L 5 R 4004/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4004/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.8.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Bewertung der von der Klägerin in der ehemaligen Sowjetunion (Kasachische Sozialistische Sowjetrepublik - Kasachische SSR) vom 17.10.1985 bis 31.7.1987 zurückgelegten Beschäftigungszeit und deren Zuordnung zu den Qualifikationsgruppen der Anlage 13 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI).

Die 1956 in der ehemaligen Sowjetunion geborene Klägerin, Inhaberin eines Vertriebenenausweises A, ist am 10.7.1988 von der Kasachischen SSR in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen. Sie hat drei, 1976, 1980 und 1984 geborene, Kinder. Vom 4.2.1980 bis 30.3.1981 und vom 22.6.1984 bis 16.10.1985 hatte die Klägerin Mutterschutzzeiten bzw. Erziehungsurlaub in Anspruch genommen.

Am 8.4.2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Kontenklärung. Zu Ausbildungszeiten und zu ihrer beruflichen Qualifikation legte sie Unterlagen vor.

Nach einem Zeugnis vom 27.6.1973 schloss die Klägerin die Mittelschulbildung ab; diese entspricht formal einem Realschulabschluss (Bescheinigung des Oberschulamts St. vom 23.6.1989). Vom 6.5.1974 bis 21.7.1975 absolvierte die Klägerin eine Ausbildung zur Näherin bzw. Schneiderin. Ausweislich des Zeugnisses Nr. 1160 des Republikanischen Lehrkombinats der Kasachischen SSR absolvierte sie vom 19. bis 23.12.1977 einen Fortbildungskurs für Techniker - Statistiker im Umfang von 40 Lehrstunden in dem Fach "Zusammenstellung der Jahresbilanz im Hausfond laut Inventurangaben über F-2D"; in dem Zeugnis heißt es u.a., sie habe "an der Vorlesung teilgenommen".

Aus dem Arbeitsbuch des Büros für die technische Inventur der T ... Wohn- und Kommunalwirtschaft vom 10.09.1973 geht Folgendes hervor: Am 3.9.1973 wurde die Klägerin bei der K. Bau-Montage-Verwaltung des Trust/Vereinigung "K." als Kindergärtnerin in der Säuglingsgruppe eingestellt. Am 20.5.1974 wurde sie auf eigenen Wunsch entlassen und am gleichen Tag im D. Dienstleistungsbetrieb eingestellt und zum Nähkurs (Lehrgang) in die Stadt T. entsandt. Nach der Rückkehr von dem Lehrgang war sie ab 20.7.1975 als Näherin beschäftigt. Am 1.3.1977 wurde die Klägerin wegen familiärer Verhältnisse als Näherin in das D. Promkombinat versetzt und am 18.3.1977 auf eigenen Wunsch wegen Wohnungswechsels entlassen. Ab 19.5.1977 arbeitete die Klägerin als Inventurtechnikerin beim D. Kombinat der Kommunalbetriebe. Am 1.7.1983 wurde sie als Obertechniker der BTI versetzt und arbeitete ab 1.4.1984 im Gebietsbüro der Technischen Inventur und als Obertechniker der D. Zweigstelle. Am 3.6.1988 wurde die Klägerin auf eigenen Wunsch wegen der Ausreise zum ständigen Wohnsitz in die Bundesrepublik Deutschland entlassen.

Mit Bescheid vom 30.5.2006 stellte die Beklagte gem. § 149 Abs. 5 SGB VI die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, also die Zeiten bis 31.12.1999, als für die Beteiligten verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden sind. Nach dem Fremdrentengesetz (FRG) wurden u.a. die folgenden, in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegten Zeiten als Beitragszeiten in der allgemeinen Rentenversicherung - Rentenversicherung der Angestellten – festgestellt: Qualifikationsgruppe 5 (Ungelernte), Bereich 21 sonstige nicht produzierende Bereiche: 26.5.1977 bis 3.2.1980, 31.3.1981 bis 21.6.1984 und 17.10.1985 bis 31.7.1987; Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabsolventen), Bereich 21 sonstige nicht produzierende Bereiche: 1.8.1987 bis 3.6.1988. Zur Begründung verwies die Beklagte auf die Anlagen 13 und 14 zum SGB VI und die dem Bescheid beigefügte Anlage.

Die Klägerin legte Widerspruch ein. Sie machte geltend, die während der Zeit vom 17.10.1985 bis 31.07.1987 ausgeübte Tätigkeit müsse in die Qualifikationsgruppe 4 (Facharbeiter) eingestuft werden. Seit 19.5.1977 habe sie als Technikerin gearbeitet. Ausgehend von einer dreijährigen Ausbildung und der doppelten Zeit als langjährige Berufserfahrung (6 Jahre) sei ihr bereits ab dem 17.10.1985 (bis 31.7.1987) die Qualifikationsgruppe 4 zuzuerkennen.

Unter dem 19.7.2006 führte die Beklagte aus, die im Widerspruch genannte Zeit könne der Qualifikationsgruppe 4 nicht zugeordnet werden. Man habe für die Zeit ab 1.8.1987 die Qualifikationsgruppe 2 angenommen und sei zugunsten der Klägerin davon ausgegangen, dass die ab dieser Zeit ausgeübte Tätigkeit eine abgeschlossene Fachschulausbildung vorausgesetzt habe. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG sei nach 8 Jahren der Tätigkeit als Technikerin die Qualifikationsgruppe 2 anerkannt worden. Es sei jedoch nicht möglich, für eine bestimmte Tätigkeit nach 6 Jahren die Qualifikationsgruppe 4 und anschließend nach weiteren 2 Jahren die Qualifikationsgruppe 2 anzunehmen.

Unter dem 24.7.2006 teilt die Klägerin mit, die Zeit vom 1.8.1987 bis 30.6.1988 sei zu Recht in die Qualifikationsgruppe 2 eingestuft worden und deswegen auch nicht Gegenstand des Widerspruchsverfahrens. Die Zeit vom 17.10.1985 bis 31.7.1987 müsse wegen ihrer langjährigen Berufserfahrung der Qualifikationsgruppe 4 und nicht der Qualifikationsgruppe 5 zugeordnet werden. Nach den Eintragungen im Arbeitsbuch habe sie bereits seit 1.7.1983 eine Tätigkeit als Obertechnikerin verrichtet (zuvor seit 19.5.1977 Inventurtechnikerin) und sei auch als solche bezahlt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.10.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung verwies sie auf die Bestimmungen in § 22 Abs. 1 FRG i. V. m. § 256b Abs. 1 Hs.1 und Satz 8 SGB VI sowie auf das Urteil des BSG vom 14.5.2003 (- B 4 RA 26/02 R -). Danach könne die streitige Zeit vom 17.10.1985 bis 31.7.1987, während der die Klägerin als Obertechnikerin gearbeitet habe, der Qualifikationsgruppe 4 nicht zugeordnet werden. Man habe ab 1.8.1987 nach 8 Jahren Berufserfahrung als Technikerin die Qualifikationsgruppe 2 angenommen und dabei berücksichtigt, dass die Klägerin vom 4.2.1980 bis 30.3.1981 sowie vom 22.6.1984 bis 16.10.1985 Mutterschutz und anschließend Erziehungsurlaub in Anspruch genommen habe.

