Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 3893/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5041/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. August 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine Magenband-Implantation.
Die 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet an Adipositas und weist bei einer Körpergröße von ca. 164 cm ein Körpergewicht von ca. 130 kg auf, hieraus ergibt sich ein BMI (body mass index, kg/m²) von 48.
Am 21. Dezember 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Magenband-Operation und legte hierzu ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners G. M. vom 13. Dezember 2004 sowie ein ärztliches Gutachten des Klinikums S., Krankenhaus Bad Cannstatt, Klinik für Allgemein-, Visceral- und Unfallchirurgie von Prof. H., Ärztlicher Direktor, und Dr. Ho., Oberarzt, vom 24. November 2004 vor. Die Beklagte holte daraufhin ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 11. Januar 2005 ein. Darin hat Dr. L. die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Adipositas-Chirurgie am Magen seien nicht erfüllt, da die konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht erfolglos ausgeschöpft worden seien. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Januar 2005 den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Magenband-Operation ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie habe bereits seit 1990 Diäten gemacht. Außerdem sei sie medikamentös therapiert worden, was anfänglich auch zum Erfolg geführt habe. Darüber hinaus habe sie an einer Ernährungsberatungsgruppe teilgenommen, bei der sie viel über Ernährung und Psychologie erfahren habe. Während der Ernährungsberatung habe sie im ersten Halbjahr abgenommen, im zweiten Halbjahr habe die Gewichtsreduktion jedoch trotz Sport und Einhaltung der vorgegebenen Kalorien stagniert. Daher sei sie im Anschluss erneut medikamentös (mit Reductil) therapiert worden und habe von ursprünglich 120 kg auf 98 kg abgenommen. Die Medikamente hätten jedoch auf Dauer nicht geholfen, sodass sie wieder zugenommen habe. Auch ein erneuter Besuch in einer "Abnehmgruppe" habe nicht viel gebracht. Zum Nachweis legte die Klägerin Bescheinigungen über die Teilnahme an Kursen über Abnehmen und Gewichthalten bei der Volkshochschule E. sowie über Verordnungen verschiedener Medikamente vor. Im Übrigen führte die Klägerin aus, sie leide bereits unter Folgeerkrankungen, wie einem beginnenden metabolischen Syndrom, Hochdruckneigung, laborchemisch nachweisbarem Hyperinsulinismus sowie Dyslipoproteinämie und einer Fettleber. Außerdem leide sie an einer Dyspnoe und Belastungsinsuffizienz sowie zunehmenden überlastungsbedingten orthopädischen Problemen mit Wirbelsäulen-, Rücken- und Kniegelenksbeschwerden. Darüber hinaus bestünden Unterschenkelödeme. Da die gleichzeitige Anwendung von Ernährungsberatung und Bewegungstherapie in der Vergangenheit bereits erfolglos durchgeführt worden sei und sie bereits an Folgeerkrankungen leide, bestehe eine Indikation für eine Magenband-Operation. Eine Operation sei auch wirtschaftlich, da sie die letzte Möglichkeit einer Gewichtsreduktion auf Dauer darstelle. Sie treibe im Übrigen fast täglich eine halbe bis eine Stunde Sport und fahre täglich insgesamt zehn Kilometer mit dem Fahrrad zur Arbeit und zurück.
In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten weiteren Gutachten des MDK gelangte Dr. Sch. zu dem Ergebnis, dass aus medizinischer Sicht eine Magenband-Operation nicht erforderlich sei, da nach den bis jetzt vorliegenden Unterlagen das so genannte integrative Gesamtbehandlungskonzept, welches die gleichzeitige Anwendung von Ernährungsberatung sowie Bewegungstherapie (z. B. schwimmen) und Verhaltenstherapie vorsehe, noch nicht zur konsequenten Anwendung gebracht worden sei. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2005 den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie noch aus, da eine konsequente und lebenslange Umstellung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten auch bei Durchführung der Magenband-Operation erforderlich sei, um Gewicht zu reduzieren bzw. zu halten, seien die gleichen Maßnahmen einer Ernährungsberatung und Verhaltenstherapie ohne Magenband-Operation ausreichend und zweckmäßig, um das Ziel der Gewichtsreduktion zu erreichen.
Dagegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat ihr Bevollmächtigter geltend gemacht, im Hinblick darauf, dass sämtliche herkömmliche Therapieformen erfolglos geblieben seien und bereits Folgeerkrankungen vorliegen würden, sei eine Magenband-Operation für eine dauerhafte Gewichtsreduktion erforderlich. Ein auf Dauer erfolgloses konservatives Behandlungskonzept sei ihr nicht mehr zumutbar. Der Klägerin sei es zwar in der Tat in der Vergangenheit immer wieder möglich gewesen, kurzfristig einige Kilogramm an Gewicht zu verlieren, dieses habe sie aber im Langzeitverlauf stets wieder zugenommen. Es sei ihr nach fünfzehn Jahren Kampf mit ihrer Krankheit nicht mehr zumutbar, sich noch länger mit einem auf Dauer erfolglosen Behandlungskonzept abzufinden. Eine Gewichtsabnahme könne damit auf Dauer schließlich nicht erreicht werden. Die Wirtschaftlichkeit der Magenband-Operation ergebe sich aus dem Vergleich der Operations- und Nachbehandlungskosten in Höhe von ca. 6.800 EUR mit den Kosten, die für Folgeerkrankungen aufgewandt werden müssten.
Das SG hat sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte Dr. Sp. und G. M. eingeholt. Nach der Auskunft des Internisten Dr. Sp. vom 1. September 2005 (Bl. 52/59 SG-Akte) war die Klägerin in der Zeit vom 27. Januar 2003 bis 22. März 2003 bei ihm in Behandlung. Es bestand mit Ausnahme einer deutlichen Adipositas und einem Bluthochdruck ein unauffälliger, internistischer Status. Der Allgemeinmediziner G. M. hat im Übrigen neben der Adipositas als Gesundheitsstörungen rezidivierende Lumbalgien, eine Belastungsdyspnoe, psychovegetative Störungen, Gonalgien beidseits, Distorsion rechts OSG, Hypertriglyzeridämie sowie Hypertonie genannt. Beide behandelnden Ärzte haben in ihren Auskünften noch angegeben, dass zur Behandlung der Adipositas Ernährungsberatungen, Diätmaßnahmen unter ärztlicher Überwachung, medikamentöse Therapien und Verhaltenstherapien durchgeführt worden seien, während eine Ernährungsschulung, eine Bewegungstherapie unter ärztlicher Überwachung, psychotherapeutische Maßnahmen, eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme und ein ärztlich überwachtes integriertes Gesamtbehandlungskonzept bislang nicht eingesetzt worden seien. Im Anschluss hat die Klägerin noch einen Befundbericht des Orthopäden Dr. Sm. vom 1. August 2006 (Bl. 71 SG-Akte) vorgelegt, wonach die Beweglichkeit der Sprunggelenke altersentsprechend sei und keine wesentlichen degenerativen Veränderungen bestünden und auch keine Bandinsuffizienz.
