L 9 R 5539/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 22 R 1503/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5539/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.

Die 1950 geborene Klägerin, eine griechische Staatsangehörige, war in der Zeit von November 1970 bis Oktober 1981 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt und anschließend nach ihrer Rückkehr nach Griechenland dort wiederum sozialversicherungspflichtig tätig, bis Dezember 1999 in der Landwirtschaft. Außerdem wurden in der Zeit von 1985 bis 1988 Versicherungszeiten beim griechischen Versicherungsträger IKA zurückgelegt. Aus der griechischen Sozialversicherung bezieht sie eine Rente nach einem Invaliditätsgrad von 67%, derzeit befristet bis 1. Oktober 2009.

Die Klägerin stellte gemäß der Mitteilung des griechischen Versicherungsträgers OGA vom 18. Oktober 2002 am 5. Oktober 2000 einen Antrag auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, der an die Beklagte weitergeleitet wurde.

Bei der Beklagten gingen ärztliche Bescheinigungen vom 8. und 15. September 2000, wonach bei der Klägerin eine Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) und der Halswirbelsäule (HWS) vorliege, Berichte vom 4. Dezember 2000 über Röntgenuntersuchungen und eine Bescheinigung vom 1. Dezember 2000, wonach eine psychische Erkrankung besteht, ein. Außerdem gelangte ein Gutachten der Gesundheitskommission des griechischen Versicherungsträgers, erstellt anlässlich des dortigen Antrags auf Invalidenrente, vom 6. Dezember 2000 zu den Akten, demzufolge eine depressive Störung mit einer Fülle von Angstelementen, eine HWS-Spondylose und eine degenerative Spondyloarthropathie an der LWS sowie nach griechischem Recht ein Invaliditätsgrad von 67% vorlagen. Der Beratungsarzt der Beklagten Dr. G. gelangte nach Auswertung dieser Unterlagen am 10. Januar 2003 zum Ergebnis, die Klägerin leide im Wesentlichen unter Verschleißerscheinungen der HWS und der LWS, zeitweilig mit Nervenwurzelreizerscheinungen, und einer Anpassungsstörung. Unter Berücksichtigung dieser Leiden könne sie aber leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung vollschichtig bzw. ab 1. Januar 2001 mindestens sechs Stunden und länger täglich verrichten, wobei Tätigkeiten mit Nachtschicht, besonderem Zeitdruck, häufigem Heben oder Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, häufigem Bücken, Knien oder Hocken, häufigem Klettern oder Steigen sowie mit Absturzgefahr und Gefährdung durch Kälte, Hitze oder Nässe nicht mehr zumutbar seien.

Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 31. Januar 2003 und Widerspruchsbescheid vom 11. August 2003 die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit sowie auch Erwerbsminderung nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht ab.

Die Klägerin hat mit ihrer bereits am 24. März 2003 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhobenen Klage geltend gemacht, sie sei chronisch krank und könne deswegen nicht arbeiten.

Die Beklagte hat das Gutachten der Gesundheitskommission des griechischen Versicherungsträgers vom 20. Oktober 2004 (Untersuchungsergebnis: Bandscheiben[BS]-Erkrankung L3-L4, L4-L5, L5-S1, mit Stenose L5-S1 und Wurzelreizerscheinungen, besonders der S1-Wurzel links, HWS-Schulter-Arm-Syndrom beidseitig, chronisches depressives Syndrom; zusätzlich im Bescheid festgestellt: Stenose C4-C5, C5-C6, und starke rezidivierende Depressionsanfälle; Invalidität nach griechischem Recht 67% für die Zeit vom 31. Oktober 2003 bis 31. Oktober 2006) vorgelegt. Zu einer vom SG bereits am 19. September 2003 angeordneten gutachterlichen Untersuchung ist die Klägerin nicht erschienen. Sie hat sich auch zur Anfrage des SG, ob sie bereit sei, sich einer gutachterlichen Untersuchung zu stellen, nicht geäußert.

Die Beklagte hat zu den eingegangenen Unterlagen eine ärztliche Stellungnahme des Dr. G. vom 28. Oktober 2005 vorgelegt. Er ist zum Ergebnis gelangt, aus den neuen Unterlagen ergäben sich keine neuen medizinischen Gesichtspunkte, welche eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens begründen könnten, insbesondere keine Hinweise für eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes.

Mit Gerichtsbescheid vom 4. Oktober 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit sowie auch wegen Erwerbsminderung nach den ab 1. Januar 2001 geltenden Bestimmungen seien nicht erfüllt. Nach den vorliegenden ärztlichen Äußerungen und den Ausführungen des Dr. G. könne die Klägerin noch körperlich leichte Tätigkeiten mit - näher dargelegten - qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten. Eine weitere Sachaufklärung, insbesondere die Einholung eines Gutachtens sei mangels Mitwirkung der Klägerin nicht möglich. Im Übrigen sei die Klägerin unter Berücksichtigung ihres bisherigen Berufs auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisbar, die ihr auch noch möglich seien. Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungseinschränkung lägen nicht vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.

