L 12 AS 4117/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 910/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4117/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2006 und eine damit verbundene Erstattungsforderung des Beklagten von noch 1.831,86 EUR.

Die 1943 geborene Klägerin bezog ab 2005 Arbeitslosengeld II vom Beklagten, zuvor hatte sie seit 1998 Sozialhilfe bezogen. Mit Bescheid vom 21. März 2006 bewilligte der Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. April bis 30. September 2006 Leistungen in Höhe von 604,22 EUR monatlich (Regelleistung 345 EUR, Kosten der Unterkunft 224,55 EUR und Heizung 34,67 EUR). Mit Bescheid vom 15. Mai 2006 bewilligte der Beklagte zusätzlich einen Betrag von 307,89 EUR für eine Nachforderung des Vermieters von Heiz- und Nebenkosten.

Bei einer persönlichen Vorsprache im April 2006 teilte die Klägerin mit, dass auf ihrem Geldmarktkonto am 4. April 2006 4.011,74 EUR gutgeschrieben worden seien. Diese Zahlung beruhte auf einem vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe (13 U 2/06) geschlossenen Vergleich, mit dem sich R. M. verpflichtet hatte, der Klägerin insgesamt 4.238,41 EUR zu zahlen. Diese Zahlung leitete der damalige Bevollmächtigte der Klägerin unter Verrechnung mit einer Gebührenforderung von 226,67 EUR an die Klägerin weiter. Hintergrund des zivilgerichtlichen Verfahrens war eine Rückforderung der Klägerin gemäß § 528 Bürgerliches Gesetzbuch ((BGB); Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers) gewesen. 1992 war die Klägerin Alleinerbin ihrer Tante F. M. geworden, deren gesetzliche Betreuerin und Schwiegertochter R. M. gewesen war. 1995 hatte die Klägerin R. M. 30.000 DM "überlassen", was der Hälfte der Erbmasse entsprochen haben soll. Nachdem die Klägerin Sozialhilfe bezog, forderte sie von R. M. den überlassenen Betrag zurück; diese zahlte im September 2002 15.338,74 EUR an die Klägerin. Die zuletzt zivilrechtlich streitigen Ansprüche betrafen nur noch Nebenforderungen (Nutzungen, Zinsen etc.).

Mit Schreiben vom 3. November 2006 hörte der Beklagte die Klägerin zum beabsichtigen Erlass eines Änderungsbescheids wegen zu berücksichtigenden Einkommens in Höhe von 4.011,74 EUR an. Die Klägerin machte geltend, es habe sich um ihr eigenes Geld gehandelt, der Betrag zähle zum Vermögen. Sie beabsichtige, mit dem Geld ihren Zahnersatz zu bezahlen, so dass es sich um zweckgebundenes Geld handele.

Mit Änderungsbescheid vom 6. Dezember 2006 hob der Beklagte die Bewilligung für die Zeit vom 1. April bis 30. Juni 2006 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ganz auf. Dabei legte der Beklagte den Betrag von 4.011,74 EUR als Einkommen zugrunde und verteilte ihn auf die Monate April bis Juni 2006, wobei nach Abzug des Freibetrags von 30 EUR das so errechnete monatliche Einkommen von 1.307,25 EUR den Bedarf von 604,22 EUR (im Mai zuzüglich 307,89 EUR Nebenkostennachzahlung) überstieg. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 7. Dezember 2006 forderte der Beklagte die für den Zeitraum April bis Juni 2006 erbrachten Leistungen von 2.120,55 EUR zuzüglich 396,45 EUR Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung zurück.

Mit ihrem Widerspruch gegen diese Bescheide machte die Klägerin erneut geltend, es handele es sich um Vermögen, da die Durchsetzung eines ererbten Anspruchs vorliege. Der Erbfall sei 1992 eingetreten, so dass bereits zu diesem Zeitpunkt der Anspruch bestanden habe. Unerheblich sei, wann sich der Anspruch realisieren lasse. Im Übrigen sei die Zahlung verwendet worden, um die Differenz zwischen tatsächlicher Miete und den vom Beklagten gezahlten Unterkunftskosten auszugleichen, darüber hinaus werde damit eine notwendige Zahnsanierung finanziert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Wegen des als Einkommen zu qualifizierenden Zuflusses im April 2006 seien von April bis Juni 2006 höhere Leistungen bewilligt worden, als der Klägerin zustünden. Die zu Unrecht erhaltenen Leistungen von 2.517 EUR seien daher zurückzufordern.

