Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 744/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4249/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.09.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1966 im L. geborene Kläger hatte bis 1988 im L. die Schule besucht und in Deutschland den Beruf des Elektroinstallateurs gelernt. Am 24.02.1994 hatte er die Gesellenprüfung erfolgreich abgelegt. In der Zeit von September 1991 bis 2001 arbeitete er als Elektriker, seitdem war er arbeitslos und lebte von Arbeitslosengeld. Ihm wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 v.H. seit dem 06.02.2008 mit dem Merkzeichen "G" (Gehbehinderung) zuerkannt.
Der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit hatte in einer von der Beklagten beigezogenen gutachterlichen Äußerung vom 12.12.2007 aufgrund der ärztlich mitgeteilten Diagnosen Morbus Bechterew und degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom mit skoliotischer Fehlstellung Arbeitsunfähigkeit für voraussichtlich bis zu sechs Monaten angenommen und in der Folge die Stellung eines Antrags auf Erwerbsminderungsrente angeregt.
Am 17.03.2009 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf eine seit dem Jahr 2001 bestehende Bechterew-Erkrankung und Rheuma.
Der Kläger war in der Zeit vom 14.05.2009 bis zum 30.05.2009 im Rheumazentrum B.-B. zur stationären Behandlung. Im Entlassbericht vom 31.05.2009 wurden folgende Diagnosen benannt: Lumbospondylogenes, thorkospondylogenes und chronisches zervikocephales Syndrom, HLA-B27 negative ankylosierende Spondylarthropathie mit Iliosakralgelenksankylose beidseits, insuffiziente lumbale Rückenmuskulatur, Steilstellung der Halswirbelsäule mit Osteochondrose und Spondylarthrosen. Die beklagte Schmerzsymptomatik im HWS-Bereich werde im Rahmen der degenerativen postentzündlichen Veränderungen und der Wirbelsäulenfehlform bei insuffizienter Rückenmuskulatur gesehen. Nach Physiotherapie und Ergotherapie habe der Kläger seine bei Aufnahme noch eingesetzte Unterarmgehstütze nicht mehr benötigt. Eine medikamentöse Therapie sei eingeleitet worden. Während der Aufnahmeuntersuchung sei ein deutliches Aggravierungsverhalten des Klägers aufgefallen.
Der mit der Begutachtung des Klägers beauftrage Orthopäde Dr. R. bestellte diesen am 29.07.2009 erneut ein. Im Rahmen der Beschwerdeschilderung benannte der Kläger Ganzkörperschmerzen. Dr. R. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 03.08.2009 ein chronisches Schmerzsyndrom bei HLA-B27 negativer ankylosierender Spondylarthropathie mit Iliosakralgelenksankylose beidseits. Ein eindeutiger Weichteilreizzustand habe nicht verifiziert werden können. Die Gelenksbewegungen seien sowohl an den oberen als auch den unteren Gliedmaßen seitengleich frei durchführbar. Rheumatypische Deformierungen bestünden nicht. Im Rahmen der Wirbelsäulenuntersuchung hätten sich teilweise deutliche Demonstrationstendenzen gezeigt. Eine Nervenwurzelkompressionsproblematik bestehe nicht, der neuro-orthopädische Untersuchungsbefund sei unauffällig. Es bestehe eine seitengleich gut ausgeprägte Fußsohlenbeschwielung bei deutlichen Gebrauchsspuren des getragenen Schuhwerkes, was auf eine adäquate Belastung der unteren Gliedmaßen schließen lasse. Wegefähigkeit sei gegeben. In der Zusammensicht der Befundkonstellation der Wirbelsäule sei von einer mäßigen Funktionseinbuße auszugehen. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht erheblich gefährdet. Der Kläger könne ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ohne häufiges Bücken weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Sitzen oder Gehen sechs Stunden oder mehr verrichten.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 10.08.2009 ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch lägen vor, beim Kläger bestehe aber weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung.
Der Kläger erhob dagegen am 17.08.2009 Widerspruch. Er teilte mit, er sei wegen seiner Erkrankung erwerbsunfähig und könne keine sechs Stunden mehr arbeiten. Zum Beweis seines Vorbringens legte er den Entlassbericht aus dem Rheumazentrum B.-B. vom 31.05.2009 vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2010 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 11.02.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg. Er wiederholte und vertiefte sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Er sei krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, einer regulären Erwerbstätigkeit als Elektriker oder danach als Lagerist nachzugehen. Er leide unter massiven Schmerzstörungen im Bereich der Wirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen in die Extremitäten. Im Jahr 2007 sei die Diagnose einer entzündlichen chronischen degenerativen und deformierenden Wirbelsäulenerkrankung gestellt worden. Diese werde teilweise auch als Morbus Bechterew umschrieben und er leide unter erheblichen schmerzhaften Beeinträchtigungen. Infolgedessen sei er mittlerweile auch als schwerbehindert mit Merkzeichen "G" anerkannt.
