S 14 R 29/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 R 29/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.12.15 verurteilt, festzustellen, dass die Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen 01.01.-31.12.13 als abhängige Beschäftigung verrichtet wurde. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über den sozialversicherungsrechtlichen Status im ersten Abschnitt der psychotherapeutischen Ausbildung - praktische Tätigkeit nach § 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten - PsychTh-APrV -.

Die am 00.00.1979 geborene Klägerin besitzt eine abgeschlossene Ausbildung als Kunsttherapeutin. Sie absolvierte bei der Beigeladenen im Zeitraum vom 01.01.-31.12.2013 ihre praktische Tätigkeit nach § 2 PsychTh-APrV im Umfang von mindestens 1800 Stunden. Über ihre Prozessbevollmächtigten beantragte sie am 30.09.2014 im Prozess vor dem Sozialgericht Stade Az S 1 KR 118/14 die Statusfeststellung durch die Beklagte nach § 7a des Sozialgesetzbuches IV (SGB IV).

Sie legte in Kopie einen so überschriebenen Praktikantenvertrag vom 28.12.2012 vor, dieser sah bei einem Einsatz von monatlich 39 Wochenstunden eine monatliche Vergütung von 1050,- EUR vor. Die Anwendbarkeit der Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) der Caritas wurde ausdrücklich ausgeschlossen. Weiter legte die Klägerin zu dem von der Beklagten übersandten Fragebogen die vierseitige Auskunft vom 08.03.2015 vor. Darin wird angegeben, die Zuweisung der Patienten sei über den jeweiligen Oberarzt, während Vertretungssituationen nach Absprache über die jeweils fallführenden Kollegen erfolgt. Für die Klinik sei sie als fallführende Therapeutin und Kunsttherapeutin tätig gewesen. Die wöchentliche teaminterne Fortbildung (unter Leitung der Oberärzte) sowie Inter- und Supervision seien als Zeit der fachlichen Weiterbildung für alle PiAs und Assistenzärzte vorgesehen. Sie hätten kontinuierlich in einem Team mit flachen Hierarchien gearbeitet, sie habe kooperiert mit Chefarzt, Oberärzten, Assistenzärzten, Komplementärtherapeuten, Pflege- und Erziehungsdienst und Lehrern. Hierbei sei sie überwiegend in die Funktion einer fallführenden Therapeutin eingebunden gewesen, aber auch als Kunsttherapeutin. Alle Informationen über ihre jeweiligen Patienten seien an sie herangetragen und weitere Behandlungsschritte nach Absprache mit den Ärzten über sie koordiniert worden, in den Visiten haben sie über alle ihre Patienten betreffenden Belange, Daten, Werte, Medikamente und psychische Gegebenheiten referieren können. Sie sei gegenüber dem Pflegedienst, Lehrern und Komplementärtherapeuten weisungsbefugt gewesen, habe z. B. Anordnungen über Besuchsregelung, Ausgangsstufe, Aufnahmeuntersuchung erstellt und den Umfang der Schulanbindung vorgegeben. Während sie Einzelgespräche seit Beginn allein durchgeführt habe, habe sie im Verlauf einiger Wochen selbstständig therapeutische Aufgaben übernommen, wie z. B. Neuaufnahmen, Familiengespräche (oft in Anwesenheit des Oberarztes), Testdiagnostik. An Visiten und Fallbesprechungen habe sie kontinuierlich teilgenommen. Die Supervision sei zweiwöchentlich im Therapeutenteam erfolgt. Das letzte Entscheidungsrecht lag bei allen Kollegen beim Ober- bzw. Chefarzt. Sie sei dem Team, den Patienten, Eltern und externen Personen als fallführende Therapeutin vorgestellt worden, jedoch sei mitgeteilt worden, dass sie sich als Kunsttherapeutin in der Weiterbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin befinde. Als Mitglieder des Therapeutenteams sei es für die PiAs verpflichtend gewesen, an allen Teambesprechungen teilzunehmen, oft sei es nötig gewesen, eigene Fälle vorzustellen und im Team das weitere Vorgehen zu beratschlagen. Es habe kein Ruf- und Bereitschaftsdienst bestanden. Die Teamzeiten seien durch festgelegte Pflichttermine des Ärzte- und Therapeutenteams strukturiert worden. Innerhalb dieses Gefüges seien Zeitfenster für Patiententermine angelegt gewesen. Als fallführende Therapeutin mehrere sogenannter "Intensiv-Kinder" (akute Eigen- und Fremdgefährdung) sei für sie der Dienstbeginn um 08:00 Uhr mit der 1. Übergabe in Anwesenheit der Oberärzte festgesetzt gewesen. Die Dokumentation sowie die Eintragung ihrer erfolgten Dienstleistung (Testdiagnostik, Therapie etc.) sei in das Verwaltungsprogram Orbis eingegeben worden, die weitere Abrechnung sei über das Sekretariat der Klinik erfolgt. Privatkleidung sei erwünscht gewesen. Innerhalb der Übergaben, Teambesprechungen, Supervisionen und Visiten hätten sich die Oberärzte und die leitende Therapeutin ein Bild über die Behandlung machen können und ggf. Interventionen an sie weitergetragen. Es sei ihr bekannt, dass die Oberärzte und die leitende Therapeutin ihre Dokumentation überprüft hätten, in den Visiten sei die jeweilige Behandlung aller Patienten überprüft und hinterfragt worden. Zeitweise habe die leitende Therapeutin Zusatztermine mit ihren Patienten vereinbart, um sich selbst ein Bild von der Sachlage zu machen und sie ggf. zu unterstützen. In der Supervision seien u. a. von den Oberärzten die Qualität ihrer Arbeit überprüft und Interventionen und Korrekturen erarbeitet worden. Durch den Privatstatus der Klinik seien die fallführenden Therapeuten aufgefordert, durchschnittlich alle vier Wochen einen mehrseitigen Übernahmeantrag für Behandlungskosten an die Krankenkasse jedes Patienten zu stellen, hier habe der Verhandlungsverlauf sowie die weitere Planung angegeben werden müssen. Dieses Dokument sei von der leitenden Therapeutin und den Oberärzten inhaltlich kontrolliert und inhaltlich ggf. kommentiert worden.

