L 9 R 2583/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 797/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2583/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. März 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Weitergewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den Monat Mai 2004 hinaus.

Die 1951 geborene Klägerin ist seit März 1977 als Sekretärin bei der Stadtverwaltung der Stadt Konstanz beschäftigt. Wegen eines Unterkieferkarzinoms wurde im Januar und Februar 2002 eine Chemotherapie durchgeführt und im März 2002 eine Mundboden-Unterkieferteilresektion rechts sowie eine Lymphknotenausräumung rechts vorgenommen. Vom 14.5. bis 11.6.2002 befand sich die Klägerin im Parksanatorium in Aulendorf, von wo sie als arbeitsunfähig entlassen wurde.

Auf Grund ihres Rentenantrags vom 6.8.2002 ließ die Beklagte die Klägerin vom Internisten Dr. L. gutachterlich untersuchen, der im Gutachten vom 15.11.2002 zum Ergebnis gelangte, derzeit sei von einem reduzierten Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden für die bisherige Tätigkeit auszugehen. Eine Besserung sei wahrscheinlich, weswegen nach einem Jahr eine erneute Überprüfung vorgenommen werden sollte.

Mit Bescheid vom 20.2.2003 gewährte die Beklagte der Klägerin ausgehend von einem Leistungsfall vom 23.12.2001 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 1.7.2002 bis 30.4.2004. Ab 1.7.2003 reduzierte die Klägerin ihre Arbeitszeit auf 23 Stunden wöchentlich bzw. 4,36 Stunden täglich.

Am 26.11.2003 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 30.4.2004 hinaus. Die Beklagte holte einen Befundbericht bei dem Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Dr. P. ein. Mit Bescheid vom 15.4.2004 gewährte die Beklagte die Rente - wegen noch nicht abgeschlossener Ermittlungen - bis zum 31.5.2004 weiter.

Die Beklagte ließ die Klägerin von dem Internisten Dr. H. gutachterlich untersuchen. Dieser stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 19.7.2004 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Zustand nach Plattenepithelkarzinom des Mundbodens • Chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) • Zustand nach Struma nodosa mit leichter Thyreoiditis • Adipositas. Er führte aus, auf internistischem Gebiet lägen keine Erkrankungen vor, die eine Erwerbsminderung erkennen ließen. Die Klägerin sei in der Lage, als Sekretärin sechs Stunden und mehr zu arbeiten.

Mit Bescheid vom 6.9.2004 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Rente ab, weil die Klägerin nicht mehr teilweise erwerbsgemindert und auch nicht voll erwerbsgemindert sei.

Hiergegen legte die Klägerin am 30.9.2004 Widerspruch ein und ärztliche Unterlagen vor. Die Beklagte ließ sich Befundberichte von Dr. P. vom 23.11.2004, vom HNO-Arzt Dr. M. vom 18.1.2005, vom Lungenarzt Dr. H. vom 26.1.2005 vorlegen und holte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Dr. A. vom 15.2.2005 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.3.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 4.4.2005 Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz, mit der sie die Weitergewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 31.5.2004 hinaus weiter verfolgte. Das SG hörte die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. N., den Orthopäden Dr. B. und Dr. H. schriftlich als sachverständige Zeugen (Auskünfte vom 21.6., 9.8. und 30.8.2005).

Anschließend beauftragte das SG Prof. Dr. W., Chefarzt der Oberschwaben Klinik, mit der Begutachtung der Klägerin. Dieser stellte im internistischem Gutachten vom 3.1.2006 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest: • Zustand nach Mundbodenkarzinom T2 N1 MX, aktuell kein Rezidiv • Kognitive Defizite nach Cisplatin-haltiger Chemotherapie • Chronisch obstruktive Lungenerkrankung • Degenerative LWS-Veränderungen • Metabolisches Syndrom: Hyperlipidämie, Hyperurikämie, arterielle Hypertonie, Adipositas per magna • Depressive Verstimmung mit Angststörung und Schlafstörung. Die Tätigkeit als Sachbearbeiterin und Sekretärin könne die Klägerin weiter auszuüben, wobei von internistischer Seite her eine Tätigkeit bis maximal fünf Stunden täglich ausgeübt werden sollte.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 6.4.2006 führte Professor Dr. W. aus, zwar sprächen Fettsucht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, die Schilddrüsenresektion, die leichtergradigen obstruktiven Ventilationsstörungen und das durchgemachte Krebsleiden nicht gegen eine vollschichtige leichte Tätigkeit. Die Cisplatin-haltige Chemotherapie habe aber zu schwerwiegenden kognitiven Defiziten geführt, die seines Erachtens eine vollschichtige leichte Tätigkeit ausschlössen.