Das Sozialgericht beauftragte den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt der R. B. Dr. O. mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger. In seinem Gutachten vom 17.07.2012 beschrieb der Gutachter zunächst die vom Kläger benannten Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen. Der Kläger habe mitgeteilt, er leide seit vielen Jahren unter Lumbalgien, die sich mittlerweile in den Brustwirbelsäulenbereich und in die Halswirbelsäule ausgedehnt hätten. Die Beschwerden seien tendenziell zunehmend. Aufgrund schlechter Gehfähigkeit benutze er einen Gehstock rechts, die maximale Gehstrecke betrage 5 min., danach würden Knie- und Rückenschmerzen stark zunehmen. Er könne den Kopf in keine Richtung bewegen, insbesondere nicht zur Seite drehen. Beide Hände würden anschwellen und er habe keine Kraft in den Händen. Zu Hause halte er sich oft liegend auf, selten sitzend und gehe etwas in der Wohnung umher. Der Kläger teilte mit, er befinde sich in rheumatischer Behandlung, er erhalte Massagen und Medikamente. Hierdurch habe keine Linderung erzielt werden können. Dr. O. führte weiter aus, beim Kläger sei im Jahr 2007 eine undifferenzierte Sponylarthopathie diagnostiziert worden. Seither werde er rheumatologisch betreut und auf diese Diagnose hin behandelt. Die aktuell vorliegenden Röntgenaufnahmen der gesamten Wirbelsäule zeigten keine Veränderungen, die typisch für eine derartige Erkrankung seien, sondern allenfalls leichte bis mäßig ausgeprägte degenerative Veränderungen unter Betonung der Halswirbelsäule. Die zwischenzeitlich diagnostizierte Sakroileitis sei im Verlauf unzweifelhaft vorhanden. Die vom Kläger genannten massiven Schmerzen und Funktionseinschränkungen seien mit dieser Diagnose und den vorliegenden Röntgenaufnahmen nicht in Übereinstimmung zu bringen. Bei der körperlichen Untersuchung habe der Kläger eine praktisch vollständige Einsteifung der gesamten Wirbelsäule vom Kopf bis zum Becken demonstriert. Hierzu habe es radiologisch kein Korrelat gegeben. Die vom Kläger genannten schmerzhaften Funktionseinschränkungen der Kniegelenke zeigten im klinischen Untersuchungsbefund dagegen Unauffälligkeit, Funktionseinschränkungen oder Reizzustände der Kniegelenke lägen nicht vor. Die anderen Gelenke der oberen und unteren Extremitäten seien frei beweglich, wenn auch etwas atypische und teils extrem starke Schmerzen angegeben würden. Weitere radiologische Abklärungen seien nicht notwendig. Nicht auszuschließen sei eine fortgeschrittene somatoforme Schmerzstörung, die sich nach der Sakroileitis entwickelt und im Verlauf selbständig gemacht habe. Auch Aggravierungstendenzen seien nicht ausgeschlossen. Dr. O. benannte als Diagnosen: 1. Hochgradiger Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, 2. Verdacht auf Spondylitis mit abgelaufener Sakroileitis, 3. degeneratives HWS-Syndrom bei Osteochondrose und Spondylose C 4/5, C5/6, C6/7 4. chronisches BWS-Syndrom bei allenfalls beginnenden degenerativen Veränderungen der mittleren BWS 5. chronisches LWS-Syndrom bei vergrößerten Facettengelenken L 4/5 und L5/S1.
Auf die Frage nach der beruflichen Leistungsfähigkeit erklärte der Gutachter Dr. O., die abgelaufene Sakroileitis schränke ebenso wie die degenerativen Veränderungen von Lenden-, Brust-und Halswirbelsäule die Fähigkeit ein, Tätigkeiten gebückt, vorn übergebeugt oder in Zwangshaltungen des Rumpfes und des Kopfes zu verrichten. Der Kläger müsse das Anheben und Tragen von Gewichten über 10 kg vermeiden. Eine monotone Haltung sei zu vermeiden, ebenso längeres Stehen auf der Stelle oder stundenlanges Sitzen ohne die Möglichkeit die Sitzposition zu verändern. Der Kläger könne nur noch leichte körperliche Arbeiten verrichten. Zu vermeiden sei außerdem eine Exposition an Kälte, Nässe, Zugluft und Witterungsverhältnisse. Alle übrigen Tätigkeiten seien ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit noch möglich. Die Kniegelenksbeschwerden, die Schulterschmerzen und das Anschwellen und die Kraftlosigkeit der Hände könnten klinisch nicht nachvollzogen werden und hätten bei der Untersuchung auch nicht zu Funktionseinschränkungen geführt. Daher schränkten diese Beschwerden die Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ein. Der Kläger sei unter den genannten Einschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich mindestens fünf Tage in der Woche zu verrichten. Ergänzend teilte der Gutachter mit, er habe bei der Begutachtung des Klägers erhebliche Schmutzantragungen an beiden Händen, wie sie bei KFZ-Mechanikern typisch seien, bemerkt. Auf Nachfrage habe der Kläger erklärt, er habe am Vortag gemeinsam mit seinem Bruder die Reifen an seinem PKW, einem Mercedes der A-Klasse, gewechselt. Der Gutachter wies darauf hin, dass je nach Bereifung die Reifen der Mercedes A-Klasse zwischen 13 und 16 kg wögen. Ein Reifenwechsel sei mit dem Anheben und Tragen schwerer Gegenstände sowie mit vornüber gebückter Haltung verbunden. Diese Tätigkeit sei nicht mit der Beschwerdeschilderung des Klägers in Übereinstimmung zu bringen.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.09.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI. Die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit seien beim Kläger nicht erfüllt. Der Kläger sei mit gewissen Funktionseinschränkungen noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechsstündig zu verrichten. Dies ergebe sich aus der Einschätzung des Orthopäden Dr. R., der den Kläger im Verwaltungsverfahren begutachtet habe, und der im Ergebnis ähnlichen Bewertung des Gesundheitszustands des Klägers durch den im Gerichtsverfahren tätigen Gutachter Dr. O ... Beide Ärzte hätten beim Kläger eine Spondylitis festgestellt. Der Gutachter Dr. O. sei wegen der Diskrepanz der objektiven Befunde und der subjektiven Beschwerdeschilderung durch den Kläger darüber hinaus von einem Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung ausgegangen. Die von den Dres. R. und O. genannten Gesundheitsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen würden durch den Entlassbericht des Klägers aus dem Rheumazentrum B.-B. im Wesentlichen gestützt. Die Untersuchungsbefunde von Dr. R. in dem Messblatt für den Bewegungsapparat nach der Neutral-O-Methode, die die Bewegungsausmaße verschiedener Gelenke darstelle, bestätigten die Einschätzung des gerichtlich bestellten Gutachters Dr. O., es liege keine vollständige Einsteifung der Wirbelsäule vor. Der vom Gutachter Dr. O. beschriebene klinische Befund decke sich sowohl mit den radiologischen Untersuchungen als auch mit den Bewegungsuntersuchungen von Dr. R ... Soweit der Kläger massive Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen benannt habe, die mit diesem klinischen, radiologischen und bewegungstechnischen Befund nicht in Übereinstimmung zu bringen seien, müsse von einer somatoformen bzw. psychischen Überlagerung ausgegangen werden. Ob ggf. auch eine Aggravation in Betracht komme, lasse sich nicht mit Sicherheit beantworten. Dafür bestünden durchaus Anhaltspunkte, so etwa die nach Physiotherapie und Ergotherapie plötzlich stark verbesserte Gehfähigkeit des Klägers, Demonstrationstendenzen in den Begutachtungssituationen, eine gute Fußsohlenbeschwielung bei deutlichen Gebrauchsspuren der Schuhe trotz angeblicher Unfähigkeit, außerhalb des Hauses längere Strecken zu laufen oder die nicht nachvollziehbare Kraftminderung der Hände bei gleichzeitig zugegebener Automechanikertätigkeit. Andererseits könne auch eine somatoforme Schmerzstörung eine deutliche Diskrepanz zwischen subjektivem Gesundheitsgefühl und den objektiv tatsächlich bestehenden, klinisch und radiologisch nachweisbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen verursachen. Die von Dr. O. vorgenommene Leistungseinschätzung, die sich mit jener von Dr. R. im Verwaltungsverfahren decke, sei schlüssig und überzeugend. Der Kläger könne mit qualitativen Einschränkungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin vollschichtig ausüben. Beim Kläger liege trotz des vorliegenden Schwerbehindertenausweises mit Merkzeichen "G" keine Einschränkung der Wegefähigkeit vor, zumal ihm ein Fahrzeug zur Verfügung stehe. Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder für eine schwere spezifische Leistungseinschränkung würden nicht vorliegen. Die Beklagte treffe daher nicht die Pflicht, ausnahmsweise eine Verweisungstätigkeit für den Kläger zu benennen. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI komme nicht in Betracht, da der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 14.09.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.10.2012 Berufung eingelegt. Er vertritt die Auffassung, es sei unerlässlich, ein schmerztherapeutisches Gutachten einzuholen, um die geltend gemachten Leistungseinschränkungen im Hinblick auf die hochgradige und seit 2007 chronifizierte Schmerzerkrankung durch einen Spezialisten auf diesem Fachgebiet feststellen zu lassen. Der Gutachter Dr. O. habe darauf hingewiesen, dass in Bezug auf die somatoforme Schmerzstörung bislang keine Diagnostik oder Therapie erfolgt sei. Er habe auch ausgeführt, dass bei Bestätigung dieser Diagnose die daraus ableitbaren Einschränkungen durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychosomatik festzulegen seien. Dies folge aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.05.2012 (B 9 SB 91/11 B).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.09.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu bewilligen, hilfsweise, einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychosomatik mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens zum Ausmaß der auf diesem Fachgebiet bestehenden gesundheitlichen Leistungseinschränkungen zu beauftragen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die vom Kläger vertretene Einschätzung seines Leistungsvermögens werde von den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht gestützt. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei zutreffend.