Am 3.11.2006 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn. Sie trug vor, ihre Fortbildung zur Technikerin habe zwar nur 5 Tage bzw. 40 Stunden gedauert und könne daher einer Berufsausbildung nicht gleichgesetzt werden. Bei langjähriger Berufserfahrung (ohne entsprechende Qualifikation) sei jedoch die nächst höhere Qualifikationsgruppe zuzuerkennen, wenn die höherwertige Tätigkeit für die doppelte Zeit, die eine normale Ausbildung in Anspruch nehmen würde, ausgeübt worden sei. Sie habe seit 26.5.1977 insgesamt 10 Jahre lang als Technikerin, ab 1983 sogar als Obertechnikerin gearbeitet. Im Hinblick darauf, dass die Ausbildung zum Techniker 3 Jahre dauern würde, könne die tatsächlich ausgeübte höherwertige Tätigkeit als Technikerin spätestens nach 6 Jahren nicht mehr der Qualifikationsgruppe 5 zugeordnet werden; dann sei vielmehr die Qualifikationsgruppe 4 einschlägig. Das werde durch ihre Beförderung zur Obertechnikerin und durch die Ausbildung zur Technikerin untermauert. Die von der Beklagten vorgenommene Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 2 (ab 1.8.1987) sei nicht richtig gewesen. Man hätte ihr nach 6 Jahren der Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit die Qualifikationsgruppe 4 zuerkennen und es für die restliche Zeit bis 3.6.1988 dabei belassen müssen; ggf. wäre die Qualifikationsgruppe 4 schon seit der Beförderung zur Obertechnikerin ab 1.7.1983 anzunehmen gewesen. An der ihr ab 1.8.1987 zuerkannten Qualifikationsgruppe 2 habe sie nicht festgehalten. Bei Zuerkennung der Qualifikationsgruppe 4 ab 17.10.1985 bis 3.6.1988 ergebe sich ein höherer Rentenanspruch als bei Beibehaltung der Qualifikationsgruppe 2 für die Zeit vom 1.8.1987 bis 3.6.1988. Bei ihr sei nicht von einer fehlenden Fachschulausbildung von 4 Jahren, sondern von einer fehlenden Berufsausbildung zur Technikerin von etwa 3 Jahren auszugehen. Für die höherwertige Beschäftigung sowie die daraus folgende langjährige Berufserfahrung sei daher ein Zeitraum von 6 Jahre und nicht von 8 Jahren maßgeblich. Sie sei als Inventurtechnikerin eingestellt worden, was nicht auf eine Tätigkeit hindeute, die nur den Fachschulabsolventen vorbehalten gewesen sei, sondern eher auf eine praktisch Arbeit, vergleichbar mit der eines Schlossers oder eines Mechanikers zur Durchführung von Wartungs- und Reparaturarbeiten.

Die Beklagte trug vor, die Klägerin habe während ihres gesamten Berufslebens ohne abgeschlossene Berufsausbildung gearbeitet, weshalb zu keinem Zeitpunkt die Kriterien für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 erfüllt gewesen seien. Zum 19.5.1977 sei die Klägerin als Inventurtechnikerin eingestellt worden und habe diese Tätigkeit, unterbrochen durch Mutterschutz und Mutterschaftsurlaub, bis zur Ausreise nach Deutschland 1988 ausgeübt. Die Tätigkeiten einer Technikerin seien üblicherweise der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen, die nur nach dem Besuch einer Fachschule ausgeübt werden könnten. Ein Facharbeiterabschluss werde demgegenüber nicht vorausgesetzt. Da die Klägerin über einen Fachschulabschluss nicht verfüge, habe man geprüft, ob ihr auf Grund der langjährigen Berufserfahrung in einer höherwertigen Tätigkeit die Qualifikationsgruppe 2 zuerkannt werden könne. Bei einer Fachschulausbildung müsse von einer Regelausbildungszeit von 4 Jahren ausgegangen werden, weshalb die höherwertige Qualifikationsgruppe 2 frühestens nach 8 Jahren (doppelte Ausbildungszeit) Ausübung der höherwertigen Tätigkeit in Betracht komme (vgl. BSG, Urt. v. 14.5.2003, - B 4 RA 26/02 R -). Dabei könnten Zeiten der Krankheit, Schwangerschaft, des Mutterschutzes, der Freistellung von der Arbeit zur Betreuung von Kindern bzw. zur Aus- und Fortbildung oder des Wehrdienstes nicht berücksichtigt werden. Die höherwertige Tätigkeit als Technikerin bzw. Obertechnikerin sei bei der Klägerin ab 1.8.1987 (nach 96 Kalendermonaten: Mai 1977 bis Februar 1980; 31.3.1981 bis 21.6.1984; 17.10.1985 bis Juli 1987) mit der Zuerkennung der Qualifikationsgruppe 2 berücksichtigt worden.

Am 27.11.2007 fand eine Erörterungsverhandlung vor dem Sozialgericht statt. Die Klägerin gab an, sie habe in der Planungsabteilung gearbeitet und überwiegend gezeichnet. Es seien Pläne für Gebäude (Privatgebäude und öffentliche Bauten) angefertigt worden. Man habe auch Schätzungen hinsichtlich der Kosten erstellt und Statistiken geführt. In einer Gruppe unter Führung eines Obertechnikers hätten 7, manchmal auch 8 Techniker zusammengearbeitet. Sie sei damals 3 Monate eingelernt worden. Einige der anderen Techniker hätten eine Ausbildung zum Bautechniker absolviert. Diese habe etwa drei bis dreieinhalb Jahre gedauert und an einer Fachhochschule stattgefunden. Voraussetzung sei eine mittlere Schulbildung gewesen. Ob die Ausbildung auch 4 Jahre gedauert habe, wisse sie nicht mehr.

Das Sozialgericht holte die schriftliche Zeugenaussage der Zeugin M. P. (Arbeitskollegin der Klägerin) vom 27.12.2007 ein. Darin heißt es, sie (die Zeugin) habe 10 Schulklassen absolviert, was der mittleren Reife entspreche; den Abschluss habe sie am 28.6.1972 abgelegt. Nach der Schulausbildung habe sie keinen Ausbildungsplatz erhalten und ab August 1972 ohne Ausbildung im Büro der Technischen Inventur bei den Kommunalbetrieben (D. Kombinat) gearbeitet. Danach habe sie von September 1974 bis März 1977 neben der Arbeit ein Fernstudium als Bautechnikerin in der Fachrichtung Industrie- und Zivilbau absolviert. Mit der Klägerin habe sie ab Mai 1977 bis November 1982 in einer Arbeitsgruppe gearbeitet. Diesen Beruf habe man nach der Realschule ohne weitere Ausbildung ausüben können. Alle Mitarbeiterinnen in diesem Beruf hätten über die mittlere Reife verfügt. 1978 sei eine Mitarbeiterin mit dem Abschluss eines Bautechnikums gekommen.

