Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 KR 1527/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3995/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. November 2003 abgeändert, soweit das SG die Beklagte zur Zahlung von mehr als 3.287,57 EUR verurteilt hat.
Im Übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte an die Kläger als Gesamtgläubiger 3.287,57 EUR zu zahlen hat.
Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte der am 08. September 1914 geborenen und am 16. Dezember 2006 verstorbenen I. E. F. (Versicherte) 3.449,40 EUR für einen selbstbeschafften Lagerungsrollstuhl (Rollstuhl) zu erstatten hatte. Rechtsnachfolger (Testamentserben zu je ½) der Versicherten sind ihre Kinder S. T., die auch Betreuerin der Versicherten war, und W. F ...
Die Versicherte war als Rentnerin bei der Beklagten krankenversichert und deren Pflegekasse pflegeversichert. Bei der Versicherten war nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) vom Versorgungsamt U. ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit dem Merkzeichen G, B und H festgestellt. Nach einer stationären Behandlung der Versicherten in der Inneren Abteilung des Krankenhaus in H. war sie seit 27. Februar 1998 in einem Pflegeheim (E.-L.-Altenzentrum in H.) zwecks vollstationärer Pflege untergebracht (vgl. Heimvertrag und Änderungsvertrag dazu vom 05. Mai 1998, Blatt 18-28 der SG-Akte). Insoweit gewährte die Pflegekasse der Versicherten zunächst Leistungen der vollstationären Pflege nach Pflegestufe II. In dem Pflege-Gutachten (Dr. H. und Pflegefachkraft W.) des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 21. April 1998 waren insoweit als pflegebegründete Diagnosen senile Demenz bei globaler Hirnartrophie und Harninkontinenz sowie Wirbelsäulen-Syndrom und Poliarthrose genannt. Später gewährte die Pflegekasse der Versichten aufgrund des von Dr. A. und der Pflegefachkraft H. vom MDK erstattete Gutachtens vom 15. Juni 2001 Leistungen nach Pflegestufe III. Die Beklagte versorgte die Versicherten mit einem Standardrollstuhl.
Am 12. September 2002 verordneten die Allgemeinärzte Dres. J. der Versicherten eine "Rollstuhl-Änderung als Rollstuhl-Lagerung wegen extremer Kyphose der BWS". Diese Verordnung ging bei der Beklagten mit einem Kostenvoranschlag des Sanitätshauses N. und S. (Sanitätshaus) vom 25. September 2002 am 05. Februar 2003 ein. Der Kostenvoranschlag belief sich auf 3.449,40 EUR für einen Rollstuhl Cirrus Jubilee einschließlich Trommelbremse, Kopfstütze, Therapietisch, Speichelschutz und Beckengurt. In dem Kostenvoranschlag wurde ausgeführt, die Versicherte leide an Mehrfachkontrakturen der unteren Extremitäten mit einer zusätzlichen stark ausgeprägten Gibbusbildung der Brustwirbelsäule, weswegen eine individuelle Anpassung des Rückenkissens an die anatomischen Anforderungen erforderlich sei, wofür Arbeitszeit und Material zusätzlich berechnet wurde. Die Beklagte erhob dazu eine Stellungnahme des Dr. A. vom MDK in H. vom 11. Februar 2003, der zu dem Ergebnis gelangte, den vorliegenden Unterlagen könne die Indikation für einen Lagerungsrollstuhl nicht entnommen werden. Eine entsprechende Lagerhilfe müsse im Bereich des Pflegeheims vorhanden sein. Mit Bescheid vom 21. Februar 2003 teilte die Beklagte der Versicherten daraufhin mit, das Bundessozialgericht (BSG) habe seine Rechtssprechung zur Hilfsmittelversorgung für Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen ergänzt und dabei auch die "Sphärentheorie" konkretisiert. Es halte die Krankenversicherung auch dann für leistungspflichtig, wenn Pflegebedürftige ihre Wege und Aufenthalte innerhalb des Pflegeheims noch selbst bestimmen würden. Allerdings sei nicht davon auszugehen, dass nun grundsätzlich alle Hilfsmittel von der Krankenkasse zu finanzieren seien. Das BSG stelle auf den wesentlichen Zweck der Hilfsmittelnutzung ab. Bestehe dieser überwiegend darin, die Pflege zu ermöglichen oder zu erleichtern, so begründe allein die Tatsache, dass das Hilfsmittel auch zum Behinderungsausgleich eingesetzt werde, keine Leistungspflicht der Krankenkassen. Für eine Kostenübernahme sei vielmehr ein enger Zusammenhang dahingehend erforderlich, dass das Hilfsmittel der fachlich qualifizierten Behandlungspflege diene. Daher sei ein Lagerungsrollstuhl als typisches Inventar von Pflegeeinrichtungen anzusehen, welcher nicht von der Krankenkasse zu finanzieren sei. Die Versicherte widersprach der Leistungsablehnung mit Schreiben vom 10. März 2003. Entsprechend dem ihr erteilten gleichlautenden Kostenvoranschlag des Sanitätshauses vom 01. September 2003 beschaffte sich die Versicherte den Lagerungsrollstuhl dann und bezahlte dafür (Rechung vom 15. Oktober 2003) 3.449,41 EUR.
Bei der Beklagten war noch ein Schreiben des Dr. J., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 18. März 2003 eingegangen, in dem ausgeführt wurde, die Versicherte sei seit Jahren hochgradig dement. Außerdem sei sie durch eine deformierende PCP und eine schwere Kyphoskoliose der Wirbelsäule stark deformiert. Sie könne deshalb in keinem normalen Rollstuhl sitzen, ohne mit mehrfachen Gurten festgezurrt zu werden. Selbst dann treffe er, der Arzt, sie bei seinen Besuchen oft gefährlich seitlich aus einem solchen Stuhl heraushängend an. In seinen Augen sei es aus medizinischen Gründen unabdingbar, dass bei der vollständigen Entkräftung, durch die keine aktive Körperveränderung mehr möglich sei, sowie durch die schwere Deformierung von Wirbelsäule und Gelenken eine adäquate Lagerung in einem entsprechenden speziellen Rollstuhl vorgenommen werden müsse. Eine solche Maßnahme helfe auch, weiterhin die seit Jahre bestehende Gefahr von Dekubiti zu mindern. Dazu erhob die Beklagte mit dem Hinweis darauf, dass nun die Pflegestufe III anerkannt sei, eine weitere Stellungnahme Dr. A. vom 26. März 2003, der ausführte, dass unzweifelhaft entsprechende Veränderungen bei der Versicherten bestünden. Dennoch könne er keine Indikation für den begehrten Lagerungsrollstuhl sehen. Ein entsprechender Lagerungsrollstuhl mit entsprechenden Lagerungshilfen müsse in einem Pflegeheim vorhanden sein. Die Beklagte wies danach die Versicherte mit Schreiben vom 01. April 2003 darauf hin, dass, da sie in vollstationärer Pflege untergebracht sei, der Heimträger verpflichtet sei, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen. Ferner hätten die Heime für die vollstationäre Pflege das notwenige Inventar vorzuhalten. Zu diesem Inventar gehörten auch Lagerungshilfen, weshalb die Versicherte sich an das Heim wenden solle. Die Versicherte erwiderte, der Heimträger gebe sich bei ihr alle Mühe, sie ausreichend zu pflegen und zu betreuen. Das vorhandene Inventar reiche jedoch nicht aus, um bei ihr auch nur annähernd eine körpergerechte Sitzposition zu gewährleisten, was sie näher ausführen ließ (Blatt 38, 39 der Verwaltungsakte der Beklagten). Dazu erhob die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dr. A. vom 19. Mai 2005, in der ausgeführt wurde, ein Lagerungsrollstuhl sei nur dann erforderlich, wenn die Versicherte überwiegend nicht stabil sitzen könne und daher eine Flachlagerung erforderlich sei. Dies könne im Falle der Versicherten nicht abgeleitet werden, sodass weiterhin festzustellen sei, dass es sich um ein Inventar des Pflegeheims handle und nicht um ein Hilfsmittel, das zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden könne. Dass andernfalls für weitere erforderliche Arztbesuche ein Krankenwagentransport erforderlich wäre, begründe für sich genommen ebenfalls nicht die Versorgung mit einem Lagerungsrollstuhl. Der Widerspruch der Versicherten wurde danach mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2003 zurückgewiesen. Durch den Lagerungsrollstuhl werde weder der Erfolg der Krankenbehandlung gesichert, noch eine Behinderung ausgeglichen, sodass die Krankenkasse als Leistungsträger ausscheide.
