L 4 R 2769/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 2754/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 2769/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Aufhebung der Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente und die Rückforderung von Leistungen.

Die Beklagte bewilligte dem 1952 geborenen Kläger mit Bescheid vom 16. September 1998 ab dem 18. März 1998 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Auf Seite 3 des Bescheids wies sie darauf hin, dass für die Anerkennung des Rentenanspruchs die Verhältnisse des Arbeitsmarktes ausschlaggebend gewesen seien und daher die gesetzliche Verpflichtung bestehe, ihr (der Beklagten) jede Aufnahme der Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen sowie dass die Rente nicht oder in verminderter Höhe geleistet werde, sofern der Kläger eine Beschäftigung aufnehme oder weiterhin ausübe und hierbei die für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschreite. Diese Verdienstgrenze betrage ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, dies seien zurzeit in den alten Bundesländern DM 620,00 im Monat. Entsprechende Hinweise enthielten die Rentenbescheide vom 28. Dezember 1998, vom 11. Februar 2000 und vom 09. März 2000, in denen die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit neu berechnete, wobei die Beklagte die Hinzuverdienstgrenze mit monatlich DM 630,00 bzw. EUR 322,11 angab. Mit Bescheid vom 04. Februar 2005 änderte die Beklagte die Rentenberechnung ab und bewilligte dem Kläger ab April 2005 monatlich EUR 1.347,94. Nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ergab sich ein Auszahlungsbetrag von EUR 1.232,70. Unmittelbar nach der Rentenberechnung teilte sie in diesem Bescheid mit, die in den früheren Rentenbescheiden genannten Mitteilungspflichten gälten nach wie vor und deswegen seien Umstände, die den Anspruch oder die Höhe der Leistung beeinflussen könnten, umgehend mitzuteilen. Wegen Änderung des Beitrags zur Krankenversicherung betrug der Zahlbetrag ab 01. Oktober 2005 EUR 1.226,63.

Zum 01. Oktober 2005 nahm der Kläger eine geringfügige Beschäftigung mit einer gleichbleibenden monatlichen Vergütung von EUR 350,00 auf. Der Beklagte unterrichtete er hierüber nicht. Erst aufgrund der Mitteilung der Beiträge für diese geringfügige Tätigkeit erfuhr die Beklagte am 22. Juni 2006 von der Beschäftigung. Unter dem 28. Juni 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die weitere Rentenberechtigung sei zu prüfen, und bat ihn, einen Vordruck vom Arbeitgeber ausfüllen zu lassen. In einem Telefonat mit ihm teilte ein Mitarbeiter der Beklagten am 12. Juli 2006 mit, dass ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze im Kalenderjahr erlaubt sei und der Kläger im Dezember 2005 eine Dreiviertel-Rente erhalten werde. Ab Januar 2006 sei der Hinzuverdienst von EUR 350,00 unschädlich. Der unter dem 16. September 2006 ausgefüllten Vordruck des Arbeitgebers in der Beklagten am 20. September 2006 zu.

Nach Anhörung (Schreiben vom 29. September 2006) berechnete die Beklagte mit Bescheid vom 13. November 2006 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01. Oktober 2005 neu. Sie hob den Bescheid vom 09. März 2000 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 01. Oktober 2005 auf und forderte für die Zeit vom 01. Oktober 2005 bis 31. Dezember 2006 EUR 1.226,52 von dem Kläger zurück. Da er in den drei Monaten die Hinzuverdienstgrenze überschritten habe, habe nur ein Anspruch in Höhe der Rente wegen Berufsunfähigkeit über EUR 817,79 monatlich bestanden. Für die Zeit ab 01. Januar 2006 stellte die Beklagte den bisherigen Betrag der Rente von EUR 1.347,94 und nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von EUR 1.226,63 fest.

