L 10 R 333/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 8598/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 333/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.12.2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten für eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme.

Die am 1949 in Griechenland geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt. Nach ihrer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland arbeitete sie von 1969 bis Dezember 2003 bei der Firma D. C. als Lagerarbeiterin und Kommissioniererin. Seit 01.01.2004 ist die Klägerin arbeitslos. Sie leidet u.a. an einem Fibromyalgiesyndrom.

Am 19.12.2003 vereinbarte die Klägerin mit der Rheumaklinik Bad S. als Privatpatientin eine stationäre Rehabilitation, beginnend am 15.06.2004, die sie vom 15.06. bis 05.07.2004 zu einem Gesamtpreis von 2.877,00 EUR durchführte (streitige Maßnahme). Die Klägerin hatte zuvor bereits zahlreiche stationäre Rehabilitationsmaßnahmen - teilweise auf eigene Kosten - durchgeführt, auf Kosten der Beklagten zuletzt vom 16.08.2000 bis 11.10.2000 in der Klinik R. am C. und vom 10.09.2002 bis 08.10.2002 in der Rheumaklinik Bad S., wobei sie jeweils als arbeitsfähig entlassen worden war.

Am 09.01.2004 beantragte die Klägerin bei der AOK B. (AOK) erfolglos (Bescheid vom 30.01.2004, Widerspruchsbescheid vom 25.06.2004), hinsichtlich der streitigen Maßnahme die "Kosten ... zu übernehmen". Die hiergegen zum Sozialgericht Stuttgart erhobene Klage (S 12 KR 4570/04) ist noch anhängig.

Mit Schreiben vom 19.03.2004 beantragte die Klägerin unter Vorlage der mit der Rheumaklinik Bad S. geschlossenen Aufnahmevereinbarung auch bei der Beklagten, die Kosten für die streitige Maßnahme "zu übernehmen". Mit Bescheid vom 05.04.2004 und Widerspruchsbescheid vom 16.12.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit sei weder gefährdet noch gemindert. Notwendig sei eine psychotherapeutische Behandlung. Dem lag ein von der Beklagten beigezogenes Gutachten von Dr. St., medizinischer Dienst der Krankenversicherung B.-W. in B. (MDK) vom 03.11.2003 (anhaltende somatoforme Schmerzstörung bei Fibromyalgie seit 1997 mit Chronifizierung; die bislang nur intervallmäßige Behandlung reiche nicht aus, vielmehr müsse unverzüglich eine Psychotherapie oder Verhaltenstherapie eingeleitet werden) und das Gutachten der Nervenärztin Dr. S. zu Grunde. Diese diagnostizierte im Oktober 2004 eine somatoforme Schmerzstörung bei auswärts festgestelltem Fibromyalgiesyndrom und wirbelsäulenbezogene Beschwerden. Allein aus nervenärztlicher Sicht seien leichte und mittelschwere Tätigkeiten vollschichtig zumutbar. Von einer stationären Rehabilitation sei keine Besserung des Leistungsvermögens zu erwarten, die ambulanten Behandlungen seien nicht erschöpft.

Dagegen hat die Klägerin am 29.12.2004 Klage beim Sozialgericht Stuttgart erhoben und vorgebracht, sie befinde sich seit August 2004 durchgängig in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung. Soweit die 4-Jahres-Frist seit der vorangegangenen Maßnahme noch nicht abgelaufen gewesen sei, rechtfertige sich der vorzeitige Antritt der Maßnahme auf Grund der dringenden Erforderlichkeit aus gesundheitlichen Gründen. Erst durch die Behandlung in der Rheumaklinik Bad S. seien ihre Schmerzen für einige Monate gelindert worden. Sie hat medizinische Unterlagen aus dem parallel geführten Rechtsstreit gegen die AOK, u. a. in diesem Verfahren eingeholte sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte vorgelegt: Der Internist Dr. Str., Rheumaklinik Bad S. hat ein chronisches Schmerzsyndrom angegeben, regelmäßige intensive therapeutische Anwendungen seien notwendig. Der behandelnde Schmerztherapeut Dr. Z. (Behandlungszeitraum 28.01.2004 bis 23.04.2004) hat angegeben, bei der Klägerin liege ein Fibromyalgiesyndrom, eine Angststörung und ein chronisches Schmerzsyndrom vor. Er habe die Durchführung einer psychotherapeutischen Begleitbehandlung empfohlen. Die Psychiaterin Prof Dr. B. hat ausgeführt, es bestehe eine mittelgradig schwere Depression mit Chronifizierungstendenzen. Sie habe der Klägerin im Dezember 2002 eine konsequente ambulante psychiatrische Behandlung und eine ambulante Verhaltenstherapie angeraten. Die streitige Maßnahme sei dringend erforderlich gewesen, weil ein großer Leidensdruck bei ausreichend günstiger Behandlungsprognose vorgelegen habe. Die Internistin Dr. K. hat ein generalisiertes Schmerzsyndrom unter dem teilweisen Bild einer Fibromyalgie, eine Depression und degenerative LWS-Veränderungen angegeben. Die Klägerin habe glaubhaft versichert, dass die Schmerzen sich für lange Zeit nach einer intensiven stationären Rehabilitationsaßnahme in einer auf Fibromyalgie spezialisierten Fachklinik besserten. Insofern sei die streitige Maßnahme dringend erforderlich gewesen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. R. hat mitgeteilt, die streitige Maßnahme sei zum damaligen Zeitpunkt aus hausärztlicher Sicht dringend erforderlich gewesen.