Deswegen erhob die Versicherte am 30. Juni 2003 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG), mit der sie die Erstattung von 3.449,40 EUR für die Beschaffung des Lagerungsrollstuhls begehrte. Sie trug vor, bei ihr liege wegen des extremen Rundrückens, verursacht durch eine weit fortgeschrittene Osteroporose, eine Behinderung vor; dadurch sei eine körpergerechte Sitzposition in einem normalen Rollstuhl, der vom Pflegeheim zur Verfügung gestellt werde, nicht möglich, wie auch im Widerspruchsverfahren vorgetragen. Nachdem sich ihr Gesundheitszustand zuletzt erheblich verschlechtert gehabt habe, habe sie dringenden Handlungsbedarf gesehen und deshalb den individuellen Lagerungsrollstuhl in Auftrag gegeben und beschafft. Sie habe trotz eines Beckengurts aus dem Rollstuhl nach vorne herauszukippen gedroht und habe in dieser Sitzhaltung starke Schmerzen gehabt. Insoweit würden die Schmerzen mittels des selbst beschafften Rollstuhls verringert; dies trage zur Krankenbehandlung bei. Die Versicherte reichte verschiedene Unterlagen ein: Heimvertrag und Änderungsvertrag, Kopie des Schwerbehindertenausweises, Kostenvoranschlag des Sanitätshauses vom 25. September 2002, Produktbeschreibung des Rollstuhls Cirrus Jubilee sowie Fotografien.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie trug vor, die aktuelle Schilderung der Versicherten mit den vorgelegten Fotos belege noch deutlicher als bisher schon, dass es sich bei dem begehrten Lagerungsrollstuhl ganz eindeutig um ein Pflegehilfsmittel handle. Es werde nicht bestritten, dass für die Versicherte ein solcher Lagerungsrollstuhl erforderlich sei. Jedoch handle es sich dabei nicht um ein Hilfsmittel der Krankenversicherung, mit dem eine Behinderung ausgeglichen oder der Erfolg einer Krankenbehandlung gesichert werden solle, sondern um ein rein pflegerisches Hilfsmittel. Für Pflegehilfsmittel hätten aber nach der Rechtssprechung des BSG die Pflegeheime aufzukommen.
Mit Urteil vom 25. November 2003 verurteilte das SG die Beklagte, der Versicherten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide 3.449,40 EUR zu erstatten. Der Lagerungsrollstuhl sei kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Der Aufenthalt der Versicherten im Pflegeheim stehe dem Anspruch der Versorgung mit einem solchen Hilfsmittel nicht entgegen. Der von der Versicherten vorgelegte Heimvertrag mache nicht deutlich, dass das Heim verpflichtet sei, die Versicherte mit einem Lagerungsrollstuhl oder einem vergleichbaren Gerät zu versorgen. Der Lagerungsrollstuhl sei von seiner Art her auch kein Gerät, das nach seinem Verwendungszweck ganz überwiegend für die Durchführung der Pflege eingesetzt oder mit dem die Pflege überwiegend erleichtert werde. Vielmehr sei der Lagerungsrollstuhl von seinem Sinn und Zweck sowie seiner tatsächlichen und konkreten Benutzung her dazu gedacht, die Versicherte innerhalb und auch außerhalb des Heims zu bewegen. Die Versicherte werde nicht nur von ihrer sie betreuenden Tochter jeden zweiten Tag besucht und mit dem Lagerungsrollstuhl ins Freie gefahren; nach den Angaben der Betreuerin komme auch der Sohn der Versicherten alle zwei Wochen in das Heim und besuche seine Mutter. Wenn es die Witterung erlaube, bewege sich der die Versicherten besuchende Familienangehörige mit ihr im Freien. Die Selbstbestimmung der Versicherten und die Teilhabe am Leben innerhalb der Heimgesellschaft einerseits und außerhalb des Heims in der freien Natur würden mit dem Lagerungsrollstuhl ermöglicht. Die Versorgung der Versicherten mit einem allgemein üblichen Rollstuhl sei unzweckmäßig und helfe ihr in der desolaten Situation, in der sie sich befinde, nicht weiter. Ungeachtet davon habe die Beklagte der Versicherten die Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die der Befriedigung ihres Grundbedürfnissen dienten. Die Tatsache, dass die Versicherte nicht selbst bestimmen könne, welche Wege sie benutzen oder wohin sie sich bewegen wolle, stehe der Versorgung mit dem Lagerungsrollstuhl nicht entgegen. Nach der von der Versicherten vorgelegten Fotografien sei die bei ihr eingeschränkte Teilnahme am Leben im Heim mit einem herkömmlichen Rollstuhl oder Standardrollstuhl nicht mehr möglich; sie könne ihr Körpergewicht nicht halten, ihre Unterbringung in einem Standardrollstuhl sei angesichts der Gesamtkonstitution nicht mehr indiziert. Auch das Wirtschaftlichkeitsgebot stehe der Kostenerstattung nicht entgegen.
Gegen das der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 18. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat diese am 19. Dezember 2003 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt (L 4 KR 5192/03). Nachdem mit Beschluss vom 10. Februar 2004 das Ruhen des Verfahrens angeordnet war, hat die Versicherte das Verfahren am 28. September 2005 wieder angerufen. Das Verfahren wird von ihren Rechtsnachfolgern, den Klägern, fortgeführt.