Mit Urteil vom 21. August 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die begehrte Magenband-Operation als Sachleistung der gesetzlichen Krankenkassen nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) nicht erfüllt seien. Unter Berücksichtigung insbesondere der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (mit Hinweis auf Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - m.w.N.) bestehe kein Anspruch der Klägerin. Sie habe zwar zahlreiche, zum Teil auch längerfristige Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, wie Ernährungsberatung, Diäten unter ärztlicher Überwachung, Medikamenteneinnahme und Verhaltenstherapie durchgeführt. Diese Maßnahmen hätten aber nicht den Qualitätskriterien entsprochen, welche die deutsche Adipositas-Gesellschaft (Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas - Version 2005 -) fordere. Insbesondere seien die Maßnahmen nicht in ein interdisziplinäres Gesamtkonzept integriert. Das SG sei der Überzeugung, dass gerade das von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft empfohlene interdisziplinäre und mindestens sechs- bis zwölfmonatige Konzept eine erheblich höhere Aussicht auf eine erfolgreiche Gewichtsreduktion verspreche, als nicht miteinander koordinierte Einzelmaßnahmen. Da die Klägerin noch nicht versucht habe, ihr Gewicht im Rahmen des beschriebenen integrativen Gesamtbehandlungskonzeptes zu reduzieren, sei derzeit ein operativer Eingriff nicht notwendig. Einrichtungen, die den von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft geforderten Qualitätsanforderungen genügten, stünden nach den Angaben der Beklagten im wohnortnahen Bereich der Klägerin zur Verfügung. Die Äußerung der Klägerin, ihr fehle für eine entsprechende Behandlung die Kraft, überzeuge das SG nicht. Vielmehr sehe dies eine erhebliche Chance, dass die Klägerin bei entsprechender Motivation ihr Gewicht im Rahmen eines integrierten Gesamtbehandlungskonzepts auch auf Dauer erheblich reduzieren könne. Hierfür spreche auch, dass es der Klägerin in der Vergangenheit - wenn auch nur vorübergehend - gelungen sei, nicht unerheblich abzunehmen. Dass die Gewichtsabnahme nicht von Dauer gewesen sei, dürfte nach Auffassung des SG damit zusammenhängen, dass die Gewichtsreduktionsmaßnahmen nicht in ein Gesamtkonzept eingebettet seien. Solange die Klägerin nicht zumindest versucht habe, im Rahmen eines integrativen Gesamtbehandlungskonzepts ihr Gewicht zu reduzieren, sehe das SG einen operativen Eingriff am Magen nicht als notwendig an.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten am 21. September 2006 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil am 6. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte vor, soweit sich das SG auf die evidenzbasierten Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft zur Prävention und Therapie der Adipositas berufe, verkenne das SG dabei jedoch Sinn und Zweck dieser Leitlinien. Die Patienten sollten hierdurch vor übereilten Maßnahmen geschützt werden, was jedoch bei der Klägerin nicht mehr notwendig sei, da sie bereits seit zehn Jahren verschiedene alternative, konservative Behandlungsmethoden, auch kombiniert, durchgeführt habe. So habe sie nicht nur eine Ernährungsberatung, sondern vielmehr auch eine Ernährungsschulung durchgeführt, ferner seien Diätmaßnahmen unter ärztlicher Überwachung, medikamentöse Therapien und Verhaltenstherapien durchgeführt worden. Psychotherapeutische Maßnahmen habe die Klägerin auch nicht durchführen müssen, da zu keinem Zeitpunkt eine Indikation für eine psychische Ursache der Erkrankung gegeben sei. Soweit das SG in seinem Urteil ferner davon ausgehe, nach Angaben der Beklagten stünden auch im wohnortnahen Bereich der Klägerin entsprechende Einrichtungen zur Verfügung werde dies bestritten, das SG habe die Behauptung der Beklagten zu keinem Zeitpunkt überprüft und tatsächlich habe die Beklagte der Klägerin auch bis heute, trotz der Zusage in der mündlichen Verhandlung, keine solche Einrichtung benennen können. Nun sei im Übrigen die der Klägerin im Oktober 2006 angebotene "Ernährungsberatung von Dr. Am." auch nicht ernsthaft eine Einrichtung, die den Qualitätskriterien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft genüge. Diese Ernährungsberatung stelle als Einzelmaßnahme auch keine Maßnahme im Rahmen eines integrierten Behandlungskonzepts dar. Das SG gehe in seiner Entscheidung im Übrigen auch an keiner Stelle darauf ein, warum die Klägerin, nachdem sie bereits zehn Jahre verschiedene Methoden angewandt habe, nun eine sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung durchführen müsse, insbesondere warum das Gericht der Ansicht sei, dass diese Behandlung nun Erfolg bringen solle. Das SG habe insbesondere verkannt, dass die Klägerin nicht nur miteinander koordinierte Einzelmaßnahmen durchgeführt habe, sondern die Maßnahmen wie Gewichtsreduktionstherapie miteinander verbunden gewesen seien. Schließlich habe sich das SG weder mit dem ärztlichen Attest des Allgemeinmediziners G. M. noch mit dem ärztlichen Gutachten von Dr. Ho. und Prof. H. auseinander gesetzt. Auch habe sich die Klägerin in der Zwischenzeit nochmals hinreichend kooperativ gezeigt. Gerade weil in der Vergangenheit überhaupt in entscheidendem Maß nach den Kriterien der Adipositas-Gesellschaft erfolglos vorgegangen worden sei, betrachte sie es als Schikane, wenn sie sich nunmehr einer einfachen Ernährungsberatung, die nicht im Entferntesten den Qualitätskriterien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft genüge, unterziehen solle. Soweit in der Zwischenzeit von der Ernährungsberaterin W. vom 6. Dezember 2006 angeführt werde, die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass sie einen Psychotherapeuten aufsuchen müsse, dieser Empfehlung sei sie jedoch nicht nachgekommen, sei darauf hinzuweisen, dass bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine Indikation für eine Psychotherapie bestanden habe bzw. auch jetzt von keinem Arzt befürwortet werde. Die Klägerin hat in dem Zusammenhang einen Arztbrief des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie (Verhaltenstherapie) Dr. A. vom 12. März 2007 vorgelegt, wonach keine psychopharmakologisch anzugehende Erkrankung vorliege, die von der Krankenkasse geforderte Psychotherapie er leider selbst nicht durchführen könne, da er diesbezüglich keine freien Kapazitäten mehr habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. August 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine operative Magenverkleinerung (Magenband-Implantation) zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend und führt ergänzend aus, zunächst entspreche die derzeit von der Klägerin nach dem Konzept von Dr. Am. durchgeführte Ernährungsberatung den Qualitätskriterien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. Die Beklagte habe