L 13 AL 4801/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 2184/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 4801/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen die Urteile des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Juli 2006 wird zurückgewiesen. Auf die Klage wird der Bescheid vom 16. Oktober 2006 aufgehoben.

Außergerichtliche Kosten für das Verfahren vor dem Sozialgericht sind nicht zu erstatten. Die Beklagte hat ein Drittel der außergerichtlichen Kosten für das Verfahren vor dem Landessozialgericht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 18. April 2004 bis zum 31. Dezember 2004.

Die 1956 geborene Klägerin, die zuletzt in der Zeit vom 1. Februar 2002 bis zum 31. März 2002 als Badefrau beschäftigt war und vom 22. Februar 2002 bis 6. Januar 2003 sowie vom 26. Februar 2003 bis 21. August 2003 Krankengeld bezogen hatte, bezog auf Antrag vom 18. Juli 2003 von der Beklagten zunächst ab 22. August 2003 bis zur Erschöpfung dieses Anspruchs am 17. April 2004 Arbeitslosengeld in Höhe von zuletzt 151,06 EUR wöchentlich (Bemessungsentgelt 370,-, Leistungstabelle 60, Leistungsgruppe A, Kindermerkmal 0). Am 24. März 2004 beantragte sie die Gewährung von Alhi. Hierbei gab sie u.a. an, dass sie seit August 1997 als selbständige Künstlerin tätig und die wöchentliche Arbeitszeit sehr unterschiedlich sei. Weiterhin erklärte sie, mit ihrem Lebensgefährten Herrn O. U. seit 1. Mai 2003 einen gemeinsamen Haushalt zu führen. Mit Bescheid vom 23. April 2004 bewilligte die Beklagte der Klägerin, die als Schwerbehinderte mit einem GdB von 60 anerkannt ist, vom 18. April bis 31. Dezember 2004 Alhi in Höhe von 58,31 EUR wöchentlich. Hierbei berücksichtigte sie das Einkommen des Herrn U. in Höhe von 397,07 EUR (771,08 EUR Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, 331,36 EUR Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung abzüglich Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 158,05 EUR bzw. 18,39 EUR und abzüglich eines Freibetrags von 510,93 EUR) und brachte die von der Klägerin nachgewiesenen Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 71,67 EUR hiervon in Abzug, was einen Anrechnungsbetrag in Höhe von 325,40 monatlich (= 75,11 EUR wöchentlich) ergab. Hiergegen legte die Klägerin am 27. April 2004 Widerspruch ein und trug vor, sie sei freischaffende Künstlerin, weshalb die hierbei entstehenden Aufwendungen (Arbeitsmaterialien sowie Reisekosten) berücksichtigt werden müssten; ferner lebe sie mit Herrn U. nicht in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2004 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 forderte die Beklagte die Klägerin unter Bezug auf die Meldepflicht und unter Hinweis auf die Folgen eines Meldeversäumnisses auf, bei ihr am 25. Oktober 2004 vorzusprechen. Als Grund war angegeben, es handele sich um eine Einladung zur Informationsveranstaltung "Berufsorientierungslehrgang für Schwerbehinderte". Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass unter bestimmten Voraussetzungen Reisekosten erstattet werden können. Die Klägerin legte gegen diese Meldeaufforderung am 29. Oktober 2004 Widerspruch ein und führte u.a. aus, solange sie wegen des Zahlungsrückstandes der Beklagten und des geringen Leistungsbezuges nicht einmal ihre dringendsten persönlichen Bedürfnisse finanzieren könne, sei ihr es auch nicht möglich, von nicht vorhandenem Geld Fahrkosten zu bestreiten. Mit weiterem Schreiben vom 25. Oktober 2004 wiederholte die Beklagte die Einladung zum 4. November 2004. Auch hiergegen legte die Klägerin am 2. November 2004 Widerspruch ein. Sie teilte mit, sei sie krank und habe absolut kein Geld, weder für Arztbesuche noch für Fahrkosten. Den Termin könne sie nur wahrnehmen, wenn sich in dieser Situation eine deutliche Besserung ergeben habe.

