L 7 AS 2226/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 1176/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 2226/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. April 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Trägerin der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) Ansprüche auf "Klärung ihres Rechts-/Familienstatus" sowie auf Geltendmachung ihrer behaupteten Unterhaltsansprüche gegen Herrn Erich K. geltend.

Die am 1961 geborene Klägerin steht seit Januar 2005 im Leistungsbezug der Beklagten. Die Höhe der gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II beläuft sich auf monatlich 324,26 EUR. Im Rahmen ihres Leistungsbezugs forderte die Klägerin die Beklagte mehrfach auf, ihren "Rechts-/Familienstatus" zu prüfen und ihr mitzuteilen, ob sie unter Betreuung/Vormundschaft/Pflegschaft gestellt worden sei. Sinngemäß gab die Klägerin hierzu an, sie benötige diese Statusklärung, damit von ihr gegenüber der Beklagten gestellte Anträge und abgegebene Erklärungen nicht aufgrund einer bestehenden Betreuung/Vormundschaft/ Pflegschaft unwirksam oder falsch seien.

Auf Nachfrage der Klägerin teilte die Beklagte dieser mit Schreiben vom 1. August 2006 mit, dass für sie wegen der Leistungen nach dem SGB II kein Bevollmächtigter bestellt sei. Jeglicher Schriftverkehr und alle Zahlungen würden ausschließlich mit ihr abgewickelt. Im Schreiben vom 6. September 2006 teilte die Beklagte der Klägerin nochmals mit, seitens der ARGE sei kein Vormund oder Bevollmächtigter für die Klägerin beauftragt Dies sei auch rechtlich nicht möglich. Ein Vormund könne nur durch ein Gericht bestellt werden, ein Bevollmächtigter sei von der Klägerin zu benennen.

Die Klägerin wurde mehrfach, unter Anderem mit Schreiben vom 31. Juli 2006 und 22. August 2006 von der Beklagten aufgefordert, sich zu jeweils bestimmten Terminen bei der ARGE in Schorndorf zu melden, um mit ihr über das Bewerberangebot bzw. ihre berufliche Situation zu sprechen. Gegen die Meldeaufforderungen erhob die Klägerin Widerspruch und verwies zur Begründung unter Anderem darauf, die Beklagten habe ihr ihren "Rechts-/Familienstatus" und "evtl. Vormünder" nicht genannt. Die Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 20. Februar 2007 zurückgewiesen. Darin wurde die Klägerin nochmals darauf hingewiesen, dass nach den Unterlagen der Beklagten keine Betreuung der Klägerin vorliege. Darüber hinaus teilte die Beklagte mit, dass sie den Rechtsstatus der Klägerin nicht klären könne. Die ARGE sei hierzu weder in der Lage noch befugt.

Am 15. Februar 2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und zu ihrem Klageziel (sinngemäß) angegeben, die Beklagte sei verpflichtet, den ihr zustehenden Unterhalt von Herrn Erich K. zu ermitteln und für sie beizutreiben; ihr Unterhaltsanspruch sei bislang durch die ARGE unterschlagen worden. Darüber hinaus sei ihr bislang die Auskunft über ihren Rechts/Familienstatus verwehrt worden. Sie bitte deshalb um unverzügliche Mitteilung, welchen Status sie habe, damit das Verfahren nicht wegen Form- und Verfahrensfehlern nichtig sei. Ferner erwarte sie unverzüglich die Antwort, ob Frau Sabine H. im "Vollbesitz" ihrer Geschäfts-/ Prozessfähigkeit sei. Sollte sie, die Klägerin, unter Pflegschaft/Vormundschaft/Betreuung stehen, verlange sie unverzügliche Aufhebung derselben und unverzüglichen Austausch der das Amt ausübenden Personen.

