L 3 AS 3887/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 2021/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3887/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der den Klägern für die Zeit vom 01.05.2006 bis 31.10.2006 gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) streitig.

Der Kläger Ziffer 1 und seine Ehefrau, die Klägerin Ziffer 2, die im gemeinsamen Haushalt wohnen, sind gemeinschaftliche Eigentümer eines Dreifamilienhauses, von dem zwei Wohnungen vermietet sind und die dritte Wohnung von ihnen bewohnt wird. Die Klägerin betreibt als selbständige Tätigkeit einen Obst-Gemüse-Südfrüchte-Handel. Der Kläger steht bei ihr in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis und erzielt hieraus monatlich 300 EUR.

Die Kläger beziehen von der Beklagten seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, zuletzt aufgrund des Bescheides vom 12.12.2005 für die Zeit vom 01.11.2005 bis 30.04.2006 in Höhe von monatlich 242,- EUR.

Am 13.04.2006 beantragten sie die Fortzahlung der Leistungen. Die Klägerin gab hierbei an, ihr Nettogewinn im Jahr 2005 habe monatlich 600,- EUR betragen. Weiter wurde eine Bescheinigung über im Jahr 2005 gezahlte Darlehenszinsen in Höhe von insgesamt 15.802,04 EUR vorgelegt.

Das Landratsamt Ravensburg bewilligte den Klägern mit Bescheid vom 02.06.2006 für die Zeit vom 01.05. bis 31.10.2006 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 413,71 EUR.

Mit Bescheid vom 11.05.2006 bewilligte die Beklagte den Klägern für die Zeit vom 01.05.2006 bis 31.10.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 62,00 EUR.

Hiergegen legte der Kläger am 01.06.2006 Widerspruch ein mit der Begründung, das Einkommen seiner Ehefrau habe sich seit dem letzten Bewilligungszeitraum vermindert. Hierzu legte er den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2004 vor. Danach hatte er selbst negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von - 1.531 EUR, die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 10.182 EUR bzw. nach Verlustausgleich in Höhe von 8.651 EUR. Nach Abzug des Sonderausgabenpauschbetrages und der Versicherungsbeiträge ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen von 1.801 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.06.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, vom aufgrund der Selbsteinschätzung der Klägerin zugrunde gelegten Gewinn in Höhe von 600,00 EUR monatlich seien der Grundfreibetrag von 100,00 EUR sowie der Freibetrag nach § 30 Nr. 1 SGB II in Höhe von 100,00 EUR abzuziehen, das Einkommen somit in Höhe von 400,00 EUR anzurechnen. Das Einkommen des Klägers sei nach Abzug der Freibeträge in Höhe von 160,00 EUR anzurechnen, so dass ein zu berücksichtigendes Einkommen von monatlich 560,00 EUR zugrunde zu legen sei. Ein Verlustausgleich zwischen Einkommen aus verschiedenen Einkunftsarten sei nicht zulässig, deshalb sei der Verlust aus den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht vom Einkommen der Ehefrau aus dem Gewerbebetrieb abzugsfähig.

Hiergegen haben die Kläger am 26.07.2006 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben mit der Begründung, ihre Einkommensverhältnisse hätten sich nicht geändert bzw. nicht verbessert.

Mit Gerichtsbescheid vom 23.07.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Das SG hat ausgeführt, im angefochtenen Bescheid sei die Höhe der Freibeträge nach § 11 Abs. 2 Satz 2 und § 30 Satz 2 Nr. 1 SGB II zutreffend berechnet. Im Recht der Grundsicherung sei ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkommensarten nicht vorzunehmen.

Gegen den am 25.07.2007 zugestellten Gerichtsbescheid haben die Kläger am 08.08.2007 Berufung eingelegt. Sie tragen vor, auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende sei wie im Steuerrecht ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten vorzunehmen. Vom monatlichen Gewinn der Klägerin in Höhe von 600,00 EUR sei der Verlust aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1531,00 EUR des gesamten Jahres abzuziehen, so dass lediglich ein Einkommen von maximal 472,00 EUR monatlich zugrunde zu legen sei.