Die Beklagte trägt vor, das BSG habe im Urteil vom 22. Juli 2004 (B 3 KR 5/03 R) den Begriff "Objekt der Pflege" geprägt. Es gehe dabei um einen pflegebedürftigen Menschen, der nicht mehr in der Lage sei, über sein eigenes Schicksal selbst zu bestimmen. Willensäußerungen, die seinem Umfeld ein bestimmtes Tun oder Unterlassen bewirken würden, seien nicht mehr möglich. In einem solchen Zustand habe sich die Versicherte befunden. Bei ihr stehe die Pflege (keine eigenständige Bestimmung des Aufenthaltsorts, keine eigenständigen Verrichtungen des täglichen Lebens, keine aktive Teilnahme am Gemeinschaftsleben im Heim) dermaßen im Vordergrund, dass die täglichen Spazierfahrten mit dem Rollstuhl nur noch als pflegerische Leistung im Rahmen der aktivierenden Pflege eingeordnet werden könnten. Dass die Versicherten Eindrücke wahrnehmen und nonverbal habe agieren können, ändere an ihrer, der Beklagten, Beurteilung nichts, weil die Leistungen der Krankenversicherung stets auf eine Förderung der Selbstbestimmung und auf eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ausgerichtet sein müssten. Daran fehle es bei einer völlig dementen Patientin. Die Tatsache, dass hier ein Rollstuhl individuell habe angepasst werden müssen, könne in der Gesamtbetrachtung der Situation nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Vielmehr sei der Rollstuhl hier eindeutig zur sachgerechten Pflege benötigt worden. Die Gefahr der Verminderung oder Behebung von Dekubiti, mithin die sachgerechte Lagerung des Pflegebedürftigen, gehöre zu einer Pflege im Rahmen der vollstationären Betreuung. Der Heimträger habe für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet sei, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen sowie sozial zu betreuen. Dazu gehöre auch die aktivierende Pflege. Das regelmäßige Verlassen des Heimes in Begleitung von Angehörigen sei Teil der zur Verantwortung des Heimes gehörenden sozialen Betreuung und könne insoweit nicht zu Lasten der Krankenkasse gehen. Im Falle der Versicherten ergäben sich keinerlei Hinweise, dass es bei ihr um einen Ausgleich der Behinderung oder um eine rehabilitative Maßnahme zur Eingliederung in das gesellschaftliche Leben gehe, wofür die Krankenkasse zuständig wäre. Aufgrund der völligen Demenz der Versicherten sei sie nicht mehr in der Lage gewesen, eine verantwortungsbewusste Bestimmung über ihr Schicksal zu treffen. Der Vorrang der Leistungsverpflichtung der Krankenkasse entfalle auch in den Fällen, in denen der Betroffene noch in der Lage sei, Eindrücke wahrzunehmen, beispielsweise zu lachen oder auf Ansprache zu reagieren. Auch dabei handle es sich nicht um ein erforderliches aktives Agieren, sondern lediglich um ein passives Reagieren. Auch in solchen Situationen sei es die Aufgabe des Heimträgers, durch aktivierende Pflege Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, welche die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen insbesondere nach Kommunikation berücksichtigen würden. Es dürfe nicht nach dem Grundsatz entschieden werden, dass im Zweifel die Krankenkasse zu zahlen habe. Sie hat verschiedene Unterlagen eingereicht, u.a. ein Gutachten des Dr. Kr. vom MDK vom 04. November 2005.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Betrag von 3.449,40 EUR an sie als Rechtsnachfolger der Versicherten I. E. F. auszuzahlen ist.
Sie halten das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Klägerin zu 1) hat vorgetragen, wegen ihrer Betreuungsfunktion für die Versicherte habe sie seit sieben Jahren beruflich auf ein volles Deputat verzichtet, arbeite nur in Teilzeit, weshalb sie sich an den Nachmittagen um die Versicherte habe kümmern können. Sie habe mit ihr mit dem selbst beschafften Lagerungsrollstuhl nahezu täglich Spaziergänge/Ausfahren in die Innenstadt (Fußgängerzone), zu Spielplätzen, Parkanlagen, zur Kirche sowie auf den Friedhof unternommen. Der zeitliche Umfang habe zwischen eineinhalb und zwei Stunden betragen, je nach dem, ob sich noch ein Besuch eines Cafes oder einer Gartenwirtschaft angeschlossen habe. Im Pflegeheim selbst sei der Lagerungsrollstuhl wenig benutzt worden. Da die Mahlzeiten wegen der Krankheit der Versicherten im Liegen leichter zu verabreichen gewesen seien, sei dies im Bett geschehen. Nach dem Mittagessen sei die Versicherte für ihren (der Klägerin zu 1)) Besuch angezogen und zum Abholen bereitgestellt gewesen. Nach der Rückkehr sei sie direkt wieder ins Bett gekommen. Vor der Anschaffung des Lagerungsrollstuhls sei die Nutzung und der Transport im Faltrollstuhl nicht mehr möglich gewesen, es sei denn, dass dieser um 45 Grad nach hinten abgekippt worden sei. Deswegen sei die ärztliche Verordnung für einen individuell angepassten Lagerungsrollstuhl erfolgt. Der Lagerungsrollstuhl habe in der Spezialanfertigung vorwiegend der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses der Versicherten gedient. Sie habe damit, wenn auch mit fremder Hilfe, regelmäßig das Heim verlassen und dadurch Mobilität und gesellschaftlichen Kontakt zur Vermeidung von Vereinsamung erreicht gehabt. Sprachlich habe sie sich zwar schon seit Jahren nicht mehr zu artikulieren vermocht. Jedoch habe sie durch Mimik und auch durch Gestik eindeutig herausgestellt, dass sie an vielen Tagen sehr empfänglich gewesen sei und Freude nicht nur empfunden habe, sondern auch zum Ausdruck habe bringen können. Bei der Anschaffung und Verwendung des individuell angepassten Lagerungsrollstuhls habe nicht ganz überwiegend die Pflege im Vordergrund gestanden. Gerade vom Pflegepersonal unabhängige regelmäßige Aktivitäten außerhalb des Heims könnten nach gefestigter Rechtsprechung des BSG nicht mehr der Sphäre des Heims und seinem Verantwortungsbereich zugeordnet werden. Im Übrigen habe durch die Anschaffung des individuell angepassten Lagerungsrollstuhls auch eine Rehabilitation des Rückenleidens stattgefunden. Ferner haben die Kläger vorgetragen, sie seien gewillkürte Erben der Versicherten zu gleichen Teilen. Die Kläger haben noch verschiedene Unterlagen eingereicht, darunter auch Fotografien der Versicherten, sowie eine ärztliche Bescheinigung des Dr. J. vom 04. Januar 2008.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, im Wesentlichen jedoch nicht begründet.
Die Beklagte hat gegenüber der Versicherten zu Unrecht mit den angegriffenen Bescheiden die Zurverfügungstellung des verordneten Lagerungsrollstuhls abgelehnt, weshalb der Versicherten nach § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) ein Anspruch auf Erstattung der gemäß der Rechnung des Sanitätshauses von 15. Oktober 2003 nach Erlass der Ablehnungsbescheide selbst beschafften Lagerungsrollstuhls zustand. Allerdings war, bezogen auf die Höhe des Erstattungsanspruchs, der Anspruch in Höhe von 161,83 EUR, der für einen Therapietisch berechnet worden war, nicht begründet, zumal ein derartiger Therapietisch ärztlich nicht verordnet worden war und der Lagerungsrollstuhl nicht zur Durchführung einer Therapie diente. Damit konnte die Versicherte nur die Zahlung von 3.287,57 EUR verlangen. Nur in dieser Höhe steht daher auch den Klägern, die als Rechtsnachfolger der Versicherten den Rechtsstreit insoweit nach dem Tod der Versicherten fortgeführt haben, ein Zahlungsanspruch zu. Nur hinsichtlich des über den Betrag von 3.287,57 EUR hinausgehenden Zahlungsbetrags von 161,83 EUR ist die Berufung begründet, im Übrigen jedoch nicht begründet.
Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Versicherten, die im Eugen-Loderer-Altenzentrum in Heidenheim voll stationär gepflegt wurde, wobei die Pflegekasse der Beklagten die Voraussetzungen der Pflegestufe III anerkannt hatte, einen Anspruch gemäß § 33 SGB V auf die Zurverfügungstellung des von den Dres. J. am 12. September 2002 verordneten Lagerungsrollstuhls hatte, den sich die Versicherte im September/Oktober 2003 selbst beschafft hat (Kostenvoranschlag vom 01. September 2003 und Rechnung vom 15. Oktober 2003). Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Berufungsverfahren Folgendes auszuführen: Im Hinblick auf die von der Versicherten schon im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 08. August 2003 eingereichten Fotografien geht der Senat auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Dr. J. vom 18. März 2003 und 04. Januar 2008 davon aus, dass ein Sitzen und Fortbewegen der Versicherten mit einem Schieberrollstuhl mit einer nahezu senkrechten Stoffrückenlehne, wie er der Versicherten bis zur Selbstbeschaffung des verordneten Lagerungsrollstuhls im Pflegeheim zur Verfügung gestanden hatte, nicht mehr durchführbar war. Der dann beschaffte Lagerungsrollstuhl, der mit Trommelbremse, Kopfstütze, Speichenschutz und Beckengurt versehen war, diente, wie der Senat dem Vorbringen der Versicherten und der Klägerin zu 1), dem die Beklagte nicht widersprochen hat, entnimmt, dazu, dass die Kläger die Versicherte regelmäßig zu Zielen außerhalb der Sphäre des Heims transportiert haben, und zwar dann jeweils über eine Dauer von eineinhalb bis zwei Stunden, um ihr noch Spaziergänge/Ausfahrten in die Innenstadt (Fußgängerzone) von H., zu Spielplätzen, Parkanlagen, zur Kirche oder auf den Friedhof, auch verbunden mit dem Besuch eines Cafes oder einer Gartenwirtschaft, zu ermöglichen. Insoweit wurde die Versicherte jeweils zur Abholung und Ausfahrt mittels des Lagerungsrollstuhls im Heim fertig gemacht. Dagegen wurde der ärztlich verordnete und angeschaffte Lagerungsrollstuhl im Pflegeheim selbst nicht wesentlich verwendet, um die Pflege zu ermöglichen. Dazu hat die Klägerin zu 1) vorgetragen, dass bei der Versicherten die Pflege innerhalb des Heimes, einschließlich der Einnahme des Essens, im Bett durchgeführt wurde. Danach diente der Lagerungsrollstuhl hier nicht wesentlich und schwerpunktmäßig der Pflege, einschließlich der von den Pflegeheimen (Heimträgern) bei voll stationärer Pflege auch im Hinblick auf das Kommunikationsbedürfnis zu gewährleistenden sog. aktivierenden Pflege in der Form, dass die Versicherte mittels des Lagerungsrollstuhls beispielsweise in den Aufenthaltsraum des Pflegeheims transportiert worden wäre, um also innerhalb des Heimbereichs dort mit anderen Menschen passiv zusammen sein zu können, oder ihr Fahrten in den Garten ermöglicht worden wären (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 5/03 R - SozR 4-2500 § 33 Nr. 5). Nur insoweit wäre die Zuständigkeit des Pflegeheims (Heimträger) für die Bereitstellung eines solchen Lagerungsrollstuhls zu bejahen gewesen, wie vom BSG für eine derartige Zweckbestimmung der Benutzung innerhalb des Pflegeheims im genannten Urteil vom 22. Juli 2004 angenommen. Es ging hier auch nicht bloß darum, dass die Versicherte mit dem Lagerungsrollstuhl nur gelegentlich zu Zielen außerhalb des Pflegeheims gebracht wurde. Unabhängig davon, dass der Versicherten ein eigenständiges und bewusstes Gestalten des Gemeinschaftslebens innerhalb des Heims aufgrund ihrer Erkrankungen nicht mehr möglich war, war sie außerhalb des Pflegeheims wegen des Fehlens eigengesteuerter Bestimmungsmöglichkeiten der Fortbewegung nicht lediglich "Objekt der Pflege". Der Senat geht zwar davon aus, dass die Versicherte sich nicht mehr sprachlich artikulieren konnte. Jedoch konnte sie, wie die Klägerin zu 1) vorgetragen hat, durch Mimik und auch durch Gestik deutlich machen, dass sie empfänglich gewesen ist und Freude nicht nur empfunden, sondern auch zum Ausdruck hat bringen können. Bei der Versicherten war vor allem das elementare Grundbedürfnis der Bewegungsfreiheit betroffen, das bei Gesunden durch die Fähigkeit des Gehens, Laufens, Stehens usw. sichergestellt wird. Die Versicherte war nicht fähig, sich im Nahbereich außerhalb des Pflegeheims ohne den zu schiebenden Lagerungsrollstuhl zielgerecht und ungefährdet zu bewegen. Damit war das von der Krankenkasse hier außerhalb des Pflegeheims noch sicherzustellende Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums betroffen, das die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben auch außerhalb des Pflegeheims umfasst. Im Hinblick auf ihre Behinderungen war die Versicherte von nahezu sämtlichen Aktivitäten außerhalb des Heims, wie etwa kurzen Spaziergängen bzw. Spazierfahrten, ausgeschlossen. Ihr solche Spazierfahrten außerhalb des Heims zu ermöglichen, war hier Aufgabe der Krankenkasse (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 10. November 2005 - B 3 KR 31/04 R - SozR 4-2500 § 33 Nr. 10), ohne dass es darauf ankäme, dass die Versicherte selbst die Zeit und das Ziel solcher Spazierfahrten nicht mehr selbst bestimmen konnte. Insoweit rechnet der Senat die hier tatsächlich mit gewisser Regelmäßigkeit wahrgenommene Möglichkeit der Versicherten, mittels des Lagerungsrollstuhls außerhalb der Heimsphäre durch die Kläger spazieren gefahren zu werden, zu den Grundbedürfnissen des Menschen, deren Befriedigung die Krankenkasse sicherzustellen hatte. Die Versicherte benötigte den Rollstuhl in einer gewissen Regelmäßigkeit für die genannten Spazierfahrten, wenn auch mit fremder Hilfe, außerhalb des Heims (vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 37; Urteil des Senats vom 24. Oktober 2005 - L 4 P 312/04 -). Die Sicherstellung der Kommunikation mit der Umgebung außerhalb des Bereichs des Heims gehört nicht zu den Aufgaben der Pflegeeinrichtung. Darauf, dass die Versicherte die Fahrstrecke außerhalb des Heimes nicht mehr verantwortungsbewusst selbst bestimmen konnte, kommt es nicht an. Es liegt auch keine Ungleichbehandlung zu solchen Versicherten vor, die bei Unterbringung in einem Pflegeheim nicht über Angehörige verfügen, die regelmäßige Spazierfahrten mit einem Lagerungsrollstuhl außerhalb des Heimbereichs unternehmen. Denn es kommt auf die konkrete Nutzungsmöglichkeit des Hilfsmittels durch den einzelnen Versicherten an. Die Leistungspflicht der Beklagten verstößt auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V, denn es steht fest, dass regelmäßige Spazierfahrten außerhalb des Heimbereichs unter Verwendung des Lagerungsrollstuhls durchgeführt wurden.
Zu den ursprünglich der Versicherten aufgrund der Selbstbeschaffung zu erstattenden Kosten, deren Zahlung auch die jetzigen Kläger verlangen können, gehören die in den Kostenvoranschlägen vom 25. September 2002 und 01. September 2003 sowie in der Rechnung von 15. Oktober 2003 aufgeführten Beträge mit Ausnahme des von der ärztlichen Verordnung nicht umfassten Betrags von 161,83 EUR für einen Therapietisch, zumal der Senat auch nicht festzustellen vermag, dass der Therapietisch zur Durchführung der Ausfahrten mit dem Lagerungsrollstuhl außerhalb des Heimes erforderlich war, um insoweit Grundbedürfnisse sicherzustellen.
Danach war das sozialgerichtliche Urteil teilweise abzuändern und die Berufung der Beklagten im Übrigen mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte an die Kläger als Gesamtgläubiger 3.287,57 EUR zu zahlen hat. Eine Beiladung des Pflegeheims hat der Senat nicht für notwendig erachtet, zumal sie auch von den Beteiligten nicht beantragt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei das geringfügige Unterliegen der jetzigen Kläger als sonstige Rechtsnachfolger nach § 183 Satz 2 SGG keine Kostenquotelung rechtfertigt.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte an die Kläger als Gesamtgläubiger 3.287,57 EUR zu zahlen hat.
Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Beklagte der am 08. September 1914 geborenen und am 16. Dezember 2006 verstorbenen I. E. F. (Versicherte) 3.449,40 EUR für einen selbstbeschafften Lagerungsrollstuhl (Rollstuhl) zu erstatten hatte. Rechtsnachfolger (Testamentserben zu je ½) der Versicherten sind ihre Kinder S. T., die auch Betreuerin der Versicherten war, und W. F ...