Der Senat hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 21.05.2013 abgelehnt.
Am 22.05.2013 hat die Berichterstatterin einen Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes durchgeführt und darauf hingewiesen, dass die Verdachtsdiagnose einer somatoformen Schmerzstörung zunächst einer fachärztlichen Abklärung bedürfe und zum Gegenstand eines neuen Rentenverfahrens gemacht werden könne.
Mit Schreiben vom 23.05.2013 hat die Berichterstatterin ferner darauf hingewiesen, dass nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- die Möglichkeit bestehe, dem Kläger Kosten aufzuerlegen, wenn er den Rechtsstreit fortführe, obwohl ihm die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden sei und er auf die Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtstreits hingewiesen worden sei, und dass der Senat im Hinblick auf die Ausführungen im Prozesskostenhilfebeschluss die Fortführung des Rechtsstreits als rechtsmissbräuchlich ansehe und die Auferlegung von Missbrauchskosten in Betracht ziehe.
Der Kläger hat hierzu noch vortragen lassen, bei der Annahme einer somatoformen Schmerzstörung durch den Gutachter Dr. O. handele es sich zwangsläufig um eine Verdachtsdiagnose, weil Dr. O. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sei. Diese Diagnose könne wegen der Amtsermittlungspflicht des Gerichts auch trotz des Eindrucks von Aggravierungstendenzen nicht außer Betracht bleiben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die auf Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Sozialgericht hat die Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 10.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Er ist durch die ergangenen Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI); volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Davon ausgehend steht dem Kläger keine Erwerbsminderungsrente zu. Eine Erwerbsminderung aufgrund der bei ihm bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen ist nicht nachgewiesen. Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dessen Gerichtsbescheid Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist ergänzend noch Folgendes auszuführen: Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stehen Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. Der Verwaltungsgutachter Dr. R. hat am 03.08.2009 ein chronisches Schmerzsyndrom bei HLA-B27 negativer ankylosierender Spondylarthropathie mit Iliosakralankylose beidseits diagnostiziert sowie eine nachgewiesene HWS-Bandscheibendegeneration festgestellt. Er hat bei seiner Begutachtung den Entlassbericht des A. Rheumazentrums B.-B. über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 14.05.2009 bis zum 30.05.2009 ausgewertet, in dessen Rahmen diese Diagnosen gestellt worden waren. Dr. R. konnte auch weder einen eindeutigen Weichteilreizzustand beim Kläger verifizieren noch hat er rheumatypische Deformierungen feststellen können. Eine Nervenkompression hat er nicht festgestellt, die Untersuchungen mit neuroorthopädischem Schwerpunkt waren unauffällig. Diese Diagnosen finden im Wesentlichen Bestätigung in dem vom Sozialgericht eingeholten orthopädischen Sachverständigengutachten von Dr. O. vom 17.07.2012. Dieser diagnostizierte auf orthopädischem Fachgebiet einen Verdacht auf HLA-B27 negativer ankylosierende Spondylitis mit abgelaufener Sakroileitis, ein degeneratives HWS-Syndrom bei Osteochondrose und Spondylose C4/5, C 5/6 und C6/7, ein chronisches BWS-Syndrom bei allenfalls beginnenden degenerativen Veränderungen der mittleren BWS und ein chronisches LWS-Syndrom bei vergrößerten Facettengelenken L4/5 und L5/S1. Leistungseinschränkungen in zeitlicher Hinsicht haben weder Dr. R. noch Dr. O. angenommen, der Kläger sei in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Wechselhaltung im Umfang von sechs Stunden und mehr durchzuführen. Erkrankungen oder Funktionseinschränkungen an den Gelenken der oberen und unteren Extremitäten, insbesondere an den Kniegelenken konnten trotz geäußerter, z.T. atypischer Schmerzen weder Dr. R. noch Dr. O. feststellen. Eine Erwerbsminderung i.S.v. § 43 SGB VI liegt damit nicht vor. Beide Gutachter haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit festgestellt.
Soweit der Gutachter Dr. O. zusätzlich die Verdachtsdiagnose einer somatoformen Schmerzstörung gestellt hat, ergibt sich allein daraus für den Senat keine Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung im Berufungsverfahren. Dem hilfsweise gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychosomatik brauchte nicht entsprochen zu werden. Bei dem vom Bevollmächtigten des Klägers beantragten schmerztherapeutischen Gutachten hätte es sich um einen Ausforschungsbeweis gehandelt. Schmerztherapeutische/psychosomatische Behandlungen oder auch nur eine schmerztherapeutische Untersuchung haben weder vor dem Gutachten von Dr. O. am 17.07.2012 noch in der Zeit zwischen der Erstellung seines Gutachtens und der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 10.7.2013 stattgefunden. Hätte der Kläger unter starken Schmerzen gelitten, hätte er von sich aus um entsprechende Behandlung nachgesucht, was offenbar weder vor noch nach Erstellung des Gutachtens Dr. O. der Fall war. Noch nicht einmal eine medikamentöse Schmerzbehandlung ist beim Kläger außerhalb stationärer Aufenthalte eingeleitet worden. Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter Dr. O. auch keine Schmerzmitteleinnahme, sondern lediglich die medikamentöse Behandlung mit dem entzündungshemmenden Medikament Prednisolon angegeben.
