L 11 KR 5327/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 KR 3067/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 5327/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 14.11.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld über den 28.01.2013 hinaus.

Der am 29.09.1966 geborene Kläger war ab 10.12.2012 arbeitsunfähig aufgrund einer depressiven Episode und einer Neurasthenie. Das Arbeitsverhältnis mit dem Malerbetrieb, bei dem er zuletzt angestellt war, endete zum 01.01.2013 (Vergleich vor dem Arbeitsgericht Mannheim vom 25.01.2013). Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt er Entgeltfortzahlung von seinem Arbeitgeber. Im Anschluss erhielt er von der Beklagten Krankengeld iHv kalendertäglich netto 36,78 EUR, monatlich 1.103,40 EUR.

Die Erstbescheinigung hinsichtlich der genannten Erkrankungen erfolgte durch Dr. K., Ärztin für Psychotherapie, bis 21.12.2012. Ab 21.12.2012 erfolgten Verlängerungen durch Dr. S., Internist, bis 09.01.2013. Auf eine Nachfrage vom 04.01.2013 (per Fax) teilte Dr. K. der Beklagten noch am selben Tag mit, dass die Arbeitsunfähigkeit bis zum 28.01.2013 verlängert worden sei.

Am 09.01.2013 wurde der Kläger durch die Beklagte angeschrieben. Er wurde um Vorsprache am 14.01.2013 um 10:00 Uhr gebeten, damit er während der Arbeitsunfähigkeit aktiv unterstützt werden könne. Nachdem der Kläger nicht erschienen war, wurde ihm mit Schreiben vom 14.01.2013 mitgeteilt, dass er seine Mitwirkungspflichten verletzt habe. Als Folge der Mitwirkung könne das Krankengeld bis zur Nachholung versagt werden. Der Kläger wurde gebeten, am 18.01. 2013 erneut vorzusprechen.

Am 15.01.2013 teilte Dr. K. mit, der Kläger sei bis einschließlich 28.01.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben und reichte eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach.

Am 18.01.2013 nahm der Kläger den Termin bei der Beklagten wahr. Ihm wurde im Rahmen des Gesprächs das Schreiben vom 18.01.2013 ausgehändigt, wonach er sich seit 10.12.2012 arbeitsunfähig krank gemeldet habe. Für seine Erkrankung liege eine durchschnittliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei acht Wochen. Da keine weiteren gesundheitlichen Einschränkungen gemeldet worden seien, die eine längere Arbeitsunfähigkeit begründen würden, müsse er dafür Verständnis haben, dass die Arbeitsunfähigkeit längstens bis 28.01.2013 anerkannt werden könne. Solle sein Arzt der Meinung sein, dass er nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar sei, benötige die Beklagte zur Vorlage beim MDK eine medizinische Begründung. Die Begründung möge bis spätestens 23.01.2013 vorgelegt werden. Wegen der weiteren Anerkennung der Arbeitsunfähigkeit würden die Unterlagen dann dem MDK vorgelegt. Um finanzielle Nachteile zu vermeiden, solle er sich bitte umgehend bei der Agentur für Arbeit melden.

Vom 13.02.2013 bis 15.04.2013 befand sich der Kläger im PZN (Psychiatrisches Zentrum N.) W. in stationärer Behandlung. Hieran schloss sich vom 16.04.2013 bis 15.05.2013 eine teilstationäre Behandlung an.

Am 28.04.2013 meldete sich der Kläger per E-Mail bei der Beklagten und teilte mit, dass er darauf aufmerksam gemacht worden sei, dass ihm für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit Krankengeld zustehe. Das Schreiben vom 14.01.2013 habe dies auch in Betracht gezogen, am 18.01.2013 habe er dementsprechend bei der Beklagten vorgesprochen. Da die Mitarbeiterin gesagt habe, dass die Krankmeldung nur bis Ende Januar akzeptiert werde und er sich arbeitslos melden müsse, habe er dies getan. Trotz gravierender Verschlechterungen habe er einen Arzt aufgrund der Aussage der Mitarbeiterin der Beklagten nicht aufgesucht, daher habe er auch keine weitere Krankmeldung erhalten. In einem äußerst schlechten Zustand sei er dann am 13.02.2013 stationär aufgenommen worden. Am 18.01.2013 sei es ihm krankheitsbedingt nicht möglich gewesen, seine Rechte zu kennen oder in Erfahrung zu bringen. Er sei von der Mitarbeiterin absichtlich falsch informiert worden. Er wolle daher rückwirkend und bis auf Weiteres Krankengeld.

