Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AL 1121/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 2467/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09.12.2006 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 20.11.2004 bis zum 14.12.2004.
Der 1946 geborene Kläger arbeitete bis einschließlich am 15.11.2004 als Kraftfahrer für die Firma Spedition G. in K ... Nach Erhalt der arbeitgeberseitigen Kündigung hatte er sich bereits am 18.10.2004 bei der Beklagten persönlich arbeitslos gemeldet und die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt. Bei Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses am 15.11.2004 stand ihm noch eine Urlaubsabgeltung bis einschließlich für den 19.11.2004 zu.
Am 19.11.2004 erkrankte der Kläger, der anschließend bis zum 14.12.2004 einschließlich aufgrund kardiologischer Beschwerden durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war. In der Zeit vom 26. bis zum 29.11.2004 wurde beim Kläger im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Herz-Zentrum Bad K. eine Koronarangiographie durchgeführt, bei der unter anderem eine hochgradige Stenose bei ausgeprägter peripherer arterieller Verschlusskrankheit festgestellt worden ist.
Mit Bescheid vom 29.12.2004 stellte die Beklagte das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bis einschließlich 19.11.2004 wegen der bezogenen Urlaubsabgeltung fest, § 143 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Für den anschließenden Zeitraum bestehe kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, da der Kläger Krankengeld erhalte.
Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er über seine Frau familienversichert sei und daher kein Krankengeld erhalten könne.
Mit Abänderungsbescheid vom 17.01.2005 bewilligte die Beklagte daraufhin Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 15.12.2004 in Höhe von wöchentlich 221,76 EUR.
Der Kläger legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und trug vor, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld seiner Auffassung nach bereits seit dem 20.11.2004 bestehe. Die Leistungsfortzahlung nach § 126 SGB III stehe ihm auch dann zu, wenn er wie vorliegend während der Zeit des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Urlaubsabgeltung nach § 143 SGB III arbeitsunfähig erkrankt sei. Da er familienversichert nach § 10 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei, was der Nachversicherung nach § 19 SGB V vorgehe, könne er kein Krankengeld erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2005 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 126 SGB III als unbegründet zurück. Der Kläger sei während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit für die Beklagte nicht nach § 119 SGB III verfügbar gewesen. Die Vorschrift des § 126 SGB III sei im Falle des Klägers nicht einschlägig, da er nicht während des Leistungsbezugs erkrankt sei, sondern während des Ruhens des Leistungsanspruchs.
Der Kläger hat am 23.03.2005 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Er ist der Auffassung, der Schutzzweck des § 126 SGB III sei es, den Betroffenen auch während kürzerer Erkrankungen von der Notwendigkeit zu befreien, einen anderen Leistungsträger als die Beklagte in Anspruch nehmen zu müssen. Da aus der Familienversicherung jedoch kein Anspruch auf Krankengeld bestehe, drohe ein solcher Wechsel des Leistungsträgers im Falle des Klägers nicht, weswegen die Beklagte leistungspflichtig sei.
Die Krankenkasse des Klägers hat mit Bescheid vom 08.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2005 die Zahlung von Krankengeld abgelehnt. Hierzu ist beim SG ein zweites Klageverfahren unter dem Az: S 1 KR 1868/05 anhängig, welches derzeit im Hinblick auf das Vorliegen des Verfahrens ruht.