Mit Urteil vom 13.12.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rheumaklinik Bad S. im Jahr 2004 gem. § 15 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Eine Aussicht auf Besserung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin sei zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nicht gegeben gewesen sei. Es werde im Gegenteil gerade deutlich, dass die bisherigen Maßnahmen der Klägerin lediglich eine vorübergehende Leidensminderung erzielt hätten.

Gegen das am 04.01.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.01.2006 Berufung eingelegt und ergänzend vorgebracht, das Sozialgericht hätte zur Beurteilung der Notwendigkeit der stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Rheumaklinik Bad S. ein medizinisches Gutachten einholen müssen. Sie sei gerade auf Grund der von ihr vor dem Jahr 2003 durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen überhaupt in der Lage gewesen, ihre Tätigkeit bei der Firma D. C. bis zum Ende des Jahres 2003 auszuüben. Im Übrigen habe sie bereits von November 1998 bis April 1999 20 psychotherapeutische Gespräche geführt.

Die Klägerin beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13.12.2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.04.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation in der Rheumaklinik Bad S. aus dem Jahr 2004 in Höhe von 2877,00 EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verbleibt bei ihrer Ansicht, dass keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme im Jahr 2004 bestanden habe. Im Übrigen fordere § 15 Abs. 1 SGB IX, dass der Antragsteller dem Leistungsträger zunächst eine Frist setze, bevor er sich die Leistung selbst beschaffe. Dies sei jedoch bei der Klägerin nicht geschehen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die vom Senat beigezogenen Akten des Verfahrens gegen die AOK und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der durch die Rehabilitationsmaßnahme in der Rheumaklinik Bad S. vom 15.06.2004 bis 05.07.2004 entstandenen Kosten.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 05.04.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2004. Allerdings wird dort die Frage der Kostenerstattung als solche nicht ausdrücklich thematisiert, im Bescheid vom 05.04.2004 zutreffend schon deshalb nicht, weil die streitige Maßnahme zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht durchgeführt war, die Beklagte daher - bei sachgerechter Auslegung des Antrages der Klägerin - über die Gewährung der streitigen Maßnahme als Sachleistung zu befinden hatte. Der Widerspruchsbescheid vom 16.12.2004 erschöpft sich - jedenfalls vordergründig - in der Zurückweisung des Widerspruches gegen den Bescheid vom 05.04.2004. Andererseits sollte mit diesen Bescheiden der Antrag der Klägerin vom März 2004 beschieden werden. Dieser aber war von vornherein auf eine Kostenerstattung gerichtet. Der Senat geht deshalb - unter Zurückstellung von Bedenken und zugunsten der Klägerin - davon aus, dass die streitigen Bescheide (auch) die Erstattung der Kosten der streitigen Maßnahme ablehnen.