Mit Bescheid vom 15.05.2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, er habe bis 09.01.2013 Krankengeld erhalten, erst am 15.01.2013 habe er eine Folgebescheinigung ausgestellt bekommen. Der 15.01.2013 sei ausschlaggebend für den Anspruch auf Krankengeld. An diesem Tag sei er nicht mehr versichert gewesen, weshalb für die Arbeitsunfähigkeit ab 10.01.2013 kein weiteres Krankengeld ausgezahlt werden dürfe.

Hiergegen legte der Kläger am 04.06.2013 Widerspruch ein.

Die Beklagte erbat daraufhin eine Stellungnahme des MDK zur Frage der Handlungsfähigkeit des Klägers. Dr. H., Facharzt für Orthopädie, teilte mit Schreiben vom 20.06.2013 mit, dass ohne ärztliche Feststellung zum Gesundheitszustand nach dem 10.01.2013 die Behauptung, der Kläger sei nicht handlungsfähig gewesen, in keiner Weise überzeugend sei.

Mit Schreiben vom 24.06.2013 wurde dem Widerspruch teilweise abgeholfen, da eine Bestätigung der Arbeitsunfähigkeit bis 28.01.2013 gegeben sei. Mit Schreiben vom 18.01.2013 habe man bestätigt, dass die Arbeitsunfähigkeit bis längstens 28.01.2013 anerkannt werde. Daher werde die Arbeitsunfähigkeit bis 28.01.2013 trotz rückwirkender Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anerkannt. Das Krankengeld für den Zeitraum vom 10.01.2013 bis 28.01.2013 werde überwiesen. Darüber hinaus sei keine Krankengeldzahlung möglich. Der Einwand der Handlungsunfähigkeit sei vom Gutachter nicht bestätigt worden.

Der Widerspruch wurde im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 07.08.2013 zurückgewiesen. Grundsätzlich könne Krankengeld erst mit dem Tag nach der ärztlichen Feststellung gewährt werden. Dies gelte nicht nur für die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, sondern auch bei aufeinanderfolgenden Verlängerungen. Dies habe auch das BSG im Urteil vom 26.06.2007 so entschieden. Eine ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit nach dem 28.01.2013 hätte der Kläger durch die behandelnden Ärzte aufgrund einer erneute Untersuchung spätestens am 28.01.2013 dokumentieren müssen. Tatsächlich sei aber der weitere Nachweis der Arbeitsunfähigkeit erst durch die stationäre Behandlung ab 13.02.2013 gegeben. Dies hätte einen Krankengeldanspruch ab 13.02.2012 zur Folge. Allerdings habe die anspruchserhaltende Mitgliedschaft nach § 192 SGB V, die den Anspruch auf Krankengeld beinhaltet habe, mit dem Ende des Krankengeldanspruchs am 28.01.2013 geendet. Seit dieser Zeit werde die Versicherung durch den Bezug von Arbeitslosengeld II sichergestellt und beinhalte keinen Anspruch auf Krankengeld.

Hiergegen hat der Kläger am 06.09.2013 Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben. Gleichzeitig hat er den Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt (S 4 KR 3068/13 ER). Dieser Antrag wurde mit Beschluss vom 12.09.2013 abgelehnt. Ein Anordnungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sei nicht gegeben, der Lebensunterhalt sei durch den Bezug von Arbeitslosengeld II sichergestellt.

