L 8 U 3539/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 45/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 3539/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.07.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Verletztenrente über den 12.02.2006 hinaus hat.

Der 1976 geborene Kläger verdrehte sich am 30.05.2005 während der Arbeit das rechte Kniegelenk, als er beim Heruntersteigen von einem Betonklotz mit dem Fuß in einem Kabel hängen blieb. Hierbei zog er sich eine komplette Ruptur des vorderen Kreuzbandes im rechten Kniegelenk zu. Arbeitsfähigkeit trat am 13.06.2005 wieder ein (Zwischenbericht des Kreiskrankenhauses R. vom 22.06.2005; Mitteilung des D-/H-Arztes Dr. M., Kreiskrankenhaus R., vom 22.06.2005). Während der stationären Behandlung vom 11. bis 15.07.2005 wurde arthroskopisch eine vordere Kreuzbandplastik implantiert (Entlassungsbericht des Kreiskrankenhauses R. vom 15.07.2005), Arbeitsfähigkeit bestand ab 16.09.2005 (Mitteilung des D-/H-Arztes Dr. M. vom 19.09.2005). Auf Anfrage teilte Dr. M. mit Schreiben vom 31.10.2005 der Beklagten mit, bei den letzten Vorstellungen des Klägers am 08. und 15.09.2005 habe noch eine deutliche Muskelverschmächtigung am Oberschenkel rechts bestanden, klinisch sei das Kniegelenk stabil und auch medial- und lateralseitig sei keine Instabilität nachweisbar. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage unter 20 v.H. Weiteres wurde von der Beklagten nicht veranlasst ...

Im Durchgangsarztbericht von Dr. R. vom 23.07.2007 ist aufgrund einer Untersuchung des Klägers am 23.07.2007 eine anteriore Instabilität bei Zustand nach vorderer Kreuzbandplastik des rechten Kniegelenks diagnostiziert. Danach habe sich der Kläger am 21.06.2007 während der Arbeit erneut das rechte Knie verdreht, aber weitergearbeitet. Am 23.07.2007 stellte sich der Kläger bei Dr. B. vor, da er sich am Wochenende beim Tanzen das rechte Knie verdreht habe. Dr. B. erhob als Befund eine Ergussbildung im rechten Knie, Druckschmerz am inneren Gelenksspalt und einen stabilen Bandapparat (Arztbrief von Dr. B. vom 24.07.2007).

Unter der Diagnose einer Reruptur nach vorderer Kreuzbandplastik, eingeschlagene Korbhenkelläsion des Innenmeniskus und oberflächliche Quetschung im Bereich des Außenmeniskus wurde nach diagnostischer Arthroskopie u.a. eine Resektion des Korbhenkels und eine vordere Kreuzbandplastik mit Quadrizepssehnentransplantat vorgenommen (Operationsbericht vom 16.08.2007).

In der von der Beklagten veranlassten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 18.10.2007 vertrat Dr. K. die Auffassung, dem Ereignis vom 21.06.2007 komme nur der Stellenwert eines An-lassgeschehens zu, da es sich bei Fehlen sonstiger Ursachen um Folgen des Ereignisses vom 30.05.2005 handele. Da traumatisch bedingte Rupturen des vorderen Kreuzbandes bzw. der Me-nisken eine gravierende Verletzung darstellten, ergebe sich durch die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit des Klägers über Wochen hinweg ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme einer strukturellen Läsion am 21.06.2007. Der vier Wochen nach diesem Ereignis am 23.07.2007 punktierte blutig seröse Erguss spreche für eine mehrzeitige Ruptur des vorderen Kreuzbandes, da nicht plausibel sei, dass ein am 21.06.2007 entstandener Bluterguss Wochen später noch vor-handen gewesen sein soll.