Mit Bescheid vom 10. November 2004 hob die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 26. Oktober 2004 für mindestens sechs Wochen auf. Zur Begründung führte sie aus, der Anspruch der Klägerin ruhe wegen des Eintritts einer Säumniszeit bis zur nächsten persönlichen Arbeitslosmeldung mindestens jedoch für sechs Wochen, da die Klägerin innerhalb einer zweiwöchigen Säumniszeit einen weiteren Meldetermin trotz Rechtsfolgenbelehrung ohne wichtigen Grund versäumt habe. Die Klägerin legte hiergegen am 12. November 2004 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2004 wies die Beklagte zunächst den Widerspruch wegen der Meldeaufforderungen zurück und führte u.a. aus, soweit die Klägerin Gründe für ihr Nichterscheinen geltend gemacht habe, sei dies im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens gegen den bereits ergangenen Säumniszeitbescheid zu prüfen. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. März 2005 wies die Beklagte dann den Widerspruch gegen die Aufhebung der Alhi-Bewilligung zurück und führte zur Begründung u.a. aus, es sei in der Einladung darauf hingewiesen worden, dass Fahrkosten unter bestimmten Voraussetzungen erstattet werden könnten und eine Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung nachzuweisen sei. Im Übrigen erscheine es schon verwunderlich, dass die Klägerin zu den Meldeterminen habe nicht erscheinen könne, es ihr aber keine Schwierigkeiten bereitet habe, ihren Widerspruch persönlich bei der Agentur für Arbeit Reutlingen abzugeben.

Mit Bescheid vom 8. März 2005 hat die Beklagte im Hinblick auf die Aufhebung der Alhi-Bewilligung ab dem 26. Oktober 2004 die Erstattung der für die Zeit vom 26. Oktober 2004 bis zum 31. Oktober 2004 gewährten Alhi in Höhe von 49,98 EUR zuzüglich der für diesen Zeitraum geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 8,20 EUR gefordert. Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 11. März 2005 Widerspruch eingelegt.

Am 12. Juli 2004 hat die Klägerin Klage (S 4 AL 2184/04) zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, mit der sie die Gewährung von Alhi ohne die Anrechnung von Einkommen des Herrn U. begehrt und geltend gemacht hat, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft nicht vorliege. Das SG hat hierüber Beweis erhoben u.a. durch Vernehmung des Zeugen U. am 27. Juni 2005. Dieser hat u.a. ausgesagt, mit der Klägerin in einer Wohngemeinschaft zusammenzuleben. Die Klägerin hat weiterhin am 14. März 2005 Klage (S 4 AL 773/05) zum SG erhoben, mit der sie die Aufhebung der Alhi-Bewilligung ab dem 26. Oktober 2004 für die Dauer von mindestens sechs Wochen angefochten hat. Sie hat hierzu eine eidesstattliche Aussage des Herrn U. vom 20. Juli 2005 vorgelegt, in der dieser bestätigt, dass die Klägerin Ende Oktober/Anfang November wegen einer Grippe im Bett gelegen habe. Aus diesem Grund habe er zweimal persönlich Post beim Arbeitsamt für die Klägerin abgegeben. Das erste Mal habe er den Brief bei der Empfangsdame mit der Bitte um Weiterleitung abgegeben, das zweite Mal habe er den Brief in den Postkasten geworfen, da das Arbeitsamt geschlossen gewesen sei. Die Beklagten ist beiden Klagen entgegengetreten.

