L 7 AL 5879/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1408/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 5879/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Minderung des Anspruches der Klägerin auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen verspäteter Meldung als arbeitsuchend.

Die 1960 geborene Klägerin war zuletzt überwiegend als kaufmännische Sachbearbeiterin beschäftigt. Bei einer Arbeitslosmeldung am 4. Dezember 2003 wurde der Klägerin das Merkblatt 1 für Arbeitslose der Bundesagentur für Arbeit ausgehändigt. Dieses Merkblatt - Stand April 2003 - enthielt auf S. 16 folgenden Hinweis:

"Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Zugang der Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis, müssten Sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitsuchend melden.

Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung in der Regel zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes führt."

Mit Veränderungsmitteilung vom 2. April 2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, ab 5. April 2004 eine Tätigkeit als kaufmännische Angestellte bei der Firma E. P. , B.W., aufzunehmen. Mit Bescheid vom 6. April 2004 hob die Beklagte daraufhin die Arbeitslosengeldgewährung ab dem 5. April 2004 auf. Dieser Bescheid enthielt unter der Rubrik "Wichtige Hinweise" u.a. folgenden Passus:

"Ab dem 01.07.2003 sind Sie verpflichtet, sich unverzüglich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden, sobald Sie den Zeitpunkt der Beendigung Ihres Versicherungspflichtverhältnisses kennen. Die Meldepflicht entsteht z.B. bei einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unverzüglich nach Zugang der Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder in einem anderen Versicherungspflichtverhältnis, müssen Sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitsuchend melden. Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe Ihres zukünftigen Leistungsanspruches führen kann."

Am 4. April 2004 hatte die Klägerin mit der Firma E. P. einen unbefristeten Arbeitsvertrag als Büroangestellte (Fakturierung, Rechnungsausdruck, Touren- und Auftragsbearbeitung, allgemeine Sekretariatsaufgaben) mit Beginn am 5. April 2004 geschlossen. Die ersten sechs Monate des Vertragsverhältnisses wurden als Probezeit vereinbart, in der eine Kündigung mit Zweiwochenfrist möglich sei. Danach galt eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende. Vereinbart wurde eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden sowie ein monatliches Bruttogehalt von EUR 1.800,00, nach Ablauf der Probezeit von EUR 1.900,00. Nachdem der Arbeitgeber der Klägerin unter gleichzeitigem Angebot eines befristeten Arbeitsvertrages mit Schreiben vom 28. September 2004 innerhalb der Probezeit gekündigt hatte, schloss die Klägerin am selben Tag den angebotenen Vertrag über dieselbe Tätigkeit mit Beginn am 13. Oktober 2004. Die regelmäßige Arbeitszeit betrug nun nur noch 34 Stunden wöchentlich, das monatliche Bruttogehalt EUR 1.615.00. Nach Ziff. 1.3 des Arbeitsvertrages war das Arbeitsverhältnis bis zum 30. April 2005 befristet. Eine Regelung über eine automatische Verlängerung enthielt der Vertragstext nicht.

Mit Schreiben vom 1. April 2005 teilte der Arbeitgeber der Klägerin unter dem Betreff "Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses" mit, dass aufgrund der konjunkturellen Lage das befristete Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werden könne und es somit vertragsgemäß zum 30. April 2005 ende. Im nachfolgenden Arbeitsgerichtsverfahren schlossen die Arbeitsvertragsparteien am 6. Mai 2005 einen Vergleich, wonach sie sich darüber einig seien, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung des 30. April 2005 geendet habe.

Bereits am 4. April 2005 hatte sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld beantragt. Mit Bescheid vom 2. Mai 2005 bewilligte die Beklagte ab 1. Mai 2005 Alg nach einem Bemessungsentgelt von täglich EUR 72,09 (Leistungsbetrag täglich EUR 15,46). Mit einem Schreiben vom 28. April 2004 "Erläuterungen zum Bewilligungsbescheid - Minderung gemäß § 140 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III)", auf das im Bewilligungsbescheid Bezug genommen wurde, teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie habe sich spätestens am 1. Februar 2005 arbeitsuchend melden müssen, die Meldung sei jedoch erst am 4. April 2005 und somit um 62 Tage zu spät erfolgt. Nach § 140 SGB III mindere sich der Anspruch auf Leistungen um EUR 35,00 für jeden Tag der verspäteten Meldung (längstens jedoch für 30 Tage). Daraus errechne sich ein Minderungsbetrag in Höhe von EUR 1.050,00. Der Minderungsbetrag werde auf die halbe Leistung angerechnet, woraus sich ein Abzug von der täglichen Leistung in Höhe von EUR 15,46 ergebe. Die Anrechnung beginne am 1. Mai 2005 und ende voraussichtlich mit der Zahlung des Arbeitslosengeldes für 68 Leistungstage.

