L 10 U 3400/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 3332/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 3400/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. April 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin ein Viertel ihrer außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung und Entschädigung weiterer Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin als Folgen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 1302 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - nachfolgend BK 1302.

Die am 1941 geborene Klägerin war von Februar 1969 bis März 1998 in einem Unternehmen für Aluminium-Präzisionsteile tätig, wo sie u. a. Aluminiumteile reinigte. Sie war dabei - nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) der Beklagten bis 1987, nach Angaben der Klägerin auch bis Anfang der 1990er-Jahre - hohen Belastungen der Haut und der Atemwege durch Trichlorethen, einem Halogenkohlenwasserstoff, ausgesetzt, der als Reinigungsmittel verwendet wurde. Ab 1988 bemerkte die Klägerin Hautveränderungen an den Händen - sie setzte die Reinigungsarbeiten mit Handschuhen fort -, auch Reizhusten, Mundtrockenheit, Brennen und Trockenheitsgefühle der Augen, Kopfschmerzen, zeitweise Schwindel sowie Müdigkeit. 1991 wurde ein primäres Sjögren-Syndrom diagnostiziert. Ab 02.04.1998 war die Klägerin arbeitsunfähig krank, seit 01.07.1998 erhält sie von der LVA Baden (heute: Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Am 18.01.2000 beantragte die Klägerin die Anerkennung ihrer Erkrankung als BK. Die Beklagte holte ein Gutachten bei Prof. Dr. Tr., Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin des Universitätsklinikums H., ein. Danach leidet die Klägerin an einem Sjögren-Syndrom, einer Autoimmunkrankheit, in deren Zusammenhang eine Nierenfunktionsstörung zu sehen sei. Es bestünden keine wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, dass Trichlorethen in der Lage sei, eine Autoimmunerkrankung zu verursachen. Der Staatliche Gewerbearzt stimmte dem Gutachten in einer Stellungnahme nach Aktenlage zu.

Mit Bescheid vom 24.02.2003 und Widerspruchsbescheid vom 23.09.2003 stellte die Beklagte fest, dass keine BK 1302 vorliege. Ansprüche auf Leistungen bestünden nicht.

Die Klägerin hat hiergegen am 22.10.2003 Klage bei dem Sozialgericht Freiburg mit dem Ziel der Feststellung einer BK 1302 erhobenen. Das Sjögren-Syndrom und die Nierenfunktionsstörung seien Folge der beruflichen Exposition mit Halogenkohlenwasserstoffen.

Die Internistin Dr. M., Rheumatologische Ambulanz der T klinik Bad K., hat in ihrem Gutachten für das Sozialgericht festgestellt, dass die Klägerin an einem Sjögren-Syndrom und einer Sklerodermie der Hände leide. Die Symptomatik einer systemischen Sklerodermie sei nicht hinreichend belegt. Das Sjögren-Syndrom könne - auf der Grundlage geschlechtsspezifischer, genetischer Faktoren und Umweltfaktoren - durch den Kontakt mit Lösemitteln ausgelöst werden. Zwar lägen die Voraussetzungen für eine generelle Anerkennung des Sjögren-Syndroms als BK nicht vor, doch sei im Sinne der Einzelfallentscheidung eine Schädigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 20 v. H.

Die Beklagte hat hierzu eine kritische Stellungnahme von Prof. Dr. Tr. vorgelegt, worin dieser seine bisherige Ansicht wiederholte.

Mit Urteil vom 26. April 2005 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, ein Sjögren-Syndrom sowie eine Sklerodermie als BK 1302 anzuerkennen und zu entschädigen, insbesondere der Klägerin eine Rente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren. Trichlorethen sei nach dem Gutachten von Dr. M. generell geeignet, ein Sjögren-Syndrom und eine Sklerodermie hervorzurufen. Die gegenteilige Ansicht von Prof. Dr. Tr. überzeuge nicht. Insbesondere sei auf den Maßstab der Wahrscheinlichkeit und nicht den der vollen "Berufskrankheitenreife" nach § 9 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) abzustellen. Die Klägerin sei Trichlorethen in potenziell gesundheitsschädlichem Ausmaß ausgesetzt gewesen. Hierdurch seien das Sjögren-Syndrom und die Sklerodermie rechtlich wesentlich verursacht worden. Die MdE betrage, vergleichbar einer Erkrankung der Speiseröhre, 20 v. H.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 25.07.2005 zugestellte Urteil am 16.08.2005 Berufung eingelegt. Nach ihrer Ansicht ist der Nachweis nicht erbracht, dass Trichlorethen generell geeignet sei, ein Sjögren-Syndrom hervorzurufen. Jedenfalls sei fraglich, ob die berufsbedingte schädigende Einwirkung wesentlich ursächlich für die Erkrankung der Klägerin gewesen sei. Auch die MdE-Einschätzung sei nicht nachvollziehbar.