Die Klägerin verwies erneut auf die Eintragungen in ihrem Arbeitsbuch; danach sei sie ab 1.7.1983 als Obertechnikerin beschäftigt gewesen. Im Hinblick darauf könne man auch angesichts der Angaben der Zeugin nicht von einer ungelernten Tätigkeit ausgehen.

Auf Nachfrage des Sozialgerichts stellte die Klägerin mit Schriftsatz vom 4.8.2009 klar, dass sich die Klage auf die Einstufung der Zeit vom 17.10.1985 bis 31.7.1987 in die Qualifikationsgruppe 4 (statt 5) richte

Mit Urteil vom 13.8.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin könne die Zuordnung (bzw. entsprechende Vormerkung - § 149 Abs. 5 SGB VI) der Beitragszeiten vom 17.10.1985 bis 31.7.1987 in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI nicht beanspruchen.

Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG würden Entgeltpunkte für glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem 31.12.1949 gemäß § 256b Abs. 1 Satz 1 SGB VI nach Durchschnittsverdiensten ermittelt. Maßgeblich sei die Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 zum SGB VI genannten Qualifikationsgruppen. Kämen nach dem Ergebnis der Ermittlungen mehrere Qualifikationsgruppen in Betracht, sei diejenige mit den niedrigsten Durchschnittsverdiensten des jeweiligen Jahres heranzuziehen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 5, 7 FRG und § 256b Abs. 1 Satz 6, 8 SGB VI). Sei die Zuordnung zu einer oder mehreren Qualifikationsgruppen nicht möglich, erfolge die Zuordnung nach der Qualifikationsgruppe mit den für das jeweilige Jahr niedrigsten Durchschnittsverdiensten (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 6, 7 FRG und § 256b Abs. 1 Satz 7, 8 SGB VI).

Nach Satz 1 Anlage 13 zum SGB VI seien Versicherte in eine der Qualifikationsgruppen der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllten und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt hätten. Hätten Versicherte aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprächen, seien sie in diese Qualifikationsgruppe einzustufen (Satz 2 Anlage 13 zum SGB VI). Die Qualifikationsgruppen orientierten sich an einem formalen Ausbildungsabschluss, wobei die Einteilung in angelernte und ungelernte Tätigkeiten (Qualifikationsgruppe 5), Tätigkeiten von Facharbeitern (Qualifikationsgruppe 4), Meistern (Qualifikationsgruppe 3), Fachschulabsolventen (Qualifikationsgruppe 2) und Hochschulabsolventen (Qualifikationsgruppe 1) erfolge. Die Qualifikationsgruppe 5 betreffe angelernte und ungelernte Tätigkeiten, insbesondere (1.) Personen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen hätten und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses seien, (2.) Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden seien, sowie (3.) Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für die ausgeübte Tätigkeit. Demgegenüber gehörten zur Qualifikationsgruppe 4 Facharbeiter, nämlich Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden hätten und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) seien (Abs. 1 Alt. 1) oder denen auf Grund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden sei (Abs. 1 Alt. 2). Die Qualifikationsgruppe 2 schließlich betreffe Fachschulabsolventen, d. h. (1.) Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben hätten und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden sei, (2.) Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden sei, (3.) Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen hätten, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entspreche, und ein entsprechendes Zeugnis besäßen, und (4.) technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" geführt hätten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z.B. Topograph, Grubensteiger) geführt hätten.

Die Qualifikationsgruppen spiegelten bei unmittelbarer Anwendung die Berufswelt der ehemaligen DDR wieder. Da aber Vertriebene mit ihren im jeweiligen Herkunftsland ausgeübten Beschäftigungen und den dort erlangten Qualifikationen nicht die Qualifikation als Facharbeiter entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet hätten erwerben können, sei für die Vertreibungsgebiete im Sinne des FRG nicht unmittelbar auf die in den jeweiligen Qualifikationsgruppen erfassten formellen Gegebenheiten in der ehemaligen DDR abzustellen. Vielmehr müssten die Tatbestandsmerkmale der Qualifikationsgruppen in dem Sinne angewendet werden, dass an die Stelle der ehemaligen DDR das jeweils betroffene Vertreibungsgebiet eingesetzt werde (BSG, Urt. v. 14.5.2003 - B 4 RA 26/02 R -).

Die Klägerin erfülle keine Tatbestandsvariante der Qualifikationsgruppe 4. So fehle es schon an den formellen Qualifikationsmerkmalen nach Abs. 1 Alt. 1 und 2 dieser Qualifikationsgruppe. Die Klägerin habe in der Kasachischen SSR keine Ausbildung absolviert, die derjenigen eines Facharbeiters in der ehemaligen DDR entsprechen würde und auch keinen dem Facharbeiterbrief entsprechenden Abschluss erlangt. Sie habe selbst eingeräumt, über keinen formalen Berufsausbildungsabschluss als (Inventur-)Technikerin oder Obertechnikerin zu verfügen. Vielmehr sei sie nach ihren Angaben in der Erörterungsverhandlung als (Inventur-)Technikerin innerhalb von drei Monaten eingelernt worden. Die Klägerin habe lediglich an einem Fortbildungskurs für Techniker/Statistiker teilgenommen. Da dieser nur 40 Stunden umfasst und die Klägerin auch nur an einer Vorlesung im Fach "Zusammenstellung der Jahresbilanz im Hausfond laut Inventurangaben" teilgenommen habe, könne die Fortbildung einem dem Facharbeiterbrief entsprechenden Abschluss nicht gleichgesetzt werden. Die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit des "Inventurtechnikers" habe in der Kasachischen SSR jede Person mit dem Schulabschluss der mittleren Reife nach einer mehrmonatigen Einlernzeit ausüben können. Die Ausbildung zum Bautechniker sei nach dem Vortrag der Klägerin und den Angaben der Zeugin M. P. keine zwingende Zugangsvoraussetzung gewesen. Die Zeugin habe in ihrer schriftlichen Aussage mitgeteilt, diesen Beruf habe nach der Realschule jeder ohne weitere Ausbildung ausüben können; auch die Zeugin selbst habe ihn ohne Berufsausbildung ausgeübt. Damit sei die von der Klägerin ab 19.5.1977 geleistete Arbeit grundsätzlich in die Qualifikationsgruppe 5 einzustufen.

Da die Klägerin nicht über einen förmlichen Nachweis der Qualifikation als Facharbeiterin verfüge, komme die Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe als die Gruppe 5 nur in Betracht, wenn sie im Sinne des Satzes 2 Anlage 13 zum SGB VI anstelle der Absolvierung eines formalen Ausbildungsganges mit förmlichem Abschluss die Fähigkeiten, die üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprächen, aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung als (Inventur-)Technikerin/Obertechnikerin erworben hätte. Sie hätte den höherwertigen Beruf während eines Zeitraums ausüben müssen, der ausreiche, um die erforderlichen theoretischen und praktischen Befähigungen für eine vollwertige Berufsausübung zu vermitteln. Dabei richte sich das Merkmal "langjährige Berufserfahrung" nach der Qualität der tatsächlich verrichteten Tätigkeit. Sie könne frühestens nach Ablauf der für die entsprechende formale Ausbildung (der höheren Gruppe) vorgesehenen Zeit angenommen werden (vgl. zum Ganzen BSG, a. a. O.)