Der dagegen am 13. Mai 2005 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2005 als unbegründet zurückgewiesen. Bei Arbeitsverhältnissen, die länger als drei Monate befristet seien, bestehe die Meldepflicht spätestens drei Monate vor dem Ende der Befristung. Für die Obliegenheitsverletzung sei es unerheblich, ob dem Verpflichteten die Pflicht zur Meldung bekannt gewesen sei.

Zum 1. Juli 2005 nahm die Klägerin eine neue Beschäftigung auf.

Zur Begründung der am 10. Juni 2005 beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhobenen Klage wurde insbesondere vorgetragen, unter dem Begriff des befristeten Arbeitsverhältnisses in § 37b Satz 2 SGB III sei lediglich ein arbeitsrechtlich zulässig befristeter Arbeitsvertrag zu verstehen. Im Falle der Klägerin handele es sich jedoch um eine nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) unzulässige kalendermäßige Befristung nach vorangegangenem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Im Übrigen habe die Klägerin jedenfalls nicht schuldhaft gegen die Obliegenheit zur Meldung verstoßen, weil der Gesetzeswortlaut Auslegungsprobleme biete und sogar zu divergierenden Entscheidungen der Sozialgerichte geführt habe. Außerdem habe die Klägerin auf die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses vertraut. Die Klage wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem SG auf die Minderung beschränkt; die Höhe des Arbeitslosengeldes im Übrigen wurde unstreitig gestellt.

Mit Urteil vom 23.10.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein befristetes Arbeitsverhältnis im Sinne des § 37b Satz 2 SGB III liege bereits dann vor, wenn eine Befristung verabredet wurde und diese Vertragsbestimmung jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig sei. Es sei mit der Durchsetzung des mit § 37b SGB III verfolgten Zweckes, die Eingliederung von Arbeitssuchenden zu beschleunigen und damit Arbeitslosigkeit und Entgeltersatzleistungen möglichst zu vermeiden oder zu verkürzen, schwerlich vereinbar, das Bestehen der Meldepflicht von komplizierten arbeitsrechtlichen Prüfungen abhängig zu machen. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der Befristung liege im Hinblick auf eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichtes (LAG) Köln vom 24. August 2007 (11 Sa 250/07) nicht vor, da dieses Gericht im dort entschiedenen Fall eine nachträgliche Befristungsabrede für zulässig erachtet habe. Gegen die danach bestehende Meldeobliegenheit habe die Klägerin auch schuldhaft verstoßen, da sie die zutreffenden Hinweise der Beklagten im ausgehändigten Merkblatt nicht beachtet habe.

