L 12 AL 5178/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AL 2410/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 5178/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten einen Gründungzuschuss für eine Tätigkeit als Beraterin für Informationssicherheit.

Die 1951 geborene Klägerin besitzt einen Abschluss als Diplom-Kaufmann sowie in Verfahrenstechnik Druck (Diplomingenieur FH). Von 1986 bis 2006 war sie bei der S. AG im Consulting im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik beschäftigt. Von 2007 bis 2008 absolvierte sie ein IBM-Training: Network Security Administrator (Linux-Systemadministration, Certified Ethical Hacker). Vom 7. Juli 2008 bis 31. Mai 2010 war sie mit ihrer Firma I ... selbständig auf dem Gebiet der IT-Dienstleistungen tätig, ab 1. Juni 2010 ruhte diese Firma. Während der Selbständigkeit zahlte sie weiterhin freiwillig Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.

In der Folge meldete sich die Klägerin arbeitslos, so dass die Beklagte mit Bescheid vom 7. Juni 2010, geändert durch die Bescheide vom 7. Juli 2010 und vom 3. August 2010, Arbeitslosengeld für 300 Tage bewilligte.

Am 1. Dezember 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Beraterin für Informationssicherheit. Auf einem Beiblatt "wahrheitsgemäße Versicherung" erklärte sie, dass ihre frühere selbstständige Tätigkeit seit dem 1. Juni 2010 ruhe und sie eine neue hauptberufliche selbstständige Tätigkeit zum 15. Dezember 2010 aufnehmen werde. Zur Begründung führte sie aus, sie habe ihre erste selbstständige Tätigkeit am 31. Mai 2010 beendet, weil eine Veränderung der Rahmenbedingungen ihre Geschäftsmöglichkeiten stark reduziert habe. Der früher gebräuchliche British Standard sei zu einer internationalen DIN-Norm fortentwickelt worden, die seit September 2008 in deutscher Sprache verfügbar sei. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik habe daraufhin einen Paradigmenwechsel von der "IT- Sicherheit" hin zur "Informationssicherheit" vollzogen. Seit die verbindliche DIN-Norm vorliege, hätten potentielle Kunden fast ausschließlich eine entsprechende Qualifikation gefordert, über die sie jedoch nicht verfügt habe. Aus diesem Grund seien Aufträge ausgeblieben. Außerdem erfordere die Entwicklung von der IT-Sicherheit zur Informationssicherheit mehr an theoretischen und praktischen Fertigkeiten im Umgang mit Geschäftsprozessen, mit Daten, mit Organisation, mit menschlichen und sozialen Faktoren sowie mit Infrastrukturen. Während ihrer Arbeitslosigkeit habe sie sich mit den Optionen Angestelltenverhältnis oder erneute Selbstständigkeit intensiv befasst, sich um eine Anstellung beworben und parallel Fortbildungen absolviert. Ihre neue selbstständige Tätigkeit trage dem Paradigmenwechsel mit stärkerer Betonung der Informationssicherheit und dem geänderten Blickwinkel Rechnung. Sie erwarte zukünftig weniger mit rein technischen als mit sozialen und prozessoralen Fragen konfrontiert zu werden. Dem Antrag fügte die Klägerin eine Bescheinigung des Finanzamts über die Anzeige von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit ab 15. Dezember 2010 sowie eine Stellungnahme der i ... GmbH zur Tragfähigkeit der Existenzgründung bei.

Dem Businessplan, der dem Antrag ebenfalls beigefügt war, ist als Name der Firma "IT-Dienstleistungen für Informationssicherheit" zu entnehmen. Angeboten werden sollten Beratungsleistungen zum strukturierten Umgang mit IT-Bedrohungen sowie zum Aufbau und/oder zur Optimierung der IT-Governance, wie z.B. IT-Sicherheitschecks/IT-Sicherheitsanalysen, Risikobewertungen/Risikoanalysen, Sicherheits-Policies oder Vorbereitung zur Zertifizierung von Informationsmanagement-Systemen (ISMS) nach anerkannten Sicherheitsstandards. Auf Grund der zahlreichen Gefährdungen und Gefahren sei die Informationssicherheit ein wichtiges Thema. Um angemessene IT-Sicherheit zu realisieren, müssten – laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik – Verwaltung, Wirtschaft und Bürger dem Thema einen zentralen Stellenwert einräumen. In Deutschland sähen 89 Prozent der IT-Verantwortlichen die Wirtschaft durch mangelnde IT-Sicherheit gefährdet. Zielgruppe seien hauptsächlich mittelständische bis größere Unternehmen, die einen Bedarf an IT-Sicherheitsmaßnahmen haben.

