L 11 R 5167/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 5236/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 5167/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 26. Januar 2003, seine Befreiung von der Versicherungspflicht und die Anforderung von Beiträgen zur Rentenversicherung.

Der 1962 geborene Kläger ist Arzt und seit 1. Januar 1999 fortlaufend als ärztlicher Dozent an mehreren Fachschulen tätig. Er erzielte hieraus Einkünfte von durchgehend über 25.000 EUR jährlich und beschäftigte keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Nach einer vom Kläger vorgelegten Bescheinigungen des G. S., Geschäftsführer der Physiotherapieschule E., vom 24. Juni 2003 unterrichte der Kläger dort als selbstständiger ärztlicher Dozent.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 2002 nahm die B.-W. Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (nachfolgend: Versorgungsanstalt) den Kläger als Pflichtteilnehmer ab 1. Januar 1999 auf. Auf seinen Antrag vom 27. Januar 2003 (Eingang des Antrages bei der Versorgungsanstalt) befreite ihn die Beklagte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit ab 27. Januar 2003 (Bescheid vom 27. Oktober 2003). Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein mit dem Ziel der Befreiung bereits zum 1. Januar 1999. Über den Widerspruch ist bisher nicht entschieden worden, da die Beklagte den Abschluss dieses gerichtlichen Verfahrens abwarten will.

Mit Bescheid vom 19. April 2005 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger ab 1. Januar 1999 nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) versicherungspflichtig ist und forderte den Kläger zur Zahlung ausstehender Beiträge für die Zeit bis 26. Januar 2003 in Höhe von insgesamt 11.032,33 EUR auf. Die Beklagte bat den Kläger weiterhin mit Schreiben vom 31. Mai 2005 - in dem der Kläger einen Verwaltungsakt sieht - die Steuerbescheide für die Jahre 2000 und 2001 zu übersenden. Mit Bescheid vom 29. Mai 2005 wiederholte sie die Zahlungsaufforderung, wobei zur Summe ausstehender Beiträge noch Säumniszuschläge hinzugerechnet wurden, so dass sich eine Gesamtsumme von 16.704,23 EUR ergab. Mit Bescheid vom 6. Juli 2005 berechnete die Beklagte (nachdem der Kläger ein geringeres Arbeitseinkommen nachgewiesen hatte) die Beiträge neu und forderte den Kläger zur Bezahlung von insgesamt 10.769,22 EUR auf; Säumniszuschläge wurden nicht festgesetzt. Der Kläger legte gegen die Bescheide jeweils Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 6. September 2005 erklärte die Beklagte, der für den Kläger gültige Bescheid sei derjenige vom 6. Juli 2005.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2005 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 19. April 2005 zurück. Eine Rücknahme der Beitragsforderung könne nicht erfolgen, da der Kläger auf Grund seiner selbstständige Tätigkeit als Dozent der Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 SGB VI unterliege und deswegen entsprechende Pflichtbeiträge an den Rentenversicherungsträger zu zahlen habe. Kosten des Widerspruchsverfahrens könnten nicht übernommen werden, da der Widerspruch nicht erfolgreich gewesen sei.

Der Kläger hat sich mit der Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) gegen die Bescheide vom 19. April, 29. Mai, den Verwaltungsakt im Schreiben vom 31. Mai und den Bescheid vom 6. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2005 gewandt. Zur Begründung hat er ausgeführt, überwiegend nicht als Dozent tätig gewesen zu sein, sondern ärztliche Untersuchungen, Begutachtungen (klinische Befunderhebungen) sowie die Betreuung der Patienten der Vertragskliniken übernommen zu haben. Hierzu legte er ein dies bestätigendes Schreiben des G. S. vom 11. Mai 2006 vor. Die gleichzeitige Versicherungspflicht bei der Beklagten und bei der Versorgungsanstalt sei ein verfassungsrechtlich und nach der sozialversicherungsrechtlichen Systematik nicht zu akzeptierendes Ergebnis.

G. S. teilte auf Anfrage des Gerichts mit, die Tätigkeitsbeschreibung vom 11. Mai 2006 beziehe sich auf einen späteren Zeitraum als diejenige vom 24. Juni 2003. Somit würden beide Tätigkeitsbeschreibungen zutreffen.

In einem Erörterungstermin der Kammervorsitzenden erklärte sich die Beklagte bereit, im Hinblick auf den Wegfall der Säumniszuschläge ein Drittel der Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.