In seinem Gutachten vom 14.04.2008 bewertete Dr. K. das Geschehen vom 21.06. und 21.07.2007 hinsichtlich des Kniebinnenschadens als Anlassgeschehen. Verantwortlich für den Gesamtschaden sei das Ereignis vom 30.05.2005. Als Folgen des Ereignisses lägen vor ein Streckdefizit, eine muskuläre kompensierte vordere erstgradig Instabilität, eine Muskelminderung, die Deformierung des Gelenkes, Operationsnarben sowie radiologische Veränderungen. Die unfallbedingte MdE betrage 10 v.H. für jetzt und für die Vergangenheit.

Mit Bescheid vom 09.10.2008 gewährte die Beklagte für den Zeitraum vom 13.06.2005 bis 12.02.2006 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H., eine darüber hinausgehende Rente wurde abgelehnt.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2008 zurückgewiesen.

Der Kläger erhob am 07.01.2009 beim Sozialgericht Freiburg Klage mit dem Begehren, aufgrund des Arbeitsunfalls vom 30.05.2005 Rente nach einer MdE von mindestens 50 v.H. über den 12.02.2006 hinaus zu gewähren.

Das Sozialgericht holte von Amts wegen das Gutachten vom 18.05.2009 ein. Der Sachverständi-ge Dr. P. ging in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. K. davon aus, dass die von ihm festgestellten Befunde am rechten Kniegelenk ausschließlich auf das Ereignis vom 30.05.2005 zurückzuführen seien. Die unfallbedingte MdE betrage 20 v.H. für den Zeitraum vom 13.06.2005 bis 12.02.2006, danach 10 v.H. Mit Gerichtsbescheid vom 23.07.2009 wies das Sozi-algericht die Klage ab.

Gegen den mit Empfangsbekenntnis am 31.07.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 04.08.2009 Berufung eingelegt.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat das Gutachten vom 12.02.2010 eingeholt. Der Sachverständige Dr. K. hat eine erst- bis zweitgradige vordere Instabilität des rechten Kniegelenks ohne vollständige muskuläre Kompensationen, eine Umfangsminderung des Weichteilmantels des rechten Beines, den Teilverlust des rechten Innenmeniskus und röntgenologische Veränderungen im rechten Kniegelenk erhoben und als Unfallfolgen bewertet. Er führt aus, dass in letzter Konsequenz die Unfallfolgen auf das Unfallereignis vom 30.05.2005 zu beziehen seien, da nicht zweifelsfrei zu belegen sei, ob der Riss des Kreuzbandplastiktransplantates berufsbedingt am 21.06.2007 oder beim Tanzen am 21.07.2007 stattgefunden habe. Er schätze die unfallbedingte MdE über den 12.06.2005 hinaus durchgehend auf 20 v.H. ein.

Der Kläger hat sich zur Beweisaufnahme geäußert. Der Sachverständige Dr. K. habe als Befund eine erst- bis zweitgradige vordere Instabilität und ein deutliches Schnappphänomen nach vorne erhoben. Die seitengleiche Beweglichkeit beider Kniegelenke stehe dieser Funktionsbeeinträchtigung nicht entgegen, weil aus dem Gutachten nicht hervorgehe, ob es sich hierbei um passiv geführte oder aktiv vom Probanden erreichte Bewegungsmaße handele. Die verifizierte Weicht-eilminderung mache deutlich, dass bei aktiver Belastung eine entsprechende muskuläre Unterbelastung - Schoneffekt - stattfinde, der zu jener Muskelminderung führe. Der Sachverständige habe dem Befund von Dr. R. entgegengehalten, dass die signifikante Minderung des Weichteil-mantels eindeutig gerade nicht die muskuläre Kompensationen der verbliebenen vorderen Instabilität impliziere. Es werde die ergänzende Nachfrage beim Sachverständigen Dr. K. angeregt, ob passive oder aktive Bewegungsmaße erhoben worden seien. In dem Gutachten von Dr. K. und Dr. P. werde bei den angegebenen Bewegungsmaßen auch nicht danach differenziert.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 23.07.2009 aufzuheben und den Be-scheid der Beklagten vom 09.10.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2008 abzuändern sowie die Beklagte zu verurteilen, Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 30.05.2000 nach einer MdE um mindestens 50 v.H. über den 12.02.2006 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, dass ausweislich des von Dr. K. gefertigten Messblattes sich keinerlei funk-tionellen Einschränkungen im Bereich des rechten Kniegelenks fänden, da die Funktionsmaße rechts wie links identisch seien. Die nach der maßgeblichen unfallmedizinischen Literatur, wie in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., erforderliche endgradige Behinderung der Beugung und Streckung des Kniegelenkes liege nicht vor, so dass bereits die Eingangsvoraussetzung für die Zuerkennung einer rentenberechtigenden MdE nicht erfüllt sei. Neben der von Dr. K. geschilderten Instabilität sei keinerlei Funktionsausfall dokumentiert. Aus der beschriebenen Muskelminderung oder der vorderen Instabilität könne allenfalls auf eine schmerzbedingte Schonhaltung geschlossen werden.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 30.07.2010 haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom 30.07.2010 verwiesen.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des Sozialgerichts beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf die beim Senat angefallene Berufungsakte wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und insgesamt zulässig.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Verletztenrente über den 12.02.2006 hinaus wegen der Folgen des am 30.05.2005 erlittenen Arbeitsunfalles. Der angefochtene Bescheid der Beklagten, mit dem die Gewährung von weitergehender Rente abgelehnt wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

