Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 1845/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4455/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Bescheid vom 13. Februar 2006 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe von Arbeitslosengeld (Alg).
Die 1965 geborene Klägerin ist gelernte Bankauffrau und war vom 01.07.1996 bis zum 17.12.1998 als Sachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt bzw. in Mutterschutz. Nach der Geburt ihres Sohnes am 18.12.1998 befand sie sich zunächst in Mutterschutz und anschließend in Erziehungsurlaub. Am 17.11.2001 wurde ihre Tochter geboren. Nach Mutterschutz bis 12.01.2002 befand sie sich ab 13.11.2002 bis zum 16.11.2004 in Erziehungsurlaub. Am 16.11.2004 wurde ihr von ihrer Arbeitgeberin aus betriebsbedingten Gründen mit Wirkung zum 31.03.2005 gekündigt. Daraufhin meldete sich die Klägerin am 18.11.2004 zum 01.04.2005 arbeitslos.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin, die seit 01.02.2001 eine geringfügige Beschäftigung ausübte, mit Bescheid vom 05.04.2005 Alg ab 01.04.2005 für 360 Tage in Höhe von 21,69 EUR täglich. Hierbei ging die Beklagte von einem nach der beruflichen Qualifikation der Klägerin festgelegten fiktiven Arbeitsentgelt von 64,40 EUR (Qualifikationsgruppe 3) aus, weil innerhalb von zwei Jahren vor Anspruchsbeginn nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt feststellbar seien.
Das durch die Beschäftigung von April 2005 bis April 2006 erzielte Nebeneinkommen in Höhe von monatlich 327,05 EUR bzw. 330,00 EUR (ab Januar 2006) - für Dezember 2005 erhielt die Klägerin zusätzlich eine Einmalzahlung in Höhe von 808,88 EUR - rechnete die Beklagte zunächst auf das Alg an und erließ entsprechende Aufhebungs- und Erstattungsbescheide. Im Hinblick auf die - bis dahin nicht berücksichtigte - privilegierende Regelung des § 141 Abs. 2 SGB III kam die Beklagte Anfang 2006 zu dem Ergebnis, dass das von der Klägerin erzielte regelmäßige Nebeneinkommen anrechnungsfrei sei und nahm die Anrechnungsbescheide für die Monate Januar 2006 bis April 2006 zurück. Den für die Monate April 2005 bis November 2005 von der Beklagten errechneten Rückzahlungsbetrag (799,60 EUR) verminderte sie um den sich aus dem Bescheid vom 13.02.2006 für Dezember 2005 resultierenden Anrechnungsbetrag (400,83 EUR), so dass sich ein Rückzahlungsbetrag von 398,77 EUR ergab.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 05.04.2005 legte die Klägerin am 19.04.2005 Wider-spruch ein, der von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2005 zurückgewiesen wurde. Die Klägerin habe sich vom 13.01.2002 bis 16.11.2004 in Erziehungsurlaub befunden und in dieser Zeit kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt, so dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erwei-terten Bemessungsrahmens (01.04.2003 bis 31.03.2005) nicht vorliege und deshalb als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen sei. Nachdem die Klägerin über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Bankkauffrau verfüge, sei sie zu Recht in die Qualifikati-onsstufe 3 eingruppiert worden.
Am 08.06.2005 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), mit der sie sich gegen die fiktive Bemessung des Arbeitsentgelts wandte und höheres Alg beanspruchte. Sie machte unter Vorlage des letzten Schriftwechsels mit der Beklagten und des Beschlusses des Arbeitsgerichts Freiburg (9 Ca 497/04) vom 26.08.2005 geltend, ihr Arbeitsverhältnis mit ihrer ehemaligen Arbeitgeberin habe - wie nach dem entsprechenden arbeitsgerichtlichen Vergleich feststehe - erst zum 30.04.2005 geendet. Ihre Arbeitgeberin habe zum 30.04.2005 abgerechnet und Zahlung geleistet, so dass das im April 2005 bezogene Arbeitsentgelt in die Bemessung des Alg einzubeziehen sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, die Durchführung eines Anspruchs-übergangs - wie hier - ändere den Lauf des Bemessungszeitraums nicht. Der Monat April 2005 sei nicht in die Bemessung einzubeziehen, da das Gehalt erst nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechnet worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2005 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe als Bemessungsentgelt zu Recht ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, da ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erwei-terten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden könne. Entgegen der Auffassung der Kläge-rin habe der Bemessungsrahmen nicht erst am 30.04.2005, dem arbeitsgerichtlich festgelegten Ende des Arbeitsverhältnisses, sondern bereits am 31.03.2005, dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses geendet. Auch wenn der Arbeitgeber - wie im vorliegenden Fall - den auf die Beklagte übergegangenen Arbeitsentgeltanspruch der Klägerin befriedige, finde keine Korrektur der Rahmenfrist bzw. keine Neubestimmung des Bemessungszeitraumes statt.