Die Versicherte war als Rentnerin bei der Beklagten krankenversichert und deren Pflegekasse pflegeversichert. Bei der Versicherten war nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) vom Versorgungsamt U. ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit dem Merkzeichen G, B und H festgestellt. Nach einer stationären Behandlung der Versicherten in der Inneren Abteilung des Krankenhaus in H. war sie seit 27. Februar 1998 in einem Pflegeheim (E.-L.-Altenzentrum in H.) zwecks vollstationärer Pflege untergebracht (vgl. Heimvertrag und Änderungsvertrag dazu vom 05. Mai 1998, Blatt 18-28 der SG-Akte). Insoweit gewährte die Pflegekasse der Versicherten zunächst Leistungen der vollstationären Pflege nach Pflegestufe II. In dem Pflege-Gutachten (Dr. H. und Pflegefachkraft W.) des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) vom 21. April 1998 waren insoweit als pflegebegründete Diagnosen senile Demenz bei globaler Hirnartrophie und Harninkontinenz sowie Wirbelsäulen-Syndrom und Poliarthrose genannt. Später gewährte die Pflegekasse der Versichten aufgrund des von Dr. A. und der Pflegefachkraft H. vom MDK erstattete Gutachtens vom 15. Juni 2001 Leistungen nach Pflegestufe III. Die Beklagte versorgte die Versicherten mit einem Standardrollstuhl.
Am 12. September 2002 verordneten die Allgemeinärzte Dres. J. der Versicherten eine "Rollstuhl-Änderung als Rollstuhl-Lagerung wegen extremer Kyphose der BWS". Diese Verordnung ging bei der Beklagten mit einem Kostenvoranschlag des Sanitätshauses N. und S. (Sanitätshaus) vom 25. September 2002 am 05. Februar 2003 ein. Der Kostenvoranschlag belief sich auf 3.449,40 EUR für einen Rollstuhl Cirrus Jubilee einschließlich Trommelbremse, Kopfstütze, Therapietisch, Speichelschutz und Beckengurt. In dem Kostenvoranschlag wurde ausgeführt, die Versicherte leide an Mehrfachkontrakturen der unteren Extremitäten mit einer zusätzlichen stark ausgeprägten Gibbusbildung der Brustwirbelsäule, weswegen eine individuelle Anpassung des Rückenkissens an die anatomischen Anforderungen erforderlich sei, wofür Arbeitszeit und Material zusätzlich berechnet wurde. Die Beklagte erhob dazu eine Stellungnahme des Dr. A. vom MDK in H. vom 11. Februar 2003, der zu dem Ergebnis gelangte, den vorliegenden Unterlagen könne die Indikation für einen Lagerungsrollstuhl nicht entnommen werden. Eine entsprechende Lagerhilfe müsse im Bereich des Pflegeheims vorhanden sein. Mit Bescheid vom 21. Februar 2003 teilte die Beklagte der Versicherten daraufhin mit, das Bundessozialgericht (BSG) habe seine Rechtssprechung zur Hilfsmittelversorgung für Versicherte in stationären Pflegeeinrichtungen ergänzt und dabei auch die "Sphärentheorie" konkretisiert. Es halte die Krankenversicherung auch dann für leistungspflichtig, wenn Pflegebedürftige ihre Wege und Aufenthalte innerhalb des Pflegeheims noch selbst bestimmen würden. Allerdings sei nicht davon auszugehen, dass nun grundsätzlich alle Hilfsmittel von der Krankenkasse zu finanzieren seien. Das BSG stelle auf den wesentlichen Zweck der Hilfsmittelnutzung ab. Bestehe dieser überwiegend darin, die Pflege zu ermöglichen oder zu erleichtern, so begründe allein die Tatsache, dass das Hilfsmittel auch zum Behinderungsausgleich eingesetzt werde, keine Leistungspflicht der Krankenkassen. Für eine Kostenübernahme sei vielmehr ein enger Zusammenhang dahingehend erforderlich, dass das Hilfsmittel der fachlich qualifizierten Behandlungspflege diene. Daher sei ein Lagerungsrollstuhl als typisches Inventar von Pflegeeinrichtungen anzusehen, welcher nicht von der Krankenkasse zu finanzieren sei. Die Versicherte widersprach der Leistungsablehnung mit Schreiben vom 10. März 2003. Entsprechend dem ihr erteilten gleichlautenden Kostenvoranschlag des Sanitätshauses vom 01. September 2003 beschaffte sich die Versicherte den Lagerungsrollstuhl dann und bezahlte dafür (Rechung vom 15. Oktober 2003) 3.449,41 EUR.
Bei der Beklagten war noch ein Schreiben des Dr. J., Arzt für Allgemeinmedizin, vom 18. März 2003 eingegangen, in dem ausgeführt wurde, die Versicherte sei seit Jahren hochgradig dement. Außerdem sei sie durch eine deformierende PCP und eine schwere Kyphoskoliose der Wirbelsäule stark deformiert. Sie könne deshalb in keinem normalen Rollstuhl sitzen, ohne mit mehrfachen Gurten festgezurrt zu werden. Selbst dann treffe er, der Arzt, sie bei seinen Besuchen oft gefährlich seitlich aus einem solchen Stuhl heraushängend an. In seinen Augen sei es aus medizinischen Gründen unabdingbar, dass bei der vollständigen Entkräftung, durch die keine aktive Körperveränderung mehr möglich sei, sowie durch die schwere Deformierung von Wirbelsäule und Gelenken eine adäquate Lagerung in einem entsprechenden speziellen Rollstuhl vorgenommen werden müsse. Eine solche Maßnahme helfe auch, weiterhin die seit Jahre bestehende Gefahr von Dekubiti zu mindern. Dazu erhob die Beklagte mit dem Hinweis darauf, dass nun die Pflegestufe III anerkannt sei, eine weitere Stellungnahme Dr. A. vom 26. März 2003, der ausführte, dass unzweifelhaft entsprechende Veränderungen bei der Versicherten bestünden. Dennoch könne er keine Indikation für den begehrten Lagerungsrollstuhl sehen. Ein entsprechender Lagerungsrollstuhl mit entsprechenden Lagerungshilfen müsse in einem Pflegeheim vorhanden sein. Die Beklagte wies danach die Versicherte mit Schreiben vom 01. April 2003 darauf hin, dass, da sie in vollstationärer Pflege untergebracht sei, der Heimträger verpflichtet sei, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen, sozial zu betreuen und mit medizinischer Behandlungspflege zu versorgen. Ferner hätten die Heime für die vollstationäre Pflege das notwenige Inventar vorzuhalten. Zu diesem Inventar gehörten auch Lagerungshilfen, weshalb die Versicherte sich an das Heim wenden solle. Die Versicherte erwiderte, der Heimträger gebe sich bei ihr alle Mühe, sie ausreichend zu pflegen und zu betreuen. Das vorhandene Inventar reiche jedoch nicht aus, um bei ihr auch nur annähernd eine körpergerechte Sitzposition zu gewährleisten, was sie näher ausführen ließ (Blatt 38, 39 der Verwaltungsakte der Beklagten). Dazu erhob die Beklagte eine weitere Stellungnahme des Dr. A. vom 19. Mai 2005, in der ausgeführt wurde, ein Lagerungsrollstuhl sei nur dann erforderlich, wenn die Versicherte überwiegend nicht stabil sitzen könne und daher eine Flachlagerung erforderlich sei. Dies könne im Falle der Versicherten nicht abgeleitet werden, sodass weiterhin festzustellen sei, dass es sich um ein Inventar des Pflegeheims handle und nicht um ein Hilfsmittel, das zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden könne. Dass andernfalls für weitere erforderliche Arztbesuche ein Krankenwagentransport erforderlich wäre, begründe für sich genommen ebenfalls nicht die Versorgung mit einem Lagerungsrollstuhl. Der Widerspruch der Versicherten wurde danach mit Widerspruchsbescheid vom 27. Mai 2003 zurückgewiesen. Durch den Lagerungsrollstuhl werde weder der Erfolg der Krankenbehandlung gesichert, noch eine Behinderung ausgeglichen, sodass die Krankenkasse als Leistungsträger ausscheide.
