Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 3317/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 5071/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Oktober 2009 aufgehoben und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2007 verurteilt, den Grad der Behinderung des Klägers ab dem 01. Dezember 2007 mit 50 festzustellen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 bereits ab dem 01.11.2000 hat.
Bei dem am 29.01.1939 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Freiburg (VA) mit Bescheid vom 03.03.1999 einen GdB von 30 seit 04.12.1998 fest. Es berücksichtigte hierbei ein "Degeneratives Wirbelsäulenleiden mit Lumboischialgien" und "Coxarthrose beidseits, Polyneuropathie, arterielle Verschlusskrankheit der Beine" jeweils mit einem Einzel-GdB von 20. Die Gesundheitsstörungen "Carpaltunnelsyndrom" und "gelegentliche Schwindelerscheinungen" berücksichtigte das VA nicht als Behinderung. Grundlage dieser Entscheidung bildete eine gutachterliche Stellungnahme des Versorgungsarztes A. vom 28.01.1999, in der ein zuvor bei Dr. B., Facharzt für Innere Krankheiten, angeforderter Befundbericht versorgungsärztlich ausgewertet wurde. In seinem Befundbericht gab Dr. B. u.a. an, beim Kläger bestehe eine leichtgradige periphere Polyneuropathie im Bereich der Beine. Es fänden sich auch Hinweise auf eine arterielle Verschlusskrankheit. Es bestünden leichtgradig erniedrigte dopplersonographische Verschlussdrucke über den Fußarterien. Die schmerzfreie Gehstrecke sei in diesem Zusammenhang noch nicht eingeschränkt. Mit dem Befundbericht legte Dr. B. auch einen Arztbrief von Dr. C. an ihn vom 16.02.1998 vor, in dem über eine Untersuchung des Klägers am 13.02.1998 berichtet wird, anlässlich derer Dr. C. eine leichte Polyneuropathie diagnostiziert und im Hinblick auf die vom Kläger angeführten belastungsabhängigen Schmerzen in den Gefäßen eine arterielle Verschlusskrankheit als zusätzlich möglich erachtet hat.
Den gegen den Bescheid vom 03.03.1999 am 04.05.1999 erhobenen Widerspruch wies das Landesversorgungsamt Baden- Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.1999 als unzulässig zurück.
Am 10.09.1999 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 03.03.1999 nach § 44 Sozialgesetzbuch H.ntes Buch (SGB X). Zur Begründung führte er an, der GdB sei zu niedrig eingeschätzt. Die Funktionsbeeinträchtigungen auf Grund der Coxarthrose, der Polyneuropathie und der arteriellen Verschlusskrankheit seien getrennt zu bewerten. Eine arterielle Verschlusskrankheit mit einer Wegstreckenlimitierung auf 300 m sei mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Für die Polyneuropathie sei ein Einzel-GdB von 20 bis 30 angemessen. Ferner bestehe eine Rot-Grün-Blindheit, die ihn ebenfalls beeinträchtige. Das Carpaltunnelsyndrom, welches operativ habe behandelt werden müssen, sei mit einem Einzel-GdB von etwa 20 anzusetzen, so dass insgesamt ein GdB von 50 angemessen sei.
Gestützt auf eine versorgungsärztliche Überprüfung der vorliegenden Befunde durch die Ärztin Lange vom 23.10.2003, lehnte das VA den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X mit Bescheid vom 11.11.2003 ab. Die Überprüfung habe ergeben, dass bei Erlass des früheren Bescheides das Recht weder unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Der damals festgesetzte GdB sei zutreffend, die geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien vollständig berücksichtigt worden.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung auf die Antragsbegründung verwiesen wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 zurück. Im hiergegen zum Sozialgericht Freiburg (SG) angestrengten Klageverfahren - S 1 SB 1233/05 - wurden die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. D., Facharzt für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehabilitation gab in seiner Stellungnahme vom 21.11.2005 u.a. an, den Kläger vom 18.06 bis 08.10.1998 und wieder am 21.11.2005 behandelt zu haben. Dr. C., Arzt für Neurologie und Psychiatrie gab unter dem 20.11.2005 u.a. an, anlässlich der Untersuchungen des Klägers durchgängig Zeichen einer Polyneuropathie befundet zu haben. Dr. E.-B., Internistin, gab in ihrer Stellungnahme vom 20.12.2005 an, dass der Kläger zunächst, ab dem 03.12.1997, von ihrem Praxisvorgänger behandelt worden sei. Eine periphere arterielle Verschlusskrankheit vom Mehretagentyp sei erstmalig 2001 diagnostiziert worden. Die Krankheit habe in den Jahren 2001 und 2002 mehrere Eingriffe erfordert. Anlässlich einer Bein-Oszillographie am 05.12.2005 habe kein pathologischer Befund erhoben werden können.
Das Klageverfahren endete im Wege eines gerichtlichen Vergleichs vom 31.01.2007, in dem sich der Beklagte bereit erklärte, auf der Grundlage des Antrags des Klägers vom 10.09.1999 einen Bescheid nach § 48 SGB X zu erteilen.
Mit Bescheid vom 15.02.2007 hob das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald - Versorgungsamt - den Bescheid vom 03.03.1999 gemäß § 48 SGB X auf und stellte den GdB des Klägers ab dem 01.01.2001 mit 40 fest. Gestützt auf die im vorangegangenen Klageverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte von Dr. D., Dr. C. und Dr. E.- B. sowie eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Götz vom 16.02.2006 berücksichtigte es "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" mit einem Einzel-GdB von 20, "Polyneuropathie, Hüftgelenksarthrose beidseits, operierte arterielle Verschlusskrankheit" mit einem solchen von 30 und "Diabetes mellitus (mit Diät und oralen Antidiabetika einstellbar)" mit einem Einzel-GdB von 10.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, er habe bereits im November 2000 unter der arteriellen Verschlusskrankheit gelitten, weshalb nicht auf den Zeitpunkt der Erstdiagnose im Januar 2001 abgestellt werden könne. Es sei nicht erklärbar, dass die Erkrankung im November 2000 noch wesentlich geringer ausgeprägt gewesen sei, wenn er sich im Januar 2001 wegen dieser Erkrankung einer Operation habe unterziehen müssen. Unter Berücksichtigung der übrigen Funktionsbeeinträchtigungen sei deshalb sein GdB ab dem 01.11.2000 mit 50 festzusetzen.
Gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. F. vom 25.04.2007, in welcher diese ausführte, dass die durch die arterielle Verschlusskrankheit bewirkten Funktionsstörungen erst ab 01.01.2001 nachgewiesen seien, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2007 zurück. Zur Begründung führte er u.a. an, die gegenüber dem Bescheid vom 03.03.1999 vorgenommene Erhöhung des GdB auf 40 gebe das Ausmaß der tatsächlich eingetretenen Änderung des Gesundheitszustandes wieder. Eine weitergehende Erhöhung oder eine weitere Rückwirkung lasse sich nicht begründen.
