozialrecht vom 21. März 2005, BGBl. I S. 818, im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG im Hinblick auf die Entgeltersatzfunktion des Krg klargestellt (vgl. BT-Drucks. 15/4228 S. 25 zu Art. 2 Nr. 2). Insoweit kann bei einem versicherten hauptberuflich Selbstständigen, der arbeitsunfähig ist und seine bisherige Mitarbeit im Unternehmen vollständig einstellt, als "Regelentgelt" ohne weitere Tatsachenermittlungen auf die zuletzt maßgeblich gewesene Beitragsbemessung abgestellt werden. Dies ergibt sich aus § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V. Das Abstellen auf die zuletzt maßgebliche Beitragsbemessungsgrundlage entspricht dabei sowohl der Funktion des Krg als auch den Erfordernissen der Verwaltungspraktikabilität (zum Ganzen zusammenfassend: BSG, Beschluss vom 05. Juli 2005, B 1 KR 7/04 R, = SGb 2006, 476; Urteil vom 14. Dezember 2006, B 1 KR 11/06 R, = SozR 4-2500 § 47 Nr. 7). Damit wird berücksichtigt, dass Versicherte typischerweise zur Sicherung des Lebensunterhalts auf das Krg angewiesen sind und eine Bewilligung rasch erfolgen muss. Diesen Gesichtspunkten wird insoweit Rechnung getragen, als mit dem Abstellen auf die zuletzt maßgeblich gewesene Beitragsbemessungsgrundlage letztendlich auf diejenigen Verhältnisse im aktuellen Versicherungsverlauf abgestellt wird, die anhand einfach festzustellender Tatsachen rasch und verwaltungspraktikabel ermittelt werden können. Das Abstellen auf das Regelentgelt in Höhe der Beitragsbemessung führt deshalb auch dazu, dass das Krg der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation vor Eintritt der AU entspricht und seine Funktion als Ersatz für entfallenes Arbeitseinkommen erfüllen kann (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O.).

Von diesem Grundsatz einer widerlegbaren Vermutung kann nur ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die zuletzt maßgebliche Beitragsbemessungsgrundlage erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten, d.h. dem tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen, vor Eintritt der AU entspricht, weil sein tatsächliches Einkommen wesentlich geringer war. Bei einer evidenten Diskrepanz zwischen tatsächlichem Arbeitseinkommen und der Bemessungsgrundlage muss das vor Eintritt der AU erzielte Arbeitseinkommen konkret ermittelt werden (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O., Rdnr. 11). Auf die der Beitragsbemessung zugrunde liegende Bemessungsgrundlage ist auch dann nicht abzustellen, wenn es sich dabei um die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB handelt und das tatsächliche Einkommen vor Eintritt der AU dauerhaft unter diesem Betrag liegt. In diesem Fall führt die Funktion des Krg als Entgeltersatz im Falle der AU dazu, dass auch lediglich das zuvor regelmäßig erzielte Arbeitseinkommen, nicht aber die höhere Mindestbeitragsbemessungsgrundlage der Berechnung von Krg zugrunde zu legen ist (vgl. BSG SozR 4-2500 § 47 Nr. 1). Für die konkrete und möglichst zeitnahe Ermittlung des maßgeblichen Arbeitseinkommens gilt dann: Fehlt es bei Beginn der AU an einer Feststellung des Gewinns für das dem Eintritt der AU vorausgegangene Kalenderjahr, weil das zuständige Finanzamt den Steuerbescheid hierfür noch nicht erlassen hat, ist das Arbeitseinkommen dieses Veranlagungszeitraums aufgrund der steuerrechtlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen (vgl. beispielsweise § 60 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) von der zuständigen Krankenkasse von Amts wegen zu ermitteln (vgl. § 20 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB X). Hierzu ist sie regelmäßig auf die tätige Mithilfe des Versicherten angewiesen. Diesem obliegt es gemäß § 60 Abs. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I), alle Tatsachen anzugeben, auf Verlangen des zuständigen Trägers (Krankenkasse) der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte (beispielsweise Steuerberater) zuzustimmen, Beweismittel zu bezeichnen (Gewinn- und Verlustrechnung, Betriebsführungsunterlagen usw.), diese auf Verlangen des zuständigen Trägers vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Kommt der Versicherte seinen Obliegenheiten nicht nach, kann die Krankenkasse die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen (vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Zur rechtlichen Auswertung der eingereichten steuerlichen Unterlagen kann es sich anbieten, dass die Krankenkasse die Amtshilfe des zuständigen Finanzamts in Anspruch nimmt. Bei einem im Betrieb selbst mitarbeitenden selbstständig erwerbstätigen Versicherten kommt (hilfsweise) auch in Betracht, die wirtschaftliche Situation zur Zeit unmittelbar vor Beginn der AU zu schätzen, indem die Kosten für eine vergleichbare Ersatzkraft ermittelt werden. Schließlich liegt es nahe, dem Versicherten in derartigen Fällen bis zum Abschluss der erforderlichen Ermittlungen und deren Auswertungen gemäß § 42 SGB I einen Vorschuss auf das Krankengeld zu gewähren (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O., Rdnr. 15).

