Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 SO 2922/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 456/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im vorliegenden Verfahren steht die Übernahme der Kosten einer Zwangsräumung durch den Beklagten im Streit.
Der am 1963 geborene Kläger, diplomierter Physiker und bis Juni 1999 als Software-Entwickler abhängig beschäftigt, machte sich am 25. April 2000 mit einer IT-Dienstleistung selbständig. Seit 1. Juni 1997 hatte er in der R.-W.-Straße in Leimen eine Zwei-Zimmerwohnung (Penthouse) mit einer Wohnfläche von 73 m² angemietet, für die eine monatliche Kaltmiete von 850,00 DM sowie Nebenkostenvorauszahlungen von monatlich 180,00 DM zu entrichten waren. Von März 2002 bis Dezember 2004 bezog er vom Beklagten Sozialhilfe nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), und zwar u.a. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU), wobei die Kosten für die Unterkunft und Heizung ab Juli 2002 nur noch in für angemessen erachteter Höhe von insgesamt 293,00 Euro (Kaltmiete 230,11 Euro, kalte Nebenkosten 26,89 Euro, Heizkosten 36,00 Euro) übernommen wurden (vgl. Bescheide vom 27. Juni, 23. Juli, 4. Oktober und 27. November 2002, Bescheide vom 8. April und 11. Juni 2003, Bescheid vom 29. Juni 2004). Ab 27. Juli 2004 war der Kläger - nach einer Zwangsräumung - aufgrund Einweisungsverfügung der Ortspolizeibehörde der Stadt Leimen in das Anwesen Rathausstraße 1 (Zwei-Zimmerwohnung im 1. Obergeschoss links, Gesamtfläche 54,76 m²) eingewiesen. Seit 1. Januar 2005 bezieht der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Erstmals von Mietzahlungsproblemen des Klägers hatte der Beklagte anlässlich eines über das Bürgermeisteramt Leimen geführten Ferngesprächs vom 5. September 2002 erfahren, in welchem der Kläger den 11. September 2002 als Verhandlungstermin einer Räumungsklage nannte. Von der bevorstehenden Zwangsräumung erfuhr der Beklagte schließlich am 2. Juli 2004 über ein (am 25. Juni 2004 bei der Stadt Leimen eingegangenes) Schreiben des Gerichtsvollziehers vom 24. Juni 2004. Dem am 28. Juli 2004 gestellten Antrag des Klägers auf einmalige Leistungen ("Transport eingelagerter Sachen + Küche ++ siehe Anlageblatt Nr. 1") nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gab der Beklagte mit Bescheiden vom 11. August und 30. September 2004 insoweit statt, als dem Kläger Beihilfen für einen gebrauchten Kühlschrank, einen gebrauchten Elektroherd und eine gebrauchte Spüle sowie zur Übernahme der Kosten für den Aufbau eines Schrankes durch eine Firma bewilligt wurden. Durch Bescheid vom 28. Oktober 2004 gab der Beklagte ferner dem am 7. September 2004 gestellten Antrag ("Waschmaschine, Trockner") durch Bewilligung einer Beihilfe für eine gebrauchte Waschmaschine statt, lehnte jedoch die beantragte Beihilfe für einen Trockner ab. Ein am 21. September 2004 gestellter Antrag des Klägers auf Übernahme der Mietkosten für die einmonatige Anmietung eines Kellerraums zur Deponierung seiner Umzugskartons bis zum Schrankaufbau wurde mit Bescheid vom 26. Oktober 2004 abgelehnt.
Mit Fax vom 30. Dezember 2007 beantragte der Kläger beim Sozialamt des Beklagten unter Bezugnahme auf einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts (AG) Heidelberg vom 12. April 2005 (21 M 2135/05) über von ihm an seine frühere Vermieterin zu erstattende Zwangsvollsteckungskosten in Höhe von 5.595,40 Euro (zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26. Januar 2005) die "Übernahme der Kosten meiner Zwangsräumung vom 27.07.2004, hilfsweise die Übernahme des Teils der Räumungskosten, der auch bei einem Umzug entstanden wäre" mit der Begründung, dass der Beklagte die Kosten für den Umzug auch hätte tragen müssen; der Kostenfestsetzungsbeschluss sei allerdings noch nicht rechtskräftig. Mit Bescheid vom 18. Januar 2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger eine Schuldverpflichtung ohne vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers eingegangen sei; es entspreche dem Wesen der Sozialleistungen nach dem SGB II, dass nur Bedarfssituationen, welche in der Zukunft lägen, zu befriedigen seien. Hiergegen legte der Kläger mit Telefax vom 25. Februar 2008 unter Hinweis auf den Poststempel vom 21. Januar 2008 beim Beklagten Widerspruch ein; ausweislich des auf dem Telefax angebrachten Aktenstempels ging der Widerspruch dort am 26. Februar 2008 ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte der Kläger u.a. aus, im Fall eines Erfolgs des beim Landessozialgericht (LSG) anhängigen Verfahrens (L 7 SO 4202/07) sei nicht das SGB II, sondern das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) maßgeblich. An einem rechtzeitigen Antrag vor der Zwangsräumung sei er gehindert gewesen, weil über seinen am 16. Juni 2004 gestellten "Räumungsfristverlängerungsantrag" erst am 22. Juli 2004 entschieden worden sei und er den auf seine sofortige Beschwerde ergangenen Beschwerdebeschluss erst nach der Zwangsräumung am 12. August 2004 erhalten habe; ferner habe er die Beschwerdeentscheidung über seinen Vollstreckungsschutzantrag vom 13. Juli 2004 ebenfalls erst am 12. August 2004 erhalten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 als unzulässig, da verspätet eingelegt, zurückgewiesen. Im Übrigen sei der Widerspruch auch unbegründet; der Termin der Zwangsräumung im Jahr 2004 sei dem Kläger sicherlich schon vorher bekannt gewesen, sodass es diesem, trotz der angeführten Beschwerdeverfahren möglich gewesen wäre, zeitnah entsprechende Anträge zu stellen; weder der sozialrechtliche Herstellungsanspruch noch § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) würden hier weiterhelfen.