Der Kläger erhob Widerspruch und teilte mit, er habe geglaubt, die Hinzuverdienstgrenze betrage EUR 400,00. Die Rentenversicherungsträger hätten sich verständigt, in Fällen wie bei ihm keine Bescheide rückwirkend aufzuheben. Die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. März 2007). Sie führte aus, der Kläger habe die Aufnahme der Beschäftigung nicht mitgeteilt, Einkommen bezogen, welches zur Minderung des Anspruchs geführt habe und hätte aufgrund der zuvor erteilten Mitteilungen wissen müssen, dass bei einem Verdienst in Höhe von EUR 350,00 die Hinzuverdienstgrenze für die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in voller Höhe überschritten werde. Sein Vorbringen sei bei der Vertrauensschutzprüfung berücksichtigt worden, es sei jedoch nicht geeignet, von der Rücknahme des Bescheids und einer Rückforderung abzusehen. Ein Ermessensspielraum habe nicht zur Verfügung gestanden. Die Überzahlung von EUR 1.226,52 sei zu erstatten.

Der Kläger erhob am 05. April 2007 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG). Nachdem er zunächst die Aufhebung und Rückforderung im Ganzen angefochten hatte, verringerte er seine Klagforderung und beantragte lediglich noch, den angegriffenen Bescheid insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Rentenbewilligung um mehr als den tatsächlichen Mehrverdienst von EUR 5,00 pro Monat (insgesamt EUR 15,00) aufgehoben habe und mehr als diesen Betrag von ihm zurückfordere. Er bestritt die tatsächlichen Feststellungen der Beklagten nicht. Ebenso erkannte er an, dass er im Jahr 2005 die Hinzuverdienstgrenze von damals monatlich EUR 345,00 überschritten habe. Er trug vor, viele Rentner gingen von einer Hinzuverdienstgrenze von EUR 400,00 aus, die der Gesetzgeber auch einführen wolle. Wegen einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze um lediglich EUR 5,00 im Monat solle er insgesamt EUR 1.226,52 zurückzahlen. Die Beklagte könne allenfalls den Mehrverdienst von zusammen EUR 15,00 zurückfordern (Verweis u.a. auf das Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 23. März 1995 - 13 RJ 39/94 ).

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, dass die Aufhebung und Rückforderung lediglich dann auf den tatsächlichen Mehrverdienst beschränkt werde, wenn die Rentenbewilligung allein wegen anrechenbarem Einkommen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) aufgehoben worden sei. Für die restliche Überzahlung sei die Aufhebung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 und 4 SGB X erfolgt. Bei einem gleichbleibenden Einkommen sei ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze im Kalenderjahr nicht zulässig.

Mit Urteil vom 26. Mai 2008 wies das SG die Klage ab. Es schloss sich der Rechtsansicht der Beklagten an. Der Kläger habe in den fraglichen drei Monaten nur einen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit in voller Höhe über je EUR 817,79 gehabt, sodass eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Auf die möglicherweise fehlerhafte Information der Beklagten bei dem Telefonat vom 12. Juli 2006 könne er sich nicht berufen. Er habe jedenfalls grob fahrlässig gegen seine Mitteilungsobliegenheiten verstoßen, weil er nicht angegeben habe, dass er eine Beschäftigung aufgenommen habe. Er könne sich nicht darauf berufen, von einer Hinzuverdienstgrenze bis zu EUR 400,00 ausgegangen zu sein. Er hätte sich nämlich vor Aufnahme der Beschäftigung bei der Beklagten nach den aktuellen Hinzuverdienstgrenzen erkundigen können.