Gegen dieses ihrem Bevollmächtigten am 20. November 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Dezember 2007 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, das erstinstanzliche Urteil dehne die Anwendung des § 37b Satz 2 SGB III über den Wortlaut der Bestimmung hinaus aus, wenn es auch Arbeitsverhältnisse in den Tatbestand einbeziehe, die arbeitsrechtlich nicht wirksam befristet seien. Das SG habe auch das Regel-/Ausnahmeverhältnis innerhalb der Regelung des § 37b SGB III verkannt. Grundsätzlich habe sich ein Arbeitnehmer dann arbeitsuchend zu melden, wenn der Arbeitgeber ihm mitteile, dass seiner Auffassung nach das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt ende; der Arbeitnehmer wisse dann, dass er in einem solchen Fall aktiv werden müsse. Hiervon werde in § 37b Satz 2 SGB III eine Ausnahme für befristete Arbeitsverhältnisse gemacht. Der Arbeitnehmer müsse sich hier drei Monate vor Ablauf der Befristung arbeitsuchend melden, auch wenn der Arbeitgeber den Eindruck erwecke, das Arbeitsverhältnis werde über den Befristungszeitraum hinaus fortgeführt. Dieser Ausnahmetatbestand müsse restriktiv ausgelegt werden. Üblicherweise genüge es daher, wenn der Arbeitnehmer sich arbeitsuchend melde, wenn der Arbeitgeber erkläre, das Arbeitsverhältnis nicht mehr fortzuführen. Vorliegend bestehe jedoch die typische Konstellation, in der ein Arbeitgeber das Gesetz nicht gekannt und daher eine unzulässige zeitliche Befristung in den Arbeitsvertrag geschrieben habe; über diese Rechtslage seien die Parteien, und zwar auch die Klägerin, erst informiert worden, als sie rechtskundigen Rat eingeholt hätten. In einem solchen Falle könne die Pflicht zur Meldung erst dann entstehen, wenn der Arbeitgeber mitteile, das Arbeitsverhältnis werde enden. Nach Erhalt einer entsprechenden Mitteilung habe sich die Klägerin umgehend arbeitslos gemeldet. Auch das vom SG angenommene Verschulden der Klägerin sei unter diesen Gesichtspunkten zu verneinen. Ein Laie könne die fragliche Bestimmung des § 37b SGB III nicht richtig verstehen, wenn schon verschiedene Sozialgerichte zu völlig unterschiedlichen Auslegungen gekommen seien. Erst recht könne ein rechtlicher Laie nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass er sich auch dann arbeitsuchend melden müsse, wenn kein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis vorliege, jedoch die juristische Möglichkeit bestehe, dass die geregelte Verpflichtung trotz entgegenstehendem Gesetzeswortlaut wirksam sein könnte. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht bewusst daran erinnern, ein Merkblatt gelesen zu haben, in dem auf die Meldepflicht hingewiesen worden sei. Darüber hinaus müsse beachtet werden, dass sich der Tatbestand zu einem Zeitpunkt abgespielt habe, in dem die öffentliche Diskussion über die Meldepflicht gerade erst begonnen habe; die erst kurz zuvor eingeführten Rechtsänderungen seien noch nicht in das allgemeine Bewusstsein gedrungen.

Die Klägerin beantragt:

auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 23. Oktober 2007 aufgehoben und die Bescheide vom 28. April und 2. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2005 hinsichtlich der Minderung nach § 140 SGB III aufgehoben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Leistungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 500,00 übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Gemäß § 95 SGG ist Gegenstand des Verfahrens neben dem Bewilligungsbescheid vom 2. Mai 2005 und dem Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2005 auch das Erläuterungsschreiben vom 28. April 2005, da der Bewilligungsbescheid mit diesem Schreiben zusammen eine rechtliche Einheit über die (verringerte) Bewilligung von Arbeitslosengeld enthält (BSG, Urteil vom 18. August 2005 - B 7a/7 AL 80/40 R - (juris)). Streitig ist im vorliegenden Verfahren lediglich die Minderung, da die Klage ausdrücklich hierauf beschränkt war (vgl. BSG a.a.O.).

Anspruch auf Alg haben nach § 117 SGB III (in der hier anzuwendenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003, BGBl. I 2828 - SGB III a.F.) Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos sind, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (§ 122 Abs. 1 SGB III) und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt haben (§§ 123 Satz 1, 124 Abs. 1 SGB III a.F.). Diese Voraussetzungen waren im Fall der Klägerin in der streitbefangenen Zeit gegeben. Sie hatte mithin ab dem 1. Mai 2005 Anspruch auf Alg. Die Beklagte hat jedoch zu Recht diesen Anspruch um den hier streitigen Gesamtminderungsbetrag von EUR 1.050,00 in der Form der Anrechnung auf das halbe Alg pro Tag gekürzt. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf ungemindertes Alg. Die Voraussetzungen für eine Minderung nach § 140 SGB III a.F. lagen vor.

Hat sich der Arbeitslose entgegen § 37b SGB III a.F. nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet, so mindert sich nach § 140 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. das Alg, das dem Arbeitslosen aufgrund des Anspruches zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist. Die Minderung beträgt nach Satz 2 bei einem Bemessungsentgelt bis EUR 100,00 EUR 35,00 für jeden Tag der verspäteten Meldung. Die Minderung ist auf den Betrag begrenzt, der sich bei einer Verspätung von 30 Tagen errechnet (Satz 3). Die Minderung erfolgt, indem der Minderungsbetrag, der sich nach den Sätzen 2 und 3 ergibt, auf das halbe Alg angerechnet wird. Nach § 37b SGB III a.F. sind Personen, deren Versicherungspflichtverhältnis endet, verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Die Pflicht zur Meldung besteht unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird.