Aus dem ebenfalls dem Antrag beigefügten Lebenslauf (Stand Dezember 2010) ergaben sich Fortbildungen in den Jahren 2007 und 2008. Für das Jahr 2010 waren weder Fortbildungen vermerkt, noch Zertifikate über Weiterbildungen beigefügt.

Den Finanzplan für die geplante selbständige Tätigkeit reichte die Klägerin Mitte Dezember 2010 nach. Zur Geschäftsprognose teilte sie darin mit, sie werde im Dezember 2010 mit der Kontaktaufnahme/-pflege beginnen und im Januar/Februar 2011 Akquisition bei Versicherungen und Industriebetrieben durchführen. Sie rechne damit, im Februar 2011 einen ersten Auftrag im Umfang von 16 Stunden und im März 2011 einen Auftrag im Umfang von 20 Stunden zu erhalten.

Mit Bescheid vom 19. Januar 2011 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses ab, weil eine hauptberufliche unternehmerische Tätigkeit nicht dargelegt und die Tragfähigkeit der erneuten Existenzgründung nicht nachgewiesen sei.

Mit Schreiben vom 29. Januar 2011 erhob die Klägerin Widerspruch. Insbesondere eine signifikante Änderung der Rahmenbedingungen habe es erforderlich gemacht, sich entsprechend einzustellen und zu ertüchtigen, das bedeute sich intensiv mit dem neuen Regelwerk des B. zu befassen, um die Anforderung der Klientel zu erfüllen. Im Widerspruchsverfahren legte sie als Nachweis für konkrete Aufträge/Projekte einen selbst unterzeichneten Vorvertrag mit der Firma X. vom 23. Februar 2011, ein Angebot gegenüber der Firma V. vom 9. März 2011 und eine Absichtserklärung (letter of intent) vom 16. März 2011 vor, wonach eine längerfristige Zusammenarbeit mit der Firma P. angestrebt werde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29. März 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die erste Selbstständigkeit und die neue Selbstständigkeit könnten nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Die Tragfähigkeit der Existenzgründung werde durch die eingereichten Unterlagen nicht nachgewiesen. Für die Zeit ab der Existenzgründung am 15. Dezember 2010 seien keine konkreten Aufträge, Projekte oder Akquisetätigkeiten belegt. Es fehlten somit konkrete Nachweise über eine Geschäftstätigkeit.

Am 21. April 2011 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Sie hat weiterhin die Auffassung vertreten, sie habe zur Sicherung ihres Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung für die Zeit nach Existenzgründung einen Rechtsanspruch auf einen Gründungszuschuss. Sie erfülle sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung der Förderung. Sie habe der Beklagten die Tragfähigkeit der Existenzgründung durch die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle nachgewiesen. Das Gesetz mache die Gewährung des Gründungszuschusses in der ersten Förderphase nicht von der Vorlage von Aufträgen, Projekten oder akquisitorischen Nachweisen abhängig. Die Tragfähigkeit einer Gründung an Aufträgen oder Geschäftstätigkeiten festzumachen, sei aus betriebswirtschaftlicher Sicht auch mehr als fragwürdig, weil dies eine dilettantische, nichts über Rentabilität und Zielorientierung aussagende Betrachtung sei. Der Erfolg einer Unternehmung sei vielschichtig und die Beurteilung der Tragfähigkeit eines Gründungsvorhabens setze eine gesamthafte Bewertung der wichtigsten Erfolgsfaktoren voraus. Deshalb habe sie sich an eine Unternehmensberatung als fachkundige Stelle gewandt, den Business- und Finanzplan erstellt und auf dieser Basis eine Tragfähigkeitsbescheinigung für ihre Existenzgründung erhalten. Der Beklagten fehle demgegenüber die Kompetenz, um die Erfolgsaussichten eines Unternehmens in der IT-Branche beurteilen zu können. Im Übrigen widerspreche es der wirtschaftlichen Realität, dass ein Selbständiger bereits über eine Vielzahl von Aufträgen verfüge, bevor er die selbständige Tätigkeit aufnehme. Gegenstand der geplanten selbständigen Tätigkeit seien Dienstleistungen für Verfahren und Methoden zur Planung von Sicherheit (SAC = Security Analysis Consulting) sowie ganzheitliche Sicherheitskonzepte für Unternehmen. Es handele sich um eine andere Tätigkeit als ihre frühere Selbständigkeit. Im Juli 2008 habe sie eine Selbständigkeit im Identy Sucess Management (ISM), d.h. in der Entwicklung und Betreuung von Hard- und Software für Datenverarbeitungssysteme, begonnen. Diese Tätigkeit habe sie zum 31. Mai 2010 wieder aufgegeben. Von dieser früheren selbständigen Tätigkeit unterscheide sich die neue Tätigkeit SAC insbesondere hinsichtlich der Ausrichtung. Ein Rückschluss von der ersten Selbständigkeit auf die Tragfähigkeit der zweiten Selbständigkeit verbiete sich deshalb. Zum Beleg legte die Klägerin eine Übersicht über die Unterschiede zwischen ihrer ersten selbständigen Tätigkeit im Rahmen der Firma I. und der selbständigen Tätigkeit, der Firma i., vor.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 27. September 2012 abgewiesen. Die Kammer sei schon nicht davon überzeugt, dass die Klägerin eine selbständige Tätigkeit aufgenommen habe. Vielmehr habe die Klägerin die im Jahr 2008 aufgenommene Tätigkeit fortgeführt. Beide Unternehmen böten Dienstleistungen auf dem Gebiet des Datenschutzes und der Datensicherheit an. Dabei sei das Angebot, das früher eher auf technische Lösungen ausgerichtet gewesen sei, um soziale und prozessorale Aspekte erweitert worden. Die Klägerin habe lediglich ihr Dienstleistungsangebot verändert und den Rahmenbedingungen angepasst. Darüber hinaus lasse sich nicht feststellen, dass sie durch die Aufnahme der Tätigkeit ihre Arbeitslosigkeit beendet habe. Sie habe berichtet, dass sie im Dezember 2010 auf Werbung und größere Akquise verzichtet habe und lediglich Kontakt zu ehemaligen Kollegen aufgenommen habe. Einen ersten (Unter-)Auftrag habe sie frühestens im März 2011 erhalten. Außerdem habe die Klägerin die Tragfähigkeit ihrer Existenzgründung nicht nachgewiesen. Dazu sei allein die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle nicht ausreichend, dies ergebe sich schon aus der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2007.