Die mittlere Berufsausbildung, die neben einer umfassenden Berufsausbildung für anspruchsvolle Berufe auch den Erwerb der Hochschulreife umfasst habe, sei häufig mit "Technikerniveau" bezeichnet worden (vgl. Müller, Die Qual mit der Qualifikationsgruppe, DAngVers 1995, 354, 361). Das gehe auch ausdrücklich aus dem Wortlaut der Qualifikationsgruppe 2 (Nr. 4) hervor. Die Ausbildung zur Bautechnikerin hätte - so die Klägerin - ca. 3 bis 3,5 Jahre gedauert und sei an der Fachhochschule absolviert worden. Die Klägerin habe allerdings auch nicht ausschließen können, dass diese Ausbildung vier Jahre gedauert habe. Die Zeugin M.P. habe in ihrer schriftlichen Aussage angegeben, sie selbst habe als Inventurtechnikerin gearbeitet und parallel dazu von September 1974 bis März 1977 ein Fernstudium zum Bautechniker absolviert. Der Bautechnikerberuf habe damit jedenfalls einen Fachschulabschluss vorausgesetzt, weshalb dieser grundsätzlich der Qualifikationsgruppe 2 zuzuordnen sei; dort sei die Berufsbezeichnung "Techniker" auch ausdrücklich aufgeführt (Nr. 4). Die Regelausbildungsdauer zum Techniker habe bei Vollzeitunterricht 3 bis 4 Jahre betragen, wobei sich die Ausbildungszeit je nach den Einzelfallumständen auch habe verkürzen können (vgl. Müller, a. a. O.). Hier müsse im Hinblick auf die Zweifelsfallregelung in § 22 Abs. 1 Satz 5, 7 FRG von einer Regelausbildungszeit von 4 Jahren ausgegangen werden, weshalb bei fehlendem Abschluss mindestens eine 8-jährige Berufsausübung in der höherwertigen Tätigkeit des Technikers notwendig sei. Die Klägerin habe seit 19.5.1977 als Technikerin gearbeitet. Zeiten des Mutterschaftsurlaubs und Erziehungszeiten würden nicht berücksichtigt, da die Berufstätigkeit nicht tatsächlich ausgeübt worden sei und daher auch theoretische und praktische Fähigkeiten für den höherwertigen Beruf nicht hätten erworben werden können. Die Klägerin habe während ihrer Beschäftigung als Technikerin in der Zeit vom 4.2.1980 bis 30.3.1981 sowie vom 22.6.1984 bis 16.10.1985 Mutterschutz- und anschließend Erziehungsurlaub in Anspruch genommen. Diese Zeiten blieben daher unberücksichtigt. Berücksichtigungsfähig seien nur die Zeiten vom Mai 1977 bis 3.2.1980 (34 Monate), vom 31.3.1981 bis 21.6.1984 (40 Monate) und vom 17.10.1985 bis 31.7.1987 (22 Monate). Somit habe die Klägerin mit Ablauf des 31.7.1987 8 Jahre lang eine Tätigkeit ausgeübt, die durch die lange Berufserfahrung derjenigen eines Technikers in der Qualifikationsgruppe 2 entspreche. In die Qualifikationsgruppe 4 könne die Tätigkeit in Anbetracht des üblichen formalen Ausbildungsganges nicht eingeordnet werden. Nach § 22 Abs. 1 Satz 5, 7 FRG und § 256b Abs. 1 Satz 6, 8 SGB VI sei im Zweifelsfall bei mehreren möglichen Qualifikationsgruppen die niedrigere maßgeblich.

Auf das ihr am 18.8.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 1.9.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, das Sozialgericht habe zu Unrecht eine tatsächliche Beschäftigung von 8 Jahren in der höherwertigen Tätigkeit verlangt. Der Zeugin M. P. sei es möglich gewesen, die Ausbildung zum Bautechniker nebenberuflich in 3 Jahren zu absolvieren; entsprechendes habe sie, die Klägerin, ebenfalls angegeben. Auch nach dem vom Sozialgericht zitierten Aufsatz von Müller (a. a. O.) habe die Ausbildung bereits nach 3 Jahren in Vollzeitunterricht abgeschlossen werden können. Im Hinblick darauf, dass die Zeugin bei nebenberuflicher Ausbildung den Ausbildungsabschluss bereits nach 3 Jahren habe erwerben können, müsse für die Regelvermutung (nach Satz 2 Anlage 13 zum SGB VI) nicht von einer Berufstätigkeit von 8, sondern nur von 6 Jahren ausgegangen werden. Ein nebenberufliches Fernstudium werde regelmäßig länger dauern als eine in Vollzeitunterricht absolvierte Ausbildung. Daher müsse ihre Tätigkeit schon zwei Jahre früher, also ab 1.8.1985 (und nicht erst ab 1.8.1987) der Qualifikationsgruppe 2 zugeordnet werden. Dieser Zeitpunkt würde sich auf Grund der Erziehungszeiten allerdings auf den 17.10.1985 verschieben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 13.8.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 30.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9.10.2006 zu verurteilen, die von ihr während der Zeit vom 17.10.1985 bis 31.7.1987 ausgeübte Tätigkeit als Technikerin in die Qualifikationsgruppe 2, hilfsweise in die Qualifikationsgruppe 4 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen und ihr hierüber einen entsprechenden Feststellungsbescheid gem. § 149 Abs. 5 SGB VI zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Zeugin M. P. habe im Übrigen angegeben, dass die von ihr und der Klägerin ausgeübte Beschäftigung ohne weitere Ausbildung habe ausgeübt werden können. Lediglich der Realschulabschluss sei erforderlich gewesen.

Mit Verfügung vom 8.6.2010 sind die Beteiligten auf das Urteil des LSG Berlin v. 2.11.2001 (L 1 RA 26/01 -) hingewiesen worden, wonach in Betracht komme, im Hinblick auf die Regelung des § 10 Abs. 2 der Anordnung über die Facharbeiterprüfung in der sozialistischen Berufsbildung - Facharbeiterprüfungsordnung - vom 7.8.1973 (GBl. DDR, S. 409) und vom 24.2.1978 (GBl. DDR, S. 117) bzw. § 24 Abs. 3 der Anordnung über die Facharbeiterprüfung vom 15.5.1986 (GBl. DDR, S. 309) für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 ab 1.9.1973 von einer zehnjährigen Berufserfahrung auszugehen (in diesem Sinne auch etwa Diel, in Hauck/Noftz, SGB VI § 256b Rdnr. 31). Die Beteiligten haben hierzu abschließend Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die in der ehemaligen Sowjetunion zurückgelegte Zeit vom 17.10.1985 bis 31.7.1987 in die Qualifikationsgruppe 4 bzw. in die (im Berufungsverfahren nunmehr offenbar begehrte) Qualifikationsgruppe 2 der Anlage 13 zum SGB VI einzustufen bzw. der Klägerin einen entsprechenden Feststellungsbescheid gem. § 149 Abs. 5 SGB VI zu erteilen.