Nach Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, ist § 37b Satz 2 SGB III a.F. nicht so widersprüchlich und unbestimmt, dass er den rechtsstaatlichen Erfordernissen an eine Sanktionsandrohung nicht mehr genügen kann. Satz 2 der Vorschrift ist vielmehr als unselbstständige Begrenzung des § 37b Satz 1 SGB III a. F. anzusehen. Dies bedeutet, dass eigentlich auch der befristet Beschäftigte unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes zur Meldung angehalten ist, er sich jedoch erst drei Monate vor Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses melden muss, auch wenn ihm der Beendigungszeitpunkt bereits früher bekannt ist. Nach Sinn und Zweck der Regelung ist die Norm bei befristeten Arbeitsverhältnissen mit einer Dauer von mehr als drei Monaten so auszulegen, dass "spätestens" drei Monate vor Beendigung des befristeten Arbeitsverhältnisses eine Meldung zu erfolgen hat (BSG SozR 4-4300 § 37b Nr. 2). Vorliegend war das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch den Vertragsschluss vom 28. September 2004 rein tatsächlich ab dem 13. Oktober 2004 auf den 30. April 2005 befristet.

Für das Tatbestandsmerkmal des befristeten Arbeitsverhältnisses in § 37b SGB III a.F. kommt es entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf die rechtliche Wirksamkeit der vereinbarten Befristung an. Der Wortlaut der Regelung ("befristetes Arbeitsverhältnis") erlaubt die Anknüpfung an die Tatsache der Befristung, dass also der Arbeitsvertrag tatsächlich so abgeschlossen wurde, oder an deren rechtliche Wirksamkeit. Die rechtliche Zulässigkeit ist im Fall der Klägerin offen. Nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist eine Befristung nach S. 1 (kalendermäßige Befristung) nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat, wie dies bei der Klägerin der Fall war. Andererseits hat, worauf bereits das SG zurecht hingewiesen hat, das LAG Köln (Urteil vom 24. August 2007 - 11 Sa 250/07 - (juris)) eine nachträgliche kalendermäßige Befristung eines zunächst unbefristeten Arbeitsverhältnisses auch unter Geltung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG für möglich gehalten, sofern ein sachlicher Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG bestehe; die dortige Aufzählung der sachlichen Gründe sei darüber hinaus nicht abschließend. Die arbeitsrechtliche Zulässigkeit der getroffenen Befristungsabrede ist vom LSG jedoch nicht abschließend zu klären. Denn die Auslegung des § 37b S. 2 SGB III a.F. ergibt, dass die rechtliche Wirksamkeit der Befristung nicht Voraussetzung für die Meldepflicht nach § 37b S. 2 SGB III a.F. ist. Dabei ist auf den Zweck der Regelung über die frühzeitige Meldung als arbeitsuchend abzustellen. Zur Begründung des § 37b SGB III a.F. wird in der Begründung der Regierungsfraktionen (BT-Drucks. 15/25 S. 27) ausgeführt, die Regelung habe zum Ziel, die Eingliederung von Arbeitsuchenden zu beschleunigen und damit Arbeitslosigkeit und Entgeltersatzleistungen möglichst zu vermeiden oder zu verkürzen. Die Agentur für Arbeit könne bei frühzeitiger Meldung sofort mit den Maßnahmen nach § 35 SGB III (Vermittlung) beginnen. Zweck der Regelung ist somit, durch frühzeitige Einschaltung der Agentur für Arbeit schnell Vermittlungsmaßnahmen zu treffen oder die Voraussetzungen hierfür zu schaffen, um eine zügige Wiedereingliederung zu ermöglichen. Diesem Ziel entspricht es, auf die Tatsache der Befristung abzustellen, nicht auf deren rechtliche Zulässigkeit. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, muss den Vertragsparteien im Einzelfall die Unzulässigkeit der vorgenommenen Befristung gar nicht bewusst sein, so dass die Befristung tatsächlich zur Beschäftigungslosigkeit führt. Die rechtliche Unzulässigkeit wird in solchen Fällen dann für die Vermittlungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit und einen Leistungsbezug nicht relevant. Zu beachten ist auch die Regelung des § 37b S. 3 SGB III a.F ... Danach besteht die Obliegenheit zur Meldung unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird. Diese Regelung erfasst nach Wortlaut und Systematik nicht nur den typischen Fall einer Kündigung (§ 37b S. 1 SGB III a.F.), sondern auch die Fälle des Satz 2. Wie gerade der vorliegende Fall zeigt, kann auch bei einem - kalendermäßig - befristeten Arbeitsverhältnis dessen Fortbestand streitig sein. Rechtliche Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Beendigungstatbestandes - auch wenn sie letztlich arbeitsgerichtlich bestätigt werden - ändern nichts daran, dass eine sichere Kenntnis von dem ausgesprochenen, aber angefochtenen Beendigungszeitpunkt vorliegt (Spellbrink in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2003, § 37b Rdnr. 43). Da § 37b S. 2 SGB III a.F. nur eine unselbständige Begrenzung des S. 1 darstellt, gilt diese Überlegung in gleichem Maße für die befristeten Arbeitsverhältnisse. Denn auch S. 2 geht von der - bei kalendermäßig befristeten Arbeitsverhältnissen grundsätzlich vorliegenden - Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt aus. Wenn also die rechtliche Zu- oder Unzulässigkeit einer Kündigung im Einzelfall keine Auswirkung auf die Meldepflicht nach § 37b S. 1 SGB III a.F. hat, muss dies auch für die Pflicht nach S. 2 gelten. Dem steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung entgegen, da die Regelung des § 14 TzBfG anderen Zwecken dient als § 37b SGB III. Die Meldepflicht der Klägerin bestand daher spätestens am 1. Februar 2005. Die erst am 4. April 2005 erfolgte ist daher um 62 Kalendertage verspätet.