Gem. § 56 Abs. 1 SGB VII wird eine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Versicherter in Folge eines Versicherungsfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Die Bemessung ist eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Mei-nungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der tägliche Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; zuletzt BSG Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Bei weitgehend geklärtem medizinischem Befund ist die hieraus verursachte MdE zunächst die dem Gericht vorbehaltene Klärung einer Rechtsfrage.

Hiervon ausgehend rechtfertigen die durch den Arbeitsunfall vom 30.05.2005 eingetretenen Un-fallfolgen keine rentenberechtigende MdE von 20 v.H., weshalb dem Kläger ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem 12.02.2006 nicht zusteht.

Nach der im Ergebnis übereinstimmenden gutachterlichen Beurteilung der Ärzte Dr. K., Dr. P. und Dr. K. ist der von ihnen erhobene Kniegelenkbefund rechts allein wesentlich auf das Unfallereignis vom 30.05.2005 zurückzuführen, weshalb ein Stützrententatbestand i.S.v. § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII mit je einer unfallbedingten MdE von mindestens 10 v.H. nicht in Betracht kommt. Darüber hinaus wäre nach allen ärztlichen Bewertungen eine abgrenzbare, einer geson-derten MdE-Beurteilung zugängliche Unfallfolge jeweils für das Ereignis vom Mai 2005 und vom Juni 2007 bei Betroffenheit des gleichen Körperorgans nicht zu beschreiben, da ein hin-sichtlich der MdE unveränderter Befund durchgehend vorliegt, nach Dr. K. und Dr. P. nach einer MdE von 10 v.H., nach Dr. K. nach einer MdE von 20 v.H.

In Anwendung der unfallmedizinischen Erfahrungssätze zur Beurteilung der MdE steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die von den genannten Ärzten beschriebenen Unfallfolgen am rechten Kniegelenk des Klägers ab 13.02.2005 nur mit einer MdE um 10 v.H. einzuschätzen sind. Die von Dr. K. vorgenommene MdE-Beurteilung ist dagegen nicht überzeugend, da sie mit den genannten Erfahrungssätzen nicht zu vereinbaren ist.

In den richterlichen Verfügungen vom 18.11.2009 und 01.03.2010 sind die Beteiligten auf die unfallmedizinischen Erfahrungssätze in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur (vgl. Mehr-hoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Aufl., S. 169f; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S 612) hingewiesen worden, worauf auch die Beklagte zutreffend abgestellt hat. Danach ist eine in Folge des Risses eines Kniebandes endgra-dige Behinderung der Beugung/Streckung des Kniegelenks mit muskulär kompensierbaren in-stabilen Bandverhältnissen mit einer MdE um 10 v.H., mit muskulär nicht kompensierbarer Sei-tenbandinstabilität mit einer MdE um 20 v.H. zu bewerten. Die Folgen eines Meniskusrisses sind bei Bewegungseinschränkung des Kniegelenks nach der Neutral-0-Methode bei 0/0/120° mit einer MdE von 10 v.H. und bei 0/0/90° mit 15 v.H. und erst ab 0/0/80° mit 20 v.H. zu bewerten (Schönberger u.a., a.a.O., Seite 654).

