S 48 SO 528/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
48
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 48 SO 528/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft in dem Zeitraum Juni bis Dezember 2012.

Der im Jahre 19xx geborene Kläger und die im Jahre 19xx geborene Klägerin sind verheiratet und beziehen jeweils ein Altersruhegeld sowie eine russische Rente. Seit Februar 2005 beziehen sie ergänzend Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch –Sozialhilfe- (SGB XII). Zuvor bezogen sie Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG) und hiervor seit 1995 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Sie bewohnen eine ca. 66 m² große 2,5 Zimmer Wohnung in einem zweiten Obergeschoss in D ... Im Zeitraum Juni bis Dezember 2012 schuldeten sie eine monatliche Grundmiete i.H.v. 325,20 EUR sowie Betriebs– und Heizkostenvorschüsse i.H.v. jeweils 120,00 EUR bzw. 41,00 EUR.

Bereits mit Schreiben vom 24.02.2005 hatte die Beklagte die Kläger aufgefordert, die Kosten der Unterkunft zu senken, da die Miete seinerzeit um 66,87 EUR über der damaligen Miethöchstgrenze lag. Nach Ablauf der Frist kürzte die Beklagte die Kosten der Unterkunft entsprechend. Gegen einen Änderungsbescheid vom 22.03.2010 erhoben die Kläger am 13.04.2010 Widerspruch mit der Begründung, dass die Kosten der Unterkunft zu gering berücksichtigt seien, da ihnen ein Umzug aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar sei. Mit bestandskräftigem Widerspruchs- und Teilabhilfebescheid vom 22.09.2010 half die Beklagte dem Widerspruch in Bezug auf die Heizkostenvorauszahlungen sowie im Hinblick auf eine Anpassung der Grundmiete und der Nebenkosten teilweise ab. Weiterhin führte die Beklagte an, dass eine Stellungnahme des sozialärztlichen Gesundheitsdienstes ergeben habe, dass eine Umzugsunfähigkeit nicht vorliege. Im Gegenteil werde ein Umzug empfohlen, da das von den Klägern bewohnte Haus über keinen Aufzug verfüge.

Mit Schreiben vom 14.02.2011 beantragten die Kläger die Zustimmung zu einem Umzug aus gesundheitlichen Gründen. Sie reichten dazu ein Mietangebot für eine Wohnung mit einer monatlichen Grundmiete i.H.v. 252,20 EUR sowie zu zahlenden Heiz– und Betriebskostenvorschüssen i.H.v. jeweils 45,00 EUR bzw. 113,40 EUR ein. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 14.03.2011 lehnte die Beklagte die Zustimmung zu dem Umzug mit der Begründung ab, dass die monatlichen Betriebskosten genau dem Höchstsatz entsprächen. Eine Überprüfung der Jahresbetriebskosten habe ergeben, dass diese unangemessen seien.

Mit Bescheid vom 21.05.2012 bewilligte die Beklagte Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den Zeitraum Juni bis Dezember 2012. Bei den Kosten der Unterkunft wurde die geschuldete Miete i.H.v. 325,20 EUR um einen Betrag i.H.v. 75,60 EUR gekürzt. An Betriebs– sowie Heizkostenvorauszahlungen wurden 120,00 EUR bzw. 41,00 EUR berücksichtigt, womit insgesamt Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 410,60 EUR anerkannt wurden.

Mit Schreiben vom 20.06.2012 legte der Prozessbevollmächtigte des Klägers gegen den Bescheid vom 21.05.2012 Widerspruch mit der Begründung ein, dass die Kürzung um 75,60 EUR rechtswidrig sei, da die Wohnraumnutzungsbestimmungen falsch angewandt worden seien. Im Jahre 2011 sei den Klägern der beabsichtigte Umzug in rechtswidriger Weise verweigert worden.

Mit Bescheid vom 22.06.2012 bewilligte die Beklagte Leistungen für den Zeitraum Juli 2012 bis Dezember 2012. Die Miete wurde dabei nicht mehr um 75,60 EUR, sondern um 51,30 EUR gekürzt. Als Grundmiete wurde ein Betrag i.H.v. 273,90 EUR anerkannt. Weiterhin wurde in dem Bescheid ausgeführt, dass aufgrund eines Urteils des BSG die Mietkosten für Januar bis Juni 2011 neu festgelegt würden und insoweit ein Betrag i.H.v. 397,80 EUR nachgezahlt werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2012 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als für den Zeitraum ab Juli 2012 eine angemessene Grundmiete i.H.v. 274,30 EUR berücksichtigt wurde.