I. Gem. § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI stellt der Versicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest, wenn er das Versicherungskonto geklärt oder der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen hat. Auf der Grundlage dieser Vorschrift hat die Beklagte den Feststellungsbescheid vom 30.5.2006 erlassen und darin die streitige Zeit (17.10.1985 bis 31.7.1987) der Qualifikationsgruppe 5 zugeordnet. Diese Feststellung ist rechtmäßig. Die Klägerin kann die Zuordnung dieser Zeit zur Qualifikationsgruppe 4 nicht beanspruchen.

1. Gem. § 1 Buchst. a FRG sind für die Berücksichtigung im Herkunftsland zurückgelegter Beitragszeiten der gem. § 4 BVFG anerkannten Spätaussiedler die Bestimmungen des FRG maßgeblich. Dieses ist für Berechtigte, die bis zum 30.6.1990 ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben und einen Anspruch auf Zahlung einer Rente erstmals für einen Zeitraum nach dem 31.12.1995 erlangen, uneingeschränkt anwendbar (Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 3 FANG i. d. F. Art. 16 Nr. 3 RRG 1992); Übergangsrecht kommt diesem Personenkreis nicht zugute (vgl. BSG, Urt. v. 12.11.2003, - B 8 KN 2/03 R -).

Nach § 15 Abs. 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Sind die Beiträge aufgrund einer abhängigen Beschäftigung oder einer selbstständigen Tätigkeit entrichtet, steht die ihnen zu Grunde liegende Beschäftigung oder Tätigkeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit im Geltungsbereich des FRG gleich. Für Zeiten der in § 15 FRG genannten Art werden gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz, Satz 2 und 9 SGB VI ermittelt. Die Ermittlung der Entgeltpunkte für die jeweiligen Jahre nach § 256b Abs. 1 Satz 1 SGB VI erfolgt an Hand von Durchschnittsverdiensten in einem ersten Schritt nach Einstufung der Beschäftigung in eine der in Anlage 13 zum SGB VI genannten Qualifikationsgruppen und in einem zweiten Schritt nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 zum SGB VI genannten Bereiche. Die Qualifikationsgruppen spiegeln die Berufswelt der ehemaligen DDR wider und orientieren sich an den Richtlinien der früheren staatlichen Zentralverwaltung für Statistik für die Einstufung einer Beschäftigung in die dortigen 5 Qualifikationsgruppen (vgl. BSG, Urt. v. 12.11.2003, - B 8 KN 2/03 R - unter Hinweis auf das Statistische Jahrbuch der DDR 1989, S. 110 f.). Auch wenn § 22 Abs. 1 FRG von einer unmittelbaren Anwendung des § 256b Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI und damit auch der Qualifikationsgruppenmerkmale der Anlage 13 zum SGB VI spricht, kann mit Blick auf Sachverhalte in Vertreibungsgebieten letztlich nur eine analoge Anwendung erfolgen. Die Bestimmung der maßgeblichen Qualifikationsgruppe der Anlage 13 zum SGB VI erfolgt deshalb ausgehend von der im Herkunftsgebiet erworbenen beruflichen Ausbildung und Qualifikation unter Beachtung des dort geltenden beruflichen, schulischen und universitären Bildungssystems. Sodann ist zu fragen, welche Qualifikationsgruppe - übertragen auf die Verhältnisse in der DDR – nach den Kriterien der Lohngruppenstatistik der DDR dieser beruflichen Ausbildung und Qualifikation materiell entspricht. Dabei kann es dienlich sein - weil z. T. die Merkmale der jeweiligen Qualifikationsgruppe entsprechend formuliert sind - diese Merkmale in dem Sinn zu lesen, dass an Stelle der DDR das jeweilige Herkunftsland eingesetzt wird (BSG, Urt. v. 12.11.2003, - B 8 KN 2/03 R -; vgl. auch BSG, Urt. v. 14.5.2003, - B 8 KN 2/03 R -). Da es in den Vertreibungsgebieten nicht immer identische Qualifizierungen wie in der DDR gab, ist maßgebend für die Zuordnung der jeweiligen Qualifikationsgruppe letztendlich die erworbene fachliche Qualifikation, an die die Zuweisung der als versichert geltenden Verdienste in typisierender und pauschalierender Weise anknüpft. Maßgeblich ist mithin nicht die Bezeichnung der ausgeübten Tätigkeit im Vertreibungsgebiet, sondern, ob das Niveau der Tätigkeit materiell dem eines Ausbildungsabschlusses im Sinne des DDR-Rechts entspricht (BSG, Urt. v. 17.4.2008, - B 13 R 99/07 R - speziell für Rumänien).

Der Gesetzgeber hat mit den genannten Regelungen die vor der Wiedervereinigung maßgebende Orientierung an den Erwerbsverhältnissen der alten Bundesländer aufgegeben und stellt nunmehr auf die Verhältnisse der DDR ab. Nach der Rechtsprechung des BSG vermeidet dies Ungleichbehandlungen der Aus- und Übersiedler mit Bewohnern des Beitrittsgebiets. Es ist auch deshalb sachgerecht, weil die Wirtschafts- und Sozialverhältnisse der Herkunftsländer in Osteuropa eher mit denen der DDR übereinstimmten als mit denen der alten Bundesländer (BSG, Urt. v. 17.4.2008, - B 13 R 99/07 R -; Urt. v. 30.7.2008, - B 5a/4 R 45/07 R -).

2. Gem. Satz 1 Anlage 13 zum SGB VI sind Versicherte in eine der nachstehend aufgeführten Qualifikationsgruppen einzustufen, wenn sie deren Qualifikationsmerkmale erfüllen und eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt haben. Satz 2 Anlage 13 zum SGB VI bestimmt, dass Versicherte die aufgrund langjähriger Berufserfahrung Fähigkeiten erworben haben, welche üblicherweise denen von Versicherten einer höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, in diese (höhere) Qualifikationsgruppe einzustufen sind.

Satz 1 Anlage 13 zum SGB VI verlangt die Erfüllung formeller Qualifikationsmerkmale und die tatsächliche Ausübung einer den Qualifikationsmerkmalen entsprechenden Tätigkeit. Die formellen Qualifikationsmerkmale werden in fünf Qualifikationsgruppen (abgestuft von Hochschulabsolventen bis zu an- und ungelernten Arbeitnehmern) umschrieben (vgl. etwa BSG, Urt. v. 14.5.2003, - B 4 RA 26/02 R -). Kennzeichnend für die Qualifikationsgruppen ist, dass unter Zugrundelegung formaler Kriterien (formaler Ausbildungsabschluss) eine Stufung von Berufsbildung vorgenommen wird, wobei sich die Qualifikationsgruppen, wie dargelegt, an der Berufswelt der ehemaligen DDR orientieren. Deswegen ist auch die einem Rentenbewerber in Deutschland erteilte Genehmigung zur Führung entsprechender deutscher Berufsbezeichnungen oder akademischer Titel (fremd-)rentenrechtlich nicht von Belang (BSG, Urt. v. 17.4.2008, - B 13 R 99/07 R -; Urt. v. 30.7.2008, - B 5a/4 R 45/07 R -).

