L 6 V 5289/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 V 1213/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 V 5289/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.10.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erstrebt höhere Beschädigtenrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen Verschlimmerung bereits anerkannter Schädigungsfolgen und Eintritt einer weiteren Schädigungsfolge.

Der im Jahre 1921 geborene Kläger wurde als Wehrmachtsangehöriger nach einer Feldübung im Jahre 1941 stationär wegen Gelenkrheumatismus behandelt. Am 16.01.1944 erlitt er als Wehrmachtssoldat durch eine Artilleriegranate einen Schussbruch des linken Fersenbeins sowie einen Streifschuss in der rechten Kniekehle. Wegen der verbliebenen Körperschäden wurde ihm ab 1945 Beschädigtenversorgung gewährt, mit Umanerkennungsbescheid vom 10.01.1952 nach den Vorschriften des BVG.

Auf einen Erhöhungsantrag des Klägers erkannte das damalige Versorgungsamt K. mit Neufeststellungsbescheid vom 10.06.1996 als Schädigungsfolgen eine Teilversteifung des linken Fußgelenks mit deformierenden Veränderungen im oberen Sprunggelenk, an dem Fußwurzelgelenk und knöcherne Versteifung des unteren Sprunggelenks nach Schussbruch linkes Fersenbein, Narben am rechten Oberschenkel und an der rechten Kniekehle, Krampfadern an beiden Beinen mit Blutumlauf- und Hauternährungsstörungen, zum Aufbruch neigende Narben am linken Fußgelenk mit Narbenulcus links innen sowie eine Muskelminderung des linken Beines an und setzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 60 v. H. ab dem 01.02.1996 fest. Dieser Entscheidung lag das von dem Chirurgen Dr. L. auf Grund der Untersuchung des Klägers am 26.03.1996 erstattete Gutachten vom 21.05.1996 zugrunde. Nachdem sich im Rahmen dieser Untersuchung keine Anhaltspunkte für einen fortbestehenden Rheumatismus (mehr) gefunden hatten, wurden die zuvor als Schädigungsfolgen anerkannten rheumatischen Beschwerden in den Neufeststellungsbescheid nicht mehr aufgenommen.

Am 14.04.2005 stellte der Kläger beim Landratsamt E. erneut einen Erhöhungsantrag. Zur Begründung trug er vor, er habe seit ca. 4 Jahren ständig offene Wunden an beiden Füßen und sei auf Stockstützen angewiesen. Er leide infolge der schädigungsbedingten rheumatischen Beschwerden an einer krankhaften Wasseransammlung sowie an einem gleich nach dem Krieg eingetretenen Verlust mehrerer Zähne. Darüber hinaus bestehe schädigungsbedingt ein Hüftleiden und ein Bandscheibenschaden. Schließlich hätten die schädigungsbedingten Behinderungen an den Beinen zu einem im Spätjahr 2004 erlittenen Sturz auf der Treppe beigetragen. Dieser haben dazu geführt, dass er bis heute seinen linken Arm kaum und nur unter Schmerzen bewegen könne.

Das Landratsamt E. zog daraufhin Entlassungsberichte der Klinik für Allgemein- und Unfallchirurgie des S. Krankenhauses Pf. vom 26.10.2000 (venöses Ulcus bei arthrogenem Stauungssyndrom und Zustand nach Schussverletzung linker Unterschenkel, Erysipel links, postthrombotisches Syndrom links, Zustand nach mehrfachen Thrombosen links und Penicillinallergie) und vom 28.05.2001 (Erysipel rechter Unterschenkel, chronisch venöse Insuffizienz und Adipositas) sowie der Chirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums Pf. vom 29.01.2003 (Unterschenkelphlegmone links bei infiziertem Ulcus cruris, postthrombotisches Syndrom), vom 16.06.2004 (Unterschenkelphlegmone links bei infiziertem Ulcus cruris und generalisierte Skabies; radiologisch keine sichere Osteomyelitis) und 21.09.2004 (Fußphlegmone links bei chronischer Osteomyelitis Sprunggelenksbereich links, Zustand nach Kriegsverletzung linkes Sprunggelenk, Stauungsdermatitis bei CVI Stadium III links und allergisches Kontaktekzem linker Unterschenkel- und Sprunggelenksbereich) bei. Darüber hinaus holte sie den Befundbericht des Internisten Dr. J. vom 15.06.2005 (arterielle Hypertonie, coronare Herzkrankheit und Myocardinfarkt 2003, im Vordergrund der Beschwerden stehende orthopädische Erkrankungen, massives postthrombotisches Syndrom links mit chronischem Ulcus cruris, rezidivierenden Erysipeln und wiederholten Phlegmonen, chronische Osteomyelitis) ein; im von diesem beigefügten Entlassungsbericht der Chirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums Pf. vom 03.04.2001 ist ausgeführt, aufgrund des szintigraphischen Befundes könne mäßiggradig von einer nichthochflorierten geringen Osteomyelitis ausgegangen werden.

