Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 392/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 LA 60/17
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
In einer Prüfvereinbarung kann die Pflicht zur Vorlage der Behandlungsunterlagen festgelegt werden. Hierbei kann es sich um die Konkretisierung einer allgemeinen Auskunftspflicht auf Grundlage der Satzung einer K(Z)V handeln (vgl. BSG, Urt. v. 06.11.2002 - B 6 KA 9/02 R - SozR 3-2500 § 81 Nr. 9, juris Rdnr. 21). Ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht kann disziplinarrechtlich geahndet werden.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Verweises, den die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen als Disziplinarmaßnahme wegen Verletzung vertragszahnärztlicher Mitwirkungspflichten verhängt hat.
Der Kläger ist als Zahnarzt zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen führte eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für das Quartal I/14 durch. Sie lud den Kläger zu einer Prüfsitzung am 02.03.2016 unter Beifügung einer Liste mit 110 Behandlungsfällen, zu denen sie unter Hinweis auf die Mitwirkungspflicht des Klägers um Übersendung sämtlicher Aufzeichnungen bat.
Der Kläger teilte unter Datum vom 15.12.2015 mit, es sei eine statistische und keine repräsentative Einzelfallprüfung vorgesehen. Insofern sei es unverständlich, dass diese große Zahl an Belegfällen angefordert worden sei. Er bitte um ausführliche Begründung. Die Prüfungsstelle erläuterte unter Datum vom 17.12.2015, bei der angekreuzten Prüfmethode handele es sich nur um einen Vorschlag des Gemeinsamen Auswahlausschusses. Eine endgültige Festlegung hinsichtlich der Prüfmethode sei zum jetzigen Zeitpunkt weder vorgesehen noch möglich. Selbst bei einer statistischen Prüfung sei eine ausreichende Anzahl von Belegfällen nötig, um evtl. Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen eruieren zu können. Der Kläger erwiderte unter Datum vom 12.12.2015, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssten Praxisbesonderheiten und kompensatorische Einsparungen von Amts wegen bereits auf der 1. Prüfungsstufe berücksichtigt werden. Es erscheine äußerst fragwürdig, dass der Prüfantrag rechtmäßig zustande gekommen sei. Die Prüfungsstelle teilte unter Datum vom 06.01.2016 mit, die vom Kläger zitierte Rechtsprechung beschäftige sich nicht mit der Auswahl von Prüfverfahren, sondern mit der Frage des rechtssicheren Zustandekommens einer Honorarkürzung. Ferner erläuterte sie das Verfahren nach der Prüfvereinbarung. Bei einer Überschreitung des Fallwertes der Vergleichsgruppe in Höhe von 24 % liege der Kläger über der Grenze von 20 %, weshalb ein Prüfverfahren eingeleitet worden sei. Der Kläger bat unter Datum vom 11.01.2016 um Zusendung aller 100-Fall Statistiken von I/12 bis III/15 zur Vorbereitung des anstehenden Verfahrens. Außerdem sei aufgefallen, dass die Fallzahlen nicht seiner Statistik entsprächen. Bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit bitte er um Aussetzung des Verfahrens. Per E-Mail wandte der Kläger sich wiederholt an den Vorstand der Beklagten, worauf dieser den Leiter der Prüfungsstelle um Antwort an den Kläger bat. Der Leiter der Prüfungsstelle machte dem Kläger unter Datum vom 20.01.2016 u. a. Ausführungen zur Auffälligkeitsprüfung. Die Prüfungsstelle stellte dem Kläger die Statistiken IV/13 bis II/14 zur Verfügung. Weitere Statistiken könne sie nicht übersenden, da sie selbst diese nicht führe. Sie würden ihr von den Vertragspartnern der Prüfvereinbarung zur Verfügung gestellt werden. Der Kläger wandte sich in einer E-Mail vom 21.01.2016 erneut an den Vorstand der Beklagten, weil er die Antwort des Leiters der Prüfungsstelle für unzureichend hielt. Ferner informierte er zahlreiche Kollegen über das aus seiner Sicht absurde Prüfverfahren. Herr C., Vorstandsmitglied der Beklagten, teilte per E-Mail dem Kläger am 28.01.2016 mit, dass die Prüfungsstelle das Verfahren als selbständige Behörde bearbeite. Dem Vorstand sei es verwehrt, in das Verfahren einzugreifen. Bei Problemen mit der Übermittlung der Unterlagen bestehe die Möglichkeit, eine Terminverlegung zu beantragen. Der Kläger wandte sich mit weiteren E-Mails an den Vorstand und den Justitiar der Beklagten.
Die Prüfungsstelle unterrichtete den Vorstand des Beklagten nach der Prüfsitzung am 02.03.2016, dass eine Prüfung nicht möglich sei, da der Kläger keinerlei Unterlagen und keine Stellungnahme übersandt und auch an der Prüfsitzung nicht teilgenommen habe. Er bat den Vorstand, die Einreichung von Unterlagen zu erwirken.
Der Vorstand der Beklagten wies den Kläger unter Datum vom 04.04.2016 auf seine Mitwirkungspflicht nach § 4 Ziff. 6 Satz 5 der Prüfvereinbarung hin und bat um Vorlage der von der Prüfungsstelle angeforderten Unterlagen bis zum 25.04.2016. Ferner wies er auf mögliche disziplinarische Konsequenzen hin.
Der Kläger teilte dem Vorstand mit E-Mail vom 06.04.2016 mit, die in dessen Schreiben getroffenen Aussagen und Konsequenzen könne er nicht akzeptieren, was er im Einzelnen weiter ausführte.
