L 4 KR 2668/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 5283/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2668/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2006 abgeändert. Die Beklagte wird unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 18. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2005 verurteilt, dem Kläger vom 16. Dezember 2004 bis 06. Februar 2005 weiteres Krankengeld in Höhe von kalendertäglich EUR 9,03 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt Anspruch auf höheres Krankengeld (Krg) vom 16. Dezember 2004 bis 06. Februar 2005.

Der am 1961 geborene Kläger war vom 01. Oktober 2000 bis 31. Juli 2005 bei der Beklagten als hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger mit einem Anspruch auf Krg ab dem Tag nach der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) freiwillig versichert. 2004 betrieb der Kläger ein Mietwagenunternehmen (nach Angaben des Steuerberaters A. im Schreiben vom 22. April 2005 seit 2003); er beschäftigte insoweit seinen Angaben zufolge einen Mitarbeiter, der sozialversicherungspflichtig war, ferner sechs weitere Mitarbeiter in geringfügigem Umfang.

Beitragsmäßig war der Kläger auch ab 01. März 2004 weiterhin mit einem Arbeitseinkommen von EUR 2.500,00 pro Monat als Bemessungsgrundlage eingestuft und entrichtete entsprechende Beiträge. Insoweit hatte die Beklagte von einer beabsichtigten Einstufung nach der für 2004 geltenden Mindestbemessungsgrundlage von EUR 1.811,25 Abstand genommen (Schreiben der Beklagten vom 22. Juli 2004). Der Bescheid für 2004 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer des Finanzamts B. (FA) vom 31. Oktober 2003, den Kläger betreffend, wies insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 42,00 aus bei negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. auch Auskunft des FA B., von der Beklagten eingeholt, vom 01. April 2005); der entsprechende Bescheid für 2003 vom 12. Juli 2005 wies Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 12.703,00 aus. Mit Schreiben vom 07. April 2004 hatte der Kläger gegenüber der Beklagten insoweit vortragen lassen, dass der Einkommensteuerbescheid für 2002 nicht aussagekräftig sei, da er, der Kläger, sich im Jahre 2003 geschäftlich reaktiviert habe und sich seine Einkommensverhältnisse deshalb anders darstellten. Es wurde insoweit eine betriebswirtschaftliche Auswertung des Steuerberaters A. vom 13. Februar 2004 eingereicht; daraus ergebe sich im Jahr 2003 ein Betriebsergebnis von EUR 36.132,65, was einem monatlichen Einkommen von exakt EUR 3.000,00 entspreche. In der genannten betriebswirtschaftlichen Auswertung war der voraussichtliche Gewinn für 2003 mit EUR 30.000,00 angegeben worden. Nach dem Schreiben des Steuerberaters A. vom 22. April 2005 betrug das durchschnittliche monatliche Betriebsergebnis für 2004 EUR 2.287,00, wobei in der betriebswirtschaftlichen Auswertung Dezember 2004 ein vorläufiges Ergebnis von EUR 11.541,41 angegeben war.

Während der AU des Klägers vom 23. März bis 31. Mai 2004 wegen Lumboischialgie gewährte die Beklagte Krg in Höhe von EUR 58,33 kalendertäglich, errechnet auf der Grundlage der monatlichen Beitragsbemessung von EUR 2.500,00.