Schließlich holte das Landratsamt E. das Gutachten des den Kläger behandelnden Arztes für Chirurgie Dr. K. vom 01.08.2005 ein. Darin ist ausgeführt, im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahre 1996 ergäben sich klinisch und röntgenologisch keine wesentlichen Verschlimmerungen der damals anerkannten Schädigungsfolgen. Die Veränderungen an den Hüftgelenken und an der Lendenwirbelsäule könnten nicht auf die Schädigung zurückgeführt werden. Auch der Sturz vom Herbst 2004 sei nicht sicher Schädigungsfolge, da er unter Zugrundelegung der Schilderung des Klägers auch ohne Behinderung hätte passieren können. In der Anamnese ist hierzu festgehalten, der Kläger habe angegeben, er sei nach Hinunterbringen des Mülls die Treppe wieder hinaufgestiegen. Nachdem das Treppenlicht ausgegangen sei, sei er im Dunklen gestürzt und auf den linken Ellenbogen gefallen. Er könne sich allerdings nicht erinnern, ob er an einer Treppenstufe mit dem Fuß hängen geblieben oder eine solche Stufe verfehlt und somit gestürzt sei.

Unter Zugrundelegung dessen sowie des vom Kläger vorgelegten Entlassungsberichts der Medizinischen Klinik I des Klinikums Pf. vom 25.07.2005 (chronisch venöse Insuffizienz der Unterschenkel beidseits, Stauungsdermatitis Unterschenkel beidseits, Ulcera cruris Sprunggelenke beidseits, Zustand nach Fußphlegmone links bei chronischer Osteomyelitis Sprunggelenk links und arterielle Hypertonie) und der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. R. (vom Kläger geltend gemachte krankhafte Wasseransammlung durch die anerkannten Schädigungsfolgen "Krampfadern an beiden Beinen mit Blutumlauf- und Hauternährungsstörungen" bereits erfasst, nach Aktenlage keine Hinweise auf mit rheumatischen Beschwerden in Verbindung zu bringenden entzündlichen Gebisserkrankungen) erließ das Landratsamt E. den Bescheid vom 14.09.2005. Darin wurden die beim Kläger anerkannten Schädigungsfolgen als "fast vollständige Versteifung des linken Sprunggelenkes mit deformierenden Veränderungen im oberen Sprunggelenk, fast vollständige Versteifung im unteren Sprunggelenk nach Schussbruch im linken Fersenbein, Narben am rechten Oberschenkel und an der rechten Kniekehle, Krampfadern an beiden Beinen mit Blutumlauf- und Hauternährungsstörungen, zum Aufbruch neigende Narben am linken oberen Sprunggelenk mit Bildung eines chronischen Ulcus innen, Muskelminderung des linken Beines" neu bezeichnet. Durch diese Gesundheitsstörungen sei der Kläger in seiner Erwerbsfähigkeit nach wie vor um 60 v. H. erwerbsgemindert. Eine Änderung der laufenden Zahlung der Versorgungsbezüge trete daher nicht ein. Zur Begründung ist unter Bezugnahme auf § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ausgeführt, in den anerkannten Schädigungsfolgen sei insoweit eine Änderung eingetreten, als eine fast vollständige Versteifung des linken oberen und unteren Sprunggelenks vorliege. Dem trage die Neubezeichnung der anerkannten Schädigungsfolgen Rechnung. Darüber hinaus sei weder im Bereich der anerkannten Schädigungsfolgen eine Befundverschlimmerung eingetreten, die eine Erhöhung der MdE rechtfertigen könnte, noch liege eine weitere als Schädigungsfolge anzuerkennende Gesundheitsstörung vor.