Der Vorstand der Beklagten erinnerte mit Schreiben vom 15.04.2016 nochmals an die Vorlage der Unterlagen. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Prüfverfahrens könnten in einem anschließenden Rechtsmittelverfahren geklärt werden.
Der Kläger teilte mit E-Mail vom 19.04.2016 mit, er halte das Prüfverfahren weiterhin für unrechtmäßig. Mit weiterer E-Mail vom 19.04.2016 hielt er die Darstellung der Prüfungsstelle für unzutreffend, er hätte die Mitwirkung an der Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung verweigert. Nach ergebnisloser Tagung der Prüfungsstelle müsse das Verfahren nunmehr eingestellt werden. Mit E-Mail vom 20.04.2016 erläuterte er nochmals, weshalb er das Verfahren für rechtswidrig halte.
Der Justitiar der Beklagten wies unter Datum vom 06.05.2016 im Auftrag des Vorstands auf das unabhängige Prüfverfahren hin und setzte nochmals eine Frist bis zum 03.06.2016 zur Einreichung der Unterlagen.
Der Kläger wandte sich mit weiteren E-Mails an den Vorstand der Beklagten, worauf dieser unter Datum vom 06.06.2016 antwortete und auch an die Frist bis zum 03.06.2016 zur Einreichung der Unterlagen erinnerte.
Die Beklagte verhängte mit Bescheid vom 27.06.2016 eine Disziplinarstrafe in Form eines Verweises wegen Verweigerung der Vorlage der angeforderten Behandlungsunterlagen für das Prüfverfahren betreffend das Quartal I/14. Zur Begründung verwies sie auf die Mitwirkungspflicht nach § 4 Ziff. 6 Satz 5 der Prüfvereinbarung hin. Ferner setzte sie eine weitere Frist bis zum 18.07.2016 zur Einreichung der Unterlagen.
Der Kläger legte hiergegen am 12.07.2016 Widerspruch per E-Mail unter Hinweis auf den bisherigen Schriftwechsel ein.
Die Prüfungsstelle bestätigte gegenüber der Beklagten, dass am 18.07.2016 die eingescannten Unterlagen eingegangen seien, Soweit die Unterlagen nicht ganz vollständig seien, gehe sie von Flüchtigkeitsfehlern aus.
Der Kläger führte unter Datum vom 06.09.2016 weiter aus, das Prüfverfahren bzw. die Anforderung der Unterlagen sei unverhältnismäßig. Der Vorstand sei seiner satzungsgemäßen Pflicht zur Unterstützung der Mitglieder nicht nachgekommen und habe gegen die berufsrechtliche Pflicht zur Kollegialität verstoßen. Das Prüfverfahren werde nicht fair durchgeführt. Es sei rechtswidrig.
Der Disziplinarausschuss lud den Kläger unter Datum vom 08.02.2017, beim Kläger am 09.02. eingegangen, zu eine mündlichen Verhandlung am 22.03.2017. Der Kläger teilte mit E-Mail vom 21.03.2017 mit, aufgrund der Versorgungslage seiner Patienten könne er nicht teilnehmen.
Mit Bescheid vom 22.03.2017, ausgefertigt am 07.04.2017 und dem Kläger zugestellt am 20.04., wurde der strittige Verweis festgesetzt und dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung verwies der Disziplinarausschuss der Beklagten auf die Mitwirkungspflicht nach § 4 Ziff. 6 Satz 5 der Prüfvereinbarung hin. Danach sei der Vertragszahnarzt in Zusammenhang mit Auffälligkeitsprüfungen verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Diese Verpflichtung habe der Kläger nachhaltig verletzt. Die Anforderung im Schreiben der Prüfungsstelle vom 14.12.2015 sei rechtmäßig gewesen. Die Einwände des Klägers hätten nicht zur Suspendierung der Mitwirkungspflicht geführt. Die Anforderung von Unterlagen diene gerade dazu, dem betroffenen Zahnarzt rechtliches Gehör zu verschaffen. Die Erstellung eines Prüfberichts sei erst auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen möglich. Der Kläger habe schuldhaft gehandelt. Er sei mehrfach auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen worden. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum scheide aus. Die Verletzung der Mitwirkungspflicht werde durch die spätere Vorlage der Unterlagen nicht ungeschehen gemacht. Obwohl der Kläger sein Verhalten letztlich nicht einsehe, halte er einen Verweis für noch angemessen vor dem Hintergrund der doch noch erfolgten Vorlage der Unterlagen.