Am 25. Februar 2008 hat die Klägerin zum Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und erneut geltend gemacht, der erhaltene Betrag sei das Ergebnis der gerichtlichen Durchsetzung eines ererbten Anspruchs, wobei der Erbfall schon 1992 eingetreten sei. Hätte die Erbschaft bereits zum Zeitpunkt ihres Anfalls realisiert werden können, wäre sie nur Vermögen gewesen. Die Klägerin erleide nunmehr einen doppelten Nachteil; das Geld habe ihr über mehrere Jahre nicht zur Verfügung gestanden und nun werde es als Einkommen angerechnet.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2008 hat das SG die Bescheide vom 6. und 7. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2008 aufgehoben, soweit sie den Bewilligungsbescheid vom 15. Mai 2006 aufheben und soweit sie eine Erstattung von mehr als 1.831,86 EUR anordnen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden solle, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts Einkommen oder Vermögen erzielt worden sei, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs führe. Der Beklagte habe zu Recht in dem Zufluss Anfang April 2006 Einkommen i.S.v. § 11 SGB II erblickt. Es habe sich um die Realisierung eines Anspruchs nach § 528 BGB gehandelt und nicht um einen "ererbten Anspruch" oder Erbschaftsanspruch. Der Anspruch aus § 528 BGB sei überhaupt erst dadurch entstanden, dass die Klägerin 1998 außerstande geraten sei, ihren Unterhalt zu bestreiten. Die 2006 erfolgte Zahlung habe die Klägerin über mehrere Instanzen erkämpfen müssen. Wie sehr der Anspruch in Frage gestanden habe, zeige auch der Umstand, dass die Klägerin nach eigenen Angaben im Rahmen des Vergleichs auf eine Summe von 2.000 EUR verzichtet habe. Ein solcher Anspruch könne nicht - wie etwa ein Auszahlungsanspruch aus einem Sparbuch gegen eine Bank - als bereits verfügbares Vermögen angesehen werden. Der Umstand, dass die Klägerin das Geld für einen bestimmten Zweck - Zahnersatz - verwenden wolle, mache die Einnahme nicht zu einer zweckbestimmten i.S.v. § 11 Abs. 3 SGB II. Grundsätzlich sei das Einkommen so aufzuteilen, dass es den Bedarf nicht vollständig decke, so dass es bei der Verpflichtung des Beklagten zur Entrichtung der Beiträge bleibe. Hiervon sei der Beklagte abgewichen und habe das Einkommen nur auf drei Monate umgelegt. Dies sei vorliegend allerdings unschädlich, da hieraus keine Beschwer der Klägerin resultiere. Im Gegenteil erlange die Klägerin durch den kurzen Anrechnungszeitraum den Vorteil, dass nur 2.517 EUR zu zahlen seien anstelle der vollständigen Aufzehrung des berücksichtigungsfähigen Einkommens. Zu dieser Ersparnis von rund 1.400 EUR komme der Vorteil hinzu, dass bei der vollständigen Aufhebung der Leistungsbewilligung die Unterkunftskosten nach § 40 Abs. 2 SGB II nur eingeschränkt zu erstatten seien. Hinsichtlich des Monats Mai 2006 sei anzumerken, dass die aufgehobene Bewilligung vom 21. März 2006 nur 604,22 EUR betreffe. Der Mehrbetrag von 307,89 EUR ergebe sich aus der Bewilligung vom 15. Mai 2006 wegen der Nebenkostennachzahlung. Diese sei nach Zufluss des Einkommens erfolgt, so dass § 48 SGB X nicht herangezogen werden könne. Selbst wenn man in den Bescheiden vom 6. bzw. 7. Dezember 2006 eine Aufhebung des Bescheids vom 15. Mai 2006 nach § 45 SGB X sehen wollte, scheiterte dies spätestens am Vertrauensschutz. Einen solchen Vertrauensschutz sehe § 48 SGB X nicht vor. Der Beklagte habe daher zu viel zurückgefordert. Die mit gesondertem Bescheid vom 15. Mai 2006 bewilligte Nachzahlung könne nicht aufgehoben und zurückgefordert werden. Die erfolgte Bewilligung vom 21. März 2006 könne zwar für April bis Juni 2006 vollständig aufgehoben werden, jedoch sei von der Rückforderung nach § 40 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 50 SGB X ein Anteil von 56% der reinen Unterkunftskosten (125,75 EUR) ausgenommen. Die Rückforderungssumme errechne sich daher wie folgt: 3 x 604,22 EUR - 3 x 125,75 EUR + 396,45 EUR = 1.831,86 EUR.