Die Klage begründete der Kläger damit, er sei bis 09.01.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben gewesen. Am 10.01.2013 habe er Dr. K. angerufen und ihr erklärt, dass es ihm nicht möglich sei, das Haus zu verlassen. Trotz ihrem Dringen habe er es erst nach mehreren Versuchen am 15.01.2013 geschafft. Sie habe ihn dann rückwirkend vom 10.01.2013 bis 28.01.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Am 12.01.2013 habe ihn seine Ex-Partnerin auf ungeöffnete Briefe, darunter ein Schreiben der Beklagten hingewiesen. Der Termin vom 14.01.2013 sei von ihm aufgrund seines schlechten Zustandes nicht wahrnehmbar gewesen. Am 15.01.2013 habe er dann den Brief vom 14.01.2013 erhalten. Dieser Brief habe sehr bedrohlich gewirkt, seine Krankheitssymptome hätte sich sehr verstärkt, er habe mit Schuld, Angst, Schamgefühl und Hoffnungslosigkeit zu kämpfen gehabt. Er habe sich entschlossen, den erneuten Termin am 18.01.2013 unter allen Umständen wahrzunehmen. Er sei mit dem Fahrrad durch Felder und Wiesen zu dem Gesprächstermin gefahren und habe für 4 km zwei Stunden gebraucht. Bei der Ankunft sei er physisch und psychisch am Ende gewesen. Den Worten der Mitarbeiterin der Beklagten habe er nicht folgen können. Das Einzige, was er verstanden habe, sei, dass er kein Krankengeld bekomme und sich noch heute arbeitslos melden müsse. Beim Gehen habe er das Schreiben vom 18.01.2013 ausgehändigt bekommen. Dieses habe er ungelesen in seine Hosentasche gesteckt und sei zum Jobcenter S. geradelt, um sich arbeitslos zu melden. Er sei sich sicher gewesen, dass er es jetzt tun müsse, da er es ansonsten gar nicht mehr schaffen würde. Am Ende habe er keine Erinnerung gehabt, wie er sich arbeitslos gemeldet habe. Zuhause sei er am Boden zerstört gewesen und es sei schlimmer und schlimmer geworden. Er habe Selbstmordgedanken gehabt. Erst nach weiteren vier Wochen habe er seiner Ex-Partnerin geglaubt, dass er sich stationär aufnehmen lassen müsse. Am 13.02.2013 sei er als erster Patient bei seinem Hausarzt gewesen und sei noch am selben Tag im PZ in W. aufgenommen worden. Die Diagnose sei eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome gewesen. In der teilstationären Behandlung sei er dann darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass das Vorgehen und Verhalten der Beklagten rechtswidrig sei. Daraufhin habe er sich noch während der teilstationären Behandlung mit der Mitarbeiterin der Beklagten zusammengesetzt, um das Problem zu erörtern, diese sei aber nicht einsichtig gewesen. Die Beklagte führe durch kriminelle Handlungen einen Umstand herbei, um ihm das Krankengeld versagen zu können. Gleichzeitig mit der Klage stelle er daher Strafanzeige gegen die Beklagten.

Das SG hat die Akten des Klägers über die Beantragung und den Bezug von Arbeitslosengeld II vom Jobcenter R.-N.-Kreis und den Entlassungsbericht des PZN vom 31.05.2013 beigezogen. Darüber hinaus hat das Gericht Dr. S. und Dr. K. schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Dr. S. teilte in seiner sachverständigen Zeugenaussage mit, der Kläger sei Mitte Januar 2013 bis zur akuten stationären Einweisung ins PZN krankheitsbedingt bei schwerer depressiver Episode nicht in der Lage gewesen, seine Belange zu überblicken und seine Angelegenheiten sachgerecht zu regeln. Dies sei erst wieder nach der Entlassung aus der vollstationären Therapie der Fall gewesen.

Auch Dr. K. teilte mit, dass der Kläger, so wie sie ihn erlebt habe, seine Belange in keinster Weise überblicken und seine Angelegenheiten nicht habe regeln können.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.11.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Krankengeld über den 29.01.2013 habe, da ab dem 29.01.2013 keine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gemäß § 46 Abs 1 Nr 2 SGB V vorliege. Damit habe die Mitgliedschaft des Klägers aufgrund der Beschäftigung mit Anspruch auf Krankengeld geendet (§ 192 Abs 1 Ziff 2 SGBV). Soweit sich der Kläger darauf berufe, dass er nicht gewusst habe, dass er sich arbeitslos melden solle, ergebe sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 18.01.2013 eindeutig, dass dieser sich für den Fall der weiteren Arbeitsunfähigkeit, eine medizinische Begründung seines behandelnden Arztes einholen solle. Diese möge bis 23.01.2013 vorgelegt werden, die Beklagte würde die Unterlagen dann dem MDK vorlegen. Mit dieser Aussage habe sich die Beklagte korrekt verhalten. Das Bundessozialgericht (BSG) habe im Übrigen in ständiger Rechtsprechung auch entschieden, dass die Gewährung von Krankengeld bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen sei, wenn die Leistungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei gegeben seien und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen und nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung treffe. Die fehlende Mitteilung der weiteren Arbeitsunfähigkeit über den 28.01.2013 hinaus sei auch nicht etwa deshalb unbeachtlich, weil der Kläger aufgrund seiner Erkrankung handlungsunfähig gewesen sei. Zwar hätten Dr. S. und Dr. K. entsprechende Angaben gemacht, diese seien aber im Hinblick auf den Entlassungsbericht des PZN sowie die Unterlagen des Jobcenters R.-N.-Kreis nicht nachvollziehbar und schlüssig. Dies gelte umso mehr, als sich der Kläger in dem streitigen Zeitraum bis zum 13.02.2013 bei den Ärzten nicht in Behandlung befunden habe.