Das SG hat eine sachverständige Zeugenauskunft des behandelnden Arztes des Klägers Dr. von K. (erteilt am 26.06.2006) eingeholt. Der Hausarzt Dr. von K. teilt am 26.06.2006 mit, dass er nicht glaube, dass der Kläger in der Zeit vom 19.11.2004 bis zum 14.12.2004 hätte mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten können. Er habe dem Kläger für diesen Zeitraum Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 19.12.2006 als unbegründet abgewiesen. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen, nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung auszuüben. Da er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, eine solche Tätigkeit auszuüben, sei er nicht verfügbar gewesen und habe daher grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, auch wenn die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, § 119 Abs. 2 SGB III. Aufgrund der vorliegenden sachverständigen Zeugenauskunft des behandelnden Arztes sei davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund einer Herzerkrankung mit mehrtägigem stationären Aufenthalt vom 26. bis 29.11.2004 und operativem Eingriff im streitgegenständlichen Zeitraum nicht arbeitsfähig gewesen sei. Die Ausnahmeregelung des § 126 SGB III sei vorliegend nicht einschlägig. Die Vorschrift sei bereits nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar, da der Kläger nicht während des Bezugs von Arbeitslosengeldes in Folge von Krankheit arbeitsunfähig geworden sei. Sinn der Vorschrift sei es nicht, die materielle Existenz des Arbeitslosen in jedem Fall auch während der Zeiten abzusichern, in denen die Regelvoraussetzungen des Arbeitslosengeldanspruchs nach § 119 SGB III weggefallen seien (BSG, Urteil vom 20.02.2002 - B 11 AL 59/01 R -). Sinn und Zweck sei es vielmehr lediglich, dem Arbeitslosen einen vorübergehenden Wechsel aus dem System der Arbeitslosenversicherung in den Krankengeldbezug nach dem SGB V und den damit verbundenen organisatorischen Aufwand zu ersparen. Daraus folge, dass in einem Fall, in dem ein Wechsel von der Arbeitsverwaltung zur Krankenkasse gar nicht drohe, weil noch gar kein Leistungsbezug bei der Beklagten bestand, § 126 SGB III gar nicht einschlägig sei. Die Besonderheit des vorliegenden Falles, dass der Kläger aufgrund der Familienversicherung über seine Ehefrau gar kein Krankengeld habe erhalten können, ändere ebenfalls nichts an diesem rechtlichen Resultat. Aufgrund der eindeutigen Rechtslage (unter Hinweis auf § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V) sei davon auszugehen, dass die Entscheidung der Krankenkasse korrekt sei. Das BSG habe auch entschieden, dass das entscheidungserhebliche Tatbestandsmerkmal des § 126 SGB III, dass die Arbeitsunfähigkeit "während des Bezugs von Arbeitslosengeld" eingetreten sein müsse, nicht je nachdem unterschiedlich ausgelegt werden könne, ob dem jeweiligen Kläger während des Ruhenszeitraums ein Anspruch auf Krankengeld zugestanden habe oder nicht (BSG, Urteil vom 07.02.2002, - B 7 AL 28/01 R -). Sofern durch die Gesetzesauslegung im Einzelfall Situationen entstünden, in denen die wirtschaftliche Existenz in keiner anderen Weise gesichert sei, sei diese Lücke durch Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSGH) bzw. seit dem 01.01.2005 durch Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII zu schließen. Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 17.04.2007 zugestellt.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat am 16.05.2007 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Der zugrunde liegende Sachverhalt sei unstreitig. Die rechtliche Würdigung des SG sei jedoch unzutreffend, da die vorgenommene Auslegung des § 126 SGB zu restriktiv sei. Die vermeintliche gesetzgeberische Wohltat, den Versicherten formalen Aufwand durch Wechsel des Leistungsträgers für einen kurzen Zeitraum ersparen zu wollen, könne wie in vorliegenden Fällen dazu führen, dass ein Versicherter unter Umständen gar keine Leistungen bekomme. Dies könne nicht im gesetzgeberischen Sinne sein, da diese Auslegung dem in den §§ 1 und 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) statuierten Grundsatz zuwider laufe, dass soziale Rechte soweit als möglich verwirklicht werden sollten. Die Anwendung des § 126 SGB III führe auch nicht zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Versicherten, da diese ihn lediglich so stellen würde, wie sie sich ohne Erkrankung darstellen würde. Im Gegenteil führe die Nichtanwendbarkeit des § 126 SGB III dazu, dass sich die wirtschaftliche Lage des Versicherten extrem verschlechtere. In der vom SG zitierten Entscheidung des BSG vom 07.02.2002 (B 7 AL 28/01 R) sei das BSG selbst davon ausgegangen, dass eine Sicherungslücke bestehe, deren Lösung systemgerecht am ehesten im Krankenversicherungssystem zu suchen wäre. Die vom BSG angemahnte krankenversicherungsrechtliche Lösung der benannten Lücke sei jedoch bisher nicht erfolgt, worunter auch vorliegend der Kläger zu leiden habe. Die in der zitierten Entscheidung des BSG als verfassungsrechtlich problematisch bezeichnete Vorschrift des § 5 Abs. 1 Ziffer 2 SGB V sei durch das Jobaktivgesetz geändert worden, jedoch lasse nunmehr weiterhin eine Sicherungslücke, da die Krankenversicherungspflicht nun erst ab dem 2. Monat nach Beginn des Ruhens wegen Urlaubsabgeltung beginne. Der Anknüpfungspunkt für eine Lösung müsse daher darin gesucht werden, dass der Begriff "während des Bezugs von Arbeitslosengeld" im Sinne des § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III dahingehend zu interpretieren sei, dass es ausreichend sei, dass das Stammrecht des Arbeitslosengeldes entstanden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09.12.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 20.11. bis zum 14.12.2004 im gesetzlichen Umfang zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe einschließlich der benannten einschlägigen Rechtsvorschriften in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt. Das SG verweist zutreffend auf die ständige Rechtsprechung des BSG, nach der die Anwendbarkeit des § 126 SGB III mindestens voraussetzt, dass ein realisierbarer Anspruch auf Arbeitslosengeld vorlag, bevor die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, und zwar für mindestens einen Tag (vgl. auch BSG, Urteil vom 29.03.2001 - B 7 AL 14/00 R -, SGb 21001, 382). Da § 126 SGB III keinen eigenen Arbeitslosengeldanspruch konstituiert, sondern lediglich die Verfügbarkeit fingiert, kann die Vorschrift dem Kläger vorliegend nicht zum Erfolg verhelfen.