Mit Urteilen vom 24. Juli 2006 hat das SG die Klagen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe in der maßgeblichen Zeit überhaupt keinen Anspruch auf Alhi und damit auch keinen Anspruch auf die von ihr begehrte höhere Leistung ohne Anrechnung des Einkommens des Herrn U. gehabt, weil sie nicht subjektiv verfügbar gewesen sei. Die subjektive Verfügbarkeit sei nur zu bejahen, wenn der Arbeitslose bereit sei, alle seiner objektiven Leistungsfähigkeit entsprechenden und nach Art und Umfang zumutbaren Beschäftigungen aufzunehmen. Die fehlende Bereitschaft zur Aufnahme einer zumutbaren, der Leistungsfähigkeit entsprechenden Beschäftigung liege im eigenen Verantwortungsbereich des Arbeitslosen bzw. Versicherten, sodass sich negative Auswirkungen auf den Anspruch ergäben, wenn ein Arbeitsloser sich der Arbeitsvermittlung nur unterhalb seiner tatsächlichen Leistungsfähigkeit zur Verfügung stelle. Zwar habe sich die Klägerin ausweislich der von ihr im März 2004 unterschriebenen Erklärung im Antragsformular auf Arbeitslosenhilfe "im Rahmen der ärztlichen Gutachten" für eine Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt und damit die Bereitschaft bekundet, ihrem objektiven Leistungsvermögen entsprechend zu arbeiten. Demgegenüber seien jedoch die von der Klägerin im Reha-Entlassbericht der Klinik G. und im Gutachten des Dr. Simon festgehaltenen Erklärungen zu beachten. Danach leide die Klägerin eigenen Angaben zufolge ständig unter Schmerzen, sodass sie über Wochen die Wohnung nicht verlassen könne. Auch halte sie sich von Ende November bis März überwiegend zu Hause auf. Ferner sei sie nach ihrer eigenen Einschätzung durch die Schmerzen und die damit auftretenden Depressionen häufig in ihren Möglichkeiten eingeschränkt; sie müsse sich nach ihren Schmerzen richten und häufig auf Tätigkeiten und Aktivitäten verzichten. Darüber hinaus könne sie sich nicht mehr vorstellen, einer regelmäßigen Arbeitstätigkeit nachzugehen und würde am liebsten Rente beziehen. Auch habe sie das Gefühl, genug in ihrem Leben gearbeitet zu haben. Diese Äußerungen zeigten deutlich, dass bei der Klägerin die subjektive Vorstellung bestehe, sie sei nicht mehr arbeitsfähig. Damit liege jedoch für die Arbeitslosenversicherung keine Arbeitsbereitschaft im Sinne von § 119 Abs. 2 SGB III vor. Denn die subjektive Vorstellung über das Leistungsvermögen und damit die Arbeitsbereitschaft entsprächen nicht dem objektiv festgestellten Leistungsvermögen der Klägerin. Aufgrund dieser Gegebenheiten sei die subjektive Verfügbarkeit der Klägerin trotz der entgegenstehenden Erklärung im Antrag auf Arbeitslosenhilfe zu verneinen. Die Klägerin könne auch keinen Anspruch aus § 125 SGB III (sog. Nahtlosigkeitsregelung) herleiten, weil von einem objektiv vorhandenen Leistungsvermögen auszugehen sei und nur die Klägerin selbst meine, ihr Leistungsvermögen sei aufgehoben. Hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligung ab dem 26. Oktober 2004 wird in den Entscheidungsgründen des entsprechenden Urteils ausgeführt, es könne offen bleiben, ob eine Säumniszeit zu Recht festgestellt worden sei. Denn das mit der Klage begehrte Ziel, das festgestellte Ruhen des Arbeitslosenhilfeanspruchs zu beseitigen, könne nicht erreicht werden. Diesem Ziel stehe das Urteil entgegen, mit dem entschieden worden sei, dass ein Alhi-Anspruch mangels subjektiver Verfügbarkeit nicht bestehe.

Gegen diese dem früheren Bevollmächtigten am 21. August 2006 zugestellten Urteile hat die Klägerin am 20. September 2006 Berufungen eingelegt, die durch Beschluss des Senats vom 26. Februar 2008 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind. Zur Begründung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, zunächst sei ihr vorgeworfen worden, sie habe aufgrund ihrer künstlerischen Tätigkeit dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden. Nach längerer Prüfung sei während des zweiten Termins beim SG dann festgestellt worden, dass sie lediglich einmal 18 Stunden in einer Woche für künstlerische Tätigkeiten bzw. organisatorische Tätigkeiten für die Einrichtung einer Ausstellung aufgewandt habe und im Übrigen nur geringfügig tätig gewesen sei. Nunmehr werfe man ihr vor, sie sei nicht arbeitswillig gewesen, was im Widerspruch zu der früheren Annahme, sie habe zuviel Zeit für ihre Arbeit aufgewandt, stehe. Allerdings könne ihr nicht zugemutet werden, Arbeiten durchzuführen, zu denen sie nicht geeignet oder nicht fähig sei bzw. die aufgrund ihrer Erkrankungen oder Behinderungen - das Versorgungsamt habe einen GdB von 60 festgestellt - nicht zumutbar seien.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2006 hat die Beklagte nach Anhörung die Bewilligung von Arbeitslosengeld schon ab 22. August 2003 aufgehoben und dies damit begründet, dass die Klägerin ihren Vermittlungsbemühungen nicht zur Verfügung gestanden habe; ihr sei auch bekannt gewesen, dass die Bewilligung fehlerhaft gewesen sei. Außerdem hat sie die Erstattung des vom 22. August 2003 bis 17. April 2004 gezahlten Alg in Höhe von 5.294,46 EUR sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.689,80 EUR gefordert. Mit der gleichen Begründung hat die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 16. Oktober 2006 die ursprüngliche Bewilligung von Alhi ab 18. April 2004 aufgehoben und die Erstattung dieser vom 18. April bis 25. Oktober 2004 erbrachten Leistung in Höhe von 1.541,03 EUR sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 1.591,03 EUR gefordert. Die Klägerin hat am 13. November 2006 Widerspruch eingelegt und mit Schreiben vom 17. November 2006 erklärt, dass dieser sich gegen beide Bescheide richte. Über die Widersprüche wurde im Hinblick auf die anhängigen Berufungsverfahren bisher nicht entschieden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Urteile des Sozialgerichts Reutlingen vom 24. Juli 2006, den Bescheid vom 10. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2005 und den Bescheid vom 16. Oktober 2006 aufzuheben sowie den Bescheid vom 23. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 18. April bis zum 31. Dezember 2004 ohne Einkommensanrechnung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufungen zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2006 abzuweisen.