Hiergegen hat der Kläger am 17.05.2017 die Klage erhoben. Er verweist auf sein Widerspruchsvorbringen und verweist auf die Rechtswidrigkeit des Prüfantrags und Prüfverfahrens. Die Anforderung sei unverhältnismäßig gewesen. Prüfungsstelle und Beklagte seien nicht fair vorgegangen. Das Verfahren verletzte geltendes Recht und die Prüfvereinbarung. Der Disziplinarausschuss habe diese Fakten nicht widerlegt. Die Unterlagen würden nicht für einen statistischen Vergleich benötigt werden; ein Wechsel der Prüfmethode sei unzulässig. Ergänzend trägt er vor, die Unterlagen habe er zunächst nicht vorgelegt, weil er gerechtfertigte Einwendungen vorgetragen habe. Er habe in keinem Fall gegen seine Mitwirkungspflicht verstoßen bzw. gegen diese verstoßen wollen. Es reiche aus, wenn er die Unterlagen im Termin vor der Prüfungsstelle unmittelbar vorlege. Mit seinen umfangreichen Darlegungen habe sich der Disziplinarausschuss nicht auseinandergesetzt, eben so wenig mit der Rechtmäßigkeit des Zustandekommens des Prüfantrags. Der Prüfungsausschuss habe ohne Ankündigung eine repräsentative Einzelfallprüfung durchgeführt. Er habe unter Missachtung des zahnärztlichen Standards, der Behandlungsrichtlinien und der Rechtsprechung Behandlungsnotwendigkeiten konstruiert. Das Vorgehen der Prüfungsstelle zeige, dass seine Einwände zur Vorlage der Unterlagen in der tatsächlichen Auswertung ihren Niederschlag gefunden und sich dort bestätigt hätten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 07.04.2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, die ergänzende Klagebegründung betreffe das Prüfverfahren. Die Einwände seien ggf. dort vorzubringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung zwei ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist zulässig. Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich die Disziplinarbescheid vom 07.04.2017. Der diesem vorausgehende Bescheid des Vorstands ist nach den Satzungsregeln und der Rechtsbehelfsbelehrung aufgrund der Widerspruchseinlegung des Klägers erledigt. Er würde auch nach Aufhebung des hier streitgegenständlichen Disziplinarbescheids nicht mehr aufleben. Die Klage ist im Übrigen insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Disziplinarbescheid vom 07.04.2017 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Beklagte ist zuständig für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen gegen Vertragszahnärzte.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V sind die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen verpflichtet, die vertragsärztliche Versorgung in dem durch § 73 Abs. 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Hierzu haben sie nach § 75 Abs. 2 S. 2 SGB V die Erfüllung der den Vertragszahnärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragszahnärzte unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 SGB V vorgesehenen Sanktionen zur Pflichterfüllung anzuhalten. Der skizzierte gesetzliche Rahmen wird ausgefüllt von der entsprechend § 81 SGB V beschlossenen Satzung der Beklagten und ihrer Disziplinarordnung, die u. a. die Pflichten der Mitglieder, auf deren Mitwirkung und Unterstützung die Beklagte zur Erfüllung ihrer o. g. Aufgaben angewiesen ist, konkretisieren. § 2 Abs. 2 der Satzung der Beklagten übernimmt die sich aus § 75 Abs. 2 S. 2 SGB V ergebende Verpflichtung der KZVH, die Vertragszahnärzte zu überwachen und zur Pflichterfüllung anzuhalten, in das Satzungsrecht, aus § 5 der Disziplinarordnung ergibt sich die Möglichkeit, gegen Vertragszahnärzte, die gegen diese Pflichten verstoßen, eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, sprechen gegen die grundsätzliche Geltung des Disziplinarrechts im Bereich des Vertragsarztrechts keine Gesichtspunkte des Verfassungsrechts. Die gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung von Disziplinarmaßnahmen sind hinreichend bestimmt. Der Umfang der Befugnisse ist in § 81 Abs. 5 Satz 2 SGB V festgelegt. Disziplinarmaßnahmen in diesem Sinne sind nach der Aufzählung des § 81 Abs. 5 Satz 2 und 3 SGB V je nach der Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße bis 10.000 EUR oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu zwei Jahren (vgl. BSG, Urt. v. 06.11.2002 - B 6 KA 9/02 R - SozR 3-2500 § 81 Nr. 9, zitiert nach juris, Rdnr. 20; BSG, Urt. v. 30.11.2016 - BSGE (vorgesehen) = SozR 4-2500 § 75 Nr. 18, juris Rdnr. 17, jeweils m.w.N.). Bei der Auswahl der Maßnahme ist der Disziplinarausschuss grundsätzlich berechtigt, nach seinem Ermessen zu handeln, sodass die Entscheidung insoweit nur einer eingeschränkten gerichtlichen Prüfung zugänglich ist. Der Verwaltungsakt ist daher nach § 54 Abs. 2 SGG nur bei Ermessensüberschreitung oder bei Ermessensfehlgebrauch rechtswidrig. Das Gericht hat dazu die Voraussetzungen des Ermessens festzustellen, d. h. insbesondere zu prüfen, ob die Behörde von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen; dabei ist es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (vgl. BSG, Urt. v. 06.11.2002, a.a.O., Rdnr. 23, BSG, Urt. v. 30.11.2016, a.a.O., Rdnr. 20).
Der Disziplinarbescheid vom 07.04.2017 ist auch materiell rechtmäßig. Die Kammer sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der Begründung des angefochtenen Bescheides folgt (§ 136 Abs. 3 SGG). Der Kläger hat mit seiner Klage den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Disziplinarbescheid nicht widersprochen und im Wesentlichen auf sein Widerspruchsvorbringen verwiesen bzw. dieses wiederholt, mit dem sich der Disziplinarbescheid ausführlich auseinandergesetzt hat, oder hierzu wiederholend auf die Rechtswidrigkeit des Prüfverfahrens hingewiesen.
Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Rechtsgrundlage für die Anforderung der Unterlagen durch die Prüfungsstelle ist die auch für den Kläger verbindliche (§ 106 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 SGB V in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung bzw. aktuell §§ 106 Abs. 1 Satz 2, 106a Abs. 4 Satz 3 SGB V) Vereinbarung über die Errichtung der Prüfungsstelle gemäß § 106 SGB V vom 26.06.2008, gültig ab 01.01.2008 (im Folgenden: Prüfvereinbarung). Nach § 4 Ziff. 6 Satz 4 und 5 Prüfvereinbarung veranlasst nach Einleitung eines Prüfverfahrens nach Auffälligkeitskriterien bei der Prüfungsstelle der zahnärztliche Berater die Anforderung geeigneter Unterlagen, wie eine Stellungnahme des Vertragszahnarztes, Röntgenbilder und/oder Karteikartenauszüge durch die Prüfungsstelle. Der Vertragszahnarzt ist verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Hieraus folgt, dass es sich nicht um eine bloße Mitwirkungspflicht im Sinne einer Substantiierungspflicht (vgl. Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 08/14, § 106 SGB V, Rdnr. 546) handelt, sondern um eine Verpflichtung zur Vorlage der Unterlagen.