hiermit auch gemäß ihren Zusagen der Klägerin eine ambulante Ernährungsberatung benannt und vollständige Kostenübernahme zugesagt. Sie stimme mit der Klägerin insoweit überein, dass ein allgemeines Gruppenprogramm im Falle der Klägerin nicht ausreichend sei. Die Klägerin führe aus, dass zu keinem Zeitpunkt eine Indikation für eine Psychotherapie vorgelegen habe und psychotherapeutische Maßnahmen nicht erforderlich seien. Davon ausgehend müsse das Scheitern aller bisherigen konservativen Diättherapien mit mangelnder oder nicht ausreichender Motivation der Klägerin zur Gewichtsreduktion bzw. zur Ernährungsumstellung gesehen werden. Dies zeige sich auch im Verhalten der Klägerin mehr als deutlich, z. B. durch das nicht angemessene Rückmeldeverhalten gegenüber der Beraterin. Auch eine Magenband-Operation müsse postoperativ von einer konservativen Diättherapie begleitet werden, um überhaupt einen nachhaltigen Erfolg zu zeigen (z. B. kleine Portionsgrößen, angepasstes Kau- und Essverhalten, reduzierte Energiedichte bei hoher Nährstoffdichte usw.). Da die Motivation bei der Klägerin bisher gefehlt habe, ihre Ernährung umzustellen, erscheine die notwendige Ernährungsumstellung postoperativ genauso wenig Erfolg versprechend. Zwischenzeitlich habe im Übrigen die Klägerin ausweislich eines Berichtes der Ernährungsberaterin W. vom 22. März 2007 drei Kilogramm abgenommen, zudem habe ihr Arzt ihr ein Medikament zur Steigerung ihres Sättigungsgefühls verordnet und die Klägerin auch berichtet, dass sie mit dem Ernährungsplan mit 1.800 kcal ausreichend satt werde. Erste Erfolge seien somit eindeutig zu erkennen. Aus diesem Grunde sei auch die Ernährungsberatung der Klägerin bei der Beraterin um weitere fünf Monate verlängert worden und würden auch die Kosten des eingereichten Rezepts in Höhe von 22,56 EUR erstattet werden. Im Übrigen sei dem Attest des Psychiaters Dr. A. zu entnehmen, dass die von der Beklagten empfohlene Psychotherapie auch von ihm als notwendig erachtet werde, diese aber "leider" aus Kapazitätsgründen von ihm nicht selber durchgeführt werden könne.
Die Klägerin ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass Dr. A. eine Psychotherapie nicht für notwendig halte, er lediglich davon ausgehe, dass die Beklagte eine solche fordere, was er auch in einem persönlichen Gespräch der Klägerin gegenüber erwähnt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist überschritten. Im Streit steht die Gewährung einer Krankenbehandlung mit Kosten in Höhe von ca. 6.800 EUR.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten für eine operative Magenverkleinerung (Magenband-Implantation) zu übernehmen. Die Klägerin hat hierauf keinen Anspruch.
Gemäß § 11 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 SGB V haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf Behandlung einer Krankheit. Gemäß § 12 Abs. 1 SGB V muss die Behandlung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Der Anspruch umfasst u. a. die notwendige ärztliche Behandlung und die Krankenhausbehandlung. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand, der die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung des Versicherten und zugleich oder allein Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Eine Krankheit wird dann zu einer Leistungsverpflichtung der Kasse, wenn Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit vorliegt (vgl. Zipperer in Maaßen-Schermer-Wiegand, Kommentar zum SGB V, Rdnr. 12 zu § 27 m.w.N.). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Krankheit im Augenblick behandlungsbedürftig ist. Die Behandlungsbedürftigkeit ist schon dann anzunehmen, wenn der gegenwärtige Zustand zwar noch keine Schmerzen oder Beschwerden bereitet, durch ärztliche Behandlung im Frühstadium eine wesentliche Besserung oder gar Beseitigung des Leidens und damit eine günstige Wirkung auf die spätere Erwerbsfähigkeit erreicht werden kann. Regelwidrig ist ein Zustand, der von der Norm vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht.
Nicht unumstritten ist, ob bereits der Adipositas als solcher Krankheitswert zukommt. Einigkeit besteht in der Medizin aber darüber, dass bei starkem Übergewicht (im allgemeinen ab einem BMI ab 30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist, weil andernfalls ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen wie Stoffwechselkrankheiten, Herz- und Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen, gastrointestinale Erkrankungen, Krankheiten des Bewegungsapparates und bösartige Neubildungen besteht. Erfordert die Adipositas mithin eine ärztliche Behandlung, so belegt dies nach Auffassung des Senats zugleich die Regelwidrigkeit des bestehenden Zustandes und damit das Vorliegen einer Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl. Urteile vom 19.02.2003 - B 1 KR 1/02 R und Parallelentscheidungen), der der Senat folgt, kann die Leistungspflicht für eine chirurgische Therapie dieser Krankheit nicht mit der Erwägung verneint werden, dass für das Übergewicht das krankhafte Essverhalten des Patienten und nicht eine Funktionsstörung des Magens verantwortlich ist. Zwar stellt die operative Verkleinerung bzw. Veränderung des Magens keine kausale Behandlung dar, vielmehr soll damit die Verhaltensstörung des Klägers durch eine zwangsweise Begrenzung der Nahrungsmenge lediglich indirekt beeinflusst werden. Eine solche mittelbare Therapie wird jedoch vom Leistungsanspruch grundsätzlich mitumfasst, wenn sie ansonsten die in § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V aufgestellten Anforderungen erfüllt, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist sowie dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht.
Für chirurgische Eingriffe hat das BSG diesen Grundsatz jedoch eingeschränkt, wenn durch eine Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert wird, wie das bei der Applikation eines Magenbandes geschieht. In diesem Fall bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSG a.a.O.; BSGE 85, 56, 60 = SozR 3 - 2500 § 28 Nr. 4 S. 18). Nachdem ein operativer Eingriff stets mit einem erheblichen Risiko (Narkose, Operationsfolgen z. B. Entzündung, Thrombose bzw. Lungenembolie, operationsspezifische Komplikationen wie Pouchdilatation, Portinfektionen und Stomastenose) verbunden ist, darf eine chirurgische Behandlung wie das Gastric-Banding stets nur die ultima ratio sein. Sie kommt nur bei Erfüllung einer Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung (BMI über 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen bzw. über 40; Erschöpfung konservativer Behandlungsmethoden; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung u. a.) in Betracht. Dies bedeutet, dass vor einer Operation zunächst sämtliche konservativen Behandlungsalternativen durchzuführen sind (vgl. zu alledem das Senatsurteil vom 29. August 2005, - L 5 KR 1676/05 -).
