L 9 R 1610/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 142/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1610/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Die1947 geborene Klägerin hat von April 1962 bis April 1965 Verkäuferin gelernt und war anschließend bis Dezember 1965 als Verkäuferin beschäftigt. Von Januar 1966 bis Oktober 1988 war sie als Angestellte bei einer Sparkasse bzw. Bank tätig, wobei sie nach berufsbegleitender Weiterbildung von 1981 bis 1982 die Prüfung zur Bankkauffrau ablegte. Nach der Geburt ihrer Tochter im Dezember 1987 war die Klägerin nicht berufstätig. Sie absolvierte von 1995 bis 1998 eine Ausbildung zur Altenpflegerin und ist seit Oktober 1998 bei der Diakonie L. 28,9 Stunden wöchentlich (5,8 Stunden täglich) als Altenpflegerin im ambulanten Pflegedienst beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis besteht fort.

Vom 2.12. bis 23.12.2003 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren in der Werra-Reha-Klinik in Bad S.-A ... Die dortigen Ärzte entließen die Klägerin als arbeitsfähig und führten im Entlassungsbericht vom 7.1.2004 aus, die Klägerin sei in der Lage, als Altenpflegerin sechs Stunden und mehr zu arbeiten. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne ständig vorgebeugte und seitgeneigte Zwangshaltungen könne sie ebenfalls sechs Stunden und mehr ausüben.

Am 29.11.2004 beantragte die Klägerin die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein orthopädisches Gutachten bei Dr. W. ein. Dieser stellte im Gutachten vom 29.12.2004 bei der Klägerin folgende Diagnosen: 1. Degeneratives HWS-Syndrom 2. Zervikobrachialgie beidseits 3. Adipositas 4. Degeneratives LWS-Syndrom 5. Hohlkreuz 6. Verdacht auf Epicondylitis humeri radialis links 7. Retropatellararthrose links. Die Klägerin sei als Altenpflegerin drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne häufiges Bücken, ohne Ersteigen von Leitern, Treppen und Gerüsten, Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen und Arbeiten in Zugluft könne sie drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Eine weitere Abklärung der Beschwerden sei anzustreben. Ferner ließ die Beklagte die Klägerin vom Internisten Dr. E. gutachterlich untersuchen. Er stellte im Gutachten vom 28.1.2005 auf seinem Fachgebiet eine latente Hyperthyreose fest und führte unter Berücksichtigung der auf orthopädischem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen aus, als Altenpflegerin sei die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten könne die Klägerin drei bis unter sechs Stunden verrichten. Auf Grund der rezidivierenden Zervikobrachialgie und der links stärker als rechts auftretenden Lumboischialgien sei das Heben und Tragen schwerer Lasten nicht sinnvoll. Auch seien Kälteeinwirkung, Nässe und statische Dauerhaltungen zu meiden.

Mit Bescheid vom 5.4.2005 gewährte die Beklagte der Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1.12.2004. Wegen Überschreitung der zulässigen Hinzuverdienstgrenze kam die Rente jedoch nicht zu Auszahlung.

Hiergegen legte die Klägerin am 29.4.2005 Widerspruch ein, mit dem sie die Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrte, und legte einen Entlassungsbericht des Rehabilitationskrankenhauses Ulm vom 28.4.2004 sowie ein ärztliches Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. vom 15.9.2005 vor. Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin vom Neurologen und Psychiater Dr. K. gutachterlich untersuchen. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 12.10.2005 folgende Diagnosen: 1. Rezidivierende Lumbalgien mit radikulärer Ausstrahlung 2. Verdacht auf somatoforme Überlagerung/somatoforme Schmerzstörung 3. Anpassungsstörung 4. Verdacht auf überwiegend anankastische Persönlichkeitsstörung. Als Altenpflegerin sei die Klägerin unter drei Stunden täglich einsetzbar. Es bestünden bei ihr eine verminderte Konzentration, vermindertes Anpassungsvermögen mit erhöhter Reizbarkeit. Längeres Sitzen oder Stehen sei ihr nicht möglich. Häufiges Bücken sowie Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen sowie häufig wechselnde Arbeitszeiten seien auszuschließen. Der Klägerin werde empfohlen, über eine antidepressive Begleitmedikation mit ihrem behandelnden Neurologen zu sprechen Die Beratungsärztin Dr. D. führte dazu unter 2.11.2005 aus, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin vollschichtig verrichten. Die Behandlungsmöglichkeiten seien in keiner Weise ausgeschöpft. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 12.1.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm, mit der sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiter verfolgte. Sie gab an, sie sei weiterhin als Altenpflegerin beschäftigt, es seien jedoch erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten aufgetreten.

Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen und holte ein Gutachten auf orthopädischem Gebiet ein.

Der Orthopäde Dr. W. erklärte am 15.2.2006, die Klägerin sei erstmals am 27.4. 2004 in seiner Praxis gewesen, die letzte Behandlung sei am 1.2.2005 erfolgt, er habe bei der Klägerin ein degeneratives Lumbalsyndrom, eine Bandscheibenprotrusion L 3 bis 5 sowie eine Osteopenie festgestellt. Eine leichte Tätigkeit sei der Klägerin mindestens sechs Stunden täglich möglich. Der Neurologe und Psychiater Dr. Lang gab am 21.2.2006 an, er habe die Klägerin erstmals am 27.9.2005 und zuletzt am 17.10.2005 gesehen. Er habe ein schmerzhaftes Wirbelsäulensyndrom mit einer Ischialgie L 5 rechts und einen vertebragenen Kopfschmerz bzw. vertebragene Schwindelbeschwerden diagnostiziert. Damals sei keine schwerwiegende Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf seinem Fachgebiet vorhanden gewesen. Der Orthopäde Dr. Beck teilte mit, einen aktuellen Befund könne er nicht mitteilen, da die Klägerin letztmals am 30.9.2003 in seiner Praxis gewesen sei. Dr. L. gab unter dem 15.3.2006 an, er behandele die Klägerin seit Januar 2001, zuletzt habe er sie am 13.3.2006 untersucht. Er habe bei ihr eine Lumboischialgie links und ein HWS-Syndrom festgestellt. Seit September 2005 sei eine wesentliche Verschlechterung eingetreten; die Klägerin leide unter ständigen Schmerzen und könne sich nur unter großen Schmerzen bücken. Sie könne nicht längere Zeit ruhig stehen oder sitzen. Sie sei nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das maßgebliche Leiden liege auf orthopädischem und neurologischem Gebiet. Die Klägerin sei wie folgt arbeitsunfähig gewesen: 25.3. bis 5.4.2003, 9.10. bis 19.10.2003, 18.2. bis 5.3.2005, 16.9. bis 30.9.2005 und 10.10. bis 21.10.2005.

Der Orthopäde Dr. K. stellte im Gutachten vom 14.6.2006 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. HWS-Syndrom bei deutlichen degenerativen Veränderungen im Sinne von Spondylosen und Chondrosen 2. Beginnende Retropatellararthrose links 3. Leichtes Karpaltunnelsyndrom links 4. Schmerzhaftes LWS-Syndrom bei leichten degenerativen Veränderungen mit wechselseitiger L5-Ischialgie. Die Klägerin sei in der Lage, leichte und auch kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten in wechselnden Positionen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien dauernde Überkopfarbeiten und schnelles Bewegen der HWS, dauerndes Heben und Tragen von schweren und schwersten Lasten, dauernde Zwangshaltungen, überhäufiges Bücken sowie ausschließliches Stehen und Gehen. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei nicht eingeschränkt.

Die Klägerin legte einen Bericht der Orthopädischen Klinik der Hessing Stiftung A. vom 24.8.2006 über einen stationären Aufenthalt vom 3.8. bis 12.8 2006 vor, in der eine Funktionsmyelographie sowie eine minimal-invasive Wirbelsäulentherapie durchgeführt worden waren. Die dortigen Ärzte führten aus, sie empfählen die Fortführung der konservativen Therapie mit Krankengymnastik zur eigenständigen Beübung sowie die bedarfsgerechte Versorgung mit Schmerzmedikation unter Magenschutz. Bei degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule empfählen sie ein rückendiszipliniertes Verhalten (kein schweres Heben, keine Verdrehbewegung, kein tiefes Sitzen).