Der Kläger erhob Widerspruch und begehrte die Anerkennung rheumatischer Beschwerden sowie der Radiusköpfchenfraktur links als Schädigungsfolgen sowie hierauf gestützt und wegen einer Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen die Gewährung von Rente nach einer MdE um mehr als 60 v. H.

Gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. P. vom 08.12.2005 (eine chronische Osteomyelitis sei weder klinisch noch röntgenologisch belegt) wies das Regierungspräsidium den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2006 zurück. Eine wesentliche Änderung in den als Schädigungsfolgen anerkannten Gesundheitsstörungen, die eine Erhöhung des Grades der MdE rechtfertigen könnte, sei nicht eingetreten. Anhaltspunkte für einen Rheumatismus bestünden nicht. Eine Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht erkennbar. Die Bewegungseinschränkung im Sprunggelenk habe nicht zugenommen, die Ulcerabildung in der unteren Extremität sei bereits berücksichtigt. Eine chronische Osteomyelitis sei nicht befundet. Schließlich könne der Sturz im Herbst 2004 den Schädigungsfolgen nicht angelastet werden.

Am 16.03.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Zuletzt hat er die Anerkennung der Radiusköpfchenfraktur links als weitere Schädigungsfolge sowie die Gewährung von Rente nach einer höheren MdE als 60 vom Hundert begehrt. Die zunächst erstrebte Anerkennung rheumatischer Beschwerden als Schädigungsfolge betreibt er nunmehr im Rahmen eines gesonderten Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X.

Das Sozialgericht hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Chirurgen Dr. St. vom 25.07.2006 (chronische Ulcera an beiden Unterschenkeln und an den Knöcheln, Bewegungseinschränkung am linken Ellenbogen bei röntgenologisch sichtbarer Radiusköpfchenfraktur und mäßiger Arthrose im Ellenbogengelenk, Stauungsdermatitis und Ödeme beider Beine, am 27.07.2005 dringender Verdacht auf eine tiefe Unterschenkelthrombose; der Kläger weise darauf hin, dass er auf der normalen Haustreppe gestürzt sei, weil er infolge Gangunsicherheit ins Stolpern gekommen sei, die Sturzgefahr im Dunkeln entspreche wegen der erheblichen Behinderungen im Bereich der unteren Extremitäten nicht derjenigen eines Gesunden, weshalb von einem mittelbaren Zusammenhang gesprochen werden könne), des Chefarztes der Chirurgischen Klinik des Klinikums Pf. Prof. Dr. A. vom 24.07.2006 (am 14.07.2004 deutliche Hautrötung mit umgebender Weichteilschwellung am linken Unterschenkel sowie im Bereich des linken Fußes, nässende Hautdefekte über dem linken Fersenbein, im Zwischenzehenbereich sowie innenseitig am linken Sprunggelenk, Sprunggelenks- sowie Zehenbeweglichkeit links praktisch vollständig aufgehoben; am 22.07.2005 kleinere Hautdefekte im Sinne chronischer Ulcera cruris im Bereich beider Sprunggelenke, Ausschluss einer tiefen Beinvenenthrombose im rechten Unter- und Oberschenkel) sowie des Internisten Dr. J. vom 09.08.2006 (seit dem Radiusköpfchenbruch Schmerzen in der linken Hand, im linken Ellenbogen sowie im Oberarm und den Schultern bekannt, chronische Osteomyelitis im linken oberen Sprunggelenk bekannt; der Kläger gebe an, infolge der Unsicherheit durch seine Behinderung gestürzt zu sein) eingeholt.