Das BSG hat auch bereits ausdrücklich entschieden, dass der Zweck der Norm, einen ungewünschten Wechsel der Zuständigkeit des Leistungsträgers zu vermeiden, beim Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während des Ruhens des Anspruchs nach § 143 Abs. 2 SGB III wegen Urlaubsabgeltung nicht einschlägig ist.
Daraus, dass die Ausnahmeregelung nicht anwendbar ist, kann aber nicht gefolgert werden, dass dem Kläger dann entgegen der in § 118 ff. SGB III grundsätzlich verlangten Verfügbarkeit des Arbeitslosen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zusteht. Vielmehr ist der Kläger insofern auf die anderen vorhandenen sozialen Sicherungssysteme zu verweisen. Denn nach § 31 SGB I dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen der Bücher des Sozialgesetzbuchs nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Der Senat schließt sich daher der Rechtsprechung des BSG an, nach der die im vorliegenden Fall offenbar werdende Lücke am ehesten im System der Krankenversicherung zu schließen wäre (BSG, Urteil vom 07.02.2002 - B 7 AL 28/01 R -), und verweist hierzu auf das derzeit beim SG ruhende Verfahren S 1 KR 1868/05 des Klägers gegen seine Krankenkasse.
Art. 14 Abs. 1 GG, auf den sich der Kläger sinngemäß zusätzlich beruft, steht aufgrund der Beitragsentrichtung grundsätzlich allen Arbeitslosen zur Seite (vgl. zum Schutz des einmal entstandenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld durch Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 72, 9, 18 f.; 92, 365). Der Gesetzgeber ist jedoch grundsätzlich befugt, in das Leistungsgefüge des Sozialrechts ordnend einzugreifen (vgl. BVerfGE; 97, 378, 385 ff.; 100, 1,37 f.). Die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie ergibt sich zudem erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 53, 257, 292). Deswegen ist davon auszugehen, dass Art. 14 Abs. 1 GG sozialversicherungsrechtliche Positionen nur in dem Umfang schützt, wie diese dem Berechtigten durch die Rechtsordnung ursprünglich eingeräumt wurden bzw. vorliegend den Anspruch auf Arbeitslosengeld nur in der Ausprägung, die er durch die einfachgesetzliche Regelung im SGB III erhalten hat, zu der etwa auch das Erlöschen des Anspruchs vier Jahre nach seinem Entstehen gemäß § 147 Abs. 2 SGB III gehört. Vorliegend hat der Kläger eine wesentlich geringere Einschränkung als das Erlöschen hinzunehmen, nämlich einen späteren Leistungsbeginn, ohne dass hierdurch die dem Kläger zustehende Anspruchsdauer verkürzt worden wäre. Da der Kläger in der Zwischenzeit auch durch andere Sozialleistungen geschützt war, etwa nach dem BSHG, vermag der Senat eine verfassungswidrige Regelung bzw. Regelungslücke vorliegend nicht zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 20.11.2004 bis zum 14.12.2004.