Der Senat folgt im Falle der Klägerin der Einschätzung des MDK. Bereits Dr. L. hat in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 11. Januar 2005 überzeugend dargelegt, dass die konservativen Behandlungsmöglichkeiten bei der Klägerin nicht ausgeschöpft wurden. Es fehlt nach wie vor an einem ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapiekonzept, das Diätmaßnahmen, eine Schulung des Ess- und Ernährungsverhaltens, Bewegungstherapie, gegebenenfalls pharmakologisch-ärztliche Behandlung und eine kombinierte psychotherapeutische Intervention umfasst und als Langzeitbehandlung auch konsequent umgesetzt werden muss. An dieser Voraussetzung ist festzuhalten, wobei eine strenge Prüfung erforderlich ist (vgl. Ziff. 6.4.7. 3. Abs. der u. a. von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin herausgegebene evidenzbasierte Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas" -Version 2007 - ). Die operative Magenverkleinerung als von der gesetzlichen Krankenversicherung zu übernehmende Therapie extremer Adipositas kommt nur als ultima ratio bei nach strengen Kriterien auszuwählenden Patienten in Betracht und setzt die mindestens sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung nach definierten Qualitätskriterien voraus (so auch Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas - Version 2007 -). Diese Behandlung umfasst ein Basisprogramm mit den Komponenten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie sowie adjuvanter medikamentöser Therapie (Nr.6.4 der genannten Leitlinie). Sie ist ärztlich zu koordinieren, zu leiten und zu dokumentieren. All das ist im Fall der Klägerin nicht in ausreichendem Maße in der Vergangenheit geschehen. Tatsache ist vielmehr, dass die Klägerin zwar in den vergangenen zehn bzw. fünfzehn Jahren immer wieder teilweise durch die Teilnahme an entsprechenden Kursen der Volkshochschule, teilweise durch medikamentöse Behandlung versuchte eine Gewichtsreduktion herbeizuführen, jedoch nur mit zeitweiligem Erfolg. Nach vorübergehenden Gewichtsabnahmen kam es wieder zur Gewichtszunahme. Die Klägerin nimmt zwar in der Zwischenzeit auf Initiative der Beklagten an einer Ernährungsberatung teil, die gleichzeitig aber von der Ernährungsberatung auch für notwendig erachtete begleitende Psychotherapie wird von der Klägerin abgelehnt. Soweit die Klägerin in dem Zusammenhang unter Berufung auf den Arztbrief von Dr. A. vom 12. März 2007 an den behandelnden Hausarzt Dr. M. geltend macht, Dr. A. habe eine entsprechende psychotherapeutische Behandlung nicht für notwendig erachtet, kann der Senat dem nicht folgen. Vielmehr stellt Dr. A. in seinem Arztbrief als Diagnose bei der Klägerin eine Anpassungsstörung bei Adipositas. In seiner Beurteilung hat er ferner ausgeführt, dass keine psycho-pharmakologisch anzugehende Erkrankung vorliege, die Klägerin sich mit ihrer Adipositas allerdings nicht abfinden könne, sie subjektiv darunter leide, sich emotional beeinträchtigt fühle und sich dadurch sozial eher zurückziehe. Weiter führt Dr. A. noch aus, die von der Krankenkasse geforderte Psychotherapie könne er leider selbst nicht durchführen, da er diesbezüglich keine freie Kapazitäten mehr habe. Dr. A. erwähnt hier an keiner Stelle, dass er persönlich diese Psychotherapie überhaupt nicht für notwendig erachtet, was an sich dann hier durchaus zu erwarten wäre. Ferner ist auch darauf hinzuweisen, dass, wie sich im gesamten Schriftwechsel während des Verfahrens im Zusammenhang mit der von der Beklagten angebotenen Maßnahme zeigt, durchaus bei der Klägerin möglicherweise Motivationsprobleme bestehen. So hat sie u. a. an einer Stelle durch ihren Bevollmächtigten auch vortragen lassen, dass sie diese Maßnahme als Schikane betrachte. Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Verhaltenstherapie wird jedoch in der Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas" unter Nr. 6.4.4 unter anderem darauf hingewiesen, dass verhaltenstherapeutische Ansätze die Patientenmotivation bei der Einhaltung der Ernährungs- und Bewegungsempfehlungen unterstützen: der Einsatz von Techniken der Verhaltensmodifikation wird vor allem für die langfristige Gewichtsreduzierung bzw. -stabilisierung im Rahmen von Gewichtsmanagementprogrammen empfohlen. Gerade auch die gescheiterten Versuche der Klägerin in den vergangenen Jahren und die jetzige Fixierung auf die Magenband-Operation lassen die Notwendigkeit einer begleitenden, die Motivation (wieder) herstellenden Psychotherapie umso deutlicher werden. Soweit die Klägerin im Übrigen noch geltend gemacht hat, bei ihr seien auch schon entsprechende Folgeerkrankungen eingetreten, die hier zu berücksichtigen seien, kann sie damit nicht durchdringen. Hierzu ist zum einen festzuhalten, dass die Klägerin ganz offensichtlich nur ein einziges Mal, und zwar in der Zeit von Januar bis März 2003 in internistischer Behandlung war und dort lediglich ein Hypertonus sowie eine latente Hypothyreose festgestellt wurden. Auch der vom SG eingeholten Auskunft des behandelnden Hausarztes Dr. M. ist hierzu nichts anderes zu entnehmen. Auch die von Dr. M. beschriebenen orthopädischen Leiden (rezidivierende Lumbalgien, Gonalgien) lassen keinen Umfang erkennen, der hier von im Sinne der Leitlinien der Adipositas-Gesellschaft relevanten Folgeerkrankungen ausgehen lässt. In dem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass dem Arztbrief von Dr. Sm. vom 1. August 2006 u. a. zu entnehmen ist, dass die Beweglichkeit der Sprunggelenke altersentsprechend war und auch keine Bandinsuffizienz bestand. Im Hinblick darauf bestand für den Senat auch keine Veranlassung weitere Ermittlungen (ins Blaue hinein) bezüglich möglicher Folgeerkrankungen durchzuführen.
Aus all diesen Gründen sind daher die Voraussetzungen für eine Übernahme der Kosten für die von der Klägerin begehrte Magenband-Operation durch die Beklagte nicht gegeben. Es liegt nach wie vor kein abgeschlossenes ärztlich koordiniertes und geleitetes Gesamttherapiekonzept vor.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine Magenband-Implantation.
Die 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet an Adipositas und weist bei einer Körpergröße von ca. 164 cm ein Körpergewicht von ca. 130 kg auf, hieraus ergibt sich ein BMI (body mass index, kg/m²) von 48.