Dr. O. stützt seinen Verdacht auf Vorliegen einer Schmerzerkrankung auf die vom Kläger ihm gegenüber angegebenen massiven Schmerzen, die sich allerdings mit den gestellten Diagnosen und den festgestellten Funktionseinschränkungen nicht haben in Einklang bringen lassen. Der Gutachter sieht aufgrund dessen zwar die Möglichkeit, dass sich eine solche Erkrankung infolge der abgelaufenen Sakroileitis entwickelt haben könnte, weist aber zugleich darauf hin, dass es sich dabei ausschließlich um eine Hypothese handele, da hierzu bislang noch keine Diagnostik und Therapie erfolgt sei.
Sind die angegebenen Schmerzen schon nicht ärztlich nach Intensität, Ursache und medikamentöser Beeinflussbarkeit belegt, so bestehen darüber hinaus auch erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben des Klägers. Zusammen mit den eindeutigen Hinweisen auf eine Aggravation durch den Kläger, die Dr. O. ebenfalls festgestellt hat und mit der vom Kläger geschilderten Tätigkeit des Reifenwechsels an einem PKW der A-Klasse am Vortag ausführlich begründet hat, spricht dies gegen einen erheblichen Leidensdruck des Klägers. Bereits bei Dr. R. sind deutliche Demonstrationstendenzen bei der Wirbelsäulenuntersuchung aufgefallen. Darüber hinaus hat Dr. R. trotz des Gebrauchs einer Gehstütze durch den Kläger keine Auffälligkeiten an der Fußsohlenbeschwielung und der Abnutzung des Schuhwerks feststellen können und daher auf eine adäquate Belastbarkeit der unteren Gliedmaße geschlossen. Dr. O. konnte trotz massiver Schmerzangaben des Kläger bei der Untersuchung an den Kniegelenken ebenfalls keinen klinischen Befund feststellen. Auch die vom Kläger angegebenen Schwellungszustände an den Händen haben sich bei der Untersuchung durch Dr. O. nicht bestätigt. Dr. O. hat ferner beschrieben, dass der Kläger eine völlige Einsteifung der Wirbelsäule vom Kopf bis zum Becken demonstriert habe, was mit den Röntgenbefunden und der Diagnose allenfalls leichter bis mäßig ausgeprägter degenerativer Veränderungen unter Betonung der HWS nicht in Einklang zu bringen sei. Der Kläger war hingegen nach seinen eigenen Angaben dazu in der Lage, am Vortag zusammen mit seinem Bruder die Reifen an seinem PKW (Mercedes A-Klasse) zu wechseln. Dr. O. hat in seinem Gutachten im Einzelnen dargestellt, dass eine solche Tätigkeit, selbst wenn sie sich auf Hilfs- und Zureichungsarbeiten beschränkt haben sollte, wofür die festgestellten Schmutzantragungen an den Händen jedenfalls sprächen, mit dem klinischen Bild des Klägers in der körperlichen Untersuchung nicht in Einklang zu bringen sei. Eine Aggravation war im Übrigen auch bereits bei der Aufnahmeuntersuchung für den stationären Aufenthalt im Rheumazentrum B.-B. aufgefallen, wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 31.05.2009 ergibt.
Eine Verpflichtung zur Einholung eines schmerztherapeutischen Gutachtens folgt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus dem Beschluss des BSG vom 24.05.2012 (- B 9 SB 91/11 B -, in Juris). Das BSG hat darin gerade betont, dass zur Beurteilung von Schmerzen aufgrund eines Wirbelsäulenleidens in erster Linie ein Arzt für Orthopädie berufen ist. Er sei fachlich nicht nur für die Feststellung und Beurteilung der Veränderungen der Wirbelsäule, sondern auch für eine entsprechende Bewertung der von diesen Veränderungen ausgehenden Schmerzen zuständig. Eine Pflicht zur Einholung eines schmerztherapeutischen Gutachtens könne sich zwar in Fällen ergeben, in denen eine besonders starke Schmerzentwicklung bereits ärztlich diagnostiziert sei und ein Arzt für Orthopädie zu deren Beurteilung fachlich nicht qualifiziert wäre. Dies wäre z.B. anzunehmen, wenn sich eine von dem von ursprünglich betroffenen Organ verselbstständigte Schmerzerkrankung herausgebildet hätte. Auch könne sich bei einer Mangelhaftigkeit des orthopädischen Gutachtens u.a. auch die Anforderung eines schmerztherapeutischen Gutachtens aufdrängen, sofern die Beschwerden weniger auf den knöchernen Veränderungen und mehr auf den Schmerzen beruhten.
Entsprechende Feststellungen einer verselbständigten Schmerzerkrankung liegen aber beim Kläger nicht vor. Die beklagten Schmerzen waren im Gegenteil in der Rheumaklinik nicht nur einer medikamentösen, sondern auch der physiotherapeutischen Behandlung zugänglich, was ebenfalls für einen Zusammenhang mit orthopädisch-rheumatischen Erkrankungen spricht. Außerdem bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger eine besonders starke Schmerzentwicklung eingetreten wäre oder sich eine Schmerzerkrankung von einem ursprünglich betroffenen Organ verselbständigt hätte. Eine Schmerzerkrankung ist noch nicht einmal als Diagnose gesichert. Es besteht deshalb auch keine Notwendigkeit zur Einholung des hilfsweise beantragten schmerztherapeutischen Gutachtens.
Die Berufung des Klägers konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1966 im L. geborene Kläger hatte bis 1988 im L. die Schule besucht und in Deutschland den Beruf des Elektroinstallateurs gelernt. Am 24.02.1994 hatte er die Gesellenprüfung erfolgreich abgelegt. In der Zeit von September 1991 bis 2001 arbeitete er als Elektriker, seitdem war er arbeitslos und lebte von Arbeitslosengeld. Ihm wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 v.H. seit dem 06.02.2008 mit dem Merkzeichen "G" (Gehbehinderung) zuerkannt.