Hiergegen hat der Kläger am 14.06.2007 Klage zum SG erhoben, zu deren Begründung er auf den Schriftwechsel im vorangegangenen Klageverfahren und seine Widerspruchsbegründung verwiesen hat. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat hierzu vorgetragen, dass auch unter Berücksichtigung der ab Januar 2001 dokumentierten Verschlimmerung die Schwerbehinderteneigenschaft weder ab Januar 2001, noch ab November 2000 festgestellt werden könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.10.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die periphere arterielle Verschlusskrankheit, an der der Kläger leide und die mit einer Wegstreckenbeschränkung auf etwa 500 m einhergehe, bestehe seit Anfang 2001. Ein früherer Zeitpunkt für das Bestehen dieser Funktionsbeeinträchtigung könne nach den Aussagen der den Kläger behandelnden Ärzte nicht festgestellt werden. Die Funktionsbeeinträchtigung sei mit einem Einzel- GdB von 30 zu berücksichtigen. Die Funktionsbeeinträchtigung in Folge der degenerativen Veränderung der Wirbelsäule, der Coxarthrose und der Polyneuropathie berücksichtigte es mit einem Einzel-GdB von jeweils 20, die diabetes mellitus- Erkrankung mit einem solchen von 10.
Gegen den am 17.10.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.11.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels trägt er vor, das SG habe sich auf die Unterlagen des vorangegangenen Gerichtsverfahrens gestützt, ohne sein Vorbringen zu würdigen. Er habe, wie aus der Stellungnahme von Dr. C. ersichtlich sei, bereits am 16.02.1998 über eine Wegstreckenlimitierung auf 300 m geklagt. Diese sei mit einem Einzel-GdB von 30 - 40 zu bewerten. Der Einzel-GdB für die Polyneuropathie sei mit 10 zu niedrig bemessen. Für das Carpaltunnelsyndrom sei ein Einzel- GdB von 20 gerechtfertigt. Die arterielle Verschlusskrankheit habe im Januar 2001 operativ behandelt werden müssen. Es sei nicht logisch zu erklären, dass die Erkrankung im November 2000 noch wesentlich geringer ausgeprägt gewesen sei. Auf den Zeitpunkt der erstmaligen Diagnosestellung könne es insofern nicht ernstlich ankommen. Die Polyneuropathie, die Wirbelsäulenerkrankung und die Coxarthrose seien jeweils mit einem Einzel-GdB von 20, die AVK bei Z.n. Bypass-OP mit einem solchen von 30 zu bewerten. Auch eine Auslegung der vorliegenden Befundberichte im Sinne eines Möglichmachens des Zugangs zu Sozialversicherungsleistungen gebiete es, einen GdB von 50 bereits ab November 2000 anzuerkennen. Nur hiermit könne der Kläger eine abschlagsfreie Rente beziehen. Ergänzend hat der Kläger einen Arztbrief der Dres. G., H. und I. vom Herz-Zentrum Bad K. an die Dres. B. und E.-B. vom 28.01.2008 vorgelegt, in dem über seinen dortigen stationären Aufenthalt vom 08.01. – 18.01.2008 berichtet wird und hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 9 – 11 der Senatsakte verwiesen wird.
Der Senat hat sodann Dr. E.-B. schriftlich als sachverständige Zeugin einvernommen. In ihrer Stellungnahme vom 11.02.2010 hat sie angegeben, beim Kläger bestehe - aktuell - ein Z.n. Aortenklappenersatz und coronarer Bypass-OP 01/2008. Ferner hat sie angegeben, dass während des Zeitraums November 2000 – Januar 2010 beim Kläger insgesamt fünf Eingriffe am Gefäßsystem notwendig gewesen seien. Sie hat diesbezüglich einen Z.n. infrarenalem Aortenstent 01/2001, Z.n. Thrombendarteriektomie und Patch-Erweiterungsplastik der distalen Aorta und der A. iliaca communis links 11/2001, einen Z.n. Katheterintervention an den Becken/Bein-Arterien 12/2001, 11/2002, 12/2002 und 09/2009 mitgeteilt. Sie hat schließlich die Behandlungsdaten des Klägers aufgelistet, in denen erstmalig unter dem 11.01.2001 der Verdacht auf arterielle Durchblutungsstörungen verzeichnet wurde. Mit ihrer Stellungnahme hat Dr. E.-B. den Entlassungsbericht der in der Zeit vom 23.01. - 14.02.2008 in der L.-Klinik, Bad K., durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme vorgelegt, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 29 – 32 der Senatsakte verwiesen wird.
Nachdem dem Beklagten die Stellungnahme von Dr. E.-B. übersandt wurde, hat dieser mit Schriftsatz vom 31.05.2010 ein Vergleichsangebot unterbreitet, den GdB des Klägers ab Dezember 2007 mit 50 festzustellen. Hierzu hat er eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Wolf vom 26.05.2010 vorgelegt, in der ausgeführt ist, dass sich nach der am 08.01.2008 erfolgten Aortenklappenersatzoperation und der am 16.01.2008 erfolgten Implantation eines Herzschrittmachers ein Einzel-GdB von 30 herleiten lasse. Diesbezüglich lasse sich ein exakter Zeitpunkt nicht begründen. Der Kläger ist dem Vergleichsangebot des Beklagten nicht beigetreten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Oktober 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2007 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 50 ab dem 01. November 2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, sowie sie über das Vergleichsangebot vom 31. Mai 2010 hinausgeht.
Zur Begründung seines Antrages bringt der Beklagte, nach Vorlage des Vergleichsangebots, vor, dass die von ihm vorgeschlagene Erhöhung des GdB erst durch die zusätzliche Feststellung einer Herzerkrankung gerechtfertigt sei.
Mit Schriftsatz vom 15.11.2010 hat der Kläger, mit Schriftsatz vom 24.11.2010 der Beklagte das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Akte des SG - S 1 SB 1233/05 - sowie die beim Beklagten für den Kläger geführte Schwerbehindertenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nur insoweit begründet, als ein GdB von 50, entsprechend dem Vergleichsangebot des Beklagten, ab dem 01.12.2007 festzustellen ist. Im Übrigen hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 15.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2007 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen bereits ab dem 01.11.2000 mit einem GdB von 50 festzustellen sind.
Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Neufeststellung des GdB des Klägers ist § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 69 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist im gegebenen Zusammenhang im Hinblick auf die Feststellung des GdB anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustandes eine Herabsetzung oder Erhöhung des festgestellten (Gesamt-) GdB um wenigstens 10 ergibt bzw. die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Nachteilausgleichs nicht mehr vorliegen (u.a. Bundessozialgericht, [BSG] Urteil vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 - zit. nach juris). Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Funktionsbeeinträchtigungen ohne Auswirkung auf den GdB stellen hingegen keine wesentliche Änderung in diesem Sinne dar (BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 18/97 R- zit. nach juris). Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist durch einen Vergleich der gegenwärtigen - d.h. den Verhältnissen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - mit dem verbindlich festgestellten objektiven Behinderungszustand zum Zeitpunkt des Erlasses des zuletzt bindend gewordenen Bescheides zu ermitteln. Bei einer derartigen Neufeststellung handelt es sich nicht um eine reine Hochrechnung des im letzten maßgeblichen Bescheid festgestellten GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.09.2000 - B 9 SB 3/00 R – zit. nach juris).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist hierbei nur dann zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX).