§ 4 Ziff. 6 Satz 4 und 5 Prüfvereinbarung konkretisiert die allgemeine vertrags(zahn)ärztliche Auskunftspflicht. Aus § 5 Nr. 2 Aufzählungspunkt 4 der Satzung der Beklagten folgt die Pflicht, geforderte Aufklärungen und Auskünfte unverzüglich zu geben und auf Verlangen die zur Aufklärung notwendigen Unterlagen vorzulegen (vgl. BSG, Urt. v. 06.11.2002 - B 6 KA 9/02 R - SozR 3-2500 § 81 Nr. 9, juris Rdnr. 21). Das Bundessozialgericht sieht darin einen Ausdruck der allgemeinen Pflicht zum engen Zusammenwirken bei der Umsetzung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. die §§ 4 Abs. 3, 70, 72 Abs. 1 und 2, 81 Abs. 3 SGB V). Die Auskunftspflicht resultiert letztlich aus der Mitgliedschaft als Verwaltungsrechtsverhältnis, da Grundlage der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung der Sicherstellungsauftrag (§§ 72 Abs. 1 Satz 1, 75 Abs. 1 SGB V) ist, und aus der Zulassung zur Teilnahme. Der Arzt ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auch verpflichtet, den Prüfgremien die für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung benötigten Unterlagen zur Verfügung zu stellen, ohne sich hierbei auf die ärztliche Schweigepflicht berufen zu können (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.1983 - 6 RKa 10/82 - BSGE 55, 150 = SozR 2200 § 368 Nr. 8, juris Rdnr. 14 ff.; BSG, Urt. v. 19.11.1985 - 6 RKa 14/83 - BSGE 59, 172 = SozR 2200 § 368 Nr. 9, juris Rdnr. 11 ff.).
Die Anforderung von 110 Behandlungsfällen für ein Prüfquartal war auch nicht unverhältnismäßig. Ebensowenig kommt es auf die Angabe der Prüfmethode auf dem Auswahlbogen an. Die Prüfvereinbarung legt keinen Vorrang einer bestimmten Reihenfolge fest (vgl. SG Marburg, Urt. v. 27.11.2013 - S 12 KA 419/13, S 12 KA 429/13 - juris Rdnr. 68 ff.). Insofern entscheidet die Prüfungsstelle selbständig, welche Prüfmethode sie heranzieht. Die repräsentative Einzelfallprüfung mit Hochrechnung setzt voraus, dass, um eine mathematisch-statistisch verwertbare Aussage über die gleichgelagerte Verhaltensweise des Arztes zu erhalten, es sachgerecht und daher geboten ist, pro Quartal und Kassenbereich einen prozentualen Anteil von mindestens 20% der abgerechneten Fälle, der jedoch zugleich mindestens 100 Behandlungsfälle umfassen muss, zu überprüfen. Es muss dabei sichergestellt sein, dass die so zu prüfenden Einzelfälle nach generellen Kriterien ermittelt werden (vgl. BSG, Urt. v. 08.04.1992 - 6 RKa 27/90 - BSGE 70, 246, juris Rdnr. 40). Selbst bei einer statistischen Vergleichsprüfung ist es aber bei einer Kürzung in den sog. Übergangsbereich, der in etwa bei einer Überschreitung des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe um 20 % bis ca. 40 % liegen kann, geboten, eine Quantifizierung des Kürzungsbetrags vorzunehmen, was im Regelfall nur durch Heranziehung von Behandlungsunterlagen möglich ist. Von daher war die Anforderung von 110 Behandlungsfällen weder rechtswidrig noch ist ihr Umfang nach Kenntnis der Kammer ungewöhnlich.
Letztlich kommt es aber auf die Rechtmäßigkeit des Prüfverfahrens nicht an, da diese, worauf die Beklagte wiederholt hingewiesen hat, ggf. in einem Widerspruchs- und/oder gesonderten Gerichtsverfahren überprüft werden kann. Jedenfalls ist eine Rechtswidrigkeit der Anforderung der Unterlagen nicht ersichtlich.
Von daher war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Bei Anfechtung von Disziplinarbescheiden ist zunächst der sog. Regelwert von 5.000,00 EUR zugrunde zu legen (vgl. § 52 Abs. 2 GKG) und dieser Betrag im Falle einer festgesetzten Geldbuße um deren Betrag zu erhöhen (vgl BSG, Beschl. v. 01.02.2005 B 6 KA 70/04 B - SozR 4-1935 § 33 Nr. 1, juris Rdnr. 7 f m.w.N.; BSG, Beschl. v. 15.08.2012 - B 6 KA 13/12 B - juris Rdnr. 24; BSG, Beschl. v. 05.06.2013 B 6 KA 7/13 B - juris Rdnr. 14). Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Der Kläger hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Verweises, den die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen als Disziplinarmaßnahme wegen Verletzung vertragszahnärztlicher Mitwirkungspflichten verhängt hat.
Der Kläger ist als Zahnarzt zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.