Deswegen erhob die Versicherte am 30. Juni 2003 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG), mit der sie die Erstattung von 3.449,40 EUR für die Beschaffung des Lagerungsrollstuhls begehrte. Sie trug vor, bei ihr liege wegen des extremen Rundrückens, verursacht durch eine weit fortgeschrittene Osteroporose, eine Behinderung vor; dadurch sei eine körpergerechte Sitzposition in einem normalen Rollstuhl, der vom Pflegeheim zur Verfügung gestellt werde, nicht möglich, wie auch im Widerspruchsverfahren vorgetragen. Nachdem sich ihr Gesundheitszustand zuletzt erheblich verschlechtert gehabt habe, habe sie dringenden Handlungsbedarf gesehen und deshalb den individuellen Lagerungsrollstuhl in Auftrag gegeben und beschafft. Sie habe trotz eines Beckengurts aus dem Rollstuhl nach vorne herauszukippen gedroht und habe in dieser Sitzhaltung starke Schmerzen gehabt. Insoweit würden die Schmerzen mittels des selbst beschafften Rollstuhls verringert; dies trage zur Krankenbehandlung bei. Die Versicherte reichte verschiedene Unterlagen ein: Heimvertrag und Änderungsvertrag, Kopie des Schwerbehindertenausweises, Kostenvoranschlag des Sanitätshauses vom 25. September 2002, Produktbeschreibung des Rollstuhls Cirrus Jubilee sowie Fotografien.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie trug vor, die aktuelle Schilderung der Versicherten mit den vorgelegten Fotos belege noch deutlicher als bisher schon, dass es sich bei dem begehrten Lagerungsrollstuhl ganz eindeutig um ein Pflegehilfsmittel handle. Es werde nicht bestritten, dass für die Versicherte ein solcher Lagerungsrollstuhl erforderlich sei. Jedoch handle es sich dabei nicht um ein Hilfsmittel der Krankenversicherung, mit dem eine Behinderung ausgeglichen oder der Erfolg einer Krankenbehandlung gesichert werden solle, sondern um ein rein pflegerisches Hilfsmittel. Für Pflegehilfsmittel hätten aber nach der Rechtssprechung des BSG die Pflegeheime aufzukommen.
Mit Urteil vom 25. November 2003 verurteilte das SG die Beklagte, der Versicherten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide 3.449,40 EUR zu erstatten. Der Lagerungsrollstuhl sei kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Der Aufenthalt der Versicherten im Pflegeheim stehe dem Anspruch der Versorgung mit einem solchen Hilfsmittel nicht entgegen. Der von der Versicherten vorgelegte Heimvertrag mache nicht deutlich, dass das Heim verpflichtet sei, die Versicherte mit einem Lagerungsrollstuhl oder einem vergleichbaren Gerät zu versorgen. Der Lagerungsrollstuhl sei von seiner Art her auch kein Gerät, das nach seinem Verwendungszweck ganz überwiegend für die Durchführung der Pflege eingesetzt oder mit dem die Pflege überwiegend erleichtert werde. Vielmehr sei der Lagerungsrollstuhl von seinem Sinn und Zweck sowie seiner tatsächlichen und konkreten Benutzung her dazu gedacht, die Versicherte innerhalb und auch außerhalb des Heims zu bewegen. Die Versicherte werde nicht nur von ihrer sie betreuenden Tochter jeden zweiten Tag besucht und mit dem Lagerungsrollstuhl ins Freie gefahren; nach den Angaben der Betreuerin komme auch der Sohn der Versicherten alle zwei Wochen in das Heim und besuche seine Mutter. Wenn es die Witterung erlaube, bewege sich der die Versicherten besuchende Familienangehörige mit ihr im Freien. Die Selbstbestimmung der Versicherten und die Teilhabe am Leben innerhalb der Heimgesellschaft einerseits und außerhalb des Heims in der freien Natur würden mit dem Lagerungsrollstuhl ermöglicht. Die Versorgung der Versicherten mit einem allgemein üblichen Rollstuhl sei unzweckmäßig und helfe ihr in der desolaten Situation, in der sie sich befinde, nicht weiter. Ungeachtet davon habe die Beklagte der Versicherten die Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die der Befriedigung ihres Grundbedürfnissen dienten. Die Tatsache, dass die Versicherte nicht selbst bestimmen könne, welche Wege sie benutzen oder wohin sie sich bewegen wolle, stehe der Versorgung mit dem Lagerungsrollstuhl nicht entgegen. Nach der von der Versicherten vorgelegten Fotografien sei die bei ihr eingeschränkte Teilnahme am Leben im Heim mit einem herkömmlichen Rollstuhl oder Standardrollstuhl nicht mehr möglich; sie könne ihr Körpergewicht nicht halten, ihre Unterbringung in einem Standardrollstuhl sei angesichts der Gesamtkonstitution nicht mehr indiziert. Auch das Wirtschaftlichkeitsgebot stehe der Kostenerstattung nicht entgegen.
Gegen das der Beklagten gegen Empfangsbekenntnis am 18. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat diese am 19. Dezember 2003 Berufung beim Landessozialgericht eingelegt (L 4 KR 5192/03). Nachdem mit Beschluss vom 10. Februar 2004 das Ruhen des Verfahrens angeordnet war, hat die Versicherte das Verfahren am 28. September 2005 wieder angerufen. Das Verfahren wird von ihren Rechtsnachfolgern, den Klägern, fortgeführt.