Funktionseinschränkungen dieses Ausmaßes sind beim Kläger nicht erhoben worden. Die Folge eines Kreuzbandrisses ist nach den unfallversicherungsrechtlichen Erfahrungswerten typischerweise nur berücksichtigungsfähig, wenn eine zumindest endgradige Beuge- und/oder Streckbe-hinderung des Kniegelenks vorliegt. Dr. P. und Dr. K. haben übereinstimmende Bewegungsmaße für die Streckung und Beugung der Kniegelenke des Klägers erhoben (jeweils 0/0/140° beid-seits). Dr. P. führt in seinem Gutachten aus, dass eine funktionell uneingeschränkte Beweglichkeit für die Kniestreckung und Kniebeugung vorliegt (Seite 25 des Gutachtens vom 18.05.2009), dem hat Dr. K. in seiner Auseinandersetzung mit den Vorgutachten nicht widersprochen und unter seinen Befunden ist auch keine endgradige Bewegungseinschränkung des Kniegelenks aufgeführt. Danach fehlt es bereits auch nach Dr. K. an der Grundvoraussetzung einer relevanten MdE-Bewertung nach der unfallmedizinischen Literatur. Auch Dr. K. hat annähernd gleiche Bewegungsmaße (rechts 0/0/140° und links 5/0/135°) erhoben und beschreibt am rechten Bein ein Streckdefizit - jedenfalls im Vergleich zu links -, das aber bei festem Seitenbandapparat und erstgradiger vorderer Schublade mit muskulär kompensierbarer Instabilität einherging, was seine MdE-Einstufen mit 10 v.H. nach dem obigen Grundsätzen rechtfertigt. Darüber hinaus erhob auch Dr. P. keine relevante Instabilität, da er ebenso wie Dr. K. eine stabile Seitenbandführung und allenfalls eine geringere vordere Schublade diagnostizierte. Bei verbliebener Verschmächti-gung der Oberschenkelmuskulatur wertete er die geringe bis mäßige Lockerung der vorderen Kreuzbandführung als noch muskulär kompensiert, was mit der Beurteilung von Dr. K. übereinstimmt. Einen hiervon abweichenden Befund beschreibt Dr. K. nicht, da auch bei ihm eine stabile Seitenbandführung innen und außenseitig vorlag und er eine erst- bis zweitgradige vordere Instabilität beschreibt. Abweichend von Dr. K. und Dr. P. ist die -vordere- Instabilität seiner Ein-schätzung nach nicht vollständig muskulär kompensiert, was allein mit den abweichenden Mus-kelumfangmaßen nicht hinreichend zu begründen ist und außerdem die Voraussetzung der Be-wertungsstufe für eine MdE um 20 v.H., die eine instabile Seitenbandführung verlangt, nicht erfüllt. Abgesehen davon dass bei der Untersuchung durch Dr. P. weniger seitendifferente Um-fangmaße der Oberschenkel (rechts 62, 51, 42 cm; links 63, 52, 42 cm) vorlagen, ist die 11 Mo-nate später bei der Untersuchung durch Dr. K. erhobene Umfangsdifferenz (rechts 57, 45,5, 42,5 cm; links 60,5, 48,5, 43 cm) auch kein überzeugendes Indiz einer mangelnden muskulären Kompensation der subjektiven Instabilität. Bei den von Dr. K. untersuchten, vom Kläger unauffällig durchgeführten Stand- und Gangvariationen, des beidseits sicher eingenommenen Ein-Bein-Stands und der sicher demonstrierten tiefen Hocke ist eine unzureichend kompensierte Instabili-tät des rechten Kniegelenks nicht überzeugend. Dagegen spricht auch nicht das von Dr. K. be-schriebene leichte rechtseitige Schonhinken, das weder Dr. K. noch Dr. P. - Letzterer betont ausdrücklich ein nicht hinkendes Gangbild zur ebenen Erde - beschreiben, und der weniger weit als links durchgeführte einbeinige Sprung rechts. Selbst bei unterstellter endgradiger Bewegungs-einschränkung des rechten Kniegelenks wäre demnach eine nicht muskulär kompensierte Seiten-bandinstabilität und damit eine MdE um 20 v.H. entsprechend der genannten Bewertungsstufe der unfallmedizinischen Literatur nicht nachgewiesen. Die bei Meniskusschädigungen im MdE-relevanten Bereich ab 0/0/120° eingestufte Bewegungseinschränkung, die sowieso in den für die Kreuzbandverletzung maßgebenden Bewegungseinschränkungen aufginge, liegt nicht vor, auch nicht infolge athrotischer Veränderungen des rechten Kniegelenks, solche sind von keinem Arzt diagnostiziert.