Mit Gerichtsbescheid vom 26. September 2007 verurteilte das SG die Beklagte, dem Kläger dem Grunde nach ein Drittel der notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten und wies die Klage im Übrigen ab. Gegenstand des Verfahrens sei der Bescheid vom 6. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2005. Die Bescheide, mit denen der halbe Regelbeitrag zu Grunde gelegt worden sei und die Säumniszuschläge enthielten, seien hierdurch gegenstandslos geworden. Der Kläger sei im maßgeblichen Zeitraum überwiegend als selbstständiger ärztlicher Dozent tätig gewesen, was sich aus der schriftlichen Zeugenauskunft des G. S. vom 11. Mai 2006 ergebe, die in Übereinstimmung mit den bereits im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben des Klägers sowie der Bescheinigung vom 24. Juni 2003 stehe. Nicht Gegenstand des Verfahrens sei die Befreiung von der Versicherungspflicht, über die die Beklagte durch Bescheid vom 27. Oktober 2003 entschieden habe, wogegen ein gesondertes Widerspruchsverfahren anhängig sei. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Klägers gegen eine Pflichtversicherung sowohl bei der Beklagten als auch der Versorgungsanstalt teile die Kammer nicht. Durch die Pflichtmitgliedschaft bei der Versorgungsanstalt sei der Anwendungsbereich des § 6 SGB VI (Befreiung von der Versicherungspflicht) erst eröffnet. Daher sei diese Problematik im Rahmen des § 6 SGB VI und nicht innerhalb des § 2 SGB VI zu erörtern.

Der Kläger hat gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 1. Oktober 2007 zugestellten Gerichtsbescheid am 30. Oktober 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, im streitigen Zeitraum nicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI tätig gewesen zu sein, da er überwiegend eine ärztliche Tätigkeit ausgeübt habe. Zu einer ärztlichen Tätigkeit gehöre nämlich auch die medizinische Dozententätigkeit als approbierter oder bestallter Arzt. Entgegen den Ausführungen im Gerichtsbescheid regle der streitgegenständliche Bescheid vom 6. Juli 2005 nicht allein die Versicherungspflicht, sondern auch die Beitragsforderung und die Ablehnung einer Befreiung von der Versicherungspflicht für den streitgegenständlichen Zeitraum. Die in seinem Fall angeordnete doppelte Zwangsmitgliedschaft in einer Altersvorsorgeeinrichtung verstieße gegen Art. 2 Abs. 1 (allgemeine Handlungsfreiheit), Art. 14, Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), die rechtsstaatlichen Anforderungen des Vertrauensschutzes und den Grundsatz von Treu und Glauben gem. § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2007 und die Bescheide vom 19. April, 31. Mai und 06. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2005 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger auch in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 26. Januar 2003 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Tätigkeit des Klägers als Dozent an medizinischen Fachschulen unterfalle ohne Zweifel dem Begriff eines selbstständig tätigen Lehrers nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Eine Doppelbelastung durch die Beitragstragung zur Versorgungsanstalt und zur gesetzlichen Rentenversicherung sei gesetzeskonform. Die verfassungsrechtlichen Bedenken würden nicht geteilt.

Auf Hinweise des Berichterstatters des Senats hat die Beklagte den Bescheid vom 29. Mai 2005 mit Bescheid vom 13. März 2008 zurückgenommen.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 19. April 2005 und - wozu sich das SG nicht geäußert hat - der nach § 86 Abs. 1 SGG in das Widerspruchsverfahren einbezogene (so auch Hinweis im Anschreiben zu diesem Bescheid) Bescheid vom 6. Juli 2005, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2005. Insoweit ist die Klage auch zulässig.

