L 13 KN 976/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KN 414/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 KN 976/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 19. Januar 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Erwerbsminderungsrente.

Der 1953 geborene Kläger, der eine Berufsausbildung nicht absolviert hat, stammt aus P., wo er als Arbeiter, Untertagegehilfe und zuletzt als Holzfäller tätig war. Im November 1989 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland um und war hier unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit als Bauhelfer beschäftigt. Ab August 2000 war er arbeitsunfähig. In der Zeit vom 18. Januar 2001 bis zum 22. Februar 2001 erfolgte eine stationäre Reha-Maßnahme in der Rehabilitationsklinik H.-K., aus der der Kläger am 7. März 2001 arbeitsunfähig entlassen wurde. Ab dem 18. Juni 2001 war er arbeitslos und bezog deshalb Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.

Der Kläger stellte am 22. Mai 2003 einen Antrag auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung und machte geltend, dass er an einer Herzerkrankung, Herzleistungsminderung, Bluthochdruck, chronischer Bronchitis, Diabetes mellitus und einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule leide. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den Internisten, Rheumatologen und Sozialmediziner Dr. L., der in seinem Gutachten vom 2. Juli 2003 eine dilatative Cardiomyopathie mit deutlich reduzierter linksventrikulärer Funktion, eine koronare Herzkrankheit und signifikante Hinweise auf eine Minderdurchblutung des Herzmuskels unter Belastung, eine zigaretteninduzierte chronische Bronchitis mit mäßiger kombinierter Ventilationsstörung, Bluthochdruck, einen Diabetes mellitus, Übergewicht und eine Fettstoffwechselstörung diagnostizierte. Weiterhin bestünden leichtgradige Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen. Es bestehe eine quantitative Reduzierung auch bezüglich geeigneter leichter Arbeiten auf drei bis unter sechs Stunden. Der Zustand sei therapeutisch verbesserbar, so dass diese Beurteilung zeitlich befristet bis Dezember 2003 gelte. Ein zweites Gutachten, diesmal nach Aktenlage, erstattete Dr. L. am 6. November 2003. Er führte aus, es bestehe nach wie vor eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens. Auch leichte Arbeiten könnten gegenwärtig nur drei- bis sechsstündig verrichtet werden. Die Beklagte hörte dazu ihren Sozialmedizinischen Dienst, der die Auffassung vertrat, die Einschätzung des Gutachters Dr. L. könne nicht ohne weiteres nachvollzogen werden. Wenn er leichte Arbeiten für drei bis unter sechs Stunden möglich halte, bestehe kein zwingender Grund, weshalb nicht auch mehr als sechs Stunden möglich sein sollten. Mit Bescheid vom 23. Januar 2004 wurde der Rentenantrag abgelehnt. Hiergegen legte der Kläger, der seit dem 1. Februar 2004 wieder bei der G.-Bau-GmbH in W. sieben Stunden täglich als Bauhelfer arbeitete, am 26. Februar 2004 Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren wurde eine weitere Begutachtung veranlasst. Der beauftragte Gutachter Dr. H. wies in seinem Gutachten vom 22. September 2004 zunächst darauf hin, dass der Kläger auch weiterhin bei der G.