Die gutachtlich - auch von Dr. K. - umschriebenen unfallbedingten funktionellen Einschränkungen des rechten Kniegelenks mit vorderer Bandinstabilität und Umfangsminderung der Oberschenkelmuskulatur rechts ist nach vergleichender Betrachtung der Erfahrungssätze mit einer MdE um 10 v.H. hinreichend berücksichtigt. Der Senat folgt den Gutachten von Dr. K. und Dr. P ...

Zu einer weiteren Beweisaufnahme sah sich der Senat nicht veranlasst. Die vom Kläger angeregte ergänzende schriftliche Anhörung des Sachverständigen Dr. K., ob die Bewegungsmaße mit vom Sachverständigen geführten Bewegungen oder bei vom Kläger aktiv selbst durchgeführten Bewegungen erhoben wurden, ist rechtlich nicht geboten. Im Erörterungstermin - auf die Niederschrift vom 30.07.2010 wird insoweit verwiesen - ist unter Hinweis auf die in verschiedenen Rechtsgebieten der Sozialversicherung einschlägige Literatur zur Gutachtenserstattung (Anhaltspunkte für die ärztliche Begutachtung im Schwerbehindertenrecht" (AHP) 2008, S. 11 und Mehrhoff u.a., Unfallbegutachtung, 11. Aufl. S. 121f) seitens des Senats dargelegt worden, dass die Erhebung von Bewegungsmaßen nach der Neutral-0-Methode zum Standard der Gutachtenserstattung gehört. Danach ist die Differenzierung zwischen "Aktiv-" und "Passiv-Maßen" Grundlage jeglicher Gutachtenserstattung und es ist zu erwarten, dass relevante Abweichungen im Gutachten kenntlich gemacht werden. Da überdies bei drei verschiedenen Untersuchungen durch drei unterschiedliche Ärzte gleiche bzw. gleichwertige Bewegungsmaße für die Kniege-lenke erhoben wurden, besteht keinerlei Anhalt für ein Unterschreiten des Standards valider Be-funderhebung. Ein Anlass für die gutachterliche Ergänzung des vorgelegten Gutachtens ist nicht gegeben, da sich kein Widerspruch oder eine sonstige Ungereimtheit aus dem Gutachten ergibt. Dass tatsächlich durch Dr. K. - oder auch durch alle anderen Ärzte - nicht aussagekräftige Bewe-gungsmaße durch einseitige Befunderhebung mit arztunterstützten Bewegungen erhoben worden sind, hat der Kläger nicht einmal behauptet. Darüber hinaus wäre ein entsprechender Beweisantrag auch deshalb abzulehnen, weil die Frage, ob zumindest eine endgradige Bewegungsein-schränkung des rechten Kniegelenks vorliegt, nicht entscheidungserheblich ist. Denn mangels Nachweises einer nicht muskulär kompensierten (Seitenband)Instabilität wäre eine MdE um 20 v.H. gleichwohl nicht begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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