Am 15.11.2012 haben die Kläger Klage erhoben. Auf Grundlage einer von der Beklagten bei der Analyse & Konzepte GmbH, H., in Auftrag gegebenen Mietwerterhebung (im Folgenden: Konzept der Beklagten) hat die Beklagte mit Schreiben vom 16.01.2014 ein Teilanerkenntnis dahingehend abgegeben, dass für den Zeitraum Juni bis Dezember 2012 eine Bruttokaltmiete 403,65 EUR abzüglich geleisteter Zahlungen und abzüglich einer Anrechnung von 7/12 des von den Klägern für das Jahr 2012 erwirtschafteten Betriebskostenguthabens i.H.v. insgesamt 44,33 EUR, mithin 25,86 EUR in Anrechnung gebracht werde. Dieses Teilanerkenntnis haben die Kläger mit Schreiben vom 27.02.2014 angenommen. Im Hinblick auf das in Abzug gebrachte Betriebskostenguthaben i.H.v. 25,86 EUR hat die Beklagte in dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 19.04.2016 ein weiteres Teilanerkenntnis i.H.v. 25,86 EUR abgegeben, welches die Kläger angenommen haben.

Die Kläger sind der Ansicht, es bestehe ein Anspruch auf die Übernahme der vollständigen Kosten der Unterkunft, da die Beklagte die Zustimmung zum Umzug im Jahre 2011 rechtswidrig verweigert habe. Weiterhin sei das von der Beklagten vorgelegte Konzept nicht schlüssig. Das Konzept führe zu einer "Ghettobildung". Hierzu tragen sie vor, die Auswertung der Daten sei lediglich im unteren Preissegment des Wohnungsmarktes aus den wenig attraktiven Stadtteilen vorgenommen worden. Es bestünde nur die theoretische Wahrscheinlichkeit, dass Wohnungen aus allen Stadtgebieten stammten. Damit zwinge das Konzept zur Ansiedlung der Leistungsempfänger in unattraktiven Gegenden. Es seien zudem nur die günstigsten Mieten bis zu einem gewissen Perzentil zugrunde gelegt worden, womit die Auswertungen in ihrer Gesamtheit auf Wohnungen des einfachen Wohnstandards basiere. Es seien weder Substandardwohnungen einbezogen noch Luxuswohnungen ausgeschlossen worden. Der Wohnungsstandard sei allein durch die Miethöhe definiert worden. Nicht zulässig sei es, Wohnungen unter 35 Quadratmetern aus der Erfassung herauszunehmen. Ohnehin beruhe die Erhebung auf veralteten Daten. Streitgegenständlicher Zeitraum seien die Monate Juni bis Dezember 2012, die Auswertung der Bestandsmieten sei hingegen zum Stichtag 01.09.2012 vorgenommen worden. Neuvertragsmieten und Angebotsmieten seien nicht einbezogen worden. Dabei lägen diese über den Bestandsmieten und seien gerade als aktuelle und nicht historische Mieten entscheidend. Die Datenerhebung verstoße gegen den Repräsentativitätsgrundsatz; durch den hohen Anteil an Großvermietern, welche die Mieten den Maßstäben des Jobcenters anpassen würden und welche keinen Streubestand hätten, würden nur einzelne Wohnkomplexe erfasst. Es könne ferner nicht geklärt werden, ob die für die Datenerhebung ausschlaggebenden Fragen an den Vermieter für die Datenerhebung ausreichend gewesen seien; insbesondere sei unklar, ob durch die Fragen habe sichergestellt werden können, dass Wohnungen mit marktüblichen Mieten berücksichtigt worden seien. Die Bestimmung der Perzentile und der Nachfragegruppen sei unter Verstoß gegen mathematische Grundsätze vorgenommen worden. Die Zugrundelegung einer Landes- bzw. Bundesstatistik für die sonstige Nachfragegruppe sei nicht auf das Verteilungsgebiet Duisburg übertragbar. Die sonstige Nachfragegruppe basiere nicht auf einer tragfähigen Datengrundlage und es gäbe keine nachvollziehbare Erklärung für die Bildung dieser Gruppe. Unter den jeweiligen Wohnungsgrößen reiche das Angebot nicht aus, um die Nachfrage zu befriedigen.