-Bau-GmbH in W. tätig sei, er verrichte inzwischen nur noch leichte Bauarbeiten, Organisieren von Baumaterial usw., er sei täglich lange mit dem Auto unterwegs. Der Gutachter stellte folgende Diagnosen: Dilatative Cardiomyopathie mit Einschränkung der linksventrikulären Funktion, maximal mittelgradiger Ausprägung, mittelschwere kombinierte Ventilationsstörung, chronische Bronchitis bei bis vor 3 Tagen fortgesetztem Nikotinabusus, coronare Herzerkrankung, zumindest im unteren Belastungsbereich ohne Hinweis auf PTI, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Adipositas 1 – 2. Grades, Wirbelsäulensyndrom, LWS-Syndrom, ausgeprägte Osteochondrosen, Spondylarthrosen, beginnende Spondylosis deformans. Hinsichtlich des Leistungsvermögens führte er aus, der Kläger könne auch weiterhin überwiegend leichte Arbeiten mit nur geringen mittelschweren Belastungsspitzen zumindest 6stündig und darüber hinausgehend wahrnehmen. Dabei sollte Wechselrhythmus von Sitzen, Stehen und Gehen möglich sein und Klettern, Steigen, Absturzgefahr, Arbeiten an laufenden ungeschützten Maschinen, Zeitdruck, Belastung durch extreme Klimafaktoren wie Hitze, starke Temperaturschwankungen, aber auch Lärm vermieden werden. Darüber hinausgehende Einschränkungen seien nicht zu begründen. Der Kläger bedürfe bei einem 6stündigen Einsatz für überwiegend leichte Arbeiten keiner unüblichen Pausen. Mit Bescheid vom 1. Dezember 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger könne leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Der Kläger hat sein Begehren weiterverfolgt und am 7. Februar 2005 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Das SG hat Beweis erhoben durch Anhörung des den Kläger behandelnden Kardiologen Dr. R. als sachverständigen Zeugen. In seiner schriftlichen Auskunft vom 22. Juli 2005 hat dieser ausgeführt, der Kläger werde etwa einmal jährlich von ihm untersucht, zuletzt am 23. Februar 2005. Er klage über die Beschwerden der Herzleistungsschwäche wie eingeschränkte Belastbarkeit, Luftnot bei Belastung, Druckschmerz im Thorax, häufiges nächtliches Wasserlassen. Das subjektive Beschwerdebild habe sich im Laufe der Behandlung stabilisiert, eine deutliche Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit auf niedrigem Niveau sei geblieben. Das SG hat weiterhin Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-kardiologischen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. M ... In seinem Gutachten vom 9. September 2005 teilte der Sachverständige mit, dass der Kläger im Belastungs-EKG bis 118 Watt belastbar gewesen sei, der Abbruch sei aufgrund muskulärer Erschöpfung, nicht aufgrund einer kardio-pulmonalen Insuffizienz erfolgt. Insgesamt sei ihm leichte körperliche Arbeit für mindestens sechs Stunden ohne weitere Gesundheitsgefährdung zumutbar. Es bestehe im wesentlichen Übereinstimmung mit der Beurteilung von Dr. H ... Mit Urteil vom 19. Januar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet, im vorliegenden Fall sprächen zwar die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen, nämlich die von Dr. L. erstatteten Gutachten vom 2. Juli und 6. November 2003 zunächst dafür, dass beim Kläger die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 SGB VI erfüllt seien und er wegen teilweiser Erwerbsminderung Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zumindest für einen begrenzten Zeitraum habe. Die Überprüfung der ursprünglichen gutachterlichen Beurteilung im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren habe jedoch zu dem Ergebnis geführt, dass diese nicht haltbar sei. Aus den Gutachten von Dr. H. und Prof. Dr. M. ergebe sich zwar, dass der Kläger für dauernd mittelschwere oder gar schwere körperliche Arbeiten aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen insbesondere auf internistisch-kardiologischem Gebiet nicht mehr geeignet sei, dass ihm jedoch leichte körperliche Arbeiten mit Tragen und Heben von Lasten bis maximal 5 bis 6 kg im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen, ohne häufiges Bücken und nicht auf Leitern und Gerüsten und an laufenden Maschinen und ohne besonderen Zeitdruck mindestens sechs Stunden täglich ohne weitere Gesundheitsgefährdung zumutbar seien.