Sie hält die angegriffenen Urteile für zutreffend und ihre Bescheide für rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten und die beigezogenen, die Klägerin betreffenden Rentenakten der Deutschen Rentenversicherung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind statthaft. Sie sind auch im Übrigen zulässig; insbesondere sind sie unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) eingelegt worden.

Gegenstand der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Berufungsverfahren L 13 AL 4801/06 und L 13 AL 5163/06, die nun gemeinsam unter L 13 AL 4801/06 weitergeführt werden, sind die Urteile des SG vom 24. Juli 2006 in den Verfahren S 4 AL 773/05 und S 4 AL 2184/04 sowie die dort streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten vom 23. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2004 und vom 10. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2005. Weiterhin ist Gegenstand des Berufungsverfahrens gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 96 SGG der Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2006 geworden, mit dem diese die Bewilligung von Alhi ab dem 18. April 2004 zurückgenommen hat. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist dagegen der Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2006, mit dem diese die Bewilligung von Alg zurückgenommen hat, der die hier streitgegenständlichen, Alhi betreffenden Bescheide nicht berührt. Weiterhin sind die Meldeaufforderungen vom 18. Oktober und 25. Oktober 2004, die jedenfalls in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2004 als Formal-Verwaltungsakte anzusehen sind, sowie der Bescheid vom 8. März 2005 nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Was die als Formverwaltungsakte ergangenen Meldeaufforderungen angeht, bedarf es keiner Klärung, ob sie sich mit Zeitablauf erledigt haben und schon deshalb nicht nachprüfbar sind. Denn das SG hat hierüber, ebenso wie über den Erstattungsbescheid vom 8. März 2005, der entsprechend § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden war, nicht entschieden und die Voraussetzungen, unter denen das Landessozialgericht gleichwohl über diese Teile entscheiden kann (vgl. BSGE 61, 45, 48), liegen nicht vor.

Die Berufungen der Klägerin sind unbegründet. Ihre zulässige Klage gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2006 ist dagegen begründet.

I. Rechtsgrundlage des mit der Klage angefochtenen Rücknahme- und Erstattungsbescheids vom 16. Oktober 2006 ist § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III. Nach § 45 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). § 330 Abs. 2 SGB III bestimmt unter anderem für den Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X, dass der Verwaltungsakt auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist. Für den Bereich des Arbeitsförderungsrechts tritt damit an die Stelle der gemäß § 45 SGB X eigentlich vorgesehenen Ermessensentscheidung eine gebundene Entscheidung.