Bei der konkreten Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen sind die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in der jeweils gültigen Fassung (zuletzt 2008) heranzuziehen. In den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderung wiedergegeben. Die AHP ermöglichen somit eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB. Auch das BSG betont die Bedeutung der AHP und beschreibt sie als "einleuchtendes, abgewogenes und geschlossenes Beurteilungsgefüge" (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R – zit. nach juris). Sie sind für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zwar nicht rechtsverbindlich, sie tragen als "antizipierte Sachverständigengutachten" jedoch der Notwendigkeit Rechnung, Gesundheitsstörungen gleichmäßig zu bewerten. Angesichts dieser Bedeutung, wie aus Gründen der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen folgt der Senat den Bewertungsvorgaben der AHP. Dies gilt insb. auch, als über die jeweiligen Neuauflagen der AHP die jeweils neuesten Erkenntnisse und Fortschritte in der medizinischen Wissenschaft über die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen in die AHP eingeflossen sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16.09.2003 - B 9 SB 3/02 R – zit. nach juris). Ab dem 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP der Teil B der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG; die Seitenangabe ist jeweils nach der Publikation des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Printexemplars zitiert) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
In Anwendung dieser Maßstäbe ist der Senat auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass eine wesentliche Änderung hinsichtlich des im Bescheid vom 03.03.1999 festgestellten GdB nicht vor dem 01.01.2001 und eine über einen GdB von 40 hinausgehende wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X erst durch das Hinzutreten der Herzerkrankung ab Dezember 2007 nachgewiesen ist, die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen hingegen bis zu diesem Zeitpunkt mit einem GdB von 40 ausreichend und angemessen bewertet sind.
Die beim Kläger bestehenden chronisch rezidivierenden Lumbalgien bei degenerativen LWS- Veränderungen sind zur Überzeugung des Senats, die in der Stellungnahme des behandelnden Orthopäden Dr. D. vom 21.11.2005 gründet, mittelgradig ausgeprägt. Die hierdurch bedingte Funktionseinschränkung ist nach Ziff. 18.9 (S.107) der VG bzw. nach Ziff. 26.18 (S.116) der AHP mit einem Einzel- GdB von 20 zu berücksichtigen.
Die gegenüber der ursprünglichen Feststellung hinzugetretene Erkrankung an Diabetes mellitus Typ II kann, da sie mit Medikamenten, die die Hypoglykämieneigung nicht erhöhen, eingestellt wird, nach Ziff. 15.1 (S. 90) der VG bzw. nach Ziff. 26.15 (S. 99) der AHP nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 berücksichtigt werden.
Auch die im angefochtenen Bescheid vom 15.02.2007 erfolgte Bewertung der Funktionseinschränkung "Polyneuropathie, Hüftgelenksarthrose beidseits, operierte arterielle Verschlusskrankheit" mit einem Einzel-GdB von 30 ist weder im Hinblick auf die Höhe des Einzel-GdB, noch im Hinblick auf die Zusammenfassung mehrerer Gesundheitsstörungen zu einer Funktionsbeeinträchtigung zu beanstanden. Die Bewertung der Hüftgelenksarthrose erfolgt gemäß Ziff. 18.14 (S. 115) der VG bzw. nach Ziff. 26.18 (S. 124 f) der AHP anhand der Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke. Nach der Stellungnahme von Dr. D. vom 21.11.2005 waren die Hüftgelenke in einem Radius von bis zu 110° beweglich. Dies rechtfertigt jedenfalls keine höhere Berücksichtigung als mit einem Einzel-GdB von 10. Die Bewertung einer Polyneuropathie erfolgt nach Ziff. 3.11 (S. 44) der VG bzw. nach Ziff. 26.4 (S.50) der AHP, abhängig vom Bestehen und Ausmaß motorischer Ausfälle und/oder sensibler Störungen in Analogie zu peripheren Nervenschäden. Im Hinblick darauf, dass hierfür in Ziff. 18.14 (S.118 f) der VG bzw. Ziff. 26.18 (S.128) der AHP ein Einzel-GdB für den vollständigen Nervenausfall vorgesehen ist, die beim Kläger vorliegenden Befunde hingegen keine derart schwerwiegende Beeinträchtigungen dokumentieren, ist die Polyneuropathie des Klägers zur Überzeugung des Senats, die in der Stellungnahme von Dr. C. vom 20.11.2005 gründet, als leichtgradig einzustufen und mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen.
Arterielle Verschlusskrankheiten sind nach Ziff. 9.2.1 (S. 65) der VG bzw. nach Ziff. 26.9 (S. 73 f) der AHP abhängig von der Restdurchblutung und der Schmerzbelastung beim Gehen zu beurteilen. Besteht eine ausreichende Restdurchblutung und treten Mißempfindungen in der Wade erst bei schnellem Gehen auf, ist ein Einzel-GdB von 0 – 10 zu berücksichtigen. Besteht eine eingeschränkte Restdurchblutung (Claudicatio intermittens) Stadium II ist beim Auftreten von Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 m ein Einzel-GdB von 20, beim Auftreten von Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 100 – 500 m ein Einzel-GdB von 30 – 40, beim Auftreten von Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 - 100 m ein Einzel-GdB von 50 – 60 und beim Auftreten von Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von weniger als 50 m ein Einzel-GdB von 70 – 80 anzusetzen. Zur Überzeugung des Senats ist eine Wegstreckenbegrenzung, die einen Einzel-GdB von 30 rechtfertigt, d.h. auf eine Strecke unter 500 m, erst ab Januar 2001 belegt. Die Überzeugung des Senats gründet in der Stellungnahme von Dr. E.-B. vom 11.02.2010, insb. der dort aufgelisteten Behandlungsdaten. Dort ist erstmalig unter dem 11.01.2001 der Verdacht auf eine arterielle Durchblutungsstörung und dem folgend eine Wegstreckenbegrenzung aufgeführt. Für die zeitlich früheren Behandlungstermine am 29.11.2000 und am 14.12.2000 ist hingegen kein entsprechender Vermerk zu verzeichnen. Soweit klägerseits unter Hinweis auf den aktenkundigen Arztbrief von Dr. C. an Dr. B. vom 16.02.1998 und die dort beinhaltete Wegstreckenbegrenzung auf 300 m ein höherer Einzel-GdB als 30 für die periphere Verschlusskrankheit geltend gemacht wird, verkennt dies, dass die vom Kläger angegebene Einschränkung der schmerzfreien Wegstrecke von Dr. C. gerade nicht einer bestehenden Verschlusskrankheit zugeordnet wurde, diese Erkrankung vielmehr von Dr. C. auch in Ansehung der angegebenen Wegstrecke nur für möglich erachtet wurde. Auch ist die dortige Wegstreckenbegrenzung vom Kläger für Situationen des Treppensteigens angegeben worden. Zudem hat Dr. B. im Befundschein vom 15.01.1999 ausgeführt, die schmerzfreie Gehstrecke sei im Zusammenhang mit der arteriellen Verschlusskrankheit noch nicht eingeschränkt. Mithin ist der Senat nicht davon überzeugt, dass vor dem 01.01.2001 ein höherer Einzel-GdB als 20 für die beim Kläger bestehende periphere Verschlusskrankheit zu berücksichtigen ist. Auch der klägerische Vortrag, infolge der zeitlichen Nähe des operativen Eingriffs im Januar 2001 liege es nahe, dass bereits im November 2000 eine Funktionsbeeinträchtigung in einem schwereren Ausmaß bestanden habe, vermag der insofern dem Kläger obliegenden Feststellungslast nicht zu genügen. Die zu einer Funktionsbeeinträchtigung "Polyneuropathie, Hüftgelenksarthrose beidseits, operierte arterielle Verschlusskrankheit" zusammengefassten Gesundheitsstörungen bedingen, da sie sich durchgängig auf die unteren Körperabschnitte auswirken und sich im Hinblick auf die Gehfähigkeit des Klägers überlagern, zur Überzeugung des Senats erst ab dem 01.01.2001 einen Einzel-GdB von 30. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Funktionsbeeinträchtigung hingegen mit einem Einzel-GdB von 20 ausreichend und angemessen bewertet.