Die Regelung des Satzes 2 der Anlage 13 zum SGB VI ermöglicht die Einstufung in eine höhere Qualifikationsgruppe auch dann, wenn das für die höhere Qualifikationsgruppe vorgeschriebene formelle Qualifikationsmerkmal nicht erfüllt ist. Die Absolvierung eines Ausbildungsgangs mit Ausbildungsabschluss wird durch das Qualifikationsmerkmal der Fähigkeiten ersetzt, die üblicherweise den Fähigkeiten von Versicherten der höheren Qualifikationsgruppe entsprechen, sofern diese auf Grund langjähriger Berufserfahrung erworben worden sind. Notwendig ist die Ausübung des höherwertigen Berufs während eines Zeitraums, der ausreicht, um die mangels formeller Ausbildung erforderlichen theoretischen und praktischen (Kenntnisse und) Befähigungen für eine vollwertige Berufsausübung zu vermitteln.

Der Gesetzgeber hat nicht ausdrücklich geregelt, was unter "langjähriger Berufserfahrung" i. S. d. Satzes 2 Anlage 13 zum SGB VI zu verstehen ist. Da die langjährige Berufserfahrung eine fehlende Berufsausbildung ersetzen soll, kann sie jedenfalls nicht früher zum Erwerb der für die Berufsausübung notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten führen als die Berufsausbildung selbst. Deswegen ist die Dauer der Lehrzeit für den jeweiligen Ausbildungsberuf als Untergrenze der "langjährigen Beschäftigung" nach Satz 2 der Anlage 13 zum SGB VI zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.7.1985, - 5a RKn 15/84 -; BVerwG, Urt. v. 27.4.2006, - 3 C 15/05 -). Für welche Zeit der Versicherte darüber hinaus im höherwertigen Beruf tätig gewesen sein muss, hängt von der jeweiligen Qualifikationsgruppe ab. Diese sind nämlich nach der Qualität der Berufsausbildung aufsteigend von Gruppe 5 (An- und Ungelernte) über Gruppe 4 (Facharbeiter), Gruppe 3 (Meister) und Gruppe 2 (Fachschulabsolventen) bis Gruppe 1 (Hochschulabsolventen) geordnet, weswegen auch eine die Ausbildung ersetzende Zeit einschlägiger Berufserfahrung unterschiedlich lang sein wird (BSG, Urt. v. 14.5.2003, - B 4 RA 26/02 R -; Urt. v. 24.7.2003, - B 4 RA 61/02 R -; Urt. v. 23.9.2003, - B 4 RA 48/02 R -). Die Rentenversicherungsträger gehen offenbar von einer rund fünf- bis sechsjährigen Berufstätigkeit als Regelwert und damit von einer Verdopplung der regulären Lehrzeit aus (vgl. VDR-Kommentar zum Rentenrecht, Nebengesetze, Band 1, Oktober 1998, § 22 FRG, 5.44; Arbeitsanweisungen der BfA, § 22 FRG, Leistungsgruppe 4, 2.1). Auch das Bundesverwaltungsgericht nimmt als Regel die doppelte Regelausbildungszeit an (BVerwG, Urt. v. 27.4.2006, - 3 C 15/05 -). Eine schematische Gesetzesanwendung dieser Art dürfte indessen das Maß der nach Art. 3 Abs. 1 GG zulässigen Pauschalierung und Typisierung überschreiten, wenn der berufliche Werdegang des Versicherten dabei völlig unbeachtet bleibt (vgl. etwa LSG Hessen, Urt. v. 23.5.2003, - L 13 RJ 1086/00 -). Auch das BVerwG will von der Regel (doppelte Ausbildungszeit) - offenbar auch im Hinblick auf die individuellen Möglichkeiten des Berufstätigen - jedenfalls dann abweichen, wenn gravierende Einzelfallumstände eine andere Beurteilung rechtfertigen.

Bei der Auslegung des Satzes 2 der Anlage 13 zum SGB VI bzw. der darin verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe muss berücksichtigt werden, dass die Bewertung der in Vertreibungsgebieten zurückgelegten Zeiten einem Eingliederungsmodell (bzw. Integrationsprinzip) folgt, wonach den jeweiligen Zeiten fiktive Durchschnittsverdienste vergleichbarer Beschäftigter in Deutschland zugeordnet werden, und der Gesetzgeber dieses Modell, wie dargelegt, nach der Wiedervereinigung insoweit modifiziert hat, als künftig nicht mehr an die Einkommensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland, sondern an diejenigen der DDR und an die dortigen Beschäftigungs- und Wirtschaftsstrukturen angeknüpft wird. Nicht zuletzt deswegen, weil mit der ausdrücklichen Aufgabe der Orientierung an den Erwerbsverhältnissen der alten Bundesländer und der Maßgeblichkeit der Verhältnisse der DDR (vgl. dazu die Gesetzesbegründung zum Rentenüberleitungsgesetz, BR-Drs. 197/91, S. 114, 115) u.a. Ungleichbehandlungen der Aus- und Übersiedler mit Bewohnern des Beitrittsgebiets vermieden werden sollen (BSG, Urt. v. 17.4.2008, - B 13 R 99/07 R -; Urt. v. 30.7.2008, - B 5a/4 R 45/07 R -), ist nach Auffassung des Senats auch bei der Auslegung und Anwendung des Satzes 2 der Anlage 13 zum SGB VI einschlägiges DDR-Recht heranzuziehen. Dies hält auch das LSG Berlin für sachgerecht (Urt. v. 2.11.2001, - L 1 RA 26/01 -; ebenso: Diel, in Hauck/Noftz, SGB VI § 256b Rdnr. 31: a. A. LSG Hessen, Urt. v. 23.5.2003, - L 13 RJ 1086/00 -). Ergeben sich aus dem DDR-Recht Festlegungen zur Ersetzung einer an sich notwendigen Berufsausbildung durch praktische Berufsausübung, können diese namentlich zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der langjährigen Berufsausübung in Satz 2 der Anlage 13 zum SGB VI von Bedeutung sein. Dem steht nicht entgegen, dass auch in den Einzelbestimmungen zu den Qualifikationsgruppen 3 und 4 Personen angesprochen sind, denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister bzw. Facharbeiter zuerkannt worden ist. Der Rückgriff auf DDR-Recht zur Auslegung des Satzes 2 der Anlage 13 zum SGB VI ist dadurch nicht gesperrt. Damit kann etwa § 10 Abs. 2 der Anordnung über die Facharbeiterprüfung in der sozialistischen Berufsbildung - Facharbeiterprüfungsordnung - vom 7.8.1973 (GBl. DDR, S. 409) und vom 24.2.1978 (GBl. DDR, S. 117) bzw. § 24 Abs. 3 der Anordnung über die Facharbeiterprüfung vom 15.5.1986 (GBl. DDR, S. 309) herangezogen werden, wonach Frauen über 40 Jahren und Männern über 45 Jahren, die sich um die Entwicklung des Betriebes und die Erfüllung der Produktionspläne hohe Verdienste erworben hatten, die Facharbeiterqualifikation erhalten können, wenn sie 10 Jahre und länger Facharbeitertätigkeiten dieses Ausbildungsberufs ausgeübt hatten. Dies hat zur Folge, dass für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 ab 1.9.1973 von einer zehnjährigen Berufserfahrung auszugehen ist (LSG, Berlin, a. a. O.; Diel, a. a. O.; eher ablehnend wohl BSG, Urt. v. 14.5.2003, - B 4 RA 26/02 R -). Mit diesem längeren Zeitraum wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Anforderungen an einen Facharbeiterabschluss im Laufe der Zeit ständig gestiegen sind. Damit ist aber auch für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 2 eine Dauer der Ausübung des höherwertigen Berufs von jedenfalls nicht weniger als 10 Jahren notwendig, sofern nicht besondere Einzelfallumstände, etwa besondere Vorbildungen, vorliegen, die eine andere Bewertung rechtfertigen (in diesem Sinne auch Diel, in Hauck/Noftz, SGB VI § 256b Rdnr. 31).