Der Senat hat ein Gutachten bei Prof. Dr. N., Direktor des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin der Universität M., eingeholt. Danach liegt bei der Klägerin eindeutig ein primäres Sjögren-Syndrom vor. Die Verursachung oder richtungsweisende Verschlimmerung eines solchen durch eine Exposition gegenüber organischen Lösemitteln, insbesondere Trichlorethen, könne nicht durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt werden. Die in den Vorgutachten diskutierte Literatur beziehe sich auf die systemische Sklerodermie. Eine solche könne bei der Klägerin nicht festgestellt werden.

Nach Hinweis des Senats hat die Beklagte im Hinblick auf Hauterscheinungen an den Händen der Klägerin ein hautärztliches Gutachten bei Dr. B. eingeholt. Diese hat ein Lichen simplex chronicus als Folge eines jahrelangen intensiven beruflichen Umgangs mit Lösemitteln festgestellt. Eine circumscripte Sklerodermie könne auf Grund des Histologiebefundes mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Mit Bescheid vom 07.02.2007 hat die Beklagte daraufhin den Bescheid vom 24.02.2003 teilweise zurückgenommen, das Vorliegen einer BK 1302 mit den Folgen chronischer Hautabnutzungserscheinungen an den Händen festgestellt, den Anspruch auf Gewährung einer Rente aber weiterhin abgelehnt.

Die Beteiligten haben im Berufungsverfahren folgenden Teilvergleich geschlossen:

"1. Die Beklagte verpflichtet sich, nach Erledigung des Rechtsstreits erneut über den Rentenanspruch zu entscheiden. 2. Die Klägerin macht insoweit, was den Rentenanspruch betrifft, aus dem angefochtenen Urteil keine Rechte geltend."

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26.04.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und stützt sich auf das Gutachten von Dr. M ... Ansonsten regt sie eine erneute Befragung von Dr. M. zu den Ergebnissen von Prof. Dr. N., jedenfalls die Einholung eines gerichtlichen "Obergutachtens" an.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.

Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 24.02.2003 und der Widerspruchsbescheid vom 23.09.2003 in der Gestalt, den er durch den nach § 96 Abs. 1 SGG in das Verfahren einzubeziehenden Bescheid vom 07.02.2007 erhalten und soweit die Beklagte damit eine BK 1302 und als deren Folge chronische Hautabnutzungserscheinungen an den Händen festgestellt hat. Nicht streitgegenständlich ist hingegen die Gewährung einer Verletztenrente. Dies folgt unabhängig davon, dass aus Sicht des Senats Zweifel bestehen, ob die Frage der Rentengewährung überhaupt zulässiger Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist, aus dem von den Beteiligten im Berufungsverfahren geschlossenen Teilvergleich. Der Senat hat somit allein noch darüber zu entscheiden, ob es sich bei den vom Sozialgericht festgestellten Gesundheitsstörungen "Sjögren-Syndrom, Sklerodermie der Hände" um Folgen der BK 1302 handelt.

Dies ist nicht der Fall. Das Sjögren-Syndrom und eine Sklerodermie sind nicht Folgen der anerkannten BK 1302.

Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung oder mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte in Folge einer den Versicherungsschutz nach den § 2, 3 oder 6 SGB VI begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 erster Halbsatz SGB VII). Hierzu zählen nach Nr. 1302 der Anlage zur BKV Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe.

Der von der Klägerin als Ursache des vorliegenden Sjögren-Syndroms und der Sklerodermie angeschuldigte Stoff Trichlorethen gehört zu der Gruppe der Halogenkohlenwasserstoffe (vgl. das vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung zu dieser BK herausgegebene Merkblatt, abgedruckt bei Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 1302) und es ist zumindest nicht von vornherein auszuschließen, dass die Erkrankung als einschlägiges Krankheitsbild in Betracht kommt. Denn durch die unbestimmte Bezeichnung von BKen als "Erkrankungen durch ..." will der Verordnungsgeber alle denkbaren Krankheiten zu BKen erklären, die nach den fortschreitenden Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft ursächlich auf die genannten Einwirkungen zurückzuführen sind, ohne dass insoweit weitere Einschränkungen gemacht werden (BSG, Urteil vom 27.06.2000 - B 2 U 29/99 R -).