Mit Urteil vom 14.2.2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Beklagte habe zu Recht entschieden, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung zustehe. Es könne offen bleiben, ob die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, einer Tätigkeit als Altenpflegerin nachzugehen. Jedenfalls sei sie noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Hierbei stütze sich das SG im wesentlichen auf das im Klageverfahren eingeholte Gutachten von Dr. K ... Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 28.2.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.3.2007 Berufung eingelegt und vorgetragen, das Urteil des SG sei rechtsfehlerhaft, da nicht darauf eingegangen worden sei, dass sie ausschließlich unter Einnahme stärkster Schmerzmittel in der Lage sei, ihre Tätigkeit als Altenpflegerin auszuüben. Unter normalen Bedingungen sei sie nicht mehr in der Lage, in irgendeiner Art und Weise eine wie auch immer geartete Berufstätigkeit zu verrichten. Vor dem vom SG eingeholten Sachverständigengutachten sei sie mehrere Wochen im Urlaub gewesen, sodass sie erholt und ausgeruht gewesen sei. Sie habe deswegen angeregt, ein weiteres Gutachten einzuholen, um festzustellen, ob sie auch im Falle der Nichteinnahme starker Schmerzmittel noch in der Lage sei, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Auch sei bisher nicht berücksichtigt worden, dass sie wegen der Schmerzen und der Einnahme starker Schmerzmittel unter psychischen Problemen leide, weswegen sie psychologische Hilfe in Anspruch nehmen müsse. Die Klägerin hat eine Bescheinigung des Psychiaters B. vom 16.5.2007 vorgelegt, wonach sie am 13.4.2007 erstmals in seiner Sprechstunde gewesen sei. Eine weitere Behandlung sei indiziert, aber noch nicht erfolgt, weil sich die Klägerin seit 23.4.2007 in stationärer Behandlung befinde. Dr. L. hat im Attest vom 23.5. 2007 ausgeführt, ab dem 19.11.2006 sei mit einer medikamentösen Therapie bei Depression begonnen und ergänzend eine Gesprächstherapie durchgeführt worden. Eine zusätzliche psychiatrische Betreuung erfolge durch den Psychiater B ... Die Klägerin hat die Bewilligung der Krankenkasse vom 17.9.2007 für eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (25 Einzelsitzungen von mindestens 50 Minuten) vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 14. Februar 2007 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr an Stelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Vom 24.4. bis 22.5.2007 befand sich die Klägerin zu einem Heilverfahren in der Kurpark-Klinik Bad Sch. Die dortigen Ärzte diagnostizierten im Entlassungsbericht vom 22.5. 2007 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen: 1. Chronifiziertes Schmerzsyndrom mit rezidivierender Lumboischialgie bei Osteochondrose 2. Facettengelenksarthrose L 2/3 und L 4 - S1 3. Depression. Die Klägerin wurde als arbeitsunfähig entlassen. Als Altenpflegerin sei die Klägerin drei bis unter sechs Stunden täglich einsetzbar. Leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken könne sie sechs Stunden und mehr verrichten.

Der Senat hat den Psychiater B. als sachverständigen Zeugen schriftlich gehört. In der Auskunft vom 16.7.2007 hat er ausgesagt, die Klägerin habe ihn nach dem 13.4.2007 am 29.5. und 26.6.2007 aufgesucht. Er habe bei der Klägerin eine mittlere depressive Episode, eine Somatisierungsstörung, eine Angststörung, eine Panikstörung und Schmerzen an der LWS festgestellt, die Medikation geändert sowie psychiatrisch-psychotherapeutische Gespräche geführt.

Mit Verfügungen vom 18.9.2007 und 21.9.2007 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung an Stelle der bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 18.9. und 21.9.2007 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen des Dr. K. gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab.

Ergänzend ist auszuführen, dass sich auch zur Überzeugung des Senats eine volle Erwerbsminderung der Klägerin, d. h. ein Absinken ihres beruflichen und körperlichen Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf weniger als sechs bzw. drei Stunden für leichte Tätigkeiten nicht belegen lässt. Dies ergibt sich im wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der Entlassungsberichte der Werra-Reha-Klinik vom 7.1.2004 und der Kurpark-Klinik vom 22.5.2007 sowie der Gutachten des Orthopäden Dr. W. vom 29.12.2004, des Internisten Dr. E. vom 28.1.2005 und das Neurologen und Psychiaters Dr. K. vom 12.10.2005, der sachverständigen Zeugenaussagen des Orthopäden Dr. W. vom 15.2.2006, des Neurologen und Psychiaters Dr. L. vom 21.2.2006 sowie des Sachverständigengutachtens von Dr. K. vom 14.6.2006.

Die Klägerin leidet danach seit Jahren insbesondere an folgenden, ihre körperliche und berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigenden Gesundheitsstörungen: • Chronifiziertes Schmerzsyndrom mit Lumboischialgie • HWS Syndrom. Diese Gesundheitsstörungen haben zwar qualitative Leistungsausschlüsse zur Folge. Der Klägerin dürfen keine schweren und ständig mittelschweren Tätigkeiten, kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, keine Arbeiten in Zwangshaltungen, in Nässe und Zugluft, auf Leitern und Gerüsten, im ausschließlichen Stehen und Gehen, mit sehr häufigem Bücken und dauernden Überkopfarbeiten mehr zugemutet werden. Die Klägerin ist jedoch nicht gehindert, körperlich leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen sechs Stunden, und erst recht nicht drei Stunden, täglich zu verrichten. Dies ergibt sich für den Senat insbesondere aus den überzeugenden gutachterlichen Beurteilungen von Dr. und Dr. K. sowie den Ärzten der Reha-Kliniken.