Eine Facialisparese ist entgegen dem klägerischen Vorbringen jedenfalls nicht als GdB-erhöhende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Zwar hat Dr. E.-B. in ihrer Stellungnahme vom 11.02.2010 angegeben, am 29.11.2000 seien eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur links und Sensibilitätsstörungen der linken Gesichtshälfte diagnostiziert worden, nachdem jedoch anlässlich der weiteren Behandlungen des Klägers, wie aus der Behandlungsaufstellung ersichtlich ist, von den behandelnden Ärzten keine weiteren Befunde erhoben wurden, hat es sich nur um eine vorübergehende Erkrankung gehandelt, die nicht mindestens sechs Monate angedauert hat. Eine Funktionsbeeinträchtigung ist hiernach nicht zu berücksichtigen.
Auch sind für die Zeit vor dem 01.01.2001 in der Beweisaufnahme keine Befunde mitgeteilt worden, die die Annahme einer mit einem höheren Einzel-GdB als 10 zu bewertenden Gesundheitsstörung infolge der Rot-Grün-Blindheit bzw. des Carpaltunnelsyndroms rechtfertigen könnten.
In Zusammenschau der beim Kläger vor dem 01.01.2001 bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist zur Überzeugung des Senats ein GdB von mehr als 40, wie klägerseits begehrt, nicht festzustellen. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist, bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Grade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berück-sichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzu-stellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. Ziff. 3 [S. 22 f] Teil A der Anlage zur VersMedV bzw. Teil A Allgemeine Grundsätze Ziff 19 [S. 24 f] der AHP). Die beim Kläger am 01.11.2000 bestehenden funktionellen Einschränkungen waren mit denen, die mit dem Verlust eines Armes im Unterarm oder dem Verlust eines Beines im Unterarm auftreten, die jeweils einen GdB von 50 begründen, nicht vergleichbar. Die Wirbelsäulenerkrankung, die Polyneuropathie, die beidseitige Hüftgelenksarthrose und die arterielle Verschlusskrankheit waren zum 01.11.2000 weder schwerwiegend ausgeprägt, noch haben sie gänzlich isolierte und voneinander unabhängige Auswirkungen. Zur Überzeugung des Senats sind die Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger am 01.11.2000 mit einem GdB von 30 daher angemessen und ausreichend bewertet. Durch die ab Januar 2001 belegte weitergehende Einschränkung der Verschlusskrankheit beim Kläger ist ab dem 01.01.2001 ein GdB von 40 angemessen und vom Beklagten zutreffend festgestellt worden.
Ein GdB von 50, d.h. die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch, ist vorliegend erst zu dem Zeitpunkt gerechtfertigt, zu dem mit der Herzerkrankung des Klägers eine schwerwiegende weitere Funktionsbeeinträchtigung hinzugetreten ist. Der operierte Herzklappenfehler, der operierte Herzbypass und die Implantation eines Herzschrittmachers ist hierbei nach Ziff. 9.1.2 (S.64) der VG bzw. nach Ziff. 26.9 (S. 72) der AHP mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass ab Dezember 2007 ein GdB von 50 angemessen ist. Eine zeitlich frühere Berücksichtigung ist nicht möglich, da entsprechende funktionelle Einschränkungen weder klägerseits vorgetragen wurden, noch anderweitig ersichtlich sind.
Die Berufung ist daher nur insoweit begründet, als ein GdB von 50 ab dem 01.12.2007 festzustellen ist. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nachdem der Beklagte unverzüglich nach Kenntnis der hinzugetretenen Funktionsbeeinträchtigung ein sachgerechtes Angebot unterbreitet hat, ist eine Kostenbelastung des Beklagten nicht gerechtfertigt. Im Rahmen der diesbezüglichen Ermessensentscheidung ist auch zu berücksichtigen, dass der die Herzerkrankung erstmalig belegende Entlassungsbericht des Herzzentrums Bad K. vom 28.01.2008, der dem Klägerbevollmächtigten, ausweislich des Eingangsstempels bereits am 21.02.2008 zugegangen war, erst mit der Berufungsschrift am 03.11.2009 vorgelegt worden ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht in Streit, ob der Kläger einen Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 bereits ab dem 01.11.2000 hat.
Bei dem am 29.01.1939 geborenen Kläger stellte das Versorgungsamt Freiburg (VA) mit Bescheid vom 03.03.1999 einen GdB von 30 seit 04.12.1998 fest. Es berücksichtigte hierbei ein "Degeneratives Wirbelsäulenleiden mit Lumboischialgien" und "Coxarthrose beidseits, Polyneuropathie, arterielle Verschlusskrankheit der Beine" jeweils mit einem Einzel-GdB von 20. Die Gesundheitsstörungen "Carpaltunnelsyndrom" und "gelegentliche Schwindelerscheinungen" berücksichtigte das VA nicht als Behinderung. Grundlage dieser Entscheidung bildete eine gutachterliche Stellungnahme des Versorgungsarztes A. vom 28.01.1999, in der ein zuvor bei Dr. B., Facharzt für Innere Krankheiten, angeforderter Befundbericht versorgungsärztlich ausgewertet wurde. In seinem Befundbericht gab Dr. B. u.a. an, beim Kläger bestehe eine leichtgradige periphere Polyneuropathie im Bereich der Beine. Es fänden sich auch Hinweise auf eine arterielle Verschlusskrankheit. Es bestünden leichtgradig erniedrigte dopplersonographische Verschlussdrucke über den Fußarterien. Die schmerzfreie Gehstrecke sei in diesem Zusammenhang noch nicht eingeschränkt. Mit dem Befundbericht legte Dr. B. auch einen Arztbrief von Dr. C. an ihn vom 16.02.1998 vor, in dem über eine Untersuchung des Klägers am 13.02.1998 berichtet wird, anlässlich derer Dr. C. eine leichte Polyneuropathie diagnostiziert und im Hinblick auf die vom Kläger angeführten belastungsabhängigen Schmerzen in den Gefäßen eine arterielle Verschlusskrankheit als zusätzlich möglich erachtet hat.