Die Gemeinsame Prüfungsstelle der Zahnärzte und Krankenkassen in Hessen führte eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für das Quartal I/14 durch. Sie lud den Kläger zu einer Prüfsitzung am 02.03.2016 unter Beifügung einer Liste mit 110 Behandlungsfällen, zu denen sie unter Hinweis auf die Mitwirkungspflicht des Klägers um Übersendung sämtlicher Aufzeichnungen bat.
Der Kläger teilte unter Datum vom 15.12.2015 mit, es sei eine statistische und keine repräsentative Einzelfallprüfung vorgesehen. Insofern sei es unverständlich, dass diese große Zahl an Belegfällen angefordert worden sei. Er bitte um ausführliche Begründung. Die Prüfungsstelle erläuterte unter Datum vom 17.12.2015, bei der angekreuzten Prüfmethode handele es sich nur um einen Vorschlag des Gemeinsamen Auswahlausschusses. Eine endgültige Festlegung hinsichtlich der Prüfmethode sei zum jetzigen Zeitpunkt weder vorgesehen noch möglich. Selbst bei einer statistischen Prüfung sei eine ausreichende Anzahl von Belegfällen nötig, um evtl. Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen eruieren zu können. Der Kläger erwiderte unter Datum vom 12.12.2015, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssten Praxisbesonderheiten und kompensatorische Einsparungen von Amts wegen bereits auf der 1. Prüfungsstufe berücksichtigt werden. Es erscheine äußerst fragwürdig, dass der Prüfantrag rechtmäßig zustande gekommen sei. Die Prüfungsstelle teilte unter Datum vom 06.01.2016 mit, die vom Kläger zitierte Rechtsprechung beschäftige sich nicht mit der Auswahl von Prüfverfahren, sondern mit der Frage des rechtssicheren Zustandekommens einer Honorarkürzung. Ferner erläuterte sie das Verfahren nach der Prüfvereinbarung. Bei einer Überschreitung des Fallwertes der Vergleichsgruppe in Höhe von 24 % liege der Kläger über der Grenze von 20 %, weshalb ein Prüfverfahren eingeleitet worden sei. Der Kläger bat unter Datum vom 11.01.2016 um Zusendung aller 100-Fall Statistiken von I/12 bis III/15 zur Vorbereitung des anstehenden Verfahrens. Außerdem sei aufgefallen, dass die Fallzahlen nicht seiner Statistik entsprächen. Bis zur Klärung der Rechtmäßigkeit bitte er um Aussetzung des Verfahrens. Per E-Mail wandte der Kläger sich wiederholt an den Vorstand der Beklagten, worauf dieser den Leiter der Prüfungsstelle um Antwort an den Kläger bat. Der Leiter der Prüfungsstelle machte dem Kläger unter Datum vom 20.01.2016 u. a. Ausführungen zur Auffälligkeitsprüfung. Die Prüfungsstelle stellte dem Kläger die Statistiken IV/13 bis II/14 zur Verfügung. Weitere Statistiken könne sie nicht übersenden, da sie selbst diese nicht führe. Sie würden ihr von den Vertragspartnern der Prüfvereinbarung zur Verfügung gestellt werden. Der Kläger wandte sich in einer E-Mail vom 21.01.2016 erneut an den Vorstand der Beklagten, weil er die Antwort des Leiters der Prüfungsstelle für unzureichend hielt. Ferner informierte er zahlreiche Kollegen über das aus seiner Sicht absurde Prüfverfahren. Herr C., Vorstandsmitglied der Beklagten, teilte per E-Mail dem Kläger am 28.01.2016 mit, dass die Prüfungsstelle das Verfahren als selbständige Behörde bearbeite. Dem Vorstand sei es verwehrt, in das Verfahren einzugreifen. Bei Problemen mit der Übermittlung der Unterlagen bestehe die Möglichkeit, eine Terminverlegung zu beantragen. Der Kläger wandte sich mit weiteren E-Mails an den Vorstand und den Justitiar der Beklagten.
Die Prüfungsstelle unterrichtete den Vorstand des Beklagten nach der Prüfsitzung am 02.03.2016, dass eine Prüfung nicht möglich sei, da der Kläger keinerlei Unterlagen und keine Stellungnahme übersandt und auch an der Prüfsitzung nicht teilgenommen habe. Er bat den Vorstand, die Einreichung von Unterlagen zu erwirken.
Der Vorstand der Beklagten wies den Kläger unter Datum vom 04.04.2016 auf seine Mitwirkungspflicht nach § 4 Ziff. 6 Satz 5 der Prüfvereinbarung hin und bat um Vorlage der von der Prüfungsstelle angeforderten Unterlagen bis zum 25.04.2016. Ferner wies er auf mögliche disziplinarische Konsequenzen hin.
Der Kläger teilte dem Vorstand mit E-Mail vom 06.04.2016 mit, die in dessen Schreiben getroffenen Aussagen und Konsequenzen könne er nicht akzeptieren, was er im Einzelnen weiter ausführte.
Der Vorstand der Beklagten erinnerte mit Schreiben vom 15.04.2016 nochmals an die Vorlage der Unterlagen. Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Prüfverfahrens könnten in einem anschließenden Rechtsmittelverfahren geklärt werden.
Der Kläger teilte mit E-Mail vom 19.04.2016 mit, er halte das Prüfverfahren weiterhin für unrechtmäßig. Mit weiterer E-Mail vom 19.04.2016 hielt er die Darstellung der Prüfungsstelle für unzutreffend, er hätte die Mitwirkung an der Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung verweigert. Nach ergebnisloser Tagung der Prüfungsstelle müsse das Verfahren nunmehr eingestellt werden. Mit E-Mail vom 20.04.2016 erläuterte er nochmals, weshalb er das Verfahren für rechtswidrig halte.