Der Senat muss nicht entscheiden, ob dieser Anspruch bereits daran scheitert, dass die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die oben genannte Maßnahme bereits im Januar 2004 gegenüber der AOK geltend machte. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX stellt der (zuerst angegangene) Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf fest, wenn er den Antrag nicht mangels Zuständigkeit weiterleitet. Hier gab die AOK den Rehabilitationsantrag der Klägerin nicht weiter, sondern beschied ihn. Inwieweit daraus eine Verpflichtung der AOK als von der Klägerin zuerst angegangenem Leistungsträger folgt, "abschließend" (so, wenn auch für den aber gleich gelagerten Fall einer Sonderzuständigkeit des zweiten Trägers BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 19/06 R, juris Rdnr. 30) über die Rechte und Ansprüche der Klägerin zu entscheiden, kann ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob die AOK dann auch im Hinblick auf einen möglichen Anspruch gegen den im vorliegenden Rechtsstreit beklagten Rentenversicherungsträger zu handeln hatte (in diesem Sinne wohl BSG, Urteil vom 26.06.2007, B 1 KR 34/06 zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, juris Rdnr. 14: erstreckt sich auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt für Rehabilitationsträger vorgesehen sind; möglicherweise auch BSG, Urteil vom 14.12.2006, a.a.O., juris Rdnr. 32: berechtigter Geschäftsführer eines auch fremden Geschäfts) oder solche rentenrechtlichen Ansprüche nicht prüfen durfte (in diesem Sinn möglicherweise BSG, a.a.O., Rdnr. 33: nicht befugt, nach den für andere Träger geltenden Vorschriften zu entscheiden). Weiter kann offen bleiben, inwieweit diese Fragen Auswirkungen auf die Passivlegitimation des möglicherweise tatsächlich zuständigen Leistungsträgers haben (insoweit jedenfalls verneinend, BSG, a.a.O. Rdnrn. 32 und 33: Passivlegitimation ändert sich nicht, über § 14 SGB IX wird ein weiterer Schuldner zugewiesen). Denn selbst bei zu bejahender Passivlegitimation der Beklagten ist die Ablehnung der Kostenerstattung nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für die hier von der Klägerin begehrte Kostenerstattung ist § 15 SGB IX.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SGB IX besteht ein Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für eine erforderliche Rehabilitationsleistung, wenn der Rehabilitationsträger nicht innerhalb der Fristen des § 14 Abs. 2 SGB IX entschieden und der Klägerin die Hinderungsgründe nicht mitgeteilt hat und die Klägerin sich nach Ablauf einer von ihr gegenüber dem Rehabilitationsträger gesetzten angemessenen Frist die Leistung selbst beschafft hat. Diese Voraussetzungen sind vorliegend bereits deshalb nicht erfüllt, weil die Beklagte den Antrag der Klägerin zeitnah und vor Beginn der Maßnahme ablehnte. Auf die von der Beklagten diskutierte Frage einer Fristsetzung kommt es deshalb von vornherein nicht an.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX besteht eine Erstattungspflicht des Rehabilitationsträgers auch dann, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Auch diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX ist § 13 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nachgebildet, so dass die hierfür entwickelten Grundsätze über die Voraussetzungen der Erstattungspflicht übertragen werden können (vgl. Welti in Lachwitz/Schellhorn/Welti, Handkommentar zum Sozialgesetzbuch IX, § 15 Rdnr. 13). Bei der von der Klägerin begehrten Leistung handelte es sich nicht um eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der ersten Fallgruppe des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX. Unaufschiebbare Leistungen liegen vor allem bei Notfällen und anderen dringlichen Bedarfslagen vor, in denen eine Sachleistung nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Eine Leistung ist in dem Zeitpunkt unaufschiebbar, indem sie vollständig - oder bei Teilleistungen die erste von ihnen - erbracht werden muss, damit der mit ihr angestrebte Erfolg noch erreicht werden kann (BSG, Urteil vom 16.12.1993, 4 RK 5/92 in SozR 3-2500 § 13 Nr. 4). Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin begehrte Rehabilitationsleistung unaufschiebbar in diesem Sinne war, sind nicht ersichtlich, da die Klägerin selbst die Rehabilitationsmaßnahme nicht unmittelbar antrat, sondern diese vielmehr - wie sich aus der in der Verwaltungsakte enthaltenen Aufnahmevereinbarung für Privatpatienten mit der Rheumaklinik Bad S. ergibt - erst sechs Monate nach Abschluss der Aufnahmevereinbarung und drei Monate nach Stellung des Antrages bei der Beklagten überhaupt antreten wollte und die Beklagte auch in der Lage war, vor Beginn der streitigen Maßnahme zu entscheiden.

Auch die Voraussetzungen der zweiten Fallgruppe des § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX (zu Unrecht abgelehnte Leistungen) sind nicht erfüllt.