Im Rahmen der Anhörung teilte die Beigeladene mit Schreiben vom 01.06.2015 mit, die Klägerin sei als "Psychologin im Praktikum" bei ihr angestellt gewesen. Aufgrund einer Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass alle Psychologen im Praktikum sozialversicherungsfrei abgerechnet werden müssten.

Mit Bescheid vom 10.06.2015, erteilt gegenüber der Klägerin und der Beigeladenen, stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin "als psychologische Psychotherapeutin in Ausbildung" nicht im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei. Zur Begründung wird unter anderem angeführt, die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung hätten in der Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs den Standpunkt vertreten, dass Personen, die an einer anerkannten Ausbildungsstätte zum Psychologischen Psychotherapeuten ausgebildet würden, während der Phase der praktischen Ausbildung nicht den zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten im Sinne des § 7 Abs. 2 SGB IV gehörten.

Hierzu ist die Klägerin im Widerspruchsverfahren über ihre Bevollmächtigten geltend machen, die angesprochene Besprechung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung am 27.06.2001 betreffe den - leider typischen - Fall, dass Psychotherapeuten in Ausbildung von den Kliniken in der Regel unentgeltlich oder allenfalls gegen Zahlung einer Aufwandsentschädigung unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze eingestellt würden. Vorliegend sei jedoch von einem atypischen Fall auszugehen, weil Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze bezahlt worden sei, auch ansonsten sei die Klägerin wie eine ganz normale Arbeitnehmerin in den Krankenhausbetrieb eingegliedert gewesen.

Die Beklagte wies den Widerspruch zurück mit Widerspruchsbescheid vom 28.12.2015, zur Begründung heißt es, nach Gesamtwürdigung vollziehe sich die Phase der praktischen Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nicht im Rahmen eines sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigungsverhältnis und habe deshalb keine Versicherungspflicht in der Krankenpflege und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zur Folge. Als entscheidungserheblich wird wiederum das Besprechungsergebnis der Spitzenorganisation der Sozialversicherung bezeichnet.

Hiergegen richtet sich die am 12.01.2016 erhobene Klage. Der Träger der E.C. Klinik, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie - Klink und Tagesklinik - ist mit Beschluss vom 03.06.2016 beigeladen worden.

Die Klägerin lässt zur Begründung insbesondere vortragen, sie habe eine Vergütung oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze bezogen, es seien keine Gründe ersichtlich, warum sie nicht versicherungspflichtig sein solle, das Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen sei nicht verbindlich.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.12.2015 zu verurteilen, festzustellen, das Tätigkeit in der E.C. Klinik der Beigeladenen vom 01.01.-31.12.2013 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt worden sei und Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden habe.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Auf Aufforderung legt sie die Besprechungsergebnisse der Spitzenverbände vom 27.06.2001 und 11.04.2002 vor. Im Übrigen beruft sie sich auf den Inhalt der Akten.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Erneut trägt sie vor, im Zuge der Kontrolle der Abrechnungen habe der Prüfer festgestellt, dass für Psychologen im Praktikum keine Sozialabgaben abzuführen seien.