Der 1946 geborene Kläger arbeitete bis einschließlich am 15.11.2004 als Kraftfahrer für die Firma Spedition G. in K ... Nach Erhalt der arbeitgeberseitigen Kündigung hatte er sich bereits am 18.10.2004 bei der Beklagten persönlich arbeitslos gemeldet und die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt. Bei Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses am 15.11.2004 stand ihm noch eine Urlaubsabgeltung bis einschließlich für den 19.11.2004 zu.
Am 19.11.2004 erkrankte der Kläger, der anschließend bis zum 14.12.2004 einschließlich aufgrund kardiologischer Beschwerden durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war. In der Zeit vom 26. bis zum 29.11.2004 wurde beim Kläger im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Herz-Zentrum Bad K. eine Koronarangiographie durchgeführt, bei der unter anderem eine hochgradige Stenose bei ausgeprägter peripherer arterieller Verschlusskrankheit festgestellt worden ist.
Mit Bescheid vom 29.12.2004 stellte die Beklagte das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs bis einschließlich 19.11.2004 wegen der bezogenen Urlaubsabgeltung fest, § 143 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Für den anschließenden Zeitraum bestehe kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, da der Kläger Krankengeld erhalte.
Seinen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er über seine Frau familienversichert sei und daher kein Krankengeld erhalten könne.
Mit Abänderungsbescheid vom 17.01.2005 bewilligte die Beklagte daraufhin Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 15.12.2004 in Höhe von wöchentlich 221,76 EUR.
Der Kläger legte auch gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und trug vor, dass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld seiner Auffassung nach bereits seit dem 20.11.2004 bestehe. Die Leistungsfortzahlung nach § 126 SGB III stehe ihm auch dann zu, wenn er wie vorliegend während der Zeit des Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Urlaubsabgeltung nach § 143 SGB III arbeitsunfähig erkrankt sei. Da er familienversichert nach § 10 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sei, was der Nachversicherung nach § 19 SGB V vorgehe, könne er kein Krankengeld erhalten.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2005 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu § 126 SGB III als unbegründet zurück. Der Kläger sei während der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit für die Beklagte nicht nach § 119 SGB III verfügbar gewesen. Die Vorschrift des § 126 SGB III sei im Falle des Klägers nicht einschlägig, da er nicht während des Leistungsbezugs erkrankt sei, sondern während des Ruhens des Leistungsanspruchs.
Der Kläger hat am 23.03.2005 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Er ist der Auffassung, der Schutzzweck des § 126 SGB III sei es, den Betroffenen auch während kürzerer Erkrankungen von der Notwendigkeit zu befreien, einen anderen Leistungsträger als die Beklagte in Anspruch nehmen zu müssen. Da aus der Familienversicherung jedoch kein Anspruch auf Krankengeld bestehe, drohe ein solcher Wechsel des Leistungsträgers im Falle des Klägers nicht, weswegen die Beklagte leistungspflichtig sei.
Die Krankenkasse des Klägers hat mit Bescheid vom 08.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2005 die Zahlung von Krankengeld abgelehnt. Hierzu ist beim SG ein zweites Klageverfahren unter dem Az: S 1 KR 1868/05 anhängig, welches derzeit im Hinblick auf das Vorliegen des Verfahrens ruht.
Das SG hat eine sachverständige Zeugenauskunft des behandelnden Arztes des Klägers Dr. von K. (erteilt am 26.06.2006) eingeholt. Der Hausarzt Dr. von K. teilt am 26.06.2006 mit, dass er nicht glaube, dass der Kläger in der Zeit vom 19.11.2004 bis zum 14.12.2004 hätte mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten können. Er habe dem Kläger für diesen Zeitraum Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 19.12.2006 als unbegründet abgewiesen. Der Kläger sei im streitgegenständlichen Zeitraum aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen, nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung auszuüben. Da er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, eine solche Tätigkeit auszuüben, sei er nicht verfügbar gewesen und habe daher grundsätzlich keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, auch wenn die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, § 119 Abs. 2 SGB III. Aufgrund der vorliegenden sachverständigen Zeugenauskunft des behandelnden Arztes sei davon auszugehen, dass der Kläger aufgrund einer Herzerkrankung mit mehrtägigem stationären Aufenthalt vom 26. bis 29.11.2004 und operativem Eingriff im streitgegenständlichen Zeitraum nicht arbeitsfähig gewesen sei. Die Ausnahmeregelung des § 126 SGB III sei vorliegend nicht einschlägig. Die Vorschrift sei bereits nach ihrem Wortlaut nicht anwendbar, da der Kläger nicht während des Bezugs von Arbeitslosengeldes in Folge von Krankheit arbeitsunfähig geworden sei. Sinn der Vorschrift sei es nicht, die materielle Existenz des Arbeitslosen in jedem Fall auch während der Zeiten abzusichern, in denen die Regelvoraussetzungen des Arbeitslosengeldanspruchs nach § 119 SGB III weggefallen seien (BSG, Urteil vom 20.02.2002 - B 11 AL 59/01 R -). Sinn und Zweck sei es vielmehr lediglich, dem Arbeitslosen einen vorübergehenden Wechsel aus dem System der Arbeitslosenversicherung in den Krankengeldbezug nach dem SGB V und den damit verbundenen organisatorischen Aufwand zu ersparen. Daraus folge, dass in einem Fall, in dem ein Wechsel von der Arbeitsverwaltung zur Krankenkasse gar nicht drohe, weil noch gar kein Leistungsbezug bei der Beklagten bestand, § 126 SGB III gar nicht einschlägig sei. Die Besonderheit des vorliegenden Falles, dass der Kläger aufgrund der Familienversicherung über seine Ehefrau gar kein Krankengeld habe erhalten können, ändere ebenfalls nichts an diesem rechtlichen Resultat. Aufgrund der eindeutigen Rechtslage (unter Hinweis auf § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V) sei davon auszugehen, dass die Entscheidung der Krankenkasse korrekt sei. Das BSG habe auch entschieden, dass das entscheidungserhebliche Tatbestandsmerkmal des § 126 SGB III, dass die Arbeitsunfähigkeit "während des Bezugs von Arbeitslosengeld" eingetreten sein müsse, nicht je nachdem unterschiedlich ausgelegt werden könne, ob dem jeweiligen Kläger während des Ruhenszeitraums ein Anspruch auf Krankengeld zugestanden habe oder nicht (BSG, Urteil vom 07.02.2002, - B 7 AL 28/01 R -). Sofern durch die Gesetzesauslegung im Einzelfall Situationen entstünden, in denen die wirtschaftliche Existenz in keiner anderen Weise gesichert sei, sei diese Lücke durch Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSGH) bzw. seit dem 01.01.2005 durch Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII zu schließen. Das Urteil des SG wurde dem Bevollmächtigten des Klägers am 17.04.2007 zugestellt.
Die Bevollmächtigte des Klägers hat am 16.05.2007 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Der zugrunde liegende Sachverhalt sei unstreitig. Die rechtliche Würdigung des SG sei jedoch unzutreffend, da die vorgenommene Auslegung des § 126 SGB zu restriktiv sei. Die vermeintliche gesetzgeberische Wohltat, den Versicherten formalen Aufwand durch Wechsel des Leistungsträgers für einen kurzen Zeitraum ersparen zu wollen, könne wie in vorliegenden Fällen dazu führen, dass ein Versicherter unter Umständen gar keine Leistungen bekomme. Dies könne nicht im gesetzgeberischen Sinne sein, da diese Auslegung dem in den §§ 1 und 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) statuierten Grundsatz zuwider laufe, dass soziale Rechte soweit als möglich verwirklicht werden sollten. Die Anwendung des § 126 SGB III führe auch nicht zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Versicherten, da diese ihn lediglich so stellen würde, wie sie sich ohne Erkrankung darstellen würde. Im Gegenteil führe die Nichtanwendbarkeit des § 126 SGB III dazu, dass sich die wirtschaftliche Lage des Versicherten extrem verschlechtere. In der vom SG zitierten Entscheidung des BSG vom 07.02.2002 (B 7 AL 28/01 R) sei das BSG selbst davon ausgegangen, dass eine Sicherungslücke bestehe, deren Lösung systemgerecht am ehesten im Krankenversicherungssystem zu suchen wäre. Die vom BSG angemahnte krankenversicherungsrechtliche Lösung der benannten Lücke sei jedoch bisher nicht erfolgt, worunter auch vorliegend der Kläger zu leiden habe. Die in der zitierten Entscheidung des BSG als verfassungsrechtlich problematisch bezeichnete Vorschrift des § 5 Abs. 1 Ziffer 2 SGB V sei durch das Jobaktivgesetz geändert worden, jedoch lasse nunmehr weiterhin eine Sicherungslücke, da die Krankenversicherungspflicht nun erst ab dem 2. Monat nach Beginn des Ruhens wegen Urlaubsabgeltung beginne. Der Anknüpfungspunkt für eine Lösung müsse daher darin gesucht werden, dass der Begriff "während des Bezugs von Arbeitslosengeld" im Sinne des § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III dahingehend zu interpretieren sei, dass es ausreichend sei, dass das Stammrecht des Arbeitslosengeldes entstanden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 09.12.