Die Kläger beantragen, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.05.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2012 zu verpflichten, den Klägern höhere Leistungen nach dem SGB XII für die Unterkunft und Heizung für den Bewilligungszeitraum Juni bis Dezember 2012 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, eine "Ghettobildung" sei dadurch ausgeschlossen, dass die erhobenen Wohnungsdaten aus allen Postleitzahlgebieten stammten. Dieses Ergebnis werde bestätigt durch die sog. Schürkes-Liste, in welcher die der Stadtverwaltung gemeldeten freien Wohnungen erfasst würden und die dreimal monatlich aktualisiert werde sowie durch in anderen gerichtlichen Verfahren vollzogenen Internetrecherchen. Zudem seien die auszuwertenden Daten nach Zufallsgesichtspunkten ausgewählt worden, womit die Wahrscheinlichkeit bestehe, dass sämtliche Stadtgebiete eingeflossen seien. Durch den Ausschluss von Wohnungen unter 35 Quadratmetern würden quadratmeterspezifische Verzerrungen reduziert und die Repräsentativität der Mietwerterhebung sichergestellt. Die sonstige Nachfragegruppe sei der sozialen Lage in D. entsprechend auf 10 % angehoben worden.

Das Gericht hat am 27.10.2015 einen Erörterungstermin durchgeführt und Herrn M. K. von der Analyse und Konzepte GmbH als sachverständigen Zeugen vernommen. Bezüglich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der die Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren.

Entscheidungsgründe:

I. Gegenstand des Klageverfahrens im Sinne des § 95 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind die Bescheide der Beklagten vom 21.05.2012 sowie von 22.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2012. Der Bescheid vom 22.06.2012 wurde gem. § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens. Nach dem ausdrücklichen Antrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger ist ausschließlich die Gewährung von höheren Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung Streitgegenstand. Bei den Ansprüchen auf Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare selbstständige Ansprüche (vgl. BSG, Urteil vom 14.04.2011, B 8 SO 18/09 R, Rn. 10, m.w.N.). In zeitlicher Hinsicht sind die Monate Juni bis Dezember 2012 streitig. Durch die angenommenen Teilanerkenntnisse hat sich das Verfahren gem. § 101 Abs. 2 SGG i.H.v. 9,35 EUR pro Monat (403,65 EUR./. 394,30 EUR), mithin bezogen auf die Monate Juni bis Dezember 2012 i.H.v. 65,45 EUR (sieben Monate x 9,35 EUR) erledigt. Die weitergehende Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG).

II. Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide beschweren die Kläger nicht, da sie nicht rechtswidrig sind (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Kläger haben keinen Anspruch auf höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft, der aus § 19 Abs. 2 SGB XII i.V.m. §§ 41 ff., 42 Nr. 4, 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII folgen würde.

1. Die Beklagte ist als kreisfreie Stadt örtlicher Träger der Sozialhilfe und damit für die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII sachlich zuständig (vgl. § 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 1 des Ausführungsgesetzes zum SGB XII für das Land Nordrhein-Westfalen (AG–SGB XII NRW)).

2. Nach § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB XII ist Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII Personen zu leisten, die die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 SGB XII erreicht haben oder das 18. Lebensjahr vollendet haben und dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, sofern sie ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus ihrem Einkommen und Vermögen, bestreiten können. Nach § 42 Nr. 4 SGB XII umfassen die Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach dem Vierten Abschnitt des Dritten Kapitels. § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sieht insoweit zunächst vor, dass Bedarfe für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden. Nach § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII sind die Aufwendungen für die Unterkunft, wenn sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Abs. 2 SGB XII zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 2 dieser Regelung bestimmt weiter, dass dies so lange gilt, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Die Kläger haben hiernach einen Anspruch auf Übernahme der angemessenen, nicht aber der tatsächlichen Kosten der Unterkunft.

a) Aufgrund dessen, dass die Beklagte die Kläger bereits im Jahre 2005 aufgefordert hatte, die Kosten der Unterkunft zu senken, waren im hier streitigen Zeitraum gem. § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB XII lediglich die angemessenen Kosten der Unterkunft zu zahlen. Die Kläger können aus der im Jahre 2011 abgelehnten Zustimmung zum Umzug bereits deshalb keinen Anspruch auf die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft herleiten, weil der Bescheid vom 14.03.2011 in Bestandskraft erwachsen ist.

b) Die von den Klägern bewohnte Wohnung überschreitet mit einer Bruttokaltmiete i.H.v. 445,20 EUR die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft. Bedenken gegen die von der Beklagten für einen Zweipersonenhaushalt ermittelte angemessene Bruttokaltmiete i.H.v. 403,65 EUR bestehen nicht.