Dem Gericht sind durch die Bevollmächtigten der Klägerin vorgelegt worden die Bescheinigungen PT1 und PT2 der Klinik für die praktische Tätigkeit nach § 2 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung nebst Arbeitszeitnachweisen, Bestätigung über sonstige Fortbildung sowie ein dreiseitiges Zeugnis der Klinik, unterzeichnet von dem Chefarzt und der leitenden Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, auf das verwiesen wird.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und der Verwaltungsakten.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin ist durch den Bescheid der Beklagten vom 10.06.2015 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil dieser Bescheid rechtswidrig ist.

Die Beklagte hat zu Unrecht im Verfahren nach § 7a des Sozialgesetzbuches IV (SGB IV) eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV und die daraus folgenden Beitragspflichten verneint.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 04.06.1998, Az.: B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 13 m. zwN) setzt Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, während die selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet ist. Maßgeblich ist stets das Gesamtbild. Gerade bei Diensten höherer Art kann sich die Weisungsgebundenheit zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern (BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 17 Rn 15 in juris). Da Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV auch ohne Arbeitsverhältnis (KassKomm-Seewald SGB IV § 7 Rn 142) und sogar bei möglicher Sittenwidrigkeit eines Arbeitsvertrages (BSG, Urteil vom 10.08.2000, Az.: B 12 KR 21/98 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 15) gegeben sein kann, kann regelmäßig offen bleiben, ob ein Arbeitsverhältnis entsprechend arbeitsrechtlichen Kriterien besteht (vgl auch Urteil des LSG NRW vom 17.12.2014, Az. L 8 R 463/11; in dem vom BAG entwickelte Grundsätze als nicht übertragbar angesehen worden sind). Es bedarf deshalb auch keiner abschließenden Klärung, ob das begründete Praktikantenverhältnis als Arbeitsverhältnis anzusehen ist, der ausdrückliche Ausschluss der Anwendung der für den Träger geltenden Arbeitsvertragsrichtlinien könnte dagegen sprechen.

Die Klägerin ist im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV während ihrer praktischen Tätigkeit nach § 2 PsychTh-APrV als abhängig Beschäftigte anzusehen. Da sie im Sinne des § 8 SGB IV weder geringfügig tätig war noch geringfügig vergütet worden ist, folgt daraus Sozialversicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung. Denn nach Überzeugung des Gerichts überwiegen bei der Betrachtung des Gesamtbildes deutlich diejenigen Kriterien, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, andere Kriterien sind praktisch nicht aufzufinden.

Die in Besprechungsergebnissen festgehaltenen Bewertungen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsverbände hält das Gericht dabei nicht für ausschlaggebend, denn diese vermögen die Rechtsprechung der Sozialgerichte nicht zu präjudizieren. Weiter fällt auf, dass das Meinungsbild dieser Besprechungen offenbar nicht einheitlich war, denn nachdem zunächst im ersten Besprechungsergebnis vom 27.06.2001 Versicherungspflicht nach § 7 Abs. 2 SGB IV angenommen worden ist, ist dies im zweiten Besprechungsergebnis vom 10./11.04.2002 verneint worden. Das Gericht braucht dies nicht weiter zu bewerten, auffällig ist nur, dass sich beide Besprechungsergebnisse allein dazu äußern, ob eine als Beschäftigung zu sehender Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigungen und Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung gem. § 7 Abs. 2 SGB IV vorliegt, nicht aber zur grundsätzlichen Frage einer Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV. Das Gericht sieht bereits eine Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV als gegeben an, es kann deshalb offen bleiben, ob es sich überhaupt um eine Tätigkeit handelt, die im Rahmen einer betrieblichen Ausbildung verrichtet worden ist. Die besonderen Bedingungen der Ausbildung für einen Zweitberuf nach abgeschlossener erster Hochschulausbildung sprechen allerdings dagegen, dass eine Ausbildung gemeint sein kann, die in erster Linie den Ausbildungen des Berufsbildungsgesetzes entsprechen dürfte oder ihnen vergleichbar oder zumindest ähnlich sein müsste.