Die Beklagte trägt vor, das BSG habe im Urteil vom 22. Juli 2004 (B 3 KR 5/03 R) den Begriff "Objekt der Pflege" geprägt. Es gehe dabei um einen pflegebedürftigen Menschen, der nicht mehr in der Lage sei, über sein eigenes Schicksal selbst zu bestimmen. Willensäußerungen, die seinem Umfeld ein bestimmtes Tun oder Unterlassen bewirken würden, seien nicht mehr möglich. In einem solchen Zustand habe sich die Versicherte befunden. Bei ihr stehe die Pflege (keine eigenständige Bestimmung des Aufenthaltsorts, keine eigenständigen Verrichtungen des täglichen Lebens, keine aktive Teilnahme am Gemeinschaftsleben im Heim) dermaßen im Vordergrund, dass die täglichen Spazierfahrten mit dem Rollstuhl nur noch als pflegerische Leistung im Rahmen der aktivierenden Pflege eingeordnet werden könnten. Dass die Versicherten Eindrücke wahrnehmen und nonverbal habe agieren können, ändere an ihrer, der Beklagten, Beurteilung nichts, weil die Leistungen der Krankenversicherung stets auf eine Förderung der Selbstbestimmung und auf eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ausgerichtet sein müssten. Daran fehle es bei einer völlig dementen Patientin. Die Tatsache, dass hier ein Rollstuhl individuell habe angepasst werden müssen, könne in der Gesamtbetrachtung der Situation nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Vielmehr sei der Rollstuhl hier eindeutig zur sachgerechten Pflege benötigt worden. Die Gefahr der Verminderung oder Behebung von Dekubiti, mithin die sachgerechte Lagerung des Pflegebedürftigen, gehöre zu einer Pflege im Rahmen der vollstationären Betreuung. Der Heimträger habe für die im Rahmen des üblichen Pflegebetriebs notwendigen Hilfsmittel zu sorgen, weil er verpflichtet sei, die Pflegebedürftigen ausreichend und angemessen zu pflegen sowie sozial zu betreuen. Dazu gehöre auch die aktivierende Pflege. Das regelmäßige Verlassen des Heimes in Begleitung von Angehörigen sei Teil der zur Verantwortung des Heimes gehörenden sozialen Betreuung und könne insoweit nicht zu Lasten der Krankenkasse gehen. Im Falle der Versicherten ergäben sich keinerlei Hinweise, dass es bei ihr um einen Ausgleich der Behinderung oder um eine rehabilitative Maßnahme zur Eingliederung in das gesellschaftliche Leben gehe, wofür die Krankenkasse zuständig wäre. Aufgrund der völligen Demenz der Versicherten sei sie nicht mehr in der Lage gewesen, eine verantwortungsbewusste Bestimmung über ihr Schicksal zu treffen. Der Vorrang der Leistungsverpflichtung der Krankenkasse entfalle auch in den Fällen, in denen der Betroffene noch in der Lage sei, Eindrücke wahrzunehmen, beispielsweise zu lachen oder auf Ansprache zu reagieren. Auch dabei handle es sich nicht um ein erforderliches aktives Agieren, sondern lediglich um ein passives Reagieren. Auch in solchen Situationen sei es die Aufgabe des Heimträgers, durch aktivierende Pflege Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, welche die Bedürfnisse des Pflegebedürftigen insbesondere nach Kommunikation berücksichtigen würden. Es dürfe nicht nach dem Grundsatz entschieden werden, dass im Zweifel die Krankenkasse zu zahlen habe. Sie hat verschiedene Unterlagen eingereicht, u.a. ein Gutachten des Dr. Kr. vom MDK vom 04. November 2005.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 25. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass der Betrag von 3.449,40 EUR an sie als Rechtsnachfolger der Versicherten I. E. F. auszuzahlen ist.
Sie halten das angegriffene Urteil für zutreffend. Die Klägerin zu 1) hat vorgetragen, wegen ihrer Betreuungsfunktion für die Versicherte habe sie seit sieben Jahren beruflich auf ein volles Deputat verzichtet, arbeite nur in Teilzeit, weshalb sie sich an den Nachmittagen um die Versicherte habe kümmern können. Sie habe mit ihr mit dem selbst beschafften Lagerungsrollstuhl nahezu täglich Spaziergänge/Ausfahren in die Innenstadt (Fußgängerzone), zu Spielplätzen, Parkanlagen, zur Kirche sowie auf den Friedhof unternommen. Der zeitliche Umfang habe zwischen eineinhalb und zwei Stunden betragen, je nach dem, ob sich noch ein Besuch eines Cafes oder einer Gartenwirtschaft angeschlossen habe. Im Pflegeheim selbst sei der Lagerungsrollstuhl wenig benutzt worden. Da die Mahlzeiten wegen der Krankheit der Versicherten im Liegen leichter zu verabreichen gewesen seien, sei dies im Bett geschehen. Nach dem Mittagessen sei die Versicherte für ihren (der Klägerin zu 1)) Besuch angezogen und zum Abholen bereitgestellt gewesen. Nach der Rückkehr sei sie direkt wieder ins Bett gekommen. Vor der Anschaffung des Lagerungsrollstuhls sei die Nutzung und der Transport im Faltrollstuhl nicht mehr möglich gewesen, es sei denn, dass dieser um 45 Grad nach hinten abgekippt worden sei. Deswegen sei die ärztliche Verordnung für einen individuell angepassten Lagerungsrollstuhl erfolgt. Der Lagerungsrollstuhl habe in der Spezialanfertigung vorwiegend der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses der Versicherten gedient. Sie habe damit, wenn auch mit fremder Hilfe, regelmäßig das Heim verlassen und dadurch Mobilität und gesellschaftlichen Kontakt zur Vermeidung von Vereinsamung erreicht gehabt. Sprachlich habe sie sich zwar schon seit Jahren nicht mehr zu artikulieren vermocht. Jedoch habe sie durch Mimik und auch durch Gestik eindeutig herausgestellt, dass sie an vielen Tagen sehr empfänglich gewesen sei und Freude nicht nur empfunden habe, sondern auch zum Ausdruck habe bringen können. Bei der Anschaffung und Verwendung des individuell angepassten Lagerungsrollstuhls habe nicht ganz überwiegend die Pflege im Vordergrund gestanden. Gerade vom Pflegepersonal unabhängige regelmäßige Aktivitäten außerhalb des Heims könnten nach gefestigter Rechtsprechung des BSG nicht mehr der Sphäre des Heims und seinem Verantwortungsbereich zugeordnet werden. Im Übrigen habe durch die Anschaffung des individuell angepassten Lagerungsrollstuhls auch eine Rehabilitation des Rückenleidens stattgefunden. Ferner haben die Kläger vorgetragen, sie seien gewillkürte Erben der Versicherten zu gleichen Teilen. Die Kläger haben noch verschiedene Unterlagen eingereicht, darunter auch Fotografien der Versicherten, sowie eine ärztliche Bescheinigung des Dr. J. vom 04. Januar 2008.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig, im Wesentlichen jedoch nicht begründet.
Die Beklagte hat gegenüber der Versicherten zu Unrecht mit den angegriffenen Bescheiden die Zurverfügungstellung des verordneten Lagerungsrollstuhls abgelehnt, weshalb der Versicherten nach § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) ein Anspruch auf Erstattung der gemäß der Rechnung des Sanitätshauses von 15. Oktober 2003 nach Erlass der Ablehnungsbescheide selbst beschafften Lagerungsrollstuhls zustand. Allerdings war, bezogen auf die Höhe des Erstattungsanspruchs, der Anspruch in Höhe von 161,83 EUR, der für einen Therapietisch berechnet worden war, nicht begründet, zumal ein derartiger Therapietisch ärztlich nicht verordnet worden war und der Lagerungsrollstuhl nicht zur Durchführung einer Therapie diente. Damit konnte die Versicherte nur die Zahlung von 3.287,57 EUR verlangen. Nur in dieser Höhe steht daher auch den Klägern, die als Rechtsnachfolger der Versicherten den Rechtsstreit insoweit nach dem Tod der Versicherten fortgeführt haben, ein Zahlungsanspruch zu. Nur hinsichtlich des über den Betrag von 3.287,57 EUR hinausgehenden Zahlungsbetrags von 161,83 EUR ist die Berufung begründet, im Übrigen jedoch nicht begründet.
Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Versicherten, die im Eugen-Loderer-Altenzentrum in Heidenheim voll stationär gepflegt wurde, wobei die Pflegekasse der Beklagten die Voraussetzungen der Pflegestufe III anerkannt hatte, einen Anspruch gemäß § 33 SGB V auf die Zurverfügungstellung des von den Dres. J. am 12. September 2002 verordneten Lagerungsrollstuhls hatte, den sich die Versicherte im September/Oktober 2003 selbst beschafft hat (Kostenvoranschlag vom 01. September 2003 und Rechnung vom 15. Oktober 2003). Insoweit verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe der angegriffenen Entscheidung.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Beteiligten im Berufungsverfahren Folgendes auszuführen: Im Hinblick auf die von der Versicherten schon im Klageverfahren mit Schriftsatz vom 08. August 2003 eingereichten Fotografien geht der Senat auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des Dr. J. vom 18. März 2003 und 04. Januar 2008 davon aus, dass ein Sitzen und Fortbewegen der Versicherten mit einem Schieberrollstuhl mit einer nahezu senkrechten Stoffrückenlehne, wie er der Versicherten bis zur Selbstbeschaffung des verordneten Lagerungsrollstuhls im Pflegeheim zur Verfügung gestanden hatte, nicht mehr durchführbar war. Der dann beschaffte Lagerungsrollstuhl, der mit Trommelbremse, Kopfstütze, Speichenschutz und Beckengurt versehen war, diente, wie der Senat dem Vorbringen der Versicherten und der Klägerin zu 1), dem die Beklagte nicht widersprochen hat, entnimmt, dazu, dass die Kläger die Versicherte regelmäßig zu Zielen außerhalb der Sphäre des Heims transportiert haben, und zwar dann jeweils über eine Dauer von eineinhalb bis zwei Stunden, um ihr noch Spaziergänge/Ausfahrten in die Innenstadt (Fußgängerzone) von H., zu Spielplätzen, Parkanlagen, zur Kirche oder auf den Friedhof, auch verbunden mit dem Besuch eines Cafes oder einer Gartenwirtschaft, zu ermöglichen. Insoweit wurde die Versicherte jeweils zur Abholung und Ausfahrt mittels des Lagerungsrollstuhls im Heim fertig gemacht. Dagegen wurde der ärztlich verordnete und angeschaffte Lagerungsrollstuhl im Pflegeheim selbst nicht wesentlich verwendet, um die Pflege zu ermöglichen. Dazu hat die Klägerin zu 1) vorgetragen, dass bei der Versicherten die Pflege innerhalb des Heimes, einschließlich der Einnahme des Essens, im Bett durchgeführt wurde. Danach diente der Lagerungsrollstuhl hier nicht wesentlich und schwerpunktmäßig der Pflege, einschließlich der von den Pflegeheimen (Heimträgern) bei voll stationärer Pflege auch im Hinblick auf das Kommunikationsbedürfnis zu gewährleistenden sog. aktivierenden Pflege in der Form, dass die Versicherte mittels des Lagerungsrollstuhls beispielsweise in den Aufenthaltsraum des Pflegeheims transportiert worden wäre, um also innerhalb des Heimbereichs dort mit anderen Menschen passiv zusammen sein zu können, oder ihr Fahrten in den Garten ermöglicht worden wären (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. Juli 2004 - B 3 KR 5/03 R - SozR 4-2500 § 33 Nr. 5). Nur insoweit wäre die Zuständigkeit des Pflegeheims (Heimträger) für die Bereitstellung eines solchen Lagerungsrollstuhls zu bejahen gewesen, wie vom BSG für eine derartige Zweckbestimmung der Benutzung innerhalb des Pflegeheims im genannten Urteil vom 22. Juli 2004 angenommen. Es ging hier auch nicht bloß darum, dass die Versicherte mit dem Lagerungsrollstuhl nur gelegentlich zu Zielen außerhalb des Pflegeheims gebracht wurde. Unabhängig davon, dass der Versicherten ein eigenständiges und bewusstes Gestalten des Gemeinschaftslebens innerhalb des Heims aufgrund ihrer Erkrankungen nicht mehr möglich war, war sie außerhalb des Pflegeheims wegen des Fehlens eigengesteuerter Bestimmungsmöglichkeiten der Fortbewegung nicht lediglich "Objekt der Pflege". Der Senat geht zwar davon aus, dass die Versicherte sich nicht mehr sprachlich artikulieren konnte. Jedoch konnte sie, wie die Klägerin zu 1) vorgetragen hat, durch Mimik und auch durch Gestik deutlich machen, dass sie empfänglich gewesen ist und Freude nicht nur empfunden, sondern auch zum Ausdruck hat bringen können. Bei der Versicherten war vor allem das elementare Grundbedürfnis der Bewegungsfreiheit betroffen, das bei Gesunden durch die Fähigkeit des Gehens, Laufens, Stehens usw. sichergestellt wird. Die Versicherte war nicht fähig, sich im Nahbereich außerhalb des Pflegeheims ohne den zu schiebenden Lagerungsrollstuhl zielgerecht und ungefährdet zu bewegen. Damit war das von der Krankenkasse hier außerhalb des Pflegeheims noch sicherzustellende Grundbedürfnis des Erschließens eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums betroffen, das die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben auch außerhalb des Pflegeheims umfasst. Im Hinblick auf ihre Behinderungen war die Versicherte von nahezu sämtlichen Aktivitäten außerhalb des Heims, wie etwa kurzen Spaziergängen bzw. Spazierfahrten, ausgeschlossen. Ihr solche Spazierfahrten außerhalb des Heims zu ermöglichen, war hier Aufgabe der Krankenkasse (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 10. November 2005 - B 3 KR 31/04 R - SozR 4-2500 § 33 Nr. 10), ohne dass es darauf ankäme, dass die Versicherte selbst die Zeit und das Ziel solcher Spazierfahrten nicht mehr selbst bestimmen konnte. Insoweit rechnet der Senat die hier tatsächlich mit gewisser Regelmäßigkeit wahrgenommene Möglichkeit der Versicherten, mittels des Lagerungsrollstuhls außerhalb der Heimsphäre durch die Kläger spazieren gefahren zu werden, zu den Grundbedürfnissen des Menschen, deren Befriedigung die Krankenkasse sicherzustellen hatte. Die Versicherte benötigte den Rollstuhl in einer gewissen Regelmäßigkeit für die genannten Spazierfahrten, wenn auch mit fremder Hilfe, außerhalb des Heims (vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 37; Urteil des Senats vom 24. Oktober 2005 - L 4 P 312/04 -). Die Sicherstellung der Kommunikation mit der Umgebung außerhalb des Bereichs des Heims gehört nicht zu den Aufgaben der Pflegeeinrichtung. Darauf, dass die Versicherte die Fahrstrecke außerhalb des Heimes nicht mehr verantwortungsbewusst selbst bestimmen konnte, kommt es nicht an. Es liegt auch keine Ungleichbehandlung zu solchen Versicherten vor, die bei Unterbringung in einem Pflegeheim nicht über Angehörige verfügen, die regelmäßige Spazierfahrten mit einem Lagerungsrollstuhl außerhalb des Heimbereichs unternehmen. Denn es kommt auf die konkrete Nutzungsmöglichkeit des Hilfsmittels durch den einzelnen Versicherten an. Die Leistungspflicht der Beklagten verstößt auch nicht gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V, denn es steht fest, dass regelmäßige Spazierfahrten außerhalb des Heimbereichs unter Verwendung des Lagerungsrollstuhls durchgeführt wurden.
Zu den ursprünglich der Versicherten aufgrund der Selbstbeschaffung zu erstattenden Kosten, deren Zahlung auch die jetzigen Kläger verlangen können, gehören die in den Kostenvoranschlägen vom 25. September 2002 und 01. September 2003 sowie in der Rechnung von 15. Oktober 2003 aufgeführten Beträge mit Ausnahme des von der ärztlichen Verordnung nicht umfassten Betrags von 161,83 EUR für einen Therapietisch, zumal der Senat auch nicht festzustellen vermag, dass der Therapietisch zur Durchführung der Ausfahrten mit dem Lagerungsrollstuhl außerhalb des Heimes erforderlich war, um insoweit Grundbedürfnisse sicherzustellen.
Danach war das sozialgerichtliche Urteil teilweise abzuändern und die Berufung der Beklagten im Übrigen mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagte an die Kläger als Gesamtgläubiger 3.287,57 EUR zu zahlen hat. Eine Beiladung des Pflegeheims hat der Senat nicht für notwendig erachtet, zumal sie auch von den Beteiligten nicht beantragt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei das geringfügige Unterliegen der jetzigen Kläger als sonstige Rechtsnachfolger nach § 183 Satz 2 SGG keine Kostenquotelung rechtfertigt.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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