Bei dem Begriff der Angemessenheit der Unterkunftskosten handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der in vollem Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 16.09.2012, B 4 AS 109/11, Rn. 14; Ottersbach, in: Jung (Hrgs.), § 35 SGB XII, Rn. 38). Dabei ist zunächst die angemessene Leistung für die Unterkunft in einem bestimmten örtlichen Vergleichsraum abstrakt zu ermitteln. Sodann ist zu prüfen, ob dem Betroffenen die Anmietung einer Wohnung im Rahmen der abstrakten Angemessenheit auch konkret möglich und subjektiv zumutbar gewesen ist (vgl. Ottersbach, a.a.O., Rn. 39, m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des für die Auslegung des Rechts der Sozialhilfe zuständigen 8. Senats des BSG, der die Kammer nach eigener Prüfung folgt, ist die abstrakte Angemessenheit der Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft, unter Rückgriff auf die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG, nach der sog. Produkttheorie zu ermitteln. Hiernach bestimmt sich die Angemessenheitsgrenze nicht nur durch die Wohnungsgröße, sondern auch durch Ausstattung, Lage und Bausubstanz, die nur einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen müssen und keinen gehobenen Lebensstandard aufweisen dürfen; die Angemessenheit ergibt sich dann aus dem Produkt von Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 24/08 R, Rn. 14 ff., m.w.N.). Erster Prüfungsschritt ist demnach die angemessene Größe der Wohnung. In einem zweiten Schritt ist der angemessene Quadratmeterpreis mittels eines schlüssigen Konzepts für einen homogenen Lebensraum zu ermitteln (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2010, a.a.O.).

Die angemessene Größe der Wohnung richtet sich nach den landesrechtlichen Durchführungsvorschriften zu § 10 des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) i.V.m. den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen. Maßgeblich ist in Nordrhein-Westfalen insoweit § 18 des Gesetzes zur Förderung und Nutzung von Wohnraum für das Land Nordrhein-Westfalen (WVNG NRW) i.V.m. Ziffer 8.2 des Runderlasses des Ministeriums für Bauen und Verkehr (Az.: IV.5-619-1665/09) vom 12.12.2009 (Wohnraumnutzungsbestimmungen - WNB). Nach diesen Vorschriften ist für zwei Personen eine Mietwohnungsgröße von 65 qm vorgesehen. Hiervon geht auch das Konzept der Beklagten aus (S. 10 des Konzeptes).

Die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze muss auf der Grundlage eines sog. "schlüssigen Konzeptes" erfolgen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09, Rn. 18). Dies soll hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Es handelt sich dabei um bloße Verwaltungsvorschriften, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 50/10 R, Rn. 26), weshalb es einer öffentlichen Bekanntmachung des Konzeptes nicht bedarf (a.A. SG Bayreuth, Urteil vom 26.05.2015, S 4 AS 102/15, Rn. 33).

Von einem "schlüssigen Konzept" ist auszugehen, wenn der Grundsicherungsträger planmäßig im Sinne eines systematischen Vorgehens generelle, wenngleich orts- und zeitbedingte Umstände des maßgeblichen Vergleichszeitraumes in seine Ermittlungen einbezieht und kein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall vorliegt. Dabei sind grundsätzlich alle erforderlichen Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum heranzuziehen. Folgende Voraussetzungen müssen mindestens erfüllt sein:

• Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und
muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,
• es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der
Beobachtung und des Beobachtungszeitraums,
• einer Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung,
• einer Repräsentativität der einbezogenen Daten,
• einer Validität der Datenerhebung,
• der Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der
Datenauswertung und
• Angaben über die gezogenen Schlüsse.