Das Gericht entnimmt ausreichende Angaben über die Tätigkeit der Klägerin in der E.C. Klinik den eigenen Angaben der Klägerin, den vorgelegten Bescheinigungen PT1 und PT2 sowie insbesondere dem langen Zeugnis der Einrichtung. Die Beklagte hat diese Angaben nicht in Zweifel gezogen, ebenso wenig die Beigeladene, aus deren Klinik das Zeugnis stammt. Das Gericht kann deshalb als sicher davon ausgehen, dass die Klägerin im stationären Rahmen Kinder, Jugendliche und Heranwachsende mit komplexen neurotischen, psychischen und psychosomatischen Störungen und Erkrankungen unter fachärztlich psychiatrischer und psychotherapeutischer Anleitung betreut hat. Ihr oblag in diesem Rahmen die eigenständige Durchführung von 30 Behandlungsprozessen unter Supervision einschließlich Aufnahmegespräch, Anamnese, Diagnostik, Psychoedukation, Einzeltherapie, Eltern-, Hilfeplan-, Entlass- und Katamnesegespräch. Sie hat eigenständig diagnostische Verfahren durchgeführt und ausgewertet, eigenständig Fallkonzeptionen entwickelt und Verlaufsdokumentationen erstellt sowie Kostenübernahmeanträge und Entlassbriefe verfasst. Sie hat darüber hinaus - sicher aufgrund ihrer vorherigen Ausbildung - eigenständig Kunsttherapie in der Gruppe und im Einzelkontakt durchgeführt. Ungeachtet des Umstands, dass sich die Klägerin noch in einer Ausbildung befand, so dass Tätigkeiten mit Ausnahme der Kunsttherapie nur unter der übergeordneten Verantwortung der leitenden Psychotherapeutin oder eines Oberarztes gestanden haben können, hat die Klägerin damit Tätigkeiten wie eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin verrichtet. Das Gericht muss davon ausgehen, dass dies entsprechend der Beschreibung der Tätigkeit, wie sie das Gericht insbesondere dem Zeugnis der Klinik entnimmt, in vollständiger Eingliederung in den Prozess einer komplexen multiprofessionellen stationären Behandlung geschehen ist; letztlich ähnlich, wie dies für ebenfalls in multiprofessionelle Teams eingebundene Krankenpfleger die erkennende Kammer mit den Urteilen vom 05.02.2016 (rechtskr.) und vom 24.05.2016, Az. S 14 R619/13 und S14 R 686/13, und mit Gerichtsbescheid vom 26.04.17, Az. S 14 R 401/16, sowie das LSG NRW mit Urteil vom 26.11.2014, Az. L 8 R 573/12, schon entschieden haben.

Argumente, die gegen eine Eingliederung in den Betrieb der Klinik der Beigeladenen sprechen könnten, haben weder die Beklagte noch die Beigeladene vorgebracht. Die Beigeladene beruft sich vielmehr allein auf ein Prüfungsergebnis, die Beklagte bezieht sich allein auf das Besprechungsergebnis der Spitzenverbände aus dem Jahre 2002. Eine eigene inhaltliche Argumentation lässt sich allerdings den von der Beklagten angeführten Besprechungsergebnissen nicht entnehmen. Mit der Frage einer abhängigen Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV haben sich Beklagte und Beigeladene nicht weiter auseinandergesetzt. Insbesondere gibt es keinerlei Vorbringen dazu, warum eine Tätigkeit, die im Rahmen eines professionsübergreifenden psychiatrisch bzw. psychotherapeutischen Behandlungskonzeptes verrichtet wird, die außerdem eine Aufgabe darstellt, wie sie ansonsten von sozialversicherungspflichtigen Kräften der Beigeladenen bewältigt werden müsste, und für die eine Bezahlung oberhalb der Beitragsvermessungsgrenze vorgesehen ist, keine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV sein sollte. Das Gericht kann von sich aus solche relevanten Momente nicht erkennen, die für die Position der Beklagten und der Beigeladenen sprechen könnten. Letztlich spricht es auch für die Annahme einer Beschäftigung, dass die Klägerin die verrichtete Tätigkeit wegen der Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung nach § 5 des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) nicht ohne eine vorher absolvierte abgeschlossene Ausbildung – wohl stets auf Hochschulniveau - verrichten konnte.

Weisungsgebundenheit kann nach den vorliegenden Angaben nicht bezweifelt werden und wird auch von der Beklagten und der Beigeladenen nicht bestritten, schon aus Rechtsgründen war der Klägerin eine weisungsfreie eigenverantwortliche Ausübung der therapeutischen Tätigkeit nicht möglich, denn diese ist nach § 1 PsychThG approbierten Psychologischen sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vorbehalten. Ein unternehmerisches Risiko ist bei gleichbleibender Vergütung nicht erkennbar, erst recht nicht die Chance, den Verdienst durch eigene Bemühungen zu steigern.

Soweit hinter dem Anliegen der Klägerin auch über ihren Fall hinausgehende berufspolitische Bestrebungen stehen könnten, hat das Gericht sich damit nicht auseinanderzusetzen. Bereits die eigene Argumentation der Bevollmächtigten der Klägerin legt allerdings nahe, dass unabhängig von einer Charakterisierung als abhängige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV volle Versicherungspflicht nur entstehen kann, wenn ein Entgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze bezogen wird, andernfalls könnte sich allenfalls Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen des § 5 Abs. 2 Ziff. 2 SGB VI ergeben, soweit überhaupt ein Entgelt gewährt wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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