Gegen dieses ihr am 13. November 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Dezember 2012 Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren. Sie habe durch die Vorlage des Businessplanes und der Stellungnahme der sachkundigen Stellen die Tragfähigkeit der Existenzgründung in ausreichendem Maße nachgewiesen. Es widerspreche der wirtschaftlichen Realität zu erwarten, dass vor Aufnahme der Tätigkeit schon eine Vielzahl von Aufträgen vorhanden sei. Sie habe ihre Selbständigkeit damit begonnen, Unterlagen für ihre Geschäftstätigkeit vorzubereiten und ein Profil im Karrierenetzwerk XING zu erstellen. Darüber hinaus habe sie versucht, ihre Kontakte in verschiedenen Branchen auszunutzen, und telefonische Anfragen bei Banken, Versicherungen und in der Industrie gestartet. Die Telefonakquise habe ungefähr die Hälfte Tages ausgemacht, die andere Hälfte habe sie mit der Weiterentwicklung ihrer Unterlagen verbracht. Insgesamt sei sie wenigstens 40 Stunden in der Woche beschäftigt gewesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. September 2012 und Aufhebung des Bescheides vom 19. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2011 zu verurteilen, ihr ab 15. Dezember 2010 einen Gründungszuschuss zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Beraterin für Informationssicherheit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das angefochtene Urteil und erklärt ergänzend, allein die Vorlage einer Liste mit Telefonnummern sei nicht ausreichend, so enthalte diese weder ein Datum noch Hinweise dazu, wann die Klägerin mit wem Kontakt aufgenommen habe. Die Absichtserklärung vom 16. März 2011 sei nicht geeignet, die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit im Dezember 2010 zu belegen.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes hat die Klägerin angegeben, sie habe am 15. Dezember 2010 mit der Kundeakquise begonnen und sich bei bereits bekannten Kunden in Erinnerung gerufen. Gegenstand der ersten selbstständigen Tätigkeit sei die IT-Sicherheit gewesen, hierunter sei die Prozessoptimierung durch Firmensoftware zu fassen, insbesondere im Zusammenhang mit der Zugriffsberechtigung der Mitarbeiter. Die neu aufgenommene Tätigkeit betreffe die Informationssicherheit. Hierbei sei ein Teilbereich von ca. 30 % die IT-Sicherheit. Hintergrund sei die Sicherung von Informationen gegen Zugriff von innen und außen.

Die Klägerin hat eine Liste mit Telefonnummern vorgelegt, bei denen sie telefonische Akquise betrieben habe, außerdem eine Absichtserklärung für einen Vertragsschluss vom 16. März 2011 sowie eine Grobanalyse.