Durch die auf internistischem Gebiet vorliegende latente Hyperthyreose wird das Leistungsvermögen der Klägerin nicht weitergehend eingeschränkt, wie sich aus dem Gutachten von Dr. Eisele vom 28.1.2005 ergibt.

Die bei der Klägerin anlässlich des Heilverfahrens von April/Mai 2007 erstmals diagnostizierte Depression, die erst seit April 2007 fachärztlich vom Psychiater B. mit Medikamenten und psychotherapeutischen Gesprächen (13.4., 29.5. und 26.6.2007) behandelt wird, und deretwegen der Klägerin von der Krankenkasse am 17.9.2007 eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie (25 Einzelsitzungen) bewilligt wurde, ist einer Behandlung zugänglich und führt daher bisher zu keiner vollen Erwerbsminderung auf Dauer. Darüber hinaus haben weder Dr. K. (Gutachten vom 12.10.2005) noch Dr. L. (sachverständige Zeugenaussage vom 21.2.2006) und auch nicht der Psychiater B. (sachverständige Zeugenaussage vom 16.7.2007) einen derart gravierenden Befund auf psychiatrischem Gebiet beschrieben, der leichte und einfache Tätigkeiten sechs Stunden täglich - und erst recht nicht drei Stunden täglich - ausschließen würde. Die Ärzte der Kurpark-Klinik, die die Klägerin im April/Mai 2007 mehrere Wochen beobachten konnten, haben trotz der Diagnose Depression ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten bejaht. Diese Beurteilung wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin - abgesehen von zeitweiligen Arbeitsunfähigkeitszeiten - seit Rentenantragstellung im November 2004 - sogar ihre ihr körperlich nicht mehr zumutbare Tätigkeit als Altenpflegerin 5,8 Stunden täglich ausgeübt hat, wobei sie im wesentlichen auf Grund von Schmerzzuständen arbeitsunfähig war, nicht jedoch wegen Auswirkungen einer Depression. Der abweichenden Beurteilung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. L. folgt der Senat nicht, zumal er selbst angegeben hat, dass die maßgeblichen Beschwerden auf orthopädischem und neurologischem Gebiet liegen und die Ärzte dieser Fachgebiete ein sechsstündiges, und erst recht ein dreistündiges Leistungsvermögen der Klägerin für leichte Tätigkeiten bejahen.

Zusammenfassend ist die Klägerin unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihr diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben. Die Klägerin ist somit nicht voll erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden - und erst recht nicht drei Stunden - begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, die noch ausgeübt werden kann, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Auf den allgemeinen Arbeitsmarkt für Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs ist bei der Klägerin abzustellen, da sie wegen des Berufschutzes bereits eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zuerkannt bekommen hat.

Der Klägerin ist somit - an Stelle der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung - keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für sie zuständige Arbeitsagentur einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Vielmehr hat Dr. K. die Wegefähigkeit der Klägerin ausdrücklich bejaht. Auch benötigt die Klägerin bei ihrem beschriebenen Restleistungsvermögen angepassten Tätigkeiten keine betriebsunüb¬lichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte.

Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die der Klägerin noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten nicht mit Heben und Tragen schwerer Lasten über 10 kg, mit sehr häufigem Bücken, mit Zwangshaltungen, mit Tätigkeiten in Nässe und Zugluft, auf Leitern und Gerüsten, ausschließlichem Stehen und Gehen sowie dauernden Überkopfarbeiten verbunden. Die benannten Leistungs- und Funktionsausschlüsse führen zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die der Klägerin - bei der Prüfung der vollen Erwerbsminderung - noch zumutbaren Arbeiten (z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) überwiegend im Sitzen bzw. in wechselnder Körperhaltung in geschlossenen wohltemperierten Räumen zu ebener Erde durchgeführt werden. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.

Selbst wenn die Klägerin auf Grund der Einnahme von Schmerzmitteln gehindert sein sollte, längere Autofahrten zu unternehmen und als Altenpflegerin tätig zu sein, kann sie trotz Schmerzmitteleinnahme, die grundsätzlich zumutbar ist, die genannten leichten Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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