Mit Gerichtsbescheid vom 08.10.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Verschlimmerung der anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht nachgewiesen. Eine häufige Ulcusbildung an beiden unteren Extremitäten sei in den angegriffenen Bescheiden bereits ausreichend berücksichtigt. Eine chronische Osteomyelitis sei nicht objektiv durch Befunde belegt. Auch könne weiterhin nicht davon ausgegangen werden, dass der Sturz auf der Kellertreppe mit Wahrscheinlichkeit durch die Schädigungsfolgen verursacht worden sei. Allein der Umstand, dass am linken Bein Schädigungsfolgen anerkannt seien, mache es nicht wahrscheinlich, dass der Sturz durch die Schädigungsfolgen bedingt sei. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 12.10.2007 zugestellt worden.

Am 08.11.2007 hat der Kläger Berufung eingelegt.

Der Senat hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen des Chirurgen Dr. St. vom 13.08.2008 (Behandlung wegen Ulcera hauptsächlich des linken Sprunggelenks, Hinweise auf eine chronische Osteomyelitis, jedoch kein Nachweis einer solchen), des Internisten Dr. J. vom 30.09.2008 (Osteomyelitis nicht diagnostiziert), des Chirurgen Dr. S. vom 26.03.2009 (chronisches Ulcus cruris linker Fersenbereich bei postthrombotischem Syndrom und Zustand nach Schussverletzung, Diagnose einer Osteomyelitis nicht gestellt), des Arztes für Chirurgie/Gefäßchirurgie Dr. Pf. an der Klinik für Gefäßchirurgie am S. St. T. Klinikum Pf. vom 15.06.2009 (venöses Ulcus bei arthrogenem Stauungssyndrom und Zustand nach Schussverletzung linker Unterschenkel mit Erysipel links, postthrombotisches Syndrom links bei Zustand nach mehrfachen Thrombosen links, schließlich zusätzlich Verdacht auf ein Bronchial-Carzinom rechts als Zufallsbefund, kein eindeutiger Nachweis einer chronischen Osteomyelitis) und des Chefarztes der Klinik für Chirurgie des S. St. T. Klinikums Pf. Dr. Sch. vom 10.08.2009 (Erysipel rechter Unterschenkel, chronisch venöse Insuffizienz, Adipositas, keine Diagnose einer chronischen Osteomyelitis) eingeholt.

Auf Anfrage des Senats hat der Kläger schriftlich angegeben, er habe am 14.11.2004 gegen zehn Uhr abends Müll zur Mülltonne getragen. Bei Rückkehr zum Haus habe das Licht im Treppenhaus gebrannt und er sei die Treppe nach oben gegangen. Als er noch vier Stufen zu gehen gehabt habe, sei das Licht plötzlich ausgegangen. Er habe zum Lichtschalter weiter gehen wollen; dabei sei der Sturz passiert.

Zur Begründung der Berufung hat er vorgetragen, er könne sich auf Grund seiner schweren Schädigungsfolgen beim Treppensteigen nur sehr langsam und mühsam fortbewegen. Da die Treppenbeleuchtung durch eine Zeitschaltuhr geregelt werde und der Zeitakt seiner Behinderung nicht Rechnung getragen habe, habe sich das Licht zu einer Zeit ausgeschaltet, in welcher ein Gesunder die entsprechende Strecke bereits bewältigt gehabt hätte. Dadurch habe sich die schädigungsbedingte Gehunsicherheit in besonderem Maße ausgewirkt, so dass die Radiusköpfchenfraktur links als weiter Schädigungsfolge anzuerkennen sei und bei der Festsetzung der MdE berücksichtigt werden müsse. Darüber hinaus hat er im Hinblick auf die geltend gemachte chronische Osteomyelitis auf den Abschlussbericht des Klinikums Pf. vom 25.07.2005 verwiesen und ein Attest des Chirurgen Dr. K. vom 27.02.2009 (Diagnose einer Osteomyelitis nicht gestellt) vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.10.2007 aufzuheben, den Bescheid des Landratsamts E. vom 14.09.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 21.02.2006 sowie den Bescheid des Versorgungsamts Karlsruhe vom 10.06.1996 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm einen Zustand nach Radiusköpfchenfraktur links als weitere Schädigungsfolge festzustellen und ihm Beschädigtenrente nach einer höheren MdE als 60 v. H. bzw. seit dem 21.12.2007 einem höheren Grad der Schädigungsfolgen als 60 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verweist auf die angegriffenen Entscheidungen und trägt ergänzend vor, der Hinweis des Klägers auf zu kurze Beleuchtungsintervalle überzeuge nicht, da er mit diesen vertraut sein dürfte. Im Übrigen könnten entsprechende Zeitintervalle auch verlängert werden. Die geltend gemachte Osteomyelitis sei nicht belegt. Eine häufige Ulcusbildung an beiden unteren Extremitäten sei bereits im Tenor und im Grad der Schädigungsfolgen ausreichend berücksichtigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats und des Sozialgerichts Karlsruhe sowie die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Landratsamts E. vom 14.09.2005 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums vom 21.02.2006 verletzen den Kläger im zur gerichtlichen Entscheidung gestellten Umfang nicht in seinen Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Zustandes nach Radiusköpfchenfraktur links als weitere Schädigungsfolge und auf Gewährung von höherer Beschädigtenrente.