Eine Verletzung der Obliegenheit des § 37b SGB III a.F. verlangt nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-4300 § 37b Nr. 2; BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 56/06 R - (juris)), der sich der Senat anschließt (vgl. schon Senatsurteile vom 12. Mai 2005 - L 7 AL 753/05 - und 19. April 2007 - L 7 AL 2996/06), auf Seiten des Versicherten ein Verschulden. Ein solches ist anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer unter Anwendung eines subjektiven Maßstabs zumindest fahrlässig in Unkenntnis seiner Verpflichtung zur Meldung als arbeitsuchend war. Eine solche Kenntnis oder zumindest fahrlässige Unkenntnis der Obliegenheit ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer zutreffend hierüber belehrt worden ist. Die Belehrung kann durch die Bundesagentur für Arbeit oder auch durch den Arbeitgeber auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB III erfolgen. Eine zutreffende Belehrung beseitigt die unverschuldete Unkenntnis (BSGE 95, 8).

Zutreffend ist das SG im angefochtenen Urteil davon ausgegangen, dass die Beklagte die Klägerin durch ihr Merkblatt zutreffend über deren Obliegenheit belehrt hatte. Der Klägerin wurde anlässlich ihrer Arbeitslosmeldung am 4. Dezember 2003 das Merkblatt für Arbeitslose Nr. 1 ausgehändigt; die Klägerin hat dies mit ihrer Unterschrift im Antrag vom 26. Januar 2004 bestätigt. Das zu diesem Zeitpunkt aktuelle Merkblatt (Stand April 2003) enthielt zur Verpflichtung nach § 37b SGB III den im Tatbestand zitierten Wortlaut. Hierbei handelt es sich um eine inhaltlich richtige und ausreichende Information der Klägerin. Der Wortlaut lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass eine Meldung weniger als drei Monate vor Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend ist. Auch die drohende Rechtsfolge - die Minderung des Anspruchs - wird unmissverständlich dargestellt. Dass diese lediglich "in der Regel" eintrete, macht nur deutlich, dass die Minderung nicht nur vom Vorliegen des objektiven Verstoßes gegen die Obliegenheit abhängt, sondern berücksichtigt die Abhängigkeit vom subjektiven Verschulden des Arbeitnehmers (ebenso BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 56/06 R - (juris)). Gleiches gilt für den Inhalt des Hinweises im Aufhebungsbescheid vom 6. April 2004. Nach dem in der Verwaltungsakte befindlichen Zahlungsnachweis und dem von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vorgelegten CoLei-Ausdruck wurde dieser Aufhebungsbescheid mit dem Vordruckformular "BA II DV 028" erstellt. Nach dem ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vorgelegten Vordruckmuster enthielt der Bescheid demnach den im Tatbestand dargestellten Hinweis. Die Klägerin hat auch weder Erhalt noch Inhalt des Aufhebungsbescheides bestritten. Der Wortlaut zum Meldezeitpunkt entspricht dem im Merkblatt. Dass bei Verstoß eine Minderung der Höhe des Leistungsanspruches eintreten "könne", entspricht dem "in der Regel" des Merkblattes, berücksichtigt also nur die