Dagegen hat die Klägerin am 26.01.2006 Berufung (L 8 AL 426/06) eingelegt, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgt. Sie macht unter Vorlage des Kündigungsschreibens ihrer damaligen Arbeitgeberin vom 16.11.2004 geltend, sie sei ab 17.11.2004 bis zum Ende der Kündigungsfrist nur widerruflich von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt worden, so dass mangels endgültiger Freistellung von der Arbeitsleistung von einer faktischen Beschäftigungslosigkeit nicht gesprochen werden könne. Da sie somit erst ab 01.05.2005 Anspruch auf Alg gehabt habe, sei bei der Berechnung des Bemessungszeitraums auch der Monat April 2005 zu berücksichtigen, so dass schon deshalb ein Bemessungszeitraum von mehr als 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt anzunehmen sei. Ferner macht die Klägerin geltend, eine Erweiterung des Bemessungs-rahmens auf zwei Jahre und dabei die hier nahtlos ineinander übergehenden Erziehungszeiten vom 18.12.1998 bis 16.11.2004 nicht auszusparen, entspreche nicht den anzuwendenden gesetz-lichen Regelungen. Vielmehr sei unter Rückgriff auf § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) bei einem Bemessungsrahmen von einem Jahr unter Aussparung der Erziehungszeiten vom 18.12.1998 bis 16.11.2004 von Zeiten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vom 17.11.2004 bis 31.03.2005 (135 Tage) und vom 02.05.1998 bis 17.12.1998 (230 Tage) aus-zugehen. Nach der früheren Rechtslage sei eine Benachteiligung von Personen mit Kindererzie-hungszeiten durch die Anerkennung von sogenannten Aufschubzeiten verhindert worden. Hieran habe sich durch die inzwischen erfolgte Änderung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften nichts ändern sollen. Insbesondere sei damit keine Schlechterstellung von Personen mit Erziehungszeiten bzw. von Teilzeitbeschäftigten beabsichtigt gewesen. Die Klägerin legt ihre Ver-dienstnachweise für die Zeit von Mai 1998 bis Dezember 1998 vor. Dem inzwischen ergangenen Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.05.2008 (B 11a AL 23/07 R), wonach eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus gesetzlich nicht vorgesehen sei, könne nicht gefolgt werden. Die starre Fixierung des Bemessungsrahmens auf ein bzw. zwei Jahre und die daraus resultierende Nichtberücksichtigung der Entgeltzahlungszeiträume vor der Geburt der Kinder stellten eine geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen ohne sachlichen Grund und damit ein Verstoß gegen Art. 6 Grundgesetz (GG) und Art. 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) dar. Die Gesetzesauslegung durch das BSG stehe auch wegen ihrer diskriminierenden Wirkung in eindeutigem Widerspruch zu Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie Nr. 79/7 EWG.
Die Klägerin hat sich - vom Senat auf den sich auf die Höhe des Alg (nur) für Dezember 2005 auswirkenden Bescheid vom 13.02.2006 hingewiesen - mit der Anrechnung des Nebeneinkommens und der nachfolgenden Verrechnung mit ihrem Nachzahlungsanspruch einverstanden er-klärt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Dezember 2005 auf-zuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 5. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 und des Anrechnungsbescheides vom 13.02.2006 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 30. April 2006 höheres Arbeitslosengeld zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Das der Klägerin zustehende Alg sei in Anwendung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwischen den im Gesetz verwendeten Begriffe Bemessungsrahmen und Bemes-sungszeitraum strikt zu trennen sei, richtig berechnet worden. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Verfassungs- oder Gemeinschaftsrecht seien nicht erkennbar. Der wohl Gegenstand des Verfahrens gewordene Bescheid vom 13.02.2006, mit dem sich die Klägerin zudem einverstanden erklärt habe, sei nicht zu beanstanden.