Gegen dieses seinem Bevollmächtigten am 26. Januar 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24. Februar 2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er sich im Wesentlichen auf eine vorgelegte, für die Agentur für Arbeit K. erstellte gutachterliche Äußerung der Medizinaldirektorin und Ärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Betriebsmedizin und Sozialmedizin E. vom 6. September 2006 bezogen, wonach die leidensgerechte Tätigkeit vier Stunden am Tag nicht überschreiten sollte. Weiterhin wurden Arztbriefe des Kardiologen Dr. R. vom 5. Juni 2006 und des Kardiologen Dr. Sch. vom 31. August 2006 vorgelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom19. Januar 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2004 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines kardiopulmonalen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. Z ... Dieser hat nach Untersuchung des Klägers am 9. März 2007 mitgeteilt, dass er eine Abklärung, ob die Implantation eines Kardioverter-Defibrillator (ICD) indiziert sei, für dringend erforderlich halte, weshalb die Erstellung des Gutachtens zurückgestellt wurde. Am 2. Juli 2007 wurde dem Kläger ein Zweikammer-AICD implantiert. Daraufhin fand am 3. September 2007 eine erneute Untersuchung durch den Sachverständigen statt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 27. September 2007 folgende Diagnosen gestellt: Dilatative Kardiomyopathie mit global hochgradig eingeschränkter LV-Funktion (Echokardiographie 03/2007), Z.n. Implantation eines DDD-ICD Medtronic Marquis am 2. Juli 2007 bei rezidivierenden Synkopen mit Stürzen, Koronarsklerose, arterielle Hypertonie, Hyperlipoproteinämie, Diabetes mellitus, diätetisch eingestellt, chronisch obstruktive Lungenerkrankung mit leichter Obstruktion bei Z.n. Nikotinabusus (Bodyplethysmographie), degeneratives Wirbelsäulensyndrom, asymptomatische Cholezystolithiasis, Adipositas. Zur Leistungsfähigkeit führt der Sachverständige aus, dass aufgrund der körperlichen und technischen Untersuchungen sowie nach erfolgter Implantation des ICD-Gerätes festgestellt werden könne, dass der Kläger mit leichten Tätigkeiten von mindestens sechs Stunden auf dem Arbeitsmarkt belastbar sei. Es müssten regelmäßige Pausen garantiert sein. Die Tätigkeit sollte im Wechsel von Stehen/Gehen/Sitzen erfolgen, wobei das Sitzen überwiegen sollte. Akkord-, Fliessband-, Schicht- oder Nachtarbeit seien nicht zumutbar. Arbeit in Kälte, Nässe, unter Einwirkung von Staub, Gasen oder Dämpfen sowie unter starker Beanspruchung des Gehörs oder Sehvermögens sollte vermieden werden. Mittelschwere und schwere Tätigkeiten geistiger Art, starker Publikumsverkehr oder besondere nervliche Belastung sollten ebenfalls vermieden werden. Aufgrund der eingeschränkten Herzleistung mit dem Risiko für Herzrhythmusstörungen und dem folgenden Einsetzen des ICD (Schockabgaben) müsse das Arbeiten an Maschinen, Gerüsten und Leitern ausgeschlossen sein. Der Arbeitsweg sollte eine Stunde nicht überschreiten, die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Umsteigen sei zumutbar. Das selbständige Fahren von Verkehrmitteln oder Fahrzeugen bei der Tätigkeit sei aufgrund der Gefahr von Herzrhythmusstörungen mit Auslösen des ICD für das erste halbe Jahr nach ICD-Implantation nicht erlaubt. Die beschriebene Leistungseinschränkung bestehe seit 2000. Die Belastbarkeit des Klägers habe im Vergleich zur Untersuchung im Rahmen des Vorgutachtens der Medizinischen Klinik II des Städtischen Klinikums K. abgenommen. Aktuell sei der Kläger mit 75 Watt 2 Minuten belastbar gewesen, zuvor habe die Belastung noch 118 Watt betragen. Es sei auch zwischenzeitlich die Implantation des ICD-Gerätes wegen stattgehabter Synkopen vorgenommen worden. Dennoch bestehe keine relevante Abweichung in der Beurteilung der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung der qualitativen Einschränkungen.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakten sowie der diesbezüglichen Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig, denn sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch unbegründet; das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 2-600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag des Klägers vom 22. Mai 2003 ablehnende Bescheid vom 23. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2004. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Nach § 43 Abs. 1 SGB VI in der hier anwendbaren, seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung (vgl. § 300 Abs 2 SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).