Deswegen hat der Kläger am 1. September 2008 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Er hat unter Übersendung eines Faxprotokolls vorgebracht, den Widerspruch nicht per Post, sondern mittels Fax am 25. Februar 2008 gegen 18.46 Uhr an das Landratsamt versandt zu haben, von wo aus der Empfang um 18.48 Uhr bestätigt worden sei. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten; selbst wenn der Kläger den Nachweis erbringen könne, dass die Übersendung des Widerspruchs per Telefax fehlerfrei innerhalb der Widerspruchsfrist erfolgt sei, sei die Klage unbegründet, weil keine Anspruchsgrundlage für dessen Begehren bestehe; weder komme die Übernahme von Umzugskosten in Betracht, da der Kläger nicht vorhabe, von einer Wohnung in eine andere umzuziehen, noch könne der Anspruch auf § 73 SGB XII gestützt werden, weil diese Vorschrift keine allgemeine Grundlage für die Übernahme von Schulden biete. Durch Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig, denn der Beklagte habe den Widerspruch nicht lediglich als unzulässig verworfen, sondern zugleich inhaltlich behandelt. In der Sache vermöge der Kläger indessen nicht durchdringen; für sein Begehren gebe es keine Rechtsgrundlage. Wegen der weiteren Einzelheiten der Gründe wird auf den dem Kläger am 17. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 19. Januar 2009 (Montag) beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er ausgeführt, zur Zeit der Zwangsräumung hätten die Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gegolten; gemäß § 5 BSHG habe es keines Antrags bedurft, ausreichend sei vielmehr die Kenntnis des Sozialamts über den Bedarf gewesen, den der Beklagte über § 15a Abs. 2 BSHG erlangt habe. Die Nichtbewilligung der Umzugskosten trotz Kenntnis müsse einem ablehnenden Bescheid gleichgestellt werden; § 44 SGB X finde auch für Leistungen nach dem BSHG Anwendung. Er habe im Übrigen sämtliche Widersprüche gegen Bescheide an die Fax-Nummer 06221-522-94711, die er sich nicht selbst ausgedacht habe, sondern die ihm vom Beklagten früher einmal mitgeteilt worden sei, gefaxt, weil dies das einzige Faxgerät des Beklagten sei, das die Fehlerkorrektur nicht deaktiviert habe und einen Wiederholungsrequest sende, wenn ein Datenpaket fehlerhaft angekommen sei. Mit der Fax-Empfangsbestätigung sei sein Widerspruch in den Machtbereich des Beklagten gelangt; wenn dieser nicht haben wolle, dass an die vorgenannte Fax-Nummer gesendet werde, müsse er den Eingang deaktivieren.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Dezember 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2008 zu verurteilen, die Kosten der Zwangsräumung am 27. Juli 2004 gemäß dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 12. April 2005 zu übernehmen, hilfsweise die Sache an das Sozialgericht Mannheim zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Die zum SG erhobene Klage sei bereits unzulässig, weil der Bescheid vom 18. Januar 2008 in Bestandskraft erwachsen sei. Der Widerspruch des Klägers sei erst am 26. Februar 2008 bei ihm eingegangen. Damit sei die Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht gewahrt, und zwar selbst dann nicht, wenn die Angabe des Klägers über eine Bekanntgabe des Bescheids am 24. Januar 2008 zutreffe. Der Widerspruch des Klägers sei im Übrigen mit einer unzutreffenden Durchwahlnummer versandt worden, die im gesamten Landratsamt nicht existiere; allerdings verfüge das Landratsamt über ein technisches Gerät, welches Faxe, die mit einer falschen Durchwahlnummer gesendet würden, speichere; in regelmäßigen Abständen würden die eingegangenen "Fehlläufer" durch einen Mitarbeiter an die zentrale Poststelle weitergeleitet, um den endgültigen Verlust von Dokumenten, die an eine nicht vergebene Fax-Durchwahl verschickt würden, zu vermeiden. Das Fax des Klägers sei am 25. Februar 2008 um 18.48 Uhr durch die technische Einrichtung aufgefangen und vom zuständigen Mitarbeiter am Folgetag um 6.35 Uhr an die Poststelle weitergeleitet worden. Damit sei der Widerspruch jedoch nicht rechtzeitig in seinen Machtbereich gelangt. Der Kläger habe im Übrigen keinen Anspruch auf Übernahme der für die Zwangsräumung festgesetzten Kosten; die Übernahme zivilrechtlicher Rechtsverfolgungskosten sei den abschließenden Regelungen der §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung zu entnehmen.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten (12 Bände (einschließlich Behelfsakten und Anlagenband)), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufungsbeschränkungen des § 144 Abs. 1 SGG nicht eingreifen. Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers (§ 71 Abs. 1 SGG) bestehen im Hinblick auf den von ihm im Verfahren L 7 SO 4202/07 am 7. August 2011 vorgelegten Beschluss des AG Heidelberg vom 3. August 2011 ( ), mit dem das Verfahren auf Anordnung einer Betreuung insbesondere mit Blick auf ein Gutachten des Dr. N., Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie, vom 9. November 2009 eingestellt worden ist, nicht. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Für eine Zurückverweisung der Sache an das SG (§ 159 SGG) besteht keine Veranlassung.