Der Senat verneint bereits den für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Ablehnung der Beklagten und der selbst beschafften Leistung, hier also der Rehabilitationsbehandlung in der Rheumaklinik Bad S ... Die Ablehnung durch den Leistungsträger muss zur Inanspruchnahme eines bestimmten Leistungserbringers geführt haben, d.h. die Ablehnung muss diese Inanspruchnahme wesentlich mit verursacht haben (so zu der entsprechenden Regelung des § 13 Abs. 3 SGB V BSG, Urteil vom 24.09.1996, 1 RK 33/95 in SozR 3-2500 § 13 Nr. 11). Allerdings wird bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen die ablehnende Entscheidung des Leistungsträgers im Allgemeinen als Zäsur gesehen und die Kostenerstattung nur für diejenigen Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung auf eigene Rechnung beschafft wurden; für spätere Leistungen wird der erforderliche Kausalzusammenhang dagegen bejaht (BSG, Urteil vom 19.06.2001, B 1 KR 23/00 R in SozR 3-2500 § 28 Nr. 6). Das kann indessen nur gelten, wenn die nachträglich getroffene Entscheidung des Leistungsträgers noch geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen. War dagegen das weitere Vorgehen bereits endgültig festgelegt, fehlt der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen Ablehnung und der Kostenbelastung des Versicherten auch für die Behandlung, die zeitlich nach dem ablehnenden Bescheid liegt (BSG, a.a.O.; Urteil vom 24.09.1996, a.a.O.). Vergleichbar liegt der Fall hier. Aus der bereits drei Monate vor Antragstellung geschlossenen privaten Aufnahmevereinbarung mit der Rheumaklinik Bad S. ergibt sich, dass die Klägerin sich - wie bereits bei privaten Behandlungen in den vergangenen Jahren - dazu entschlossen hatte, die Rehabilitationsbehandlung in der Rheumaklinik Bad S. durchzuführen, ohne die Verwirklichung dieser Absicht von der Entscheidung der Beklagten über die Kostenübernahme für diese Maßnahme abhängig zu machen. Der von der Klägerin bei der Beklagten gestellte Antrag bezog sich auch ausschließlich auf die von vornherein und unabhängig vom Ausgang des Verwaltungsverfahrens beabsichtigte Maßnahme. Die Ablehnung des Antrages hatte somit keinerlei Auswirkung auf die Durchführung der streitigen Maßnahme und damit die Entstehung der Kosten.

Im Übrigen lehnte die Beklagte die Durchführung der Maßnahme zu Recht ab.

Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe haben gemäß § 10 Abs. 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher oder geistiger und auch seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (Nr. 1) und bei denen voraussichtlich bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann (Nr. 2 Buchst. a) oder bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (Nr. 2 Buchst. b) oder bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann (Nr. 2 Buchst. c). Gem. § 12 Abs. 2 SGB VI werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher oder ähnlicher Leistungen zur Rehabilitation erbracht, deren Kosten auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften getragen oder bezuschusst worden sind. Dies gilt nicht, wenn vorzeitige Leistungen aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sind. Daran ist vorliegend der Anspruch der Klägerin zu messen, da diese zuvor in der Zeit vom 10.09.2002 bis 08.10.2002 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation auf Kosten der Beklagten in der Rheumaklinik Bad S. erhalten hatte.

Dringend erforderlich ist die vorzeitige Wiederholung, wenn ohne sie mit einer weiteren Minderung der Leistungsfähigkeit vor Ablauf der Vier-Jahres-Frist zu rechnen ist (Niesel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 12 SGB VI Rdnr. 21). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nach Überzeugung des Senats nicht erfüllt.