Relevanz eines subjektiven Verschuldens, indiziert aber kein - tatsächlich nicht eingeräumtes - Ermessen der Beklagten (ebenso BSG, Urteil vom 28. August 2007 - B 7/7a AL 56/06 R - (juris)). Gerade weil diese Hinweis nicht lediglich den unklaren Gesetzeswortlaut wiedergeben, sondern die - zutreffende - Auslegung der Beklagten einfach und verständlich darstellen, wurde die Klägerin in die Lage versetzt, ihre Meldeobliegenheit zu erfassen und ihr nachzukommen. Auf die unterschiedliche Auslegung, die diese Norm insbesondere durch verschiedene sozialgerichtliche Entscheidungen oder Literaturmeinungen erhalten hat, kommt es daher für die Frage eines zumindest fahrlässigen Obliegenheitsverstoßes nicht an. Lässt die Klägerin deutliche und verständliche Hinweise der Bundesagentur für Arbeit außer Acht, trägt sie das Risiko, dass diese sich als zutreffend herausstellen. Sie verletzt hierdurch die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Im Hinblick auf ihre bisherigen beruflichen Tätigkeiten vorwiegend als kaufmännische Sachbearbeiterin und zuletzt als Büroangestellte sowie nach dem persönlichen Eindruck, den der Senat in der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte, bieten sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht in der Lage gewesen wäre, die einfach formulierten Hinweise zu verstehen.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Regelung über die frühzeitige Meldung als arbeitsuchend zum damaligen Zeitpunkt noch neu und im allgemeinen Bewusstsein noch nicht verankert gewesen sei. Zum einen galt die Vorschrift des § 37b SGB III a.F. zum Zeitpunkt der notwendigen Meldung am 1. Februar 2005 bereits eineinhalb Jahre. Zum anderen hatte die Beklagte die Klägerin in der geschilderten Weise zutreffend und verständlich belehrt. Damit war für die Klägerin ohne Weiteres erkennbar, dass hinsichtlich des zeitlichen Erfordernisses der Meldung für zukünftige Fälle drohender Arbeitslosigkeit eine Änderung im Vergleich zu den früheren Erfahrungen der Klägerin eingetreten ist. Der Klägerin war auch zumutbar, diese Hinweise zur Kenntnis zu nehmen. Die Hinweise im Aufhebungsbescheid erfolgten unter der Überschrift "wichtige Hinweise", so dass sie sich der Klägerin aufdrängen mussten, auch wenn es sich um einen Bescheid handelte, der das konkrete Leistungsverhältnis beendete. In Aufhebungsbescheiden enthaltene Hinweise sind nicht ohne Relevanz (BSG SozR 4/4300 Nr. 2; BSG, Urteil vom 28. August 2007 - (juris)). Es stellt eine Sorgfaltspflichtverletzung dar, vom Inhalt ergangener Bescheide keine Kenntnis zu nehmen. Gleiches gilt für ausgehändigte Merkblätter. Die Klägerin konnte schließlich auch nicht davon ausgehen, dass ihre Abmeldung in Arbeit am 2. April 2004 eine spätere Meldung entbehrlich mache. Denn in der Veränderungsmitteilung hatte die Klägerin nur das zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene unbefristete Arbeitsverhältnis angeben können; der spätere Abschluss eines befristeten wurde von ihr nicht mitgeteilt.