Der Senat folgt im Ergebnis der Auffassung des SG, dass eine Bestandskraft (§ 77 SGG) des vom Kläger mit Widerspruch angegangenen Bescheids vom 18. Januar 2008 nicht vorliegt. Dies ergibt sich freilich entgegen der Ansicht des SG nicht bereits daraus, dass der Beklagte in dem - den Widerspruch als unzulässig zurückweisenden - Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 ergänzende Erwägungen zur Begründetheit des Rechtsbehelfs angestellt hat. Allerdings besitzt die Behörde im Rahmen ihrer Sachherrschaft über das Widerspruchsverfahren die Befugnis, auch über einen verspätet eingelegten Widerspruch sachlich zu entscheiden; hilfsweise Darlegungen zur Richtigkeit des mit einem solchen Rechtsbehelf angefochtenen Bescheids machen den Widerspruchsbescheid jedoch nicht zu einer Sachentscheidung, weil die Widerspruchsbehörde auf den Einwand der Bestandskraft gerade nicht verzichtet hat (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 3 (jeweils Rdnr. 13)). Vorliegend hat der Kläger seinen am 25. Februar 2008 verfassten Widerspruch indessen bereits rechtzeitig innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG beim Beklagten eingelegt. Der Lauf einer Frist beginnt regelmäßig mit dem Tage nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tage nach der Eröffnung oder Verkündung (§ 64 Abs. 1 SGG). Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf des Tages, welcher nach seiner Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt - hier also die Bekanntgabe des Bescheids vom 18. Januar 2008 - fällt (§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG); fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (Abs. 3 a.a.O.). Gemäß § 37 Abs. 2 1. Halbsatz SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Der Bescheid vom 18. Januar 2008 ist nach den vom Beklagten nicht widerlegten Angaben des Klägers erst am 21. Januar 2008 befördert worden; die Bekanntgabe des Bescheids ist damit nach der vorstehenden Fiktion mit dem 24. Januar 2008 bewirkt gewesen (vgl. zur Beweislast des Beklagten bei Nichtaufklärbarkeit eines früheren Zugangs BSG SozR 4-3500 § 21 Nr. 1 (Rdnr. 10)). Da der 24. Februar 2008 ein Sonntag war, endete die Frist zur Einlegung des Widerspruchs mit Ablauf des 25. Februar 2008. An diesem Tag ist der vom Kläger aus dem Mobilfunknetz eingelegte Widerspruch unter der von ihm angewählten - im Übrigen ihm vom Beklagten nach seinem gleichfalls unwidersprochen gebliebenen Vorbringen in der Vergangenheit selbst mitgeteilten - Durchwahlnummer 06221-522-94711 bei der insoweit beim Landratsamt eigens für Fehlläufer eingerichteten "administrativen Auffangsstelle" gegen 18.48 Uhr eingegangen. Unerheblich für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines Telefaxes ist, dass das auf diesem Wege übermittelte Dokument noch innerhalb desselben Tages ausgedruckt wird, weil für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit allein auf den vollständigen Empfang (Speicherung) der gesendeten technischen Signale abzustellen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 84/09 B - (juris); Bundesgerichtshof BGHZ 167, 214). Dass sein zweiseitiger Widerspruch noch am 25. Februar 2008 zur oben genannten Uhrzeit beim Landratsamt vollständig eingegangen ist, wird indessen durch das vom Kläger bereits im Klageverfahren vorgelegte Faxprotokoll sowie den vom Beklagten im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Nachweis über den Eingang bei der administrativen Auffangstelle bestätigt. Der Beklagte hat diese Auffangsstelle nach seiner eigenen Darstellung eingerichtet, um endgültige Verluste von Dokumenten zu vermeiden. Der Widerspruch des Klägers war mithin nicht verspätet. In der Sache vermag der Kläger mit seinem Begehren indes nicht durchzudringen.