Mit Beschluss vom 09.11.2006 hat der Senat im Hinblick auf das beim LSG Berlin-Brandenburg anhängige Verfahren L 12 AL 318/06 das Ruhen des Berufungsverfahren angeordnet, das die Klägerin am 24.09.2009 wieder angerufen hat und das unter dem aktuellen Aktenzeichen fortge-führt worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Alg.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 05.04.2005 (Widerspruchsbescheid vom 31.05.2005), mit dem die Beklagte der Klägerin Alg ab 01.04. 2005 für 360 Tage in Höhe von täglich 21,69 EUR bewilligt hat. Gegenstand des Verfahrens ist gemäß §§ 96 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG auch der während des Berufungsverfahrens ergangene Bescheid vom 13.02.2006, da dieser durch die damit erfolgte Anrechnung von Nebeneinkommen für den Monat Dezember 2005 ein entsprechend niedrigeres Alg für diesen Monat zur Folge hat und den Bewilligungsbescheid vom 05.04.2005 insoweit abändert. Hierüber hat der Senat auf Klage zu entscheiden.
Die Klägerin macht allein einen Anspruch auf höheres Alg auf der Grundlage der von ihr erziel-ten Arbeitsentgelte geltend und begründet dies damit, dass die Beklagte das Alg zu Unrecht fiktiv (hier nach Qualifikationsgruppe 3) und nicht nach den vor den Erziehungszeiten liegenden Entgeltabrechnungszeiträumen bemessen habe. Insbesondere macht sie geltend, dass es gegen höherrangiges Recht verstoße, wenn das Alg im Anschluss an Erziehungszeiten nach Qualifikationsgruppen bemessen werde. Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Anrechnung des von ihr im Dezember 2005 erzielten Nebeneinkommens (so ausdrücklich im Schriftsatz vom 25.06.2010). Der Senat vermochte auch hinsichtlich der Höhe des Anrechnungsbetrages keine Rechtsfehler zu erkennen. Der Bescheid vom 13.02.2006 ist daher rechtmäßig und die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte hat hier das Alg zu Recht fiktiv nach § 132 Abs. 1 SGB III bemessen. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 01.01.2005 geltenden - und im Hinblick auf das hier von der Klägerin für die Zeit ab 01.04.2005 beantragte Alg anzuwendenden - Fassung durch das Drit-te Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I 2848) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach näherer Maßgabe von § 130 Abs. 2 SGB III bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bestimmte Zeiten außer Betracht. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsent-gelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III).
Aus diesen Bestimmungen folgt, dass das von der Klägerin noch vor der Geburt ihrer Kinder von Mai 1998 bis Dezember 1998 erzielte Arbeitsentgelt nicht als Bemessungsentgelt berücksichtigt werden kann. Die entsprechenden Entgeltabrechnungszeiträume liegen außerhalb des Bemessungsrahmens. Der Bemessungsrahmen endet im vorliegenden Fall am 31.03.2005, dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III). Hieraus ergibt sich ein regulärer Bemessungsrahmen vom 01.04.2004 bis 31.03.2005 und ein gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III erweiterter Bemessungsrahmen vom 01.04.2003 bis 31.03.2005. Auch im auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen liegt kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vor, da die Klägerin nach ihrem Erziehungsurlaub und vor der Entstehung des Anspruchs auf Alg am 01.04.2005 nur vom 17.11.2004 bis 31.03.2005 - und damit nicht mehr als 150 Tage - versicherungspflichtig beschäftigt war. Eine zusätzliche Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus sehen die anzuwendenden Vorschriften (§§ 130 Abs. 3, 132 Abs. 1 SGB III) nicht vor (vgl. Urteil des BSG vom 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R).
Dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich (Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 26.08.2005) erst am 30.04.2005 geendet hat, ändert am durch den letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs auf Alg (§ 130 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III) bestimmte Ende des Bemessungsrahmens (31.03.2005) nichts. Eine nachträgliche Korrektur des Bemessungsrahmens bzw. eine Neubestimmung des Bemessungszeitraumes erfolgt nicht. Dies ist auch verfassungsgemäß (vgl. BSG NZS 1999, 468 ff). Eine entsprechende Korrektur des Bemessungsrahmens bzw. des Bemessungszeitraumes findet auch dann nicht statt, wenn die Beklagte - wie hier - hinsichtlich des auf sie übergegangenen Anspruchs auf Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber des Beschäftigten befriedigt worden ist.
Die Verkürzung des Bemessungsrahmens auf maximal zwei Jahre mit Wirkung ab 01.01.2005 bedeutet für die Klägerin auch keine Schlechterstellung gegenüber der bis 31.12.2004 geltenden Rechtslage. Innerhalb der letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs (01.04.2002 bis 31.03.2005), die nach der früheren Regelung (§ 133 Abs. 4 SGB III aF) den zeitlichen Höchstrahmen für die Berücksichtigung früher erzielten Entgelts darstellten, hätte die Klägerin nämlich ebenfalls keine ausreichenden Zeiten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen gehabt. Das gilt unabhängig davon, ob man dabei auf das bis zum 31.12.2004 geltende Recht (mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt) oder auf das seit 01.01.2005 geltende Recht (mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt) abstellt. Die Klägerin hatte auch in der Zeit vom 01.04.2002 bis 31.03.2003 keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt. Das vor der Geburt ihres ersten Kindes am 18.12.1998 - und damit mehr als sechs Jahre vor der Entstehung des Anspruchs - erzielte Arbeitsentgelt hätte mithin auch nach § 133 Abs. 4 SGB III aF nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werden können.