Den gegen den Bescheid vom 03.03.1999 am 04.05.1999 erhobenen Widerspruch wies das Landesversorgungsamt Baden- Württemberg mit Widerspruchsbescheid vom 14.06.1999 als unzulässig zurück.
Am 10.09.1999 beantragte der Kläger die Überprüfung des Bescheides vom 03.03.1999 nach § 44 Sozialgesetzbuch H.ntes Buch (SGB X). Zur Begründung führte er an, der GdB sei zu niedrig eingeschätzt. Die Funktionsbeeinträchtigungen auf Grund der Coxarthrose, der Polyneuropathie und der arteriellen Verschlusskrankheit seien getrennt zu bewerten. Eine arterielle Verschlusskrankheit mit einer Wegstreckenlimitierung auf 300 m sei mit einem Einzel-GdB von 30 bis 40 zu bewerten. Für die Polyneuropathie sei ein Einzel-GdB von 20 bis 30 angemessen. Ferner bestehe eine Rot-Grün-Blindheit, die ihn ebenfalls beeinträchtige. Das Carpaltunnelsyndrom, welches operativ habe behandelt werden müssen, sei mit einem Einzel-GdB von etwa 20 anzusetzen, so dass insgesamt ein GdB von 50 angemessen sei.
Gestützt auf eine versorgungsärztliche Überprüfung der vorliegenden Befunde durch die Ärztin Lange vom 23.10.2003, lehnte das VA den Antrag des Klägers auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 SGB X mit Bescheid vom 11.11.2003 ab. Die Überprüfung habe ergeben, dass bei Erlass des früheren Bescheides das Recht weder unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Der damals festgesetzte GdB sei zutreffend, die geltend gemachten Gesundheitsstörungen seien vollständig berücksichtigt worden.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch, zu dessen Begründung auf die Antragsbegründung verwiesen wurde, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2005 zurück. Im hiergegen zum Sozialgericht Freiburg (SG) angestrengten Klageverfahren - S 1 SB 1233/05 - wurden die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen einvernommen. Dr. D., Facharzt für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehabilitation gab in seiner Stellungnahme vom 21.11.2005 u.a. an, den Kläger vom 18.06 bis 08.10.1998 und wieder am 21.11.2005 behandelt zu haben. Dr. C., Arzt für Neurologie und Psychiatrie gab unter dem 20.11.2005 u.a. an, anlässlich der Untersuchungen des Klägers durchgängig Zeichen einer Polyneuropathie befundet zu haben. Dr. E.-B., Internistin, gab in ihrer Stellungnahme vom 20.12.2005 an, dass der Kläger zunächst, ab dem 03.12.1997, von ihrem Praxisvorgänger behandelt worden sei. Eine periphere arterielle Verschlusskrankheit vom Mehretagentyp sei erstmalig 2001 diagnostiziert worden. Die Krankheit habe in den Jahren 2001 und 2002 mehrere Eingriffe erfordert. Anlässlich einer Bein-Oszillographie am 05.12.2005 habe kein pathologischer Befund erhoben werden können.
Das Klageverfahren endete im Wege eines gerichtlichen Vergleichs vom 31.01.2007, in dem sich der Beklagte bereit erklärte, auf der Grundlage des Antrags des Klägers vom 10.09.1999 einen Bescheid nach § 48 SGB X zu erteilen.
Mit Bescheid vom 15.02.2007 hob das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald - Versorgungsamt - den Bescheid vom 03.03.1999 gemäß § 48 SGB X auf und stellte den GdB des Klägers ab dem 01.01.2001 mit 40 fest. Gestützt auf die im vorangegangenen Klageverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenauskünfte von Dr. D., Dr. C. und Dr. E.- B. sowie eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Götz vom 16.02.2006 berücksichtigte es "degenerative Veränderungen der Wirbelsäule" mit einem Einzel-GdB von 20, "Polyneuropathie, Hüftgelenksarthrose beidseits, operierte arterielle Verschlusskrankheit" mit einem solchen von 30 und "Diabetes mellitus (mit Diät und oralen Antidiabetika einstellbar)" mit einem Einzel-GdB von 10.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, er habe bereits im November 2000 unter der arteriellen Verschlusskrankheit gelitten, weshalb nicht auf den Zeitpunkt der Erstdiagnose im Januar 2001 abgestellt werden könne. Es sei nicht erklärbar, dass die Erkrankung im November 2000 noch wesentlich geringer ausgeprägt gewesen sei, wenn er sich im Januar 2001 wegen dieser Erkrankung einer Operation habe unterziehen müssen. Unter Berücksichtigung der übrigen Funktionsbeeinträchtigungen sei deshalb sein GdB ab dem 01.11.2000 mit 50 festzusetzen.
Gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. F. vom 25.04.2007, in welcher diese ausführte, dass die durch die arterielle Verschlusskrankheit bewirkten Funktionsstörungen erst ab 01.01.2001 nachgewiesen seien, wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2007 zurück. Zur Begründung führte er u.a. an, die gegenüber dem Bescheid vom 03.03.1999 vorgenommene Erhöhung des GdB auf 40 gebe das Ausmaß der tatsächlich eingetretenen Änderung des Gesundheitszustandes wieder. Eine weitergehende Erhöhung oder eine weitere Rückwirkung lasse sich nicht begründen.
Hiergegen hat der Kläger am 14.06.2007 Klage zum SG erhoben, zu deren Begründung er auf den Schriftwechsel im vorangegangenen Klageverfahren und seine Widerspruchsbegründung verwiesen hat. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat hierzu vorgetragen, dass auch unter Berücksichtigung der ab Januar 2001 dokumentierten Verschlimmerung die Schwerbehinderteneigenschaft weder ab Januar 2001, noch ab November 2000 festgestellt werden könne.
Mit Gerichtsbescheid vom 14.10.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die periphere arterielle Verschlusskrankheit, an der der Kläger leide und die mit einer Wegstreckenbeschränkung auf etwa 500 m einhergehe, bestehe seit Anfang 2001. Ein früherer Zeitpunkt für das Bestehen dieser Funktionsbeeinträchtigung könne nach den Aussagen der den Kläger behandelnden Ärzte nicht festgestellt werden. Die Funktionsbeeinträchtigung sei mit einem Einzel- GdB von 30 zu berücksichtigen. Die Funktionsbeeinträchtigung in Folge der degenerativen Veränderung der Wirbelsäule, der Coxarthrose und der Polyneuropathie berücksichtigte es mit einem Einzel-GdB von jeweils 20, die diabetes mellitus- Erkrankung mit einem solchen von 10.
Gegen den am 17.10.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 02.11.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung des Rechtsmittels trägt er vor, das SG habe sich auf die Unterlagen des vorangegangenen Gerichtsverfahrens gestützt, ohne sein Vorbringen zu würdigen. Er habe, wie aus der Stellungnahme von Dr. C. ersichtlich sei, bereits am 16.02.1998 über eine Wegstreckenlimitierung auf 300 m geklagt. Diese sei mit einem Einzel-GdB von 30 - 40 zu bewerten. Der Einzel-GdB für die Polyneuropathie sei mit 10 zu niedrig bemessen. Für das Carpaltunnelsyndrom sei ein Einzel- GdB von 20 gerechtfertigt. Die arterielle Verschlusskrankheit habe im Januar 2001 operativ behandelt werden müssen. Es sei nicht logisch zu erklären, dass die Erkrankung im November 2000 noch wesentlich geringer ausgeprägt gewesen sei. Auf den Zeitpunkt der erstmaligen Diagnosestellung könne es insofern nicht ernstlich ankommen. Die Polyneuropathie, die Wirbelsäulenerkrankung und die Coxarthrose seien jeweils mit einem Einzel-GdB von 20, die AVK bei Z.n. Bypass-OP mit einem solchen von 30 zu bewerten. Auch eine Auslegung der vorliegenden Befundberichte im Sinne eines Möglichmachens des Zugangs zu Sozialversicherungsleistungen gebiete es, einen GdB von 50 bereits ab November 2000 anzuerkennen. Nur hiermit könne der Kläger eine abschlagsfreie Rente beziehen. Ergänzend hat der Kläger einen Arztbrief der Dres. G., H. und I. vom Herz-Zentrum Bad K. an die Dres. B. und E.-B. vom 28.01.2008 vorgelegt, in dem über seinen dortigen stationären Aufenthalt vom 08.01. – 18.01.2008 berichtet wird und hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 9 – 11 der Senatsakte verwiesen wird.
Der Senat hat sodann Dr. E.-B. schriftlich als sachverständige Zeugin einvernommen. In ihrer Stellungnahme vom 11.02.2010 hat sie angegeben, beim Kläger bestehe - aktuell - ein Z.n. Aortenklappenersatz und coronarer Bypass-OP 01/2008. Ferner hat sie angegeben, dass während des Zeitraums November 2000 – Januar 2010 beim Kläger insgesamt fünf Eingriffe am Gefäßsystem notwendig gewesen seien. Sie hat diesbezüglich einen Z.n. infrarenalem Aortenstent 01/2001, Z.n. Thrombendarteriektomie und Patch-Erweiterungsplastik der distalen Aorta und der A. iliaca communis links 11/2001, einen Z.n. Katheterintervention an den Becken/Bein-Arterien 12/2001, 11/2002, 12/2002 und 09/2009 mitgeteilt. Sie hat schließlich die Behandlungsdaten des Klägers aufgelistet, in denen erstmalig unter dem 11.01.2001 der Verdacht auf arterielle Durchblutungsstörungen verzeichnet wurde. Mit ihrer Stellungnahme hat Dr. E.-B. den Entlassungsbericht der in der Zeit vom 23.01. - 14.02.2008 in der L.-Klinik, Bad K., durchgeführten Rehabilitationsmaßnahme vorgelegt, hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 29 – 32 der Senatsakte verwiesen wird.
Nachdem dem Beklagten die Stellungnahme von Dr. E.-B. übersandt wurde, hat dieser mit Schriftsatz vom 31.05.2010 ein Vergleichsangebot unterbreitet, den GdB des Klägers ab Dezember 2007 mit 50 festzustellen. Hierzu hat er eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Wolf vom 26.05.2010 vorgelegt, in der ausgeführt ist, dass sich nach der am 08.01.2008 erfolgten Aortenklappenersatzoperation und der am 16.01.2008 erfolgten Implantation eines Herzschrittmachers ein Einzel-GdB von 30 herleiten lasse. Diesbezüglich lasse sich ein exakter Zeitpunkt nicht begründen. Der Kläger ist dem Vergleichsangebot des Beklagten nicht beigetreten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Oktober 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2007 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von mindestens 50 ab dem 01. November 2000 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, sowie sie über das Vergleichsangebot vom 31. Mai 2010 hinausgeht.
Zur Begründung seines Antrages bringt der Beklagte, nach Vorlage des Vergleichsangebots, vor, dass die von ihm vorgeschlagene Erhöhung des GdB erst durch die zusätzliche Feststellung einer Herzerkrankung gerechtfertigt sei.
Mit Schriftsatz vom 15.11.2010 hat der Kläger, mit Schriftsatz vom 24.11.2010 der Beklagte das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die Akte des SG - S 1 SB 1233/05 - sowie die beim Beklagten für den Kläger geführte Schwerbehindertenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nur insoweit begründet, als ein GdB von 50, entsprechend dem Vergleichsangebot des Beklagten, ab dem 01.12.2007 festzustellen ist. Im Übrigen hat das SG die Klage gegen den Bescheid vom 15.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.05.2007 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die bei ihm vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen bereits ab dem 01.11.2000 mit einem GdB von 50 festzustellen sind.
Anspruchsgrundlage für die geltend gemachte Neufeststellung des GdB des Klägers ist § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 69 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine wesentliche Änderung ist im gegebenen Zusammenhang im Hinblick auf die Feststellung des GdB anzunehmen, wenn sich durch eine Besserung oder Verschlechterung des Behinderungszustandes eine Herabsetzung oder Erhöhung des festgestellten (Gesamt-) GdB um wenigstens 10 ergibt bzw. die gesundheitlichen Voraussetzungen eines Nachteilausgleichs nicht mehr vorliegen (u.a. Bundessozialgericht, [BSG] Urteil vom 22.10.1986 - 9a RVs 55/85 - zit. nach juris). Die Änderung der Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen oder das Hinzutreten weiterer Funktionsbeeinträchtigungen ohne Auswirkung auf den GdB stellen hingegen keine wesentliche Änderung in diesem Sinne dar (BSG, Urteil vom 24.06.1998 - B 9 SB 18/97 R- zit. nach juris). Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, ist durch einen Vergleich der gegenwärtigen - d.h. den Verhältnissen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - mit dem verbindlich festgestellten objektiven Behinderungszustand zum Zeitpunkt des Erlasses des zuletzt bindend gewordenen Bescheides zu ermitteln. Bei einer derartigen Neufeststellung handelt es sich nicht um eine reine Hochrechnung des im letzten maßgeblichen Bescheid festgestellten GdB, sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19.09.2000 - B 9 SB 3/00 R – zit. nach juris).