Vom 26. November 2004 bis 06. Februar 2005 bestand beim Kläger erneut AU wegen Lumboischialgie, Cervicalneuralgie, Impingement-Syndrom der Schulter und Schmerzen im Brustwirbelsäulenbereich (vgl. zuletzt Auszahlungsschein für Krg des Arztes für Orthopädie Dr. L. vom 31. Januar 2005). Der Kläger stellte in der genannten Zeit seine Mitarbeit im Betrieb ein. Auf Anfrage der Beklagten gab er im Vordruck "Einkommensverlust während der AU" am 04. März 2005 an, er sei Mietwagenunternehmer/Fahrer. Der Betrieb habe während der AU nicht geruht. Den Einkommensausfall aufgrund der AU gab er mit EUR 150,00 bis EUR 200,00 brutto pro Tag an. Im Hinblick auf den Einkommensteuerbescheid für 2002 und die Auskunft des FA vom 01. April 2005 teilte die Beklagte dem Kläger zunächst mit, dass nach diesen Angaben keine Möglichkeit bestehe, Krg zu zahlen. Mit Bescheid vom 18. Mai 2005 wurde dem Kläger dann die Zahlung von Krg für die streitige Zeit vom 16. Dezember 2004 bis 06. Februar 2005 in Höhe von kalendertäglich EUR 20,42 bestätigt. Zur Berechnung wurde ausgeführt: Nach der betriebswirtschaftlichen Auswertung des Steuerberaters für 2003 habe der Kläger monatliche Einkünfte in Höhe von EUR 2.500,00. Bei der Berechnung des Einkommensverlusts während der AU werde davon ausgegangen, dass der Betrieb drei Vollzeitkräfte gehabt habe. Die sechs geringfügig Beschäftigten ergäben eine Vollzeitkraft. Sie komme dem Kläger entgegen und gehe davon aus, dass er durch die AU einen Verlust von einem Drittel habe, gerundet also 35 vom Hundert (v.H.). Deshalb sei bei der Berechnung des Krg nur ein monatliches Einkommen von EUR 875,00, d.h. 35 v.H. von EUR 2.500,00, zugrunde zu legen.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei ihm sei unstreitig das Regelentgelt für die Beitragsberechnung mit monatlich EUR 2.500,00 festgestellt gewesen. Eine Kürzung dieses Betrags auf 35 v.H. im Hinblick darauf, dass durch das Krg nur das infolge AU tatsächlich entfallende Einkommen zu ersetzen sei, sei nicht zulässig, auch willkürlich. Selbstständigen sei es typischerweise nicht möglich, den Einkommensausfall genau zu beziffern. Das hänge zum einen damit zusammen, dass die betriebswirtschaftliche Auswertung regelmäßig erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres erfolge und so nicht auf zukünftige Zeiträume projiziert werden könne. Zum anderen fließe Selbstständigen im Allgemeinen auch während der AU Einkommen aus einer Tätigkeit zu, die vor Beginn der AU geleistet worden sei. Die Firma sei auf seine Mitarbeit angewiesen, da er praktisch Tag und Nacht selbst gefahren sei. Nur so sei es gelungen, im Krankheitsfall das Ergebnis des Betriebs im neutralen Bereich zu halten. Die Beklagte (Schreiben vom 30. September 2005) wies noch darauf hin, dass nach neuerer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; Urteil vom 30. März 2004 - B 1 KR 32/02 R - = SozR 4-2500 § 47 Nr. 1) Krg grundsätzlich nur als Ersatz für diejenigen Einkünfte beansprucht werden könne, die tatsächlich vor Eintritt der AU bezogen worden seien und die wegen der Erkrankung entfielen. Krg dürfe dem Versicherten kein höheres Einkommen verschaffen, als er ohne AU regelmäßig erziele. Ein Einkommensausfall von kalendertäglich EUR 150,00 bis EUR 200,00 sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger wurde aufgefordert, die Höhe des Einkommensausfalls während der AU anzugeben sowie den Einkommensteuerbescheid für 2003 einzureichen. Der Kläger legte daraufhin den genannten Einkommensteuerbescheid für 2003 vor. Ferner ging bei der Beklagten das Schreiben des Steuerberaters A. vom 22. April 2005 mit der betrieblichen Auswertung Dezember 2004 ein. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 2005. Mit der Zahlung von Krg könne nach der Rechtsprechung des BSG nur das Einkommen ersetzt werden, das während der AU tatsächlich entfalle. Demgegenüber würden die Beiträge auch aus anderen Einkünften errechnet. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach dem Einkommensteuerbescheid für 2003 hätten ein kalendertägliches Arbeitseinkommen von EUR 35,29 ausgewiesen. Demgemäß sei es durchaus vertretbar, das nach dem Steuerbescheid für 2003 erzielte tägliche Arbeitseinkommen um zwei Drittel zu mindern. Selbst bei Berücksichtigung des steuerpflichtigen Einkommens nach dem Steuerbescheid 2003 würde sich nur ein geringfügig höheres tägliches Krg ergeben, das jedoch aufgrund der Weiterführung des Betriebs zu kürzen wäre. Nach alledem sei der Betrag des Krg noch zu hoch berechnet.