Die Klägerin war - was sie auch nicht in Frage stellt - aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung zur Bankkauffrau der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen. Hieraus folgt nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt von 64,40 EUR täglich (Bezugsgröße 2005: 28.980,00 EUR jährlich, geteilt durch 450). Auch die weitere Berechnung des Alg durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Bestimmungen in den §§ 129, 133 SGB III und führt zu dem von der Beklagten zutreffend bewilligten Alg von 21,69 EUR täglich.
Dass das Arbeitsentgelt, das die Klägerin vom 02.05.1998 bis 17.12.1998 erzielt hat, nicht als Bemessungsentgelt herangezogen wird, verstößt auch nicht gegen die Verfassung. Art. 6 Abs. 1 und 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG - diese Verfassungsbestimmungen kommen hier als mögliche Grundlage für das Begehren der Klägerin in Frage - sieht der Senat nicht als verletzt an. Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Gemäß Art. 6 Abs. 4 GG hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Ein konkreter Anspruch der Klägerin darauf, dass hier nicht - wie in § 132 Abs. 1 SGB III vorgesehen - eine fiktive Bemessung des Alg erfolgen darf, sondern - im Unterschied zu anderen Arbeitslosen und in Abkehr von der gesetzlichen Konzeption, das Alg als Lohnersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Lohnniveau auszurichten - der Bemessung des Alg (auch) länger - hier sogar mehr als 6 Jahre - zurückliegende Entgeltzeiträume, insbesondere solche, die vor der Geburt des bzw. der Kinder liegen, zugrunde gelegt werden müssen, ergibt sich aus die-sen Verfassungsartikeln nicht. Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG sieht der Senat in der gesetzlichen Regelung nicht. Das BSG hat in seinem einschlä-gigen Urteil vom 29.05.2008 (B 11a AL 23/07 R) einen Verfassungsverstoß aufgrund der §§ 130 Abs. 3, 132 Abs. 1 SGB III, die eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus nicht vorsehen, unter Darlegung der erwähnten verfassungsrechtlichen Aspekte, insbesondere im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 und 4 sowie Art. 3 Abs. 1 GG, mit überzeugender Begründung verneint. Dem schließt sich der Senat an. Das gleiche gilt auch für das europäische Gemeinschaftsrecht. Die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl Nr. L 6 vom 10.01.1979, S 24 f), deren Art. 4 Abs. 1 den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Berechnung von Sozialleistungen postuliert, hält der Senat ebenfalls nicht für verletzt. Zwar werden die Regelun-gen über die fiktive Bemessung des Alg hauptsächlich bei Frauen zur Anwendung kommen, die sich nach der Kindererziehung wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Der Grund für die fiktive Bemessung des Alg besteht jedoch nicht in einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, sondern in dem bereits beschriebenen Ziel der betreffenden gesetzlichen Regelungen, bei fehlendem zeitnahen Bemessungszeitraum eine fiktive Bemessung vorzunehmen.
Der von der Klägerin behauptete Verstoß gegen die Art. 8 und 14 EMRK ist ebenfalls nicht gegeben. Der sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ua ergebende Anspruch auf Achtung des Familienlebens wird durch die hier nach Ansicht der Klägerin zu niedrige Bemessung des Alg nicht tan-giert. Für das in Art. 14 EMRK festgelegte Benachteiligungsverbot ua aus Gründen des Ge-schlechts gelten die Ausführungen zu Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7/EWG entsprechend. Eine geschlechtsspezifische Benachteiligung ist in den §§ 130 Abs. 3, 132 Abs. 1 SGB III nicht zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Klage gegen den Bescheid vom 13. Februar 2006 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe von Arbeitslosengeld (Alg).