Voraussetzung für die Anerkennung und ggf. Entschädigung einer Erkrankung als BK ist in diesen Fällen zum einen, dass der schädigende Stoff ("Listenstoff") generell geeignet ist, das betreffende Krankheitsbild zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern. Zum anderen muss die vorliegende Erkrankung konkret-individuell durch entsprechende Einwirkungen des Listenstoffs wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden und diese Einwirkungen müssen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sein. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i.S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht. Der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit gilt jedenfalls für den konkret-individuellen Kausalzusammenhang zwischen der mit der versicherten Tätigkeit in innerem Zusammenhang stehenden Verrichtung und der schädigenden Einwirkung ("haftungsbegründende Kausalität") und zwischen dieser und dem Eintritt der Erkrankung ("haftungsausfüllende Kausalität").

Eine Sklerodermie ist allerdings bereits deshalb nicht als Folge einer BK 1302 festzustellen, weil die Klägerin nicht an einer Sklerodermie leidet. Die Sklerodermie ist - siehe die Ausführungen von Prof. Dr. N. in seinem vom Senat eingeholten Gutachten sowie die Hinweise in der medizinischen Literatur (Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 260. Aufl.) - eine seltene Autoimmunerkrankung (Prävalenz von 1:100.000), bei der das Bindegewebe betroffen ist. Es wird zwischen einer circumscripten Sklerodermie, die sich nur auf das Bindegewebe der Haut beschränkt, und einer progressiven systemischen Sklerodermie, die das Bindegewebe innerer Organe mit einbezieht, unterschieden. Das Krankheitsbild stellt sich nach den Ausführungen von Prof. Dr. N. wie folgt dar: Die circumscripte Sklerodermie beginnt meist unmerklich als kleine rote Flecken an unterschiedlichen Körperregionen, später tritt im Zentrum der sich vergrößernden Flecken eine Verhärtung der Haut auf, die wie eine elfenbeinfarbene Platte aussieht, die Rötung bleibt als Ring um die Platte erhalten, im Endzustand verfärben sich die Herde braun. Die Hauptsymptome der progressiven systemischen Sklerodermie sind eine Beteiligung der Speiseröhre und des Magen-Darm-Traktes mit Motilitätsstörungen, die Entstehung einer interstitiellen Pneumopathie sowie eine Beteiligung von Herz und Nieren. Immunologisch finden sich typischerweise antinukleäre Antikörper gegen das 70 kg-Dalton Antigen Scl 70.

Die für eine Sklerodermie typischen Antikörper waren bei der Klägerin - so Prof. Dr. N. - sowohl bei seiner Untersuchung als auch in den Vorbefunden negativ. Auch konnten zu keinem Zeitpunkt Befunde dokumentiert werden, die auf eine systemische Sklerodermie hinweisen. Hinweise auf eine Beteiligung innerer Organe im Sinne einer Sklerodermie konnten trotz des bereits langjährigen Krankheitsverlaufs nicht erbracht werden. Auch die Sachverständige M. hat in ihrem Gutachten beschrieben, dass die Symptomatik einer Systemsklerose nicht hinreichen belegt ist. Die für eine circumscripte, nur die Haut betreffende Sklerodermie typischen Plaque-artigen Hautveränderungen sind bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt aufgetreten. Soweit Dr. M. von einer lokalisierten Sklerodermie an den Händen ausgeht, hat Prof. Dr. N. überzeugend dargelegt, dass sich der Befund nicht mit der typischen Beschreibung einer circumscripten Sklerodermie deckt. Dies hat die von der Beklagten veranlasste Untersuchung durch Dr. Bg. bestätigt. Der dort erhobene histologische Befund hat - so Dr. Bg. - die Diagnose eines Lichen simplex chronicus ergeben und eine circumscripte Sklerodermie eindeutig ausgeschlossen. Die von Dr. M. gestellte Diagnose ist somit widerlegt.