a) Soweit der Kläger sich sinngemäß darauf beruft, seinen sozialhilferechtlichen Bedarf rechtzeitig beim Beklagten angemeldet zu haben, könnte nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts (vgl. hierzu etwa BSG SozR 4-5910 § 92c Nr. 1 (Rdnr. 12)) noch an die bis 31. Dezember 2004 geltenden sozialhilferechtlichen Vorschriften gedacht werden. Als Anspruchsgrundlage könnte alsdann § 12 BSHG i.Vm. § 3 Abs. 1 Sätze 5 und 6 der Verordnung zu § 22 BSHG herangezogen werden (vgl. etwa Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin, Urteil vom 20. Juli 1989 - 6 B 68.88 - FEVS 39, 227; Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 27. August 2004 - 3 K 3745/03 - juris)); dort ist bestimmt, dass Wohnbeschaffungskosten und Mietkautionen nach vorheriger Zustimmung des Sozialhilfeträgers übernommen werden können. Um Umzugs- oder Wohnbeschaffungskosten in diesem Sinne handelt es sich indessen bei den Kosten einer Zwangsräumung nicht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - B 8 SO 21/10 BH - (BeckRS 2011, 65231 (beck-online.beck.de)); denn nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind Umzugskosten im Interesse einer klaren Abgrenzung auf die eigentlichen Kosten des Umzugs, wie etwa die Kosten für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzin und Verpackungsmaterial zu begrenzen (vgl. BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 16 (jeweils Rdnr. 15); BSG SozR 4-4200 § 23 Nr. 4 (Rdnr. 12); BSG, Urteil vom 18. Februar 1010 - B 4 AS 28/09 R - (juris; Rdnr. 17); BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - B 14 AS 152/10 R - (juris; Rdnr. 16)).
b) Hinsichtlich der hier verlangten Übernahme der Kosten für die Zwangsräumung kommt ferner eine Schuldenübernahme nach der vom Kläger herangezogenen Bestimmung des § 15a BSHG ebenfalls nicht in Betracht. Denn der Kläger hat die Wohnung in der R.-W.-Straße in Leimen aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen endgültig verloren, sodass das gesetzgeberische Ziel für die Übernahme von Schulden, nämlich der Erhalt der Wohnung (vgl. BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 41 (jeweils Rdnr. 23); ferner LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. März 2009 - L 28 AS 253/09 B -; Hamb. OVG, Beschluss vom 5. März 1997 - Bf IV 18/95 - (beide juris)), schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Hieran hat sich im Übrigen durch die ab 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage (vgl. § 34 SGB XII, § 22 Abs. 5 SGB II) nichts geändert.
c) Eine Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 27 Abs. 2 BSHG oder des § 73 SGB XII scheidet gleichfalls aus. Die dortigen Öffnungsklauseln ermöglichen es zwar in Fällen, die vom übrigen Sozialleistungssystem nicht erfasst werden, Hilfen zu erbringen und damit einen "Sonderbedarf" zu decken; von der Vorschrift erfasst werden jedoch nur besondere Bedarfslagen, die nicht bereits durch andere Vorschriften der betreffenden Gesetzeswerke erfasst sind (vgl. BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 (jeweils Rdnrn. 22 f.); BSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 6 (jeweils Rdnr. 13); BSG SozR 4-3500 § 21 Nr. 1 (Rdnr. 24)). Entsprechende Bedarfslagen kennen indessen - wie oben unter a) und b) ausgeführt - sowohl das BSHG als auch das SGB XII.
d) Ferner vermag der sozialrechtliche Herstellungsanspruch dem Begehren des Klägers nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Herstellungsanspruch (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 a.a.O. (Rdnrn. 20 f.)) greift ein, wenn der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht insbesondere zur Beratung und Auskunft verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf außerdem dem Gesetzeszweck nicht widersprechen. Vorliegend ist indes bereits ein Beratungsfehler des Beklagten mit Blick auf die Zwangsräumung der Wohnung in der R.-W.-Straße in Leimen nicht erkennbar; die Fehleinschätzung des Klägers, die Wohnung trotz rechtskräftigem Räumungstitel erhalten zu können, vermag er nicht dem Beklagten anzulasten.
e) Der Kläger kann sich darüber hinaus auf die Vorschrift des § 44 SGB X nicht berufen. Denn ein der Überprüfung nach dieser Bestimmung unterliegender Bescheid des Beklagten ist nicht ergangen; ohnehin gälte insoweit das Gleiche, wie in den Ausführungen unter a) und b) bereits dargelegt.
f) Auch sonst ist eine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers nicht erkennbar. Die Sozialhilfe bietet regelmäßig keine Grundlage, den Rechtssuchenden vor der Inanspruchnahme wegen der zu erstattenden Kosten des Gegners zu schützen (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 310 § 166 VwGO Nrn. 24, 30 und 32; Sächs. LSG, Beschluss vom 7. November 2007 - L 3 B 490/07 SO-ER (juris); OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juli 1992 - 8 A 1066/90 - NJW 1993, 482; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. März 1995 - 7 S 3583/94 - (juris)); dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. den in den beiden letztgenannten Entscheidungen des BVerwG zitierten Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16. März 1992 - 1 BvR 29/92 -; ferner BVerfGE 78, 194, 118).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im vorliegenden Verfahren steht die Übernahme der Kosten einer Zwangsräumung durch den Beklagten im Streit.