Gegen den ihr zum Zwecke der Zustellung am 16. Oktober 2006 übersandten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 3. November 2006 Berufung eingelegt, mit welcher sie weiterhin die Gewährung von Rente begehrt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 4. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 31. Januar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. August 2003 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit, hilfsweise wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch bei Berufsunfähigkeit, ab 5. Oktober 2000 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat bei ihr eingegangene weitere ärztliche Äußerungen (Bescheinigungen des Neurologen und Psychiaters Dr. T. und des Arztes P. vom 16. Januar 2007 [jeweils: rezidivierendes chronisches depressives Syndrom] und Bestätigung des Arztes P. vom 16. Januar 2007 [u. a. Lumboischialgie, Osteoarthritis an den Kniegelenken, HWS-Syndrom mit Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen]) sowie den Bescheid Nr. 8/07 und ein Gutachten vom 24. Januar 2007 ("Chronisch depressives Syndrom, rückfällig (Psychose), unter ständiger medikamentöser Behandlung, Stenose L4-L5, Zwischenspondylraum mit Sakralisierung L5, Spondyl und Neurologie an L5-S1Wurzel, Osteoarthritis an Kniegelenken beidseitig, Spondylarthritis an HWS") vorgelegt. Außerdem hat sie Stellungnahmen der Dr. Jöst vom 2. Juli 2007 und 23. Januar 2008 vorgelegt.

Der Senat hat ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. K. vom 13. November 2007 mit ergänzender Stellungnahme vom 18. Dezember 2007 eingeholt. Dieser ist im Wesentlichen zum Ergebnis gelangt, die Klägerin leide unter einer Lumboischialgie links mit Wurzelreizerscheinungen der Wurzel S1 links, einer Osteoarthritis an den Kniegelenken, besonders links, und einem HWS-Syndrom sowie unter psychoreaktiven Störungen mit Verstimmungskomponenten und psychosomatischen Beschwerden. Die psychischen Erkrankungen seien bei aller zumutbaren Willensanstrengung aus eigener Kraft nur teilweise überwindbar. Sie und die angegebenen Kreuzschmerzen mit Ischialgie links und die Schmerzen im Kniegelenk links beeinflussten die körperliche Leistungsfähigkeit insofern, als die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten wie auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reinigungskraft, zu verrichten. Die neurologischen und psychiatrischen Befunde wirkten sich nicht wesentlich nachteilig auf die berufliche Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus. Die Klägerin könne leichte Arbeiten, z.B. Zureichen, Abnehmen, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ca. acht Stunden täglich verrichten. Dies ergebe sich auch aus dem bisherigen Gutachten im orthopädischen Bereich und den röntgenologischen Befunden. Die Leistungsfähigkeit habe sich seit 1. Januar 2000 nicht wesentlich geändert. Der Einschätzung des Dr. G. vom 10. Januar 2003 und vom 27. Oktober 2005 stimme er zu.

In der abschließend von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme hat sich Dr. J. am 23. Januar 2008 der Beurteilung von Prof. Dr. K. angeschlossen und hält auf Grund von dessen Feststellungen, u.a. zur Fähigkeit zum Treppensteigen sowie einer ungestörten Beweglichkeit der oberen und unteren Extremitäten, der fehlenden Feststellung einer Kraftminderung und einer Muskelverschmächtigung eine weitere Begutachtung nicht für erforderlich und sieht ein vollschichtiges Leistungsvermögen bei leichten Tätigkeiten mit Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen als gegeben an.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Diese hat weder einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach den bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Bestimmungen des SGB VI, noch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach den ab 01. Januar 2001 geltenden Regelungen des SGB VI.

Soweit der Eintritt eines Leistungsfalles vor dem 01. Januar 2001 und die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit strittig ist, ist gemäß § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI das SGB VI in der bis 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (SGB VI a. F.) heranzuziehen, soweit ein Leistungsfall nach dem 31. Dezember 2000 und die Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit geltend gemacht wird, ist das SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (SGB VI n. F.) maßgeblich. Ein Anspruch auf Rente besteht nach keiner der genannten Bestimmungen.

Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit hatten vor dem 1. Januar 2001 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte, die die allgemeine Wartezeit erfüllten, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Versicherungsfalles drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit nachweisen konnten und darüber hinaus erwerbsunfähig waren (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F.).

Erwerbsunfähig waren nach § 44 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI a. F. Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630 DM überstieg. Erwerbsunfähig war dagegen nicht, wer eine selbstständige Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VI a. F.).

Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hatten vor dem 1. Januar 2001 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte, wenn sie berufsunfähig waren, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatten und vor Eintritt der Berufsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt hatten (§ 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a. F.).