Am 21. Dezember 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Magenband-Operation und legte hierzu ein ärztliches Attest des Allgemeinmediziners G. M. vom 13. Dezember 2004 sowie ein ärztliches Gutachten des Klinikums S., Krankenhaus Bad Cannstatt, Klinik für Allgemein-, Visceral- und Unfallchirurgie von Prof. H., Ärztlicher Direktor, und Dr. Ho., Oberarzt, vom 24. November 2004 vor. Die Beklagte holte daraufhin ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 11. Januar 2005 ein. Darin hat Dr. L. die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Adipositas-Chirurgie am Magen seien nicht erfüllt, da die konservativen Behandlungsmöglichkeiten nicht erfolglos ausgeschöpft worden seien. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Januar 2005 den Antrag auf Übernahme der Kosten für die Magenband-Operation ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, sie habe bereits seit 1990 Diäten gemacht. Außerdem sei sie medikamentös therapiert worden, was anfänglich auch zum Erfolg geführt habe. Darüber hinaus habe sie an einer Ernährungsberatungsgruppe teilgenommen, bei der sie viel über Ernährung und Psychologie erfahren habe. Während der Ernährungsberatung habe sie im ersten Halbjahr abgenommen, im zweiten Halbjahr habe die Gewichtsreduktion jedoch trotz Sport und Einhaltung der vorgegebenen Kalorien stagniert. Daher sei sie im Anschluss erneut medikamentös (mit Reductil) therapiert worden und habe von ursprünglich 120 kg auf 98 kg abgenommen. Die Medikamente hätten jedoch auf Dauer nicht geholfen, sodass sie wieder zugenommen habe. Auch ein erneuter Besuch in einer "Abnehmgruppe" habe nicht viel gebracht. Zum Nachweis legte die Klägerin Bescheinigungen über die Teilnahme an Kursen über Abnehmen und Gewichthalten bei der Volkshochschule E. sowie über Verordnungen verschiedener Medikamente vor. Im Übrigen führte die Klägerin aus, sie leide bereits unter Folgeerkrankungen, wie einem beginnenden metabolischen Syndrom, Hochdruckneigung, laborchemisch nachweisbarem Hyperinsulinismus sowie Dyslipoproteinämie und einer Fettleber. Außerdem leide sie an einer Dyspnoe und Belastungsinsuffizienz sowie zunehmenden überlastungsbedingten orthopädischen Problemen mit Wirbelsäulen-, Rücken- und Kniegelenksbeschwerden. Darüber hinaus bestünden Unterschenkelödeme. Da die gleichzeitige Anwendung von Ernährungsberatung und Bewegungstherapie in der Vergangenheit bereits erfolglos durchgeführt worden sei und sie bereits an Folgeerkrankungen leide, bestehe eine Indikation für eine Magenband-Operation. Eine Operation sei auch wirtschaftlich, da sie die letzte Möglichkeit einer Gewichtsreduktion auf Dauer darstelle. Sie treibe im Übrigen fast täglich eine halbe bis eine Stunde Sport und fahre täglich insgesamt zehn Kilometer mit dem Fahrrad zur Arbeit und zurück.
In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten weiteren Gutachten des MDK gelangte Dr. Sch. zu dem Ergebnis, dass aus medizinischer Sicht eine Magenband-Operation nicht erforderlich sei, da nach den bis jetzt vorliegenden Unterlagen das so genannte integrative Gesamtbehandlungskonzept, welches die gleichzeitige Anwendung von Ernährungsberatung sowie Bewegungstherapie (z. B. schwimmen) und Verhaltenstherapie vorsehe, noch nicht zur konsequenten Anwendung gebracht worden sei. Daraufhin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2005 den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie noch aus, da eine konsequente und lebenslange Umstellung der Lebens- und Ernährungsgewohnheiten auch bei Durchführung der Magenband-Operation erforderlich sei, um Gewicht zu reduzieren bzw. zu halten, seien die gleichen Maßnahmen einer Ernährungsberatung und Verhaltenstherapie ohne Magenband-Operation ausreichend und zweckmäßig, um das Ziel der Gewichtsreduktion zu erreichen.
Dagegen hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat ihr Bevollmächtigter geltend gemacht, im Hinblick darauf, dass sämtliche herkömmliche Therapieformen erfolglos geblieben seien und bereits Folgeerkrankungen vorliegen würden, sei eine Magenband-Operation für eine dauerhafte Gewichtsreduktion erforderlich. Ein auf Dauer erfolgloses konservatives Behandlungskonzept sei ihr nicht mehr zumutbar. Der Klägerin sei es zwar in der Tat in der Vergangenheit immer wieder möglich gewesen, kurzfristig einige Kilogramm an Gewicht zu verlieren, dieses habe sie aber im Langzeitverlauf stets wieder zugenommen. Es sei ihr nach fünfzehn Jahren Kampf mit ihrer Krankheit nicht mehr zumutbar, sich noch länger mit einem auf Dauer erfolglosen Behandlungskonzept abzufinden. Eine Gewichtsabnahme könne damit auf Dauer schließlich nicht erreicht werden. Die Wirtschaftlichkeit der Magenband-Operation ergebe sich aus dem Vergleich der Operations- und Nachbehandlungskosten in Höhe von ca. 6.800 EUR mit den Kosten, die für Folgeerkrankungen aufgewandt werden müssten.
Das SG hat sachverständige Zeugenauskünfte der behandelnden Ärzte Dr. Sp. und G. M. eingeholt. Nach der Auskunft des Internisten Dr. Sp. vom 1. September 2005 (Bl. 52/59 SG-Akte) war die Klägerin in der Zeit vom 27. Januar 2003 bis 22. März 2003 bei ihm in Behandlung. Es bestand mit Ausnahme einer deutlichen Adipositas und einem Bluthochdruck ein unauffälliger, internistischer Status. Der Allgemeinmediziner G. M. hat im Übrigen neben der Adipositas als Gesundheitsstörungen rezidivierende Lumbalgien, eine Belastungsdyspnoe, psychovegetative Störungen, Gonalgien beidseits, Distorsion rechts OSG, Hypertriglyzeridämie sowie Hypertonie genannt. Beide behandelnden Ärzte haben in ihren Auskünften noch angegeben, dass zur Behandlung der Adipositas Ernährungsberatungen, Diätmaßnahmen unter ärztlicher Überwachung, medikamentöse Therapien und Verhaltenstherapien durchgeführt worden seien, während eine Ernährungsschulung, eine Bewegungstherapie unter ärztlicher Überwachung, psychotherapeutische Maßnahmen, eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme und ein ärztlich überwachtes integriertes Gesamtbehandlungskonzept bislang nicht eingesetzt worden seien. Im Anschluss hat die Klägerin noch einen Befundbericht des Orthopäden Dr. Sm. vom 1. August 2006 (Bl. 71 SG-Akte) vorgelegt, wonach die Beweglichkeit der Sprunggelenke altersentsprechend sei und keine wesentlichen degenerativen Veränderungen bestünden und auch keine Bandinsuffizienz.