Der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit hatte in einer von der Beklagten beigezogenen gutachterlichen Äußerung vom 12.12.2007 aufgrund der ärztlich mitgeteilten Diagnosen Morbus Bechterew und degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom mit skoliotischer Fehlstellung Arbeitsunfähigkeit für voraussichtlich bis zu sechs Monaten angenommen und in der Folge die Stellung eines Antrags auf Erwerbsminderungsrente angeregt.
Am 17.03.2009 beantragte der Kläger die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf eine seit dem Jahr 2001 bestehende Bechterew-Erkrankung und Rheuma.
Der Kläger war in der Zeit vom 14.05.2009 bis zum 30.05.2009 im Rheumazentrum B.-B. zur stationären Behandlung. Im Entlassbericht vom 31.05.2009 wurden folgende Diagnosen benannt: Lumbospondylogenes, thorkospondylogenes und chronisches zervikocephales Syndrom, HLA-B27 negative ankylosierende Spondylarthropathie mit Iliosakralgelenksankylose beidseits, insuffiziente lumbale Rückenmuskulatur, Steilstellung der Halswirbelsäule mit Osteochondrose und Spondylarthrosen. Die beklagte Schmerzsymptomatik im HWS-Bereich werde im Rahmen der degenerativen postentzündlichen Veränderungen und der Wirbelsäulenfehlform bei insuffizienter Rückenmuskulatur gesehen. Nach Physiotherapie und Ergotherapie habe der Kläger seine bei Aufnahme noch eingesetzte Unterarmgehstütze nicht mehr benötigt. Eine medikamentöse Therapie sei eingeleitet worden. Während der Aufnahmeuntersuchung sei ein deutliches Aggravierungsverhalten des Klägers aufgefallen.
Der mit der Begutachtung des Klägers beauftrage Orthopäde Dr. R. bestellte diesen am 29.07.2009 erneut ein. Im Rahmen der Beschwerdeschilderung benannte der Kläger Ganzkörperschmerzen. Dr. R. diagnostizierte in seinem Gutachten vom 03.08.2009 ein chronisches Schmerzsyndrom bei HLA-B27 negativer ankylosierender Spondylarthropathie mit Iliosakralgelenksankylose beidseits. Ein eindeutiger Weichteilreizzustand habe nicht verifiziert werden können. Die Gelenksbewegungen seien sowohl an den oberen als auch den unteren Gliedmaßen seitengleich frei durchführbar. Rheumatypische Deformierungen bestünden nicht. Im Rahmen der Wirbelsäulenuntersuchung hätten sich teilweise deutliche Demonstrationstendenzen gezeigt. Eine Nervenwurzelkompressionsproblematik bestehe nicht, der neuro-orthopädische Untersuchungsbefund sei unauffällig. Es bestehe eine seitengleich gut ausgeprägte Fußsohlenbeschwielung bei deutlichen Gebrauchsspuren des getragenen Schuhwerkes, was auf eine adäquate Belastung der unteren Gliedmaßen schließen lasse. Wegefähigkeit sei gegeben. In der Zusammensicht der Befundkonstellation der Wirbelsäule sei von einer mäßigen Funktionseinbuße auszugehen. Die Erwerbsfähigkeit sei nicht erheblich gefährdet. Der Kläger könne ohne überwiegend einseitige Körperhaltung und ohne häufiges Bücken weiterhin leichte bis mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Sitzen oder Gehen sechs Stunden oder mehr verrichten.
Hierauf gestützt lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit Bescheid vom 10.08.2009 ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch lägen vor, beim Kläger bestehe aber weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung.
Der Kläger erhob dagegen am 17.08.2009 Widerspruch. Er teilte mit, er sei wegen seiner Erkrankung erwerbsunfähig und könne keine sechs Stunden mehr arbeiten. Zum Beweis seines Vorbringens legte er den Entlassbericht aus dem Rheumazentrum B.-B. vom 31.05.2009 vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2010 als unbegründet zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 11.02.2010 Klage zum Sozialgericht Freiburg. Er wiederholte und vertiefte sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Er sei krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, einer regulären Erwerbstätigkeit als Elektriker oder danach als Lagerist nachzugehen. Er leide unter massiven Schmerzstörungen im Bereich der Wirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen in die Extremitäten. Im Jahr 2007 sei die Diagnose einer entzündlichen chronischen degenerativen und deformierenden Wirbelsäulenerkrankung gestellt worden. Diese werde teilweise auch als Morbus Bechterew umschrieben und er leide unter erheblichen schmerzhaften Beeinträchtigungen. Infolgedessen sei er mittlerweile auch als schwerbehindert mit Merkzeichen "G" anerkannt.
Das Sozialgericht beauftragte den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie und Chefarzt der R. B. Dr. O. mit der Erstattung eines Gutachtens über den Kläger. In seinem Gutachten vom 17.07.2012 beschrieb der Gutachter zunächst die vom Kläger benannten Beschwerden und Funktionsbeeinträchtigungen. Der Kläger habe mitgeteilt, er leide seit vielen Jahren unter Lumbalgien, die sich mittlerweile in den Brustwirbelsäulenbereich und in die Halswirbelsäule ausgedehnt hätten. Die Beschwerden seien tendenziell zunehmend. Aufgrund schlechter Gehfähigkeit benutze er einen Gehstock rechts, die maximale Gehstrecke betrage 5 min., danach würden Knie- und Rückenschmerzen stark zunehmen. Er könne den Kopf in keine Richtung bewegen, insbesondere nicht zur Seite drehen. Beide Hände würden anschwellen und er habe keine Kraft in den Händen. Zu Hause halte er sich oft liegend auf, selten sitzend und gehe etwas in der Wohnung umher. Der Kläger teilte mit, er befinde sich in rheumatischer Behandlung, er erhalte Massagen und Medikamente. Hierdurch habe keine Linderung erzielt werden können. Dr. O. führte weiter aus, beim Kläger sei im Jahr 2007 eine undifferenzierte Sponylarthopathie diagnostiziert worden. Seither werde er rheumatologisch betreut und auf diese Diagnose hin behandelt. Die aktuell vorliegenden Röntgenaufnahmen der gesamten Wirbelsäule zeigten keine Veränderungen, die typisch für eine derartige Erkrankung seien, sondern allenfalls leichte bis mäßig ausgeprägte degenerative Veränderungen unter Betonung der Halswirbelsäule. Die zwischenzeitlich diagnostizierte Sakroileitis sei im Verlauf unzweifelhaft vorhanden. Die vom Kläger genannten massiven Schmerzen und Funktionseinschränkungen seien mit dieser Diagnose und den vorliegenden Röntgenaufnahmen nicht in Übereinstimmung zu bringen. Bei der körperlichen Untersuchung habe der Kläger eine praktisch vollständige Einsteifung der gesamten Wirbelsäule vom Kopf bis zum Becken demonstriert. Hierzu habe es radiologisch kein Korrelat gegeben. Die vom Kläger genannten schmerzhaften Funktionseinschränkungen der Kniegelenke zeigten im klinischen Untersuchungsbefund dagegen Unauffälligkeit, Funktionseinschränkungen oder Reizzustände der Kniegelenke lägen nicht vor. Die anderen Gelenke der oberen und unteren Extremitäten seien frei beweglich, wenn auch etwas atypische und teils extrem starke Schmerzen angegeben würden. Weitere radiologische Abklärungen seien nicht notwendig. Nicht auszuschließen sei eine fortgeschrittene somatoforme Schmerzstörung, die sich nach der Sakroileitis entwickelt und im Verlauf selbständig gemacht habe. Auch Aggravierungstendenzen seien nicht ausgeschlossen. Dr. O. benannte als Diagnosen: 1. Hochgradiger Verdacht auf somatoforme Schmerzstörung, 2. Verdacht auf Spondylitis mit abgelaufener Sakroileitis, 3. degeneratives HWS-Syndrom bei Osteochondrose und Spondylose C 4/5, C5/6, C6/7 4. chronisches BWS-Syndrom bei allenfalls beginnenden degenerativen Veränderungen der mittleren BWS 5. chronisches LWS-Syndrom bei vergrößerten Facettengelenken L 4/5 und L5/S1.