Der Gerichtsbescheid wurde dem Kläger am 20.11.2013 mittels Postzustellungsurkunde zugestellt.

Am 12.12.2013 hat der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 14.11.2013 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben. Eine Begründung wurde nicht vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 14.11.2013 sowie die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2013 und vom 24.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2013 aufzuheben und ihm über den 28.01.2013 hinaus Krankengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und damit zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 15.05.2013 und 24.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.08.2013 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld über den 28.01.2013 hinaus.

Nach § 44 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld wenn, abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung, Krankheit sie arbeitsunfähig (AU) macht. Ob und in welchem Umfang Versicherte Krankengeld beanspruchen können, bestimmt sich nach dem Versicherungsverhältnis, das zum Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliegt (vgl BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 4 RdNr 9; BSG SozR 4-2500 § 192 Nr 4 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 12; BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 46 Nr 2 RdNr 12; BSG 26.06.2007, B 1 KR 2/07 R, juris; BSGE 98, 33 = SozR 4-2500 § 47 Nr 6 RdNr 10; BSGE 111, 9 = SozR 4-2500 § 192 Nr 5 RdNr 9).

Nach § 46 Satz 1 SGB V entsteht der Anspruch auf Krankengeld 1. bei Krankenhausbehandlung oder Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitätseinrichtung (§§ 23 Abs 4, 24, 40 Abs 2 und § 41 SGB V) von ihrem Beginn an, 2. im Übrigen von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der AU folgt. Wird Krankengeld wegen ärztlich festgestellter AU begehrt, ist für den Umfang des Versicherungsschutzes demgemäß grundsätzlich auf den Tag abzustellen, der dem Tag der Feststellung der AU folgt (BSG SozR 4-2500 § 46 Nr 2 RdNr 11; BSGE 111, 9 = SozR 4-2500 § 192 Nr 5 RdNr 10). Das Gesetz bietet weder einen Anhalt für ein Verständnis des § 46 Satz 1 Nr 2 SGB V als bloße Zahlungsvorschrift noch dafür, dass der Krankengeldanspruch gemäß § 44 SGB V schon vor Eintritt der AU entsteht (vgl BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 13 mwN). Der Kläger war bis 28.01.2013 aufgrund seiner Beschäftigung bei der Firma Malerbetrieb K. B. GmbH mit Anspruch auf Krankengeld versichert (§§ 5 Abs 1 Nr 1, 44 SGB V). Die durch die Beschäftigtenversicherung begründete Mitgliedschaft endete nicht mit dem Ablauf des Tages, an dem das Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt endete (§ 190 Abs 2 SGB V), sondern bestand über den 01.01.2013 fort. Die - hier durch die Beschäftigtenversicherung begründete - Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger besteht unter den Voraussetzungen des § 192 SGB V fort. Sie bleibt nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V ua erhalten, solange Anspruch auf Krankengeld besteht (vgl auch BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 16; BSG 16.12.2003, B 1 KR 24/02 B, juris; Berthold, Krankengeld, 2004, RdNr 454). § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V verweist damit wieder auf die Vorschriften über den Krankengeldanspruch, die ihrerseits voraussetzen, dass ein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld vorliegt. Um diesen Anforderungen zu genügen, reicht es auch, dass Versicherte am letzten Tag des Versicherungsverhältnisses mit Anspruch auf Krankengeld - hier das Beschäftigungsverhältnisses - alle Voraussetzungen erfüllen, um spätestens mit Beendigung dieses Tages - und damit zugleich mit Beginn des nächsten Tages - einen Krankengeldanspruch entstehen zu lassen. Das folgt aus Entwicklungsgeschichte, Regelungssystem und -zweck, ohne dass der Wortlaut einer solche Auslegung entgegensteht (eingehend BSGE 111, 9 = SozR 4-2500 § 192 Nr 5 RdNr 12). Die Aufrechterhaltung der Beschäftigtenversicherung setzt insoweit nur eine Nahtlosigkeit von Beschäftigung für die Entstehung des Rechts auf diese Zahlleistung voraus, als die Entstehung des Anspruchs auf die Sozialleistung in unmittelbarem zeitlichen Anschluss an das Ende des Beschäftigungsverhältnisses steht (BSG, aaO, RdNr 15).

Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig zu prüfen (ständige Rechtsprechung, vgl BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 16 mwN). Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs aus der Beschäftigtenversicherung ist es deshalb erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnittes erneut ärztlich festgestellt wird (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 12 RdNr 16 mwN; BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 1 RdNr 17; BSGE 94, 247 = SozR 4-2500 § 44 Nr 6 RdNr 24). Hieran fehlt es im vorliegenden Fall ab dem Zeitpunkt des 29.01.2013. Die den Anspruch vermittelnde, auf der Beschäftigtenversicherung beruhenden Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten, endete mit Ablauf des 28.01.2013. Als der Kläger am 13.02.2013 stationär aufgenommen wurde (§ 46 Satz 1 Nr 1 SGB V), war er deshalb nicht mehr nach § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Ab diesem Zeitpunkt richtete sich die Versicherungspflicht wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II vielmehr nach § 5 Abs 1 Nr 2a SGB V.

Zur Überzeugung des Senats ist auch kein Sachverhalt gegeben, bei dem die AU-Feststellung für einen weiteren Bewilligungsabschnitt ausnahmsweise hätte nachgeholt werden können. Zwar ist als Ausnahme nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine Möglichkeit der Nachholung gegeben, wenn der Versicherte wegen Geisteskrankheit geschäftsunfähig und ein gesetzlicher Vertreter nicht vorhanden war und wenn der Versicherte aufgrund dieses Umstandes nicht in der Lage gewesen ist, die für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit obligatorischen Handlungen vorzunehmen. In diesen eng begrenzten Fällen ist ausnahmsweise eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht erforderlich. Dasselbe dürfte auch gelten, wenn der Versicherte sich in einer vergleichbaren Situation befindet, die aber so außergewöhnlich und dringend sein muss, ihn gewissermaßen handlungsunfähig macht (Meyerhoff, in Juris-PK - SGB V, 2. Aufl 2012, § 46 RdNr 27). Im vorliegenden Fall steht zur Überzeugung des Senats nicht fest, dass der Kläger geschäftsunfähig oder handlungsunfähig war. Zwar hat Dr. S. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft mitgeteilt, dass der Kläger ab Mitte Januar 2013 bis zur akuten stationären Einweisung ins PZN krankheitsbedingt bei schwerer depressiver Episode nicht in der Lage gewesen sei, seine Belange zu überblicken und seine Angelegenheiten sachgerecht zu legen. Dies sei erst wieder nach der Entlassung aus der vollstationären Therapie der Fall gewesen. Unklar ist jedoch, worauf Dr. S. diese Einschätzung stützt. Nach seinen eigenen Angaben hat er den Kläger nach dem 21.12.2012 erst am 13.02.2013 wieder gesehen. Mithin kann er einen unmittelbaren Eindruck des Zustands des Klägers Ende Januar 2013 und Anfang Februar 2013 nicht gehabt haben. Soweit er seine Beurteilung allein auf die Diagnose des Klägers stützt, ist dies weder nachvollziehbar und schlüssig, da allein eine schwere depressive Episode nicht automatisch zur Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit führt.