Am 11. Juni 2008 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er hält daran fest, dass nur der tatsächliche Mehrverdienst über der Hinzuverdienstgrenze zurückgefordert werden könne. Die Aufhebung einer Rentenbewilligung und die Rückforderung von Leistungen für die Vergangenheit seien nur dann gerechtfertigt, wenn der Leistungsempfänger auch wirtschaftlich eine doppelte Zahlung erhalten habe. Dies sei nur der Fall, soweit sich die zusätzlichen Einkünfte mit dem weggefallenen Leistungsanspruch deckten. Ein anderes Ergebnis wäre unbillig und mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht zu vereinbaren. Diese Einschränkung folge auch daraus, dass die Leistungsträger zu einer rückwirkenden Aufhebung nur insoweit befugt seien, "soweit" anrechenbares Einkommen erzielt worden sei. Die rückwirkende Aufhebung sei nur zulässig, wenn der Betroffene gewusst habe oder vorwerfbar habe wissen müssen, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes ganz oder teilweise weggefallen sei. Dies sei bei ihm nicht gegeben; auch wenn er die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen gekannt habe, habe ihm die Beklagte nicht klar gemacht, dass bei überschreiten der Hinzuverdienstgrenze eine rückwirkende Bescheidaufhebung zulässig sei und er nicht nur den die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Teil zurückzuzahlen habe, sodass ein "atypischer Fall" vorliege.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26. Mai 2008 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 13. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2007 aufzuheben, soweit die Beklagte die Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Monate Oktober bis Dezember 2005 um mehr als den Betrag von EUR 15,00 aufgehoben und mehr als EUR 15,00 zurückgefordert hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Entscheidung. Sie führt ergänzend an, bei ihr liege kein Mitverschulden vor, das zu einem "atypischen Fall" führen könne. Insbesondere habe sie zu jedem Zeitpunkt auf die Hinzuverdienstgrenzen und die entsprechenden Mitteilungsobliegenheiten hingewiesen. In dem Bescheid seien die Interessen des Klägers mit abgewogen worden. Für die Entscheidung spreche, dass die Rente nur für drei Monate und nicht in vollem Umfang entzogen worden sei, sondern als volle Berufsunfähigkeitsrente weiter gewährt worden sei.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach § 153 Abs. 1 i. V. mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem sich beide Beteiligten mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.

Der Antrag des Klägers in der Berufungsinstanz war sachdienlich so zu verstehen, dass er sich lediglich gegen die Aufhebung der Rentenbewilligung für Oktober bis Dezember 2005 und die Rückforderung einer Überzahlung insoweit wendet, als die Beklagte mehr als EUR 15,00 von ihm zurückfordert. So hatte bereits das Gericht erster Instanz seinen Antrag verstanden. Auch seine inhaltlichen Ausführungen in der Berufungsinstanz zeigen, dass er mit der Aufhebung und Rückforderung in Höhe von EUR 15,00 einverstanden ist und lediglich die Aufhebung und Rückforderung des darüberhinausgehenden Betrags angreift.

Mit diesem Inhalt ist die Berufung zulässig. Zum einen war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der seit dem 01. April 2008 geltenden Fassung zulassungsbedürftig. Der Kläger ist aus dem Urteil erster Instanz um mehr als EUR 750,00 beschwert, nämlich um EUR 1.211,52 (EUR 1.226,52 abzüglich EUR 15,00). Er wendet sich gegen dieses Urteil insoweit, als er mehr als EUR 15,00 an die Beklagte zurückzahlen soll. Zum anderen hat der Kläger die Berufung auch frist- und formgerecht erhoben.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des SG ist nicht aufzuheben oder abzuändern. Zu Recht hat das SG die Anfechtungsklage des Klägers nach § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative SGG insgesamt als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 13. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten.

1. Der teilweisen Aufhebung der Bewilligung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit steht nicht entgegen, dass die Beklagte im Bescheid vom 13. November 2006 den aufzuhebenden Bescheid falsch bezeichnet hat. Sie gab an, der Bescheid vom 09. März 2000 werde teilweise hinsichtlich der Rentenhöhe aufgehoben. Dieser Bescheid war aber jedenfalls ab 01. April 2005 nicht mehr der für die Zahlung der Rente maßgebliche Bescheid. Denn mit Bescheid vom 04. Februar 2005 hatte die Beklagte die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 01. April 2005 neu berechnet, sodass die Beklagte diesen Bescheid hätte teilweise aufheben müssen. Den Beteiligten, insbesondere auch den Kläger, war allerdings klar, dass die letzte maßgebliche Leistungsbewilligung aufgehoben werden sollte, sodass es sich bei der Datumsangabe nur um eine offenbare Unrichtigkeit (§ 38 SGB X) handelt.

