Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 KA 6/15 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Der Antrag des Antragstellers (Ast), die im Bescheid des Antragsgegners (Ag) vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) angeordnete sofortige Vollziehung der Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung des Ast aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, wird zurückgewiesen.
II. Der Ast trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 70.376,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Ast nimmt seit dem 01.07.2000 als Augenarzt an der vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis am Vertragsarztsitz A.-Straße, A-Stadt, teil. Mit Bescheid der K. (= Beigeladene zu 1) vom 07.06.2001 wurde ihm die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung für den Leistungsort A-Straße, A-Stadt, erteilt. Am 10.01.2008 erfolgte durch das Gesundheitsamt A-Stadt eine Besichtigung der Augenarztpraxis des Ast, bei welcher gravierende hygienische Mängel festgestellt wurden. Aufgrund dessen wurde ihm mit Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A-Stadt vom 14.01.2008 aufgrund infektionshygienischer Mängel mit sofortiger Wirkung untersagt, in den Praxisräumen A-Straße, A-Stadt, Operationen und invasive Eingriffe durchzuführen. Mit Schreiben vom 01.02.2012 widerrief die Beigeladene zu 1) die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen im Rahmen der vertraglichen Versorgung. Bereits mit Schreiben vom 06.07.2012 wurde dem Ast dann wieder eine Genehmigung zum ambulanten Operieren erteilt, allerdings beschränkt auf ambulante Lidoperationen. Die Genehmigung war auf die Betriebsstätte P., Dr. J., A-Straße, A-Stadt, beschränkt. Bereits im Jahre 2011 wurden erste Anzeigen gegen den Ast erstattet, da Katarakt-Operationen und deren Nachsorge fehlerhaft durchgeführt worden seien. Die Kriminalpolizei A-Stadt ermittelte über 29 Geschädigte - mittlerweile 33. Am 26.05.2010 erhob der Ast Klage gegen den Beschluss des ZA vom 16.09.2009 in Gestalt des Beschlusses des Ag vom 31.03.2010 und beantragte den Ag zu verpflichten, die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft des Klägers zu genehmigen, weil er in A-Stadt und B-Stadt vertragsärztlich tätig werden wolle (Az.: S 1 KA 7/12). In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) Nürnberg vom 14.12.2010 wurde der Rechtsstreit bis zur Erledigung des gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahrens 902 Js 141785/09 ausgesetzt. Im Schriftsatz vom 09.05.2012 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt, da das MVZ A-Stadt von ihm zwischenzeitlich aufgegeben worden sei. Für die Behandlung der Patienten in A-Stadt unterzeichnete der Ast am 01.07.2011 eine Rückzahlungsvereinbarung in Höhe von 99.814,00 Euro. Für die unberechtigten Vertretungen wurde am 05.07.2011 im Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheid ein Gesamtrückforderungsbetrag von 125.035,22 Euro festgesetzt. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 29.01.2014 zurückgewiesen und nicht mit Rechtsmitteln angefochten. Mit Schreiben vom 28.05.2014 leitete die Beigeladene zu 1) aufgrund der Erkenntnisse aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft A-Stadt, Zweigstelle A-Stadt, Az.: 902 Js 141785/09 und 902 Js 141012/13 ein Plausibilitätsverfahren über die Quartale III/2009 bis I/2013 gegen den Ast ein. Dabei wurde dem Ast von der Beigeladenen zu 1) eine Rückzahlungsvereinbarung in Höhe von 149.597,50 Euro angeboten. Am 17.06.2014 teilte der Ast dazu telefonisch mit, dass die Streichung aller Eingriffe wegen fehlender Assistenz bei allen ambulanten Eingriffen und Operationen in den Quartalen III/2009 bis I/2013 nicht richtig sei, da nur an einzelnen Tagen keine Assistenz anwesend gewesen sei. Das gegen den Ast derzeit noch offene Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung (Az.: 902 Js 141810/11) bei der Staatanwaltschaft A-Stadt beruht auf einem Fall einer 17-jährigen Anzeigenerstatterin, bei der der Ast eine Keratomie-Operation sowie die Nachsorge fehlerhaft durchgeführt hatte. Der Ast habe die Operation nach den Angaben der Betroffenen alleine und ohne Assistenz durchgeführt. Auf ihre Nachfrage bei einer Unterbrechung der Operation habe er geäußert, dass er etwas nachlesen müsse. Nach der Operation klagte die Geschädigte zunächst über eine Luftblase im Auge, später sei es zu einer "Faltenbildung" gekommen. Die Anzeigenerstatterin habe sich selbständig in die Universitätsaugenklinik d. Universität A-Stadt begeben, wo sie notoperiert und ihr mitgeteilt worden sei, dass die Gefahr einer Erblindung bestanden habe. Mit Schreiben vom 14.01.2015 (eingegangen am 16.01.2015) beantragte die Beigeladene zu 1) beim Zulassungsausschuss für Ärzte - M. (ZA), dem Ast die Zulassung zum Facharzt für Augenheilkunde am Vertragsarztsitz A-Straße, A-Stadt wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu entziehen und die sofortige Vollziehung der Entscheidung anzuordnen. Durch das Verhalten des Ast seien dem System der gesetzlichen Krankenversicherung folgende Schäden entstanden: Behandlung von Patienten in A-Stadt in den Quartalen II/2007 bis II/2009: 99.814,00 Euro; nicht genehmigte Vertretungen in den Quartalen I/2007, II/2007, IV/2007 bis III/2008, I/2009, II/2009: 102.968,08 Euro; Kataraktoperationen ohne Assistenz in den Quartalen III/2009 bis I/2013: 149.597,50 Euro. Die Gesamtschadenssumme belaufe sich demnach auf 352.379,58 Euro. Für das Funktionieren des weitestgehend vertrauensbasiert erfolgenden Honorierungssystems in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung sei eine weitere vertragsärztliche Tätigkeiten des Ast nicht hinnehmbar. Der Sofortvollzug der Zulassungsentziehung sei notwendig, um eine konkrete Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter, wie der körperlicher Unversehrtheit sowie der Funktionsfähigkeit des GKV-Systems durch die Teilnahme vertrauensunwürdiger Vertragsärzte abzuwehren. Der ZA entsprach dem Antrag mit Bescheid vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015). Am 08.04.2015 beantragte der Ast durch seine Bevollmächtigten gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 01.04.2015 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte M. vom 04.03.2015 für die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu Lasten des Ast. Eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der Patienten bestehe nicht. Auch könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem Unterliegen des Ast in der Hauptsache ausgegangen werden. Dieser führe jeden Monat große Beträge an die Beigeladene zu 1) zurück, um die vereinbarte Regresssumme aus dem Komplex um das MVZ in A-Stadt zu tilgen. Der Ag beantragt, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 01.04.2014 gegen den Beschluss des ZA vom 04.03.2015 abzuweisen. Bei einer Anordnung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG seien nach pflichtgemäßem Ermessen die Interessen der Beteiligten bzw. das Interesse des Ast und das öffentliche Interesse gegeneinander abzuwägen. Im vorliegenden Fall liege jedoch eine Patientengefährdung vor. Laut Bericht der Kriminalpolizei habe der Ast im Januar 2013 eine 17-Jährige in seiner Praxis operiert, obwohl er dies nach dem Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A-Stadt aus hygienischen Gründen dort nicht mehr operieren durfte. Soweit der Ast in der dem Antrag beigefügten eidesstattlichen Erklärung versichert habe, nach Mitte Februar 2013 keine ambulanten Operationen oder Laserbehandlungen mehr durchgeführt zu haben, möge dies zwar zutreffen, eine Missachtung der dringend erforderlichen Hygienemaßnahmen, die zu einer evidenten Patientengefährdung führe, wie sich aus dem Bescheid der Stadt A-Stadt vom 14.08.2008, der bis heute Bestand habe, ergebe, ließe jedoch nach Auffassung des Ag Rückschlüsse auf die Geeignetheit des Arztes zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung insgesamt zu. Es sei deshalb zu befürchten, dass bei einer weiteren ärztlichen Betätigung des Ast eine Gefahr für Leib und Leben der Patienten zu besorgen sei. Mit Beschluss des SG Nürnberg vom 09.04.2015 wurden die A., B., C., D., E., F., G., als Trägerin der Krankenversicherung zum Verfahren vor dem SG Nürnberg beigeladen. Aufgrund der bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegebenen Eilbedürftigkeit hat der Vorsitzende der 1. Kammer des SG Nürnberg am 22.04.2015 Ermittlungen in der Augenklinik der Universität A-Stadt-Nürnberg durchgeführt. Dabei ergab sich, dass der Leitende Oberarzt und Operateur der 17-Jährigen bei der Notoperation Schnitte in der Hornhaut der Patientin festgestellt hat, die medizinisch nicht zu erklären waren. Er steht dem Gericht als Zeuge im Hauptsacheverfahren zur Verfügung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des ZA, des BA und des SG Nürnberg, insbesondere auf das Vorbringen in den eingereichten Schriftsätzen, Bezug genommen.
II.
Nach § 86 Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar hat nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG der Widerspruch des Ast gegen den Bescheid des ZA vom 31.03.2014 (Beschluss: 04.03.2014) aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG im vorliegenden Fall, da mit Bescheid des ZA vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet worden war. Das SG Nürnberg ist hier als Gericht der Hauptsache sachlich und örtlich zuständig (§§ 8, 10 Abs. 2, 51 Abs. 1 Nr. 2, 57 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 3 Abs. 2 der Verordnung über die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern (-BayRS-33-A-). Über den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG, der schon vor Klageerhebung zulässig ist (§ 86 b Abs. 3 SGG), entscheidet das angerufene Gericht nach Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 86 b Randnr. 12 c mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung) durch Beschluss (§ 86 b Abs. 4 SGG). Dabei sind in einem summarischen Verfahren (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2001 - 1 BvR 848/01) die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache zu berücksichtigen, soweit sich diese bereits übersehen lassen. An das Interesse des Ast auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid des ZA vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je wahrscheinlicher die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsmittels ist. Ist der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlich, so ist in der Regel die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen (vgl. BayLSG vom 11.01.2002 - L 12 B 427/99 KA ER; vom 10.05.2006 - L 12 B 12/05, Meyer-Ladewig, a. a. O.). An das Interesse des Ast auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sind aber umso höhere Anforderungen zu stellen, je unwahrscheinlicher die Erfolgsaussichten des eingelegten Widerspruches sind. Das erkennende Gericht geht - unabhängig vom Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in den Strafverfahren 902 Js 141785/09 und 902 Js 141012/13 - davon aus, dass der Ast dem System der gesetzlichen Krankenversicherung über mehrere Jahre hinweg einen erheblichen Schaden zugefügt hat. Die entsprechenden Honorarberichtigungs- und Rückforderungsbescheide sind rechtskräftig geworden und der Ast hat selbst telefonisch am 17.06.2014 eingeräumt, dass bei den vom ihm durchgeführten Katarakt-Operationen nicht immer die notwendige Assistenz anwesend war. Er hat damit seine Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung verletzt. Schwerer wiegt im vorliegenden Fall für das erkennende Gericht die Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Patienten bei einer weiteren ärztlichen Tätigkeit des Ast. Aufgrund der aufgezeigten Hygienemängel und aufgrund der vom Ordnungsamt der Stadt A-Stadt mit Bescheid vom 14.01.2008 angeordneten Untersagung der Durchführung von Operationen und invasiven Eingriffen in den Praxisräumen des Ast geht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände bei der Ausübung des ärztlichen Berufes durch den Ast eine erhöhte Gefährdung für die zu behandelnden Patienten aus. Zwar war ihm die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung mit Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 01.02.2012 untersagt worden. Aus für das erkennende Gericht unerklärlichen Gründen erhielt der Ast jedoch bereits mit Schreiben vom 06.07.2012 erneut eine Genehmigung zum ambulanten Operieren, die allerdings beschränkt auf ambulante Lidoperationen war. Die Genehmigung wurde ausschließlich für die Betriebsstätte P., Dr. J., A-Straße, A-Stadt erteilt. Der Ast ließ sich auch nicht durch das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren (Az.: 902 JS 141810/11 wegen fahrlässiger Körperverletzung in mehr als 30 Fällen von der Fortführung seiner Operationstätigkeit abhalten. Zwar war das von der Beigeladenen zu 1) durchgeführte Disziplinarverfahren gegen den Ast, das mit der Erteilung eines Verweises im Jahre 2014 endete, nach Auffassung des erkennenden Gerichtes ungeeignet, weil ein Verweis im Hinblick auf die zugrundeliegenden Sachverhalte von der disziplinarischen Wirkung her unzureichend war. Weder die Untersagungsverfügung der Stadt A-Stadt aus dem Jahre 2008, die gegen den Ast eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren noch die von der KV ausgesprochene Untersagung von weiteren Katarakt-Operationen konnten ihn davon abhalten, im Januar 2013 eine weitere Operation in seinen Praxisräumen in der A-Straße vorzunehmen, obwohl ihm aus hygienischen Gründen eine solche Operationstätigkeit von mehreren Seiten her untersagt war. Eine weitere Teilnahme des Ast an der vertragsärztlichen Versorgung lässt deshalb nach Auffassung des Gerichtes befürchten, dass die Rechtsgüter Leib und Leben bzw. körperliche und seelische Unversehrtheit seiner bisherigen, bei ihm in Behandlung befindlichen Patienten, aber auch solchen Patienten, die den Ast in der Folge in der Erwartung und in dem Vertrauen auf eigene Handlung noch aufsuchen werden, unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt wären. Der Sofortvollzug der Zulassungsentziehung durch den ZA im Bescheid vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) erscheint dem Gericht deshalb notwendig, um eine konkrete Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter nicht nur des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch von Gefahren für die körperliche Unversehrtheit der Patienten, durch die Untersagung seiner Vertragsarzttätigkeit abzuwehren. Für das Gericht müssen deshalb die Eingriffe in das Grundrecht des Ast nach Art. 12 des Grundgesetzes (GG) demgegenüber zurücktreten. Da die konkrete Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter hier den Vorrang hat, ist eine solche Entscheidung auch verhältnismäßig im Sinne des Art. 20 GG. Die sofortige Vollziehung der Entscheidung des ZA vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) war somit gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG nicht zu beanstanden. Der Antrag vom 08.04.2015 war deshalb zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wonach dem Ast als dem unterliegenden Teil die Kosten des Antragsverfahrens aufzuerlegen waren. Bezüglich des Streitwertes in Zulassungssachen finden nach § 197 a Abs. 1 SGG die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) Anwendung. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert nach der für den Ast sich ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Beschluss vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R) im Regelfall auf den Gewinn abzustellen, den der Ast in den nächsten drei Jahren aus der vertragsärztlichen Tätigkeit als Augenarzt hätte erzielt können. Nach ständiger Rechtsprechung ist dabei die Höhe der bundesdurchschnittlichen Umsätze der Arztgruppe abzüglich des durchschnittlichen Praxiskostenanteiles in einem Zeitraum von drei Jahren als Streitwert anzusetzen (vgl. zuletzt BayLSG vom 10.11.2014 - L 12 KA 138/14 B). Augenärzte erzielten im Jahre 2013 in Bayern durchschnittliche Honorareinkünfte in Höhe von 275.176,00 Euro im Jahr. Abzüglich eines Betriebskostensatzes in Höhe von 65,9 %, also 181.341,00 Euro, errechnet sich ein Jahreseinkommen in Höhe von 93.835,00 Euro, im Dreijahreszeitraum in Höhe von 281.505,00 Euro. Da im vorliegenden Antragsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheides ein Streitwert in Höhe von 25 % des Streitwertes in der Hauptsache festzusetzen ist (vgl. BSG vom 06.09.1993 - 6 RKa 25/91 in NZS 1994, Seite 142 ff.), ergibt sich hier gerundet ein Streitwert in Höhe von 70.376,00 Euro.
II. Der Ast trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 70.376,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Ast nimmt seit dem 01.07.2000 als Augenarzt an der vertragsärztlichen Versorgung in Einzelpraxis am Vertragsarztsitz A.-Straße, A-Stadt, teil. Mit Bescheid der K. (= Beigeladene zu 1) vom 07.06.2001 wurde ihm die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung für den Leistungsort A-Straße, A-Stadt, erteilt. Am 10.01.2008 erfolgte durch das Gesundheitsamt A-Stadt eine Besichtigung der Augenarztpraxis des Ast, bei welcher gravierende hygienische Mängel festgestellt wurden. Aufgrund dessen wurde ihm mit Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A-Stadt vom 14.01.2008 aufgrund infektionshygienischer Mängel mit sofortiger Wirkung untersagt, in den Praxisräumen A-Straße, A-Stadt, Operationen und invasive Eingriffe durchzuführen. Mit Schreiben vom 01.02.2012 widerrief die Beigeladene zu 1) die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen im Rahmen der vertraglichen Versorgung. Bereits mit Schreiben vom 06.07.2012 wurde dem Ast dann wieder eine Genehmigung zum ambulanten Operieren erteilt, allerdings beschränkt auf ambulante Lidoperationen. Die Genehmigung war auf die Betriebsstätte P., Dr. J., A-Straße, A-Stadt, beschränkt. Bereits im Jahre 2011 wurden erste Anzeigen gegen den Ast erstattet, da Katarakt-Operationen und deren Nachsorge fehlerhaft durchgeführt worden seien. Die Kriminalpolizei A-Stadt ermittelte über 29 Geschädigte - mittlerweile 33. Am 26.05.2010 erhob der Ast Klage gegen den Beschluss des ZA vom 16.09.2009 in Gestalt des Beschlusses des Ag vom 31.03.2010 und beantragte den Ag zu verpflichten, die überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft des Klägers zu genehmigen, weil er in A-Stadt und B-Stadt vertragsärztlich tätig werden wolle (Az.: S 1 KA 7/12). In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) Nürnberg vom 14.12.2010 wurde der Rechtsstreit bis zur Erledigung des gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahrens 902 Js 141785/09 ausgesetzt. Im Schriftsatz vom 09.05.2012 erklärte der Kläger den Rechtsstreit für erledigt, da das MVZ A-Stadt von ihm zwischenzeitlich aufgegeben worden sei. Für die Behandlung der Patienten in A-Stadt unterzeichnete der Ast am 01.07.2011 eine Rückzahlungsvereinbarung in Höhe von 99.814,00 Euro. Für die unberechtigten Vertretungen wurde am 05.07.2011 im Honoraraufhebungs- und Neufestsetzungsbescheid ein Gesamtrückforderungsbetrag von 125.035,22 Euro festgesetzt. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Bescheid vom 29.01.2014 zurückgewiesen und nicht mit Rechtsmitteln angefochten. Mit Schreiben vom 28.05.2014 leitete die Beigeladene zu 1) aufgrund der Erkenntnisse aus den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft A-Stadt, Zweigstelle A-Stadt, Az.: 902 Js 141785/09 und 902 Js 141012/13 ein Plausibilitätsverfahren über die Quartale III/2009 bis I/2013 gegen den Ast ein. Dabei wurde dem Ast von der Beigeladenen zu 1) eine Rückzahlungsvereinbarung in Höhe von 149.597,50 Euro angeboten. Am 17.06.2014 teilte der Ast dazu telefonisch mit, dass die Streichung aller Eingriffe wegen fehlender Assistenz bei allen ambulanten Eingriffen und Operationen in den Quartalen III/2009 bis I/2013 nicht richtig sei, da nur an einzelnen Tagen keine Assistenz anwesend gewesen sei. Das gegen den Ast derzeit noch offene Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung (Az.: 902 Js 141810/11) bei der Staatanwaltschaft A-Stadt beruht auf einem Fall einer 17-jährigen Anzeigenerstatterin, bei der der Ast eine Keratomie-Operation sowie die Nachsorge fehlerhaft durchgeführt hatte. Der Ast habe die Operation nach den Angaben der Betroffenen alleine und ohne Assistenz durchgeführt. Auf ihre Nachfrage bei einer Unterbrechung der Operation habe er geäußert, dass er etwas nachlesen müsse. Nach der Operation klagte die Geschädigte zunächst über eine Luftblase im Auge, später sei es zu einer "Faltenbildung" gekommen. Die Anzeigenerstatterin habe sich selbständig in die Universitätsaugenklinik d. Universität A-Stadt begeben, wo sie notoperiert und ihr mitgeteilt worden sei, dass die Gefahr einer Erblindung bestanden habe. Mit Schreiben vom 14.01.2015 (eingegangen am 16.01.2015) beantragte die Beigeladene zu 1) beim Zulassungsausschuss für Ärzte - M. (ZA), dem Ast die Zulassung zum Facharzt für Augenheilkunde am Vertragsarztsitz A-Straße, A-Stadt wegen gröblicher Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu entziehen und die sofortige Vollziehung der Entscheidung anzuordnen. Durch das Verhalten des Ast seien dem System der gesetzlichen Krankenversicherung folgende Schäden entstanden: Behandlung von Patienten in A-Stadt in den Quartalen II/2007 bis II/2009: 99.814,00 Euro; nicht genehmigte Vertretungen in den Quartalen I/2007, II/2007, IV/2007 bis III/2008, I/2009, II/2009: 102.968,08 Euro; Kataraktoperationen ohne Assistenz in den Quartalen III/2009 bis I/2013: 149.597,50 Euro. Die Gesamtschadenssumme belaufe sich demnach auf 352.379,58 Euro. Für das Funktionieren des weitestgehend vertrauensbasiert erfolgenden Honorierungssystems in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung sei eine weitere vertragsärztliche Tätigkeiten des Ast nicht hinnehmbar. Der Sofortvollzug der Zulassungsentziehung sei notwendig, um eine konkrete Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter, wie der körperlicher Unversehrtheit sowie der Funktionsfähigkeit des GKV-Systems durch die Teilnahme vertrauensunwürdiger Vertragsärzte abzuwehren. Der ZA entsprach dem Antrag mit Bescheid vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015). Am 08.04.2015 beantragte der Ast durch seine Bevollmächtigten gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 01.04.2015 gegen den Beschluss des Zulassungsausschusses für Ärzte M. vom 04.03.2015 für die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu Lasten des Ast. Eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der Patienten bestehe nicht. Auch könne nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einem Unterliegen des Ast in der Hauptsache ausgegangen werden. Dieser führe jeden Monat große Beträge an die Beigeladene zu 1) zurück, um die vereinbarte Regresssumme aus dem Komplex um das MVZ in A-Stadt zu tilgen. Der Ag beantragt, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 01.04.2014 gegen den Beschluss des ZA vom 04.03.2015 abzuweisen. Bei einer Anordnung nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG seien nach pflichtgemäßem Ermessen die Interessen der Beteiligten bzw. das Interesse des Ast und das öffentliche Interesse gegeneinander abzuwägen. Im vorliegenden Fall liege jedoch eine Patientengefährdung vor. Laut Bericht der Kriminalpolizei habe der Ast im Januar 2013 eine 17-Jährige in seiner Praxis operiert, obwohl er dies nach dem Bescheid des Ordnungsamtes der Stadt A-Stadt aus hygienischen Gründen dort nicht mehr operieren durfte. Soweit der Ast in der dem Antrag beigefügten eidesstattlichen Erklärung versichert habe, nach Mitte Februar 2013 keine ambulanten Operationen oder Laserbehandlungen mehr durchgeführt zu haben, möge dies zwar zutreffen, eine Missachtung der dringend erforderlichen Hygienemaßnahmen, die zu einer evidenten Patientengefährdung führe, wie sich aus dem Bescheid der Stadt A-Stadt vom 14.08.2008, der bis heute Bestand habe, ergebe, ließe jedoch nach Auffassung des Ag Rückschlüsse auf die Geeignetheit des Arztes zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung insgesamt zu. Es sei deshalb zu befürchten, dass bei einer weiteren ärztlichen Betätigung des Ast eine Gefahr für Leib und Leben der Patienten zu besorgen sei. Mit Beschluss des SG Nürnberg vom 09.04.2015 wurden die A., B., C., D., E., F., G., als Trägerin der Krankenversicherung zum Verfahren vor dem SG Nürnberg beigeladen. Aufgrund der bei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegebenen Eilbedürftigkeit hat der Vorsitzende der 1. Kammer des SG Nürnberg am 22.04.2015 Ermittlungen in der Augenklinik der Universität A-Stadt-Nürnberg durchgeführt. Dabei ergab sich, dass der Leitende Oberarzt und Operateur der 17-Jährigen bei der Notoperation Schnitte in der Hornhaut der Patientin festgestellt hat, die medizinisch nicht zu erklären waren. Er steht dem Gericht als Zeuge im Hauptsacheverfahren zur Verfügung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des ZA, des BA und des SG Nürnberg, insbesondere auf das Vorbringen in den eingereichten Schriftsätzen, Bezug genommen.
II.
Nach § 86 Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar hat nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG der Widerspruch des Ast gegen den Bescheid des ZA vom 31.03.2014 (Beschluss: 04.03.2014) aufschiebende Wirkung. Diese entfällt jedoch nach § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG im vorliegenden Fall, da mit Bescheid des ZA vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) die sofortige Vollziehung des Bescheides angeordnet worden war. Das SG Nürnberg ist hier als Gericht der Hauptsache sachlich und örtlich zuständig (§§ 8, 10 Abs. 2, 51 Abs. 1 Nr. 2, 57 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 3 Abs. 2 der Verordnung über die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern (-BayRS-33-A-). Über den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG, der schon vor Klageerhebung zulässig ist (§ 86 b Abs. 3 SGG), entscheidet das angerufene Gericht nach Ermessen aufgrund einer Interessenabwägung (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 86 b Randnr. 12 c mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung) durch Beschluss (§ 86 b Abs. 4 SGG). Dabei sind in einem summarischen Verfahren (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2001 - 1 BvR 848/01) die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels in der Hauptsache zu berücksichtigen, soweit sich diese bereits übersehen lassen. An das Interesse des Ast auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid des ZA vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je wahrscheinlicher die Erfolgsaussicht des eingelegten Rechtsmittels ist. Ist der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlich, so ist in der Regel die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen (vgl. BayLSG vom 11.01.2002 - L 12 B 427/99 KA ER; vom 10.05.2006 - L 12 B 12/05, Meyer-Ladewig, a. a. O.). An das Interesse des Ast auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung sind aber umso höhere Anforderungen zu stellen, je unwahrscheinlicher die Erfolgsaussichten des eingelegten Widerspruches sind. Das erkennende Gericht geht - unabhängig vom Abschluss der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in den Strafverfahren 902 Js 141785/09 und 902 Js 141012/13 - davon aus, dass der Ast dem System der gesetzlichen Krankenversicherung über mehrere Jahre hinweg einen erheblichen Schaden zugefügt hat. Die entsprechenden Honorarberichtigungs- und Rückforderungsbescheide sind rechtskräftig geworden und der Ast hat selbst telefonisch am 17.06.2014 eingeräumt, dass bei den vom ihm durchgeführten Katarakt-Operationen nicht immer die notwendige Assistenz anwesend war. Er hat damit seine Pflicht zur peinlich genauen Leistungsabrechnung verletzt. Schwerer wiegt im vorliegenden Fall für das erkennende Gericht die Gefährdung der körperlichen Unversehrtheit der Patienten bei einer weiteren ärztlichen Tätigkeit des Ast. Aufgrund der aufgezeigten Hygienemängel und aufgrund der vom Ordnungsamt der Stadt A-Stadt mit Bescheid vom 14.01.2008 angeordneten Untersagung der Durchführung von Operationen und invasiven Eingriffen in den Praxisräumen des Ast geht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände bei der Ausübung des ärztlichen Berufes durch den Ast eine erhöhte Gefährdung für die zu behandelnden Patienten aus. Zwar war ihm die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von ambulanten Operationen und sonstigen stationsersetzenden Eingriffen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung mit Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 01.02.2012 untersagt worden. Aus für das erkennende Gericht unerklärlichen Gründen erhielt der Ast jedoch bereits mit Schreiben vom 06.07.2012 erneut eine Genehmigung zum ambulanten Operieren, die allerdings beschränkt auf ambulante Lidoperationen war. Die Genehmigung wurde ausschließlich für die Betriebsstätte P., Dr. J., A-Straße, A-Stadt erteilt. Der Ast ließ sich auch nicht durch das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren (Az.: 902 JS 