Der am 1963 geborene Kläger, diplomierter Physiker und bis Juni 1999 als Software-Entwickler abhängig beschäftigt, machte sich am 25. April 2000 mit einer IT-Dienstleistung selbständig. Seit 1. Juni 1997 hatte er in der R.-W.-Straße in Leimen eine Zwei-Zimmerwohnung (Penthouse) mit einer Wohnfläche von 73 m² angemietet, für die eine monatliche Kaltmiete von 850,00 DM sowie Nebenkostenvorauszahlungen von monatlich 180,00 DM zu entrichten waren. Von März 2002 bis Dezember 2004 bezog er vom Beklagten Sozialhilfe nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), und zwar u.a. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU), wobei die Kosten für die Unterkunft und Heizung ab Juli 2002 nur noch in für angemessen erachteter Höhe von insgesamt 293,00 Euro (Kaltmiete 230,11 Euro, kalte Nebenkosten 26,89 Euro, Heizkosten 36,00 Euro) übernommen wurden (vgl. Bescheide vom 27. Juni, 23. Juli, 4. Oktober und 27. November 2002, Bescheide vom 8. April und 11. Juni 2003, Bescheid vom 29. Juni 2004). Ab 27. Juli 2004 war der Kläger - nach einer Zwangsräumung - aufgrund Einweisungsverfügung der Ortspolizeibehörde der Stadt Leimen in das Anwesen Rathausstraße 1 (Zwei-Zimmerwohnung im 1. Obergeschoss links, Gesamtfläche 54,76 m²) eingewiesen. Seit 1. Januar 2005 bezieht der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Erstmals von Mietzahlungsproblemen des Klägers hatte der Beklagte anlässlich eines über das Bürgermeisteramt Leimen geführten Ferngesprächs vom 5. September 2002 erfahren, in welchem der Kläger den 11. September 2002 als Verhandlungstermin einer Räumungsklage nannte. Von der bevorstehenden Zwangsräumung erfuhr der Beklagte schließlich am 2. Juli 2004 über ein (am 25. Juni 2004 bei der Stadt Leimen eingegangenes) Schreiben des Gerichtsvollziehers vom 24. Juni 2004. Dem am 28. Juli 2004 gestellten Antrag des Klägers auf einmalige Leistungen ("Transport eingelagerter Sachen + Küche ++ siehe Anlageblatt Nr. 1") nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gab der Beklagte mit Bescheiden vom 11. August und 30. September 2004 insoweit statt, als dem Kläger Beihilfen für einen gebrauchten Kühlschrank, einen gebrauchten Elektroherd und eine gebrauchte Spüle sowie zur Übernahme der Kosten für den Aufbau eines Schrankes durch eine Firma bewilligt wurden. Durch Bescheid vom 28. Oktober 2004 gab der Beklagte ferner dem am 7. September 2004 gestellten Antrag ("Waschmaschine, Trockner") durch Bewilligung einer Beihilfe für eine gebrauchte Waschmaschine statt, lehnte jedoch die beantragte Beihilfe für einen Trockner ab. Ein am 21. September 2004 gestellter Antrag des Klägers auf Übernahme der Mietkosten für die einmonatige Anmietung eines Kellerraums zur Deponierung seiner Umzugskartons bis zum Schrankaufbau wurde mit Bescheid vom 26. Oktober 2004 abgelehnt.
Mit Fax vom 30. Dezember 2007 beantragte der Kläger beim Sozialamt des Beklagten unter Bezugnahme auf einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts (AG) Heidelberg vom 12. April 2005 (21 M 2135/05) über von ihm an seine frühere Vermieterin zu erstattende Zwangsvollsteckungskosten in Höhe von 5.595,40 Euro (zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26. Januar 2005) die "Übernahme der Kosten meiner Zwangsräumung vom 27.07.2004, hilfsweise die Übernahme des Teils der Räumungskosten, der auch bei einem Umzug entstanden wäre" mit der Begründung, dass der Beklagte die Kosten für den Umzug auch hätte tragen müssen; der Kostenfestsetzungsbeschluss sei allerdings noch nicht rechtskräftig. Mit Bescheid vom 18. Januar 2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger eine Schuldverpflichtung ohne vorherige Zusicherung des kommunalen Trägers eingegangen sei; es entspreche dem Wesen der Sozialleistungen nach dem SGB II, dass nur Bedarfssituationen, welche in der Zukunft lägen, zu befriedigen seien. Hiergegen legte der Kläger mit Telefax vom 25. Februar 2008 unter Hinweis auf den Poststempel vom 21. Januar 2008 beim Beklagten Widerspruch ein; ausweislich des auf dem Telefax angebrachten Aktenstempels ging der Widerspruch dort am 26. Februar 2008 ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte der Kläger u.a. aus, im Fall eines Erfolgs des beim Landessozialgericht (LSG) anhängigen Verfahrens (L 7 SO 4202/07) sei nicht das SGB II, sondern das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) maßgeblich. An einem rechtzeitigen Antrag vor der Zwangsräumung sei er gehindert gewesen, weil über seinen am 16. Juni 2004 gestellten "Räumungsfristverlängerungsantrag" erst am 22. Juli 2004 entschieden worden sei und er den auf seine sofortige Beschwerde ergangenen Beschwerdebeschluss erst nach der Zwangsräumung am 12. August 2004 erhalten habe; ferner habe er die Beschwerdeentscheidung über seinen Vollstreckungsschutzantrag vom 13. Juli 2004 ebenfalls erst am 12. August 2004 erhalten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 als unzulässig, da verspätet eingelegt, zurückgewiesen. Im Übrigen sei der Widerspruch auch unbegründet; der Termin der Zwangsräumung im Jahr 2004 sei dem Kläger sicherlich schon vorher bekannt gewesen, sodass es diesem, trotz der angeführten Beschwerdeverfahren möglich gewesen wäre, zeitnah entsprechende Anträge zu stellen; weder der sozialrechtliche Herstellungsanspruch noch § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) würden hier weiterhelfen.