Der Alhi ab 18. April 2004 bewilligende Bescheid vom 23. April 2004 war von Anfang an rechtswidrig, weil die Klägerin schon am 18. April 2004 nicht arbeitslos war. Nach § 190 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III haben Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, die u.a. arbeitslos sind. Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Nr. 1 SGB III setzt die Arbeitslosigkeit unter anderem voraus, dass der Arbeitnehmer vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit). Die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt (§ 118 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Nach § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB III stehen eine selbständige Tätigkeit und eine Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger einer Beschäftigung gleich. Die Fortführung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich, aber weniger als 18 Stunden wöchentlich umfassenden selbständigen Tätigkeit oder Tätigkeit als mithelfender Familienangehöriger, die unmittelbar vor dem Tag der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens zehn Monate neben der Beschäftigung, die den Anspruch begründet, ausgeübt worden ist, schließt Beschäftigungslosigkeit nicht aus (§ 118 Abs. 3 Satz 2 SGB III). Die Klägerin war nach ihren Angaben bereits seit 1997 als Künstlerin selbständig tätig. In ihrem Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid hat sie sich ausdrücklich darauf berufen, dass sie freischaffende Künstlerin sei und Aufwendungen (Arbeitsmaterialien sowie Reisekosten) für diese Tätigkeit habe. Diese selbständige Tätigkeit wurde von ihr in einem Umfang ausgeübt, der die Arbeitslosigkeit ausschloss, auch soweit ihr die Privilegierung des § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB III zugute kommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit eines Selbständigen naturgemäß nicht auf die Kerntätigkeit - hier: Herstellung und Verkauf von Kunstwerken - beschränkt ist. Hinzu kommen zahlreiche weitere Betätigungen wie z. B. Arbeiten an Konzepten und Entwürfen, die Materialbeschaffung, allgemeine Werbemaßnahmen, gezielte Akquisition neuer Kunden, die Kundenpflege, Büroarbeiten und Buchhaltung o.ä., Geschäftsreisen und ggf. die Anleitung und Überwachung von Mitarbeitern (vgl. BSG SozR 4100 § 102 Nr. 7; Urteil des erkennenden Senats vom 14. Juli 2000 - L 13 AL 3645/98 - veröffentlicht in Juris). All diese Tätigkeiten nehmen einen Selbständigen zeitlich in erheblichem Umfang in Anspruch. Dabei sind der selbständigen Tätigkeit vor allem auch Zeiten zuzurechnen, die der gedanklichen und konzeptionellen Vorbereitung der eigentlichen Berufsausübung oder der eigenen Fortbildung einschließlich entsprechender Reisen z.B. zum Besuch von Ausstellungen u.ä. dienen. Gerade der selbständige Künstler wird dementsprechend eine klare zeitliche Trennung zwischen seinem künstlerischen Wirken und rein privaten Aktivitäten häufig nicht ziehen können. Denn künstlerisch-schöpferische Tätigkeiten setzen u.a. die gedankliche Kreation des zu schaffenden Werkes voraus, der wiederum - auch zufällige - Eindrücke und Ideen zugrunde liegen, die sich nicht auf bestimmte Arbeitszeiten beschränken lassen. Die nicht nur die handwerkliche Herstellung der Kunstwerke einschließlich der Beschaffung des Materials und die nachfolgenden Verkaufsbemühungen umfassende Tätigkeit kann damit im Regelfall, wenn keine weitere Tätigkeit ausgeübt wird, nicht einem bestimmten zeitlichen Rahmen unterworfen werden. Im vorliegenden Fall ist hervorzuheben, dass die Klägerin seit 14. Juni 2003 im von ihr bewohnten Haus auch eine Galerie mit einer permanenten Ausstellung aktueller Werke betrieben hat, die nach Terminvereinbarung über Mobiltelefon besichtigt werden konnte. Schon wegen dieser von der Galerie ausgehenden ständigen Ansprechbarkeit und Bereitschaft wird die 18-Stunden-Grenze überschritten. Abgesehen davon war nach den Angaben der Klägerin auch ohne die für die Galerie benötigte Zeit im Zeitraum vom 16. August bis 5. September 2004 die 18-Stunden-Grenze überschritten, wie ihrem Angaben im Rentenverfahren zu entnehmen ist. Über den Galeriebetrieb und die Malerei hinaus hat die Klägerin noch Kurse für Erwachsene und Kinder angeboten sowie mehrere Reisen und Verhandlungen wegen Ausstellungen und Seminaren durchgeführt. Nimmt man hinzu, dass die Klägerin nach der zum Beleg des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit wenig beweiskräftigen Aufstellung ihrer Arbeitszeiten für den 8. August bis 31. Dezember 2004 einen, für eine freiberufliche Künstlerin durchaus erheblichen Zeitaufwand für Verwaltungstätigkeiten und Organisation hatte, ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Klägerin als freischaffende Künstlerin ihre Tätigkeit auf unter 18 Stunden in der Woche beschränkt haben könnte. Ob ihre Bemühungen letztlich zu einem nennenswerten wirtschaftlichen Erfolg geführt haben, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Die wirtschaftliche Erfolglosigkeit einer künstlerischen Tätigkeit stellt die Annahme, dass diese in einem die Geringfügigkeit überschreitenden zeitlichen Umfang ausgeübt wurde, nicht in Frage. Auch der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 13. Februar 2006, ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung beim SG hätten sich auf ein Bild bezogen, das sie im Jahre 2001 gemalt habe, und dass sie nicht acht Stunden am Tag male, da schon wegen der dazu erforderlichen Konzentration eine so lange Arbeitszeit nicht möglich sei, stellt diese Beurteilung nicht in Frage, da es, wie dargelegt, nicht allein auf die für das Malen aufgewandte Zeit ankommt.