Die Kläger beantragten,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Juli 2007 aufzuheben, den Bescheid vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihnen für die Zeit vom 01. Mai 2006 bis 31. Oktober 2006 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Bei sachgerechter Auslegung des klägerischen Antrags sind höhere Leistungen an alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft streitig, so dass auch die mit dem Kläger in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Ehefrau Klägerin und Berufungsklägerin ist. Gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 SGG kann bei Ehegatten die Bevollmächtigung unterstellt werden, so dass von einer bereits anfänglich vorliegenden Vertretung der Ehefrau auszugehen ist und damit kein Parteiwechsel nach § 99 SGG vorliegt.

Die so gefasste Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Kläger haben im streitigen Zeitraum keinen höheren Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als er ihnen im angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides bewilligt wurde. Das SG hat im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend dargelegt, welche Abzugsbeträge vom Einkommen des Klägers und der Klägerin, das zutreffend ermittelt worden ist, anzusetzen sind. Hierauf wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

Ergänzend ist auszuführen, dass der nach § 19 Satz 3 SGB II zu berücksichtigende Gewinn der Klägerin aus ihrer selbständigen Tätigkeit zutreffend berechnet ist. Insbesondere findet ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten bei der Berechnung des Einkommens nach dem SGB II nicht statt. Die monatlichen Regelleistungen sehen eine solche Berücksichtigung von Verlusten bei dem nach § 11 SGB II zu berücksichtigenden Einkommen nicht vor. Nach § 11 Abs. 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Vom Einkommen abzusetzen sind die in § 11 Abs. 2 SGB II aufgeführten Beträge. Danach ist insbesondere § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II anwendbar, wonach die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen sind. Auch nach Auffassung des erkennenden Senats knüpft der Gesetzgeber mit dem Begriff des Einkommens in § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II nicht an den Einkommensbegriff des § 2 Abs. 4 Einkommenssteuergesetz (EStG) an, sondern an einen eigenständigen Einkommensbegriff des Sozialleistungsrechts, wie er für den Bereich der Arbeitslosenhilfe in § 194 SGB III bzw. § 138 Arbeitsförderungsgesetz geregelt war (Bayerisches LSG, Beschluss vom 14.06.2005 - L 11 B 218/05 AS ER - Breithaupt 2005, 786 bis 788; Hessisches LSG, Beschluss vom 24.04.2007 - L 9 AS 284/06/ER). Hierzu hat das BSG entschieden (BSG in SozR 4100 § 138 Nrn. 15 und 26), erklärte Absicht des Gesetzgebers sei es gewesen, den Einkommensbegriff im Sozialleistungsrecht von dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff zu lösen, um vor allem den steuerrechtlich anerkannten Verlustausgleich auszuschließen. Dies entspricht einem aus den ausdrücklichen Verboten des Verlustausgleichs im Sozialhilfe-, Wohngeld-, Ausbildungsförderungs-, Kriegsopfer-, Kindergeld- und Erziehungsgeldrecht herzuleitenden allgemeinen Grundsatz des Sozialleistungsrechts (BSG SozR 3-4100 § 138 Nr. 7). Auch in der Begründung der ursprünglichen Alg II-Verordnung wurde die Möglichkeit eines Verlustausgleichs verneint. Dies ist in der ab dem 01.01.2008 geltenden Alg II-V vom 17.12.2007 (BGBl. I S. 2942) ausdrücklich klargestellt worden. Nach deren § 5 sind Ausgaben höchstens bis zur Höhe der Einnahmen aus derselben Einkunftsart abzuziehen und Einkommen darf nicht um Ausgaben einer anderen Einkunftsart vermindert werden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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