Der Justitiar der Beklagten wies unter Datum vom 06.05.2016 im Auftrag des Vorstands auf das unabhängige Prüfverfahren hin und setzte nochmals eine Frist bis zum 03.06.2016 zur Einreichung der Unterlagen.
Der Kläger wandte sich mit weiteren E-Mails an den Vorstand der Beklagten, worauf dieser unter Datum vom 06.06.2016 antwortete und auch an die Frist bis zum 03.06.2016 zur Einreichung der Unterlagen erinnerte.
Die Beklagte verhängte mit Bescheid vom 27.06.2016 eine Disziplinarstrafe in Form eines Verweises wegen Verweigerung der Vorlage der angeforderten Behandlungsunterlagen für das Prüfverfahren betreffend das Quartal I/14. Zur Begründung verwies sie auf die Mitwirkungspflicht nach § 4 Ziff. 6 Satz 5 der Prüfvereinbarung hin. Ferner setzte sie eine weitere Frist bis zum 18.07.2016 zur Einreichung der Unterlagen.
Der Kläger legte hiergegen am 12.07.2016 Widerspruch per E-Mail unter Hinweis auf den bisherigen Schriftwechsel ein.
Die Prüfungsstelle bestätigte gegenüber der Beklagten, dass am 18.07.2016 die eingescannten Unterlagen eingegangen seien, Soweit die Unterlagen nicht ganz vollständig seien, gehe sie von Flüchtigkeitsfehlern aus.
Der Kläger führte unter Datum vom 06.09.2016 weiter aus, das Prüfverfahren bzw. die Anforderung der Unterlagen sei unverhältnismäßig. Der Vorstand sei seiner satzungsgemäßen Pflicht zur Unterstützung der Mitglieder nicht nachgekommen und habe gegen die berufsrechtliche Pflicht zur Kollegialität verstoßen. Das Prüfverfahren werde nicht fair durchgeführt. Es sei rechtswidrig.
Der Disziplinarausschuss lud den Kläger unter Datum vom 08.02.2017, beim Kläger am 09.02. eingegangen, zu eine mündlichen Verhandlung am 22.03.2017. Der Kläger teilte mit E-Mail vom 21.03.2017 mit, aufgrund der Versorgungslage seiner Patienten könne er nicht teilnehmen.
Mit Bescheid vom 22.03.2017, ausgefertigt am 07.04.2017 und dem Kläger zugestellt am 20.04., wurde der strittige Verweis festgesetzt und dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung verwies der Disziplinarausschuss der Beklagten auf die Mitwirkungspflicht nach § 4 Ziff. 6 Satz 5 der Prüfvereinbarung hin. Danach sei der Vertragszahnarzt in Zusammenhang mit Auffälligkeitsprüfungen verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Diese Verpflichtung habe der Kläger nachhaltig verletzt. Die Anforderung im Schreiben der Prüfungsstelle vom 14.12.2015 sei rechtmäßig gewesen. Die Einwände des Klägers hätten nicht zur Suspendierung der Mitwirkungspflicht geführt. Die Anforderung von Unterlagen diene gerade dazu, dem betroffenen Zahnarzt rechtliches Gehör zu verschaffen. Die Erstellung eines Prüfberichts sei erst auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen möglich. Der Kläger habe schuldhaft gehandelt. Er sei mehrfach auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen worden. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum scheide aus. Die Verletzung der Mitwirkungspflicht werde durch die spätere Vorlage der Unterlagen nicht ungeschehen gemacht. Obwohl der Kläger sein Verhalten letztlich nicht einsehe, halte er einen Verweis für noch angemessen vor dem Hintergrund der doch noch erfolgten Vorlage der Unterlagen.
Hiergegen hat der Kläger am 17.05.2017 die Klage erhoben. Er verweist auf sein Widerspruchsvorbringen und verweist auf die Rechtswidrigkeit des Prüfantrags und Prüfverfahrens. Die Anforderung sei unverhältnismäßig gewesen. Prüfungsstelle und Beklagte seien nicht fair vorgegangen. Das Verfahren verletzte geltendes Recht und die Prüfvereinbarung. Der Disziplinarausschuss habe diese Fakten nicht widerlegt. Die Unterlagen würden nicht für einen statistischen Vergleich benötigt werden; ein Wechsel der Prüfmethode sei unzulässig. Ergänzend trägt er vor, die Unterlagen habe er zunächst nicht vorgelegt, weil er gerechtfertigte Einwendungen vorgetragen habe. Er habe in keinem Fall gegen seine Mitwirkungspflicht verstoßen bzw. gegen diese verstoßen wollen. Es reiche aus, wenn er die Unterlagen im Termin vor der Prüfungsstelle unmittelbar vorlege. Mit seinen umfangreichen Darlegungen habe sich der Disziplinarausschuss nicht auseinandergesetzt, eben so wenig mit der Rechtmäßigkeit des Zustandekommens des Prüfantrags. Der Prüfungsausschuss habe ohne Ankündigung eine repräsentative Einzelfallprüfung durchgeführt. Er habe unter Missachtung des zahnärztlichen Standards, der Behandlungsrichtlinien und der Rechtsprechung Behandlungsnotwendigkeiten konstruiert. Das Vorgehen der Prüfungsstelle zeige, dass seine Einwände zur Vorlage der Unterlagen in der tatsächlichen Auswertung ihren Niederschlag gefunden und sich dort bestätigt hätten.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 07.04.2017 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor, die ergänzende Klagebegründung betreffe das Prüfverfahren. Die Einwände seien ggf. dort vorzubringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung zwei ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist zulässig. Gegenstand des Verfahrens ist ausschließlich die Disziplinarbescheid vom 07.04.2017. Der diesem vorausgehende Bescheid des Vorstands ist nach den Satzungsregeln und der Rechtsbehelfsbelehrung aufgrund der Widerspruchseinlegung des Klägers erledigt. Er würde auch nach Aufhebung des hier streitgegenständlichen Disziplinarbescheids nicht mehr aufleben. Die Klage ist im Übrigen insb. form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der Disziplinarbescheid vom 07.04.2017 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Die Klage war daher abzuweisen.