Das Verschulden der Klägerin wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die beschriebenen Belehrungen der Beklagten keinen Hinweis darauf enthielten, dass die Meldepflicht auch dann besteht, wenn der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichtlich geltend gemacht wird (§ 37b S. 3 SGB III a.F.). Denn zum gesetzlichen Meldezeitpunkt am 1. Februar 2005 war ein arbeitsgerichtliches Verfahren über den Fortbestand des befristeten Arbeitsverhältnisses noch nicht anhängig. Überhaupt konnte der Streit über den Fortbestand erst mit Schreiben vom 1. April 2005 offenbar werden, indem der Arbeitgeber deutlich machte, dass das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werde. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin nach eigenen Angaben - vorwerfbar (dazu unten) - davon ausgegangen, dass sie über die Befristung hinaus beschäftigt werde. Die Klägerin wurde daher nicht von der insoweit fehlenden Belehrung durch die Beklagte von der rechtzeitigen Meldung abgehalten, weil sie eine solche für die Dauer des Streites über das Fortbestehen für entbehrlich gehalten hätte. Vielmehr hat sich die Klägerin tatsächlich unmittelbar nach Erhalt des Schreibens vom 1. April 2005 arbeitslos gemeldet, mithin gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem der Dissens über den Fortbestand offenbar wurde. Dass die Beklagte die Klägerin nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass die Meldeobliegenheit auch bei Streit über den Fortbestand besteht, macht die Belehrungen der Beklagten nicht unrichtig. Vielmehr wurde gerade über eine uneingeschränkt bestehende Meldepflicht belehrt. Nach dieser absoluten Formulierung konnte kein Zweifel aufkommen, ob die Meldepflicht unter bestimmten Umständen entfallen könnte.

Wie oben ausgeführt, knüpft die Meldepflicht auch bei befristeten Arbeitsverhältnisses nach S. 2 an die Kenntnis vom Beendigungszeitpunkt an, wobei es aufgrund der Regelung des § 37b S. 3 SGB III a.F. irrelevant ist, ob dieser Zeitpunkt zwischen den Arbeitsvertragsparteien streitig ist. Subjektiv könnte es zwar am Verschulden des Arbeitnehmers fehlen, wenn er auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses vertrauen durfte und daher die Meldung unterlässt (vgl. aber BSG 18. August 2005 - B 7a/7 AL 80/04 R - (juris)). Die Klägerin ausgeführt, dass sie in dieser Weise vom Fortbestand ausgegangen sei; bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte sie aber nicht hierauf vertrauen dürfen. Ihr war der Vertragsinhalt bekannt, wonach das Arbeitsverhältnis kalendermäßig befristet war und somit zum 30. April 2005 endete. Die Klägerin kann nicht erfolgreich einwenden, der Arbeitgeber habe den Wunsch nach einer Befristung mit der konjunkturellen Lage begründet. Im Vertragstext hat dies keinen Niederschlag gefunden, insbesondere enthält der Vertrag keine Regelung über eine stillschweigende Fortsetzung nach Ablauf der Befristung. Die Klägerin hat weiter vorgetragen, der Arbeitgeber damals habe Bedenken geäußert, über den 30. April 2005 hinaus ausreichend Arbeit für sie zu haben; nachdem ihr während des Arbeitsverhältnisses Aufgaben einer nur noch in Teilzeit zurückgekehrten Kollegin übertragen worden seien, sei sie davon ausgegangen, dass der angegebene Grund für die Befristung nicht länger bestehe. Eine ausdrückliche Äußerung, dass das Beschäftigungsverhältnis über die Befristung hinaus fortgesetzt werde, ist jedoch seitens des Arbeitgebers zu keinem Zeitpunkt erfolgt, was auch die Klägerin nicht behauptet hat. Ohne eigene Nachfrage beim Arbeitgeber konnte die Klägerin daher nicht von einer Verlängerung ausgehen. Sie konnte daher auch nicht ohne Sorgfaltsverstoß von einer Meldung bei der Beklagten absehen.

Der Zeitraum der verspäteten Meldung beträgt mehr als 30 Tage, so dass der Anspruch sich um den in § 140 Abs. 1 S. 3 SGB III a.F. genannten Höchstbetrag von 30 Tagen mindert. Hieran ändert sich auch nichts bei Berücksichtigung der Tage fehlender Dienstbereitschaft der Agentur für Arbeit insbesondere an den Wochenenden; der Senat verweist insoweit nach eigener Prüfung auf die zutreffenden Ausführungen des SG (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Höhe der Minderung beträgt bei einem Bemessungsentgelt von EUR 72,09 täglich EUR 35.- (§ 140 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB III a.F.), mithin EUR 1.050.-.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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