Rechtsgrundlage für die vom Kläger geltend gemachte Neufeststellung ist § 48 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche wesentliche Änderung der Verhältnisse liegt aber hier weder mit Blick auf die vom Kläger begehrte Feststellung einer weiteren Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge noch hinsichtlich der für die Bemessung der Höhe der Beschädigtenrente maßgeblichen Umstände vor.

1. Was die vom Kläger zunächst erstrebte Anerkennung der im Herbst 2004 erlittenen Radiusköpfchenfraktur links als weitere Schädigungsfolge betrifft, liegt zwar eine im Vergleich zu der letzten bindenden Feststellung durch Bescheid des Versorgungsamts K. vom 10.06.1996 nachträgliche wesentliche Änderung der Verhältnisse im gesundheitlichen Bereich i. S. des § 48 Abs. 1 SGB X vor. Jedoch ist für die Anerkennung auch dieser Gesundheitsstörung als Schädigungsfolgen erforderlich, dass sie mit Wahrscheinlichkeit auf ein schädigendes Ereignis im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) oder die bereits anerkannte Schädigungsfolge ursächlich zurückzuführen ist (§ 1 Abs. 3 Satz 1 BVG).

Wahrscheinlich im Sinne dieser Vorschrift bedeutet, dass mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht. Dabei gilt - wie allgemein im Sozialrecht - für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis bzw. der bereits anerkannten Schädigungsfolge einerseits und der Gesundheitsstörung andererseits die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob die Gesundheitsstörung auch ohne das schädigende Ereignis bzw. die bereits anerkannte Schädigungsfolge eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das schädigende Ereignis bzw. die bereits anerkannte Schädigungsfolge für die Gesundheitsstörung schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das schädigende Ereignis bzw. die bereits anerkannte Schädigungsfolge für die Gesundheitsstörung wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 27/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Gab es neben dem schädigenden Ereignis bzw. der bereits anerkannten Schädigungsfolge noch andere, konkurrierende Ursachen (im naturwissenschaftlichen Sinn), so war das schädigende Ereignis bzw. die bereits anerkannte Schädigungsfolge wesentlich, sofern sie im Vergleich zu der konkurrierenden Ursache etwa gleichwertig zu dem Erfolg beigetragen hat (vgl. BSG, Urteil vom 20.07.2005 - B 9a V 1/05 R - zit. nach juris).

In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich ein wahrscheinlicher Ursachenzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis bzw. der bereits anerkannten Schädigungsfolge und der bei seinem Sturz im Herbst 2004 erlittenen Radiusköpfchenfraktur des Klägers nicht feststellen.

Zum einen ist nicht wahrscheinlich, dass der Kläger wegen der schädigungsbedingt mangelnden Beweglichkeit insbesondere seines linken Unterschenkels und Fußes gestrauchelt und zu Fall gekommen ist. Vielmehr erscheint nach seinen eigenen Angaben ein durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursachter Sturz als allenfalls möglich. Es lässt sich nämlich nicht feststellen, auf welche Weise der Sturz auf der Treppe erfolgt ist, nachdem der Kläger im Rahmen der Anamnese durch Dr. K. im Juli 2005 selbst angegeben hat, er sei er im Dunklen gestürzt und könne sich nicht erinnern, ob er an einer Treppenstufe mit dem Fuß hängen geblieben oder eine solche Stufe verfehlt und deshalb gestürzt sei; auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wusste er nichts Genaueres anzugeben. Hinzu kommt, dass sich aus dem Vorbringen des Klägers eine Beteiligung gerade des linken Fußes bzw. Beines am Sturz gerade nicht ergibt.