Auf die Frage nach der beruflichen Leistungsfähigkeit erklärte der Gutachter Dr. O., die abgelaufene Sakroileitis schränke ebenso wie die degenerativen Veränderungen von Lenden-, Brust-und Halswirbelsäule die Fähigkeit ein, Tätigkeiten gebückt, vorn übergebeugt oder in Zwangshaltungen des Rumpfes und des Kopfes zu verrichten. Der Kläger müsse das Anheben und Tragen von Gewichten über 10 kg vermeiden. Eine monotone Haltung sei zu vermeiden, ebenso längeres Stehen auf der Stelle oder stundenlanges Sitzen ohne die Möglichkeit die Sitzposition zu verändern. Der Kläger könne nur noch leichte körperliche Arbeiten verrichten. Zu vermeiden sei außerdem eine Exposition an Kälte, Nässe, Zugluft und Witterungsverhältnisse. Alle übrigen Tätigkeiten seien ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit noch möglich. Die Kniegelenksbeschwerden, die Schulterschmerzen und das Anschwellen und die Kraftlosigkeit der Hände könnten klinisch nicht nachvollzogen werden und hätten bei der Untersuchung auch nicht zu Funktionseinschränkungen geführt. Daher schränkten diese Beschwerden die Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ein. Der Kläger sei unter den genannten Einschränkungen in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich mindestens fünf Tage in der Woche zu verrichten. Ergänzend teilte der Gutachter mit, er habe bei der Begutachtung des Klägers erhebliche Schmutzantragungen an beiden Händen, wie sie bei KFZ-Mechanikern typisch seien, bemerkt. Auf Nachfrage habe der Kläger erklärt, er habe am Vortag gemeinsam mit seinem Bruder die Reifen an seinem PKW, einem Mercedes der A-Klasse, gewechselt. Der Gutachter wies darauf hin, dass je nach Bereifung die Reifen der Mercedes A-Klasse zwischen 13 und 16 kg wögen. Ein Reifenwechsel sei mit dem Anheben und Tragen schwerer Gegenstände sowie mit vornüber gebückter Haltung verbunden. Diese Tätigkeit sei nicht mit der Beschwerdeschilderung des Klägers in Übereinstimmung zu bringen.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.09.2012 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI. Die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit seien beim Kläger nicht erfüllt. Der Kläger sei mit gewissen Funktionseinschränkungen noch in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechsstündig zu verrichten. Dies ergebe sich aus der Einschätzung des Orthopäden Dr. R., der den Kläger im Verwaltungsverfahren begutachtet habe, und der im Ergebnis ähnlichen Bewertung des Gesundheitszustands des Klägers durch den im Gerichtsverfahren tätigen Gutachter Dr. O ... Beide Ärzte hätten beim Kläger eine Spondylitis festgestellt. Der Gutachter Dr. O. sei wegen der Diskrepanz der objektiven Befunde und der subjektiven Beschwerdeschilderung durch den Kläger darüber hinaus von einem Verdacht auf eine somatoforme Schmerzstörung ausgegangen. Die von den Dres. R. und O. genannten Gesundheitsstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen würden durch den Entlassbericht des Klägers aus dem Rheumazentrum B.-B. im Wesentlichen gestützt. Die Untersuchungsbefunde von Dr. R. in dem Messblatt für den Bewegungsapparat nach der Neutral-O-Methode, die die Bewegungsausmaße verschiedener Gelenke darstelle, bestätigten die Einschätzung des gerichtlich bestellten Gutachters Dr. O., es liege keine vollständige Einsteifung der Wirbelsäule vor. Der vom Gutachter Dr. O. beschriebene klinische Befund decke sich sowohl mit den radiologischen Untersuchungen als auch mit den Bewegungsuntersuchungen von Dr. R ... Soweit der Kläger massive Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen benannt habe, die mit diesem klinischen, radiologischen und bewegungstechnischen Befund nicht in Übereinstimmung zu bringen seien, müsse von einer somatoformen bzw. psychischen Überlagerung ausgegangen werden. Ob ggf. auch eine Aggravation in Betracht komme, lasse sich nicht mit Sicherheit beantworten. Dafür bestünden durchaus Anhaltspunkte, so etwa die nach Physiotherapie und Ergotherapie plötzlich stark verbesserte Gehfähigkeit des Klägers, Demonstrationstendenzen in den Begutachtungssituationen, eine gute Fußsohlenbeschwielung bei deutlichen Gebrauchsspuren der Schuhe trotz angeblicher Unfähigkeit, außerhalb des Hauses längere Strecken zu laufen oder die nicht nachvollziehbare Kraftminderung der Hände bei gleichzeitig zugegebener Automechanikertätigkeit. Andererseits könne auch eine somatoforme Schmerzstörung eine deutliche Diskrepanz zwischen subjektivem Gesundheitsgefühl und den objektiv tatsächlich bestehenden, klinisch und radiologisch nachweisbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen verursachen. Die von Dr. O. vorgenommene Leistungseinschätzung, die sich mit jener von Dr. R. im Verwaltungsverfahren decke, sei schlüssig und überzeugend. Der Kläger könne mit qualitativen Einschränkungen leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes weiterhin vollschichtig ausüben. Beim Kläger liege trotz des vorliegenden Schwerbehindertenausweises mit Merkzeichen "G" keine Einschränkung der Wegefähigkeit vor, zumal ihm ein Fahrzeug zur Verfügung stehe. Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder für eine schwere spezifische Leistungseinschränkung würden nicht vorliegen. Die Beklagte treffe daher nicht die Pflicht, ausnahmsweise eine Verweisungstätigkeit für den Kläger zu benennen. Eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI komme nicht in Betracht, da der Kläger nicht vor dem 02.01.1961 geboren sei.
