S 6 AS 598/15 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 AS 598/15 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 562/15 B ER
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Übernahme der vom Leistungsbezieher bereits bezahlten Umzugskosten im Rahmen eines Eilverfahrens im Recht der Grundsicherung nach SGB II
I. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes wird abgelehnt.

II. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Umzugskosten strittig.

Eine von der Antragstellerin seit längerer Zeit bewohnte Wohnung in B., wurde vom Vermieter am 10.11.2014 außerordentlich gekündigt. Nach Angaben der Antragstellerin wäre die Kündigung sodann in eine ordentliche Kündigung zum 31.01.2015 umgewandelt und ihr zudem eine Räumungsfrist bis 31.03.2015 eingeräumt worden.

Auf ihren Antrag hinsichtlich der Übernahme von Umzugskosten informierte der Antragsgegner die Antragstellerin am 17.11.2014 unter anderem davon, dass nach Erteilung einer Notwendigkeitsbescheinigung ein Mietangebot eingereicht werden müsste und wies sie nochmals auf das Erfordernis seiner vorherigen Zustimmung als Voraussetzung für eine Kostenübernahme hin.

Mit Bescheid vom 19.03.2015 lehnte der Antragsgegner schließlich den Antrag auf Übernahme von Umzugskosten ab. Dabei bezieht er sich darauf, dass die Antragstellerin zwar mehrmals auf das Erfordernis der Vorlage eines konkreten Mietangebotes sowie von Kostenvoranschlägen hinsichtlich der Umzugskosten hingewiesen worden war. Gleichwohl seien derartige Unterlagen bislang bei ihm nicht eingegangen, so dass eine Zusicherung zur Übernahme der Umzugskosten daher nicht in Betracht komme.

In dem gegen diese Entscheidung eingelegten Widerspruch vom 25.03.2015 behauptet die Antragstellerin, der Antragsgegner habe ihren Umzug als notwendig anerkannt sowie, dass sie aus A. stamme und dorthin zum Zwecke der Arbeitssuche zurückkehren möchte.

Unter Berufung auf das Fehlen einer vorherigen Zusicherung wies der Antragsgegner den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 zurück.

Gegen den Ablehnungsbescheid vom 19.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2015 wurde am 15.05.2015 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben. Am 15.05.2015 wurde zudem eine entsprechende Klage, die zuvor beim Sozialgericht K. am 01.04.2015 eingelegt worden war, an das Sozialgericht Nürnberg verwiesen.

Ebenfalls am 15.05.2015 stellte die Klägerin einen Eilantrag beim Sozialgericht Nürnberg mit der Begründung, dass ihr die Kosten für den Umzug noch nicht erstattet worden wären.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

der Bescheid vom 19.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2015 wird aufgehoben und der Antragsgegner (vorläufig) zur Übernahme der bei dem Umzug von B. nach A. entstandenen Kosten verpflichtet.

Zusammen mit diesem Eilantrag beantragte die Klägerin zudem die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH).

Unter Verweis auf das Fehlen eines Anordnungsgrundes beantragte Antragsgegner am 08.07.2015, den Antrag abzulehnen.

Im Hinblick auf den gestellten PKH-Antrag hat das Gericht der Antragstellerin am 28.05.2015 ein Formblatt über die Erklärung zu ihren wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen übermittelt. Ein Rücklauf dieser ausgefüllten Erklärung war bis zu dieser Entscheidung nicht zu verzeichnen gewesen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie die Gerichtsakten in den Verfahren S 6 AS 552/15, S 6 AS 581/15 sowie S 6 AS 598/15 ER Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.

Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist für den vorliegenden Eilantrag, mit dem die Antragstellerin die Übernahme von Umzugskosten und damit die Erweiterung ihrer Rechtsposition begehrt, die Vorschrift des § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Hiernach kann das Gericht durch Erlass einer so genannten "Regelungsanordnung" eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn diese zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der Antragstellerin ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders anwendbare Nachteile entstehen könnten, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (s. BVerfG v. 25.10.1998, BVerfGE 79, 69/74; v. 19.10.1997, BVerfGE 46, 166/179 und vom 22.11.2002, in NJW 2003, 1236).

Diese Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den das Begehren gestürzt wird - voraus.

Die Angaben hierzu sind glaubhaft zu machen (s. § 86b Abs. 2 S. 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 924 Zivilprozessordnung -ZPO-), was vorliegend der Antragstellerin in Bezug auf den Anordnungsgrund nicht gelungen ist.

Denn es entspricht der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auch im Recht der Grundsicherung für Arbeitssuchende, dass vorläufige Regelungen von Leistungsansprüchen, die abgelaufene Zeiträume bzw. solche vor einer gerichtlichen Entscheidung betreffen, regelmäßig nicht mehr nötig sind, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dient nicht dazu, einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen.

Nachdem die Antragstellerin bereits umgezogen ist und nach ihren Angaben die hierfür erforderlichen Kosten vorgestreckt hat, bezieht sich ihre Erstattungsforderung mithin auf Zahlungen, die von ihr in der Vergangenheit erbracht wurden.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Antragstellerin einen noch gegenwärtigen schweren, irreparablen und unzumutbaren Nachteil und einen besonderen Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit, der auch in der Zukunft noch fortwirkt, glaubhaft gemacht hätte oder ein Anspruch eindeutig besteht (cf. BayLSG v. 09.07.2012 - L 11 AS 282/12 B ER u. v. 12.04.2010 - L 11 AS 18/10 B ER).

Dies ist jedoch nicht der Fall, das Gericht sieht hierfür auch keine Anhaltspunkte.

Fehlt es im Ergebnis bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes, ist auf das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht weiter einzugehen.

Der Antrag war mithin abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

2. Der Antrag auf Gewährung von PKH wird ebenfalls abgelehnt.

Gemäß § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO erhalten Beteiligte, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen können, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Antragstellerin hat, obwohl ihr bereits am 28.05.2015 das einschlägige Formular übermittelt wurde, vor Erlass dieser Entscheidung, also vor Beendigung des Rechtsstreits, die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht ausreichend glaubhaft gemacht, insbesondere dem Gericht nicht den ausgefüllten einschlägigen Vordruck zurückgeleitet. Damit war dem Gericht aber die Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH im Hinblick auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin nicht möglich.

Mithin war - unabhängig von der fehlenden Erfolgsaussicht des Eilantrags (s. hierzu oben unter Ziff. 1) - der PKH-Antrag daher bereits unter diesem Aspekt abzulehnen.
Rechtskraft
Aus
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