In diesem Zusammenhang ist aus Sicht des Senats vor allem von Bedeutung, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten (insbesondere die der Klägerin empfohlene psychotherapeutische Behandlung und Verhaltenstherapie) weder zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über den Rehabilitationsantrag der Klägerin noch zum Zeitpunkt des Antritts der Rehabilitationsmaßnahme in der Rheumaklinik Bad S. in Anspruch genommen waren. Diese waren - insbesondere im Hinblick auf eine fehlende dauerhafte Besserung des Gesundheitszustandes durch die in der Vergangenheit durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen (s. hierzu den nächsten Absatz) - vorrangig einzuleiten und durchzuführen. Dies hat Dr. St., MDK, schlüssig in seinem Gutachten vom 03.11.2003 dargelegt. Auch die von der Beklagten gehörte Gutachterin Dr. S. hat - wenn auch nach Durchführung der streitigen Maßnahme - festgestellt, dass die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten nicht erschöpft sind. Diese Einschätzung wird gestützt durch die von der Klägerin vorgelegte schriftliche sachverständige Zeugenaussage des behandelnden Arztes Dr. Z. im Verfahren gegen die AOK, welcher angegeben hat, dass er aufgrund einer Behandlung zeitnah vor der streitgegenständlichen Rehabilitationsmaßnahme (Behandlungszeitraum 28.01.2004 bis 23.04.2004) die Durchführung einer psychotherapeutischen Begleitbehandlung nach psychoanalytischer Diagnostik empfohlen hat. Auch Prof. Dr. B., Universitätsklinik T., hat in ihrer ebenfalls von der Klägerin vorgelegten schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage im Verfahren gegen die AOK ausgeführt, dass der Klägerin bereits im Jahr 2002 eine konsequente ambulante psychiatrische Behandlung angeraten wurde, ebenso eine ambulante Verhaltenstherapie. Eine derartige Therapie hat die Klägerin jedoch nicht vor, sondern erst nach der Rehabilitationsmaßnahme, nämlich beginnend im August 2004 in Anspruch genommen. Eine Psychotherapie wurde in der Rheumaklinik Bad S. nicht durchgeführt - die Klägerin nahm dort lediglich an einem psychologisch geführten Patientenschulungsprogramm teil. Der Umstand, dass die Klägerin in den Jahren 1998/1999 20 psychotherapeutische Gespräche führte, rechtfertigt keine andere Beurteilung des Sachverhalts. Diese Behandlung lag bereits mehrere Jahre zurück, war insgesamt nur von kurzer Dauer und deckte naturgemäß den seit 2002 bestehenden Behandlungsbedarf bei der Klägerin (s. die Angaben von Dr. Z. und Prof. Dr. B.) nicht.

Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass durch die in der Vergangenheit und zum Teil auf eigene Kosten der Klägerin durchgeführten Maßnahmen die in Folge der Schmerzerkrankung bestehende Gefährdung der Erwerbsfähigkeit nicht abgewendet werden konnte, sondern lediglich eine jeweils vorübergehende Leidensminderung erzielt worden ist. Die von der Klägerin insoweit gegenteilig vertretene Auffassung (für ein halbes bis ein dreiviertel Jahr wieder hergestellte Arbeitssfähigkeit) ist durch die aus der beigezogenen Verwaltungsakte der AOK ersichtlichen Arbeitsunfähigkeitszeiten widerlegt. So kam es beispielsweise nach dem laut Angaben der Klägerin vom 11.09.2001 bis 14.10.2001 durchgeführten stationären Aufenthalt in der Rheumaklinik Bad S. zu weiteren Arbeitsunfähigkeitszeiten vom 03.12.2001 bis 20.01.2002 wegen "Rheumatismus". Nach der von der Beklagten geförderten Rehabilitationsmaßnahme in der Rheumaklinik Bad S. vom 10.09.2002 bis 08.10.2002 kam es vom 29.11.2002 bis 02.02.2003 zu einer Arbeitsunfähigkeit wegen "Rheumatismus" und einer depressiven Episode und danach vom 14.05.2003 bis 13.06.2003 wegen "Rheumatismus" und einer Neurasthenie. Eine länger andauernde Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist somit durch die Maßnahmen in der Rheumaklinik Bad S. entgegen den Ausführungen der Klägerin nicht eingetreten. Die Prognose der Beklagten, dass durch eine weitere Maßnahme in der Rheumaklinik Bad S. eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit nicht eintreten werde, ist somit im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Ist aber in dieser Form belegt, dass stationäre Maßnahmen zu keiner dauerhaften Besserung der Arbeitsfähigkeit führten und stehen deshalb alternative und eine konsequentere Behandlung versprechende ambulante Behandlungsmaßnahmen noch aus, lässt sich eine dringlich erforderliche Wiederholung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme nicht begründen. Anderes folgt auch nicht aus den Angaben der behandelnden Ärzte im Verfahren gegen die AOK. Die dort vertretenen Auffassungen berücksichtigen erkennbar nur den Gesundheitszustand der Klägerin vor Antritt der streitigen Maßnahme, nicht jedoch das hier ausschlaggebende Verhältnis ambulanter zu stationärer Behandlung vor dem Hintergrund beschränkter Wirksamkeit der bisherigen stationären Maßnahmen.

Der Einholung eines weiteren Gutachtens hat es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht bedurft, da der Sachverhalt durch die vorliegenden Gutachten von Dr. St. und Dr. S. sowie die umfangreich vorliegenden medizinischen Befunde und die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte hinreichend geklärt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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