Mit Urteil vom 21. August 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die begehrte Magenband-Operation als Sachleistung der gesetzlichen Krankenkassen nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) nicht erfüllt seien. Unter Berücksichtigung insbesondere der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (mit Hinweis auf Urteil vom 19. Februar 2003 - B 1 KR 1/02 R - m.w.N.) bestehe kein Anspruch der Klägerin. Sie habe zwar zahlreiche, zum Teil auch längerfristige Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, wie Ernährungsberatung, Diäten unter ärztlicher Überwachung, Medikamenteneinnahme und Verhaltenstherapie durchgeführt. Diese Maßnahmen hätten aber nicht den Qualitätskriterien entsprochen, welche die deutsche Adipositas-Gesellschaft (Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas - Version 2005 -) fordere. Insbesondere seien die Maßnahmen nicht in ein interdisziplinäres Gesamtkonzept integriert. Das SG sei der Überzeugung, dass gerade das von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft empfohlene interdisziplinäre und mindestens sechs- bis zwölfmonatige Konzept eine erheblich höhere Aussicht auf eine erfolgreiche Gewichtsreduktion verspreche, als nicht miteinander koordinierte Einzelmaßnahmen. Da die Klägerin noch nicht versucht habe, ihr Gewicht im Rahmen des beschriebenen integrativen Gesamtbehandlungskonzeptes zu reduzieren, sei derzeit ein operativer Eingriff nicht notwendig. Einrichtungen, die den von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft geforderten Qualitätsanforderungen genügten, stünden nach den Angaben der Beklagten im wohnortnahen Bereich der Klägerin zur Verfügung. Die Äußerung der Klägerin, ihr fehle für eine entsprechende Behandlung die Kraft, überzeuge das SG nicht. Vielmehr sehe dies eine erhebliche Chance, dass die Klägerin bei entsprechender Motivation ihr Gewicht im Rahmen eines integrierten Gesamtbehandlungskonzepts auch auf Dauer erheblich reduzieren könne. Hierfür spreche auch, dass es der Klägerin in der Vergangenheit - wenn auch nur vorübergehend - gelungen sei, nicht unerheblich abzunehmen. Dass die Gewichtsabnahme nicht von Dauer gewesen sei, dürfte nach Auffassung des SG damit zusammenhängen, dass die Gewichtsreduktionsmaßnahmen nicht in ein Gesamtkonzept eingebettet seien. Solange die Klägerin nicht zumindest versucht habe, im Rahmen eines integrativen Gesamtbehandlungskonzepts ihr Gewicht zu reduzieren, sehe das SG einen operativen Eingriff am Magen nicht als notwendig an.
Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten am 21. September 2006 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil am 6. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt der Bevollmächtigte vor, soweit sich das SG auf die evidenzbasierten Leitlinien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft zur Prävention und Therapie der Adipositas berufe, verkenne das SG dabei jedoch Sinn und Zweck dieser Leitlinien. Die Patienten sollten hierdurch vor übereilten Maßnahmen geschützt werden, was jedoch bei der Klägerin nicht mehr notwendig sei, da sie bereits seit zehn Jahren verschiedene alternative, konservative Behandlungsmethoden, auch kombiniert, durchgeführt habe. So habe sie nicht nur eine Ernährungsberatung, sondern vielmehr auch eine Ernährungsschulung durchgeführt, ferner seien Diätmaßnahmen unter ärztlicher Überwachung, medikamentöse Therapien und Verhaltenstherapien durchgeführt worden. Psychotherapeutische Maßnahmen habe die Klägerin auch nicht durchführen müssen, da zu keinem Zeitpunkt eine Indikation für eine psychische Ursache der Erkrankung gegeben sei. Soweit das SG in seinem Urteil ferner davon ausgehe, nach Angaben der Beklagten stünden auch im wohnortnahen Bereich der Klägerin entsprechende Einrichtungen zur Verfügung werde dies bestritten, das SG habe die Behauptung der Beklagten zu keinem Zeitpunkt überprüft und tatsächlich habe die Beklagte der Klägerin auch bis heute, trotz der Zusage in der mündlichen Verhandlung, keine solche Einrichtung benennen können. Nun sei im Übrigen die der Klägerin im Oktober 2006 angebotene "Ernährungsberatung von Dr. Am." auch nicht ernsthaft eine Einrichtung, die den Qualitätskriterien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft genüge. Diese Ernährungsberatung stelle als Einzelmaßnahme auch keine Maßnahme im Rahmen eines integrierten Behandlungskonzepts dar. Das SG gehe in seiner Entscheidung im Übrigen auch an keiner Stelle darauf ein, warum die Klägerin, nachdem sie bereits zehn Jahre verschiedene Methoden angewandt habe, nun eine sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung durchführen müsse, insbesondere warum das Gericht der Ansicht sei, dass diese Behandlung nun Erfolg bringen solle. Das SG habe insbesondere verkannt, dass die Klägerin nicht nur miteinander koordinierte Einzelmaßnahmen durchgeführt habe, sondern die Maßnahmen wie Gewichtsreduktionstherapie miteinander verbunden gewesen seien. Schließlich habe sich das SG weder mit dem ärztlichen Attest des Allgemeinmediziners G. M. noch mit dem ärztlichen Gutachten von Dr. Ho. und Prof. H. auseinander gesetzt. Auch habe sich die Klägerin in der Zwischenzeit nochmals hinreichend kooperativ gezeigt. Gerade weil in der Vergangenheit überhaupt in entscheidendem Maß nach den Kriterien der Adipositas-Gesellschaft erfolglos vorgegangen worden sei, betrachte sie es als Schikane, wenn sie sich nunmehr einer einfachen Ernährungsberatung, die nicht im Entferntesten den Qualitätskriterien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft genüge, unterziehen solle. Soweit in der Zwischenzeit von der Ernährungsberaterin W. vom 6. Dezember 2006 angeführt werde, die Klägerin sei darauf hingewiesen worden, dass sie einen Psychotherapeuten aufsuchen müsse, dieser Empfehlung sei sie jedoch nicht nachgekommen, sei darauf hinzuweisen, dass bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt eine Indikation für eine Psychotherapie bestanden habe bzw. auch jetzt von keinem Arzt befürwortet werde. Die Klägerin hat in dem Zusammenhang einen Arztbrief des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie (Verhaltenstherapie) Dr. A. vom 12. März 2007 vorgelegt, wonach keine psychopharmakologisch anzugehende Erkrankung vorliege, die von der Krankenkasse geforderte Psychotherapie er leider selbst nicht durchführen könne, da er diesbezüglich keine freien Kapazitäten mehr habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. August 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine operative Magenverkleinerung (Magenband-Implantation) zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das Urteil des SG für zutreffend und führt ergänzend aus, zunächst entspreche die derzeit von der Klägerin nach dem Konzept von Dr. Am. durchgeführte Ernährungsberatung den Qualitätskriterien der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. Die Beklagte habe hiermit auch gemäß ihren Zusagen der Klägerin eine ambulante