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die zur Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, für den die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Aus dieser Definition folgt, dass für die Feststellung einer Behinderung sowie Einschätzung ihres Schweregrades nicht das Vorliegen eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes entscheidend ist, sondern es vielmehr auf die Funktionsstörungen ankommt, die durch einen regelwidrigen Zustand verursacht werden. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX werden die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist hierbei nur dann zu treffen, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt (§ 69 Abs. 1 Satz 6 SGB IX).
Bei der konkreten Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen sind die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP) herausgegeben vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in der jeweils gültigen Fassung (zuletzt 2008) heranzuziehen. In den AHP ist der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderung wiedergegeben. Die AHP ermöglichen somit eine für den behinderten Menschen nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB. Auch das BSG betont die Bedeutung der AHP und beschreibt sie als "einleuchtendes, abgewogenes und geschlossenes Beurteilungsgefüge" (so ausdrücklich BSG, Urteil vom 01.09.1999 - B 9 V 25/98 R – zit. nach juris). Sie sind für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zwar nicht rechtsverbindlich, sie tragen als "antizipierte Sachverständigengutachten" jedoch der Notwendigkeit Rechnung, Gesundheitsstörungen gleichmäßig zu bewerten. Angesichts dieser Bedeutung, wie aus Gründen der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen folgt der Senat den Bewertungsvorgaben der AHP. Dies gilt insb. auch, als über die jeweiligen Neuauflagen der AHP die jeweils neuesten Erkenntnisse und Fortschritte in der medizinischen Wissenschaft über die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen in die AHP eingeflossen sind (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16.09.2003 - B 9 SB 3/02 R – zit. nach juris). Ab dem 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP der Teil B der Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG; die Seitenangabe ist jeweils nach der Publikation des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales herausgegebenen Printexemplars zitiert) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung [VersMedV]) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 17 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Eine inhaltliche Änderung der bisher angewandten Grundsätze und Kriterien erfolgte hierdurch nicht. Die VG haben vielmehr die AHP - jedenfalls soweit vorliegend relevant - übernommen und damit gewährleistet, dass gegenüber dem bisherigen Feststellungsverfahren keine Schlechterstellung möglich ist.
In Anwendung dieser Maßstäbe ist der Senat auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme der Überzeugung, dass eine wesentliche Änderung hinsichtlich des im Bescheid vom 03.03.1999 festgestellten GdB nicht vor dem 01.01.2001 und eine über einen GdB von 40 hinausgehende wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X erst durch das Hinzutreten der Herzerkrankung ab Dezember 2007 nachgewiesen ist, die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen hingegen bis zu diesem Zeitpunkt mit einem GdB von 40 ausreichend und angemessen bewertet sind.
Die beim Kläger bestehenden chronisch rezidivierenden Lumbalgien bei degenerativen LWS- Veränderungen sind zur Überzeugung des Senats, die in der Stellungnahme des behandelnden Orthopäden Dr. D. vom 21.11.2005 gründet, mittelgradig ausgeprägt. Die hierdurch bedingte Funktionseinschränkung ist nach Ziff. 18.9 (S.107) der VG bzw. nach Ziff. 26.18 (S.116) der AHP mit einem Einzel- GdB von 20 zu berücksichtigen.
Die gegenüber der ursprünglichen Feststellung hinzugetretene Erkrankung an Diabetes mellitus Typ II kann, da sie mit Medikamenten, die die Hypoglykämieneigung nicht erhöhen, eingestellt wird, nach Ziff. 15.1 (S. 90) der VG bzw. nach Ziff. 26.15 (S. 99) der AHP nicht mit einem höheren Einzel-GdB als 10 berücksichtigt werden.
Auch die im angefochtenen Bescheid vom 15.02.2007 erfolgte Bewertung der Funktionseinschränkung "Polyneuropathie, Hüftgelenksarthrose beidseits, operierte arterielle Verschlusskrankheit" mit einem Einzel-GdB von 30 ist weder im Hinblick auf die Höhe des Einzel-GdB, noch im Hinblick auf die Zusammenfassung mehrerer Gesundheitsstörungen zu einer Funktionsbeeinträchtigung zu beanstanden. Die Bewertung der Hüftgelenksarthrose erfolgt gemäß Ziff. 18.14 (S. 115) der VG bzw. nach Ziff. 26.18 (S. 124 f) der AHP anhand der Bewegungseinschränkung der Hüftgelenke. Nach der Stellungnahme von Dr. D. vom 21.11.2005 waren die Hüftgelenke in einem Radius von bis zu 110° beweglich. Dies rechtfertigt jedenfalls keine höhere Berücksichtigung als mit einem Einzel-GdB von 10. Die Bewertung einer Polyneuropathie erfolgt nach Ziff. 3.11 (S. 44) der VG bzw. nach Ziff. 26.4 (S.50) der AHP, abhängig vom Bestehen und Ausmaß motorischer Ausfälle und/oder sensibler Störungen in Analogie zu peripheren Nervenschäden. Im Hinblick darauf, dass hierfür in Ziff. 18.14 (S.118 f) der VG bzw. Ziff. 26.18 (S.128) der AHP ein Einzel-GdB für den vollständigen Nervenausfall vorgesehen ist, die beim Kläger vorliegenden Befunde hingegen keine derart schwerwiegende Beeinträchtigungen dokumentieren, ist die Polyneuropathie des Klägers zur Überzeugung des Senats, die in der Stellungnahme von Dr. C. vom 20.11.2005 gründet, als leichtgradig einzustufen und mit einem Einzel-GdB von 10 zu berücksichtigen.