Die Klägerin war in der Zeit vom 18. April 2004 bis zum 25. Oktober 2004 damit nicht arbeitslos, weil sie nicht beschäftigungslos war. Damit kam auch im Falle einer verminderten Erwerbsfähigkeit ein Anspruch nach § 125 Abs. 1 SGB III nicht in Betracht.

Der Klägerin kommt aber Vertrauensschutz zugute. Für den Senat steht fest, dass die Klägerin nicht gewusst hat, dass der sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebende Anspruch nicht bestand, da dies im vorliegenden Fall nur aufgrund einer rechtlichen Würdigung aller Umstände ihrer Tätigkeit festgestellt werden konnte. Anders als bei einer abhängigen Beschäftigung, für die in der Regel eine bestimmte Arbeitszeit pro Woche festgelegt ist, ist die Bestimmung der hier maßgeblichen Arbeitszeit von 18 Stunden pro Woche bei einer selbständigen bzw. künstlerischen Tätigkeit im Wesentlichen davon abhängig, welche nicht unmittelbar für die Herstellung und den Verkauf von Kunstwerken Tätigkeiten zeitlich zu berücksichtigen sind. Nur, wenn die Klägerin im Einzelnen beraten und aufgeklärt worden wäre, hätte sie ihre Arbeitszeit richtig einschätzen und damit wissen können, dass sie nicht arbeitslos ist. Da dies nicht der Fall war, beruhte das Nichtwissen der Klägerin, die ihre selbständige Tätigkeit mitgeteilt hatte, auch nicht auf grober Fahrlässigkeit. Der Klägerin war zwar am 18. Juli 2003 und am 24. März 2004 das Merkblatt 1 für Arbeitslose "Ihre Rechte, Ihre Pflichten" ausgehändigt worden, dessen Erhalt sie unterschriftlich bestätigt hat. Auf S. 11 des Merkblatts (im Folgenden Stand April 2003) ist aufgeführt, dass als arbeitslos ein Arbeitnehmer gilt, der vorübergehend in keinem Beschäftigungsverhältnis steht und eine Beschäftigung sucht. Arbeitslosigkeit liege auch vor, wenn eine Beschäftigung bzw. Tätigkeit als Selbständiger von weniger als 15 Stunden in der Woche ausübt. Auf S. 52 des Merkblatts wird ausgeführt, dass die Verpflichtung besteht, Nebenbeschäftigungen dem Arbeitsamt unverzüglich zu melden. Die Nebenbeschäftigung dürfe allerdings nur weniger als 15 Stunden pro Woche betragen. Bei einer Tätigkeit von 15 oder mehr Stunden pro Woche bestehe wegen fehlender Arbeitslosigkeit kein Anspruch auf Ahli. Ggfs. sei eine erneute persönliche Arbeitslosmeldung erforderlich. Auch unter Berücksichtigung dieser im Merkblatt enthaltenen Ausführungen musste sich der Klägerin aber nicht ohne weiteres aufdrängen, dass aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit ein Anspruch auf Alhi nicht bestand und die Bewilligung damit rechtswidrig war. So findet sich keine Information zur hier maßgebenden 18-Stunden-Grenze und dazu, dass z.B. zur selbständigen Erwerbstätigkeit u.a. auch - geistige - Vorbereitung und bloßes Bereithalten zählt. Im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin, ihre künstlerische Tätigkeit angezeigt hatte, was die Beklagte aber über mehr als zwei Jahre nicht zu Nachfragen veranlasst hat, ist daher die grobe Fahrlässigkeit im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides zu verneinen; eine spätere grobe Fahrlässigkeit ab 16. August 2004 würde nicht genügen (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24).

Da die Klägerin damit im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ohne grob fahrlässig gehandelt zu haben, nicht wusste, dass der sich aus dem Bewilligungsbescheid ergebende Anspruch nicht bestand, kam ihr Vertrauensschutz zugute, so dass die Bewilligung von Alhi für die Vergangenheit nicht mehr zurückgenommen werden konnte (vgl. § 45 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Der Bescheid ist damit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Da somit die Aufhebung der Bewilligung von Alhi zu Unrecht erfolgt ist, war die Beklagte auch nicht berechtigt, gemäß § 50 Abs. 1 SGB X und § 335 Abs. 1 Satz 1 SGB III die gezahlte Alhi sowie die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zurückzufordern. Hinsichtlich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 260,93 EUR ist der Bescheid zudem auch mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. Der Senat hat insoweit bereits in seinem Urteil vom 24. April 2007 – L 13 AL 3227/06 -) ausgeführt, dass § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III in der hier allein in Betracht kommenden, seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung eine Erstattungspflicht von Beziehern von Alhi, deren Bewilligungsentscheidungen rückwirkend aufgehoben worden sind, hinsichtlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht mehr vorsieht und auch eine erweiternde oder analoge Anwendung des § 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III ausscheidet. Hierin hält er fest.