Mit Gerichtsbescheid vom 19. April 2007 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, soweit die Klägerin die Klärung ihres Rechts- und Familienstatus begehre, sei die Klage unzulässig. Es fehle an dem für die Erteilung gerichtlichen Rechtsschutzes erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Nach diesem Grundsatz dürfe die Hilfe des Gerichts nur dann in Anspruch genommen werden, wenn keine Möglichkeit bestehe, das Recht außerprozessual durchzusetzen. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle insbesondere dann, wenn auch die begehrte Entscheidung des Gerichts die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers bzw. Antragstellers nicht verbessern würde. Dementsprechend sei das Bedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes zu verneinen, wenn die Behörde den Anspruch des Bürgers anerkenne und entsprechend handele. Vorliegend habe die Beklagte die Klägerin bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass ihr keine Anhaltspunkte für eine Vormundschaft, Betreuung oder Pflegschaft der Klägerin vorlägen. Dementsprechend würden sämtliche Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Leistungsbezug der Klägerin mit ihr direkt abgewickelt. Damit bestehe die von der Klägerin angesprochene Gefahr, dass ihre gegenüber der Beklagten abgegebenen Erklärungen aufgrund einer bestehenden Betreuung, Vormundschaft oder Pflegschaft unwirksam sein könnten, nicht. Auch eine entsprechende Entscheidung durch das Gericht könne insoweit ihre rechtliche Stellung gegenüber der Beklagten nicht verbessern. Der Antrag sei damit insoweit unzulässig. Darüber hinaus sei in diesem Zusammenhang auch ergänzend auf den zutreffenden Vortrag der Beklagten hinzuweisen, wonach sie zur Klärung des Rechtsstatus der Klägerin weder in der Lage noch befugt sei. Auch im Rahmen des anhängigen sozialgerichtlichen Verfahrens habe keine Veranlassung zur Prüfung bestanden, ob die Klägerin unter Betreuung stehe. In den zuvor anhängigen Verfahren S 12 AS 6442/06 sowie S 12 AS 8376/06 seien bereits Auskünfte der zuständigen Notariate in Schwäbisch Gmünd sowie Schorndorf eingeholt worden. Danach sei keine Betreuung der Klägerin angeordnet worden. Soweit die Klägerin diesbezüglich die Herausgabe der entsprechenden Unterlagen beantrage, sei festzuhalten, dass ihr die Auskünfte der Notariate bereits im Rahmen der genannten Verfahren der 12. Kammer übersandt worden seien. Weitere Unterlagen seien weder in den beigezogenen Leistungsakten der Beklagten noch in den Gerichtsakten vorhanden.

Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Durchsetzung etwaiger ihr gegenüber ihrem Ehemann zustehender Unterhaltsansprüche. Zwar sehe § 33 SGB II den gesetzlichen Übergang von Unterhaltsansprüchen des Empfängers der gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegen einen Anderen unter bestimmten Voraussetzungen vor. Vorliegend komme somit ein gesetzlicher Übergang etwaiger der Klägerin gegen ihren Ehemann zustehender Unterhaltsansprüche in Betracht. Unabhängig von der Frage, ob die familienrechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Unterhaltsanspruch im vorliegenden Fall zu bejahen seien, gewähre § 33 SGB II jedoch dem jeweiligen Unterhaltsberechtigten keinen materiell-rechtlichen Anspruch auf die - ggf. gerichtliche - Durchsetzung dieses Unterhaltsanspruchs durch den Leistungsträger. Eine solche Anspruchsgrundlage sei im Regelungssystem des SGB II nicht enthalten. Die von der Beklagten benannten Meldeaufforderungen vom 31. Juli 2006 und vom 22. August 2006 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 20. Februar 2007 seien nicht Gegenstand des vorliegenden sozialgerichtlichen Verfahrens. Weder der Klageschrift noch den weiteren von der Klägerin eingereichten Schreiben lasse sich entnehmen, dass sich ihre Klage auch hiergegen richte. Die Klägerin habe vielmehr auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts vom 3. April 2007 mitgeteilt, dass sie mit der vorliegenden Klage die Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche sowie Herausgabe- und Auskunftsansprüche zur Klärung ihres Status verfolge. Über die Rechtmäßigkeit der ergangenen Einladungen an die Klägerin durch die Beklagte sei daher nicht zu entscheiden.