Arterielle Verschlusskrankheiten sind nach Ziff. 9.2.1 (S. 65) der VG bzw. nach Ziff. 26.9 (S. 73 f) der AHP abhängig von der Restdurchblutung und der Schmerzbelastung beim Gehen zu beurteilen. Besteht eine ausreichende Restdurchblutung und treten Mißempfindungen in der Wade erst bei schnellem Gehen auf, ist ein Einzel-GdB von 0 – 10 zu berücksichtigen. Besteht eine eingeschränkte Restdurchblutung (Claudicatio intermittens) Stadium II ist beim Auftreten von Schmerzen ein- oder beidseitig nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von mehr als 500 m ein Einzel-GdB von 20, beim Auftreten von Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 100 – 500 m ein Einzel-GdB von 30 – 40, beim Auftreten von Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von 50 - 100 m ein Einzel-GdB von 50 – 60 und beim Auftreten von Schmerzen nach Gehen einer Wegstrecke in der Ebene von weniger als 50 m ein Einzel-GdB von 70 – 80 anzusetzen. Zur Überzeugung des Senats ist eine Wegstreckenbegrenzung, die einen Einzel-GdB von 30 rechtfertigt, d.h. auf eine Strecke unter 500 m, erst ab Januar 2001 belegt. Die Überzeugung des Senats gründet in der Stellungnahme von Dr. E.-B. vom 11.02.2010, insb. der dort aufgelisteten Behandlungsdaten. Dort ist erstmalig unter dem 11.01.2001 der Verdacht auf eine arterielle Durchblutungsstörung und dem folgend eine Wegstreckenbegrenzung aufgeführt. Für die zeitlich früheren Behandlungstermine am 29.11.2000 und am 14.12.2000 ist hingegen kein entsprechender Vermerk zu verzeichnen. Soweit klägerseits unter Hinweis auf den aktenkundigen Arztbrief von Dr. C. an Dr. B. vom 16.02.1998 und die dort beinhaltete Wegstreckenbegrenzung auf 300 m ein höherer Einzel-GdB als 30 für die periphere Verschlusskrankheit geltend gemacht wird, verkennt dies, dass die vom Kläger angegebene Einschränkung der schmerzfreien Wegstrecke von Dr. C. gerade nicht einer bestehenden Verschlusskrankheit zugeordnet wurde, diese Erkrankung vielmehr von Dr. C. auch in Ansehung der angegebenen Wegstrecke nur für möglich erachtet wurde. Auch ist die dortige Wegstreckenbegrenzung vom Kläger für Situationen des Treppensteigens angegeben worden. Zudem hat Dr. B. im Befundschein vom 15.01.1999 ausgeführt, die schmerzfreie Gehstrecke sei im Zusammenhang mit der arteriellen Verschlusskrankheit noch nicht eingeschränkt. Mithin ist der Senat nicht davon überzeugt, dass vor dem 01.01.2001 ein höherer Einzel-GdB als 20 für die beim Kläger bestehende periphere Verschlusskrankheit zu berücksichtigen ist. Auch der klägerische Vortrag, infolge der zeitlichen Nähe des operativen Eingriffs im Januar 2001 liege es nahe, dass bereits im November 2000 eine Funktionsbeeinträchtigung in einem schwereren Ausmaß bestanden habe, vermag der insofern dem Kläger obliegenden Feststellungslast nicht zu genügen. Die zu einer Funktionsbeeinträchtigung "Polyneuropathie, Hüftgelenksarthrose beidseits, operierte arterielle Verschlusskrankheit" zusammengefassten Gesundheitsstörungen bedingen, da sie sich durchgängig auf die unteren Körperabschnitte auswirken und sich im Hinblick auf die Gehfähigkeit des Klägers überlagern, zur Überzeugung des Senats erst ab dem 01.01.2001 einen Einzel-GdB von 30. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Funktionsbeeinträchtigung hingegen mit einem Einzel-GdB von 20 ausreichend und angemessen bewertet.
Eine Facialisparese ist entgegen dem klägerischen Vorbringen jedenfalls nicht als GdB-erhöhende Funktionsbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Zwar hat Dr. E.-B. in ihrer Stellungnahme vom 11.02.2010 angegeben, am 29.11.2000 seien eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur links und Sensibilitätsstörungen der linken Gesichtshälfte diagnostiziert worden, nachdem jedoch anlässlich der weiteren Behandlungen des Klägers, wie aus der Behandlungsaufstellung ersichtlich ist, von den behandelnden Ärzten keine weiteren Befunde erhoben wurden, hat es sich nur um eine vorübergehende Erkrankung gehandelt, die nicht mindestens sechs Monate angedauert hat. Eine Funktionsbeeinträchtigung ist hiernach nicht zu berücksichtigen.
Auch sind für die Zeit vor dem 01.01.2001 in der Beweisaufnahme keine Befunde mitgeteilt worden, die die Annahme einer mit einem höheren Einzel-GdB als 10 zu bewertenden Gesundheitsstörung infolge der Rot-Grün-Blindheit bzw. des Carpaltunnelsyndroms rechtfertigen könnten.
In Zusammenschau der beim Kläger vor dem 01.01.2001 bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist zur Überzeugung des Senats ein GdB von mehr als 40, wie klägerseits begehrt, nicht festzustellen. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX ist, bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Grade hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berück-sichtigung aller sozialmedizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzu-stellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind (vgl. Ziff. 3 [S. 22 f] Teil A der Anlage zur VersMedV bzw. Teil A Allgemeine Grundsätze Ziff 19 [S. 24 f] der AHP). Die beim Kläger am 01.11.2000 bestehenden funktionellen Einschränkungen waren mit denen, die mit dem Verlust eines Armes im Unterarm oder dem Verlust eines Beines im Unterarm auftreten, die jeweils einen GdB von 50 begründen, nicht vergleichbar. Die Wirbelsäulenerkrankung, die Polyneuropathie, die beidseitige Hüftgelenksarthrose und die arterielle Verschlusskrankheit waren zum 01.11.2000 weder schwerwiegend ausgeprägt, noch haben sie gänzlich isolierte und voneinander unabhängige Auswirkungen. Zur Überzeugung des Senats sind die Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger am 01.11.2000 mit einem GdB von 30 daher angemessen und ausreichend bewertet. Durch die ab Januar 2001 belegte weitergehende Einschränkung der Verschlusskrankheit beim Kläger ist ab dem 01.01.2001 ein GdB von 40 angemessen und vom Beklagten zutreffend festgestellt worden.
Ein GdB von 50, d.h. die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch, ist vorliegend erst zu dem Zeitpunkt gerechtfertigt, zu dem mit der Herzerkrankung des Klägers eine schwerwiegende weitere Funktionsbeeinträchtigung hinzugetreten ist. Der operierte Herzklappenfehler, der operierte Herzbypass und die Implantation eines Herzschrittmachers ist hierbei nach Ziff. 9.1.2 (S.64) der VG bzw. nach Ziff. 26.9 (S. 72) der AHP mit einem Einzel-GdB von 30 zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass ab Dezember 2007 ein GdB von 50 angemessen ist. Eine zeitlich frühere Berücksichtigung ist nicht möglich, da entsprechende funktionelle Einschränkungen weder klägerseits vorgetragen wurden, noch anderweitig ersichtlich sind.
Die Berufung ist daher nur insoweit begründet, als ein GdB von 50 ab dem 01.12.2007 festzustellen ist. Im Übrigen ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nachdem der Beklagte unverzüglich nach Kenntnis der hinzugetretenen Funktionsbeeinträchtigung ein sachgerechtes Angebot unterbreitet hat, ist eine Kostenbelastung des Beklagten nicht gerechtfertigt. Im Rahmen der diesbezüglichen Ermessensentscheidung ist auch zu berücksichtigen, dass der die Herzerkrankung erstmalig belegende Entlassungsbericht des Herzzentrums Bad K. vom 28.01.2008, der dem Klägerbevollmächtigten, ausweislich des Eingangsstempels bereits am 21.02.2008 zugegangen war, erst mit der Berufungsschrift am 03.11.2009 vorgelegt worden ist.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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