Hinsichtlich der Feststellung des Sjörgen-Syndroms als Folge einer BK 1302 ist die Berufung ebenfalls unbegründet. Denn das Sjögren-Syndrom der Klägerin ist keine Folge einer BK 1302.

Hier ist bereits ein Beleg dafür, dass Trichlorethen generell geeignet ist, ein Sjögren-Syndrom zum Entstehen zu bringen oder zu verschlimmern, nicht erkennbar. Ein genereller Zusammenhang zwischen einer Exposition gegenüber Trichlorethen und sonstigen organischen Lösemitteln kann auf der Basis der derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Literatur nicht festgestellt werden. Hierbei kann die vom Sozialgericht aufgeworfene und vom BSG in der genannten Entscheidung unbeantwortete Frage offen gelassen werden, auf welchen genauen Beweismaßstab abzustellen ist.

Das Sjögren-Syndrom ist - so wiederum Prof. Dr. N. und die bereits zitierte medizinische Literatur - eine langsam voranschreitende Autoimmunerkrankung, die - so bei der Klägerin - ohne weitere Grunderkrankung als primäres Syndrom oder aber zusammen mit weiteren rheumatischen Erkrankungen als sekundäres Syndrom auftreten kann. Es kommt zu entzündlichen Veränderungen der Tränen-, Speichel- und Schleimdrüsen sowie zu Veränderungen des Immunsystems. Prof. Dr. Tr. hat unter Hinweis auf aktuelle Standardliteratur (Classen/Diehl/Kochsiek; Innere Medizin) dargelegt, dass die Ursache des Sjögren-Syndroms unbekannt ist. Prof. Dr. N. hat dies mit Hinweis auf neueste Veröffentlichungen bestätigt. Diskutiert werden Faktoren wie Geschlechtshormone und erbliche Konstellationen sowie Umweltfaktoren und chronische Virusinfektionen. Wie fast alle Autoimmunerkrankungen ist das Sjögren-Syndrom bei Frauen häufiger als bei Männern anzutreffen. Das Sjögren-Syndrom ist - so Prof. Dr. N. - die zweithäufigste Autoimmunerkrankung (Prävalenz je nach Klassifikation von 1:100 und 1:1500).

Nach dem Gutachten von Prof. Dr. N. findet sich zwar eine umfangreiche wissenschaftliche Literatur, die sich mit der Frage eines Zusammenhangs zwischen einer Exposition gegenüber Lösemitteln und Sklerodermie auseinandersetzt. Gleiches gilt jedoch nicht für das Sjögren-Syndrom. Obwohl es sich um eine Autoimmunerkrankung von weitaus größerer Häufigkeit als die Sklerodermie handelt, existieren - so Prof. Dr. N. - noch nicht einmal einzelne Fallstudien zur Verursachung eines auch bei der Klägerin vorliegenden primären Sjörgen-Syndroms durch eine Exposition gegenüber organischen Lösemitteln. Auch die im Urteil des Sozialgerichts zitierte Entscheidung des Hessischen LSG vom 20. Juni 2001 (L 3 U 197/96) hat eine circumscripte Sklerodermie zum Gegenstand. Vor dem Hintergrund, dass sich die Krankheitsbilder - wie der Fall der Klägerin zeigt - klar voneinander abgrenzen lassen, ist es nicht zulässig, die Erkrankungen zu vermischen und/oder vom Diskussionsstand über einen Zusammenhang von Lösemitteln und Sklerodermie auf einen vergleichbaren Zusammenhang mit dem Sjögren-Syndrom zu schließen. Dies ist sowohl bei den Ausführungen von Dr. M. wie bei Prof. Dr. Tr. nicht mit der notwendigen Sorgfalt beachtet worden.

Die von Dr. M. vorgenommene immunologische Erklärung (Aktivierung der T-Zellen durch Halogenkohlenwasserstoffe in vitro; "Analogieschluss" auf chronische Einwirkung der Haut) ist jedenfalls nicht mehr als eine Spekulation und damit keineswegs wissenschaftlich gesichert. Hierauf hat auch Prof. Dr. N. hingewiesen.

Weiterer Ermittlungen, insbesondere die erneute Befragung von Dr. M. oder die Einholung eines weiteren Gutachtens bedarf es nicht, nachdem sich mit Prof. Dr. N. ein ausgewiesener Fachmann geäußert hat und der Sachverhalt damit geklärt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte im Rahmen des Verfahrens das Vorliegen einer BK 1302 festgestellt hat.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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