Die 1965 geborene Klägerin ist gelernte Bankauffrau und war vom 01.07.1996 bis zum 17.12.1998 als Sachbearbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt bzw. in Mutterschutz. Nach der Geburt ihres Sohnes am 18.12.1998 befand sie sich zunächst in Mutterschutz und anschließend in Erziehungsurlaub. Am 17.11.2001 wurde ihre Tochter geboren. Nach Mutterschutz bis 12.01.2002 befand sie sich ab 13.11.2002 bis zum 16.11.2004 in Erziehungsurlaub. Am 16.11.2004 wurde ihr von ihrer Arbeitgeberin aus betriebsbedingten Gründen mit Wirkung zum 31.03.2005 gekündigt. Daraufhin meldete sich die Klägerin am 18.11.2004 zum 01.04.2005 arbeitslos.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin, die seit 01.02.2001 eine geringfügige Beschäftigung ausübte, mit Bescheid vom 05.04.2005 Alg ab 01.04.2005 für 360 Tage in Höhe von 21,69 EUR täglich. Hierbei ging die Beklagte von einem nach der beruflichen Qualifikation der Klägerin festgelegten fiktiven Arbeitsentgelt von 64,40 EUR (Qualifikationsgruppe 3) aus, weil innerhalb von zwei Jahren vor Anspruchsbeginn nicht mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt feststellbar seien.
Das durch die Beschäftigung von April 2005 bis April 2006 erzielte Nebeneinkommen in Höhe von monatlich 327,05 EUR bzw. 330,00 EUR (ab Januar 2006) - für Dezember 2005 erhielt die Klägerin zusätzlich eine Einmalzahlung in Höhe von 808,88 EUR - rechnete die Beklagte zunächst auf das Alg an und erließ entsprechende Aufhebungs- und Erstattungsbescheide. Im Hinblick auf die - bis dahin nicht berücksichtigte - privilegierende Regelung des § 141 Abs. 2 SGB III kam die Beklagte Anfang 2006 zu dem Ergebnis, dass das von der Klägerin erzielte regelmäßige Nebeneinkommen anrechnungsfrei sei und nahm die Anrechnungsbescheide für die Monate Januar 2006 bis April 2006 zurück. Den für die Monate April 2005 bis November 2005 von der Beklagten errechneten Rückzahlungsbetrag (799,60 EUR) verminderte sie um den sich aus dem Bescheid vom 13.02.2006 für Dezember 2005 resultierenden Anrechnungsbetrag (400,83 EUR), so dass sich ein Rückzahlungsbetrag von 398,77 EUR ergab.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 05.04.2005 legte die Klägerin am 19.04.2005 Wider-spruch ein, der von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2005 zurückgewiesen wurde. Die Klägerin habe sich vom 13.01.2002 bis 16.11.2004 in Erziehungsurlaub befunden und in dieser Zeit kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt, so dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erwei-terten Bemessungsrahmens (01.04.2003 bis 31.03.2005) nicht vorliege und deshalb als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen sei. Nachdem die Klägerin über eine abgeschlossene Berufsausbildung als Bankkauffrau verfüge, sei sie zu Recht in die Qualifikati-onsstufe 3 eingruppiert worden.
Am 08.06.2005 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG), mit der sie sich gegen die fiktive Bemessung des Arbeitsentgelts wandte und höheres Alg beanspruchte. Sie machte unter Vorlage des letzten Schriftwechsels mit der Beklagten und des Beschlusses des Arbeitsgerichts Freiburg (9 Ca 497/04) vom 26.08.2005 geltend, ihr Arbeitsverhältnis mit ihrer ehemaligen Arbeitgeberin habe - wie nach dem entsprechenden arbeitsgerichtlichen Vergleich feststehe - erst zum 30.04.2005 geendet. Ihre Arbeitgeberin habe zum 30.04.2005 abgerechnet und Zahlung geleistet, so dass das im April 2005 bezogene Arbeitsentgelt in die Bemessung des Alg einzubeziehen sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, die Durchführung eines Anspruchs-übergangs - wie hier - ändere den Lauf des Bemessungszeitraums nicht. Der Monat April 2005 sei nicht in die Bemessung einzubeziehen, da das Gehalt erst nach dem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis abgerechnet worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2005 wies das SG die Klage ab. Die Beklagte habe als Bemessungsentgelt zu Recht ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, da ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erwei-terten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden könne. Entgegen der Auffassung der Kläge-rin habe der Bemessungsrahmen nicht erst am 30.04.2005, dem arbeitsgerichtlich festgelegten Ende des Arbeitsverhältnisses, sondern bereits am 31.03.2005, dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses geendet. Auch wenn der Arbeitgeber - wie im vorliegenden Fall - den auf die Beklagte übergegangenen Arbeitsentgeltanspruch der Klägerin befriedige, finde keine Korrektur der Rahmenfrist bzw. keine Neubestimmung des Bemessungszeitraumes statt.