2. Die Beklagte durfte nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X die Rentenbewilligung an den Kläger mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise aufheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u.a. aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3), oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 48). Eine rechtserhebliche Änderung liegt insbesondere dann vor, wenn der Anspruch nach dem für die Leistung maßgebenden materiellen Recht entfallen ist.

a) In dem streitigen Zeitraum hatten sich die für die Rentenbewilligung wesentlichen tatsächlichen bzw. rechtlichen Umstände geändert. Der materielle Rentenanspruch des Klägers hatte sich ab dem 01. Oktober 2005, also nach Erlass des letzten Änderungsbescheids, verändert, nämlich auf EUR 817,79 monatlich verringert:

aa) Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, folgte dies aus § 313 Abs. 1 i.V.m. § 96a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI). Maßgeblich ist insoweit noch § 313 SGB VI in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung.

Nach diesen Vorschriften ist, wenn am 31. Dezember 2000 Anspruch auf eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, Erwerbsunfähigkeit oder für Bergleute bestand, § 96a SGB VI unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des Absatzes 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Regelungen zur Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Rente wegen Berufsunfähigkeit und die Regelungen zur Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit entsprechend gelten. Hiernach entfällt der Anspruch auf die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, wenn der Versicherte einen Hinzuverdienst von mehr als einem Siebtel der monatlichen Bezugsgröße erzielt (§ 313 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI). Die monatliche Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) betrug im Jahr 2005 EUR 2.415,00, ein Siebtel hiervon mithin EUR 345,00. Die durch Art. 5 Nr. 7 des Siebtes Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 08. April 2008 (BGBl. I, S. 681) erfolgte Änderung, wonach die Hinzuverdienstgrenze bei einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit EUR 400,00 beträgt, ist im vorliegenden Fall noch nicht maßgeblich, weil sie erst mit Wirkung zum 01. Januar 2008 in Kraft getreten ist. Abhängig vom erzielten Hinzuverdienst wird nach § 313 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze des Absatzes 3 Nr. 1 und weiterem Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit in Höhe der Rente wegen Berufsunfähigkeit unter Beachtung der Hinzuverdienstgrenzen des Absatzes 3 Nr. 2 geleistet.

Der Kläger überschritt von Oktober bis Dezember 2005 die damals geltende Hinzuverdienstgrenze von EUR 345,00 mit seinem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt von EUR 350,00 um monatlich EUR 5,00. Hierdurch fiel sein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vollständig weg, es verblieb lediglich der Anspruch auf eine Vollrente wegen Berufsunfähigkeit, weil der Kläger die in § 313 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a SGB VI genannte Hinzuverdienstgrenze für diese Rentenart nicht überschritt.

bb) Dem Kläger kommt die Ausnahmevorschrift des § 96a Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI nicht zu Gute. Hiernach bleibt ein zweimaliges Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht. Die Ausnahmevorschrift ist von vornherein nicht auf solche Versicherte anwendbar, die nicht über schwankende (monatliche) Einkünfte verfügen, so dass bei unveränderten Hinzuverdiensten (z.B. gleichbleibendem Monatslohn) von der Überschreitensmöglichkeit kein Gebrauch gemacht werden kann. Dies beruht darauf, dass die Ausnahmevorschrift nur unregelmäßige Überschreitungen der Grenze im Kalenderjahr aus besonderem Anlass privilegieren will, insbesondere durch Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob die Tätigkeit mit dem gleichbleibenden Einkommen bereits zu Beginn eines Kalenderjahres ausgeübt wird oder - wie im vorliegenden Fall - unterjährig begonnen wird (zum Ganzen: BSG, Urteil vom 26. Juni 2008 - B 13 R 119/07 R -, veröffentlicht in juris).