Zuständig für die Entwicklung eines solchen schlüssigen Konzepts sind die Leistungsträger. Aufgabe der Gerichte ist es, anhand der von dem Leistungsträger gelieferten Daten bzw. des grundsätzlich im Rahmen der Amtsermittlungspflicht von ihm angeforderten und zur Verfügung zu stellenden Daten und Unterlagen zu verifizieren, ob die angenommene Mietobergrenze angemessen ist.

Die von der Beklagten mit Gutachten der Analyse und Konzepte GmbH mit Endbericht vom 24.06.2013 entwickelten Richtlinien entsprechen nach Überzeugung der Kammer den o.g. Anforderungen an ein "schlüssiges Konzept". Das in dem Konzept der Beklagten zugrundegelegte iterative Verfahren, in dem zuvor anhand von Bestandsmieten abgeleitete vorläufige Obergrenzen anhand von Angebotsmieten überprüft werden, um eine Neuversorgung sicherzustellen (vgl. S. 25 des Konzeptes), ist nicht zu beanstanden. Im Einzelnen:

aa) Für den räumlichen Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Leistungsberechtigten maßgebend, wobei es für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus entscheidend ist, ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens– und Wohnbereich bilden (vgl. etwa Ottersbach, a.a.O., Rn. 42, m.w.N. zur st. Rspr. des BSG). Zutreffend wurde als maßgeblicher Vergleichsraum von der Beklagten das gesamte Gebiet der Stadt Duisburg festgelegt (S. 4 des Konzeptes). Grundlage der Datenerhebung war der gesamte Vergleichsraum, mithin das gesamte Stadtgebiet. Der Zeuge K. hat dargelegt, dass die Beklagte 15 große Vermieter sowie 3467 kleine Vermieter angeschrieben habe. Bei den privaten Vermietern habe es sich um unterschiedliche Vermietergruppen gehandelt. So seien Vermieter mit Beständen von bis zu 20 Wohnungen angeschrieben worden, aber auch kleinere Vermieter, welche Wohnungen etwa zur Altersvorsorge nutzten. Von den privaten Vermietern hätten 426 Vermieter geantwortet. Insgesamt seien Mieten von 35.571 Wohnungen erfasst worden. Zur Überzeugung der Kammer ist durch dieses Vorgehen gewährleistet, dass eine Ansiedlung der Leistungsempfänger in aufgrund sozialer Struktur, Infrastruktur oder Bausubstanz unattraktiven Gegenden vermieden wird, da sichergestellt war, dass der Wohnungsmarkt des gesamten Stadtgebietes berücksichtigt wurde. Dass die erhobenen Mietwerte über das gesamte Stadtgebiet verteilt waren, wird auch aus der von der Analyse & Konzepte GmbH im Klageverfahren eingereichten Stellungnahme vom 26.02.2016 (Bl. 193 der Gerichtsakte) deutlich, als dort eine Aufschlüsselung der erhobenen Mietwerte anhand der Postleitzahlen im Stadtgebiet dargestellt wird.

bb) Weiterhin wurden der Beobachtungsgegenstand und der Beobachtungszeitraum nachvollziehbar definiert. Ausweislich des Konzeptes wurden nur Wohnungsbestände berücksichtigt, die über eine vermieterseitige Ausstattung der Wohnung mit einem Bad und einer Sammelheizung verfügten (S. 12 des Konzeptes). Der Zeuge K. hat erläutert, dass die Vermieter bereits auf einer Informationsveranstaltung darauf hingewiesen worden seien, dass entsprechende Wohnungen nicht zu melden seien. Gleichwohl habe nach der Meldung eine nochmalige Überprüfung stattgefunden. Bei der Mietwerterhebung wurden Wohnungen aller Wohnungsgrößen erfasst, wobei bei der Auswertung der 1-Personen Haushalte eine Beschränkung auf eine Wohnfläche von 35 bis 50 Quadratmetern vorgenommen wurde, um Quadratmeter abhängige Mietpreis Verzerrungen zu reduzieren (S. 11 des Konzeptes). Gegen diese Vorgehensweise zum Ausschluss von Verzerrungen bestehen keine Bedenken (vgl. auch Thüringer LSG, Urteil vom 08.07.2015, L 4 AS 718/14, Rn. 66). Der Zeuge K. hat zudem plausibel erläutert, dass eine Berechnung unter Einbeziehung kleinerer Wohnungen mit mindestens 20 Quadratmetern ergeben habe, dass sich bezogen auf den Quadratmeterpreis eine Abweichung von 0,01 EUR nach unten ergebe, womit der Wert für 1-Personenhaushalte dann nicht 4,69 EUR pro Quadratmeter sondern 4,68 EUR pro Quadratmeter betragen würde. Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum von Juli 2012 bis Februar 2013, wobei die Mietdaten unabhängig vom Erhebungsdatum jeweils zum Stichtag 01.09.2012 erhoben wurden (S. 15 des Konzeptes).