Ob der Bescheid vom 29. Mai 2005 durch den Bescheid vom 6. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides gegenstandslos geworden ist, was das SG mit dem Hinweis auf die "Bescheide, mit denen der halbe Regelbeitrag zugrunde gelegt wurde und Säumniszuschläge enthalten" meint, ist zweifelhaft. Jedenfalls mit der Aufhebung des Bescheides im Berufungsverfahren hat sich die Klage insoweit erledigt. Hinsichtlich des Schreibens vom 31. Mai 2005 ist die Klage unzulässig, denn darin ist kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu sehen. Mit dem Schreiben vom 31. Mai 2005 bestätigte die Beklagte lediglich den Eingang des Widerspruchs des Klägers gegen den Bescheid vom 19. April 2005 und bat um die Übersendung weiterer Steuerbescheide. Soweit sie die festgestellte Versicherungspflicht und die daraus folgende Pflicht zur Zahlung der Beiträge ansprach, handelt es sich um keine Regelung, sondern um die Wiedergabe von Regelungen, die an anderer Stelle - im Bescheid vom 19. April 2005 - getroffen worden sind. Der Bescheid vom 27. Oktober 2003, mit dem die Beklagte den Kläger (erst) ab 27. Januar 2003 von der Versicherungspflicht befreit hat, ist nicht mit der Klage angefochten. Insoweit fehlt es auch am Abschluss des Widerspruchsverfahrens.

Soweit die Klage zulässig ist, ist sie nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 19. April 2005 und vom 6. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Kläger ist als Lehrer, der im Zusammenhang mit seiner selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, versicherungspflichtig nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Er ist auch nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI versicherungsfrei, denn der zeitliche Umfang und das Arbeitsentgelt aus dieser Tätigkeit gehen über dasjenige einer geringfügigen selbstständigen Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs. 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch hinaus.

Dass der Kläger eine Lehrtätigkeit an verschiedenen medizinischen Fachschulen im hier streitigen Zeitraum tatsächlich ausgeübt und nicht nur ärztliche Untersuchungen, Begutachtungen und die Betreuung der Patienten durchgeführt hat, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren und den Aussagen des Zeugen G. S ... Der Kläger zieht dies im Berufungsverfahren auch nicht mehr in Zweifel.

Der Kläger ist als ärztlicher Dozent an verschiedenen medizinischen Fachschulen als selbstständiger Lehrer anzusehen. Wie das Bundessozialgericht (BSG) vor allem in seinem Urteil vom 22. Juni 2005 (B 12 RA 6/04 R, SozR 4 2600 § 2 Nr. 1) dargelegt und begründet hat, sind die Voraussetzungen einer Tätigkeit als Lehrer im hier allein maßgeblichen sozialversicherungsrechtlichen Sinn des § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI bereits dann erfüllt, wenn im konkreten Fall eine spezielle Fähigkeit durch praktischen Unterricht vermittelt wird. Die wegen der vermuteten sozialen Schutzbedürftigkeit der Betroffenen angeordnete Versicherungspflicht ist weder davon abhängig, ob eine besondere pädagogische Ausbildung durchlaufen wurde, noch ob es ein etwa durch Ausbildungsordnungen geregeltes Berufsbild des (selbstständigen) Lehrers gibt, noch kommt es darauf an, ob die Erwerbstätigkeit innerhalb eines eigenen Betriebes ausgeübt wird. Dies steht in der Tradition der bisherigen Rechtsentwicklung, die neben dem Umstand, dass sich die Versicherungspflicht praktisch von Anfang an auch auf selbstständige Lehrer erstreckte, insbesondere erkennen lässt, dass mit der sukzessiven Ausdehnung der Versicherungspflicht auch die anfänglich noch gesehene Notwendigkeit entfallen ist, die ursprünglich auch als Privilegierung verstandene Einbeziehung des Personenkreises der Lehrer durch besondere Qualitätsanforderungen an die ausgeübte Tätigkeit zu rechtfertigen.

Ob der Kläger mit seiner Dozententätigkeit zugleich eine ärztliche Tätigkeit ausübt, bedarf keiner Entscheidung. Im Zentrum der ärztlichen Berufstätigkeit steht der Heilauftrag des Arztes (vgl. § 1 Abs. 1 Bundesärzteordnung: "Der Arzt dienst der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes."). Wenn es sich bei der Lehrtätigkeit um eine ärztliche Tätigkeit handeln sollte, dann übt der Kläger damit aber zugleich eine Lehrtätigkeit aus. Ein Ausschluss des einen durch das andere kann weder begrifflich angenommen werden, noch lässt sich dies aus § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. ableiten.

Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Anordnung von Rentenversicherungspflicht für selbstständige Lehrer in § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verfassungswidrig ist. Deswegen war das Verfahren auch nicht nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Vereinbarkeit von § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI mit dem GG einzuholen. Die genannte Versicherungspflicht wurde erstmals durch das Gesetz über die Änderung des Gesetzes für Angestellte und der Reichsversicherungsordnung vom 10. November 1922 (RGBl. I S. 849) kodifiziert, war aber bereits zuvor in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. die ausführliche Darstellung der Entstehungsgeschichte im Urteil des BSG vom 22. Juni 2005, a. a. O.; Fichte in: Hauck/Noftz, § 2 SGB VI Rdnr. 12). Ihre Verfassungsmäßigkeit haben das BSG (Urteil vom 12. Oktober 2000, B 12 RA 2/99 R, SozR 3-2600 § 2 Nr. 5; Urteil vom 22. Juni 2005, a. a. O.) und das BVerfG (Beschluss vom 26. Juni 2007, 1 BvR 2204/00 u. a., NVwZ-RR 2007, 683) bereits bestätigt. Der Senat sieht das nicht anders.

Im Übrigen kann die Frage, ob die vom Kläger als verfassungswidrig angesehene Doppelabsicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgungsanstalt, endgültig bestehen bleibt, nur beurteilt werden, wenn geklärt ist, ob der Kläger auch im Zeitraum 1. Januar 1999 bis 26. Januar 2003 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien ist. Denn wenn die Beklagte den Kläger - möglicherweise auf Grund verfassungskonformer Auslegung der Befreiungsvorschriften - im genannten Zeitraum von der Versicherungspflicht befreit hat, stellt sich die Sach- und Rechtslage für ihn völlig anders dar. Aber auch wenn eine solche Befreiung nicht erfolgt, kann daraus nicht geschlossen werden, dass die Vorschrift über die Versicherungspflicht nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI verfassungswidrig ist. In gleicher Weise wäre daran zu denken, gegen die Befreiungsvorschriften - als zu eng gefasst - oder aber gegen die Versicherungspflicht zur Versorgungsanstalt - als zu weitgehend - verfassungsrechtliche Einwände zu erheben. Mit dieser Frage hat sich der Kläger im Berufungsverfahren in Wesentlichen auseinandergesetzt und hiermit beschäftigen sich auch maßgeblich die zur Konkurrenz zwischen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und derjenigen in der berufständischen Versorgung ergangenen Entscheidungen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 31. August 2004, 1 BvR 945/95, SozR 4-2600 § 7 Nr. 2, 1 BvR 1776/97, SozR 4-2600 § 6 Nr. 1, 1 BvR 285/01, SozR 4-2600 § 6 Nr. 2; BSG, Urteil vom 9. März 2005, B 12 RA 8/03 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 3; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. März 2005, L 13 RA 14/03 [Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen mit Beschluss des BSG vom 20. Juli 2005, B 12 RA 8/05 B]; Urteil vom 14. Oktober 2005, L 13 RA 10/04; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. Oktober 2005, L RA 136/04 [Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen mit Beschluss des BSG vom 4. April 2006, B 12 RA 16/05 B]). Hierauf kommt es aber in dem Zusammenhang mit der hier zu entscheidenden Rechtsfrage nicht an. Denn die Entscheidung der Beklagten über die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ist entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren vorgetragenen Ansicht nicht (auch) im Bescheid vom 6. Juli 2005, sondern allein im Bescheid vom 27. Oktober 2003 zu sehen, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

Der Kläger ist damit nach § 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI rentenversicherungspflichtig. Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht im hier streitigen Zeitraum ist (bisher) nicht vorgenommen worden, denn der Bescheid vom 27. Oktober 2003 ist bisher nicht aufgehoben worden und bleibt damit weiter wirksam (§ 39 Abs. 2 SGB X). Damit ist der Kläger auch nach § 171 Satz 1, § 169 SGB VI zur Zahlung der Beiträge an die Beklagte verpflichtet. Fehler in der Berechnung der Höhe der Beitragsforderung sind nicht geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Eine teilweise Kostenerstattung ist auch nicht im Hinblick auf die Rücknahme des Bescheides vom 29. Mai 2005 im Berufungsverfahren gerechtfertigt, denn insoweit hat die Beklagte nur eine Unklarheit beseitigt, ohne in der Sache dem Kläger nachzugeben. Letztlich sind die im Bescheid vom 29. Mai 2005 festgesetzten Säumniszuschläge bereits mit dem Widerspruchsbescheid nicht mehr weiter geltend gemacht worden.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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