Dagegen hat die Klägerin am 26.01.2006 Berufung (L 8 AL 426/06) eingelegt, mit der sie ihr Ziel weiterverfolgt. Sie macht unter Vorlage des Kündigungsschreibens ihrer damaligen Arbeitgeberin vom 16.11.2004 geltend, sie sei ab 17.11.2004 bis zum Ende der Kündigungsfrist nur widerruflich von ihrer Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt worden, so dass mangels endgültiger Freistellung von der Arbeitsleistung von einer faktischen Beschäftigungslosigkeit nicht gesprochen werden könne. Da sie somit erst ab 01.05.2005 Anspruch auf Alg gehabt habe, sei bei der Berechnung des Bemessungszeitraums auch der Monat April 2005 zu berücksichtigen, so dass schon deshalb ein Bemessungszeitraum von mehr als 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt anzunehmen sei. Ferner macht die Klägerin geltend, eine Erweiterung des Bemessungs-rahmens auf zwei Jahre und dabei die hier nahtlos ineinander übergehenden Erziehungszeiten vom 18.12.1998 bis 16.11.2004 nicht auszusparen, entspreche nicht den anzuwendenden gesetz-lichen Regelungen. Vielmehr sei unter Rückgriff auf § 130 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (SGB III) bei einem Bemessungsrahmen von einem Jahr unter Aussparung der Erziehungszeiten vom 18.12.1998 bis 16.11.2004 von Zeiten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vom 17.11.2004 bis 31.03.2005 (135 Tage) und vom 02.05.1998 bis 17.12.1998 (230 Tage) aus-zugehen. Nach der früheren Rechtslage sei eine Benachteiligung von Personen mit Kindererzie-hungszeiten durch die Anerkennung von sogenannten Aufschubzeiten verhindert worden. Hieran habe sich durch die inzwischen erfolgte Änderung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften nichts ändern sollen. Insbesondere sei damit keine Schlechterstellung von Personen mit Erziehungszeiten bzw. von Teilzeitbeschäftigten beabsichtigt gewesen. Die Klägerin legt ihre Ver-dienstnachweise für die Zeit von Mai 1998 bis Dezember 1998 vor. Dem inzwischen ergangenen Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29.05.2008 (B 11a AL 23/07 R), wonach eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus gesetzlich nicht vorgesehen sei, könne nicht gefolgt werden. Die starre Fixierung des Bemessungsrahmens auf ein bzw. zwei Jahre und die daraus resultierende Nichtberücksichtigung der Entgeltzahlungszeiträume vor der Geburt der Kinder stellten eine geschlechtsspezifische Diskriminierung von Frauen ohne sachlichen Grund und damit ein Verstoß gegen Art. 6 Grundgesetz (GG) und Art. 8 und 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) dar. Die Gesetzesauslegung durch das BSG stehe auch wegen ihrer diskriminierenden Wirkung in eindeutigem Widerspruch zu Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie Nr. 79/7 EWG.
Die Klägerin hat sich - vom Senat auf den sich auf die Höhe des Alg (nur) für Dezember 2005 auswirkenden Bescheid vom 13.02.2006 hingewiesen - mit der Anrechnung des Nebeneinkommens und der nachfolgenden Verrechnung mit ihrem Nachzahlungsanspruch einverstanden er-klärt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 28. Dezember 2005 auf-zuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 5. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2005 und des Anrechnungsbescheides vom 13.02.2006 zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis 30. April 2006 höheres Arbeitslosengeld zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Das der Klägerin zustehende Alg sei in Anwendung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwischen den im Gesetz verwendeten Begriffe Bemessungsrahmen und Bemes-sungszeitraum strikt zu trennen sei, richtig berechnet worden. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Verfassungs- oder Gemeinschaftsrecht seien nicht erkennbar. Der wohl Gegenstand des Verfahrens gewordene Bescheid vom 13.02.2006, mit dem sich die Klägerin zudem einverstanden erklärt habe, sei nicht zu beanstanden.
Mit Beschluss vom 09.11.2006 hat der Senat im Hinblick auf das beim LSG Berlin-Brandenburg anhängige Verfahren L 12 AL 318/06 das Ruhen des Berufungsverfahren angeordnet, das die Klägerin am 24.09.2009 wieder angerufen hat und das unter dem aktuellen Aktenzeichen fortge-führt worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Alg.