cc) Die erhobenen Daten sind auch repräsentativ. Die bei der Mietwerterhebung berücksichtigten 35.571 Mietwerte entsprachen einem Anteil von 21 % des vermieteten Wohnraums. Es bestehen auch keine Bedenken gegen eine Validität der Datenerhebung. Denn es wurden anhand von Filterfragen Mieten, die mit persönlichen Beziehungen oder mit weiteren Leistungen gekoppelt waren, ausgeschlossen (S. 13 des Konzeptes).

dd) Zur Überzeugung der Kammer wurden die ermittelten Datenbestände auch nach wissenschaftlich mathematisch-statistischen Grundsätzen erfasst. Bei der Dublettenprüfung, der Extremwertkappung und der Berechnung von Perzentilen für die Steuerung einer statistischen Verteilung handelt es sich um anerkannte Verfahren zur Datenerhebung und der mathematischen Errechnung daraus resultierender statistischer Werte. Sie sind nötig, um ein Verfälschen der Daten durch zufällige große Abweichungen nach oben oder unten bzw. durch eine doppelte Erfassung der Daten zu verhindern.

Bedenken bestehen auch nicht im Hinblick auf die Ableitung der Angemessenheitsgrenzen und der Definition des angemessenen Marktsegments (S. 20 des Konzeptes). Dabei geht das Konzept zutreffend davon aus, dass Bedarfsgemeinschaften nicht als alleinige Nachfragegruppe nach preisgünstigen Wohnraum betrachtet werden dürfen, sondern auch konkurrierende Nachfragergruppen, die auf den gleichen preiswerten Wohnraum angewiesen sind, zu berücksichtigen sind, wozu insbesondere Wohngeldempfänger, Geringverdiener ohne Leistungsbezug sowie Empfänger von BAföG/Berufsausbildungsbeihilfe gezählt wurden (S. 20 des Konzeptes). In der Tabelle 4 (S. 21 des Konzeptes) ist ersichtlich, dass bei der Bestimmung der Nachfragergruppen im unteren Marktsegment die "Bedarfsgemeinschaften nach SGB II", "Wohngeldempfänger" und die "Bedarfsgemeinschaften HLU/SGB XII" anhand jeweils aktueller statistischer Erhebungen ermittelt wurden. Lediglich die Position der "sonstige Nachfragergruppen" basiert auf einer Schätzung, wobei in der Fußnote auf den "Bundesdurchschnitt nach BBSR-Forschungsprojekt Kosten der Unterkunft und Wohnungsmärkte" Bezug genommen wird. Der Zeuge K. hat erläutert, dass es für diese Gruppe keine statistischen Daten gibt, weshalb eine Schätzung erforderlich gewesen sei. Es handele sich um eine Gruppe, die preiswerten Wohnraum verlange, über die jedoch keine statistischen Erhebungen geführt würden, beispielsweise Gruppen, die über hohes Einkommen verfügten, jedoch wenig für ihre Wohnung ausgeben wollten. Er gehe davon aus, dass die Gruppe dieser nachfragenden Personen eine Größe von 10 % der jeweiligen Haushalte habe. Auf dieser Basis seien die entsprechenden Werte geschätzt worden. In ihrer Stellungnahme vom 26.02.2016 hat die Analyse & Konzepte GmbH weiterhin erläutert, dass diese Einschätzung auf dem Gutachten "KdU und die Wohnungsmärkte" (Heft 142 in der Schriftenreihe "Forschungen", herausgegeben im Jahr 2009 vom Bundesministerium für Verkehr, Bauwesen und Stadtentwicklung) basiere, in dem auf Grundlage umfangreicher Datenanalysen die Größenordnungen einzelner Geringverdienergruppen berechnet worden seien. Ausweislich einer in Bezug genommenen Tabelle 4 (S. 19) dieses Gutachtens betrug der Anteil der "Geringverdienerhaushalte ohne Leistungsbezug" 7,5 % der Haushalte Ende 2006. Im Konzept der Beklagten seien für diese Gruppe 10 % der jeweiligen Haushaltsgrößen veranschlagt worden, also deutlich mehr. Bedenken gegen diese Verfahrensweise bestehen nicht. Denn es handelt sich bei der Gruppe der "sonstigen Nachfrager", anders als bei den weiteren Gruppen im unteren Marktsegment, um eine Personengruppe, die statistisch nicht erfasst ist, sondern die sich nur ableiten, d.h. rechnerisch ermitteln lässt. Der Gruppe kommt im Rahmen des schlüssigen Konzepts eine Pufferfunktion zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der in Bezug genommenen Berechnung der "Geringverdienerhaushalte ohne Leistungsbezug" Ende 2006 gleichfalls um eine bundesweite Berechnung – und keine Erhebung – handelte. Es sind mithin von der Analyse & Konzepte GmbH keine "veralteten Zahlen" zugrundegelegt worden (so aber offenbar SG Dortmund, Urteil vom 19.02.2016, S 62 SO 444/14, Rn. 42), sondern es ist aktuell und bezogen auf den Beobachtungszeitraum (Juli 2012 bis Februar 2013) eine Schätzung vorgenommen worden, bei der – im Rahmen der Schätzung – auf Berechnungen aus dem Jahre 2006 zurückgegriffen wurde. Dass der Pufferfunktion der "sonstigen Nachfragergruppen" mit der vorgenommenen Schätzung genüge getan wurde, zeigt sich auch daran, dass der Durchschnitt der Nachfragergruppe im unteren Marktsegment bei 30 % lag (Tabelle 4, S. 21 des Konzeptes), während die von der Analyse & Konzepte GmbH im Schreiben vom 26.02.2016 unter Bezugnahme auf den Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbands 2016, Seite 22, angeführte Armutsquote in Duisburg im Jahre 2014 24,8 % und im Jahre 2012 24,6 % betrug.