3. Davon ausgehend sind die streitigen Zeiten nicht der Qualifikationsgruppe 2 und auch nicht der Qualifikationsgruppe 4 zuzuordnen. Auf die (1956 geborene) Klägerin sind die Bestimmungen des FRG bzw. des § 256b SGB VI und der Anlage 13 zum SGB VI in der derzeit geltenden Fassung uneingeschränkt anzuwenden. Obwohl sie bereits im Jahr 1988 und damit vor dem 30.6.1990 in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt ist, kommt ihr Übergangsrecht nicht zugute, da sie einen Anspruch auf Zahlung einer Rente nicht vor dem 31.12.1995 erlangen konnte (Art. 6 § 4 Abs. 3 Satz 3 FANG i. d. F. Art. 16 Nr. 3 RRG 1992). Die Klägerin erfüllt die formellen Qualifikationsmerkmale der Qualifikationsgruppe 4 bzw. 2 nicht (unten a). Sie hat die Fähigkeiten von Versicherten dieser Qualifikationsgruppe auch nicht aufgrund langjähriger Berufserfahrung erworben (unten b).

a. In die Qualifikationsgruppe 2 sind Fachschulabsolventen einzustufen, d.h. Personen, die an einer Ingenieur- oder Fachschule in einer beliebigen Studienform oder extern den Fachschulabschluss entsprechend den geltenden Rechtsvorschriften erworben haben und denen eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung erteilt worden ist (Nr. 1), Personen, denen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen im Beitrittsgebiet der Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden ist (Nr. 2) , Personen, die an staatlich anerkannten mittleren und höheren Fachschulen außerhalb des Beitrittsgebiets eine Ausbildung abgeschlossen haben, die der Anforderung des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprach, und ein entsprechendes Zeugnis besitzen (Nr. 3), Technische Fachkräfte, die berechtigt die Berufsbezeichnung "Techniker" führten, sowie Fachkräfte, die berechtigt eine dem "Techniker"" gleichwertige Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet (z.B. Topograph, Grubensteiger) führten (Nr. 4). Hierzu zählen nicht Teilnehmer an einem Fachschulstudium, das nicht zum Fachschulabschluss führte, und Meister, auch wenn die Ausbildung an einer Ingenieur- oder Fachschule erfolgte.

In die Qualifikationsgruppe 4 sind Facharbeiter einzustufen, d.h. Personen, die über die Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung nach abgeschlossener Ausbildung in einem Ausbildungsberuf die Facharbeiterprüfung bestanden haben und im Besitz eines Facharbeiterzeugnisses (Facharbeiterbrief) sind, oder denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Facharbeiterqualifikation zuerkannt worden ist. Hierzu zählen nicht Personen, die im Rahmen der Berufsausbildung oder der Erwachsenenqualifizierung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes entsprechend der Systematik der Ausbildungsberufe im Beitrittsgebiet ausgebildet worden sind. Zur Qualifikationsgruppe 5 gehören angelernte und ungelernte Tätigkeiten, d.h. Tätigkeiten von Personen, die in der Berufsausbildung oder im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung eine Ausbildung auf Teilgebieten eines Ausbildungsberufes abgeschlossen haben und im Besitz eines entsprechenden Zeugnisses sind (Nr. 1), Personen, die in einer produktionstechnischen oder anderen speziellen Schulung für eine bestimmte Tätigkeit angelernt worden sind (Nr. 2), und Personen ohne Ausbildung oder spezielle Schulung für die ausgeübte Tätigkeit (Nr. 3).

Zur Qualifikationsgruppe 3 gehören Meister, d.h. Personen, die einen urkundlichen Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister bzw. als Meister des Handwerks besitzen bzw. denen aufgrund langjähriger Berufserfahrung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen im Beitrittsgebiet die Qualifikation als Meister zuerkannt wurde. Hierzu zählen nicht in Meisterfunktion eingesetzte oder den Begriff "Meister" als Tätigkeitsbezeichnung führende Personen, die einen Meisterabschluss nicht haben (z. B. Platzmeister, Wagenmeister).

Die Klägerin erfüllt die formellen Voraussetzungen der Qualifikationsgruppen 2 bzw. 4 unstreitig nicht. Sie hat weder einen Fachschulabschluss erworben noch ist ihr ein Fachschulabschluss bzw. eine Berufsbezeichnung der Fachschulausbildung zuerkannt worden. Auch eine den Anforderungen des Fachschulabschlusses im Beitrittsgebiet entsprechende Ausbildung hat sie nicht absolviert und sie ist auch nicht als technische Fachkraft zur Führung der Berufsbezeichnung "Techniker" oder einer gleichwertigen Berufsbezeichnung entsprechend der Systematik der Berufe im Beitrittsgebiet befugt (Qualifikationsgruppe 2). Die Klägerin hat eine Berufsausbildung, die der Ausbildung eines Facharbeiters in der DDR entsprechen würde, ebenfalls nicht absolviert und hat demzufolge auch eine entsprechende Facharbeiterprüfung nicht bestanden, auch ist ihr eine entsprechende Qualifikation nicht zuerkannt worden (Qualifikationsgruppe 4). Für ihre Tätigkeit als Technikerin ist sie nach eigenen Angaben in der Erörterungsverhandlung des Sozialgerichts vom 27.11.2007 lediglich 3 Monate eingelernt worden. Die Zeugin M.P., eine ehemalige Arbeitskollegin der Klägerin, hat bestätigt, dass man die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit nach der Realschule ohne weitere Ausbildung ausüben konnte. Die Klägerin hat im Übrigen einen nur wenige Tage dauernden Fortbildungskurs vom 19. bis 23.12.1977 im Umfang von 40 Unterrichtsstunden absolviert, bei dem sie nach dem hierüber erteilten Zeugnis offenbar auch nur an einer Unterrichtsveranstaltung ("Zusammenstellung der Jahresbilanz im Hausfond laut Inventurangaben über F-2D") teilgenommen hat.