II. Die Berufungen der Klägerin sind unbegründet. Das SG hat die Klagen im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Zunächst ist der Bescheid der Beklagten vom 10. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. März 2005 rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Rechtsgrundlage für die mit Bescheid vom 10. November 2004 verfügte (teilweise) Aufhebung der Bewilligung vom 23. April 2004 ab 26. Oktober 2004 ist § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (Abs. 1 Satz 1). Der Verwaltungsakt muss nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Insoweit ist entgegen § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ("soll") nach § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III - geltend seit 1. Januar 1998 - auch in atypischen Fällen keine Ermessenausübung geboten.

Die Beklagte hat nach diesen Grundsätzen die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X ab 26. Oktober 2004 zu Recht aufgehoben. Diese Entscheidung ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung zuvor nicht durchgeführt worden ist. Denn die Klägerin hatte die Möglichkeit, sich im Widerspruchsverfahren, dessen Gegenstand dieser Bescheid geworden ist, zu äußern, wodurch dieser Mangel geheilt wurde (BSG SozR 3-4100 § 128 Nr. 5).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Ermächtigungsgrundlage liegen vor. Eine die Aufhebung der Bewilligung von Alhi rechtfertigende wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist ab dem 26. Oktober 2004 eingetreten, da der Anspruch auf Alhi ab diesem Zeitpunkt wegen Eintritts einer Säumniszeit im Sinne des § 145 SGB III, in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (a.F.), geruht hat. Nach § 145 Abs. 1 SGB III a.F. ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld während einer Säumniszeit von zwei Wochen, die mit dem Tag nach dem Meldeversäumnis beginnt, wenn der Arbeitslose einer Aufforderung des Arbeitsamts, sich zu melden, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen ohne wichtigen Grund nicht nachkommt. Die Säumniszeit verlängert sich nach Absatz 2 der Vorschrift bis zur persönlichen Meldung des Arbeitslosen beim Arbeitsamt, mindestens um vier Wochen, wenn der Arbeitslose innerhalb der Säumniszeit von zwei Wochen einen weiteren Meldetermin trotz Belehrung über die Rechtsfolgen und ohne wichtigen Grund versäumt. Aufgrund der Verweisung in § 198 Satz 2 Nr. 6 SGB III a.F. galt § 145 SGB III a.F. im hier maßgeblichen Zeitraum auch für die Alhi.

Voraussetzung für das in § 145 SGB III a.F. angeordnete Ruhen des Anspruchs ist eine Versäumung der allgemeinen Meldepflicht gemäß § 309 SGB III a.F. Nach § 309 Abs. 1 SGB III hat sich der Arbeitslose während der Zeit, für die er Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erhebt, beim Arbeitsamt persönlich zu melden, wenn das Arbeitsamt ihn dazu auffordert. Nach § 309 Abs. 2 SGB III a.F. kann die Aufforderung zur Meldung zum Zwecke der (1.) Berufsberatung, (2.) Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit, (3.) Vorbereitung aktiver Arbeitsförderungsleistungen, (4.) Vorbereitung von Entscheidungen im Leistungsverfahren und (5.) Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für den Leistungsanspruch erfolgen. Mit der Meldeaufforderung vom 18. Oktober 2004 war die Klägerin zur Informationsveranstaltung "Berufsorientierungslehrgang für Schwerbehinderte" eingeladen worden, worin ein Zweck im Sinne des § 309 Abs. 2 Ziffer 1 SGB III a.F. zu sehen ist. Die Meldeaufforderung vom 25. Oktober 2004 enthielt die Angabe, es solle über ihr Bewerberangebot und ihre berufliche Situation gesprochen werden. Dies zielt auf die in § 309 Abs. 2 Ziffer 1 und 2 SGB III a.F. genannten Zwecke der Berufsberatung und der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit hin.