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.02.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 20.11. bis zum 14.12.2004 im gesetzlichen Umfang zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für rechtmäßig.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden und ausführlichen Entscheidungsgründe einschließlich der benannten einschlägigen Rechtsvorschriften in dem angegriffenen Urteil des SG Bezug genommen, denen der Senat sich ausdrücklich anschließt. Das SG verweist zutreffend auf die ständige Rechtsprechung des BSG, nach der die Anwendbarkeit des § 126 SGB III mindestens voraussetzt, dass ein realisierbarer Anspruch auf Arbeitslosengeld vorlag, bevor die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, und zwar für mindestens einen Tag (vgl. auch BSG, Urteil vom 29.03.2001 - B 7 AL 14/00 R -, SGb 21001, 382). Da § 126 SGB III keinen eigenen Arbeitslosengeldanspruch konstituiert, sondern lediglich die Verfügbarkeit fingiert, kann die Vorschrift dem Kläger vorliegend nicht zum Erfolg verhelfen.
Das BSG hat auch bereits ausdrücklich entschieden, dass der Zweck der Norm, einen ungewünschten Wechsel der Zuständigkeit des Leistungsträgers zu vermeiden, beim Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während des Ruhens des Anspruchs nach § 143 Abs. 2 SGB III wegen Urlaubsabgeltung nicht einschlägig ist.
Daraus, dass die Ausnahmeregelung nicht anwendbar ist, kann aber nicht gefolgert werden, dass dem Kläger dann entgegen der in § 118 ff. SGB III grundsätzlich verlangten Verfügbarkeit des Arbeitslosen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zusteht. Vielmehr ist der Kläger insofern auf die anderen vorhandenen sozialen Sicherungssysteme zu verweisen. Denn nach § 31 SGB I dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen der Bücher des Sozialgesetzbuchs nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Der Senat schließt sich daher der Rechtsprechung des BSG an, nach der die im vorliegenden Fall offenbar werdende Lücke am ehesten im System der Krankenversicherung zu schließen wäre (BSG, Urteil vom 07.02.2002 - B 7 AL 28/01 R -), und verweist hierzu auf das derzeit beim SG ruhende Verfahren S 1 KR 1868/05 des Klägers gegen seine Krankenkasse.
Art. 14 Abs. 1 GG, auf den sich der Kläger sinngemäß zusätzlich beruft, steht aufgrund der Beitragsentrichtung grundsätzlich allen Arbeitslosen zur Seite (vgl. zum Schutz des einmal entstandenen Anspruchs auf Arbeitslosengeld durch Art. 14 Abs. 1 GG: BVerfGE 72, 9, 18 f.; 92, 365). Der Gesetzgeber ist jedoch grundsätzlich befugt, in das Leistungsgefüge des Sozialrechts ordnend einzugreifen (vgl. BVerfGE; 97, 378, 385 ff.; 100, 1,37 f.). Die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie ergibt sich zudem erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 53, 257, 292). Deswegen ist davon auszugehen, dass Art. 14 Abs. 1 GG sozialversicherungsrechtliche Positionen nur in dem Umfang schützt, wie diese dem Berechtigten durch die Rechtsordnung ursprünglich eingeräumt wurden bzw. vorliegend den Anspruch auf Arbeitslosengeld nur in der Ausprägung, die er durch die einfachgesetzliche Regelung im SGB III erhalten hat, zu der etwa auch das Erlöschen des Anspruchs vier Jahre nach seinem Entstehen gemäß § 147 Abs. 2 SGB III gehört. Vorliegend hat der Kläger eine wesentlich geringere Einschränkung als das Erlöschen hinzunehmen, nämlich einen späteren Leistungsbeginn, ohne dass hierdurch die dem Kläger zustehende Anspruchsdauer verkürzt worden wäre. Da der Kläger in der Zwischenzeit auch durch andere Sozialleistungen geschützt war, etwa nach dem BSHG, vermag der Senat eine verfassungswidrige Regelung bzw. Regelungslücke vorliegend nicht zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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