Auch die sachverständige Zeugenauskunft von Dr. K. kann eine Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit nicht begründen. Zwar hat sie mitgeteilt, dass der Kläger seine Belange in keinster Weise überblicken und seine Angelegenheiten nicht regeln konnte. Ihre Beurteilung wird aber dadurch abgeschwächt, dass sie zur Beantwortung der Anfrage mit dem Kläger nochmals Rücksprache gehalten hat und sich im Übrigen bei ihrer Bewertung maßgeblich auf die durchgehende Arbeitsunfähigkeit stützt. Von der Arbeitsunfähigkeit ist jedoch die Feststellung der Geschäftsunfähigkeit bzw Handlungsunfähigkeit zu trennen, da die Geschäfts- und Handlungsunfähigkeit über eine Arbeitsunfähigkeit weit hinausgeht. Da die Ärztin den Kläger ebenfalls am 10.01.2013 zuletzt gesehen hat, kann sie im Übrigen auch keine Beurteilung aus eigener Erfahrung darüber treffen, wie der Zustand des Klägers Ende Januar und Anfang Februar 2013 war.

Gegen die Auffassung der behandelnden Ärzte spricht im Übrigen aber auch, dass der Kläger nach den vorliegenden Unterlagen des Jobcenters R.-N.-Kreis durchaus in der Lage war, seine Angelegenheiten zu regeln und seine Rechte gegenüber dem Jobcenter wahrzunehmen. So hat der Kläger am 28.01.2013 beim Jobcenter vorgesprochen, um Arbeitslosengeld II zu beantragen. Sein Vorbringen, er sei gleich am 18.01.2013 zum Jobcenter gefahren, ist mithin nicht zutreffend. Vielmehr war er in der Lage, am 28.01.2013 nicht nur vorzusprechen, sondern auch mitzuteilen, seine Patchworkfamilie sei gescheitert und er habe den Entschluss gefasst, wieder in den Bereich L. zu ziehen. Er erhielt einen Termin am 01.02.2013 zur Antragsabgabe. Die von ihm eigenhändig ausgefüllten viele Seiten umfassenden Formulare zur Beantragung von Arbeitslosengeld II widersprechen auch der Annahme, er sei nicht in der Lage gewesen, seine Belange selbst zu regeln. Die Vordrucke sind detailliert und vollständig ausgefüllt. In dem Vordruck, mit dem überprüft werden sollte, ob eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft vorliegt, ist ausgeführt "dies wurde schon im Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 anerkannt", sodann folgt ein Aktenzeichen, das eine ganze Zeile umfasst. Ausweislich der Verbis-Vermerke hat der Kläger am 01.02.2013 dann nochmals beim Jobcenter vorgesprochen und einen weiteren Antrag zum Ausfüllen erhalten, am 04.02.2013 hat der Kläger dann persönlich die ausgefüllten Anträge vom Jobcenter abgegeben. Schließlich ging bei der Beklagten am 19.02.2013 ein Schreiben des Klägers vom 16.02.2013 ein, in dem auf eineinhalb Seiten erläutert wird, weshalb ein Sohn vollstationär untergebracht sei. Er schildert ausführlich seine familiären Umstände und äußert sich dazu, ob zu Unrecht geleistete Unterhaltsvorschussleistungen gegeben seien oder nicht. Diese Ausführungen sind ausführlich, verständlich und klar und lassen nicht erkennen, dass der Kläger geschäftsunfähig oder handlungsunfähig war, weil er seine Belange nicht überblicken konnte. Auch das Verfahren und die Anwesenheit des Klägers im Termin vor dem Arbeitsgericht Mannheim am 25.01.2013 und der bei der Beklagten im Februar 2013 gestellte Antrag auf Haushaltshilfe zeigt, dass der Kläger durchaus in der Lage war, seine Angelegenheiten sachgerecht zu regeln.

Darüber hinaus ergibt sich aber auch aus dem Entlassbericht des PZN, dass der Kläger bei der Aufnahme nicht geschäftsunfähig bzw handlungsunfähig war. So war der Kläger bei der Aufnahme wach, orientiert und bewusstseinsklar, Auffassung und Konzentration waren regelrecht. Es bestand keine Entzugssymptomatik, im Kontakt war er freundlich, kooperativ und hilfesuchend, formal gedanklich geordnet, grübelnd und bilanzierend. Anhalte für inhaltliche Denkstörungen bestanden nicht. Auch dies spricht dagegen, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, seine Belange zu überblicken und entsprechend zu regeln.