Berufsunfähig waren nach § 43 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB VI a. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperliche, geistige und seelische gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war, wobei der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen war, alle Tätigkeiten umfasste, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnte. Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war (§ 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI a. F.).

Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich - unverändert - nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildung von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert.

Grundsätzlich darf ein Versicherter im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden. Facharbeiter sind dementsprechend nur auf Tätigkeiten ihrer Gruppe und der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar (BSG, Urteil vom 30. September 1987, 5b RJ 20/86 in SozR 2200 § 1246 Nr. 147). Die vielschichtige und inhomogene Gruppe der angelernten Arbeiter zerfällt nach der Rechtsprechung des BSG in einen oberen und einen unteren Bereich. Dem unteren Bereich der Stufe mit dem Leitberuf des Angelernten sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen, Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu vierundzwanzig Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994, 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Angehörige der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich können nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch Qualitätsmerkmale, z.B. das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse auszeichnen, wobei mindestens eine solche Verweisungstätigkeit konkret zu bezeichnen ist (BSG, a.a.O.). Versicherte, die zur Gruppe der ungelernten Arbeiter oder zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehören, können grundsätzlich auf alle auf dem Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in diesen Fällen regelmäßig nicht erforderlich, weil auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung steht, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist (BSG, Urteil vom 14. September 1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50).

Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Klägerin war zur Überzeugung des Senats vor dem 01. Januar 2001 nicht außerstande, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig zu verrichten. Insoweit folgt der Senat der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des Dr. G. vom 10. Januar 2003, der die bis 31. Dezember 2000 vorgelegenen und dokumentierten Erkrankungen gewürdigt und berücksichtigt hat. Danach litt die Klägerin - wie den ärztlichen Bescheinigungen vom 8. und 15. September 2000 sowie den Berichten vom 4. Dezember 2000 über die röntgenologischen Untersuchungen entnommen werden kann - unter Verschleißerscheinungen der HWS und der LWS, zeitweilig mit Nervenwurzelreizerscheinungen, sowie - wie dem Bericht vom 1. Dezember 2000 zu entnehmen - einer depressiven Störung mit Angstelementen bzw. einer Anpassungsstörung. Darüber hinausgehende, wesentlich schwerer wiegende dauerhafte Gesundheitsstörungen, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung sind, sind dagegen vor dem 1. Januar 2001 nicht nachgewiesen. Unter Berücksichtigung dieser Leiden war das Leistungsvermögen der Klägerin zwar eingeschränkt, doch konnte sie zumindest leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung - ohne Nachtschicht, besonderen Zeitdruck, häufiges Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel, häufiges Bücken, Knien oder Hocken, häufiges Klettern oder Steigen, ohne Absturzgefahr und ohne Gefährdung durch Kälte, Hitze oder Nässe - vor dem 1. Januar 2001 vollschichtig verrichten. Eine darüber hinausgehende Einschränkung des Leistungsvermögens ist vor dem 1. Januar 2001 nicht nachgewiesen. Sie ergibt sich insbesondere auch nicht aus den später festgestellten Gesundheitsstörungen und den späteren gutachterlichen Äußerungen von Dr. G., Dr. J.und Prof. Dr. K., die die Einschätzung vom 10. Januar 2003 im Ergebnis übereinstimmend bestätigt haben.

Unter Berücksichtigung dessen war die Klägerin bis 31. Dezember 2000 in der Lage, leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den genannten qualitativen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.

Die aus den Erkrankungen resultierenden qualitativen Einschränkungen ergeben vorliegend weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, noch eine schwere spezifische Leistungseinschränkung, die ausnahmsweise die Benennung einer konkreten Tätigkeit erforderlich machen würde, die die Klägerin noch verrichten könnte (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117), und sie bedingen auch keine derartige Einschränkung, dass die Klägerin nur auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar wäre, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten, die nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 136, 137 und 139 sowie § 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ein Versicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit im Sinne von § 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung ist somit vor dem 1. Januar 2001 nicht eingetreten.

Außerdem war die Klägerin vor dem 01. Januar 2001 auch nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 SGB VI a. F. Sie ist im Hinblick auf seine zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar und konnte jedenfalls bis 31. Dezember 2000 entsprechende Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Ein besonderer Berufsschutz in dem Sinne, dass die Klägerin eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden müsste, liegt im Hinblick auf den beruflichen Werdegang der Klägerin, die in Deutschland ungelernte Tätigkeiten verrichtet hat und dann in Griechenland in der Landwirtschaft tätig war, nicht vor. Dass sie höher qualifizierte Tätigkeiten verrichtet hat, ist weder dargetan, noch sonstwie ersichtlich. Als ungelernte Arbeiterin ist sie auf alle, auch einfache Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Im Übrigen hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit nach den Bestimmungen des SGB VI in der seit 01. Januar 2001 geltenden Fassung.