Deswegen hat der Kläger am 1. September 2008 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Er hat unter Übersendung eines Faxprotokolls vorgebracht, den Widerspruch nicht per Post, sondern mittels Fax am 25. Februar 2008 gegen 18.46 Uhr an das Landratsamt versandt zu haben, von wo aus der Empfang um 18.48 Uhr bestätigt worden sei. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten; selbst wenn der Kläger den Nachweis erbringen könne, dass die Übersendung des Widerspruchs per Telefax fehlerfrei innerhalb der Widerspruchsfrist erfolgt sei, sei die Klage unbegründet, weil keine Anspruchsgrundlage für dessen Begehren bestehe; weder komme die Übernahme von Umzugskosten in Betracht, da der Kläger nicht vorhabe, von einer Wohnung in eine andere umzuziehen, noch könne der Anspruch auf § 73 SGB XII gestützt werden, weil diese Vorschrift keine allgemeine Grundlage für die Übernahme von Schulden biete. Durch Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Gründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei zulässig, denn der Beklagte habe den Widerspruch nicht lediglich als unzulässig verworfen, sondern zugleich inhaltlich behandelt. In der Sache vermöge der Kläger indessen nicht durchdringen; für sein Begehren gebe es keine Rechtsgrundlage. Wegen der weiteren Einzelheiten der Gründe wird auf den dem Kläger am 17. Dezember 2008 zugestellten Gerichtsbescheid verwiesen.
Hiergegen richtet sich die am 19. Januar 2009 (Montag) beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung hat er ausgeführt, zur Zeit der Zwangsräumung hätten die Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gegolten; gemäß § 5 BSHG habe es keines Antrags bedurft, ausreichend sei vielmehr die Kenntnis des Sozialamts über den Bedarf gewesen, den der Beklagte über § 15a Abs. 2 BSHG erlangt habe. Die Nichtbewilligung der Umzugskosten trotz Kenntnis müsse einem ablehnenden Bescheid gleichgestellt werden; § 44 SGB X finde auch für Leistungen nach dem BSHG Anwendung. Er habe im Übrigen sämtliche Widersprüche gegen Bescheide an die Fax-Nummer 06221-522-94711, die er sich nicht selbst ausgedacht habe, sondern die ihm vom Beklagten früher einmal mitgeteilt worden sei, gefaxt, weil dies das einzige Faxgerät des Beklagten sei, das die Fehlerkorrektur nicht deaktiviert habe und einen Wiederholungsrequest sende, wenn ein Datenpaket fehlerhaft angekommen sei. Mit der Fax-Empfangsbestätigung sei sein Widerspruch in den Machtbereich des Beklagten gelangt; wenn dieser nicht haben wolle, dass an die vorgenannte Fax-Nummer gesendet werde, müsse er den Eingang deaktivieren.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Dezember 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 18. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2008 zu verurteilen, die Kosten der Zwangsräumung am 27. Juli 2004 gemäß dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 12. April 2005 zu übernehmen, hilfsweise die Sache an das Sozialgericht Mannheim zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Die zum SG erhobene Klage sei bereits unzulässig, weil der Bescheid vom 18. Januar 2008 in Bestandskraft erwachsen sei. Der Widerspruch des Klägers sei erst am 26. Februar 2008 bei ihm eingegangen. Damit sei die Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht gewahrt, und zwar selbst dann nicht, wenn die Angabe des Klägers über eine Bekanntgabe des Bescheids am 24. Januar 2008 zutreffe. Der Widerspruch des Klägers sei im Übrigen mit einer unzutreffenden Durchwahlnummer versandt worden, die im gesamten Landratsamt nicht existiere; allerdings verfüge das Landratsamt über ein technisches Gerät, welches Faxe, die mit einer falschen Durchwahlnummer gesendet würden, speichere; in regelmäßigen Abständen würden die eingegangenen "Fehlläufer" durch einen Mitarbeiter an die zentrale Poststelle weitergeleitet, um den endgültigen Verlust von Dokumenten, die an eine nicht vergebene Fax-Durchwahl verschickt würden, zu vermeiden. Das Fax des Klägers sei am 25. Februar 2008 um 18.48 Uhr durch die technische Einrichtung aufgefangen und vom zuständigen Mitarbeiter am Folgetag um 6.35 Uhr an die Poststelle weitergeleitet worden. Damit sei der Widerspruch jedoch nicht rechtzeitig in seinen Machtbereich gelangt. Der Kläger habe im Übrigen keinen Anspruch auf Übernahme der für die Zwangsräumung festgesetzten Kosten; die Übernahme zivilrechtlicher Rechtsverfolgungskosten sei den abschließenden Regelungen der §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung zu entnehmen.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten (12 Bände (einschließlich Behelfsakten und Anlagenband)), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufungsbeschränkungen des § 144 Abs. 1 SGG nicht eingreifen. Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers (§ 71 Abs. 1 SGG) bestehen im Hinblick auf den von ihm im Verfahren L 7 SO 4202/07 am 7. August 2011 vorgelegten Beschluss des AG Heidelberg vom 3. August 2011 ( ), mit dem das Verfahren auf Anordnung einer Betreuung insbesondere mit Blick auf ein Gutachten des Dr. N., Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie, vom 9. November 2009 eingestellt worden ist, nicht. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Für eine Zurückverweisung der Sache an das SG (§ 159 SGG) besteht keine Veranlassung.
