Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 500/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers auf die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das anhängige Berufungsverfahren L 11 KR 500/09 wird abgelehnt.
Gründe:
Nach § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsversorgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist in tatsächlicher Hinsicht in eng begrenztem Umfang auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung (Beweisantizipation) zulässig (BVerfG NJW 1997, 2745, 2746). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn eine Beweisaufnahme durchzuführen ist, weil die Entscheidung in der Hauptsache von der Klärung entscheidungserheblicher Tatsachen abhängt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (vgl. BVerfG NJW 2003, 2976, 2977; BSG SozR 3-1750 § 62 Nr. 19). Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg.
Versicherte erhalten Krankengeld (Krg) ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krg bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krg wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krg versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und entweder erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen (§ 48 Abs. 2 SGB V).
Für die Frage, ob die erneute Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit wie die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit beruht, kommt es allein auf das Krankheitsgeschehen selbst an. Um dieselbe Krankheit handelt es sich, wenn sie auf dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zurückgeht, die vorher bereits Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Dies heißt nicht, dass stets dieselbe Krankheitsbezeichnung vorliegen muss. Bei einer wiederholten Erkrankung handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn ihr dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zu Grunde liegt (BSG, Urteil vom 12. Oktober 1988, 3/8 RK 28/87, NZA 1989, 287 zu § 182 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung). Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, braucht dabei weder ständig Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend Behandlungsbedürftigkeit zu bewirken. Es genügt vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiter besteht und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorruft (vgl. BSG SozR 3-2500 § 48 Nr 8). Ausreichend ist danach, dass sich ein Grundleiden gegebenenfalls auch in unterschiedlichen Erscheinungsformen äußert, sofern es medizinisch als Einheit zu werten ist. Dabei kann der erforderliche innere Zusammenhang schon dadurch begründet sein, dass die Entstehung der Krankheit jedes Mal durch eine gemeinsame Bedingung begünstigt oder herbeigeführt wird (Vay in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 48 SGB V Rdnr. 8). Demzufolge stellen z.B. degenerative Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule, die sich in gleichartigen Beschwerden in mehreren Wirbelsäulenabschnitten äußern, ein einheitliches Grundleiden dar (BSG, Urteil vom 12. Oktober 1988, 3/8 RK 28/87, NZA 1989, 287; Urteil des Senats vom 9. Mai 2006, L 11 KR 3269/05, veröffentlicht in juris).
Der Kläger hat innerhalb der zweiten Blockfrist vom 20. März 2003 bis 19. März 2006 (im Anschluss an die erste Blockfrist vom 20. März 2000 bis 19. März 2003) Krg vom 20. März 2003 bis 02. April 2004 (wegen angeborener Deformation der Wirbelsäule; Syringomyelie und Syringobulbie und Radikulopathie), vom 10. Mai 2004 bis 24. Mai 2004 (u.a. wegen angeborener Deformation der Wirbelsäule), vom 22. Juni 2004 bis 09. August 2004 (wegen infektiöser Diarrhoe), vom 10. August 2004 bis 13. August 2004 und vom 23. August 2004 bis 01. September 2004 (wegen OSG-Distorsion), vom 02. September 2004 bis 12. September 2004 (u.a. wegen Schwindel), vom 13. September 2004 bis 27. Oktober 2004 (wegen angeborener Deformation der Wirbelsäule) und ab 13. Oktober 2005 (u.a. wegen Marfan-Syndroms) bezogen.
Nachdem die Beklagte anerkannt hat, dass der Kläger unter Berücksichtigung der geltend gemachten Herzerkrankung, der Augenerkrankung, der Wirbelsäulenbeschwerden und der hinzugetretenen OSG-Fraktur bis zur Höchstanspruchsdauer vom 30. Januar 2006 noch Anspruch auf Krg hat (Schriftsatz vom 25. Juni 2008), wird durch die hinzugetretene Sprunggelenksfraktur oder die Augenerkrankung ein weiterer Anspruch auf Krg nicht begründet. Der Senat hat ebenso wie das SG aufgrund der vom SG durchgeführten Beweiserhebung keinen Zweifel daran, dass bei dem Antragsteller dieselbe Krankheit, nämlich die nicht behobene Krankheitsursache des Marfan-Syndroms, vorlag, begleitet von weiteren eigenständigen Erkrankungen.