Mit der am 27. Dezember 2005 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, das Krg sei nach einem monatlichen Einkommen von EUR 2.500,00 als Regelentgelt ungekürzt zu berechnen. Die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des Krg sei willkürlich. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Durch Urteil vom 29. März 2006 verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide, zusätzlich weiteres Krg in Höhe von EUR 4,28 für die Zeit vom 16. Dezember 2004 bis 06. Februar 2005 zu zahlen; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Zur Begründung legte das SG dar, § 15 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) begründe die Maßgeblichkeit des Einkommensteuerrechts für die Bestimmung des persönlichen Arbeitseinkommens eines selbstständig Tätigen. Diese Regelung solle der Verwaltungsvereinfachung dienen und es dem Versicherungsträger erlauben, den steuerrechtlichen Gewinn unverändert aus dem Steuerbescheid zu entnehmen. Dabei seien Betriebsausgaben und Absetzungen für Abnutzung zu berücksichtigen. Der Steuerbescheid für 2003 weise Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 12.703,00 aus. Hieraus ergebe sich ein kalendertäglicher Betrag von EUR 35,29, mithin ein Anspruch auf Krg in Höhe von insgesamt EUR 24,70, sodass der Kläger Anspruch auf den Differenzbetrag von EUR 4,28 habe. Der Auffassung der Beklagten sei entgegenzuhalten, dass Anhaltspunkte dafür fehlten, dass seine Mitarbeiter so viel erwirtschaftet hätten, dass der vorgenommene Abschlag zutreffend wäre. Solange die Einkommensteuerbescheide für die folgenden Jahre nicht vorlägen, müsse aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung auf den im letzten Bescheid ausgewiesenen Betrag abgestellt werden. Hieraus folge, dass dem Kläger ein noch höherer Anspruch nicht zustehe.

Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 09. Mai 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22. Mai 2006 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Er verbleibt dabei, Krg müsse nach dem monatlichen Bemessungsentgelt von EUR 2.500,00 ungekürzt berechnet und ausgezahlt werden. Als Regelentgelt sei der kalendertägliche Betrag anzusetzen, der zuletzt vor Beginn der AU für die Beitragsbemessung maßgeblich gewesen sei. Insoweit sei der letzte Kalendermonat vor der AU entscheidend. Es sei nicht streitig, dass insoweit für die Beitragsbemessung zuletzt ein Betrag von monatlich EUR 2.500,00 zugrunde gelegt worden sei. Eine Kürzung dieses Regelentgelts um nahezu zwei Drittel (Ruhen des Krg nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB V) sei nicht zulässig. Der Einkommen-steuerbescheid für 2003 könne nicht mehr herangezogen werden. Vielmehr komme es auf die Beitragsbemessung im letzten Beitragsbescheid an. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Urteil des BSG vom 30. März 2004 (B 1 KR 32/02 R). Der Kläger hat auch auf das auszugsweise vorgelegte Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen und der Unfallversicherungsträger vom 29. November 2005 verwiesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. März 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 01. Dezember 2004 bis 06. Februar 2005 höheres Krankengeld nach einem monatlichen Bemessungsentgelt von EUR 2.500,00 (kalendertägliches Krankengeld von EUR 58,33) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die im Einkommensteuerbescheid für 2003 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb von EUR 12.703,00 seien die Grundlage für die Berechnung des Krg. Zwar seien die Beiträge im Jahr 2004 aus einem monatlichen Einkommen von EUR 2.500,00 berechnet worden. Für das Leistungsrecht komme es jedoch auf die tatsächlich infolge AU entgangenen Einkünfte an. Der Anspruch auf Krg dürfe grundsätzlich kein höheres Einkommen verschaffen, als das ohne AU regelmäßig erzielte. Dies habe auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bestätigt. Aus dem vorgelegten Rundschreiben vom 29. November 2005 gehe eindeutig hervor, dass bei Selbstständigen unabhängig von der Beitragsbemessungsgrundlage auf das tatsächlich erzielte Arbeitseinkommen abzustellen sei. Hier sei offen, inwieweit die Arbeitnehmer des Klägers während seiner AU Gewinn erwirtschaftet hätten und deshalb eine Kürzung vorzunehmen sei. Aufgrund fehlender Anhaltspunkte habe das SG davon abgesehen, einen entsprechenden Abschlag vorzunehmen. Die Nachweispflicht habe der Kläger. Er müsse den Nachweis erbringen, ob und in welcher Höhe Arbeitseinkommen tatsächlich während der AU weggefallen sei. Der Kläger habe angegeben, dass der Betrieb während der AU nicht geruht habe. Das Begehren auf noch höheres Krg sei nicht berechtigt; für den Fall, dass durch die Arbeitnehmer des Klägers Gewinn erwirtschaftet worden wäre, wäre das Krg auch zu hoch angesetzt.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft sowie zulässig, aber auch teilweise begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Dezember 2005 ist auch - über die Entscheidung des SG, die, soweit die Beklagte verurteilt wurde, von dieser nicht angegriffen wurde, hinausgehend - rechtswidrig, soweit dem Kläger weiteres höheres Krg für die streitige Zeit in Höhe von EUR 9,03 kalendertäglich versagt wurde. Insoweit steht dem Kläger kalendertägliches Krankengeld in Höhe von EUR 33,73 zu. Insoweit war das Krg für die streitige Zeit nach einem Regelentgelt von monatlich EUR 1.445,73 bzw. kalendertäglich EUR 48,19 zu berechnen. Dies ergibt einen kalendertäglichen Zahlbetrag von insgesamt EUR 33,73, mithin einen weiteren Zahlbetrag, zu dessen Zahlung die Beklagte zu verurteilen ist, von EUR 9,03 pro Kalendertag. Dagegen steht dem Kläger Krankengeld nach einem Regelentgelt von monatlich EUR 2.500,00, was einen Zahlbetrag von EUR 58,33 ergäbe, nicht zu.