b) Die Beklagte durfte die Bewilligung auch vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse am 01. Oktober 2005 aufzuheben, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X gegeben sind. Der Kläger war einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen. Ihm oblag es nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I), die Aufnahme einer entgeltlichen Erwerbstätigkeit der Beklagten mitzuteilen, weil dies Auswirkungen auf Bestehen und Höhe seines Rentenanspruchs haben konnte. Die Aufnahme der geringfügigen Beschäftigung ab Oktober 2005 hat der Kläger der Beklagten jedoch nicht angegeben. Dies geschah auch mindestens grob fahrlässig. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X). Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Grobe Fahrlässigkeit ist zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22; BSG, Urteil vom 06. März 1997 - 7 RAr 40/96 -). Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d.h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten (BSGE 42, 184, zum Ganzen vgl. auch: BSG, SozR 3-1300 § 45 Nr. 45). Der Kläger wurde in den vorangegangenen Rentenbescheiden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Rente wegfallen oder sich verringern konnte, wenn er eine Erwerbstätigkeit aufnimmt sowie dass er die Aufnahme einer Beschäftigung angeben müsse. Dass die Beklagte ihm möglicherweise nicht ausreichend deutlich mitgeteilt hatte, welche konkreten Auswirkungen das Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze haben würde, ändert hieran nichts. Ihm oblag lediglich die Mitteilung. Hieraus die notwendigen rechtlichen Folgerungen zu ziehen, ist Aufgabe des Leistungsträgers und nicht des Versicherten. Die Beklagte hatte auch die jeweils geltenden Hinzuverdienstgrenzen zuletzt in Höhe von EUR 345,00, die für Oktober bis Dezember 2005 galt, richtig angegeben ... Der Kläger wusste auch, dass das Erzielen von Arbeitsentgelt Auswirkungen auf die bewilligte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit haben konnte. Denn er hat in der Begründung seines Widerspruchs angegeben, er sei von einer zulässigen Hinzuverdienstgrenze von EUR 400,00 ausgegangen.

c) Die Beklagte hat ferner zu Recht die Rentenbewilligung in Höhe der gesamten Differenz zwischen der ursprünglich bewilligten Erwerbsunfähigkeitsrente und der letztlich bestehenden Vollrente wegen Berufsunfähigkeit aufgehoben. Es ist zwar richtig, dass nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. März 1995, 13 RJ 39/94, SozR 3-1300 § 48 Nr. 37; Urteil vom 12. Dezember 1995, 10 RKG 9/95, SozR 3-1300 § 48 Nr. 42) und des LSG Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 25. Oktober 2007, L 10 R 497/05, Juris RdNr. 19 ff.) in den Fällen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X eine Leistungsbewilligung nur in dem Umfang aufgehoben werden darf, um den der Hinzuverdienst die relevante Grenze tatsächlich überschritten hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Aufhebung auch auf einen der anderen Tatbestände aus § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X gestützt werden kann. Das BSG hat hierzu ausgeführt (Urteil vom 23. März 1995, a.a.O.), dass die Beschränkung des Wirkungsbereichs des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht bedeute, dass die Aufhebung eines Rentenbescheids in Höhe der vollständigen Differenz zwischen materiellem Anspruch und gewährten Leistungen nicht deswegen gerechtfertigt sein könne, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 oder 4 SGB X vorlägen. In diesen Fällen statuiert § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X keinen Zusammenhang zwischen der Höhe des anzurechnenden anderweitigen Einkommens und der Leistungsbewilligung. Hier sollen die Leistungsträger vielmehr befugt werden, die Leistungsbewilligung auch mit Wirkung für die Vergangenheit auf den Umfang zurückzuführen, auf den materiell tatsächlich ein Anspruch bestand. Wäre dies nicht so, wäre eine rückwirkende Aufhebung eines Rentenbescheids wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen kaum je möglich, weil der tatsächliche Mehrverdienst des Rentners regelmäßig nicht der Differenz zwischen der gewährten und der tatsächlich zustehenden Rente nach §§ 96a Abs. 1, 313 Abs. 1 SGB VI (gleichermaßen für vorzeitig bezogene Altersrenten nach § 34 Abs. 1 SGB VI) entsprechen wird. Wenn der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität bei den vorzeitig bezogene Altersrenten und bei den Erwerbsminderungsrenten den Anspruch lediglich in bestimmten Stufen ohne Berücksichtigung des tatsächlichen Mehrverdienstes zuspricht, dann dürfen die Rentenversicherungsträger eine fehlerhaft gewordene Leistungsbewilligung auch unabhängig von der Höhe des Mehrverdienstes auf den tatsächlichen Anspruch zurückführen.