Am 1.6.2006 wurde bei der Klägerin eine linksseitige Hüfttotalendoprothese implantiert. Vom 13.6. bis 4.7. 2006 befand sich die Klägerin zu einem Anschlussheilverfahren in der Birkle-Klinik Ü ... Die dortigen Ärzte stellten im Entlassungsbericht vom 25.7.2006 bei der Klägerin folgende Diagnosen: • Coxarthrose links nach Hüfttotalendoprothese links zementfrei am 1.6.2006 • Adipositas • Asthma bronchiale, entließen die Klägerin als arbeitsunfähig und führten aus, nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit werde die Klägerin in der Lage sein, als Sekretärin sechs Stunden und mehr zu arbeiten.

Der Neurologe und Psychiater Dr. V. stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 4.1.2007 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Dysthymia • Somatisierungsstörung • Spannungskopfschmerzen • Tinnitus links • Zustand nach Chemotherapie mit Cisplatin und Operation eines Mundbodenkarzinoms T2 N1 MX (rezidivfrei) 2002 • Anamnestisch bekannte chronisch-obstruktive Lungenerkrankung • Anamnestisch bekanntes HWS- und LWS Syndrom • Bekanntes metabolisches Syndrom mit Adipositas, Hyperlipidämie, Hyperurikämie und arterieller Hypertonie • Zustand nach Hüftgelenkstotalendoprothese links im Juni 2006. Die Depression sei eher leichtgradig ausgeprägt und hindere die Klägerin - ebenso wie die Somatisierungsstörung - nicht daran, vollschichtig als Sekretärin zu arbeiten bzw. leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Durch eine fachpsychiatrische Behandlung inklusive antidepressiver sowie schlaffördernder Medikation und ambulanter psychotherapeutischer Behandlung sei zu erwarten, dass eine weitere nachhaltige psychophysische Verbesserung mit konsekutiver Auswirkung auf das berufliche Leistungsvermögen zu erreichen sei.

Professor Dr. W. erklärte daraufhin unter dem 6.2.2007, das Gutachten von Dr. Vetter sei überzeugend. Die Gesundheitsstörungen auf internistischem Gebiet sprächen alleine - ohne Vorliegen von Cisplatin-induzierten kognitiven Defiziten -nicht gegen eine vollschichtige leichte Tätigkeit.

Mit Urteil vom 14.3.2007 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 31.5.2004 hinaus. Sie könne ihre Tätigkeit als Sekretärin sowie leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich verrichten, wie sich aus den Beurteilungen von Dr. H. Dr. V. und Professor Dr. W. sowie den Ärzten der Birkle Klinik ergebe. Den hiervon abweichenden Beurteilungen der behandelnden Ärzte der Klägerin habe sich das SG nicht anschließen können. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird Bezug genommen.

Gegen das am 23 ...4.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.5.2007 Berufung eingelegt, ohne diese zu begründen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 14. März 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. September 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 31. Mai 2004 hinaus Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, die Berufung sei bisher nicht begründet worden. Auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils werde Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 9.7.2007 hat der Senat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Weitergewährung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung über den 31.5.2004 hinaus hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 9.7.2007 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das SG hat den rechtserheblichen Sachverhalt umfassend dargestellt, die an eine Rentengewährung geknüpften Voraussetzungen zutreffend benannt und das Beweisergebnis frei von Rechtsfehlern gewürdigt. Hierbei ist es ausführlich auf die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen eingegangen; auch hat es überzeugend begründet, weshalb es den Beurteilungen des Dr. H., Dr. V., Professor Dr. W. und der Ärzte der Birkle Klinik gefolgt ist. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des SG uneingeschränkt an und sieht deshalb von einer Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG weitgehend ab. Neue Gesichtspunkte haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben, zumal die Berufung weder begründet wurde noch neue ärztliche Unterlagen vorgelegt wurden. Zutreffend hat Dr. V. darüber hinaus darauf hingewiesen, dass eine Besserung des Gesundheitszustandes der Klägerin durch eine adäquate psychiatrische Behandlung (medikamentöse Therapie, psychotherapeutische Behandlung) zu erwarten ist. Hierdurch könnte nicht nur objektiv eine weitere Verbesserung des Gesundheitszustandes der Klägerin erreicht werden, sondern auch die Klägerin könne sich subjektiv besser und leistungsfähiger fühlen. Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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