Nach § 43 SGB VI n. F. haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI n. F. sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI n. F. sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nicht erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI n. F., wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI n. F. haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI n. F. Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Auch diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Klägerin ist in der Zeit seit 01. Januar 2001 zur Überzeugung des Senats nicht außerstande, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten.

Dies ergibt sich unter Berücksichtigung der bei ihr vorliegenden Erkrankungen aus dem vom Senat eingeholten Gutachten von Prof. Dr. K., dem die beratenden Ärzte der Beklagten Dr. G. und der Dr. J. zugestimmt haben. Der zuvor im erstinstanzlichen Verfahren beabsichtigten Begutachtung hat sich die Klägerin nicht unterzogen.

Zwar sind im Vergleich zu den früheren Feststellungen der Gesundheitskommission nach dem Untersuchungsergebnis vom 20. Oktober 2004 ein HWS-Schulter-Arm-Syndrom beidseits und nach dem Bericht des Arztes P. vom 16. Januar 2007 eine Osteoarthritis an den Kniegelenken hinzugekommen. Auch haben die WS- und die psychischen Beschwerden weiterhin bestanden und nach den Feststellungen von Prof. Dr. K. liegen nun auch psychosomatische Beschwerden vor. Diese Gesundheitsstörungen beeinflussen das Leistungsvermögen nur in qualitativer Hinsicht, nicht jedoch in quantitativer Hinsicht. So kann die Klägerin schwere und mittelschwere Arbeiten sowie Arbeiten, die überwiegend mit Stehen oder Gehen verbunden sind sowie mit Heben und Tragen von Lasten, mit häufigem Bücken, Steigen auf Leitern und auf Gerüsten, mit Akkord- und Fließbandtätigkeit, mit Nachtschicht und besonderer geistiger Beanspruchung sowie mit Nacht- und Wechselschichten nicht mehr verrichten. Andererseits sind leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen und Stehen, wie z.B. auch Zureichen, Abnehmen, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Verpacken sowie Zusammensetzen von Kleinteilen - ohne Arbeiten bei Publikumsverkehr und mit besonderer geistiger, erhöhter oder hoher Verantwortung und nervlicher Belastung - noch vollschichtig und damit auch wenigstens sechs Stunden je Arbeitstag möglich. Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. K. und seiner ergänzenden Stellungnahme und wird auch nachvollziehbar von Dr. J. bestätigt.

Insofern ist auch keine relevante Einschränkung der zu und von der Arbeit nach Hause zurückzulegenden Wege feststellbar, da die Klägerin entsprechende Fußwegstrecken viermal täglich mit mehr als 500 m innerhalb von 20 Minuten zurücklegen und auch zweimal öffentliche Verkehrsmittel in der Hauptverkehrszeit benutzen kann.

Einer weiteren, von der Beklagten zunächst angeregten, orthopädischen Begutachtung bedarf es nicht, da die von Prof. Dr. K. beschriebenen Befunde und seine Beobachtungen bei der Untersuchung keinen Anhalt dafür bieten, dass auf orthopädischem Gebiet darüber hinaus weitergehende Einschränkungen vorliegen. Dies hat auch Dr. J. in der zuletzt vorgelegten Stellungnahme vom 23. Januar 2008 bestätigt und ist für den Senat überzeugend.

Damit liegen weder die Voraussetzungen des § 43 SGB VI n. F., noch des § 240 SGB VI n. F. vor.

Eine weitergehende Einschränkung des Leistungsvermögens und deren Nachweis ergibt sich vor und ab dem 1. Januar 2001 auch nicht aus der Festlegung eines Invaliditätsgrades durch den griechischen Rentenversicherungsträger. Diese Feststellungen sind für die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers durch den deutschen Rentenversicherungsträger und die deutschen Gerichte nicht bindend. Die Feststellung von Invalidität durch einen Rentenversicherungsträger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union ist nur insoweit für den Träger eines anderen Mitgliedstaates verbindlich, als die Übereinstimmung von Tatbestandsmerkmalen der Invalidität im Verhältnis zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten im Sinn von Artikel 40 Abs. 4 EWG-Verordnung Nr. 1408/71 vom 14. Juni 1971 (ABL. EG 1971 Nr. L 149/2 ff.) anerkannt worden ist. Eine solche Übereinstimmungserklärung liegt im Verhältnis zwischen der griechischen Invaliditätsregelung und den Bestimmungen des deutschen Rechts über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung bislang nicht vor (vgl. unter anderem BSG, Beschluss vom 09. Juli 2001, B 13 RJ 61/01 B und BSG in SozR 3-6050 Artikel 40 Nr. 3).

Da somit das SG im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat, ist die Berufung zurückzuweisen. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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