Nach diesen Maßstäben ist für die Berechnung des Krg das tatsächlich vom Kläger vor dem Eintritt der AU ab 12. November 2004 erzielte Arbeitseinkommen zu ermitteln und zugrunde zu legen. Es bestehen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der der Beitragsbemessung hier nach § 240 Abs. 4 Satz 2 SGB V für die Zeit ab 01. Januar 2004 zugrunde gelegte Betrag von EUR 1.811,25 erkennbar nicht dem vor dem 12. November 2004 erzielten Arbeitseinkommen entsprach. Dass auch 2004 das regelmäßige monatliche Arbeitseinkommen von EUR 1.807,75 erzielt wurde, wie es durch die Auskunft des Finanzamts G. für 2002 belegt ist, lässt sich nicht feststellen. Die vom Steuerberaterbüro für die Quartale I bis III 2004 genannten Ergebnisse ergeben, auf neun Monate umgerechnet, nur einen monatlichen Durchschnittsbetrag von EUR 695,14. Mithin kann für die Berechnung des Krg als Regelentgelt auch nicht der vom Kläger gegenüber der Beklagten im Antrag auf Krg vom 20. Dezember 2004 genannte Monatsbetrag von ungefähr EUR 1.200,00 herangezogen werden, zumal der Kläger nach seinem Vorbringen ohnehin keinen genauen Überblick über seine betriebswirtschaftliche Situation hatte. Im Hinblick auf die vom Steuerberaterbüro ermittelten Betriebsergebnisse für das I. bis III. Quartal 2004 stellt der Senat hier als regelmäßiges monatliches Arbeitseinkommen des Klägers vor der AU den genannten Monatsdurchschnitt von EUR 695,14 fest. Dieser Betrag spiegelt die wirtschaftliche Situation des Klägers vor der AU wider. Da die AU bereits am 12. November 2004 eingetreten ist, scheidet die Einbeziehung des Quartalsergebnisses für das IV. Quartal 2004 aus. Ebenso kommt es nicht darauf an, wie sich die Quartalsergebnisse dann im Jahre 2005 entwickelt haben. Es kann auch nicht lediglich auf das Ergebnis des III. Quartals 2004 zurückgegriffen werden, zumal bei Selbstständigen entsprechend dem Steuer- und Beitragsrecht eher auf eine Durchschnittsbetrachtung abzustellen ist, die sich grundsätzlich auf einen Zeitraum von einem Jahr bezieht. Damit werden insoweit wechselnde Einkünfte des Selbstständigen berücksichtigt. Auf die Beziehung der Steuerbescheide für 2003 und 2004 kam es nicht an.

Ausgehend von dem Arbeitseinkommen von EUR 695,14 monatlich ergibt sich nach § 47 Abs. 2 Satz 3 SGB V ein Regelentgelt von (EUR 695,14: durch 30 =) EUR 23,17 kalendertäglich. Das Krg, das dem Kläger danach zusteht, beträgt mithin nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V 70 v.H. hiervon, also EUR 16,22 kalendertäglich.

3. Der Anspruch des Klägers auf Krg ruht nicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ganz oder teilweise. Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Krg, soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten. Hier lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger in der streitigen Zeit Arbeitseinkommen erhalten hat. Von einem Verlust des Arbeitseinkommens eines selbstständig Tätigen ist dann auszugehen, wenn er in seinem Betrieb persönlich mitgearbeitet hat und diese Mitarbeit für einen nicht unbedeutenden Zeitraum wegen AU entfällt. Der Ausfall dieses Arbeitseinkommens muss dann in einem solchen Fall nicht konkret ermittelt werden (BSG SozR 2200 § 568 Nr. 7; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O., Rdnr. 17). Der Kläger hat vor Beginn der AU in seinem Döner-Imbiss hauptberuflich persönlich mitgearbeitet. Seine Mitarbeit hat er infolge AU eingestellt. Es ist deshalb hier ohne weitere Ermittlungen anzunehmen, dass der Kläger sein Arbeitseinkommen vollständig verloren hat. Auf die während der Zeit der AU erzielten Betriebsergebnisse kommt es nicht an. Die vom 12. November 2004 bis 09. Januar 2005 erzielten Einnahmen des weiterlaufenden Betriebs können nicht konkreten Arbeitsleistungen des Klägers in dieser Zeit zugerechnet werden.

4. Da die AU des Klägers bis einschließlich 09. Januar 2005 gedauert hat, steht ihm bis zu diesem Zeitpunkt Krg zu.

Der Berufung war deshalb in vollem Umfang stattzugeben, zumal der Kläger das erstrebte Krg nicht mit einem höheren kalendertäglichen Betrag als EUR 16,22 beziffert hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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