Gegen den ihr am 23. April 2007 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 23. April 2007 eingelegte Berufung zum Landessozialgericht, mit welcher die Klägerin ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen wiederholt hat.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 19. April 2007 abzuändern und die Beklagte zur Geltendmachung der Unterhaltsansprüche der Klägerin gegen ihren Ehemann, Erich K. , sowie zur Herausgabe jeglicher Sozial-, Justiz-, Rechts- und Familiendaten sowie zur Änderung dieser Daten zur Klärung ihres Rechts- und Familienstatus zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung ist die Klägerin nicht erschienen und war auch nicht vertreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegt worden und auch sonst zulässig. Die Berufung ist aber unbegründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, ohne die von der Klägerin genannten Personen, die (unter Anderem) auch in der vorgelegten Vorsorgevollmacht für den Fall der Bestellung eines Betreuers (Bl. 106 der Verfahrensakte des LSG) benannt sind, über das Verfahrens zu "informieren", wie die Klägerin dies mit ihrer Berufungsbegründung rügt. Denn die Klägerin hat das Klage- und Berufungsverfahren ersichtlich im eigenen Namen betrieben und sämtliche Verfahrenshandlungen selbst vorgenommen. Es ist nicht erkennbar, dass eine (oder mehrere) der Personen, auf die sich die "Ringvorsorgevollmacht und Generalvollmacht für jegliche Belange" bezieht, im vorliegenden Verfahren auftreten sollten; eine entsprechende Prozessvollmacht wurde auch nicht vorgelegt.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, allerdings ist diese bereits in vollem Umfang mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig. Das Rechtsschutzinteresse fehlt für eine Klage, wenn unzweifelhaft ist, dass das begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG 8. Aufl., vor § 51 Rdnr. m.w.N.) bzw. wenn und soweit ein Anspruch verfolgt wird, welcher gegenüber dem konkreten Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestehen kann. Dass es an einem solchem Rechtsschutzinteresse in Bezug auf einen Anspruch der Klägerin gegen den Träger der Leistungen nach dem SGB II in Bezug auf die Klärung ihres "Rechts-/Familienstatus" fehlt, hat das SG zutreffend ausgeführt; wegen der weiteren Begründung wird hierauf Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG entsprechend).

Die Klage ist jedoch auch mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig, soweit die Klägerin (sinngemäß) die Verurteilung der Beklagten zur Geltendmachung der Unterhaltsansprüche der Klägerin gegen ihren Ehemann, Erich K. , begehrt. Ein solcher Anspruch kann der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen. Insbesondere wäre die von der Klägerin insoweit begehrte Verurteilung ungeeignet, ihre eigene Rechtsposition zu verbessern. Denn nach der - hier einschlägigen - Bestimmung des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II geht ein (möglicher) Anspruch des Leistungsberechtigten gegen einen Dritten bis zur Höhe der erbrachten Leistungen auf den SGB II-Träger über. In diesem Umfang würde die Klägerin daher ihre rechtliche oder wirtschaftliche Position durch eine Verurteilung der Beklagten zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen ihrem Ehemann nicht verbessern. Soweit (mögliche) Unterhaltsansprüche der Klägerin gegen ihren Ehemann nicht auf die Beklagte übergegangen sind, fehlt es ersichtlich unter jedem denkbaren Gesichtspunkt an einer einschlägigen Anspruchsgrundlage gegenüber der Beklagten auf Geltendmachung - dann fremder - Ansprüche gegenüber einem Dritten, weshalb auch insoweit nicht von einem zulässigen Klagebegehren ausgegangen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved