L 9 AS 3481/12 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AS 4556/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3481/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 13. Juli 2012 aufgehoben. Dem Kläger wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Verfahren S 20 AS 4556/11 vor dem Sozialgericht Freiburg bewilligt und Rechtsanwalt E. K., F., beigeordnet.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers hat Erfolg, denn er hat Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) S 10 AS 4556/11.

Die statthafte Beschwerde (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ist frist- sowie formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit zulässig. Die Ausschlusstatbestände des § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor. Das SG hat seine Entscheidung nicht auf das Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützt, sondern die Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaussicht in der Hauptsache abgelehnt. Damit liegt ein Fall des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht vor. Der Statthaftigkeit der Beschwerde steht ferner nicht entgegen, dass in der Hauptsache der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 Euro nicht übersteigt und die Berufung deshalb der Zulassung bedürfte (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Der Senat schließt sich insofern der Rechtsprechung u. a. des 13. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (vgl. hierzu Beschlüsse vom 12. August 2011, L 13 AS 1913/11 NZB, 12. August 2011, L 13 AS 1830/11 B, und 2. Juli 2012, L 13 AS 531/12 B) an.

Die Beschwerde ist auch begründet, denn das SG hat die Bewilligung von PKH zu Unrecht abgelehnt.

Voraussetzung für die Bewilligung von PKH ist auch im sozialgerichtlichen Verfahren (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff ZPO) neben der PKH-Bedürftigkeit (§§ 114, 115 ZPO) und der Erforderlichkeit der Anwaltsbeiordnung eine hinreichende Erfolgsaussicht für die beabsichtigte Rechtsverfolgung (§ 114 Satz 1 ZPO).

Hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers auf Grund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (Geimer in Zöller, Zivilprozessordnung, 29. Auflage, 2012, Rdnr. 19 zu § 114).

Die vorstehend genannten Voraussetzungen sind erfüllt, denn die Erfolgsaussichten der Klage sind derzeit offen, was für die Bewilligung von PKH genügt.

Das SG hat im angefochtenen Beschluss zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die Absenkung der bewilligten Leistungen - §§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 31a, 31b, 16d Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - dargelegt, weswegen der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf den angefochtenen Beschluss verweist.

Allerdings ist es auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage entgegen der Auffassung des SG möglich, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird, so dass die Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 114 Satz 1 SGG hat.

Zunächst ist festzustellen, dass die Frage, ob dem in § 16d SGB II (in der hier maßgeblichen und bis 31. März 2012 geltenden Fassung) geforderten Merkmal der ?Zusätzlichkeit? der Arbeiten drittschützender Charakter zukommt bzw. ob es ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen begründet, mit dem er sich gegen eine Absenkung von Leistungen zur Wehr setzen kann, bislang höchstrichterlich nicht entschieden ist. Das BSG hat dies in den zu der Vorgängervorschrift zu § 16d SGB II, dem § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II in der Fassung bis 31. Dezember 2008 ergangenen Entscheidungen vom 16. Dezember 2008, B 4 AS 60/07 R, und vom 17. Dezember 2009, B 4 AS 30/09 R, ausdrücklich offen gelassen, wenngleich es ?Zweifel? am Bestehen eines subjektiven Rechtes bei Absenkung des Leistungsanspruches geäußert hat, da die Vorschrift dem Konkurrentenschutz diene. In der Literatur wird dazu die Auffassung vertreten, dass das Fehlen der ?Zusätzlichkeit? der Arbeiten im Rahmen eines Rechtsschutzbegehrens gegen die Absenkung von Leistungen nach § 31 SGB II geltend gemacht werden kann und zu prüfen ist (vgl. u.a. Valgolio in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, § 31 Rdnr104 u.a. mit Hinweis auf die Änderung des § 16d zum 01. April 2012; Berlit in Münder, Kommentar zum SGB II, § 31 Rdnr 45; Vießmann in NZS 2011, 128, 129ff, 132).

Kommt danach ein subjektiv-öffentliches Recht des Leistungsberechtigten auf Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen, also auch der ?Zusätzlichkeit? der Arbeiten, ernstlich in Betracht, so bedarf es näherer Feststellungen, ob es sich bei den dem Kläger angebotenen Arbeiten um ?zusätzliche? im Sinne des § 16d SGB II gehandelt hat, was das SG auf der Grundlage seiner abweichenden Rechtsauffassung offen gelassen hat. Angesichts dessen ist eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage nicht zu verneinen und - nachdem der Kläger auf Grund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse als Leistungsempfänger nach dem SGB II auch PKH-bedürftig ist - PKH zu bewilligen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
Rechtskraft
Aus
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