1. Nach § 44 Abs. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Versorgungs- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Kläger war vom 16. Dezember 2004 bis 06. Februar 2005 wegen Lumboischialgie, Cervicalneuralgie, Impingement-Syndrom der Schulter und Schmerzen im Brustwirbelsäulenbereich erkrankt. Diese Erkrankung führte zur AU des Klägers. Zweifel an der Erkrankung und der darauf beruhenden Unfähigkeit, seine selbstständige Tätigkeit als Betreiber/Fahrer des Mietwagenunternehmens auszuüben, bestehen im Hinblick auf die entsprechenden AU-Bescheinigungen des behandelnden Orthopäden nicht, zumal auch die Beklagte selbst die AU in der streitigen Zeit nicht in Zweifel gezogen hat. Der Senat geht auch davon aus, dass der Kläger krankheitsbedingt seine Mitarbeit im Mietwagenunternehmen in der genannten Zeit der AU eingestellt hat.

Die freiwillige Versicherung des Klägers als hauptberuflich Selbstständigen umfasst einen Anspruch auf Krg ab dem ersten Tag nach der Feststellung der AU. Hieraus ergibt sich der Anspruch des Klägers auf Krg ab 16. Dezember 2004, den die Beklagte auch dem Grunde nach nicht bestritten hat. Streitig ist lediglich die Berechnung des Krg.

2. Nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V beträgt das Krg 70 v.H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Nach § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V in der bis zum 29. April 2005 geltenden Fassung galt als Regelentgelt für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der AU für die Beitragsbemessung maßgebend war. Das Krg bemisst sich im Regelfall nach dem für die Beitragsbemessung maßgeblichen Arbeitseinkommen. Dies hat der Gesetzgeber durch die Änderung des § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V ab 30. April 2005 durch das Gesetz zur Vereinfachung der Verwaltungsverfahren im Sozialrecht vom 21. März 2005, BGBl. I S. 818, im Anschluss an die Rechtsprechung des BSG im Hinblick auf die Entgeltersatzfunktion des Krg auch klargestellt (vgl. BT-Drucks. 15/4228 S. 25 zu Art. 2 Nr. 2). Dabei kann bei einem versicherten hauptberuflich Selbstständigen, der arbeitsunfähig ist und seine bisherige Mitarbeit im Unternehmen deswegen vollständig einstellt, als "Regelentgelt" ohne weitere Tatsachenermittlungen auf die zuletzt maßgeblich gewesene Beitragsbemessung abgestellt werden. Dies ergibt sich aus § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V. Das Abstellen auf die zuletzt maßgebliche Beitragsbemessungsgrundlage entspricht dabei sowohl der Funktion des Krg als auch den Erfordernissen der Verwaltungspraktikabilität (zum Ganzen zusammenfassend: BSG, Beschluss vom 05. Juli 2005, B 1 KR 7/04 R, - SGb 2006, 476; Urteil vom 14. Dezember 2006, B 1 KR 11/06 R, = SozR 4-2500 § 47 Nr. 7). Damit wird berücksichtigt, dass Versicherte typischerweise zur Sicherung des Lebensunterhalts auf Krg angewiesen sind und eine Bewilligung rasch erfolgen muss. Diesen Gesichtspunkten wird insoweit Rechnung getragen, als mit dem Abstellen auf die zuletzt maßgeblich gewesene Beitragsbemessungsgrundlage letztendlich auf diejenigen Verhältnisse im aktuellen Versicherungsverhältnis abgestellt wird, die anhand einfach festzustellender Tatsachen rasch und verwaltungspraktikabel ermittelt werden können. Das Abstellen auf das Regelentgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage führt deshalb auch dazu, dass das Krg der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation vor Eintritt der AU entspricht und seine Funktion als Ersatz für entfallenes Arbeitseinkommen erfüllen kann (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O.).