Nichts anderes gilt zum anderen, soweit der Kläger darauf abhebt, seine schädigungsbedingt verringerte Geschwindigkeit beim Treppensteigen sei dafür ursächlich, dass er bei Erlöschen des durch eine Zeitschaltuhr geregelten Treppenlichts noch nicht am Ziel angekommen gewesen und daher im Dunklen zu Fall gekommen sei. Denn auch die Dunkelheit kommt nur als mögliche Ursache des Sturzes in Betracht, nachdem sich - wie ausgeführt - nicht feststellen lässt, auf welche Weise der Sturz auf der Treppe erfolgt ist und daher eine bloße zeitliche Koinzidenz gleichfalls möglich erscheint. Damit kann offen bleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass dem Kläger nach seinen eigenen Angaben von vornherein nur ein verkürztes Beleuchtungsintervall für das Erklimmen der Treppe zur Verfügung stand, nachdem er das durch eine Zeitschaltuhr gesteuerte Licht nicht selbst unmittelbar vor Betreten der Treppe eingeschaltet, sondern das bereits zuvor von einem Dritten eingeschaltete Licht genutzt hatte.

2. Auch eine für die Gewährung von Beschädigtenrente nach dem §§ 29 ff. und § 60 BVG wesentliche Änderung der Verhältnisse liegt nicht vor.

Als wesentlich in diesem Sinne ist gem. § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG eine Änderung dann anzusehen, wenn sich die MdE um wenigstens 10 v. H. bzw. (seit dem 21.12.2007, vgl. das Gesetz vom 13.12.2007, BGBl. I 2904) der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) um wenigstens 10 erhöht oder vermindert, wobei nach § 31 Abs. 2 BVG a. F. eine bis zu 5 v. H. geringere MdE bzw. nach § 30 Abs. 1 Satz 2 BVG n. F. (vgl. auch insoweit das Gesetz vom 13.12.2007, a. a. O.) ein bis zu 5 Grad geringerer GdS vom höheren Zehnersatz bzw. -grad mit umfasst wird. In diesem Fall ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist durch einen Vergleich des Zustandes zu ermitteln, wie er bei der letzten bindenden Feststellung einerseits und ab dem Zeitpunkt der begehrten Neufeststellung andererseits vorgelegen hat.

Der Maßstab für die Einschätzung der MdE bzw. nunmehr des GdS bestimmt sich unter Zugrundelegung der vom (nunmehrigen) Bundesministerium für Arbeit und Soziales (zuletzt im Jahr 2008) herausgegebenen "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" - AHP - (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 24.04.2008 - B 9 VJ 7/07 B - zit. nach juris) bzw. den seit dem 01.01.2009 geltenden, die AHP ablösenden und mit dem Rang einer Rechtsverordnung ausgestatteten Versorgungsmedizinischen Grundsätze - VG - (Anlage zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes [Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV -] vom 10.12.2008 [BGBl. I S. 2904; abgedr. im Anlageband zu BGBl. I Nr. 57 vom 15.12.2008]). Sowohl die AHP als auch die VG enthalten Tabellen mit Anhaltswerten für die Beurteilung der Einzel-MdE bzw. des Einzel-GdS bei verschiedenen körperlichen, geistigen und seelischen Störungen; bei Gesundheitsstörungen, die in der Tabelle nicht aufgeführt sind, ist die MdE bzw. der GdS in Analogie zu vergleichbaren Gesundheitsstörungen zu beurteilen (vgl. zu alledem Nr. 26.1 Abs. 1 und 2 der AHP sowie Teil B 1. a und b der VG). Dabei sollen im Allgemeinen die folgenden Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden: Gehirn einschließlich Psyche; Augen; Ohren; Atmung; Herz- Kreislauf; Verdauung; Harnorgane; Geschlechtsapparat; Haut; Blut einschließlich blutbildendes Gewebe und Immunsystem; innere Sekretion und Stoffwechsel; Arme; Beine; Rumpf. Die sehr wenigen in der Tabelle noch enthaltenen Fünfergrade sind alle auf ganz eng umschriebene Gesundheitsstörungen bezogen, die selten allein und sehr selten genau in dieser Form und Ausprägung vorliegen (vgl. hierzu Nr. 18 Abs. 4 der AHP sowie Teil A 2. e der VG).