Die Beklagte ist zuständig für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen gegen Vertragszahnärzte.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V sind die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen verpflichtet, die vertragsärztliche Versorgung in dem durch § 73 Abs. 2 SGB V bezeichneten Umfang sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertragszahnärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Hierzu haben sie nach § 75 Abs. 2 S. 2 SGB V die Erfüllung der den Vertragszahnärzten obliegenden Pflichten zu überwachen und die Vertragszahnärzte unter Anwendung der in § 81 Abs. 5 SGB V vorgesehenen Sanktionen zur Pflichterfüllung anzuhalten. Der skizzierte gesetzliche Rahmen wird ausgefüllt von der entsprechend § 81 SGB V beschlossenen Satzung der Beklagten und ihrer Disziplinarordnung, die u. a. die Pflichten der Mitglieder, auf deren Mitwirkung und Unterstützung die Beklagte zur Erfüllung ihrer o. g. Aufgaben angewiesen ist, konkretisieren. § 2 Abs. 2 der Satzung der Beklagten übernimmt die sich aus § 75 Abs. 2 S. 2 SGB V ergebende Verpflichtung der KZVH, die Vertragszahnärzte zu überwachen und zur Pflichterfüllung anzuhalten, in das Satzungsrecht, aus § 5 der Disziplinarordnung ergibt sich die Möglichkeit, gegen Vertragszahnärzte, die gegen diese Pflichten verstoßen, eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, sprechen gegen die grundsätzliche Geltung des Disziplinarrechts im Bereich des Vertragsarztrechts keine Gesichtspunkte des Verfassungsrechts. Die gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung von Disziplinarmaßnahmen sind hinreichend bestimmt. Der Umfang der Befugnisse ist in § 81 Abs. 5 Satz 2 SGB V festgelegt. Disziplinarmaßnahmen in diesem Sinne sind nach der Aufzählung des § 81 Abs. 5 Satz 2 und 3 SGB V je nach der Schwere der Verfehlung Verwarnung, Verweis, Geldbuße bis 10.000 EUR oder die Anordnung des Ruhens der Zulassung oder der vertragsärztlichen Beteiligung bis zu zwei Jahren (vgl. BSG, Urt. v. 06.11.2002 - B 6 KA 9/02 R - SozR 3-2500 § 81 Nr. 9, zitiert nach juris, Rdnr. 20; BSG, Urt. v. 30.11.2016 - BSGE (vorgesehen) = SozR 4-2500 § 75 Nr. 18, juris Rdnr. 17, jeweils m.w.N.). Bei der Auswahl der Maßnahme ist der Disziplinarausschuss grundsätzlich berechtigt, nach seinem Ermessen zu handeln, sodass die Entscheidung insoweit nur einer eingeschränkten gerichtlichen Prüfung zugänglich ist. Der Verwaltungsakt ist daher nach § 54 Abs. 2 SGG nur bei Ermessensüberschreitung oder bei Ermessensfehlgebrauch rechtswidrig. Das Gericht hat dazu die Voraussetzungen des Ermessens festzustellen, d. h. insbesondere zu prüfen, ob die Behörde von einem vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist und sich von sachgerechten Erwägungen hat leiten lassen; dabei ist es auf die im Verwaltungsakt mitgeteilten Ermessenserwägungen beschränkt (vgl. BSG, Urt. v. 06.11.2002, a.a.O., Rdnr. 23, BSG, Urt. v. 30.11.2016, a.a.O., Rdnr. 20).
Der Disziplinarbescheid vom 07.04.2017 ist auch materiell rechtmäßig. Die Kammer sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der Begründung des angefochtenen Bescheides folgt (§ 136 Abs. 3 SGG). Der Kläger hat mit seiner Klage den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Disziplinarbescheid nicht widersprochen und im Wesentlichen auf sein Widerspruchsvorbringen verwiesen bzw. dieses wiederholt, mit dem sich der Disziplinarbescheid ausführlich auseinandergesetzt hat, oder hierzu wiederholend auf die Rechtswidrigkeit des Prüfverfahrens hingewiesen.
Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:
Rechtsgrundlage für die Anforderung der Unterlagen durch die Prüfungsstelle ist die auch für den Kläger verbindliche (§ 106 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 SGB V in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung bzw. aktuell §§ 106 Abs. 1 Satz 2, 106a Abs. 4 Satz 3 SGB V) Vereinbarung über die Errichtung der Prüfungsstelle gemäß § 106 SGB V vom 26.06.2008, gültig ab 01.01.2008 (im Folgenden: Prüfvereinbarung). Nach § 4 Ziff. 6 Satz 4 und 5 Prüfvereinbarung veranlasst nach Einleitung eines Prüfverfahrens nach Auffälligkeitskriterien bei der Prüfungsstelle der zahnärztliche Berater die Anforderung geeigneter Unterlagen, wie eine Stellungnahme des Vertragszahnarztes, Röntgenbilder und/oder Karteikartenauszüge durch die Prüfungsstelle. Der Vertragszahnarzt ist verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Hieraus folgt, dass es sich nicht um eine bloße Mitwirkungspflicht im Sinne einer Substantiierungspflicht (vgl. Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB, 08/14, § 106 SGB V, Rdnr. 546) handelt, sondern um eine Verpflichtung zur Vorlage der Unterlagen.