b. Die streitige Zeit (17.10.1985 bis 31.7.1987) ist auch nicht gem. Satz 2 Anlage 13 zum SGB VI der Qualifikationsgruppe 2 bzw. 4 zuzuordnen. Der Senat kann insoweit offen lassen, ob die Zeit ab 1.8.1987 bis 3.6.1988 zu Recht der Qualifikationsgruppe 2 zugeordnet wurde. Die entsprechende Feststellung im Vormerkungsbescheid vom 30.5.2006 ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Die Klägerin hat die Fähigkeiten von Versicherten der Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabsolventen) bzw. 4 (Facharbeiter) nicht durch langjährige Berufserfahrung i. S. d Satzes 2 Anlage 13 zum SGB VI erworben. Im Ausgangspunkt ist - hinsichtlich der Qualifikationsgruppe 4 - nach dem Gesagten zur Auslegung des Merkmals der Langjährigkeit auf die Regelung in § 10 Abs. 2 der Anordnung über die Facharbeiterprüfung in der sozialistischen Berufsbildung - Facharbeiterprüfungsordnung - vom 7.8.1973 (GBl. DDR, S. 409) und vom 24.2.1978 (GBl. DDR, S. 117) bzw. § 24 Abs. 3 der Anordnung über die Facharbeiterprüfung vom 15.5.1986 (GBl. DDR, S. 309) zurückzugreifen, weswegen für die Einstufung in die Qualifikationsgruppe 4 ab 1.9.1973 von einer zehnjährigen Berufserfahrung ausgegangen werden muss. Dem wird die Klägerin nicht gerecht. Die Klägerin, die zunächst als Kindergärtnerin und Näherin (Ausbildung als Näherin vom 6.5.1974 bis 21.7.1975) beschäftigt war, arbeitete erst ab 19.5.1977 als Technikerin. In dieser Funktion war sie bis zum 1.8.1987 insgesamt 96 Monate tätig. Die Beklagte hat dies unter Abzug von Mutterschafts- oder Kindererziehungszeiten, während denen Berufserfahrung nicht gesammelt werden konnte, zutreffend berechnet (Mai 1977 bis Februar 1980; 31.3.1981 bis 21.6.1984; 17.10.1985 bis Juli 1987) und der Klägerin deswegen ab diesem Zeitpunkt die Qualifikationsgruppe 2 zuerkannt, wobei sie einen Zeitraum von (nur) 8 Jahren Berufstätigkeit für ausreichend erachtet hat; hierüber hat der Senat, wie dargelegt, nicht zu befinden. Über eine zehnjährige Berufserfahrung in einer der Qualifikationsgruppe 4 zugehörenden Tätigkeit hat die Klägerin danach aber (sogar) bis zur Ausreise am 10.7.1988 nicht verfügt, so dass die Zuordnung der streitigen Zeit vom 17.10.1985 bis 31.7.1987 zur Qualifikationsgruppe 4 nicht in Betracht kommt. Entsprechendes gilt für die Anwendung der Qualifikationsgruppe 2. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.

c. Aber selbst wenn man der hier vertretenen Auffassung, dass unter Zugrundelegung des maßgeblichen DDR-Rechts erst eine mindestens 10-jährige Berufsausübung in einem Facharbeiterberuf den Rückschluss auf die Qualifikation eines gelernten Facharbeiters zulässt, nicht folgt und mit der Beklagten und dem Sozialgericht langjährige Berufserfahrung bereits nach einer Berufsausübung unterstellt, die der doppelten Ausbildungszeit entspricht, wäre der Anspruch der Klägerin unbegründet. Zu ihren Gunsten sprechen zwar die Eintragungen in ihrem Arbeitsbuch, die ihr eine Tätigkeit als Inventurtechnikerin bzw. Obertechnikerin bescheinigen. Andererseits bestehen darüber hinaus keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie die Kenntnisse eines Ausbildungsberufes in voller theoretischer und praktischer Breite erworben hat. Was die theoretischen Kenntnisse betrifft, so vermag sie keine einschlägige Ausbildung, weder in schulischer Form noch durch Fortbildungen und auch nicht durch ausbildungsbegleitende Fortbildung in der Freizeit nachzuweisen. Sie hat auch nach eigenen Angaben nur an einem einwöchigen Lehrgang teilgenommen und will ihre Fähigkeiten allein durch die praktische Zusammenarbeit mit Kollegen erworben haben. Dies überzeugt nicht. Zum einen hat sie nach eigener Aussage vor dem SG nur eine dreimonatige Einarbeitungszeit benötigt, zum anderen verfügten die Mitarbeiter ihrer Gruppe ebenfalls über keine einschlägige Ausbildung und schließlich hat die Zeugin M.P. angegeben, den Beruf der Klägerin habe man nach der Realschule ohne jede Ausbildung verrichten können. All dies spricht gegen den Erwerb theoretischer Kenntnisse in einem 6-Jahres-Zeitraum. Durch die Ausübung nur einfacher Tätigkeiten wird der praktische Kenntnisstand eines Ausbildungsberufes ebenfalls nicht erreicht. Nötig wäre, dass die Arbeitsgruppe über Jahre hinweg mit Arbeitsaufträgen beschäftigt gewesen wäre, die den Kenntnisstand und die Fähigkeiten eines gelernten Facharbeiters bzw. Fachschulabsolventen erfordern. Nur dann könnte über die Möglichkeit, dass sich die Klägerin im Laufe der Jahre die Kenntnisse ihrer Kollegen angeeignet und die Fähigkeiten eines Ausbildungsberufs erworben hat, ernsthaft nachgedacht werden. Ein solcher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Allein die Bezeichnung in dem früheren Arbeitsbuch genügt dafür nicht. Auch die eigene Tätigkeitsbeschreibung der Klägerin, man habe Pläne gefertigt, Kostenschätzungen erstellt und Statistiken geführt, legt Anforderungen, die eine abgeschlossene Ausbildung etwa als Bauzeichner oder Bautechniker erfordern, nicht nahe.

Aus alledem folgt, dass die Klägerin von der Beklagten auch dann nicht nachteilig eingestuft worden ist, wenn man für eine langjährige Berufserfahrung die doppelte Ausbildungszeit ausreichen lässt. Da eine Facharbeiterausbildung hier nicht einschlägig ist, die Fähigkeiten eines Technikers vielmehr zumindest eine Fachschulausbildung erfordern, kommt eine Höherstufung bereits nach sechsjähriger Berufstätigkeit nicht in Betracht.

III. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weshalb die Berufung der Klägerin erfolglos bleiben muss. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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