Von diesem Grundsatz kann als widerlegbare Vermutung nur ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die zuletzt maßgebliche Beitragsbemessungsgrundlage erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten, d.h. dem tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen, vor Eintritt der AU entspricht, weil sein tatsächliches Einkommen wesentlich geringer war. Bei einer evidenten Diskrepanz zwischen tatsächlichem Arbeitseinkommen und der Bemessungsgrundlage muss das vor Eintritt der AU erzielte Arbeitseinkommen konkret ermittelt werden (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O., Rdnr. 11). Für die konkrete und möglichst zeitnahe Ermittlung des maßgeblichen Arbeitseinkommens gilt: Fehlt es bei Beginn der AU an der Feststellung des Gewinns für das dem Eintritt der AU vorausgegangene Kalenderjahr, weil das zuständige Finanzamt den Steuerbescheid hierfür noch nicht erlassen hat, ist das Arbeitseinkommen dieses Veranlagungszeitraums aufgrund der steuerrechtlich vorgeschriebenen Aufzeichnung (z.B. § 60 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung) von der zuständigen Krankenkasse von Amts wegen zu ermitteln (vgl. § 20 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB X). Hierzu ist sie regelmäßig auf die tätige Mithilfe des Versicherten angewiesen. Diesem obliegt es gemäß § 60 Abs. 1 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I), alle Tatsachen anzugeben, auf Verlangen des zuständigen Trägers (Krankenkasse) der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte (z.B. Steuerberater) zuzustimmen, Beweismittel zu bezeichnen (Gewinn- und Verlustrechnung, Buchführungsunterlagen usw.), diese auf Verlangen des zuständigen Trägers vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Kommt der Versicherte seinen Obliegenheiten nicht nach, kann die Krankenkasse die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen (vgl. § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Zur rechtlichen Auswertung der eingereichten steuerlichen Unterlagen kann es sich anbieten, dass die Krankenkasse die Amtshilfe des zuständigen Finanzamts in Anspruch nimmt. Bei einem im Betrieb selbst mitarbeitenden selbstständig erwerbstätigen Versicherten kommt (hilfsweise) auch in Betracht, die wirtschaftliche Situation zur Zeit unmittelbar vor Beginn der AU zu schätzen, indem die Kosten für eine vergleichbare Ersatzkraft ermittelt werden. Schließlich liegt es nahe, dem Versicherten in derartigen Fällen bis zum Abschluss der erforderlichen Ermittlungen und deren Auswertungen gemäß § 42 Abs. 1 SGB I einen Vorschuss auf das Krg zu gewähren (vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O., Rdnr. 15).