Wegen weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die gegen das Urteil vom 27. September 2012 eingelegte Berufung ist statthaft, da Berufungsausschließungsgründe insoweit nicht eingreifen, und auch im Übrigen zulässig; insbesondere wurden die maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Absatz 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –) beachtet.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. März 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf den begehrten Gründungszuschuss, da die Voraussetzungen des § 57 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier maßgebenden bis 27. Dezember 2011 geltenden Fassung (a.F.) nicht vorliegen.

Nach § 57 Absatz 1 SGB III a.F. haben Arbeitnehmer, die u. a. durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Gründungszuschusses scheitert hier bereits daran, dass sie zum 15. Dezember 2010 keine selbstständige Tätigkeit aufgenommen hat. Eine selbständigen Tätigkeit wird aufgenommen, wenn erstmals eine unmittelbare, auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen wird (BSG, Urteil vom 1. Juni 2006 – B 7a AL 34/05 R – juris Rn. 11; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. November 2013 – L 18 AL 295/12 – juris Rn. 16). Dabei hat eine an den Umständen des Einzelfalls orientierte Betrachtung stattzufinden (BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 11 AL 28/09 R – juris; zum vergleichbaren § 93 SGB III in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung – n.F. – Jüttner, in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 5. Aufl. 2013, § 93 Rn. 37). Eine solche erstmals auf Gewinnerzielung gerichtete Handlung mit Außenwirkung hat die Klägerin jedoch bereits im Juli 2008 aufgenommen. Sie war hauptberuflich mit der Firma "I&K Sicherheitsberatung" selbständig tätig. Gegenstand der Firma war die IT-Sicherheit. Die Firma war spezialisiert auf die Absicherung von Informations- und Kommunikationssystemen gegen unbefugte Zugriffe sowie sichere Datenübermittlung durch Verschlüsselung.

Bei der zum 15. Dezember 2010 begonnenen Tätigkeit handelt es sich zur Überzeugung des Senats um die Umstrukturierung der bestehenden Tätigkeit nach einer Weiterbildung, jedoch nicht um die erstmalige Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Zwar hat die Klägerin das Angebot, das früher in erster Linie auf technische Lösungen ausgerichtet war, um soziale und prozessorale Aspekte erweitert. Dies stellt jedoch keine neue Tätigkeit dar. Die Firma, für die die Klägerin am 15. Dezember 2010 einen Gründungszuschuss beantragte (infosec), bot Dienstleistungen für Informationssicherheit an. Dabei spielte die IT-Sicherheit, die bereits Gegenstand der ersten Selbständigkeit war, weiterhin eine wichtige Rolle. Dies lässt sich dem Businessplan der Klägerin entnehmen, in dem sie u. a. als Zielgruppe Personen nennt, die einen Bedarf an IT-Sicherheitsmaßnahmen haben. Angeboten wurden neben Schutz vor Hard- und Softwareschäden auch Datenschutz und Datensicherheit. Laut Businessplan lag ein Schwerpunkt der Tätigkeit im Bereich IT-Sicherheit, was auch schon Gegenstand der früheren Selbständigkeit war. Zwar unterscheiden sich die Tätigkeitsfelder der "alten" und "neuen" Selbständigkeit in einigen Aspekten, so werden in der neuen Tätigkeit die Standards zum Management von Informationssicherheit ISO/IEC 27001 eingesetzt und als Ansprechpartner eher die Entscheider denn die IT-Fachleute gewählt. Jedoch stellt dies zur Überzeugung des Senats nur eine Fortentwicklung der früheren selbständigen Tätigkeit dar. Die Klägerin hat lediglich ihr Dienstleistungsangebot an die veränderten Marktverhältnisse und Rahmenbedingungen angepasst, so dass allenfalls von einer Neuausrichtung, nicht jedoch von einer Neugründung gesprochen werden kann. In ihrer Antragsbegründung gab die Klägerin selbst an, dass der Paradigmenwechsel des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik von der reinen IT-Sicherheit hin zur Informationssicherheit den Blickwinkel auf Themen geändert und eine Grundlage für Weiterentwicklung geschaffen habe. Aus diesem Grund hat sie in der Zeit vom 1. Juni 2010 bis 15. Dezember 2010 im Selbststudium Weiterbildungen absolviert, um mit der Entwicklung Schritt halten zu können. Für die Tätigkeit ab 15. Dezember 2010 war also lediglich eine Fortbildung, die im Selbststudium, ohne Erfolgskontrolle durchgeführt werden konnte, jedoch keine Umschulung erforderlich. Auch der Lebenslauf, den die Klägerin zusammen mit dem Businessplan bei der Beklagten eingereicht hat spricht dafür, dass lediglich die alte Tätigkeit fortgeführt wurde, in dem Lebenslauf wurde die Weiterbildung, die die Klägerin im Selbststudium durchführte, nicht angegeben, vielmehr waren nur die früheren Qualifikationen aufgeführt. Darüber hinaus konnte die Klägerin auch die gleichen Betriebsmittel, vor allem PCs Software und Mobiltelefon weiterverwenden.

Auch ein Blick auf die Kunden der Klägerin spricht gegen die Neuaufnahme einer Selbständigkeit. Die Klägerin hoffte, weiterhin auf ihre bisherigen Kunden zurückgreifen zu können. Sie hat ihr Leistungsangebot der Kundschaft angepasst, die seit der Einführung des Standards ISO/IEC 27001, so die Auskunft der Klägerin in der Begründung zur Aufgabe der ersten Selbständigkeit, eine entsprechende Qualifikation gefordert habe, über die sie nicht verfügt habe. Die Klägerin hat nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht auch ihren Kundenstamm nicht weitervermittelt, sondern den Kunden mitgeteilt, dass sie sich umorientiere. Die Kunden hätten es begrüßt, dass sie künftig nicht nur technisch berate. In der Zeit ab dem 15. Dezember 2010 bestand die Akquisetätigkeit nach Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vor dem Landessozialgericht darin, sich bei bereits bekannten Kunden in Erinnerung zu rufen; dies habe letztlich zu einer Angebotsabgabe geführt.

Eine solche Geschäftserweiterung und -neustrukturierung ist im Rahmen des Gründungszuschusses nicht förderfähig (Kuhnke in: jurisPK-SGB III, 1. Aufl. 2014, zu § 93 SGB III n.F., Rn. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 1. März 2012 – L 16 AL 104/11 –Juris, Rn. 18;). Denn der Gründungszuschuss stellt keine Finanzhilfe zur Restrukturierung nicht mehr wettbewerbsfähiger Unternehmen dar. Vielmehr verfolgt er ausschließlich arbeitsmarktpolitische Ziele, da die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit durch einen Arbeitslosen ebenso zur Entlastung des Arbeitsmarktes beiträgt wie die Vermittlung in eine abhängige Beschäftigung. Zu diesem Zweck soll der Gründungszuschuss nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/1696 S.30) für eine Übergangs- und Anfangszeit, in der für die neu aufgenommene selbständige Tätigkeit keine vollen Einnahmen zu erwarten sind, den Lebensunterhalt des vorher Arbeitslosen sichern. Aufnahme im Sinne des § 57 SGB III kann danach jedoch nur die Neugründung eines Unternehmens oder die Übernahme eines bereits bestehenden Betriebes durch einen zuvor Arbeitslosen sein, nicht aber die Umfirmierung, Geschäftserweiterung oder Änderung des Geschäftszweckes im Rahmen einer bereits bestehenden selbständigen Tätigkeit (LSG Nordrhein-Westfalen a.a.O. und Urteil vom 15.11.2006 – L 12 AL 21/06 –juris, Rn. 24; Kuhnke a.a.O.). Denn in diesen Fällen liegt keine durch den Gründungszuschuss zu fördernde Gründungsphase gerade mehr vor.

Nach alldem steht der Klägerin kein Gründungszuschuss nach § 57 Absatz 1 SGB III a.F. zu.

Darüber hinaus hat die Klägerin die Tragfähigkeit des Unternehmens nicht nachgewiesen. Hierzu sieht der Senat gemäß § 153 Absatz 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt nach erneuter Überprüfung durch den Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Absatz 2 Nummer 1 und 2 SGG) liegen nicht vor. Eine außer Kraft getretene Rechtsvorschrift kann in aller Regel keine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfen, es sei denn, es liegen besondere Umstände wie etwa eine inhaltsgleiche Folgevorschrift vor. (BSG, Beschluss vom 17. August 2012 – B 11 AL 40/12 B –, juris). Bei der ab 1. April 2012 geltenden Ermessensvorschrift des § 93 Absatz 1 SGB 3 handelt es sich nicht um eine inhaltsgleiche Folgevorschrift zum bis zum 27. Dezember 2011 geltenden Gründungszuschuss, da dieser gemäß § 57 Absatz 1 SGB 3 a.F. eine Pflichtleistung war (BSG, Beschluss vom 17. August 2012 – B 11 AL 40/12 B – juris).
Rechtskraft
Aus
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