§ 4 Ziff. 6 Satz 4 und 5 Prüfvereinbarung konkretisiert die allgemeine vertrags(zahn)ärztliche Auskunftspflicht. Aus § 5 Nr. 2 Aufzählungspunkt 4 der Satzung der Beklagten folgt die Pflicht, geforderte Aufklärungen und Auskünfte unverzüglich zu geben und auf Verlangen die zur Aufklärung notwendigen Unterlagen vorzulegen (vgl. BSG, Urt. v. 06.11.2002 - B 6 KA 9/02 R - SozR 3-2500 § 81 Nr. 9, juris Rdnr. 21). Das Bundessozialgericht sieht darin einen Ausdruck der allgemeinen Pflicht zum engen Zusammenwirken bei der Umsetzung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. die §§ 4 Abs. 3, 70, 72 Abs. 1 und 2, 81 Abs. 3 SGB V). Die Auskunftspflicht resultiert letztlich aus der Mitgliedschaft als Verwaltungsrechtsverhältnis, da Grundlage der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigung der Sicherstellungsauftrag (§§ 72 Abs. 1 Satz 1, 75 Abs. 1 SGB V) ist, und aus der Zulassung zur Teilnahme. Der Arzt ist im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auch verpflichtet, den Prüfgremien die für die Durchführung der Wirtschaftlichkeitsprüfung benötigten Unterlagen zur Verfügung zu stellen, ohne sich hierbei auf die ärztliche Schweigepflicht berufen zu können (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.1983 - 6 RKa 10/82 - BSGE 55, 150 = SozR 2200 § 368 Nr. 8, juris Rdnr. 14 ff.; BSG, Urt. v. 19.11.1985 - 6 RKa 14/83 - BSGE 59, 172 = SozR 2200 § 368 Nr. 9, juris Rdnr. 11 ff.).
Die Anforderung von 110 Behandlungsfällen für ein Prüfquartal war auch nicht unverhältnismäßig. Ebensowenig kommt es auf die Angabe der Prüfmethode auf dem Auswahlbogen an. Die Prüfvereinbarung legt keinen Vorrang einer bestimmten Reihenfolge fest (vgl. SG Marburg, Urt. v. 27.11.2013 - S 12 KA 419/13, S 12 KA 429/13 - juris Rdnr. 68 ff.). Insofern entscheidet die Prüfungsstelle selbständig, welche Prüfmethode sie heranzieht. Die repräsentative Einzelfallprüfung mit Hochrechnung setzt voraus, dass, um eine mathematisch-statistisch verwertbare Aussage über die gleichgelagerte Verhaltensweise des Arztes zu erhalten, es sachgerecht und daher geboten ist, pro Quartal und Kassenbereich einen prozentualen Anteil von mindestens 20% der abgerechneten Fälle, der jedoch zugleich mindestens 100 Behandlungsfälle umfassen muss, zu überprüfen. Es muss dabei sichergestellt sein, dass die so zu prüfenden Einzelfälle nach generellen Kriterien ermittelt werden (vgl. BSG, Urt. v. 08.04.1992 - 6 RKa 27/90 - BSGE 70, 246, juris Rdnr. 40). Selbst bei einer statistischen Vergleichsprüfung ist es aber bei einer Kürzung in den sog. Übergangsbereich, der in etwa bei einer Überschreitung des Gesamtfallwerts der Vergleichsgruppe um 20 % bis ca. 40 % liegen kann, geboten, eine Quantifizierung des Kürzungsbetrags vorzunehmen, was im Regelfall nur durch Heranziehung von Behandlungsunterlagen möglich ist. Von daher war die Anforderung von 110 Behandlungsfällen weder rechtswidrig noch ist ihr Umfang nach Kenntnis der Kammer ungewöhnlich.
Letztlich kommt es aber auf die Rechtmäßigkeit des Prüfverfahrens nicht an, da diese, worauf die Beklagte wiederholt hingewiesen hat, ggf. in einem Widerspruchs- und/oder gesonderten Gerichtsverfahren überprüft werden kann. Jedenfalls ist eine Rechtswidrigkeit der Anforderung der Unterlagen nicht ersichtlich.
Von daher war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte durch Beschluss des Vorsitzenden.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 EUR anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Bei Anfechtung von Disziplinarbescheiden ist zunächst der sog. Regelwert von 5.000,00 EUR zugrunde zu legen (vgl. § 52 Abs. 2 GKG) und dieser Betrag im Falle einer festgesetzten Geldbuße um deren Betrag zu erhöhen (vgl BSG, Beschl. v. 01.02.2005 B 6 KA 70/04 B - SozR 4-1935 § 33 Nr. 1, juris Rdnr. 7 f m.w.N.; BSG, Beschl. v. 15.08.2012 - B 6 KA 13/12 B - juris Rdnr. 24; BSG, Beschl. v. 05.06.2013 B 6 KA 7/13 B - juris Rdnr. 14). Dies ergab den festgesetzten Wert.
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