Streitgegenstand ist der Bescheid vom 05.04.2005 (Widerspruchsbescheid vom 31.05.2005), mit dem die Beklagte der Klägerin Alg ab 01.04. 2005 für 360 Tage in Höhe von täglich 21,69 EUR bewilligt hat. Gegenstand des Verfahrens ist gemäß §§ 96 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG auch der während des Berufungsverfahrens ergangene Bescheid vom 13.02.2006, da dieser durch die damit erfolgte Anrechnung von Nebeneinkommen für den Monat Dezember 2005 ein entsprechend niedrigeres Alg für diesen Monat zur Folge hat und den Bewilligungsbescheid vom 05.04.2005 insoweit abändert. Hierüber hat der Senat auf Klage zu entscheiden.
Die Klägerin macht allein einen Anspruch auf höheres Alg auf der Grundlage der von ihr erziel-ten Arbeitsentgelte geltend und begründet dies damit, dass die Beklagte das Alg zu Unrecht fiktiv (hier nach Qualifikationsgruppe 3) und nicht nach den vor den Erziehungszeiten liegenden Entgeltabrechnungszeiträumen bemessen habe. Insbesondere macht sie geltend, dass es gegen höherrangiges Recht verstoße, wenn das Alg im Anschluss an Erziehungszeiten nach Qualifikationsgruppen bemessen werde. Die Klägerin wendet sich nicht gegen die Anrechnung des von ihr im Dezember 2005 erzielten Nebeneinkommens (so ausdrücklich im Schriftsatz vom 25.06.2010). Der Senat vermochte auch hinsichtlich der Höhe des Anrechnungsbetrages keine Rechtsfehler zu erkennen. Der Bescheid vom 13.02.2006 ist daher rechtmäßig und die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte hat hier das Alg zu Recht fiktiv nach § 132 Abs. 1 SGB III bemessen. Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 01.01.2005 geltenden - und im Hinblick auf das hier von der Klägerin für die Zeit ab 01.04.2005 beantragte Alg anzuwendenden - Fassung durch das Drit-te Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I 2848) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Nach näherer Maßgabe von § 130 Abs. 2 SGB III bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bestimmte Zeiten außer Betracht. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsent-gelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III).
Aus diesen Bestimmungen folgt, dass das von der Klägerin noch vor der Geburt ihrer Kinder von Mai 1998 bis Dezember 1998 erzielte Arbeitsentgelt nicht als Bemessungsentgelt berücksichtigt werden kann. Die entsprechenden Entgeltabrechnungszeiträume liegen außerhalb des Bemessungsrahmens. Der Bemessungsrahmen endet im vorliegenden Fall am 31.03.2005, dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III). Hieraus ergibt sich ein regulärer Bemessungsrahmen vom 01.04.2004 bis 31.03.2005 und ein gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III erweiterter Bemessungsrahmen vom 01.04.2003 bis 31.03.2005. Auch im auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen liegt kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vor, da die Klägerin nach ihrem Erziehungsurlaub und vor der Entstehung des Anspruchs auf Alg am 01.04.2005 nur vom 17.11.2004 bis 31.03.2005 - und damit nicht mehr als 150 Tage - versicherungspflichtig beschäftigt war. Eine zusätzliche Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus sehen die anzuwendenden Vorschriften (§§ 130 Abs. 3, 132 Abs. 1 SGB III) nicht vor (vgl. Urteil des BSG vom 29.05.2008 - B 11a AL 23/07 R).
Dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich (Beschluss des Arbeitsgerichts Freiburg vom 26.08.2005) erst am 30.04.2005 geendet hat, ändert am durch den letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs auf Alg (§ 130 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 SGB III) bestimmte Ende des Bemessungsrahmens (31.03.2005) nichts. Eine nachträgliche Korrektur des Bemessungsrahmens bzw. eine Neubestimmung des Bemessungszeitraumes erfolgt nicht. Dies ist auch verfassungsgemäß (vgl. BSG NZS 1999, 468 ff). Eine entsprechende Korrektur des Bemessungsrahmens bzw. des Bemessungszeitraumes findet auch dann nicht statt, wenn die Beklagte - wie hier - hinsichtlich des auf sie übergegangenen Anspruchs auf Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber des Beschäftigten befriedigt worden ist.
Die Verkürzung des Bemessungsrahmens auf maximal zwei Jahre mit Wirkung ab 01.01.2005 bedeutet für die Klägerin auch keine Schlechterstellung gegenüber der bis 31.12.2004 geltenden Rechtslage. Innerhalb der letzten drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs (01.04.2002 bis 31.03.2005), die nach der früheren Regelung (§ 133 Abs. 4 SGB III aF) den zeitlichen Höchstrahmen für die Berücksichtigung früher erzielten Entgelts darstellten, hätte die Klägerin nämlich ebenfalls keine ausreichenden Zeiten mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorzuweisen gehabt. Das gilt unabhängig davon, ob man dabei auf das bis zum 31.12.2004 geltende Recht (mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt) oder auf das seit 01.01.2005 geltende Recht (mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt) abstellt. Die Klägerin hatte auch in der Zeit vom 01.04.2002 bis 31.03.2003 keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt. Das vor der Geburt ihres ersten Kindes am 18.12.1998 - und damit mehr als sechs Jahre vor der Entstehung des Anspruchs - erzielte Arbeitsentgelt hätte mithin auch nach § 133 Abs. 4 SGB III aF nicht als Bemessungsentgelt zugrunde gelegt werden können.