d) Einwände gegen die Berechnung der Überzahlung und damit der Teilaufhebung sind nicht erhoben oder ersichtlich. Die Vollrente wegen Berufsunfähigkeit betrug in der fraglichen Zeit zwei Drittel der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Wegen der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze war der Kläger also um jeweils ein Drittel seiner Erwerbsunfähigkeitsrente im Monat überzahlt.

e) Liegen die Aufhebungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vor, kann die Behörde grundsätzlich die Bewilligung aufheben. Nur in Ausnahmefällen, wenn ein so genannter atypischer Fall gegeben ist, hat die Behörde Ermessen auszuüben, ob ausnahmsweise von einer (ganzen oder teilweisen) Aufhebung der Bewilligung abzusehen ist. Die Frage, wann es sich um einen atypischen Fall handelt, in dem eine Ermessensentscheidung getroffen werden muss, ist nach dem Zweck der jeweiligen Regelung des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X und den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Diese müssen im Hinblick auf die mit der rückwirkenden Aufhebung des Verwaltungsakts verbundenen Nachteile, insbesondere der aus § 50 Abs 1 SGB X folgenden Erstattungspflicht, vom Normalfall in besonderer Weise abweichen (BSG SozR 5870 § 2 Nr. 47). Ein atypischer Fall ist zwar noch nicht dann anzunehmen, wenn die Aufhebung eine Rückforderung zur Folge hat, aber z.B. dann, wenn der Leistungsempfänger im Zeitpunkt des Verbrauchs des nachträglich erzielten Einkommens mit einer Erstattungsforderung nicht rechnete oder zu rechnen hatte (BSG, Urteil vom 26. August 1994 - 13 RJ 29/93 -). Ausgehend hiervon liegt nach Auffassung des Senats im vorliegenden Fall kein atypischer Fall vor. Es handelt sich um den Normalfall einer teilweise zu Unrecht gezahlten Rente, weil der Versicherte wesentliche Änderungen nicht mitgeteilt hat. Der Beklagten ist kein Vorwurf des Mitverschuldens zu machen, da sie in ausreichendem Umfang den Kläger auf seine Mitteilungspflichten hingewiesen hat.

f) Die weiteren Voraussetzungen einer rückwirkenden Aufhebung hat die Beklagte beachtet. Insbesondere hat sie die in § 48 Abs. 4 i. V. mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X vorgeschriebene Jahresfrist von der Kenntnis der relevanten Umstände bis zur Aufhebung eingehalten.

g) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass ihm ein Mitarbeiter der Beklagten telefonisch mitgeteilt habe, dass die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze in den ersten beiden Monaten des streitigen Zeitraums unschädlich sei. Eine Zusicherung eines Leistungsträgers, einen bestimmten Verwaltungsakt zu erlassen oder nicht zu erlassen, bedarf nach § 34 Abs. 1 SGB X der Schriftform. Ein Telefonat reicht insoweit nicht aus.

h) Der Senat hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken dagegen, dass die Beklagte nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X die Rentenbewilligung an den Kläger um ein Drittel des Zahlungsanspruchs aufheben durfte, obwohl der Kläger die Hinzuverdienstgrenze lediglich mit einem geringfügigen Betrag überschritten hat. Weder war daher das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen noch war § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X verfassungskonform dahin auszulegen, dass auch hier die Rentenbewilligung nur in Höhe des tatsächlichen Mehrverdienstes aufgehoben werden kann, noch lässt sich deswegen ein atypischer Fall annehmen.

Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) ist nicht verletzt. Hierbei kann offen bleiben, ob überhaupt ein Eingriff in das Eigentumsgrundrecht vorliegt. Vermögenswerte Positionen erlangen den Schutz der Eigentumsgarantie nur insoweit, wie sie der Gesetzgeber begründet und einem bestimmten Inhaber zuschreibt. Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, den der Kläger inne hat, war jedoch von seiner Entstehung an mit der Möglichkeit belastet, bei einer Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze ganz oder teilweise zum Ruhen zu kommen bzw. zu erlöschen. § 96a Abs. 1 SGB VI mit dem heutigen Inhalt war durch das Gesetz zur Änderung des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 (BGBl I S. 1824) eingefügt worden und mit dem 01. Januar 1996 in Kraft getreten. Die Erwerbsunfähigkeitsrente des Klägers wurde jedoch erst im Jahre 1998 bewilligt. Selbst jedoch wenn man davon ausgeht, dass bereits die zuvor bestandene Anwartschaft des Klägers auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente den Schutz von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genoss und also die Einführung der Hinzuverdienstgrenze in § 96a Abs. 1 SGB VI 1996 einen Eingriff darstellte, dann war dieser gerechtfertigt. Dies hat das BSG sogar schon für Erwerbsunfähigkeitsrenten entschieden, die vor 1996 begonnen hatten (Urteil vom 06. März 2003 - B 4 RA 8/02 R -, SozR 4-2600 § 313 Nr. 2; Urteil vom 28. April 2004 - B 5 RJ 60/03 R -, SozR 4-2600 § 313 Nr. 3), es gilt erst recht für Renten wie jene des Klägers, die erst unter neuem Recht begonnen haben.

Das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Der Kläger wird zum einen gegenüber denjenigen benachteiligt, deren Rentenbewilligung lediglich wegen der Anrechnung von Einkommen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X in Höhe des tatsächlichen Mehrverdienstes aufgehoben werden kann. Dies ist dadurch gerechtfertigt, dass ihm auch eine Verletzung seiner Mitteilungsobliegenheiten vorzuwerfen ist. Zum anderen wird er gleich behandelt mit jenen, deren Rente sich bei einem erheblich höheren Hinzuverdienst ebenfalls nur - um ein Drittel verringert. Auch dies ist gerechtfertigt. Die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte erfordert einen geringeren Rechtfertigungsaufwand als die Ungleichbehandlung. Es genügt bereits, dass der Gesetzgeber - gerade im Bereich der Massenverwaltung - typisieren und pauschalieren muss. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass nach §§ 96a Abs. 2, 313 Abs. 3 Nrn. 1 und 2 SGB VI die Ansprüche auf Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit in vier Stufen bestehen. Der Gesetzgeber war nicht gehalten, für alle Fälle der Anrechnung eines Hinzuverdienstes den Rentenanspruch lediglich um den konkreten Mehrverdienst gemindert zu gewähren. Etwaige Härten, die hierin liegen, hat er z.B. durch die Regelung über das unschädliche zweimalige Überschreiten des Hinzuverdienstes im Kalenderjahr ausreichend abgemildert.

3. Die Beklagte konnte die überzahlte Rente nach § 50 Abs. 1 SGB X vom Kläger zurückfordern, nachdem die zugrunde liegende Leistungsbewilligung aufgehoben war. Die Höhe des Rückforderungsbetrags von EUR 1.226,52 hat die Beklagte zutreffend berechnet. Der monatliche Anspruch des Klägers betrug für die Zeit von Oktober bis Dezember 2005 EUR 817,79 statt tatsächlich gezahlter EUR 1.226,63, mithin EUR 408,84 monatlich weniger. Für drei Monate ergibt dies den Betrag von EUR 1.226,52.

4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG für eine Zulassung der Revision lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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