Dies ergibt sich insbesondere aus dem vorgelegten Gutachten von Dr. S., wonach der Kläger durchgehend an einer angeborenen Störung des Bindegewebes leidet, welche sich sowohl bei der Entwicklung des Skeletts, als auch das Gefäßsystem ausgewirkt hat (sog. Marfan-Syndrom). Dieses geht mit überdurchschnittlichem Wachstum einher und mindert die Wirbelsäule in ihrer Tragfähigkeit, so dass sich beim Kläger eine erhebliche Fehlhaltung mit vermehrter Rundrückenbildung, entsprechenden Deformierungen der dortigen Wirbelkörper und Abnutzung der knorpeligen Strukturen, ein deutlich ausgeprägtes Hohlkreuz sowie eine krankhafte Seitwärtsbiegung der Wirbelsäule sowohl im Brust- als auch Lendenwirbelsäulenbereich zeigt. Dem Marfan-Syndrom ist ebenfalls der Herzfehler zuzuordnen, weswegen bei dem Kläger ein Aortenklappenersatz infolge Insuffizienz einer Aortenrekonstruktion nach einer aneurysmatischen Erweiterung der Aortenwurzel durchgeführt werden musste. Das SG hat deswegen zutreffend erkannt, dass bei dem Kläger "dieselbe Krankheit" vorliegt, da die Grunderkrankung nicht ausgeheilt ist und immer wieder zu behandlungsbedürftigen bzw. Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheitserscheinungen führt, die sämtlich dem Marfan-Syndrom zuzurechnen sind und daher die Leistungsdauer des Krg nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht verlängern. Insofern bedarf es einer weiteren Sachaufklärung nicht, denn das Augen- und Migräneleiden ab dem 01. Januar 2006 sowie die Sprunggelenksdistorsion links vom 11. Februar 2006 sind nach dem Gutachten von Dr. S. hinzugetretene Erkrankungen, die den Anspruch auf Krg nicht verlängern können.
Da bereits keine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, kommt es auf die Frage der Bedürftigkeit des Klägers nicht an.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Nach § 73 a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsversorgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist in tatsächlicher Hinsicht in eng begrenztem Umfang auch eine vorweggenommene Beweiswürdigung (Beweisantizipation) zulässig (BVerfG NJW 1997, 2745, 2746). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn eine Beweisaufnahme durchzuführen ist, weil die Entscheidung in der Hauptsache von der Klärung entscheidungserheblicher Tatsachen abhängt und keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Antragstellers ausgehen wird (vgl. BVerfG NJW 2003, 2976, 2977; BSG SozR 3-1750 § 62 Nr. 19). Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Berufung des Klägers keine Aussicht auf Erfolg.
Versicherte erhalten Krankengeld (Krg) ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je 3 Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 48 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V). Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krg bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krg wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krg versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und entweder erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen (§ 48 Abs. 2 SGB V).
Für die Frage, ob die erneute Arbeitsunfähigkeit auf derselben Krankheit wie die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit beruht, kommt es allein auf das Krankheitsgeschehen selbst an. Um dieselbe Krankheit handelt es sich, wenn sie auf dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zurückgeht, die vorher bereits Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Dies heißt nicht, dass stets dieselbe Krankheitsbezeichnung vorliegen muss. Bei einer wiederholten Erkrankung handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn ihr dieselbe, nicht behobene Krankheitsursache zu Grunde liegt (BSG, Urteil vom 12. Oktober 1988, 3/8 RK 28/87, NZA 1989, 287 zu § 182 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung). Der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, braucht dabei weder ständig Krankheitserscheinungen hervorzurufen noch fortlaufend Behandlungsbedürftigkeit zu bewirken. Es genügt vielmehr, wenn ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden latent weiter besteht und nach einem beschwerdefreien oder beschwerdearmen Intervall erneut Krankheitssymptome hervorruft (vgl. BSG SozR 3-2500 § 48 Nr 8). Ausreichend ist danach, dass sich ein Grundleiden gegebenenfalls auch in unterschiedlichen Erscheinungsformen äußert, sofern es medizinisch als Einheit zu werten ist. Dabei kann der erforderliche innere Zusammenhang schon dadurch begründet sein, dass die Entstehung der Krankheit jedes Mal durch eine gemeinsame Bedingung begünstigt oder herbeigeführt wird (Vay in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 48 SGB V Rdnr. 8). Demzufolge stellen z.B. degenerative Veränderungen an der gesamten Wirbelsäule, die sich in gleichartigen Beschwerden in mehreren Wirbelsäulenabschnitten äußern, ein einheitliches Grundleiden dar (BSG, Urteil vom 12. Oktober 1988, 3/8 RK 28/87, NZA 1989, 287; Urteil des Senats vom 9. Mai 2006, L 11 KR 3269/05, veröffentlicht in juris).