Ernährungsberatung benannt und vollständige Kostenübernahme zugesagt. Sie stimme mit der Klägerin insoweit überein, dass ein allgemeines Gruppenprogramm im Falle der Klägerin nicht ausreichend sei. Die Klägerin führe aus, dass zu keinem Zeitpunkt eine Indikation für eine Psychotherapie vorgelegen habe und psychotherapeutische Maßnahmen nicht erforderlich seien. Davon ausgehend müsse das Scheitern aller bisherigen konservativen Diättherapien mit mangelnder oder nicht ausreichender Motivation der Klägerin zur Gewichtsreduktion bzw. zur Ernährungsumstellung gesehen werden. Dies zeige sich auch im Verhalten der Klägerin mehr als deutlich, z. B. durch das nicht angemessene Rückmeldeverhalten gegenüber der Beraterin. Auch eine Magenband-Operation müsse postoperativ von einer konservativen Diättherapie begleitet werden, um überhaupt einen nachhaltigen Erfolg zu zeigen (z. B. kleine Portionsgrößen, angepasstes Kau- und Essverhalten, reduzierte Energiedichte bei hoher Nährstoffdichte usw.). Da die Motivation bei der Klägerin bisher gefehlt habe, ihre Ernährung umzustellen, erscheine die notwendige Ernährungsumstellung postoperativ genauso wenig Erfolg versprechend. Zwischenzeitlich habe im Übrigen die Klägerin ausweislich eines Berichtes der Ernährungsberaterin W. vom 22. März 2007 drei Kilogramm abgenommen, zudem habe ihr Arzt ihr ein Medikament zur Steigerung ihres Sättigungsgefühls verordnet und die Klägerin auch berichtet, dass sie mit dem Ernährungsplan mit 1.800 kcal ausreichend satt werde. Erste Erfolge seien somit eindeutig zu erkennen. Aus diesem Grunde sei auch die Ernährungsberatung der Klägerin bei der Beraterin um weitere fünf Monate verlängert worden und würden auch die Kosten des eingereichten Rezepts in Höhe von 22,56 EUR erstattet werden. Im Übrigen sei dem Attest des Psychiaters Dr. A. zu entnehmen, dass die von der Beklagten empfohlene Psychotherapie auch von ihm als notwendig erachtet werde, diese aber "leider" aus Kapazitätsgründen von ihm nicht selber durchgeführt werden könne.
Die Klägerin ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass Dr. A. eine Psychotherapie nicht für notwendig halte, er lediglich davon ausgehe, dass die Beklagte eine solche fordere, was er auch in einem persönlichen Gespräch der Klägerin gegenüber erwähnt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung ist im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert von 500 EUR ist überschritten. Im Streit steht die Gewährung einer Krankenbehandlung mit Kosten in Höhe von ca. 6.800 EUR.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten für eine operative Magenverkleinerung (Magenband-Implantation) zu übernehmen. Die Klägerin hat hierauf keinen Anspruch.
Gemäß § 11 Abs. 1 und § 27 Abs. 1 SGB V haben gesetzlich Versicherte Anspruch auf Behandlung einer Krankheit. Gemäß § 12 Abs. 1 SGB V muss die Behandlung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Der Anspruch umfasst u. a. die notwendige ärztliche Behandlung und die Krankenhausbehandlung. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger Körper- und Geisteszustand, der die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung des Versicherten und zugleich oder allein Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Eine Krankheit wird dann zu einer Leistungsverpflichtung der Kasse, wenn Behandlungsbedürftigkeit oder Arbeitsunfähigkeit vorliegt (vgl. Zipperer in Maaßen-Schermer-Wiegand, Kommentar zum SGB V, Rdnr. 12 zu § 27 m.w.N.). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Krankheit im Augenblick behandlungsbedürftig ist. Die Behandlungsbedürftigkeit ist schon dann anzunehmen, wenn der gegenwärtige Zustand zwar noch keine Schmerzen oder Beschwerden bereitet, durch ärztliche Behandlung im Frühstadium eine wesentliche Besserung oder gar Beseitigung des Leidens und damit eine günstige Wirkung auf die spätere Erwerbsfähigkeit erreicht werden kann. Regelwidrig ist ein Zustand, der von der Norm vom Leitbild des gesunden Menschen abweicht.
Nicht unumstritten ist, ob bereits der Adipositas als solcher Krankheitswert zukommt. Einigkeit besteht in der Medizin aber darüber, dass bei starkem Übergewicht (im allgemeinen ab einem BMI ab 30) eine Behandlung mit dem Ziel der Gewichtsreduktion erforderlich ist, weil andernfalls ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Begleit- und Folgeerkrankungen wie Stoffwechselkrankheiten, Herz- und Kreislauferkrankungen, Atemwegserkrankungen, gastrointestinale Erkrankungen, Krankheiten des Bewegungsapparates und bösartige Neubildungen besteht. Erfordert die Adipositas mithin eine ärztliche Behandlung, so belegt dies nach Auffassung des Senats zugleich die Regelwidrigkeit des bestehenden Zustandes und damit das Vorliegen einer Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG - (vgl. Urteile vom 19.02.2003 - B 1 KR 1/02 R und Parallelentscheidungen), der der Senat folgt, kann die Leistungspflicht für eine chirurgische Therapie dieser Krankheit nicht mit der Erwägung verneint werden, dass für das Übergewicht das krankhafte Essverhalten des Patienten und nicht eine Funktionsstörung des Magens verantwortlich ist. Zwar stellt die operative Verkleinerung bzw. Veränderung des Magens keine kausale Behandlung dar, vielmehr soll damit die Verhaltensstörung des Klägers durch eine zwangsweise Begrenzung der Nahrungsmenge lediglich indirekt beeinflusst werden. Eine solche mittelbare Therapie wird jedoch vom Leistungsanspruch grundsätzlich mitumfasst, wenn sie ansonsten die in § 2 Abs. 1 Satz 3 und § 12 Abs. 1 SGB V aufgestellten Anforderungen erfüllt, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist sowie dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entspricht.
Für chirurgische Eingriffe hat das BSG diesen Grundsatz jedoch eingeschränkt, wenn durch eine Operation in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert wird, wie das bei der Applikation eines Magenbandes geschieht. In diesem Fall bedarf die mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSG a.a.O.; BSGE 85, 56, 60 = SozR 3 - 2500 § 28 Nr. 4 S. 18). Nachdem ein operativer Eingriff stets mit einem erheblichen Risiko (Narkose, Operationsfolgen z. B. Entzündung, Thrombose bzw. Lungenembolie, operationsspezifische Komplikationen wie Pouchdilatation, Portinfektionen und Stomastenose) verbunden ist, darf eine chirurgische Behandlung wie das Gastric-Banding stets nur die ultima ratio sein. Sie kommt nur bei Erfüllung einer Reihe von Bedingungen für eine erfolgreiche Behandlung (BMI über 35 mit erheblichen Begleiterkrankungen bzw. über 40; Erschöpfung konservativer Behandlungsmethoden; tolerables Operationsrisiko; ausreichende Motivation, keine manifeste psychiatrische Erkrankung; Möglichkeit einer lebenslangen medizinischen Nachbetreuung u. a.) in Betracht. Dies bedeutet, dass vor einer Operation zunächst sämtliche konservativen Behandlungsalternativen durchzuführen sind (vgl. zu alledem das Senatsurteil vom 29. August 2005, - L 5 KR 1676/05 -).