Darüber hinaus liegen keine in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallende Hinderungsgründe, wie zB insbesondere bei ärztlicher Fehlbeurteilung der Arbeitsfähigkeit vor (vgl BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr 9 RdNr 18ff). Soweit der Kläger hierzu vorgetragen hat, dass er hinsichtlich der Auskunft auf die zeitliche Begrenzung zum 28.01.2013 keinen Arzt mehr aufgesucht habe, ergibt sich zweifelsfrei aus dem ihm ausgehändigten Schreiben, dass der Kläger keineswegs gehindert war, einen Arzt aufzusuchen. Insoweit hat die Beklagte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Fall der Vorlage einer weiteren AU-Bescheinigung die Unterlagen dem MDK vorgelegt werden. Das Gericht verkennt insoweit nicht, dass der von der Beklagten in dem Schreiben vom 18.01.2013 genannte Bezugsberuf unzutreffend sein dürfte, da der Kläger während des bestehenden Arbeitsverhältnisses erkrankt ist, sodass für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit nicht der allgemeine Arbeitsmarkt entscheidend ist. Auf dieser Fehlbeurteilung der Krankenkasse beruht jedoch nicht die unterbliebene AU-Bescheinigung. So hat sich der Kläger gerade auf diesen Fehler weder im erstinstanzlichen noch zweitinstanzlichen Verfahren explizit berufen. Vielmehr hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er seiner Ansicht nach auch für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht arbeitsfähig war. Bei dieser Einschätzung hätte es gerade dem Kläger oblegen, eine entsprechende Bescheinigung gem § 46 S 1 Nr. 2 SGB V einzuholen. Die fehlerhafte Belehrung war daher für das Verhalten des Klägers nicht kausal.

Damit aber liegt keiner der in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmefälle vor. Der Kläger hat damit keinen Anspruch auf die Gewährung von Krankengeld über den 28.01.2013 hinaus, da es an der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ab dem 29.01.2013 fehlt. Ab diesem Zeitpunkt war der Kläger gleichzeitig auch nicht mehr mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert. Dem Kläger steht auch kein nachgehender Leistungsanspruch für die Zeit ab 13.02.2013 nach § 19 Abs 2 SGB V zu. Zwar war die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch den stationären Krankenhausaufenthalt ab dem 13.02.2013 gemäß § 46 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V nicht erforderlich. Allerdings war der Kläger zu diesem Zeitpunkt wegen des Arbeitslosengeld II-Bezugs gem. § 5 Abs 1 Nr. 2a SGBV pflichtversichert.

Nach § 19 Abs 2 Satz 1 SGB V besteht, wenn die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger endet, Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Nach der Rechtsprechung des BSG kommt ein solcher nachgehender Anspruch lediglich in Betracht, falls der Kläger nicht auf andere Weise Krankenversicherungsschutz genoss (vgl BSG SozR 4-2500 §44 Nr 14 RdNr 25). Denn der aus der früheren Mitgliedschaft abgeleitete Versicherungsschutz ist gegenüber Ansprüchen aus einem aktuellen Versicherungsverhältnis grundsätzlich nachrangig, auch wenn das im Wortlaut des § 19 Abs 2 SGB V unmittelbar nicht zum Ausdruck kommt (ständige Rechtsprechung, vgl BSGE 89, 254, 255f = SozR 3-2500 § 19 Nr 5 mwN; BSG 26.06.2007, B 1 KR 2/07 R, juris). Daran fehlt es. Der Kläger war nämlich ab dem 29.01.2013 wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld II krankenversichert (§ 5 Abs 1 Nr 2a SGB V). Die Versicherungspflicht trat allein aufgrund des tatsächlichen Bezugs von Arbeitslosengeld II ein, ohne Rücksicht darauf, ob die Voraussetzungen für diesen Leistungsbezug vorgelegen haben (BSG 22.05.2003, B 12 KR 20/02 R, juris; BSG SozR 4100 § 55 Nr 4 S 2f und Nr 5 S 7; BSG SozR 4100 § 159 Nr 5 S 10). Dementsprechend wird die allein durch den Bezug von Arbeitslosengeld II begründete Versicherungspflicht selbst dann nicht berührt, wenn Entscheidungen, die zum Leistungsbezug geführt haben, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitslose im Zeitpunkt seiner Arbeitslosmeldung arbeitsunfähig krank oder gar vermittlungsunfähig war (BSGE 55, 78, 81 = SozR 2200 § 1531 Nr 13 S 14).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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