Gegen den seinen Bevollmächtigten am 14.09.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11.10.2012 Berufung eingelegt. Er vertritt die Auffassung, es sei unerlässlich, ein schmerztherapeutisches Gutachten einzuholen, um die geltend gemachten Leistungseinschränkungen im Hinblick auf die hochgradige und seit 2007 chronifizierte Schmerzerkrankung durch einen Spezialisten auf diesem Fachgebiet feststellen zu lassen. Der Gutachter Dr. O. habe darauf hingewiesen, dass in Bezug auf die somatoforme Schmerzstörung bislang keine Diagnostik oder Therapie erfolgt sei. Er habe auch ausgeführt, dass bei Bestätigung dieser Diagnose die daraus ableitbaren Einschränkungen durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychosomatik festzulegen seien. Dies folge aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.05.2012 (B 9 SB 91/11 B).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.09.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 10.08.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente wegen Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe zu bewilligen, hilfsweise, einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychosomatik mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens zum Ausmaß der auf diesem Fachgebiet bestehenden gesundheitlichen Leistungseinschränkungen zu beauftragen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die vom Kläger vertretene Einschätzung seines Leistungsvermögens werde von den vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht gestützt. Die Entscheidung des Sozialgerichts sei zutreffend.
Der Senat hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 21.05.2013 abgelehnt.
Am 22.05.2013 hat die Berichterstatterin einen Termin zur Erörterung des Sach- und Streitstandes durchgeführt und darauf hingewiesen, dass die Verdachtsdiagnose einer somatoformen Schmerzstörung zunächst einer fachärztlichen Abklärung bedürfe und zum Gegenstand eines neuen Rentenverfahrens gemacht werden könne.
Mit Schreiben vom 23.05.2013 hat die Berichterstatterin ferner darauf hingewiesen, dass nach § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG- die Möglichkeit bestehe, dem Kläger Kosten aufzuerlegen, wenn er den Rechtsstreit fortführe, obwohl ihm die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden sei und er auf die Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtstreits hingewiesen worden sei, und dass der Senat im Hinblick auf die Ausführungen im Prozesskostenhilfebeschluss die Fortführung des Rechtsstreits als rechtsmissbräuchlich ansehe und die Auferlegung von Missbrauchskosten in Betracht ziehe.
Der Kläger hat hierzu noch vortragen lassen, bei der Annahme einer somatoformen Schmerzstörung durch den Gutachter Dr. O. handele es sich zwangsläufig um eine Verdachtsdiagnose, weil Dr. O. Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sei. Diese Diagnose könne wegen der Amtsermittlungspflicht des Gerichts auch trotz des Eindrucks von Aggravierungstendenzen nicht außer Betracht bleiben. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die auf Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das Sozialgericht hat die Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 10.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.01.2010 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Er ist durch die ergangenen Bescheide nicht in seinen Rechten verletzt.
Gem. § 43 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI); volle Erwerbsminderung liegt vor, wenn das Leistungsvermögen auf unter drei Stunden täglich abgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Davon ausgehend steht dem Kläger keine Erwerbsminderungsrente zu. Eine Erwerbsminderung aufgrund der bei ihm bestehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen ist nicht nachgewiesen. Der Senat teilt die Beweiswürdigung des Sozialgerichts und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in dessen Gerichtsbescheid Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Hinblick auf das Vorbringen im Berufungsverfahren ist ergänzend noch Folgendes auszuführen: Im Vordergrund der Beschwerden des Klägers stehen Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet. Der Verwaltungsgutachter Dr. R. hat am 03.08.2009 ein chronisches Schmerzsyndrom bei HLA-B27 negativer ankylosierender Spondylarthropathie mit Iliosakralankylose beidseits diagnostiziert sowie eine nachgewiesene HWS-Bandscheibendegeneration festgestellt. Er hat bei seiner Begutachtung den Entlassbericht des A. Rheumazentrums B.-B. über den stationären Aufenthalt des Klägers in der Zeit vom 14.05.2009 bis zum 30.05.2009 ausgewertet, in dessen Rahmen diese Diagnosen gestellt worden waren. Dr. R. konnte auch weder einen eindeutigen Weichteilreizzustand beim Kläger verifizieren noch hat er rheumatypische Deformierungen feststellen können. Eine Nervenkompression hat er nicht festgestellt, die Untersuchungen mit neuroorthopädischem Schwerpunkt waren unauffällig. Diese Diagnosen finden im Wesentlichen Bestätigung in dem vom Sozialgericht eingeholten orthopädischen Sachverständigengutachten von Dr. O. vom 17.07.2012. Dieser diagnostizierte auf orthopädischem Fachgebiet einen Verdacht auf HLA-B27 negativer ankylosierende Spondylitis mit abgelaufener Sakroileitis, ein degeneratives HWS-Syndrom bei Osteochondrose und Spondylose C4/5, C 5/6 und C6/7, ein chronisches BWS-Syndrom bei allenfalls beginnenden degenerativen Veränderungen der mittleren BWS und ein chronisches LWS-Syndrom bei vergrößerten Facettengelenken L4/5 und L5/S1. Leistungseinschränkungen in zeitlicher Hinsicht haben weder Dr. R. noch Dr. O. angenommen, der Kläger sei in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in Wechselhaltung im Umfang von sechs Stunden und mehr durchzuführen. Erkrankungen oder Funktionseinschränkungen an den Gelenken der oberen und unteren Extremitäten, insbesondere an den Kniegelenken konnten trotz geäußerter, z.T. atypischer Schmerzen weder Dr. R. noch Dr. O. feststellen. Eine Erwerbsminderung i.S.v. § 43 SGB VI liegt damit nicht vor. Beide Gutachter haben keine Einschränkung der Wegefähigkeit festgestellt.