Der Senat folgt im Falle der Klägerin der Einschätzung des MDK. Bereits Dr. L. hat in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 11. Januar 2005 überzeugend dargelegt, dass die konservativen Behandlungsmöglichkeiten bei der Klägerin nicht ausgeschöpft wurden. Es fehlt nach wie vor an einem ärztlich koordinierten und geleiteten Gesamttherapiekonzept, das Diätmaßnahmen, eine Schulung des Ess- und Ernährungsverhaltens, Bewegungstherapie, gegebenenfalls pharmakologisch-ärztliche Behandlung und eine kombinierte psychotherapeutische Intervention umfasst und als Langzeitbehandlung auch konsequent umgesetzt werden muss. An dieser Voraussetzung ist festzuhalten, wobei eine strenge Prüfung erforderlich ist (vgl. Ziff. 6.4.7. 3. Abs. der u. a. von der Deutschen Adipositas-Gesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin herausgegebene evidenzbasierte Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas" -Version 2007 - ). Die operative Magenverkleinerung als von der gesetzlichen Krankenversicherung zu übernehmende Therapie extremer Adipositas kommt nur als ultima ratio bei nach strengen Kriterien auszuwählenden Patienten in Betracht und setzt die mindestens sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung nach definierten Qualitätskriterien voraus (so auch Leitlinie Prävention und Therapie der Adipositas - Version 2007 -). Diese Behandlung umfasst ein Basisprogramm mit den Komponenten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie sowie adjuvanter medikamentöser Therapie (Nr.6.4 der genannten Leitlinie). Sie ist ärztlich zu koordinieren, zu leiten und zu dokumentieren. All das ist im Fall der Klägerin nicht in ausreichendem Maße in der Vergangenheit geschehen. Tatsache ist vielmehr, dass die Klägerin zwar in den vergangenen zehn bzw. fünfzehn Jahren immer wieder teilweise durch die Teilnahme an entsprechenden Kursen der Volkshochschule, teilweise durch medikamentöse Behandlung versuchte eine Gewichtsreduktion herbeizuführen, jedoch nur mit zeitweiligem Erfolg. Nach vorübergehenden Gewichtsabnahmen kam es wieder zur Gewichtszunahme. Die Klägerin nimmt zwar in der Zwischenzeit auf Initiative der Beklagten an einer Ernährungsberatung teil, die gleichzeitig aber von der Ernährungsberatung auch für notwendig erachtete begleitende Psychotherapie wird von der Klägerin abgelehnt. Soweit die Klägerin in dem Zusammenhang unter Berufung auf den Arztbrief von Dr. A. vom 12. März 2007 an den behandelnden Hausarzt Dr. M. geltend macht, Dr. A. habe eine entsprechende psychotherapeutische Behandlung nicht für notwendig erachtet, kann der Senat dem nicht folgen. Vielmehr stellt Dr. A. in seinem Arztbrief als Diagnose bei der Klägerin eine Anpassungsstörung bei Adipositas. In seiner Beurteilung hat er ferner ausgeführt, dass keine psycho-pharmakologisch anzugehende Erkrankung vorliege, die Klägerin sich mit ihrer Adipositas allerdings nicht abfinden könne, sie subjektiv darunter leide, sich emotional beeinträchtigt fühle und sich dadurch sozial eher zurückziehe. Weiter führt Dr. A. noch aus, die von der Krankenkasse geforderte Psychotherapie könne er leider selbst nicht durchführen, da er diesbezüglich keine freie Kapazitäten mehr habe. Dr. A. erwähnt hier an keiner Stelle, dass er persönlich diese Psychotherapie überhaupt nicht für notwendig erachtet, was an sich dann hier durchaus zu erwarten wäre. Ferner ist auch darauf hinzuweisen, dass, wie sich im gesamten Schriftwechsel während des Verfahrens im Zusammenhang mit der von der Beklagten angebotenen Maßnahme zeigt, durchaus bei der Klägerin möglicherweise Motivationsprobleme bestehen. So hat sie u. a. an einer Stelle durch ihren Bevollmächtigten auch vortragen lassen, dass sie diese Maßnahme als Schikane betrachte. Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Verhaltenstherapie wird jedoch in der Leitlinie "Prävention und Therapie der Adipositas" unter Nr. 6.4.4 unter anderem darauf hingewiesen, dass verhaltenstherapeutische Ansätze die Patientenmotivation bei der Einhaltung der Ernährungs- und Bewegungsempfehlungen unterstützen: der Einsatz von Techniken der Verhaltensmodifikation wird vor allem für die langfristige Gewichtsreduzierung bzw. -stabilisierung im Rahmen von Gewichtsmanagementprogrammen empfohlen. Gerade auch die gescheiterten Versuche der Klägerin in den vergangenen Jahren und die jetzige Fixierung auf die Magenband-Operation lassen die Notwendigkeit einer begleitenden, die Motivation (wieder) herstellenden Psychotherapie umso deutlicher werden. Soweit die Klägerin im Übrigen noch geltend gemacht hat, bei ihr seien auch schon entsprechende Folgeerkrankungen eingetreten, die hier zu berücksichtigen seien, kann sie damit nicht durchdringen. Hierzu ist zum einen festzuhalten, dass die Klägerin ganz offensichtlich nur ein einziges Mal, und zwar in der Zeit von Januar bis März 2003 in internistischer Behandlung war und dort lediglich ein Hypertonus sowie eine latente Hypothyreose festgestellt wurden. Auch der vom SG eingeholten Auskunft des behandelnden Hausarztes Dr. M. ist hierzu nichts anderes zu entnehmen. Auch die von Dr. M. beschriebenen orthopädischen Leiden (rezidivierende Lumbalgien, Gonalgien) lassen keinen Umfang erkennen, der hier von im Sinne der Leitlinien der Adipositas-Gesellschaft relevanten Folgeerkrankungen ausgehen lässt. In dem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass dem Arztbrief von Dr. Sm. vom 1. August 2006 u. a. zu entnehmen ist, dass die Beweglichkeit der Sprunggelenke altersentsprechend war und auch keine Bandinsuffizienz bestand. Im Hinblick darauf bestand für den Senat auch keine Veranlassung weitere Ermittlungen (ins Blaue hinein) bezüglich möglicher Folgeerkrankungen durchzuführen.
Aus all diesen Gründen sind daher die Voraussetzungen für eine Übernahme der Kosten für die von der Klägerin begehrte Magenband-Operation durch die Beklagte nicht gegeben. Es liegt nach wie vor kein abgeschlossenes ärztlich koordiniertes und geleitetes Gesamttherapiekonzept vor.
Aus diesen Gründen ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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