Der Senat folgt im Ergebnis der Auffassung des SG, dass eine Bestandskraft (§ 77 SGG) des vom Kläger mit Widerspruch angegangenen Bescheids vom 18. Januar 2008 nicht vorliegt. Dies ergibt sich freilich entgegen der Ansicht des SG nicht bereits daraus, dass der Beklagte in dem - den Widerspruch als unzulässig zurückweisenden - Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2008 ergänzende Erwägungen zur Begründetheit des Rechtsbehelfs angestellt hat. Allerdings besitzt die Behörde im Rahmen ihrer Sachherrschaft über das Widerspruchsverfahren die Befugnis, auch über einen verspätet eingelegten Widerspruch sachlich zu entscheiden; hilfsweise Darlegungen zur Richtigkeit des mit einem solchen Rechtsbehelf angefochtenen Bescheids machen den Widerspruchsbescheid jedoch nicht zu einer Sachentscheidung, weil die Widerspruchsbehörde auf den Einwand der Bestandskraft gerade nicht verzichtet hat (vgl. Bundessozialgericht (BSG) BSGE 99, 252 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 3 (jeweils Rdnr. 13)). Vorliegend hat der Kläger seinen am 25. Februar 2008 verfassten Widerspruch indessen bereits rechtzeitig innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG beim Beklagten eingelegt. Der Lauf einer Frist beginnt regelmäßig mit dem Tage nach der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit dem Tage nach der Eröffnung oder Verkündung (§ 64 Abs. 1 SGG). Eine nach Monaten bestimmte Frist endet mit dem Ablauf des Tages, welcher nach seiner Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt - hier also die Bekanntgabe des Bescheids vom 18. Januar 2008 - fällt (§ 64 Abs. 2 Satz 1 SGG); fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages (Abs. 3 a.a.O.). Gemäß § 37 Abs. 2 1. Halbsatz SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Der Bescheid vom 18. Januar 2008 ist nach den vom Beklagten nicht widerlegten Angaben des Klägers erst am 21. Januar 2008 befördert worden; die Bekanntgabe des Bescheids ist damit nach der vorstehenden Fiktion mit dem 24. Januar 2008 bewirkt gewesen (vgl. zur Beweislast des Beklagten bei Nichtaufklärbarkeit eines früheren Zugangs BSG SozR 4-3500 § 21 Nr. 1 (Rdnr. 10)). Da der 24. Februar 2008 ein Sonntag war, endete die Frist zur Einlegung des Widerspruchs mit Ablauf des 25. Februar 2008. An diesem Tag ist der vom Kläger aus dem Mobilfunknetz eingelegte Widerspruch unter der von ihm angewählten - im Übrigen ihm vom Beklagten nach seinem gleichfalls unwidersprochen gebliebenen Vorbringen in der Vergangenheit selbst mitgeteilten - Durchwahlnummer 06221-522-94711 bei der insoweit beim Landratsamt eigens für Fehlläufer eingerichteten "administrativen Auffangsstelle" gegen 18.48 Uhr eingegangen. Unerheblich für die Rechtzeitigkeit des Eingangs eines Telefaxes ist, dass das auf diesem Wege übermittelte Dokument noch innerhalb desselben Tages ausgedruckt wird, weil für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit allein auf den vollständigen Empfang (Speicherung) der gesendeten technischen Signale abzustellen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 84/09 B - (juris); Bundesgerichtshof BGHZ 167, 214). Dass sein zweiseitiger Widerspruch noch am 25. Februar 2008 zur oben genannten Uhrzeit beim Landratsamt vollständig eingegangen ist, wird indessen durch das vom Kläger bereits im Klageverfahren vorgelegte Faxprotokoll sowie den vom Beklagten im Berufungsverfahren zu den Akten gereichten Nachweis über den Eingang bei der administrativen Auffangstelle bestätigt. Der Beklagte hat diese Auffangsstelle nach seiner eigenen Darstellung eingerichtet, um endgültige Verluste von Dokumenten zu vermeiden. Der Widerspruch des Klägers war mithin nicht verspätet. In der Sache vermag der Kläger mit seinem Begehren indes nicht durchzudringen.