Gegen diesen Gerichtsbescheid richtet sich die am 20. August 2010 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung wird geltend gemacht, dass die Realisierung des Anspruchs unter den Voraussetzungen des § 528 BGB unerheblich sei, da der Anspruch ursprünglich aus einer familiär begründeten Erbteilung resultiert habe, die Klägerin sei Alleinerbin des Nachlasses F. M. gewesen. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass der Hauptgrund zur Anstrengung des Zivilverfahrens eine Rückforderung des Erbteils wegen groben Undanks, d.h. die Herausgabe des Zuwachssparvertrags plus Zinsen gewesen sei. Aus diesem Bestreben sei ein Schenkungswiderruf nach § 528 BGB gemacht worden. Die erstrittene Rückforderung sei ursächlich auf die Einsetzung der Klägerin als Alleinerbin und die Erbteilung zugunsten von R. M. zurückzuführen. Dies entspreche auch der Auslegung des Finanzamtes F.-Land, das nunmehr auf den durch die Rückforderung realisierten Erbteil Erbschaftssteuer einfordere. Insofern wäre der Betrag inklusive Zinsen als Vermögen aufzufassen. Dem SG sei auch nicht zu folgen, weil nur der geringste Teil des Betrags in den Zeitraum des Leistungsbezugs falle. Selbst wenn man den Betrag als Einkommen sehe, wären statt 4.238,41 EUR (Zinserträge über etwa 10 Jahre) ein relativer, auf 15 Monate Leistungsbezug bezogener Betrag abzüglich der entstandenen Kosten zu Grunde zu legen. Darüber hinaus werde im Bescheid vom 6. Dezember 2006 von einem Bedarf von 604,22 EUR ausgegangen, dieser liege jedoch bei 702,92 EUR (345 EUR Regelsatz, 286,32 EUR Kaltmiete, Nebenkosten 71,60 EUR abzgl. Energiepauschale). Insofern bleibe bei einer Differenz von 98 EUR nichts anderes übrig, als während 21 Monaten auf den Herausgabetrag zurückzugreifen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 20. Juli 2010 abzuändern und die Bescheide des Beklagten vom 6. und 7. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2008 ganz aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass es sich bei der im April 2006 eingegangenen Zahlung um Einkommen handele.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt. Die Berufung ist indes nicht begründet, denn die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 6. und 7. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Januar 2008 sind, soweit sie durch den angefochtenen Gerichtsbescheid vom 20. Juli 2010 nicht aufgehoben worden sind, nicht zu beanstanden. Der Beklagte war wegen des der Klägerin im April 2006 zugeflossenen Einkommens berechtigt, die Leistungsbewilligungen für die Monate April bis Juni 2006 ganz aufzuheben und die überzahlten Leistungen nebst Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für diesen Zeitraum in Höhe von insgesamt 1.831,86 EUR von der Klägerin zurückzufordern.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Leistungsbewilligung für den Zeitraum 1. April bis 30. Juni 2006 ist mit Blick auf den ursprünglich rechtmäßigen Bewilligungsbescheid vom 21. März 2006 die Bestimmung des § 48 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Die Vorschrift des § 48 SGB X ist anzuwenden, wenn die Regelung in einem Dauerverwaltungsakt durch eine nachträgliche Entwicklung rechtswidrig wird, während auf § 45 SGB X in Abgrenzung hierzu zurückzugreifen ist, wenn der begünstigende Bescheid bereits zum Zeitpunkt seiner Bekanntgabe rechtswidrig war (vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 74, 20, 23 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 32; BSG, Urteil vom 14. März 1996 -7 RAr 84/94- (juris)). Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung - wie hier die Bewilligung von Arbeitslosengeld II - mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsakts vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Erlass des Verwaltungsakts Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Dabei ist die Aufhebung der Bewilligung unter den in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X genannten Voraussetzungen über §§ 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 S. 1 SGB III zwingend vorgeschrieben, so dass weder Raum für eine gesonderte Vertrauensschutzprüfung noch eine Ermessensentscheidung verbleibt. Es kann daher auch keine Berücksichtigung finden, dass die Klägerin das zu viel Erlangte inzwischen verbraucht hat und somit nicht mehr bereichert ist.

Die Klägerin hat vorliegend durch den Zufluss von 4.011,74 EUR Einkommen erzielt, welches zum Wegfall des Leistungsanspruchs im Zeitraum April bis Juni 2006 geführt hat.

Die Klägerin war dem Grunde nach als erwerbsfähige Hilfebedürftige nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II anspruchsberechtigt für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie war jedoch im hier streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig i.S.v. § 9 Abs. 1 SGB II, weil sie ihren Lebensunterhalt ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln sichern konnte, insbesondere aus dem zu berücksichtigenden Einkommen. Als Einkommen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach diesem Buch, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und anderer im einzelnen genannter - hier nicht einschlägiger - Leistungen. Zum Einkommen zählt auch der hier aus einer Schenkungsrückforderung resultierende Betrag. Der Senat vermag sich insoweit nicht der Argumentation der Klägerin anzuschließen, es handele sich um - da unterhalb des Vermögensfreibetrags nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II liegend - geschütztes Vermögen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist Einkommen alles, was der Hilfebedürftige während eines Zahlungszeitraums wertmäßig dazu erhält und Vermögen das, was er bei Beginn eines Zahlungszeitraums bereits hat (Zuflusstheorie; vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 zu nachträglich gezahltem Lohn und Urteil vom 30. September 2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15 zu Steuererstattung). Abzustellen ist somit darauf, ob der Zufluss vor oder nach der im Grundsatz für die Abgrenzung von Einkommen oder Vermögen maßgeblichen (ersten) Antragstellung eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 14 AS 62/08 R - (juris)). Dagegen kommt es nicht darauf an, ob der Anspruch der Klägerin gegen R. M. bereits zu einem Zeitpunkt vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit bestanden hat, denn Einnahmen werden in aller Regel aus bereits zuvor bestehenden Rechtspositionen erzielt. Im Falle der Erfüllung einer Forderung ist bei wertender Betrachtung aber allein auf die letztlich in Geldeswert erzielten Einkünfte abzustellen und nicht auf das Schicksal der Forderung (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 17).

Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dem ihr im April 2006 zugeflossenen Betrag nicht um ihr ererbtes Vermögen. Die Klägerin ist 1992 Alleinerbin nach dem Tod der F. M. geworden. Über ihr damals ererbtes Vermögen hat die Klägerin indes verfügt, indem sie R.M. 30.000 DM "überließ". Die Rückabwicklung dieser Vermögensverschiebung beruht auf einem schuldrechtlichen Anspruch der Klägerin gegen R. M. und stellt sich nicht als "Versilbern" eines bereits vorhandenen Vermögens dar (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 - B 14 AS 45/09 R - (juris)). Da es nach der Rechtsprechung des BSG nicht auf das Schicksal der Forderung ankommt, ist allein entscheidend der Zeitpunkt des Zuflusses. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob es sich um Zinsansprüche für einen Zeitraum von 10 Jahren handelt, so dass keineswegs nur eine anteilige Berücksichtigung für den Zeitraum des Leistungsbezugs zu erfolgen hat. Denn maßgebend ist nicht, für welchen Zeitraum eine Zahlung erfolgt (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 17 zu nachträglich gezahltem Lohn), sondern wie sie sich aktuell im Zeitpunkt der Zahlung auf den Hilfebedarf auswirkt. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin für die Rückzahlung der R. M. im Jahr 2002 nach einer Selbstanzeige Erbschaftssteuer entrichten musste (Bescheid des Finanzamts F. Land von 2003), denn diese Nachzahlung beruht allein darauf, dass die Klägerin im Jahr 1992 diesen Betrag nicht versteuert hat (vgl. die Ausführungen des damaligen Bevollmächtigten der Klägerin im Antrag vom 3. Dezember 2004 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe vor dem Landgericht; Bl. 33 Verwaltungsakte Bd. 1).

Die Anrechnung der einmaligen Einnahme auf den Zeitraum April bis Juni 2006 ist nicht zu beanstanden. Nach §§ 2b, 2 Abs. 3 Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Folglich lässt sowohl ein Zufluss im März wie auch im April 2006 die Aufhebung der Leistungsbewilligung ab April 2006 zu. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen (§ 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V). Die entsprechende Regelung wurde bereits vom BSG implizit gebilligt (vgl. BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15, jeweils Rdnr. 23).

Die erfolgte Aufteilung der einmaligen Einnahme von 4.011,74 EUR auf einen Zeitraum von drei Monaten und eine damit verbundene vollständige Aufhebung der Leistungsbewilligung für April bis Juni 2006 ist nicht zu beanstanden. Auch wenn ein Bedarf der Klägerin von monatlich insgesamt 702,92 EUR zugrunde gelegt wird, wie im Hinblick auf die tatsächliche Kaltmiete gefordert wird, ändert sich angesichts des anzurechnenden Einkommens von monatlich 1.307,25 EUR die Beurteilung nicht. Angesichts des überschießenden Betrags verbleiben ausreichende Mittel, um die Zahlung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu ermöglichen. Auf die Frage, ob (zu Lasten der Klägerin) auch ein längerer Verteilzeitraum zulässig gewesen wäre, kommt es vorliegend ebenso wenig an wie darauf, ob die von der Zahlung abgezogene Anwaltsvergütung nicht ebenfalls als Einkommen anzusehen wäre. Insoweit wird auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Fristen des § 48 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X sind eingehalten.

Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat die Klägerin die bereits erbrachten Leistungen zu erstatten, soweit die Bewilligung zu Recht aufgehoben worden ist. Den Erstattungsbetrag für die im Zeitraum April bis Juni 2006 erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat das SG zutreffend mit 1.435.41 EUR berechnet. Die nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 335 Abs. 1 und 5 SGB III zu erstattenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung belaufen sich für diesen Zeitraum auf 396,45 EUR. Insgesamt beläuft sich der zu erstattende Betrag somit auf 1.831,86 EUR, so dass sich der angefochtene Gerichtsbescheid als zutreffend erweist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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