Der Kläger ist zur vollen Überzeugung des Senats noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Damit ist er weder voll oder teilweise erwerbsgemindert, noch berufsunfähig und hat deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung. Für die Zeit von Februar bis Juli 2005 ergibt sich dies schon daraus, dass der Kläger einer nach eigenem Angaben, die der Einschätzung des Gutachters Dr. H. entsprachen, leidensgerechten Beschäftigung in einem Umfang von mehr als sechs Stunden täglich nachging. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers in der Zeit von 2003 bis Februar 2004 verschlechtert hatte, so dass auch alles dafür spricht, dass der Kläger entgegen der nicht ganz eindeutigen Einschätzung von Dr. L. schon damals mindestens sechs Sunden am Tag leichte Arbeiten verrichten konnte. Dieses Leistungsvermögen besteht bis heute. Bei dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die Sachverständigengutachten von Prof. Dr. M. vom 9. September 2005 und von Prof. Dr. Z. vom 27. September 2007 sowie das Gutachten von Dr. H. vom 22. September 2004, die in ihren Diagnosen und Leistungsbeurteilungen im Wesentlichen übereinstimmen. Danach leidet der Kläger unter einer dilatativen Kardiomyopathie, Koronarsklerose, arterielle Hypertonie, Hyperlipoproteinämie, Diabetes mellitus, einer chronischen Lungenerkrankung mit leichter Obstruktion bei Z.n. Nikotinabusus (Bodyplethysmographie), einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom, asymptomatische Cholezystolithiasis und Adipositas. Vor der Implantation des ICD haben diese Gesundheitsstörungen keine Beschwerden bedingt, die eine sechsstündige Tätigkeit am Tag nicht mehr zugelassen hätten. Dies haben die Sachverständigen überzeugend und übereinstimmend dargelegt. Eine Angina pectoris, Ruhedyspnoe oder Beinödeme wurden nicht festgestellt. Im Belastungs-EKG war der Kläger im September 2005 noch bis 118 Watt belastbar, wobei der Abbruch aufgrund muskulärer Erschöpfung, nicht aufgrund einer kardio-pulmonalen Insuffizienz erfolgte. Bei der Ergometrie im September 2007 war der Kläger noch 2 Minuten mit 75 Watt belastet, wobei wiederum wegen Beinschmerzen, also peripherer Erschöpfung abgebrochen wurde. Zwar berichtete der Kläger gegenüber dem Sachverständigen am 9. März 2007 über Dyspnoe bei leichter Belastung, gleichzeitig gab er jedoch an, mit dem Fahrrad bei geringer Geschwindigkeit noch eine Strecke von über 5 km fahren zu können. Bei der klinischen Untersuchung zeigten sich keine Zeichen für eine kardiopulmonale Dekompensation unter der oben genannten Herzinsuffizienzmedikation und keine Hinweise für pulmonale Stauung und keine Beinödeme. Die Bodyplethysmographie ergab eine leichte Obstruktion mit geringer Überblähung unter der Therapie mit Lungensprays. Die Echokardiographie zeigte eine global hochgradig eingeschränkte Pumpfunktion des linken Ventrikels. Eine Angina pectoris und eine Dyspnoe wurden nicht festgestellt. Aufgrund der Synkopen wurde empfohlen, die Indikation zur Implantation eines Schrittmacher-Defibrillator zu prüfen. Die Implantation des ICD wurde im Juli 2007 in der Klinik für Herzchirurgie in K. vorgenommen worden. Bei der zweiten ambulanten Untersuchung am 3. September 2007 berichtete der Kläger über eine gleichbleibende Symptomatik unter Belastung. Synkopen waren nicht mehr aufgetreten, der ICD hatte noch nicht ausgelöst. Auch zu diesem Zeitpunkt gab es keine Zeichen einer kardiopulmonalen Insuffizienz.