Soweit der Gutachter Dr. O. zusätzlich die Verdachtsdiagnose einer somatoformen Schmerzstörung gestellt hat, ergibt sich allein daraus für den Senat keine Veranlassung zu weiterer Sachaufklärung im Berufungsverfahren. Dem hilfsweise gestellten Antrag auf Einholung eines Gutachtens durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Psychosomatik brauchte nicht entsprochen zu werden. Bei dem vom Bevollmächtigten des Klägers beantragten schmerztherapeutischen Gutachten hätte es sich um einen Ausforschungsbeweis gehandelt. Schmerztherapeutische/psychosomatische Behandlungen oder auch nur eine schmerztherapeutische Untersuchung haben weder vor dem Gutachten von Dr. O. am 17.07.2012 noch in der Zeit zwischen der Erstellung seines Gutachtens und der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 10.7.2013 stattgefunden. Hätte der Kläger unter starken Schmerzen gelitten, hätte er von sich aus um entsprechende Behandlung nachgesucht, was offenbar weder vor noch nach Erstellung des Gutachtens Dr. O. der Fall war. Noch nicht einmal eine medikamentöse Schmerzbehandlung ist beim Kläger außerhalb stationärer Aufenthalte eingeleitet worden. Der Kläger hat gegenüber dem Gutachter Dr. O. auch keine Schmerzmitteleinnahme, sondern lediglich die medikamentöse Behandlung mit dem entzündungshemmenden Medikament Prednisolon angegeben.
Dr. O. stützt seinen Verdacht auf Vorliegen einer Schmerzerkrankung auf die vom Kläger ihm gegenüber angegebenen massiven Schmerzen, die sich allerdings mit den gestellten Diagnosen und den festgestellten Funktionseinschränkungen nicht haben in Einklang bringen lassen. Der Gutachter sieht aufgrund dessen zwar die Möglichkeit, dass sich eine solche Erkrankung infolge der abgelaufenen Sakroileitis entwickelt haben könnte, weist aber zugleich darauf hin, dass es sich dabei ausschließlich um eine Hypothese handele, da hierzu bislang noch keine Diagnostik und Therapie erfolgt sei.
Sind die angegebenen Schmerzen schon nicht ärztlich nach Intensität, Ursache und medikamentöser Beeinflussbarkeit belegt, so bestehen darüber hinaus auch erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Angaben des Klägers. Zusammen mit den eindeutigen Hinweisen auf eine Aggravation durch den Kläger, die Dr. O. ebenfalls festgestellt hat und mit der vom Kläger geschilderten Tätigkeit des Reifenwechsels an einem PKW der A-Klasse am Vortag ausführlich begründet hat, spricht dies gegen einen erheblichen Leidensdruck des Klägers. Bereits bei Dr. R. sind deutliche Demonstrationstendenzen bei der Wirbelsäulenuntersuchung aufgefallen. Darüber hinaus hat Dr. R. trotz des Gebrauchs einer Gehstütze durch den Kläger keine Auffälligkeiten an der Fußsohlenbeschwielung und der Abnutzung des Schuhwerks feststellen können und daher auf eine adäquate Belastbarkeit der unteren Gliedmaße geschlossen. Dr. O. konnte trotz massiver Schmerzangaben des Kläger bei der Untersuchung an den Kniegelenken ebenfalls keinen klinischen Befund feststellen. Auch die vom Kläger angegebenen Schwellungszustände an den Händen haben sich bei der Untersuchung durch Dr. O. nicht bestätigt. Dr. O. hat ferner beschrieben, dass der Kläger eine völlige Einsteifung der Wirbelsäule vom Kopf bis zum Becken demonstriert habe, was mit den Röntgenbefunden und der Diagnose allenfalls leichter bis mäßig ausgeprägter degenerativer Veränderungen unter Betonung der HWS nicht in Einklang zu bringen sei. Der Kläger war hingegen nach seinen eigenen Angaben dazu in der Lage, am Vortag zusammen mit seinem Bruder die Reifen an seinem PKW (Mercedes A-Klasse) zu wechseln. Dr. O. hat in seinem Gutachten im Einzelnen dargestellt, dass eine solche Tätigkeit, selbst wenn sie sich auf Hilfs- und Zureichungsarbeiten beschränkt haben sollte, wofür die festgestellten Schmutzantragungen an den Händen jedenfalls sprächen, mit dem klinischen Bild des Klägers in der körperlichen Untersuchung nicht in Einklang zu bringen sei. Eine Aggravation war im Übrigen auch bereits bei der Aufnahmeuntersuchung für den stationären Aufenthalt im Rheumazentrum B.-B. aufgefallen, wie sich aus dem Entlassungsbericht vom 31.05.2009 ergibt.
Eine Verpflichtung zur Einholung eines schmerztherapeutischen Gutachtens folgt - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht aus dem Beschluss des BSG vom 24.05.2012 (- B 9 SB 91/11 B -, in Juris). Das BSG hat darin gerade betont, dass zur Beurteilung von Schmerzen aufgrund eines Wirbelsäulenleidens in erster Linie ein Arzt für Orthopädie berufen ist. Er sei fachlich nicht nur für die Feststellung und Beurteilung der Veränderungen der Wirbelsäule, sondern auch für eine entsprechende Bewertung der von diesen Veränderungen ausgehenden Schmerzen zuständig. Eine Pflicht zur Einholung eines schmerztherapeutischen Gutachtens könne sich zwar in Fällen ergeben, in denen eine besonders starke Schmerzentwicklung bereits ärztlich diagnostiziert sei und ein Arzt für Orthopädie zu deren Beurteilung fachlich nicht qualifiziert wäre. Dies wäre z.B. anzunehmen, wenn sich eine von dem von ursprünglich betroffenen Organ verselbstständigte Schmerzerkrankung herausgebildet hätte. Auch könne sich bei einer Mangelhaftigkeit des orthopädischen Gutachtens u.a. auch die Anforderung eines schmerztherapeutischen Gutachtens aufdrängen, sofern die Beschwerden weniger auf den knöchernen Veränderungen und mehr auf den Schmerzen beruhten.
Entsprechende Feststellungen einer verselbständigten Schmerzerkrankung liegen aber beim Kläger nicht vor. Die beklagten Schmerzen waren im Gegenteil in der Rheumaklinik nicht nur einer medikamentösen, sondern auch der physiotherapeutischen Behandlung zugänglich, was ebenfalls für einen Zusammenhang mit orthopädisch-rheumatischen Erkrankungen spricht. Außerdem bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger eine besonders starke Schmerzentwicklung eingetreten wäre oder sich eine Schmerzerkrankung von einem ursprünglich betroffenen Organ verselbständigt hätte. Eine Schmerzerkrankung ist noch nicht einmal als Diagnose gesichert. Es besteht deshalb auch keine Notwendigkeit zur Einholung des hilfsweise beantragten schmerztherapeutischen Gutachtens.
Die Berufung des Klägers konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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