Die Gesamtbehinderung eines Menschen lässt sich rechnerisch nicht ermitteln. Bei Zusammentreffen mehrerer Gesundheitsstörungen ist daher für die Bildung der Gesamt-MdE bzw. des Gesamt-GdS eine Addition von Einzelwerten grundsätzlich unzulässig. Auch andere Rechenmethoden sind ungeeignet (vgl. BSG, Urteil vom 15.3.1979 - 9 RVs 6/77 - BSGE 48, 82 ff. = SozR 3870 § 3 Nr. 4). In der Regel wird von der Funktionsbeeinträchtigung mit dem höchsten Einzelwert ausgegangen und sodann geprüft, ob und inwieweit das Ausmaß der Gesamtbeeinträchtigung durch die anderen Gesundheitsstörungen größer wird. Leichte Gesundheitsstörungen, die nur eine Einzel-MdE um 10 v. H. bzw. einen Einzel-GdS von 10 bedingen, führen dabei in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, und zwar auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einer Einzel-MdE um 20 v. H. bzw. einem Einzel-GdS von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 3 und 4 der AHP sowie Teil A Vorbem. 3. c und d der VG).

Dass und weshalb hinsichtlich der mit Bescheid des damaligen Versorgungsamts Karlsruhe vom 10.06.1996 bestandskräftig anerkannten Schädigungsfolgen unter Berücksichtigung des dieser Behördenentscheidung zu Grunde gelegten Gutachtens des Chirurgen Dr. L. vom 21.05.1996 keine wesentliche Verschlimmerung vorliegt, hat das Sozialgericht im angegriffenen Gerichtsbescheid vom 08.10.2007 zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Eine wesentliche Änderung ergibt sich auch nicht aus der vom Kläger geltend gemachten chronischen Osteomyelitis (Knochenmarksentzündung) am linken Sprunggelenk. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese lediglich in den Entlassungsberichten der Chirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums Pf. vom 03.04.2001 und vom 21.09.2004 auf Grund durchgeführter Szintigraphien diagnostizierte Gesundheitsstörung hinreichend gesichert und zudem auf das schädigende Ereignis bzw. die bereits anerkannten Schädigungsfolgen zurückzuführen ist. Denn die Osteomyelitis selbst wurde im Entlassungsbericht der Chirurgischen Klinik des Städtischen Klinikums Pf. vom 03.04.2001 als nicht hochfloriert und gering beschrieben. Nachdem auch eine Fisteleiterung bislang nicht vorlag, ist sie daher allenfalls mit einer Einzel-MdE um 10 v. H. bzw. einem Einzel-GdS von 10 zu bewerten (vgl. Nr. 26.18 S. 113 der AHP sowie Nr. 18.5 S. 87 der VG). Dies hat angesichts der Überschneidungen mit der bereits als Schädigungsfolge anerkannten fast vollständigen Versteifung des linken Sprunggelenkes mit deformierenden Veränderungen im oberen Sprunggelenk nebst fast vollständiger Versteifung im unteren Sprunggelenk keine Erhöhung der Gesamt-MdE um 60 v. H. bzw. des Gesamt-GdS von 60 zur Folge.

Nachdem die vom Kläger erlittene Radiusköpfchenfraktur, die - wie oben unter 1. ausgeführt - bei der Ermittlung der Schädigungsfolgen nicht zu berücksichtigen ist, vermag schließlich auch dies nicht zu einer Erhöhung der Gesamt-MdE bzw. des Gesamt-GdS zu führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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