a) Soweit der Kläger sich sinngemäß darauf beruft, seinen sozialhilferechtlichen Bedarf rechtzeitig beim Beklagten angemeldet zu haben, könnte nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts (vgl. hierzu etwa BSG SozR 4-5910 § 92c Nr. 1 (Rdnr. 12)) noch an die bis 31. Dezember 2004 geltenden sozialhilferechtlichen Vorschriften gedacht werden. Als Anspruchsgrundlage könnte alsdann § 12 BSHG i.Vm. § 3 Abs. 1 Sätze 5 und 6 der Verordnung zu § 22 BSHG herangezogen werden (vgl. etwa Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin, Urteil vom 20. Juli 1989 - 6 B 68.88 - FEVS 39, 227; Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 27. August 2004 - 3 K 3745/03 - juris)); dort ist bestimmt, dass Wohnbeschaffungskosten und Mietkautionen nach vorheriger Zustimmung des Sozialhilfeträgers übernommen werden können. Um Umzugs- oder Wohnbeschaffungskosten in diesem Sinne handelt es sich indessen bei den Kosten einer Zwangsräumung nicht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. Dezember 2010 - B 8 SO 21/10 BH - (BeckRS 2011, 65231 (beck-online.beck.de)); denn nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind Umzugskosten im Interesse einer klaren Abgrenzung auf die eigentlichen Kosten des Umzugs, wie etwa die Kosten für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzin und Verpackungsmaterial zu begrenzen (vgl. BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 16 (jeweils Rdnr. 15); BSG SozR 4-4200 § 23 Nr. 4 (Rdnr. 12); BSG, Urteil vom 18. Februar 1010 - B 4 AS 28/09 R - (juris; Rdnr. 17); BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - B 14 AS 152/10 R - (juris; Rdnr. 16)).
b) Hinsichtlich der hier verlangten Übernahme der Kosten für die Zwangsräumung kommt ferner eine Schuldenübernahme nach der vom Kläger herangezogenen Bestimmung des § 15a BSHG ebenfalls nicht in Betracht. Denn der Kläger hat die Wohnung in der R.-W.-Straße in Leimen aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen endgültig verloren, sodass das gesetzgeberische Ziel für die Übernahme von Schulden, nämlich der Erhalt der Wohnung (vgl. BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 41 (jeweils Rdnr. 23); ferner LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. März 2009 - L 28 AS 253/09 B -; Hamb. OVG, Beschluss vom 5. März 1997 - Bf IV 18/95 - (beide juris)), schon tatsächlich nicht mehr erreicht werden kann. Hieran hat sich im Übrigen durch die ab 1. Januar 2005 geltenden Rechtslage (vgl. § 34 SGB XII, § 22 Abs. 5 SGB II) nichts geändert.
c) Eine Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 27 Abs. 2 BSHG oder des § 73 SGB XII scheidet gleichfalls aus. Die dortigen Öffnungsklauseln ermöglichen es zwar in Fällen, die vom übrigen Sozialleistungssystem nicht erfasst werden, Hilfen zu erbringen und damit einen "Sonderbedarf" zu decken; von der Vorschrift erfasst werden jedoch nur besondere Bedarfslagen, die nicht bereits durch andere Vorschriften der betreffenden Gesetzeswerke erfasst sind (vgl. BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 1 (jeweils Rdnrn. 22 f.); BSGE 107, 169 = SozR 4-3500 § 28 Nr. 6 (jeweils Rdnr. 13); BSG SozR 4-3500 § 21 Nr. 1 (Rdnr. 24)). Entsprechende Bedarfslagen kennen indessen - wie oben unter a) und b) ausgeführt - sowohl das BSHG als auch das SGB XII.
d) Ferner vermag der sozialrechtliche Herstellungsanspruch dem Begehren des Klägers nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Herstellungsanspruch (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 a.a.O. (Rdnrn. 20 f.)) greift ein, wenn der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht insbesondere zur Beratung und Auskunft verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf außerdem dem Gesetzeszweck nicht widersprechen. Vorliegend ist indes bereits ein Beratungsfehler des Beklagten mit Blick auf die Zwangsräumung der Wohnung in der R.-W.-Straße in Leimen nicht erkennbar; die Fehleinschätzung des Klägers, die Wohnung trotz rechtskräftigem Räumungstitel erhalten zu können, vermag er nicht dem Beklagten anzulasten.
e) Der Kläger kann sich darüber hinaus auf die Vorschrift des § 44 SGB X nicht berufen. Denn ein der Überprüfung nach dieser Bestimmung unterliegender Bescheid des Beklagten ist nicht ergangen; ohnehin gälte insoweit das Gleiche, wie in den Ausführungen unter a) und b) bereits dargelegt.
f) Auch sonst ist eine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers nicht erkennbar. Die Sozialhilfe bietet regelmäßig keine Grundlage, den Rechtssuchenden vor der Inanspruchnahme wegen der zu erstattenden Kosten des Gegners zu schützen (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Buchholz 310 § 166 VwGO Nrn. 24, 30 und 32; Sächs. LSG, Beschluss vom 7. November 2007 - L 3 B 490/07 SO-ER (juris); OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13. Juli 1992 - 8 A 1066/90 - NJW 1993, 482; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. März 1995 - 7 S 3583/94 - (juris)); dies ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. den in den beiden letztgenannten Entscheidungen des BVerwG zitierten Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 16. März 1992 - 1 BvR 29/92 -; ferner BVerfGE 78, 194, 118).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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