141810/11 wegen fahrlässiger Körperverletzung in mehr als 30 Fällen von der Fortführung seiner Operationstätigkeit abhalten. Zwar war das von der Beigeladenen zu 1) durchgeführte Disziplinarverfahren gegen den Ast, das mit der Erteilung eines Verweises im Jahre 2014 endete, nach Auffassung des erkennenden Gerichtes ungeeignet, weil ein Verweis im Hinblick auf die zugrundeliegenden Sachverhalte von der disziplinarischen Wirkung her unzureichend war. Weder die Untersagungsverfügung der Stadt A-Stadt aus dem Jahre 2008, die gegen den Ast eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren noch die von der KV ausgesprochene Untersagung von weiteren Katarakt-Operationen konnten ihn davon abhalten, im Januar 2013 eine weitere Operation in seinen Praxisräumen in der A-Straße vorzunehmen, obwohl ihm aus hygienischen Gründen eine solche Operationstätigkeit von mehreren Seiten her untersagt war. Eine weitere Teilnahme des Ast an der vertragsärztlichen Versorgung lässt deshalb nach Auffassung des Gerichtes befürchten, dass die Rechtsgüter Leib und Leben bzw. körperliche und seelische Unversehrtheit seiner bisherigen, bei ihm in Behandlung befindlichen Patienten, aber auch solchen Patienten, die den Ast in der Folge in der Erwartung und in dem Vertrauen auf eigene Handlung noch aufsuchen werden, unkalkulierbaren Risiken ausgesetzt wären. Der Sofortvollzug der Zulassungsentziehung durch den ZA im Bescheid vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) erscheint dem Gericht deshalb notwendig, um eine konkrete Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter nicht nur des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern auch von Gefahren für die körperliche Unversehrtheit der Patienten, durch die Untersagung seiner Vertragsarzttätigkeit abzuwehren. Für das Gericht müssen deshalb die Eingriffe in das Grundrecht des Ast nach Art. 12 des Grundgesetzes (GG) demgegenüber zurücktreten. Da die konkrete Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter hier den Vorrang hat, ist eine solche Entscheidung auch verhältnismäßig im Sinne des Art. 20 GG. Die sofortige Vollziehung der Entscheidung des ZA vom 31.03.2015 (Beschluss: 04.03.2015) war somit gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 5 SGG nicht zu beanstanden. Der Antrag vom 08.04.2015 war deshalb zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wonach dem Ast als dem unterliegenden Teil die Kosten des Antragsverfahrens aufzuerlegen waren. Bezüglich des Streitwertes in Zulassungssachen finden nach § 197 a Abs. 1 SGG die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) Anwendung. Nach § 52 Abs. 1 GKG ist in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit der Streitwert nach der für den Ast sich ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dabei ist nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Beschluss vom 01.09.2005 - B 6 KA 41/04 R) im Regelfall auf den Gewinn abzustellen, den der Ast in den nächsten drei Jahren aus der vertragsärztlichen Tätigkeit als Augenarzt hätte erzielt können. Nach ständiger Rechtsprechung ist dabei die Höhe der bundesdurchschnittlichen Umsätze der Arztgruppe abzüglich des durchschnittlichen Praxiskostenanteiles in einem Zeitraum von drei Jahren als Streitwert anzusetzen (vgl. zuletzt BayLSG vom 10.11.2014 - L 12 KA 138/14 B). Augenärzte erzielten im Jahre 2013 in Bayern durchschnittliche Honorareinkünfte in Höhe von 275.176,00 Euro im Jahr. Abzüglich eines Betriebskostensatzes in Höhe von 65,9 %, also 181.341,00 Euro, errechnet sich ein Jahreseinkommen in Höhe von 93.835,00 Euro, im Dreijahreszeitraum in Höhe von 281.505,00 Euro. Da im vorliegenden Antragsverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und der sofortigen Vollziehbarkeit eines Bescheides ein Streitwert in Höhe von 25 % des Streitwertes in der Hauptsache festzusetzen ist (vgl. BSG vom 06.09.1993 - 6 RKa 25/91 in NZS 1994, Seite 142 ff.), ergibt sich hier gerundet ein Streitwert in Höhe von 70.376,00 Euro.
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