Die Klägerin war - was sie auch nicht in Frage stellt - aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung zur Bankkauffrau der Qualifikationsgruppe 3 zuzuordnen. Hieraus folgt nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III ein fiktives Arbeitsentgelt von 64,40 EUR täglich (Bezugsgröße 2005: 28.980,00 EUR jährlich, geteilt durch 450). Auch die weitere Berechnung des Alg durch die Beklagte ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Bestimmungen in den §§ 129, 133 SGB III und führt zu dem von der Beklagten zutreffend bewilligten Alg von 21,69 EUR täglich.
Dass das Arbeitsentgelt, das die Klägerin vom 02.05.1998 bis 17.12.1998 erzielt hat, nicht als Bemessungsentgelt herangezogen wird, verstößt auch nicht gegen die Verfassung. Art. 6 Abs. 1 und 4 GG sowie Art. 3 Abs. 1 GG - diese Verfassungsbestimmungen kommen hier als mögliche Grundlage für das Begehren der Klägerin in Frage - sieht der Senat nicht als verletzt an. Nach Art. 6 Abs. 1 GG stehen Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung. Gemäß Art. 6 Abs. 4 GG hat jede Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft. Ein konkreter Anspruch der Klägerin darauf, dass hier nicht - wie in § 132 Abs. 1 SGB III vorgesehen - eine fiktive Bemessung des Alg erfolgen darf, sondern - im Unterschied zu anderen Arbeitslosen und in Abkehr von der gesetzlichen Konzeption, das Alg als Lohnersatzleistung an einem möglichst zeitnahen Lohnniveau auszurichten - der Bemessung des Alg (auch) länger - hier sogar mehr als 6 Jahre - zurückliegende Entgeltzeiträume, insbesondere solche, die vor der Geburt des bzw. der Kinder liegen, zugrunde gelegt werden müssen, ergibt sich aus die-sen Verfassungsartikeln nicht. Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG sieht der Senat in der gesetzlichen Regelung nicht. Das BSG hat in seinem einschlä-gigen Urteil vom 29.05.2008 (B 11a AL 23/07 R) einen Verfassungsverstoß aufgrund der §§ 130 Abs. 3, 132 Abs. 1 SGB III, die eine Erweiterung des Bemessungsrahmens über zwei Jahre hinaus nicht vorsehen, unter Darlegung der erwähnten verfassungsrechtlichen Aspekte, insbesondere im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 und 4 sowie Art. 3 Abs. 1 GG, mit überzeugender Begründung verneint. Dem schließt sich der Senat an. Das gleiche gilt auch für das europäische Gemeinschaftsrecht. Die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19.12.1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl Nr. L 6 vom 10.01.1979, S 24 f), deren Art. 4 Abs. 1 den Fortfall jeglicher unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Berechnung von Sozialleistungen postuliert, hält der Senat ebenfalls nicht für verletzt. Zwar werden die Regelun-gen über die fiktive Bemessung des Alg hauptsächlich bei Frauen zur Anwendung kommen, die sich nach der Kindererziehung wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Der Grund für die fiktive Bemessung des Alg besteht jedoch nicht in einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, sondern in dem bereits beschriebenen Ziel der betreffenden gesetzlichen Regelungen, bei fehlendem zeitnahen Bemessungszeitraum eine fiktive Bemessung vorzunehmen.
Der von der Klägerin behauptete Verstoß gegen die Art. 8 und 14 EMRK ist ebenfalls nicht gegeben. Der sich aus Art. 8 Abs. 1 EMRK ua ergebende Anspruch auf Achtung des Familienlebens wird durch die hier nach Ansicht der Klägerin zu niedrige Bemessung des Alg nicht tan-giert. Für das in Art. 14 EMRK festgelegte Benachteiligungsverbot ua aus Gründen des Ge-schlechts gelten die Ausführungen zu Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7/EWG entsprechend. Eine geschlechtsspezifische Benachteiligung ist in den §§ 130 Abs. 3, 132 Abs. 1 SGB III nicht zu sehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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