Einen wichtigen Grund den Meldeaufforderungen nicht nachzukommen, hat die Klägerin weder in ihren Widersprüchen gegen diese Aufforderungen noch im Klageverfahren gegen die Säumniszeitverfügung substantiiert geltend gemacht. Insoweit reicht es nicht aus, dass sie auf ihre schlechte gesundheitliche Situation hingewiesen und Herr U. allgemein für die Zeit Ende Oktober/Anfang November 2004 erklärt hat, dass die Klägerin, die nach ihren Angaben in der maßgeblichen Zeit aus Kostengründen keinen Arzt konsultiert hat, mit Grippe im Bett gelegen habe. Denn die Klägerin selbst hatte in ihren Widersprüchen vom 29. Oktober und 2. November 2004 nicht angegeben, dass sie das Bett krankheitsbedingt am 25. Oktober 2004 habe nicht verlassen können und hierzu voraussichtlich auch am 4. November noch nicht in der Lage sein werde. Im Widerspruch vom 27. Oktober 2004 gab sie lediglich an, dass sie in den letzten elf Wochen lediglich neun Tage beschwerdefrei gewesen sei, was gegen eine akute Erkrankung spricht. Weiter gab sie an, dass sie kein Geld für Medikamente und für Fahrkosten habe, was dagegen spricht, dass sie das Bett oder die Wohnung ohnehin nicht hätte verlassen können. Da es sich der Klägerin aber auch hätte aufdrängen müssen, in der Widerspruchsbegründung mitzuteilen, dass sie krankheitsbedingt die Wohnung nicht verlassen konnte bzw. kann, wenn sie tatsächlich bettlägerig krank gewesen wäre, zumal in der Aufforderung vom 18. Oktober 2004 auf eine beiliegende Bettlägerigkeitsbescheinigung hingewiesen wurde, steht für den Senat fest, dass die Klägerin nicht krankheitsbedingt gehindert war, die ihr genannten Termine wahrzunehmen. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte für einen wichtigen Grund vorgetragen oder ersichtlich. Die Klägerin war insbesondere auch darauf hingewiesen worden, dass unter bestimmten Voraussetzungen jedenfalls Fahrtkosten über 6 EUR erstattet werden könnten. Damit ruhte ein ggf. bestehender Anspruch bis zum 31. Dezember 2004, weil bis dahin keine persönliche Meldung mehr erfolgt ist. Eine persönliche Vorsprache in dieser Zeit lässt sich weder den Akten entnehmen noch wird sie von der Klägerin geltend gemacht. Eine solche ist nicht in der bloßen Abgabe eines Widerspruchs zu sehen, die ein erneute Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung nicht zum Ausdruck bringt, so dass es keiner Klärung bedarf, ob die Klägerin, die dies bestreitet, den Widerspruch vom 11. November 2004 persönlich am 12. November 2004 abgegeben hat.

Die Klägerin war mit den Meldeaufforderungen vom 18. Oktober 2004 zum 25. Oktober 2004 und vom 25. Oktober 2004 zum 4. November 2004 auch darüber belehrt worden, dass bei Nichterscheinen ohne wichtigen Grund die aufgeführten Rechtsfolgen eintreten würden, weshalb sie bei Nichtwahrnehmung der Meldeaufforderung auch im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X wusste oder grobfahrlässig nicht wusste, dass der sich aus den Bewilligungsbescheid ergebende Anspruch bis zur persönlichen Meldung kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen ist. Anhaltspunkte dafür, dass es ihr, trotz der allgemeinverständlichen Belehrung aufgrund persönlicher Defizite an der entsprechenden Einsichtsfähigkeit gefehlt haben könnte, sind dem Senat nicht ersichtlich.

Der Bescheid von 10. November 2004 wurde der Klägerin innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X bekannt gegeben. Die Frist von zehn Jahren ab Bekanntgabe des Bewilligungsbescheids ist ebenfalls gewahrt (§ 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X, § 45 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 SGB X).

2. Die Berufung der Klägerin ist auch unbegründet, soweit sie mit der Klage höhere Leistungen begehrt hat. Auch diese Klage hat das SG im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 23. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2004 war auf Antrag der Klägerin schon deshalb nicht zu ändern und die Beklagte nicht zu verurteilen, ihr höhere Leistungen zu gewähren, weil der Klägerin, wie sich aus dem oben Dargelegten ergibt, im maßgeblichen Zeitraum überhaupt keine Leistungen zustanden und der Bewilligungsbescheid vom 23. April 2004 mit rechtmäßigem Bescheid vom 16. Oktober 2006 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist (vgl. oben).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Für die Beklagte war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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