c) Die Datenerhebung fand von Juli 2012 bis Februar 2013, zum Stichtag 01.09.2012 statt. Da es sich bei dem Konzept lediglich um eine interne Verwaltungsrichtlinie handelt (vgl. bereits oben, II., 2., b) der Entscheidungsgründe), kommt dem Erhebungsstichtag keine normative Bedeutung zu (vgl. Thüringer LSG, Urteil vom 08.07.2015, a.a.O., Rn. 59). Vielmehr bilden die erhobenen Daten ab Juli 2012 eine berücksichtigungsfähige Erkenntnisquelle. Die Daten können zur Überzeugung der Kammer auch bereits für den Monat Juni 2012 - denn streitig sind im vorliegenden Verfahren die Kosten der Unterkunft den Zeitraum Juni bis Dezember 2012 - herangezogen werden. Denn dafür, dass im Juni 2012 die ermittelten Angemessenheitsrichtwerte nicht ausreichend waren, um die Versorgung der Leistungsbezieher mit Wohnraum gewährleisten zu können, ist nichts ersichtlich.

d) Weiterhin war den Klägern die Anmietung einer Wohnung im Rahmen der abstrakten Angemessenheit auch konkret möglich und subjektiv zumutbar. Aufgrund der im Zeitraum von Juli 2012 bis Februar 2013 durchgeführten Auswertung von Angebotsmieten auf verschiedenen Internetplattformen, der örtlichen Tagespresse, Anzeigenblättern sowie Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Stadtgebiet (S. 17 des Konzeptes) ist nachgewiesen, dass im streitgegenständlichen Zeitraum Wohnungen zu Preisen innerhalb der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zur Verfügung standen (sh. auch Tabelle 10, S. 30 des Konzeptes, wonach bei 2-Personenhaushalten 52 % der Angebote zu einer maximalen Bruttokaltmiete i.H.v. 403,65 EUR zur Verfügung standen).

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

IV. Die Berufung ist nicht zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750 EUR nicht übersteigt (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Denn die von den Klägern begehrte Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft, die sich für die Monate Juni bis Dezember 2012 auf die weitere Zahlung von 290,58 EUR richtet, erreicht diesen Wert nicht. Weiterhin sind auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr streitig (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Darüber hinaus hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) und es wird nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abgewichen (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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