Der Kläger hat innerhalb der zweiten Blockfrist vom 20. März 2003 bis 19. März 2006 (im Anschluss an die erste Blockfrist vom 20. März 2000 bis 19. März 2003) Krg vom 20. März 2003 bis 02. April 2004 (wegen angeborener Deformation der Wirbelsäule; Syringomyelie und Syringobulbie und Radikulopathie), vom 10. Mai 2004 bis 24. Mai 2004 (u.a. wegen angeborener Deformation der Wirbelsäule), vom 22. Juni 2004 bis 09. August 2004 (wegen infektiöser Diarrhoe), vom 10. August 2004 bis 13. August 2004 und vom 23. August 2004 bis 01. September 2004 (wegen OSG-Distorsion), vom 02. September 2004 bis 12. September 2004 (u.a. wegen Schwindel), vom 13. September 2004 bis 27. Oktober 2004 (wegen angeborener Deformation der Wirbelsäule) und ab 13. Oktober 2005 (u.a. wegen Marfan-Syndroms) bezogen.
Nachdem die Beklagte anerkannt hat, dass der Kläger unter Berücksichtigung der geltend gemachten Herzerkrankung, der Augenerkrankung, der Wirbelsäulenbeschwerden und der hinzugetretenen OSG-Fraktur bis zur Höchstanspruchsdauer vom 30. Januar 2006 noch Anspruch auf Krg hat (Schriftsatz vom 25. Juni 2008), wird durch die hinzugetretene Sprunggelenksfraktur oder die Augenerkrankung ein weiterer Anspruch auf Krg nicht begründet. Der Senat hat ebenso wie das SG aufgrund der vom SG durchgeführten Beweiserhebung keinen Zweifel daran, dass bei dem Antragsteller dieselbe Krankheit, nämlich die nicht behobene Krankheitsursache des Marfan-Syndroms, vorlag, begleitet von weiteren eigenständigen Erkrankungen.
Dies ergibt sich insbesondere aus dem vorgelegten Gutachten von Dr. S., wonach der Kläger durchgehend an einer angeborenen Störung des Bindegewebes leidet, welche sich sowohl bei der Entwicklung des Skeletts, als auch das Gefäßsystem ausgewirkt hat (sog. Marfan-Syndrom). Dieses geht mit überdurchschnittlichem Wachstum einher und mindert die Wirbelsäule in ihrer Tragfähigkeit, so dass sich beim Kläger eine erhebliche Fehlhaltung mit vermehrter Rundrückenbildung, entsprechenden Deformierungen der dortigen Wirbelkörper und Abnutzung der knorpeligen Strukturen, ein deutlich ausgeprägtes Hohlkreuz sowie eine krankhafte Seitwärtsbiegung der Wirbelsäule sowohl im Brust- als auch Lendenwirbelsäulenbereich zeigt. Dem Marfan-Syndrom ist ebenfalls der Herzfehler zuzuordnen, weswegen bei dem Kläger ein Aortenklappenersatz infolge Insuffizienz einer Aortenrekonstruktion nach einer aneurysmatischen Erweiterung der Aortenwurzel durchgeführt werden musste. Das SG hat deswegen zutreffend erkannt, dass bei dem Kläger "dieselbe Krankheit" vorliegt, da die Grunderkrankung nicht ausgeheilt ist und immer wieder zu behandlungsbedürftigen bzw. Arbeitsunfähigkeit bedingenden Krankheitserscheinungen führt, die sämtlich dem Marfan-Syndrom zuzurechnen sind und daher die Leistungsdauer des Krg nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht verlängern. Insofern bedarf es einer weiteren Sachaufklärung nicht, denn das Augen- und Migräneleiden ab dem 01. Januar 2006 sowie die Sprunggelenksdistorsion links vom 11. Februar 2006 sind nach dem Gutachten von Dr. S. hinzugetretene Erkrankungen, die den Anspruch auf Krg nicht verlängern können.
Da bereits keine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, kommt es auf die Frage der Bedürftigkeit des Klägers nicht an.
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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