Weitere Einschränkungen ergeben sich nach Überzeugung des Gerichts auch nicht aufgrund der übrigen Erkrankungen des Klägers. Vielmehr steht aufgrund der vorliegenden Gutachten, insbesondere aufgrund des sozialmedizinischen Gutachtens von Dr. H. fest, dass die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit des Klägers durch seine Herzkrankheit bestimmt werden. Zusätzlich durch die Lungenerkrankung bedingte Einschränkungen sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die orthopädischen Beschwerden zur Einschränkung der quantitativen Belastbarkeit für die Ausübung körperlich leichter Tätigkeiten führen könnten. Insoweit wurden Beschwerden nicht geklagt. Auch hat der Kläger wie dargelegt in der Zeit von Februar bis Juli 2005 noch mehr als sechs Stunden täglich leichte Arbeiten verrichtet und keine Verschlechterung seiner übrigen Leiden seitdem geltend gemacht. Dem Ergebnis steht die vom Kläger vorgelegte für die Agentur für Arbeit K. erstellte gutachterliche Äußerung der Medizinaldirektorin und Ärztin für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Betriebsmedizin und Sozialmedizin E. vom 6. September 2006 nicht entgegen. Hierbei handelt es sich um lediglich um eine kurze Äußerung, die sich mit den ausführlichen Gutachten nicht auseinandersetzt und dies nicht in Frage stellen kann. Zudem war hier eine andere gutachterliche Frage, die Frage nach der Erwerbsfähigkeit nach den Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zu beantworten, weshalb es allein darauf ankam, dass das Leistungsvermögen noch drei und mehr Stunden täglich umfasst.

Der Ausnahmefall einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. hierzu etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 117; auch Großer Senat BSGE 80, 24, 33 f.) ist nicht gegeben. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt für einen noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110). Einschränkungen, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, liegen beim Kläger nicht vor. In qualitativer Hinsicht muss dieser ständiges Stehen oder Sitzen, Akkord-, Fliessband-, Schicht- oder Nachtarbeit und Arbeiten in Kälte, Nässe, unter Einwirkung von Staub, Gasen oder Dämpfen sowie unter starker Beanspruchung des Gehörs oder Sehvermögens vermeiden. Mittelschwere und schwere Tätigkeiten geistiger Art, starker Publikumsverkehr oder besondere nervliche Belastung sollten ebenfalls vermieden werden. Arbeiten an Maschinen, Gerüsten und Leitern sind ausgeschlossen. Das selbständige Fahren von Fahrzeugen bei der Tätigkeit ist für das erste halbe Jahr nach ICD-Implantation nicht erlaubt. Diese Einschränkungen können zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keine Zweifel an der normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichtere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Letztlich liegen auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 SGB VI nicht vor; der Kläger ist nicht berufsunfähig. Ausgangspunkt der Prüfung ist auch hier entsprechend der zu § 43 SGB VI a.F. entwickelten Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf", den der Versicherte ausgeübt hat (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 107 und 169). Dabei ist unter dem bisherigen Beruf in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit jedenfalls dann zu verstehen, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten war (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 130; BSG SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Kann der Versicherte diesen "bisherigen Beruf" aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten, ist zu ermitteln, ob es zumindest eine Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar ist und die er gesundheitlich wie fachlich noch bewältigen kann. Das Bundessozialgericht hat zur Feststellung des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes und damit zur Bestimmung zumutbarer Verweisungstätigkeiten (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 55; Niesel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI Rdnr. 24 ff. m.w.N.) ein Mehrstufenschema entwickelt, das die Arbeiterberufe in Gruppen untergliedert. Diese werden durch die Leitberufe eines Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion (und diesem gleichgestellt eines besonders hoch qualifizierten Facharbeiters), eines Facharbeiters, der einen anerkannten Ausbildungsberuf mit einer anerkannten Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren, regelmäßig drei Jahren ausübt, eines angelernten Arbeiters, der einen Ausbildungsberuf mit einer vorgeschriebenen Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren ausübt, und eines ungelernten Arbeiters charakterisiert. Eine Verweisung ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils niedrigeren Gruppe möglich. Der Kläger, der keinen Beruf erlernt und zuletzt als Bauhelfer gearbeitet hat, genießt danach keinen qualifizierten Berufsschutz und kann auf sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass es der Benennung einer konkreten Tätigkeit bedarf.

Nicht geklärt werden, musste die Frage, ob auch eine Rente für Bergleute (§ 45 Abs. 1 SGB VI) begehrt wurde. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, würden die für diese Rente geforderten Voraussetzungen für die Wartezeiterfüllung in der knappschaftlichen Rentenversicherung und einer 3/5 Belegung in diesem Versicherungszweig nicht vorliegen (vgl. § 45 Abs. Abs. 1 Nr. 2, Nr. 3 SGB VI).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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