Nach diesen Maßstäben ist für die Berechnung des Krg hier das tatsächlich vom Kläger vor dem Eintritt der AU ab 16. Dezember 2004 erzielte Arbeitseinkommen zu ermitteln und zugrunde zu legen. Zwar war beim Kläger, was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist, die Beitragsbemessung bis 15. Dezember 2004 nach einem Arbeitseinkommen von monatlich EUR 2.500,00 vorgenommen worden. Dieses Arbeitseinkommen kann jedoch der Berechnung des Krg als Regelentgelt nicht zugrunde gelegt werden, da konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Beitragsbemessung von EUR 2.500,00 pro Monat erkennbar nicht dem vor dem 16. Dezember 2004 erzielten Arbeitseinkommen des Klägers entsprach. Soweit die Beklagte das vor dem Eintritt der AU am 16. Dezember 2004 erzielte Arbeitseinkommen des Klägers mit monatlich EUR 850,00 beziffern wollte, erscheint die Berechnung der Beklagten nicht nachvollziehbar. Auch die Begrenzung im angefochtenen Urteil des SG auf den Betrag aus dem Einkommensteuerbescheid für 2003 von monatlich EUR 1.058,58 entspricht, bezogen auf das Arbeitseinkommen, ersichtlich nicht der wirtschaftlichen Situation des Klägers vor Eintritt der AU. Denn durch die Auskunft des Steuerberaters A. vom 22. April 2005 wird belegt, dass das durchschnittliche monatliche Betriebsergebnis des Mietwagenunternehmens bei EUR 2.287,00 lag, mithin bei EUR 27.444,00 im Jahr. Bei dieser dokumentierten günstigeren Steigerung des Betriebsergebnisses gegenüber 2003, erst recht auch gegenüber 2002, ist hier nicht auf den letzten bekannten Einkommensteuerbescheid von 2003 zurückzugreifen. Jedoch kann als Regelentgelt nicht der Jahresbetrag von EUR 27.444,00 herangezogen werden. Vielmehr kann für die Bestimmung des regelmäßigen Arbeitseinkommens vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit insoweit das für den Monat Dezember 2004 ausgewiesene Betriebsergebnis von EUR 11.541,00 nicht mit eingerechnet werden, da der Kläger ab 16. Dezember 2004 bereits arbeitsunfähig war. Mithin ist das Betriebsergebnis für 2004, soweit es hier für die Berechnung des Arbeitseinkommens vor Eintritt der AU zu ermitteln ist, um den Betrag von EUR 11.541,00 zu vermindern. Mithin ergibt sich ein monatliches Regelentgelt von (EUR 27.444,00 - EUR 11.541,00 = EUR 15.903,00: 11 =) EUR 1.445,73. Damit ist hier eine evidente Diskrepanz zwischen dem tatsächlich vor dem Eintritt der AU erzielten Arbeitseinkommen und der Beitragsbemessungsgrundlage von EUR 2.500,00 festzustellen; die Vermutung, dass ein Arbeitseinkommen in Höhe der Beitragsbemessung erzielt wurde, ist widerlegt. Darauf, dass die Beklagte die Berechnung des vom 23. März bis 31. Mai 2004 gewährten Krg nach dem Regelentgelt von EUR 2.500,00 monatlich (Beitragsbemessungsgrundlage) gewährt hatte, kann sich der Kläger für den hier streitigen Zeitraum nicht berufen.

Ausgehend von dem Arbeitseinkommen von EUR 1.445,73 monatlich ergibt sich nach § 47 Abs. 2 Satz 3 SGB V ein Regelentgelt von (EUR 1.445,73: 30) EUR 48,19 kalendertäglich. Das Krg beträgt mithin insgesamt nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V 70 v.H. hiervon, also EUR 33,73 kalendertäglich. Damit war die Beklagte zur Zahlung von weiterem Krg in Höhe von kalendertäglich (EUR 33,73 minus EUR 24,70 =) EUR 9,03 zu verurteilen.

3. Der Anspruch des Klägers auf Krg hinsichtlich des genannten zusätzlichen Betrags ruhte nicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift ruht der Anspruch auf Krg, soweit und solange Versicherte beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhalten. Hiervon ist für die Zeit ab 16. Dezember 2004 nicht auszugehen. Von einem Verlust des Arbeitseinkommens eines selbstständig Tätigen ist dann auszugehen, wenn er im Unternehmen persönlich mitgearbeitet hat und diese Mitarbeit für einen nicht unbedeutenden Zeitraum wegen AU entfällt. Der Ausfall des Arbeitseinkommens muss in einem solchen Fall nicht konkret ermittelt werden (BSG SozR 2200 § 568 Nr. 7; BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006, a.a.O., Rdnr. 17). Der Kläger hat vor Beginn der AU in seinem Betrieb hauptberuflich persönlich als Fahrer mitgearbeitet. Seine Mitarbeit ist für die Dauer der AU entfallen. Es ist deshalb regelmäßig und ohne weitere Ermittlungen davon auszugehen, dass der Kläger infolge AU sein Arbeitseinkommen vollständig verloren hat. Es konnten die vom 16. Dezember 2004 bis 06. Februar 2005 erzielten Einnahmen des weiterlaufenden Betriebs nicht konkreten Arbeitsleistungen des Klägers zugerechnet werden. Auf die Gründe für die Höhe des im Dezember 2004 erzielten Betriebsergebnisses kommt es nicht an.

Da die AU des Klägers bis einschließlich 06. Februar 2005 andauerte, wie sich auch aus dem Auszahlungsschein für Krankengeld des Dr. L. vom 31. Januar 2005 ergibt, stand dem Kläger bis zu diesem Zeitpunkt das oben festgestellte höhere Krg zu.

Der Berufung war danach teilweise auch unter Abänderung des Urteils des SG stattzugeben, im Übrigen aber, soweit der Kläger höheres Krg als kalendertäglich EUR 33,73 begehrt, zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei der Senat nicht gehindert war, zu Ungunsten des Klägers die Kostenentscheidung des SG zu ändern. Das Verböserungsverbot gilt insoweit nicht.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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